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Schwarz lächelt

Seniors
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29.11.2005
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Schwarz lächelt

In einem Comic wären sich Karen und das Haus zur Begrüßung vermutlich überglücklich in die Arme gefallen. Im echten Leben schaut Schwarz dabei zu, wie seine Ex-Frau nach über einem Jahr wieder die Räume betritt, in denen sie einst zusammen lebten. Seit ihrer offiziellen Scheidung letzte Woche hat er mit dem Packen begonnen. Von all dem, was er nach seinem Herzinfarkt im vergangenen Jahr hatte verändern wollen, ist dieser Schritt im Lauf der Zeit immer dringlicher geworden. Er will hier möglichst bald weg, raus aus dem Haus, das so viel von Karen hat und so wenig von ihm. Jetzt, da sie wieder da ist, erkennt er deutlich, dass es ihr Zuhause ist.

„Du hast es dir auch wirklich gut überlegt?“ Sie schenkt ihm dieses warme Lächeln, das ihm lange nicht mehr vergönnt war, und es berührt ihn, in ihr wieder die Frau zu erkennen, mit der er einst bis zum Ende aller Tage hatte glücklich werden wollen. Immerhin haben beide noch die letzte Chance genutzt, aus ihrer Deckung zu kriechen. Der gemeinsame Weg aber liegt unwiderruflich hinter ihnen, vom Paradies über Berge und Täler mitten durch das Schlachtfeld bis in das heutige Niemandsland.

Ob er ein Problem damit hätte, aus dem Haus auszuziehen, in dem er sich bis heute wie ein Fremder fühlt? Ein Haus, in das ihre Liebe damals erst gar nicht mehr mit einzog. Statt einer Antwort betrachtet Schwarz die Kisten und Kartons, in denen er schon den Großteil seiner Sachen verpackt hat, wie wartende Freunde. Es ist nicht viel zusammen gekommen, doch sind es unverzichtbare Dinge für sein weiteres Leben, deren Wert darin besteht, einige Kompromisse überlebt zu haben. Genau wie Schwarz sind sie noch da, und das allein macht sie wichtig.
„Es stört dich auch wirklich nicht, wenn ich hier mit Jens wohnen werde?“ Karen lässt wieder einmal nicht locker, aber im Vergleich zu früher scheint ihre Beharrlichkeit diesmal gute Gründe zu haben. Sie will eine friedliche Trennung. Andere Paare kriegen das schließlich auch hin. Und den formalen Akt der Scheidung haben sie ja auch reibungslos abgewickelt. So geht es nur noch darum, beim letzten Walzer im Takt zu bleiben; was natürlich auch bedeutet, keinen Stein mehr zu werfen, auch nicht in Richtung des neuen Mannes an der Seite der Ex-Frau - in Richtung Jens. Ausgerechnet Jens, dieses attraktive Sportass, dessen kluger Kopf einen perfekten Körper durch ein sonniges, erfolgreiches und unbeschwertes Leben dirigiert - eine Kombination, die jeden normalen Mann mit Neid und Misstrauen erfüllt.
Schwarz schluckt jedoch zunächst alle kritischen Bemerkung runter, fragt stattdessen: „Willst du einen Kaffee? Ich habe allerdings nur entkoffeinierten.“
„Tee wäre mir lieber.“ Karen folgt ihm in die Küche, will ihn mit den explosiven Gedanken an seinen makellosen Nachfolger nicht allein lassen und trägt ihm das Gespräch hinterher. „Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
Schwarz zuckt mit den Achseln. „Jens“, murmelt er in den offenen Vorratsschrank hinein, auf der Suche nach Tee und Kaffee. Mehr fällt ihm nicht ein. Er hat schon ohne Karen ratlos vor dieser Entwicklung gestanden. Jetzt, im Fokus ihrer erwartungsvollen Blicke, geht der letzte Rest klaren Denkens verloren. Als er sich zu ihr umdreht, kann er sich nicht einmal zu einem Lächeln durchringen, auch wenn das vielleicht schon gereicht hätte.
„Ja, Jens!“ Karen geht schon wieder in die Defensive. Das wirkt, als nehme sie einen gewaltigen Anlauf über irgendeinen Abgrund. Schwarz kennt ihre Körpersprache so gut, und macht trotzdem immer wieder dieselben Fehler. Dabei ist Karens Sehnsucht nach Harmonie deutlich zu spüren und es gibt keinen Grund, Gedanken wie Handgranaten einzusetzen – aber Schwarz macht es trotzdem:
„Du hast deiner besten Freundin den Mann ausgespannt ...“
Es ist eine grausame Feststellung.
Karens Blick bewölkt sich. „Erstens bist du der Letzte, der ein Recht darauf hat, mich moralisch zu verurteilen. Ausgerechnet du! Muss ich dir wirklich wieder in Erinnerung rufen, was du …?“
Nein, das muss sie nicht. Er hebt schuldbewusst die Hände, ergibt sich, flüchtet sich in ein schiefes Grinsen. „Du hast ja recht. Ich hätte das nicht sagen sollen.“ Es macht keinen Sinn, zum hundertsten Mal über Saskia Hartmann zu streiten, über seine seit Jahren brodelnde Affäre, die er kurz nach seinem Herzinfarkt und der Rückkehr aus der Reha vor einem Jahr ernsthaft hatte beenden wollen, die aber zwischendurch immer und immer wieder aufflackert. Er hat genügend Gründe für die Trennung von seiner Frau gefunden, aber bisher noch keinen Grund, seine Geliebte zu verlassen. Vielleicht deshalb nicht, weil es mit ihr „nur“ um Sex geht, und dieses Nur funktioniert ohne Regeln. Wenn er mit Saskia zusammen ist, muss er sich keine Sorgen über emotionale Altlasten oder zerschlagenes Porzellan machen, muss nicht auf Zehenspitzen denken und wenn er sich vor ihr auszieht, ist er wirklich nackt.
„Wahrscheinlich bist du immer noch mit dieser ...“ Karen holt so tief Luft, als müsse sie minutenlang den Atem anhalten und stößt dann nur hervor: „Vergiss es!“
„Und zweitens?“, fragt Schwarz, während er den Wasserkocher bedient.
„Wieso zweitens?“
„Weil du erstens gesagt hast.“ Er stellt die Kaffeemaschine an.
„Ach Gott, als ich damals nach unserer Trennung vorübergehend zu Suse und Jens zog, da stand ihre Ehe schon längst vor dem Aus. Ich habe nichts kaputt gemacht, was nicht schon kaputt war.“
Schwarz verdreht die Augen. „Doch nicht dieses Traumpaar! Die haben sich doch immer wie liebestrunkene Schmetterlinge umflattert. Gegen die kam man sich wie Fliegendreck auf einer Windschutzscheibe vor. Haben die nicht überhaupt die Liebe erfunden?“
Karen kann ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken. Tatsächlich haben Suse und Jens ihre Harmonie zuletzt stets einen Tick zu effektvoll inszeniert, wie in einem Werbespot für das Traumpaar des Jahres, jede liebevolle Geste wie von einem Tusch begleitet.
„Das hat Suse bestimmt ziemlich mitgenommen“, vermutet Schwarz, bemüht, nicht allzu bösartig zu klingen. Zwischen der besten Freundin seiner Frau und ihm hat von Anfang an eine starke Abneigung geherrscht. Insofern macht ihn Suses persönliches Unglück nicht ernsthaft betroffen. Karen wedelt seine Worte wie lästige Insekten beiseite. „Ich denke, dass ich mit dir nun wirklich nicht über Suse sprechen muss. Ich bin mit ihr seit der Schulzeit befreundet, und daran wird sich nichts ändern, da mach dir mal keine Sorgen. Und wenn du mal wieder Lust haben solltest, gegen Jens im Tennis zu verlieren, dann frag ihn einfach. Auch da wird es keine Vorbehalte geben. Wir sollten uns alle wie Erwachsene benehmen.“
„Und wenn ich lieber mit dir Tennis spielen will?“
„Haben wir doch nie gemacht.“
„Vielleicht wäre es mal Zeit.“
„Ich hasse Tennis. Wir können aber gern mal zusammen laufen.“
Schwarz grinst. „Erst, wenn ich mit dir mithalten kann. Jedenfalls habe ich kein Problem damit, wenn du hier mit Jens einziehst. Wenn ihr mich, wie besprochen, auszahlt, ist alles gut.“
„Jens wird das erledigen“, versichert ihm Karen geschäftsmäßig. „Weißt du, es ist wirklich lieb von dir … dieses Haus ...“
„Ja, ich weiß“, sagt er. „Es ist ja dein Haus, schon immer gewesen, das ist mir längst klar. Es hat sich ja auch richtig auf deine Rückkehr gefreut. Letzte Nacht haben die Räume schon aufgeregt getuschelt, und die Möbel haben geschunkelt vor lauter Vorfreude, dass du bald wiederkommst und sie mindestens einmal die Woche vom Staub befreist.“
Karen knufft ihren Mann. „Verstehe mich bitte nicht falsch, aber der Herzinfarkt hat dir echt gut getan. Du bist wieder … du. Wie du früher einmal warst. Nicht mehr so ..."
"Schon gut", grätscht Schwarz verlegen in ihren Satz hinein.
Karen kümmert sich errötend um ihren Tee, er schenkt sich geschäftig seinen koffeinfreien Kaffee ein.
„Geht es dir denn immer noch gut?“, will sie wissen, während er sich am Küchentisch ihr gegenüber niederlässt, und es ruht wieder dieser Karenblick auf ihm, dem nichts entgeht.
Aber es gibt nichts zu verheimlichen. „Nach wie vor. Keine Zigaretten mehr. Keine Partys. Alkohol nur in medizinisch vertretbaren Mengen. Viel Sport, gesunde Ernährung. Und demnächst werde ich kündigen.“
Jetzt ist Karen wirklich überrascht.
„Du willst was?!“

„Kündigen!?“ Alexander Grubingers Augen verengen sich. „Bis du übergeschnappt?“ Er scheint aufspringen zu wollen und bleibt dann doch hinter seinem Schreibtisch sitzen, als habe ihm jegliche Kraft verlassen - ihn, diesen energischen Macher, der seine Rolle als Chefredakteur hier in der Redaktion mit viel Leib und wenig Seele auslebt.
Nun, da die Katze aus dem Sack gelassen ist, entspannt sich Schwarz im bequemen Lederstuhl, in dem er so viele Jahre Grubingers Stimmungsschwankungen ertragen hat.
„Brandy?“, schlägt Grubinger vor und stemmt sich entschlossen hoch. Im Stehen kann er den anschwellenden Zorn besser beherrschen, der ihm bereits in die feisten Wangen flammt.
Schwarz schüttelt den Kopf.
„Dann hat dein Infarkt doch schlimmere Auswirkungen gehabt, als ich dachte.“
„Weil ich keinen Brandy will?“
„Weil du kündigst, Mann! Hast du dir das auch wirklich gut überlegt? Wir beide haben doch noch so viel vor. Und gerade jetzt ...“
„Es ist doch immer gerade jetzt.“
„Du siehst aber selbst, wie gerade jetzt die Welt verrückt spielt, oder?“
„Was ich vor allen Dingen sehe, sind junge Typen, die im Sommer Wollmützen tragen und uns erklären, wie die Welt funktioniert. Das Schlimme daran ist nicht, dass sie das können. Schlimm ist, dass ich genau weiß, was sie über uns denken. Und das ist höchst unerfreulich. Ich weiß das, weil ich früher auch so war.“
„Du hast im Sommer eine Wollmütze getragen?“
„Scheiße, Alex, du weißt doch genau, was ich meine!“
Grubinger bietet ein versöhnliches Grinsen an. „Also, ich hab damals nicht mal im tiefsten Winter 'ne Wollmütze getragen.“
„Weil deine Haare bis zum Arsch reichten, und du meistens bekiffter warst, als die erste Reihe im Bob Marley Konzert. Aber es geht darum, dass wir mittlerweile alte Säcke geworden sind. Daran ändert man auch nichts, indem man seine letzten paar Haare zu einem Pferdeschwanz bindet, einen Ohrring trägt und alles krass oder porno findet.“
„Und worauf willst du hinaus? Soll ich Matze zum Chefredakteur ernennen und mich dann aufhängen?“
Schwarz zuckt mit den Achseln. „Was weiß ich? Du wendest dich in deinem Editorial mittlerweile an Menschen außerhalb aller werberelevanten Zielgruppen. Wir sind mit unseren Stammlesern ins Abseits gealtert. Das ist der Untergang jeder Zeitschrift. Und wir beide sind die Totengräber. Das bringt mir nichts mehr.“
„Du redest Bullshit!“
„Weil ich keine Lust mehr habe, gemeinsam mit dir hochglänzend in den Untergang zu steuern? Du brauchst mich doch sowieso nur noch als Prellbock. Ich verteidige deine Pläne gegen den Unmut der jungen Kollegen, und filtere aus deren Unmut die besten Ideen für dich raus, damit das Schiff einigermaßen auf Kurs bleibt. Wo genau finde ich denn da noch statt?“
„Dann nimm halt eine Auszeit, und geh dich suchen.“
„Hörst du mir eigentlich zu?“ Schwarz erhebt sich ebenfalls. „Ich hatte hier eine wirklich gute Zeit, Alex. Aber mittlerweile bin ich einfach … leer. Verstehst du? Gerade die letzten Monate habe ich gemerkt, dass mir der Job nichts mehr gibt. Ich habe meine Leidenschaft verloren. Und den Glauben an die Sache!“
Grubinger starrt Schwarz wie einen Außerirdischen an. „Leidenschaft?“, wiederholt er. „Was für'n Quatsch ist das denn? Du klingst wie eine Schwuchtel! Ich kann verstehen, dass so ein beschissener Infarkt einen vorübergehend umhaut. Und ich bin bereit, dir die Zeit einzuräumen, die du brauchst, um wieder in Form zu kommen. Nimm dir von mir aus den dir zustehenden Burnout und lass dir für ein paar Wochen irgendwo in einem Wellnesshotel die Seele und die Eier kraulen. Aber wenn du meinst, dich hier jetzt einfach so verpissen zu können … mich mit der ganzen Scheiße allein lassen … gerade jetzt … dann war's das mit uns. Deinen Namen werde ich in der Branche zum Synonym für Versagen machen.“

„Und dann hast du nachgegeben“, sagt Martha.
Schwarz schüttelt den Kopf. „Nein, habe ich nicht. Natürlich hat mich Alex für den Rest meines Lebens mit seinem Fluch belegt. Die Trennung von ihm war um einiges emotionaler als die von meiner Frau. Er hat geblitzt und gedonnert. Dann hat er mich mit sofortiger Wirkung suspendiert. Das Gehalt läuft noch eine Weile weiter. Nun bin ich schneller frei, als ich dachte. Und das gefällt mir!"
Die alte Dame hat auf Nadines Grab Blumen gelegt. Dann tritt sie wieder zurück und stellt sich neben Schwarz, verschränkt die Hände auf dem Rücken und blickt mit ihm zusammen auf den Grabstein. Sie schweigen lange und verlieren sich in Gedanken und Erinnerungen.
„Sie hatte wirklich niemanden ...“, sagt Schwarz schließlich aus dem seltsamen Gefühl heraus, genau das sagen zu müssen, auch wenn es nach einem schlechten Drehbuch klingt.
„Sie hatte uns“, widerspricht Martha.
Schwarz erinnert sich an die Reha nach seinem Infarkt, dort, wo er Nadine und Martha als Leidensgenossinnen kennenlernte. Er erinnert sich an Nadines liebenswerte, anhängliche Art, mit der sie seine verkrusteten Gefühle knackte. Eine junge, herzkranke Frau, die wie selbstverständlich seinen Schutz beanspruchte, und ihm damit genau das gab, was er in der schlimmsten Phase seines Lebens brauchte. Sich um Nadine kümmern, hatte ihn wieder stark gemacht. Nach der gemeinsamen Reha hat er zu den beiden Frauen weiterhin Kontakt gehalten, sich ab und zu mit ihnen getroffen. Er hat Nadine Mut zugesprochen, nachdem die nächste Operation unausweichlich geworden war, und Martha und er waren nach dem schweren Eingriff bei ihr, als die kleine, zarte Person schon wieder von Zukunft sprach, während sie Schwarz' Hand so fest umklammerte, als hinge sie in einer Steilwand. Die telefonische Nachricht von Nadines Tod hat er dann während einer Redaktionskonferenz erhalten, in der darüber diskutierte wurde, wie viel Erotik das Titelbild der nächsten Ausgabe vertragen könnte. Aber nicht erst seit diesem Tag weiß er, dass er so nicht mehr weitermachen will.
„Was wirst du jetzt tun?“, will Martha wissen und streichelt zum Abschied Nadines Grabstein.
„Was ich jetzt tun werde?“ Schwarz schaut nachdenklich in eine innere Ferne. „Das weiß ich nicht. Eigentlich habe ich mich erstmal nur gegen meinen Job entschieden. In den letzten Monaten hat mich der ganze Kram noch mehr geschafft als vor dem Infarkt. Für einige in der Redaktion bin ich nicht nur alt und angeschlagen, sondern nahezu tot. Seit ich aus der Reha zurück war, redeten sie manchmal mit mir, als würde ich mit den Augen hören.“
„Wenn du es dir finanziell erlauben kannst ....“ Martha hakt sich bei ihm ein. „Aber irgendeine Alternative zum Job müsstest du trotzdem haben, oder?“
„Eine Alternative“, murmelt Schwarz, als wäre ihm die Bedeutung dieses Wortes unbekannt.
Martha zieht ihn mit sich. „Nun komm erst mal, ich lade dich auf einen Kaffee ein, und dann reden wir noch ein bisschen über die Zukunft. Wie wirst du denn jetzt überhaupt deine Tage verbringen, so ganz ohne Aufgabe?“
„Ich laufe“, sagt Schwarz.

„Wenn du viel läufst, musst du oft die Schuhe wechseln“, hat Karen doziert und ihm ein gutes Sportgeschäft empfohlen. Auf ihr Anraten hat sich Schwarz gleich drei Paar Laufschuhe besorgt und dazu noch einen Herzfrequenzmesser, der mit einem Brustgurt getragen wird. Seine Werte kann er dadurch während des Laufens auf einer Uhr kontrollieren. Diese Form des Ausdauertrainings ist für ihn längst zur Passion geworden. Vier bis fünf Mal pro Woche läuft er mindestens eine Stunde. Seine neue Wohnung liegt direkt neben einem Park und bringt ideale Voraussetzungen für seine sportlichen Aktivitäten mit. Die Strecke hat eine ideale Länge, ist abwechslungsreich und vor allen Dingen gut beleuchtet – was besonders wichtig ist, weil er gern früh morgens läuft. Meistens verlässt Schwarz mit einem Sack voll ungelöster Probleme das Haus. Beim Warmmachen beginnt zunächst die Konzentrationsphase. Durch Dehn- und Lockerungsübungen bekommt er ein Gefühl dafür, in welchem Zustand sein Körper ist. Seine Tagesform ist launisch. Heute geht es ihm gut. Die Übungen fallen ihm leicht, er ist hoch konzentriert und die Gedanken hat er unter Kontrolle.
Greif dir einen dieser Gedanken, Schwarz, einen ganz wichtigen, und dann laufe mit ihm!
„Was wirst du jetzt tun?“ Er nimmt sich diese Frage, die ihm Martha gestern stellte, mit auf die Strecke und läuft los. Langsam. Schritt für Schritt; kontrolliert die Atmung, die Geschwindigkeit, seine Bewegungen, blickt kurz auf die Armbanduhr, die ihm den ersten Herzfrequenzwert meldet und schaut sich dann um. Das regelmäßige Laufen hat sein Empfinden für die Natur wieder gestärkt. Der Herbst hat längst Einzug gehalten; ungestüm, nass aber entwaffnend farbenfroh. Ein morbider Clown, der bunte Blätterleichen fröhlich herum wirbelt. Doch die Luft ist angenehm, und wenn es nicht zu stark regnet oder stürmt, bieten sich ideale Laufbedingungen.

Anfangs fällt es Schwarz schwer, in den richtigen Atemrhythmus hineinzufinden. Nach ein paar Minuten spürt er eine aufkommende Erschöpfung - aber kurz danach stellt sich das ideale Tempo wie von selbst ein. In diesem magischen Moment hat der Geist die Kontrolle an den Körper abgegeben. Die Bewegungen werden flüssiger und entspannter. Schwarz wird eins mir der Situation. Genau das ist es, was er auf sein Leben übertragen möchte!
Locker überholt er zwei plaudernde Joggerinnen, kommt an einem schnaufenden und mit seinen Stöcken klappernden Nordic Walker vorbei, und an einem jungen Mann, der beim Laufen einen Kinderwagen vor sich her schiebt. Sein Kopf wird frei. Die zentrale Frage bekommt auf diese Weise viel Raum und lässt sich entspannt von allen Seiten betrachten.
Was wirst du tun?

„Und was wirst du jetzt tun?“ Saskia hockt noch auf ihm und mustert ihn aus großen Augen, während sein Schwanz langsam aus ihr heraus schrumpft. Er atmet schwer. Sie lässt sich seufzend neben ihn fallen und umklammert ihn sogleich. „Du kannst ja nicht einfach so aufhören.“
Er versucht, ihren Griff etwas zu lockern, um besser atmen zu können. „Ich höre nicht auf“, ächzt er. „Ich mache nur etwas anderes.“
Sie drängt sich mit ihren verschwitzten Brüsten auf ihn. „Aber was denn? Das haben sich auch schon andere gefragt. In der Redaktion reden sie natürlich über dich, obwohl Alex verboten hat, jemals wieder deinen Namen zu erwähnen. Er hat dein Türschild abmachen lassen, kaum, dass du weg warst. Das konnte ihm gar nicht schnell genug gehen. Aber einige bedauern, dass du weg bist.“
„Mir egal“, brummt Schwarz und fragt sich, wer seinen Fortgang wohl bedauert haben könnte.
„Du warst jedenfalls ein guter Chef“, sagt Saskia. „Ich habe dich schon geliebt, als wir noch nicht gebumst haben.“
„Klingt irgendwie komisch“, sagt Schwarz.
„Dass du ein guter Chef warst?“
„Dass du mich liebst.“
„Aber wir haben doch gerade ...“
„Saskia. Hör auf mit diesem naiven Gerede! Und hör vor allen Dingen bei dem, was wir hier machen, von Liebe zu reden.“
Sie boxt ihm ärgerlich gegen die Schulter. „Wie soll ich das denn sonst nennen?“
„Hast du doch selbst gesagt. Wir bumsen.“
„Für mich ist das Liebe.“
„Würdest du meinetwegen deinen Mann verlassen?“
„Warum denn?“
„Weil du mich liebst! Schon vergessen?“
„Aber jetzt ist doch endlich alles gut? Du bist frei, und mein Mann merkt sowieso nie was.“
„Und das findest du gut?“
„Natürlich! Wir beide sind ...“
Jetzt richtet Schwarz sich auf und starrt gespannt auf ihre vollen Lippen, als wolle er die Geburt des nächsten Wortes mit eigenen Augen sehen. Aber Saskia bricht ab, senkt den Blick und fühlt sich von seinem Interesse in die Enge getrieben.
„Ich habe noch nie darüber nachgedacht, ob ich Uli verlassen will“, sagt sie schließlich kleinlaut.
„Dann sollten wir vielleicht zuerst definieren, was du konkret unter Liebe verstehst“, schlägt Schwarz vor. „So inflationär, wie du dieses Wort benutzt.“
„Lass das“, sagte sie leise.
„Was denn?“
„Mich wie eine blöde Kuh zu behandeln.“
„Ich versuche doch nur ...“
Sie kneift die Augen zu wie bei einem akuten Migräneanfall. Als Schwarz sie besänftigen will, schlägt sie seine Hand weg. „Ich werde nicht heulen, keine Sorge. Willst du noch mal ficken? Sonst kann ich ja gehen.“
Da Schwarz schweigt, steht Saskia schließlich auf und verschwindet Richtung Badezimmer. Später taucht sie fertig angezogen vor seinem Bett auf und schaut finster auf ihn herab.
„Es gibt vielleicht kein richtiges Wort für das, was wir machen“, sagt sie. „Aber irgendwie liebe ich alles, was wir machen. Und das ist Liebe!“
Schwarz steht auf, versucht, sie in die Arme zu nehmen. Er spürt, wie sie das verunsichert, wie sie sich sträubt und verkrampft, als wären ihr ernsthafte Zärtlichkeiten zuwider. Trotz der langjährigen Affäre haben sie zwischen sich kaum Nähe zugelassen. Wie oft hat Schwarz Saskia einfach nur geküsst, weil er keine Ahnung hatte, worüber er mit ihr reden sollte. Und sie schien immer nur die Zeit überbrücken zu wollen, bis endlich sein Schwanz in ihr steckte. Erst dann passten sie zusammen.
„Wir sollten uns eine Pause gönnen“, sagt Schwarz. „Ich brauche Abstand und Zeit für mich. Ich hoffe, du verstehst das ...“
„Nein, tue ich nicht. Will ich auch gar nicht!“ Sie versucht, sich aus seiner Umarmung zu befreien. Und schließlich weint sie doch. „Wir können ja nicht mal Freunde bleiben“, schluchzt sie. „Wir nicht!“
„Es tut mir leid“, murmelt Schwarz. Da windet sie sich endgültig aus seinem Mitleid und geht. In der Tür stehend blickt sie sich noch einmal für ein trotziges Lächeln um. „Ich verstehe nicht, wie du einen Herzinfarkt bekommen konntest“, sagt sie. „Ohne Herz.“ Dann ist sie weg.

Der Mann steht plötzlich hinter ihm, gerade als er vom Laufen gekommen ist und seine Tür aufschließen will. Schwarz spürt den Druck im Rücken, während Alkoholdunst über seine Schulter weht. „Ich habe eine Pistole“, droht die heisere Stimme. „Aufschließen und Fresse halten!“
„Sie wollen mich ausrauben?“, fragt Schwarz auf eigentümliche Weise belustigt.
„Nee, ich will dir einfach nur in deine blöde Birne schießen“, erwidert der Mann. „So, wie Saskia vorhin.“
Schwarz ist entsetzt. Saskia? Erschossen? Und offensichtlich steht ihr Mann besoffen und bewaffnet hinter ihm. Dann ist die Tür ist offen, der Mann schubst Schwarz in die Wohnung und knallt sie hinter ihnen wieder zu. Schwarz dreht sich um. Der Eindringling hat tatsächlich eine Waffe und starrt ihn hasserfüllt an. Wenn er sich bloß an den Namen von Saskias Mann erinnern könnte, dann wäre es vielleicht einfacher, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Hat Schwarz den verdammten Herzinfarkt am Ende nur überlebt, um heute auf diese erbärmliche Weise sterben zu müssen? Welch Ironie des Schicksals wäre das!
„Sie haben Saskia erschossen?“, fragt er erschüttert. „Was für ein Wahnsinn!“
Der Mann antwortet nicht, starrt eine Weile nur stupide an ihm vorbei ins Nichts. Er ist unrasiert und nachlässig gekleidet, als hätte er fluchtartig seine Wohnung verlassen. Jetzt richtet er mit zitternder Hand die Pistole auf Schwarz. Der hebt reflexartig die Hände, spürt, wie sein Herz pocht und seine Knie weich werden. Ulrich Hartmann – jetzt ist Schwarz der Name eingefallen – lässt die Waffe wieder sinken. „Gibt's hier was zu trinken?“
„Wasser?“
„Ich meine zu saufen!“
„Rotwein? Ich habe nur Rotwein im Haus.“
Hartmann nickt. „Her mit dem scheiß Rotwein.“
Schwarz geht in die Küche, Hartmann folgt ihm. „Keine Dummheiten“, warnt er, wie in einem schlechten Krimi.
„Dummheiten!“, entgegnet Schwarz aufgebracht. „Wer macht denn hier wohl die Dummheiten!“
Sein unerwünschter Besucher reißt ihm nach dem Öffnen gleich die Weinflasche aus der Hand, zwingt Schwarz wieder zurück ins Wohnzimmer auf das Sofa und lässt sich schwerfällig in einem der gegenüberliegenden Sessel fallen.
„Scheiße, ich brau 'ne Kippe!“,Hartmann reibt sich nervös die Bartstoppeln. Schwarz zuckt bedauernd mit den Schultern. „Ich bin Nichtraucher.“ Die letzte angebrochene Schachtel Zigaretten vom Tag seines Infarkts, lange das Mahnmal seiner ungesunden Vergangenheit, hat er beim Umzug endgültig entsorgt.
Hartmann nimmt mächtige Schlucke aus der Flasche. „Scheiß Nichtraucher“, murmelt er dann. „Aber meine Frau vögeln. Du bist ihr Boss, verdammt! Wie nennt man das, wenn Vorgesetzte es mit ihren Angestellten treiben? Unzucht mit Abhängigen, oder was? Ist das nicht strafbar?“
„Nein.“
„In meinen Augen ist das aber strafbar. Und ich finde, die Todesstrafe wäre dafür angebracht. Die Todesstrafe für den Chef, der die kleine Assistentin zum Sex zwingt.“
„Ich bin nicht mehr Saskias Chef und ich habe sie zu nichts gezwungen.“
„Das macht die Sache nicht besser, oder?"
Schwarz kriegt diese beiden sich überlagernden Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Saskia, die ihn mit einem traurigen Lächeln verlässt, und wie sie jetzt erschossen in ihrer Wohnung liegt.
Die Sache hatten wir gerade beendet“, murmelt er bitter, und es klingt, als würde er sich das selbst klar machen. „Saskia und ich ...“
„Oh, du fickst meine Frau gar nicht mehr!“ Hartmann lacht höhnisch. „Da muss ich mich jetzt wohl entschuldigen. Drauf geschissen! Ihr habt es Jahre lang hinter meinem Rücken getrieben. Und ich hab ahnungslos geschuftet, um Saskia ein gutes Leben zu bieten. Überstunden noch und nöcher, und ein Dasein tief im Arsch von meinem Boss. Meine Saskia … oder soll ich lieber sagen unsere Saskia? Nun, sie ist nämlich sehr anspruchsvoll. Aber ich habe sie immer geliebt. Wirklich geliebt! Ich habe gedacht … ich war mir immer so sicher … sie hat nie ...“
„Es tut mir leid“, sagt Schwarz lasch. Je mehr Hartmann allerdings von sich preisgibt, desto weniger tut es ihm leid. Vor ihm sitzt ein sich selbst bemitleidender Jammerlappen, unberechenbar mit einer Waffe herumfuchtelnd, mit der er seine Frau ...
Hartmann springt jäh auf und richtet unbeherrscht die Pistole auf Schwarz, hält sie schräg, wie das in den neueren Actionfilmen gern dargestellt wird. „Scheiß drauf, ob dir irgendwas Leid tut! Wie oft habt ihr wohl im Bett über mich gelacht, weil ich so blöde war und nix geschnallt habe?“
Schwarz würde ihm gern versichern, dass sie im Bett mit interessanteren Dingen beschäftigt waren, als über Hartmann zu lachen, aber so was wagt man nicht, wenn man vor dem Lauf einer Pistole sitzt, hinter der ein betrogener Ehemann steht, der zu allem fähig ist.
Der ungebetene Gast lässt sich wieder in den Sessel fallen, trinkt noch mehr Wein, hält dann die Flasche hoch und prüft nachdenklich den Inhalt.
„Halbleer“, sagte er. „Oder halbvoll. Was meinst du?“ Er schaut Schwarz an, als wäre er der Moderator einer Talkshow und hätte gerade eine besonders pfiffige Frage gestellt.
„Auf jeden Fall teuer“, entgegnet Schwarz. „In einem Glas hätte er seinen besonderen Charakter besser entfalten können.“
„Besonderer Charakter!“ Hartmann lacht. „Dann hat dein Wein ja was, was du nicht hast. Nun, bisher war ich der Typ, für den ein Glas immer halbvoll war, verstehst du? Immer!“ Er rülpst bekräftigend. „Aber seit gestern Abend ...“ Er hält noch einmal - jetzt fast vorwurfsvoll - die Flasche hoch. „Nun ist die blöde Flasche plötzlich halbleer, kapiert? Und das ist alles deine Schuld. Und Saskias Schuld. Ihr habt mein Leben kaputt ... gefickt. Nun gibt es keine halbvollen Gläser mehr!“
„Das ist dummes Partygequatsche“, brummt Schwarz. „Ob das Glas halb voll oder halb leer ist, der Weg das Ziel ist und all dieser Eso-Mist, das nervt!“
„Aha“, ruft Hartmann triumphierend aus, trinkt und rülpst abwechselnd und wirkt so, als würde er gleich explodieren. „Der Weg, das Ziel, halb volle Mösen und was weiß ich noch alles, aber du hast natürlich den Durchblick. Und deshalb sind die Frauen alle so geil auf dich, oder was? Dabei bist du hundert Jahre älter als ich. Warum hat Saskia eigentlich mit so einem alten Sack wie dir gevögelt? Das ist doch unnatürlich! Was ist denn nun wichtiger als ein halbes oder leeres Glas?“
„Woher der Inhalt kommt.“
Hartmann winkt kopfschüttelnd ab. „Komisch. Für mich ist immer die wichtigste Frage, wer den ganzen Scheiß eigentlich bezahlen soll. Und das bin am Ende tatsächlich immer ich. Ich bin der geborene Übrigbleiber, der, der bezahlen muss, weil sich alle anderen vorher verpisst haben. Saskia weg, du bist gleich weg, und ich hab mal wieder die ganze Scheiße am Hals … wo kann man hier eigentlich kotzen?“
Schwarz begleitet den würgenden Hartmann hastig zum Badezimmer. Bevor er eine Idee hat, wie er die Situation zu seinem Vorteil ausnutzen und den ungebetenen Gast überwältigen kann, klingelt sein Handy. An der Nummer erkennt Schwarz überrascht, dass der Anruf von Saskias Handy kommt. Und sie ist tatsächlich dran und völlig aufgelöst. „Mein Mann ist verschwunden“, erzählt sie aufgeregt. „Ich habe ihm gestern Abend alles von uns gebeichtet, da hat er sich die ganze Nacht betrunken und ist morgens einfach abgehauen. Jetzt weiß ich nicht mehr, wo ich noch suchen soll. Ich habe Angst, dass er sich etwas antut. Was soll ich nur machen?“
„Er ist bei mir“, sagt Schwarz, froh darüber, dass sie lebt. „Er ist vorhin bei mir mit einer Pistole aufgetaucht und hat behauptet, er hätte dich erschossen.“
Auch Saskia ist erleichtert. „Er ist bei dir? Gott sei Dank!“
„Mit einer Pistole!“, wiederholt Schwarz etwas eindringlicher. „Momentan kotzt er sich allerdings gerade die Seele aus dem Leib. Ich werde jetzt mal lieber seine Waffe an mich nehmen. Die hat er im Wohnzimmer vergessen.“
„Das ist nur eine Schreckschusspistole“, beruhigt ihn Saskia. „Ich komme gleich bei dir vorbei und rette dich vor Uli, okay? Bevor er dich zu Tode labert.“
Schwarz ist immer noch flau im Magen. „Er hat gesagt, er hätte dich erschossen“, betont er nochmals. „Und ich habe ihm das natürlich geglaubt. Saskia, das war ein echter Schock, verstehst du?“
„Mich erschossen? Wie süß!““ Sie lacht. „Bevor er abgehauen ist, hat er mich zu küssen versucht. Von seiner Fahne bin ich tatsächlich fast gestorben. Dann ist er auf und davon. Ich dachte, der wird sich schon irgendwann wieder beruhigen. Er ist ja eigentlich ein durch und durch lieber Kerl, weißt du. Nur trinken darf er nicht. Dann dreht er durch. Ich mach mich jetzt mal am besten auf den Weg. Bis gleich!“

Als Hartmann leicht zitternd aus dem Badezimmer kommt, sieht er wie eine ramponierte Wachsfigur aus, mit wirrem Haar, und blutunterlaufenen Augen. „Mann“, stöhnt er. „Dein teurer Wein ist einfach nur scheiße. Den Charakter habe ich gerade im Klo runter gespült.“
Schwarz hat mit der Waffe in der Hand vor der Tür gewartet, richtete sie jetzt auf den blassen Mann und sagt. „Hände hoch.“
Hartmann schlurft mit hängenden Schultern am Lauf der Pistole vorbei. „Hast du nicht doch irgendwo Kippen?“
Schwarz folgt ihm. „Saskia kommt gleich, um Sie abzuholen. Ich könnte sie noch mal anrufen und sie bitten, Zigaretten mitzubringen.“
Hartmann lässt sich wieder in den Sessel fallen. „Saskia“, stöhnt er. „Von der will ich nix mehr. Da werde ich lieber Nichtraucher, so wie du. Gibt’s hier in Nähe einen Tabakladen oder einen Automaten?“
Schwarz legt die Pistole auf den Wohnzimmertisch, holt sich ein Weinglas und schenkt sich den letzten Rest der Flasche ein. Er nimmt einen Schluck und spürt, wie er langsam wieder zur Ruhe kommt. Zum ersten Mal nach seinem Infarkt könnte er schwach werden. Hätte er jetzt Zigaretten im Haus, würde er vermutlich zusammen mit Hartmann eine rauchen. Aber der ist mittlerweile im Sessel eingeschlafen und schnarcht.

Schwarz hat Platz genommen. Sein Hausarzt Dr. Reuther sichtet aufmerksam einige Daten in seinem Monitor. Dann schaut er den schweigend abwartenden Patienten über seine Halbbrille prüfend an.
„Wie fühlen Sie sich denn so?“
Schwarz ruft sich all die radikalen Veränderungen in Erinnerung, die er nach Infarkt und Reha Angriff genommen hat, und denkt daran, wie Saskias Mann letzte Woche dieses neue Leben mit einer Waffe bedrohte. Da war es ihm so wertvoll wie nie vorgekommen, mit all den neuen Strukturen und Plänen, mit wichtigen Entscheidungen und viel Hoffnung.
„Ich fühle mich gut“, stellt er zufrieden fest und scheint sich mit dieser Erkenntnis selbst ein wenig zu überraschen. „Sehr gut sogar.“
„Keine Beschwerden?“
„Nein. Ich habe nur hin und wieder Nasenbluten.“
Dr. Reuther nickt. „Nicht ungewöhnlich.“ Und referiert dann über ASS 100, Antikoagulanzien und Acetylsalicylsäure. „Wenn es häufiger auftritt, müssen wir uns mal was überlegen.“
Schwarz nickt, ohne wirklich zuzuhören.
Der Arzt faltet die Hände wie zum Gebet. „Tja, Herr Schwarz, was soll ich Ihnen groß sagen? Was auch immer Sie seit dem Infarkt in Ihrem Leben geändert haben, Sie sind auf dem richtigen Weg."

Es ist sechs Uhr Morgens, als Schwarz seine Wohnung verlässt. Es nieselt. Während er in Richtung Park geht, macht er erste Lockerungsübungen und atmet bewusst ein und wieder aus. Neben seinem Lieblingsbaum ziehen ihm beim Warmmachen die Ereignisse der letzten Wochen durch den Kopf. Mittlerweile ist fast alles geklärt, geordnet und besprochen. Karen und Jens sind in das Haus gezogen. Saskia hat ihren Uli wieder beruhigen können. Der Fachpresse war zu entnehmen, dass Alexander Grubinger kurzfristig einen Nachfolger für seinen überraschend ausgeschiedenen Stellvertreter verpflichten konnte. Und Schwarz geht es gut. Er hat sich nach dem letzten Arztbesuch zeitweise wie Supermann gefühlt. Hätte Saskias Mann vor einigen Tagen mit einer echten Waffe auf ihn geschossen, vielleicht wären die Kugeln sogar an ihm abgeprallt.
„Und was werden Sie jetzt tun?“, hat Dr. Reuther ihn zum Abschied gefragt.
Schwarz hat zur Antwort nur gelächelt. Und mit demselben Lächeln startet er heute seinen morgendlichen Lauf.

 

Hej Rick,

nur so ein erster Eindruck:

Ich mag Schwarz als Figur immer noch, er bietet hier aber deutlich weniger Konflikt-Potential, dazu kommen die vielen Figuren der letzten Geschichte, ich geb ihnen die Schuld, dass ich immer wieder aus der Geschichte geflogen bin, das hat erst mit dem Konflikt/Auftritt des betrogenen Ehemannes ganz aufgehört.

Hab jetzt leider keine Zeit mehr, ich schreib ein anderes Mal mehr

LG,
Ane

 

Hallo Rick,

mich hat deine Geschichte leider, bis auf ein paar pointiert gelungene Formulierungen, nicht begeistern können.

Ich habe sie in einem Rutsch durchgelesen, gezogen von der Suche nach ihrem Sinn.

Ich vermute, es ging dir um das Thema Sinnsuche. Wozu lebe ich, welche Werte im Leben machen ein glückliches Dasein aus.?
Vielleicht lag dein Fokus auch ganz woanders, ich bin mir unsicher.

Die Geschichte plätschert dahin und ich hab zwischendrin gedacht, dass es sich liest, wie ich mir diese Nachmittags- oder Vorabendsoaps vorstelle. Hier ein bisschen Problembewusstsein, ein bisschen sozialkritisch, ein wenig menschelnd. Ein kleiner Blick vom eigenen Wohnzimmer in dasjenige der anderen, um sich nicht so einsam fühlen zu müssen. So nach dem Motto: schau an, den anderen geht es auch nicht gold.

Dir ist folglich eine unterhaltsame, seichte Geschichte gelungen. Mein Bedürfnis nach Tiefe hast du nicht erfüllen können.

Es muss aber nicht jede Geschichte Nachhall haben, es darf auch mal nur schlicht sein.


Da windet sich endgültig aus seinem Mitleid und geht.

Hier fehlt vermutlich noch ein "sie".

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo, lieber Rick, da ist Schwarz ja wieder.
Hab ihn begrüßt wie einen alten Bekannten und freu mich, dass es ihm gut geht.
Wofür ich dir wirklich mal ein ganz großes Kompliment machen will:
1. Du hast Bilder und Formulierungen, die mir ausgesprochen gut gefallen, die ungewöhnlich sind und die dabei die Sache, um die es geht, unglaublich gut harakterisieren. Ich hab mih stellnweise an Hornby erinnert gefühlt, der macht das auch so. Ich hab da richtig Genuss dran wie an einem leckeren Nachtisch und der Genuss ist so groß, dass er mich auch mal durch eine vielleicht ereignisärmere oder noch nicht genügend "ausgedünnte" Passage trägt.
Bilder wie bespielsweise "trägt ihr das Gespräch hinterher" und vieles vieles vieles andere. Ich hätt da wahscheinlich geschrieben "er folgt ihr" und noch zwei weitere unglückliche Versuche ... und du puzzelst da einfach diese zwei Sachen zusammen und man weiß Bescheid über den Charakter des Gesprächs und ihre Beziehung. Ich mag das wirklich sehr.
Wenn ich mehr Zeit hätte, ich würde dir voller Freude diese wunderschönen Stellen raussuchen und mich nochmal dran freuen. Einfach so.
Aber die Zeit!!!

2. Du kriegst es an manchen Stellen ganz toll und elegant hin, von einer Szene in die andere zu wechseln. Wie wenn die nächste Figur den Staffelstab in die Hand gedrückt bekommt von einer Begebenheit aus der Szene davor. Ein Beispiel dafür ist der Wechsel vom Gespräch mit seiner Frau zu der Kündigung. Oder dann danach zu der Szene mit Martha. Oder der Wechsel später zu der Bettszene mit Saskia. Ich hatte schon den Eindruck, du hast da viel gelernet an der vorigen Männer/Frauen/Geschichte, wo du ja mit den Klischees gespielt hast, aber auch diesen Wechsel so flüssig hingelegt hast.

Dass da bis zur Stelle, als Saskias Eheman auftaucht, wenig passiert im eigentlichen Sinne, das stimmt, da hat Ane wohl Recht. Mich hat das weniger gestört, ich erklär es mir so, dass meine Aufmerksamkeit auf was anderes gerichtet ist. Ich wollte halt wissen, wie es dem jetzt so geht, was er macht - neugierig halt wie Bekannte so sind.
Dennoch kann ich es eventuell nachvollziehen, was Ane meint.
Und jetzt kommen zu diesem Thema zwei Abers zu deiner Geschichte, aber es sollen keine Meckereien sein, sondern Anmerkungen, wo ich hakte, oder wo man den Lesegenuss eventuell noch toppen könnte.

1. Du hast manchmal etwas langwierige Erklärungen im Text, in denen du den Neuleser auf den Stand der Dinge bringst, also Infos über diePersonen, die Ereignisse aus der ersten Schwarzgeschichte. Und die finde ich noch zu langatmig. Vielleicht kann man sie kürzen oder auf andere Weise komprimieren, so dass die peppiger zu lesen sind. Schon der allererste Abschnitt ist ein Beispiel dafür.

Als Schwarz seiner Ex-Frau Karen die Tür öffnet, ist er ein wenig befangen. Es ist ungewohnt, sie nach fast einem Jahr wieder dieses Haus betreten zu sehen, das sie einst zusammen bewohnten. Seit ihrer Scheidung vor einigen Wochen hat Schwarz mit dem Packen begonnen. Sie haben zwar noch keinen festen Termin für seinen Auszug besprochen, aber die neue Wohnung kann er bereits nächste Woche beziehen. Von all dem, was er nach seinem Herzinfarkt im vergangenen Jahr mit Nachdruck verändern wollte, ist dieser Schritt im Lauf der Zeit immer dringlicher geworden. Schwarz will hier möglichst bald weg, raus aus dem Haus, das so viel von Karen hat und so wenig von ihm. Während sie entspannt die Räume inspiziert und den Blick mal hier hin und mal dort hin schweifen lässt, wird es ihm immer klarer: Sie passt hier einfach her, es ist ihr Zuhause! Befänden sie sich in einem Comic, dann wären sich Karen und das Haus zur Begrüßung vermutlich überglücklich in die Arme gefallen.

Der letzte Satz ist klasse, und logisch, er muss sie ins Haus reinlassen (erster Satz), damit ihr Gespräch stattfinden kann, aber alles dazwischen? Ich kann das unglaublich schwer beurteilen, inweiweit man das wirklich alles braucht, aber ich weiß, dass es mich lesenervös gemacht hat. Ich dachte: Weiß ich doch alles, nu mach ma hinne. Verstehst du? Ich kenn ja aber auch Geschichte Nummer eins. Ich find das verzwickt. Und bin froh, dass ich es nicht schreiben brauch. :D Das Problem ist ja, dass es der erste, unglaublich wichtige Absatz ist. Und du willst ja auch Neuleser gewinnen, nicht nur die, die Schwarz kennen und mögen. Vielleicht ist es ja so, dass man die Hintergrundinfos anders einstreuen kann, etwas später, so, wie man es bei einer neuen Geschichte macht?

Und 2. Da bin ich mir sehr unsicher. Ane hat es angemerkt. Es sind schon sehr viele Personen am Anfang, die aller der Reihe nach vorgestellt werden. Ich persönlich war froh über die Begegnung mit Martha und fand es spannend, Nadines Schicksal zu erfahren. Und so ging mir das bei vielem. Ich versuch nur gerade, mich in die Perspektive eines Neulesers zu versetzen. Vielleicht sollte man einfach nochmal die Szenen sichten und prüfen, ob du die wirklich alle in der Länge haben musst. Zum Beispiel das Gespräch mit dem Arzt. Vielleicht übersehe ich da was, aber kann man da ncht raffen?

Und 3. aber das ist Firlefanz, einmal ist mir ein weiss aufgefallen, frag mich bitte nicht mehr, wo das war. Und an manchen Stellen hätte man noch stärker die Füllwörter rausschmeißen können.
Ich hab das jetzt aus Zeitgründen nicht rausgesucht. Aber wenn du denkst: "ich glaub die Novak spinnt, wo soll das sein", dann such ich dir gern noch ein paar Beispiele raus.
Ich könnte mir halt vorstellen, dass man da durch Raffung noch ein bisschen was rausholen könnte, wenn manchmal das Tempo so ein bisschen erlahmt.
Aber nu iss genug kommnetiert, wenn du was komisch oder nicht nachvollziehbar findest, frag mich einfach nochmal. ich schreib dann was. Ich glaub, ich muss langsam aber sicher selber mal wieder schreiben, sonst geh ich noch vor die Autorenhunde.

Hat Spaß gemacht, das Wiedersehen mit Schwarz. Und vor allem deine Rick-Formulierungen. Sie sind einfach klasse. Hat mich gerade neidisch gemacht und gleichzeitig Auftrieb gegeben.
Ich wünsch dir ein schönes Wochenende
Liebe Grüße

 

Hallo Ane,

Zitat: Ich mag Schwarz als Figur immer noch,

Danke, ich auch. Deshalb habe ich zum ersten Mal einer meiner Kurzgeschichtenfigur eine weitere Story gönnen wollen. Aber das birgt natürlich ein einigen Risiken in sich.

Na ja, ich denke mal, wenn du noch ausführlicher wirst, werde ich erfahren, dass ich die Risiken nicht alle zufriedenstellend bewältig habe. Dennoch: Die Story musste noch raus aus meinem Kopp!

Hallo Lakita,

schade, dass dich die Geschichte grundsätzlich nicht begeistern konnte. Dass deine Suche nach einem Sinn am Ende erfolglos blieb, ist bedauerlich. Denn es geht natürlich um eine ganz Menge Sinn. Dies in einer Antwort auf eine Kritik erklären zu wollen, macht allerdings keinen Sinn. Entweder die Geschichte schafft es, oder sie hat - zumindest bei dir als Leserin - ihr Ziel verfehlt.

Dass du das Niveau der KG auf dem Level von Vorabendsoaps und seichter Unterhaltung einstufst, ist keine natürlich nicht gerade eine erfreuliche Rückmeldung, weil ich dieses Niveau natürlich nicht angepeilt habe. Diesmal wollte ich eigentlich wieder aus dem Sumpf des Flachsinns empor klettern.

Da mir diese Attribute nach einer längeren Schreibpause leider für nahezu jede meiner letzten Arbeiten (zumindest in einigen Kritiken) bestätigt werden, habe ich wohl mittlerweile meine Fähigkeit verloren, auch mal tiefergehende Stoffe zu entwickeln.

Ich werde mich mal an die TV Anstalten wenden und denen anbieten, passende Stoffe für ihre Vorabendsoaps schreiben zu können. Ich habe bloß ein bisschen Schiss davor, dass die evtl. auch mehr Tiefe erwarten. Was mache ich dann ;-)

Danke für deinen Kommentar.

Hallo Novak,

danke für deine freundliche, ausführliche und sehr hilfreiche Rückmeldung. Die legst mit deinen Hinweis eindeutig die großen Schwächen der Story frei, ich wusste, dass ich diesen Spagat zwischen den beiden Geschichten nur sehr schwer hinbekomme: Wie langweile ich die Leser, die schon die alte Story kennen nicht mit jenen Informationen, die ich möglichen neuen Lesern auf keinen Fall vorenthalten darf. Das war eine ganz schöne Herausforderung.

Ich bin ganz glücklich, dass du Männer und Frauen angesprochen hast. Ja, in der Tat war das die vorgelagerte "Übungsaufgabe" als Training für die Fortsetzung von "Schwarz", mit den doch recht vielen Personen und dem Ineinanderfließen verschiedener Ereignisse.

Zweifellos bietet der Text noch erhebliches Optimierungspotenzial, und durch deine Hinweise sehe ich die quietschenden Scharniere deutlich vor mir. Da muss ich nioch einmal ran. Hinweise helfen da sehr.

Aber: Der erste Absatz muss schon weitgehend diese Infos transportieren, weil ein Erstleser sonst mit Sicherheit nicht in die Handlung findet. Über das Wie muss ich noch mal grübeln.

Wollte ich das ganze als Roman anlegen, wäre es natürlich einfacher gewesen ...

Na ja, es freut mich, dass du dennoch Gefallen an einigen Passagen, Sätzen finden konntest und dich über ein "Wiedersehen" mit Schwarz gefreut hast. Das ist schon schön, so was rückgemeldet zu bekommen :-)

Jetzt wird erst einmal der Rotstift gezückt! Danke!

Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Servas Rick,

also ich mochte die Geschichte. Die war mir, und ich befürchte, gleich wirst du mit den Zähnen knirschen, eine angenehme Samstagnachmittag Lektüre, bei der ich obendrein immer wieder schmunzeln musste.
Womöglich bin ich unbefangener herangegangen als die Vorkommentatoren, weil ich die Vorgeschichte des Schwarz nicht kannte, Herzversagen hab ich bisher noch nicht gelesen …

… nein, ich fang nochmal an: Also, den Beginn fand ich nicht so, dass ich mir gedacht hätte, Wahnsinn, muss ich unbedingt weiterlesen, ja schon, ist souverän und einfühlsam geschrieben und so, aber das wird jetzt wahrscheinlich so eine Beziehungsaufarbeitungskiste, brauch ich nicht, werde wohl noch vor der Hälfte aussteigen.
Aber richtig neugierig gemacht hat mich dann dieser pfiffige Übergang von der ersten zur zweiten Szene, sehr geschickt gemacht, dachte ich mir und bin drangeblieben. Und dann dieses Gespräch zwischen Schwarz und Grubinger:

„Was ich vor allen Dingen sehe, sind junge Typen, die im Sommer Wollmützen tragen und uns erklären, wie die Welt funktioniert.

Da musste ich grinsen. Und, überhaupt, hab ich mir gedacht, das gibt’s ja nicht, das ist von mir! Genau das hab ich doch vor einer Woche zu meinem neunzehnjährigen Sohn gesagt! Also, sagen wir mal, sowas ähnliches halt, was Sinngemäßes. (Und ich verwendete den Begriff Pudelmütze.)
Spätestens da hatte der Schwarz meine Sympathie, bzw. das solidarische Mitempfinden des Altersgenossen sozusagen. Ha, das ist mal eine zielgruppenrelevante Geschichte, dachte ich mir, die trifft genau mich!
Weil, verdammt nochmal, das kenne ich doch, dieses Gefühl, von nur unwesentlich jüngeren Leuten überrannt zu werden, so zwanzig, dreißig Jahre jüngeren halt, also quasi eh so alt wie ich, und ja, schauen eigentlich wirklich cool aus, diese Wollmützen, aber schon auch ziemlich blöd irgendwie, aber

Schlimm ist, dass ich genau weiß, was sie über uns denken. Und das ist höchst unerfreulich. Ich weiß das, weil ich früher auch so war.“

Ist das zu wenig tiefsinnig, wenn der fünfundfünfzigjährige Schwarz sowas sagt, oder gar banal?
Ist es banal, sich in das Dilemma verstrickt zu sehen, sowohl die eigene Einzigartigkeit als auch deren Vergänglichkeit erkannt zu haben? Mit achtzehn war dieser Schwarz genauso überzeugt von seiner Unverwundbarkeit und Unsterblichkeit und von der Tatsache, das ganze Leben sei ein ununterbrochener Spaß, wie wir alle in dem Alter, und dann überrennt ihn das Leben … und er fliegt auf die Fresse und er steht wieder auf. Wie wir alle. Banal, ja, und irgendwie schön.

Und Schwarz geht es gut.

Ich wollte eigentlich noch einiges zu deinem unaufgeregten und trotzdem ausdruckstarken Erzählton sagen, und zum stringenten dramaturgischen Aufbau der Geschichte und zu den tollen Szenenübergängen und vorallem zu der bizarren Szene, in der der gehörnte Hartmann den Schwarz heimsucht, also die hab ich lesend gesehen wie eine Filmszene, herrlich. Und ein paar kleine Fehler sind mir auch aufgefallen, aber, es ist schon wieder so spät geworden … na gut, zumindest diesen Absatz solltest du dir nochmal anschauen:

Sein unerwünschter Besucher reisst (reißt) ihm nach dem Öffnen gleich (die) Weinflasche aus der Hand, zwingt Schwarz wieder zurück ins Wohnzimmer auf das Sofa und lässt sich schwerfällig in einem (einen) der gegenüberliegenden Sessel fallen.

Die lässt mich grinsend und gleichzeitig ein wenig melancholisch zurück, deine Geschichte.

offshore

edit:
Da sind sie, die kleinen Fehler:

statt dessen, stattdessen
„Weisst du, es ist wirklich lieb von dir … dieses Haus ...“
„Ja, ich weissß
Das regelmäßiges Laufen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ernst offshore,

danke für deinen launigen Kommentar und das Mögen der Geschichte. Du hast nachvollziehbar beschrieben, wie dieses Mögen entstand, das war sehr interessant. Deine Kritik ist für mich besonders wichtig, weil du die Vorgeschichte nicht kanntest, und deshalb "nur" mit dieser Story und ihren Figuren klar kommen musstest. Und das hat geklappt, was mich riesig freut! Ich war mir nämlich nicht ganz sicher, ob ich das so hinkriege.

Es ist ein tolles Gefühl, wenn man über eine Kritik erfährt, wie bestimmte Teile und Figuren der Geschichte bei Lesern ankam. Du hast dazu einige Beispiele herausgeschrieben und kommentiert und für mich war das schön, Stellen zu sehen, an denen ich tw. besonders viel gefeilt habe.

Dein Lob zum Text hat mich echt aufgebaut, danke! Um die genannten Fehler werde ich mich natürlich noch kümmern.

Hallo Marai,

ich freue mich, von dir auch unter der zweiten "Schwarz-Geschichte" eine Kritik zu bekommen. Und es ist natürlich schön zu lesen, dass dir die erneute Begegnung mit meiner Figur gefallen hat.

Ich habe mich bemüht, Schwarz aus seiner Passivität der ersten Story herauszuholen. In der neuen Geschichte agiert er deutlich stärker und trifft wesentliche Entscheidungen für sein weiteres Leben.

Du fragst, ob die Bettszene in der Geschichte nötig war. Das ist sicher eine berechtigte Frage. Ich gehöre auch zu denen, die sich immer fragen, ob solche Szenen in Filmen und in Büchern wirklich einen Sinn machen, oder ob sie nur Selbstzweck der Kreativen sind, weil alle Welt das mittlerweile erwartet, oder der Regisseur einfach mal die Brüste der Hauptdarstellerin sehen wollte (sofern nicht ein Körperdouble verwendet wird).

In meiner Geschichte ist meine Bettszene dramaturgisch/künstlerisch notwendig. Saskia und Schwarz haben eine fast ausschließlich sexuelle Bindung. Das Bett ist ihrer natürliche Umgebung. Sie treffen sich nie zum Essen, nie im Kino und nicht zu einem Spaziergang, sondern wirklich nur, um Sex zu haben. Selbst in der Firma können sie sich nicht mehr über den Weg laufen. Deswegen ist die Bettszene folgerichtig und unvermeidlich.

Ich finde sie aber fast jugendfrei ;-)

Danke für deine Anmerkungen!

Rick

Edit: Habe jetzt hoffentlich alle Änderungen erwischt.


@ Novak

Ich habe einiges entrümpelt und entschlackt, auch den Arztbesuch auf das Wesentliche reduziert und ein paar Darlings gekillt.

Aber im ersten Absatz steht eigentlich (fast) keine Info, die du schon aus der ersten Schwarz-Story kennen könntest. Deshalb habe ich das mal so gelassen. Für Neueinsteiger ist das sicherlich nicht störend.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Rick,

ich kenne deine erste Schwarz-Geschichte (noch) nicht, und ich muss sagen, dein Schwarz ist mir sehr sympathisch.
Überhaupt mag ich es, wie die Geschichte vor sich hin tröpfelt (is jetzt positiv gemeint). Sie kommt so lapidar daher, aber man merkt, dass da eine komplexe Lebensgeschichte im Hintergrund steht.
Die Szenenwechsel finde ich klasse, das sind schon richtig filmische Szenenüberblendungen.
Am Besten gefällt mir die Laufszene. Das ist echt. Das war war auch die Stelle, an der mir Schwarz endgültig sympathisch geworden ist; am Liebsten hätt ich mir direkt die Schuhe angezogen und wäre los gelaufen. Sehr schön.

Seit ich aus der Reha zurück war, redeten sie manchmal mit mir, als würde ich mit den Augen hören.
Das ist mein absoluter Lieblingssatz in der ganzen Geschichte.
Überhaupt hast du so ein paar Sachen drin, da dachte ich nur: Wow.

Schwarz ist an einem Wendepunkt seines Lebens angekommen, muss drastische Entscheidungen treffen, eckt damit überall an und tut es aber trotzdem, um nicht endgültig zu verkümmern, um noch ein Quentchen Sinn aus seinem Leben zu pressen. Dieses späte Aufbäumen, das bringst du gut rüber.

Also der Kommentar ist jetzt nicht wirklich konstruktiv, sorry, aber die Geschichte gefällt mir einfach. So simpel ist das manchmal. :shy:

Sehr gerne gelesen,
PSS

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rick

Sie haben zwar noch keinen Termin für seinen Auszug besprochen, aber die neue Wohnung kann er bereits nächste Woche beziehen.
Ich lese die Geschichte jetzt zum zweiten Mal, gleich zu Anfang ohne Änderungen und jetzt dann mit den ersten Verbesserungen. Was mich beim ersten Mal irritiert hat und beim zweiten Mal klar wird, wieso, ist zitierter Satz.

Du implizierst, dass der Leser in dem Moment schon weiß, dass Karin einziehen wird. Ich kenne die erste Schwarz-Geschichte nicht, mal am Rande bemerkt. So frage ich mich, wieso er mit seiner Ex den Auszugstermin besprechen muss. Das passt so als Einführung nicht. Im Laufe der kommenden Absätze wird dann zwar klar, dass Karin einziehen wird, aber in diesem Intro stört mich diese Information, weil sie erst einmal keinen Zusammenhang hat und auch nicht so stark ist, dass man kombinieren könnte.


Schwarz kennt ihre Körpersprache so gut, und macht trotzdem immer wieder dieselben Fehler. Dabei ist Karens Sehnsucht nach Harmonie deutlich zu spüren.Ihre Wandlung ist in der letzten Zeit offensichtlich. Lief sie zunächst lange mit der Frisur eines GI herum - und mit dazu passendem Gesichtsausdruck - hat sie ihr Haar wieder wachsen lassen und scheint ihren inneren Frieden zurückgewonnen zu haben, so frisch verliebt in ihren Traummann und kurz vor der endgültigen Rückkehr in ihr Traumhaus. Schwarz hat keinen Grund, Gedanken wie Handgranaten zu nutzen – aber er macht es trotzdem:
Die zwei Sätze, die ich fett markiert habe, passen für mich nicht an diese Stelle. Das sind zweierlei Ansätze: Einerseite das Harmoniebedürfnis und andererseits ihr Wunsch nach optischer Veränderung. Dann kehrst du wieder an den Punkt zurück, dass Schwarz das Harmoniebedürfnis ignoriert und sie verbal angreift.

Auch bringt mich dieser GI-Vergleich zu sehr aus dem Gedankenfluss. Da bin ich sofort in Amerika, oder in den alten besetzten Zonen, das lenkt mich sehr ab. Eine neutralere Beschreibung (strenge/männliche/maskuline Kurzhaarfrisur) täte es doch auch. Ich würde diese Sätze nicht streichen, nur irgendwo anders einsetzen.


Nein, das muss sie nicht! Er hebt schuldbewusst die Hände, ergibt sich, flüchtet sich in ein schiefes Grinsen.
Was soll das Ausrufezeichen bewirken? Es kommt doch gleich noch eines.

Den kompletten Abschnitt mit Grubinger finde ich in höchstem Maße authentisch. Sehr gute Dialoge, da passt alles.

In den letzten Monaten hat mich der ganze Kram noch mehr geschafft, als vor dem Infarkt.
Komma weg

Für Einige in der Redaktion bin ich nicht nur alt und angeschlagen, sondern nahezu tot.
einige


„Wenn das Geld stimmt, ist das bestimmt das Beste, was du machen kannst.“
Etwas galanter beim Lautlesen:
Wenn das Geld stimmt, ist das sicher das Beste, was du machen kannst

Die Strecke hat eine gute Länge, ist abwechslungsreich und vor allen Dingen gut beleuchtet – was besonders wichtig ist, weil er gern früh morgens läuft.
vielleicht dann: vor allen Dingen ausreichend beleuchtet
Greif dir einen dieser Gedanken, Schwarz, einen ganz wichtigen, und dann laufe mit ihm!
Wer sagt das? Falls es auf ihm herauskommt, würde ich es anders kennzeichnen.

Das regelmäßige Laufen hat sein Empfinden für Natur wieder gestärkt.
für die Natur

Der Herbst hat längst Einzug gehalten, ungestüm, nass aber entwaffnend farbenfroh.
Einzug gehalten; ungestüm, nass, aber

Ein morbider Clown, der bunte Blätterleichen fröhlich durch die Luft wirbelt. Doch die Luft ist angenehm, und wenn es nicht zu stark regnet oder stürmt, bieten sich ideale Laufbedingungen.
da würde ein sie reichen

Anfangs fällt es Schwarz immer besonders schwer, den richtigen Atemrhythmus zu finden. Nach ein paar Minuten spürt er sogar eine aufkommende Erschöpfung - bis er schließlich kurz danach sein ideales Tempo findet und die Bewegungen flüssiger und entspannter werden.
kurz danach in sein ideales Tempo hineinkommt und die

Schwarz überholt zwei plaudernde Joggerinnen, einen schnaufenden und mit seinen Stöcken wild klappernden Nordic Walker und einen jungen Mann, der beim Laufen einen Kinderwagen vor sich her schiebt.
Dieser Satz ist sperrig, hauptsächlich wegen dem schnaufenden Nordic Walker.


„Es tut mir Leid“, murmelt Schwarz. Da windet sie sich endgültig aus seinem Mitleid und geht.
Es tut mir leid.


Sein unerwünschter Besucher reisst ihm nach dem Öffnen gleich Weinflasche aus der Hand, zwingt Schwarz wieder zurück ins Wohnzimmer auf das Sofa und lässt sich schwerfällig in einem gegenüberliegenden Sessel fallen.
die Weinflasche


„Es tut mir Leid“, sagt Schwarz lasch. Je mehr Hartmann allerdings von sich preis gibt, desto weniger tut es ihm Leid.
leid

„Scheiß drauf, ob dir irgendwas Leid tut! Wie oft habt ihr wohl im Bett über mich gelacht, weil ich so blöde war und nix geschnallt habe?“
dito

Schwarz würde ihm gern versichern, dass sie im Bett mit interessanteren Dingen beschäftigt waren, als über Hartmann zu lachen, aber so was wagt man nicht, wenn man vor dem Lauf einer Pistole sitzt, hinter der ein betrogener Ehemann steht, zu allen fähig.
Schwarz würde ihm gern versichern, dass sie im Bett mit interessanteren Dingen beschäftigt waren, als über Hartmann zu lachen. Aber so was wagt man nicht, wenn man vor dem Lauf einer Pistole sitzt, hinter der ein betrogener Ehemann steht,
der zu allem fähig ist. (die Verkürzung empfinde ich hier eher als Stolperstein)
Was ist denn nun wichtiger, als ein halbes oder leeres Glas?“
Komma weg

Neben seinem Lieblingsbaum stehend ziehen ihm beim Warmmachen die Ereignisse der letzten Wochen durch den Kopf.
Das ist nicht schön. Es reicht doch auch: Beim Warmmachen ziehen die Ereignisse ... - lass doch das stehend weg.


Wie schon mehrfach erwähnt - mir gefallen die Übergänge auch ausgesprochen gut.

Deine Dialoge werden immer stärker (also nicht innerhalb dieser KG, sondern allgemein) - da passt fast jedes Wort, es wirkt sehr echt. Großes Lob.

Sehr schön fand ich auch, dass Schwarz so einen feinen Humor hat, das hat ihn mir auch sehr symphatisch gemacht, genauso wie die vorhandene Selbstreflexion, die aber leider von ihm nicht immer in den Alltag umgesetzt werden konnte (besonders bei Karin).

Den letzten Satz finde ich leider nicht den besten. Den würde ich streichen, das Ende beim Arzt wäre stärker. Es hängt auch nicht mit dem Laufen zusammen, sondern mit dem Lächeln, vielleicht auch nur die Satzkonstruktion und mit dem selben Lächeln
- das kannst du besser.

Man wünscht Schwarz einfach nur alles Gute für die Zukunft.

Liebe Grüße
bernadette

 

Sein unerwünschter Besucher reisst (reißt) ihm nach dem Öffnen gleich (die) Weinflasche aus der Hand, zwingt Schwarz wieder zurück ins Wohnzimmer auf das Sofa und lässt sich schwerfällig in einem (einen) der gegenüberliegenden Sessel fallen.

ich will ja nicht altersstarrsinnig wirken, aber diesen Absatz hast du beim Korrigieren übersehen. ;)

offshore

 

Hallo Rick

Bereits gestern hatte ich die Geschichte gelesen, gedanklich Notizen gemacht und die Eindrücke setzen lassen. Schwarz lächelt unverkennbar mit der erhalten gebliebenen Mimik eines Stadtneurotikers. Trotz seines geänderten Lebenswandels ist er irgendwie der Alte. Nach einem Jahr baut er zwar nun ab, tauscht ein, was ihm wichtig war, aber gegen was eigentlich? Nun er ist im Trend der Zeit, also läuft er, vermeintlich, weil es Gesund ist – bis zum nächsten Herzinfarkt. Und als Nichtraucher stösst er weniger an Grenzen. Wird nicht schief angesehen, als wenn er in einer Bar einen kalten Glimmstängel zwischen die Lippen klemmt, daran riecht, um wenigstens den aromatischen Geschmack des Tabaks wahrzunehmen. Oder wie ein Hund vor die Tür muss, um Inhalieren zu dürfen.

Es ist gut geschrieben, sein Verhalten und die Dialoge klingen mir nicht nur plausibel, es war als wäre ich wie ein unsichtbarer Zaungast neben ihm gestanden und hätte verfolgt, was er aus seinem Leben macht. Seine Passivität, die schon vorher zu seinen Eigenschaften gehörten, ist ihm geblieben, wie sich etwa zeigte, als Hartmann auftauchte. Etwas abrupt sind vielleicht die Wechsel der Personen, die Szene verläuft weiter, doch sind da plötzlich Andere gegenwärtig, mit denen er am gleichen Thema herumkaut. Das Nahtlose dabei ist jedoch gut verwebt.

Allerdings, und dies ist jetzt nur meine subjektive Sichtweise, was soll mal noch aus ihm werden? Vor meinen Augen sehe ich sie jene Frauen und Männer aus meinem Bekanntenkreis, die täglich auf einen Marathon hin trainieren. Fernziel New York, das Anspruchsvollste für diese Zielgruppe. Es vereinnahmt ihre Zeit und ihren Körper. Zunehmend kaputte Gelenke und manche Knochenbrüche hindern sie nicht, weiterzumachen. Der eine oder andere gönnt sich zwischendurch schon mal ein Vergnügen, aber immer wieder ist diese proklamierte Gesundheitssucht stärker, entgegen einem natürlichen Leben, das sie mit späten Gebrechen dann dereinst als verpasst vermissen.

Es klingt vielleicht fatalistisch aber mir ist es zu glatt, diese Lebensumstellung, zu harmoniesüchtig, wie er dieses neue Leben sucht. Hier bin ich direkt versucht eine Prognose zu stellen, nämlich dass er fällt, sehr tief, und dies ganz ohne Herzinfarkt. Seinen persönlichen Sinn des Lebens tauscht er nicht so einfach aus. Er kann ihn verdrängen, besetzen mit irgendwelchen obskuren Vorstellungen und Aktivitäten. Aber dieses Vakuum, der nun leere Fleck, welcher ihm mal mit dem ihm eigenen Sinn erfüllt war, wird es wohl nicht ausfüllen.

Ich habe es sehr gern gelesen, mit Spannung diese Phase miterlebt. Doch ich denke, er müsste sein Leben wieder in den Griff bekommen, gereift und rational ausgleichend handeln, aber nicht so verklärend – in einer nächsten, abschliessenden Geschichte. Dass du die Figur mit diesem Part aus dem Kopf bekommen wolltest, kann ich gut verstehen. Aber ob sie dies wirklich ist? Sie nicht eben nach einem etwas fataleren Abschluss drängt …? Bleibt der nächste Schwarz aus, so warte ich eben ewig, bis ich schwarz werde. :D

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Purersternenstaub,

vielen Dank für die lobenden Worte. Das freut mich sehr, dass die Geschichte so gut bei dir ankam. Manchmal braucht es ja keine ausufernden Worte, wenn's einfach gut gefallen hat. Aber ich kann aus deinem Kommentar ja gut erkennen, was dir besonders gefiel. Und die Erwähnung deines Lieblingssatzes freut mich sehr, der fiel mir in der U-Bahn ein, als ich sah, wie sich eine junge Frau mit einer älteren Dame unterhielt. Das war genau so!

Hallo Bernadette,

lange nicht mehr gelesen ;-)

Danke für deine ausführliche Textarbeit mit einer Fülle an Korrekturen und Anmerkungen. Die werde ich natürlich - sobald ich Zeit und Ruhe finde - mit großer Sorgfalt abarbeiten. Ich freue mich darauf, weil ich auch bei anderen Texten vieles durch deine Hinweise optimieren konnte.

Schön, dass du von der Geschichte ein positives Bild gewinnen konntest, auch aufgrund der Übergänge und Dialoge, und dass du Schwarz ein gutes Leben wünschst. Ich werde es ihm ausrichten :-))

Der Schluss, ja, das wird hart für mich, den finde ich nämlich gelungen. Ich denk trotzdem mal drüber nach. Komisch, schon bei der ersten Schwarz-Geschichte hatte ich einen Schluss gewählt, der nicht jedem gefiel.

Lieber ernst offshore,

du hast recht, da habe ich was übersehen, aber dein "Altersstarrsinn" ergänzt auf wunderbare Weise meine Vergesslichkeit. Ich erledige das im nächsten Korrekturgang!

Hallo Anakreon,

wenn sich ein Leser über eine von mir erdachte Figur solche Gedanken macht, dann empfinde ich das als großes Kompliment. Das sind für mich immer besonders schöne Rückmeldungen, die so klingen, als sprächen wir bei meinen Charakteren über echte Menschen (für mich sind die das sowieso).

Ich will (mit einigen Ausnahmen natürlich) meine Figuren immer so lebensecht wie möglich hinkriegen. Bei Schwarz hat mich der Ehrgeiz ganz besonders gepackt, deshalb auch der zweite Teil. Es gibt Figuren, in die man sich als Autor ganz besonders tief versenkt und die einen nicht wirklich loslassen. Schwarz gehört dazu.

Tja, deine Eindrücke sind interessant. Ich habe versucht, Schwarz deutlich weniger passiv als in der ersten Geschichte anzulegen, wobei ich allerdings alle seine Aktivitäten darauf ausgerichtet habe, sie gegen etwas zu entscheiden, und nicht für etwas. Das hielt ich für die genau passende Entwicklung eines Typen, der im ersten Teil nur Spielball der anderen war.

So entscheidet sich Schwarz gegen das Haus, gegen seinen Job, gegen seine Affäre.

Hartmann habe ich am Ende benutzt, um Schwarz wieder in die Passivität zu zwingen, und in eine erneute, vermeintlich lebensbedrohliche Situation. Das wollte ich als Gegenwicht und Spannungselement zu den ruhigen und alltäglichen Teile vorweg.

Das mit dem Laufen finde ich eine spannende Sache. Ein Mensch, der einen Herzinfarkt hinter sich hat, sollte nicht zwingend laufen. Wenn, dann kontrolliertes Ausdauerlaufen, auf keinen Fall mit Leistungsbezug und Zeitvorgaben. Deshalb habe ich den Herzfrequenzmesser erwähnt, sonst wäre es unrealistisch.

Die beschriebene radikale Lebensumstellung liest sich leichter, als sie in Wahrheit ist. Ein Mensch, der das schafft, hat schon eine gute Grundlage, um sein Leben wieder in den Griff kriegen zu können. Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass Schwarz sich halt sehr stark auf den Prozess des Laufens konzentriert (fast ein Ersatz für das Rauchen, wenn man es überspitzt sehen will).

Ich weiß nicht, ob Schwarz mit dieser Geschichte erledigt ist. Wenn ich die beiden Teile betrachte, habe ich z. Z. zwei Empfindungen.

1. Es könnte der Stoff für eine Trilogie sein

2. Es könnte ein Roman werden.

Aber da verkrampft sich gleich mein Magen, ich habe Schiss vor Romanen ;-)

Danke für deinen Kommentar und die Gedanken.

Rick

 

Hallo Rick

Vieles ist schon gesagt worden, aber weil ich die Geschichte gelesen habe möchte ich dir auch gern - jetzt eher knappes, da ich sonst viel wiederholen würde - Feedback geben.

Ich kenne den ersten Teil auch nicht, bin aber in diese Geschichte trotzdem gut reingekommen. Insgesamt hat sie mich über die komplette Länge gut unterhalten, was vor allem deinem Stil zu verdanken ist. Die gelungenen Übergänge und sehr guten Dialoge (vor allem der mit seinem Boss) wurden ja bereits erwähnt, ist bei mir auch so hängengeblieben.

Einzig den Einschub mit Martha und Nadine finde ich überflüssig. So wie ich es verstanden habe, sind das Figuren aus dem ersten Teil, wenn man diesen nicht kennt, finde ich sie für diese Geschichte überflüssig. Das war eigentlich auch die einzige Stelle, die ich zäh fand in dieser Geschichte.

Dass Schwarz nach einem Infarkt und der Scheidung in eine Sinnkrise stürzt, finde ich glaubhaft dargestellt. Aus Saskia werde ich nicht so recht schlau - warum beichtet sie ihrem Mann auf einmal davon? Das finde ich konstruiert, wie auch den gesamten Auftritt von ihrem Ehemann. Eigentlich ist das eine interessante Stelle, wenn der Ehemann auf den Liebhaber trifft - hier ist es aber doch etwas abstrus dargestellt, mit vorgehaltener Waffe und der Behauptung, Saskia sei tot. Und am Ende - passiert eigentlich nichts, das löst sich für mich dann zu sehr in Wohlgefallen auf (also die Szene mit Saskia, dem Ehemann und Schwarz).

Ein paar Kleinigkeiten noch im Text:

Während sie entspannt die Räume inspiziert und den Blick mal hier hin und mal dort hin schweifen lässt,

hierhin, dorthin

Es ist eine sinnlos grausame Feststellung, ein Rückfall in das übelste Kapitel ihres kalten Krieges.

Die Bezeichnung ist ja vorbelastet, also besser: Kalter Krieg. Finde die Formulierung aber an der Stelle falsch, wenn es um Streitereien in der Ehe / während der Scheidung geht. Warum "kalt"? Es ist ja nicht der Normalfall, dass die mit Waffen aufeinander losgehen ... also kann man einen waffen-freien Konflikt auch nicht mit "kalt" bezeichnen, finde ich.

Aber nicht erst seit diesem Tag weiss er,

weiß

Je mehr Hartmann allerdings von sich preis gibt,

preisgibt

dass der Anruf von Saskia Handy kommt.

Saskias

Also bis auf den Einschub mit Martha und Nadine und den seltsamen Auftritt von Saskias Ehemann hab ich die Geschichte sehr gern gelesen. Solltest du dich entscheiden, nochmal etwas über Schwarz zu schreiben, werde ich bestimmt wieder dabei sein.

So weit mal meine knappen Eindrücke,
viele Grüsse,
Schwups

 

Hej Rick,

der erste Absatz fühlt sich für mich an wie eine Eisbahn, deswegen habe ich ihn mal auseinandergenommen:

Als Schwarz seiner Ex-Frau Karen die Tür öffnet, ist er ein wenig befangen.
"ein wenig" ist genau genommen ungenau, mir kommt der Satz ohne klarer vor

Es ist seltsam, sie nach fast einem Jahr wieder dieses Haus betreten zu sehen, das sie einst zusammen bewohnten.
"seltsam", vorher ist er "befangen", das sind eher Um- als Beschreibungen.

Während sie entspannt die Räume inspiziert und den Blick mal hier hin und mal dort hin schweifen lässt,
"hier und dort" liefert mir kein Bild. Warum schweift ihr Blick, sie kennt doch alles. Guckt sie, ob er Dreck oder Möbel übriggelassen hat, obwohl es anders abgesprochen war?
Sie klingt, als würde sie besichtigen, aber ich verstehe nicht warum, oder ich verstehe es falsch?

Befänden sie sich in einem Comic, dann wären sich Karen und das Haus zur Begrüßung vermutlich überglücklich in die Arme gefallen.
Weil sie im Haus steht schwer möglich.

Es schmerzt ihn ein wenig, in ihr die Frau zu erkennen,
ein wenig, ein bisschen, nicht so viel. Kann mMn eigentlich immer weg (ich hab es auch ständig irgendwo drin hängen).

„Es stört dich auch wirklich nicht, wenn ich hier mit Jens wohnen werde?“
Schwarz: Doch, es stört mich.
Karen. Okay, dann lass ich's.
Oder wie?
Warum fragt sie das? Will sie ihn quälen? Provozieren? Eine friedliche Trennung kann man möglicherweise erzwingen, aber ob einen anderen Menschen etwas tatsächlich stört oder nicht, darauf hat man keinen Einfluss. Ist sie ein Kontrollfreak?

Im ganzen nächsten Abschnitt habe ich den Eindruck, Schwarz und sein Ex-Frau sprechen nicht ganz so wie es der Situation entspräche, sondern eher wie es für den Leser informationstechnisch am günstigsten ist. Ihr Handeln klingt für mich nach einem Kompromiss, den Du machen musstest, um alles unterzubekommen.
Vielleicht wirken sie aber auch nur (vor allem Schwarz) zu harmonisch. Zu abgeklärt. Nirgends knirscht es, die wirklich interessanten Gefühle, jede Möglichkeit eines Konflikts wird erfolgreich unter den Teppich gekehrt.

Vielleicht könnte man versuchen, lediglich ein (möglicherweise negatives :Pfeif:) Gefühl von Schwarz ganz deutlich zu zeigen und in den Entschluss zu kündigen münden lassen. Dafür könnte man einiges an Informationen weglassen, die letztendlich zum Zeitpunkt des Geschehens gar keine Rolle mehr spielen.

und wenn er sich vor ihr auszieht, ist er wirklich nackt.
Den Satz find ich gut.
Aber. Er klingt als wäre Liebe oder etwas ähnliches gemeint.

„Kündigen!?“ Alexander Grubingers Augen verengen sich.
Das ist natürlich eine Stilfrage, aber ich dachte, der Vorname würde eigentlich reichen und mehr Nähe vermitteln. Die Nennung des Nachnamens wirkt sehr förmlich.

Die alte Dame hat auf Nadines Grab Blumen gelegt. Dann tritt sie wieder zurück und stellt sich neben Schwarz, verschränkt die Hände auf dem Rücken und blickt mit ihm zusammen auf den Grabstein. Sie schweigen lange und verlieren sich in Gedanken und Erinnerungen.
Ein Vorschlag zur Güte:
Die alte Dame hat Blumen auf das Grab gelegt, tritt zurück und stellt sich neben Schwarz, verschränkt die Hände auf dem Rücken und blickt mit ihm zusammen auf den Grabstein. Sie schweigen lange und verlieren sich in Gedanken und Erinnerungen.

„Was wirst du jetzt tun?“, will Martha wissen und streichelt zum Abschied Nadines Grabstein, als berühre sie deren Wange.
Obwohl sie nur kalten, harten Stein berührt. Der keinerlei Ähnlichkeit mit Nadines Wange aufweist, zumal er vermutlich auch noch eine Kante hat.
... und streicht über Nadines Grabstein" würde auch eine Zärtlichkeit ausdrücken.

„Was ich jetzt tun werde?“ Schwarz schaut nachdenklich in eine innere Ferne.
„Was ich jetzt tun werde?“ Schwarz schaut nachdenklich.
Ginge auch.
Aber ich merk schon, jetzt bekomme ich meine Streich-Koller.
Ich hör schon auf.

Die Szene mit Saskia hat mir gefallen, das ist Schwarz wie ich ihn mag. (später stiehlt ihm der betrogenen Ehemann wieder die Show). Da ist er skeptisch, da ist ein (für die Geschichte) guter Bruch zwischen der körperlichen Nähe und der großen gefühlsmäßigen Distanz. Schwarz wirkt hier ehrlicher auf mich, brummiger, beinahe linkisch in seinem Versuch, Saskia zu trösten, hier sind Dinge, die er nicht weglaufen oder wegdrücken kann, hier zeigt er seine Unfähigkeiten und ich finde ihn spannend.

Es ist spannender, jemanden dabei zuzusehen, wie er torkelt und vielleicht schimpft und trotzdem versucht, auf die Beine zu kommen, als einem, der gut laufen kann und mit Recht zuversichtlich und optimistisch in die Zukunft blickt.

Ich hoffe, irgendwas von dem was ich sagen wollte, ist verständlich.

Ich würde gern mehr von dem Saskia-Schwarz lesen ( selbstverständlich auch ohne Saskia/Bettszenen, obwohl beide mich nicht stören).
Dann bin ich für einen Roman.

LG
Ane

 

He Rick,

Ich hatte einige Stellen rausgesucht und kommentiert, aber leider hab ich das irgendwie gelõscht, komme mit meinem tablet noch nicht so klar. Aber allmählich werden wir gute Freunde ;)
Da sind noch ein paar Fehlerleins drin, so vertipper und so, die hatte ic rausgefischt,, aber für ein zweites Mal bin ich jetzt zubträge ...
Ansonsten wird das jetzt ein recht kurzer u nd rundum lobender Kom,mentar. Schon als icn den Titel gelesen habe, habe ich mich gefreut. Das passiert ja leider nicht oft, dass hier auf kg.de Geschichten wieder aufgegriffen werden (die als Serien gebranntmarkten Texte schaffen es ja auch selten über den ersten Teil hinaus)
Von daher finde ich es sowieso scjon stark, dass du das gemachsg hast. Dann aber auch noch Schwarz, mit dem ich so mitgefiebert habe. Das finde ich richtig... nun, ich möchte gern das verbrauchte Wort "schön" nutzen und ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Das war einfach ein wohliges Gefühl diesem Kerl noch einen Schritt weiter über die Schulter gucken zu kõnnen. Das war wie einen alten Bekannten treffen. Gerne mehr davon, aus dieser lebendigen Mischung aus Ernst und Humor, Tiefgang und Absurditãt. Mich hast du damit voll erwischt und ich danke dir, dass du trotz aller dramatik, die hier mitschwingt, auf das große Drama verzichtet hast.
Für mich ist dieser Text einer der Gründe, warum ich diese Seite so liebe.

Grüßlichst
Weltenläufer

 

Hallo Marai,

danke für deine erneute Rückmeldung. Das gute an Geschichten mit einem relativ offenen Ende ist es, dass jeder Leser die weitere Entwicklung selbst bestimmen kann. Und ehrlich gesagt, ich tendiere da auch eher in deine hoffnungsvollere Richtung :-)

Hallo Schwups,

danke für deinen Kommentar. Deine Anmerkungen haben mir geholfen, die Geschichte zu verbessern.

Ich finde es besonders wichtig zu erfahren, dass du mit der Geschichte etwas anfangen konntest, ohne den ersten Teil gelesen zu haben. Es war konzeptionell schwierig, den richtigen Anschluss zu finden. Und dadurch ist auch der von dir beschriebene Schwachpunkt im Text entstanden. Der Rückblick auf Nadine (DIE tragende Figur im ersten Teil) und Martha. Für die neuen Leser völlig unerheblich und überflüssig, für die Leser des ersten Teils aber musste es irgendeine Anmerkung dazu geben. Doch in dem Moment, da ich diese Figuren erwähne, muss ich zwangsläufig auch den neuen Lesern Hintergrundinfos zu ihnen liefern. Und aus dieser Falle kam ich nicht so wirklich raus. Man kann natürlich die Frage stellen, ob sich das nicht vielleicht doch irgendwie eleganter lösen ließe. Über diese Frage grüble ich noch.

Kalter Krieg im Zusammenhang mit in Scheidung lebenden Ehepaaren finde ich ziemlich treffend, das ist Ansichtssache, denke ich.

Das Kapitel mit dem betrogenen Ehemann ist ein Bruch in der Story, und mir war klar, dass diese Entwicklung ein gewisses Risiko in sich birgt. Zunächst trägt Hartmann unerwartete Dramatik und Spannung ins Geschehen, was sich am Ende aber eher entspannt auflöst. Es hätte nicht zur Geschichte gepasst, Saskia wirklich sterben zu lassen. Und dass ein betrunkener und betrogener Ehemann lügt, um den Liebhaber seiner Frau Angst zu machen, halte ich nicht für völlig abwegig.

Beim Schreiben hat mir diese Situation großen Spaß gemacht, ich habe das alles genau vor mir gesehen. Beim ersten Lesen habe ich dann gemerkt, dass diese Passagen etwas ... abgedrehter ... wirkten, als der eher gemächlich alltägliche Verlauf zuvor. Ich fand, dass es der Story insgesamt gut tat. aber auch hier ist es natürlich immer Geschmacksache.

Es freut mich, dass du - sollte ich eine dritte Schwarz-Geschichte schreiben wollen - wieder als Leser dabei wärest.

Liebe Bernadette, deine hilfreichen Vorschläge und Anmerkungen haben sehr viel gebracht, ich habe nahezu alles umgesetzt.

Lieber Ernst Offshore, jetzt habe ich die letzten Fehler beseitigt, die du anmerktest.

Liebe Novak, ich habe den Einstieg dermaßen gekürzt, dass ich während der Änderungen weinen musste, aber danach zu der Überzeugung gelangte, dass es genau richtig war, das zu tun ;-)

Rick

Fortsetzung folgt

 

Liebe Novak, ich habe den Einstieg dermaßen gekürzt, dass ich während der Änderungen weinen musste, aber danach zu der Überzeugung gelangte, dass es genau richtig war, das zu tun ;-)
Das tröstende Taschentüchlein ist grad unterwegs, mit roten Tupfen selbstverständlich.
Es war wirklich genau richtig zu kürzen, auch wenn mir die wartenden Kisten leid tun, die mochte ich so. Aber so ist das mit den darlings. Wein ich halt ne Runde mit. Wer hat dich denn jetzt doch noch davon überzeugt? Der sollte den Kürzungsüberzeugungsorden kriegen.
Wie auch immer: Die Kürzung hat der ersten Szene gut getan und ich glaub nicht, dass ein Erstleser da noch stolpert. Hast du gut gemacht.
Bis denn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rick,

ich gebe zu, ich habe mir mit dem Lesen Zeit gelassen. Da waren so viele Anmerkungen und dann Deine Rückmeldung, dass Du noch einmal drübergehst und da hab ich beschlossen, na, wenn es dann schöner ist, warte ich doch :).

Was ich an der Geschichte wirklich mag, ist das Laufen. Die Zeit, die er da für sich nimmt, die ihm gut tut, wo er allein ist. Das waren die Stellen, wo mir Schwarz am nächsten war. Ansonsten ist er ja doch ein Stück aktiver geworden, man möchte fast meinen selbstständiger, allerdings sind alle Schritte die er unternimmt, Schritte von anderen weg. Die Geschichte ist der personifizierte Rückzug aus allem. Und mir fehlt ein wenig der Gegenpol. Irgendetwas, weiß nicht was. Vielleicht mochte ich deshalb das mit dem Laufen so sehr, weil es ihm einen Richtungswechsel gibt, ein Ziel, wenn letztendlich auch dieses nur dem "zu sich selbst" gilt. Ich glaub, er ist gerade auf dem besten Weg sehr einsam zu werden. Das deprimiert mich ungemein und man hofft, ein ordentlicher Sturm mag da durch seinen Kopf sausen, wenn er mal bei schlechtem Wetter unterwegs ist.

Der Anfang gefällt mir nicht. Rhythmisch und sprachlich und er wirkt auf mich unaufgeräumt. Ich komme mir zwar bei Dir blöd vor, aber ich mach mal trotzdem einen Gegenvorschlag. Entschuldige bitte.

Als Schwarz seiner Ex-Frau Karen die Tür öffnet, ist er befangen. Es ist ungewohnt, sie nach über einem Jahr wieder hinein zu lassen, in das Haus, das trotz des vergangenen Jahres noch so viel von ihr und so wenig von ihm hat. In einem Comic wären Karen und das Haus sich jetzt in die Arme gefallen.
Seit ihrer Scheidung letzte Woche hat er mit dem Packen begonnen. Von all dem, was er nach seinem Herzinfarkt im Vorjahr hatte verändern wollen, ist dieser Schritt immer dringlicher geworden. Er will hier möglichst bald weg.

Wenn er mit Saskia zusammen ist, muss er sich keine Sorgen über emotionale Altlasten oder zerschlagenes Porzellan machen, muss nicht auf Zehenspitzen denken und wenn er sich vor ihr auszieht, ist er wirklich nackt.

Gefällt mir.

... Haben die nicht überhaupt die Liebe erfunden?“

:)

Tatsächlich haben Suse und Jens ihre Harmonie zuletzt stets einen Tick zu effektvoll inszeniert, wie in einem Werbespot für das Traumpaar des Jahres, jede liebevolle Geste wie von einem Tusch begleitet.

Das ist mir zu plüschig und wurde ja auch schon gesagt.

„Kündigen!?“ Alexander Grubingers Augen verengen sich. „Bis du übergeschnappt?“

Den Übergang fand ich toll. Die fand ich im Allgemeinen sehr gut gesetzt, die Schnitte.
Allerdings geht mir die Martha-Szene nicht auf. Sie ist mehr oder weniger ein Rückblick auf die letzte Geschichte, hat aber mit dieser recht wenig zu tun. Martha sollte eine neue Rolle bekommen, eine für diese Geschichte, nicht eine Erinnerung präsentieren müssen.

„Was wirst du jetzt tun?“ Er nimmt sich diese Frage, die ihm Martha gestern stellte, mit auf die Strecke und läuft los.

Weil, die Frage kommt ihm sicher auch ganz ohne Martha.

Und die Saskia- Ehemann-Szene. Weiß nicht. Die ist natürlich ein Aufwachmoment, gut für die Spannung. Also, die hat schon Funktionen und erfüllt die auch. Aber ich habe mich schwer, mich mit ihr anzufreuden. Das ist jetzt aber ganz subjektiv und Vorlieben entsprechend und so und von daher eigentlich auch keine Kritik. Sondern nur Privatkram.

„Mich erschossen? Wie süß!““ Sie lacht.

... wie Saskias Mann letzte Woche dieses neue Leben mit einer Waffe bedrohte. Da war es ihm so wertvoll wie nie vorgekommen, mit all den neuen Strukturen und Plänen, mit wichtigen Entscheidungen und viel Hoffnung.

Sag ja, die hat Funktion - aber: mit all den neuen Strukturen und Plänen ... und viel Hoffnung
Worauf? Pläne wozu? Er hat ja keine. Er muss doch erst mal welche machen. Oder?

Insofern ist es natürlich sehr richtig, den Text mit einem Lauf zu beenden. Und bitte ein bisschen Wind dazu!

Hab ich gern gelesen. Und auch in der Fortsetzung gefällt es mir. Ach der Schwarz der, ich fange richtig an, mir Sorgen und Gedanken über diesen Prot. zu machen. Jaja.

Liebe Grüße Fliege

Nachtrag: Die Idee aber hinter dem Text, Schwarz schließt mit seinem alten Leben ab und läuft einem neuen entgegen, die mag ich sehr.

 

Hallo Ane,

der "Eisenbahn" (= erster Absatz) habe ich versucht, das fahrplanmäßige Abfahren der Haltestellen zu nehmen. Da noch andere mit dem Einstieg nicht wirklich warm werden konnten, habe ich viel umgestellt. Muss eine Nacht drüber schlafen, um zu schauen, ob ich damit final zufrieden bin.

Du kritisierst die Rhetorik im Gespräch der Ex-Eheleute. "Es stört dich auch wirklich nicht blablabla."

Sorry, aber solche Fragen stellen Frauen unentwegt.

Macht es dir aus? Stört es dich? Ist es okay, wenn wir ...?

Die wollen darauf natürlich keine ehrliche Antwort, sondern einfach eine Bestätigung für eine von ihnen beschlossene Sache. Bist du du da anders?

Der Dialog ist nach meinen Erfahrungen absolut realistisch!

Erst kürzlich wieder Vergleichbares erlebt, da musste ich so an deine Kritik denken und habe für eine Sekunde gedacht Jetzt antworte mal ehrlich!

Habe ich natürlich nicht!

Das Gespräch mit der Ex-Frau dient natürlich dazu, den Leser über den Stand der Dinge zu informieren. Es ist aber blöd, wenn du als Leserin denkst: "Ah, die unterhalten sich nur, weil der Autor Tell-Elemente vermeiden will."

Solche Empfindungen kommen in einem Autorenforum bestimmt häufiger auf, weil man eben nicht nur Leser/Kritiker, sondern auch Autor/Kritiker ist. Der Autor/Kritiker ist viel stärker auf Technik und Problemlösungen im Text fixiert, auf Perspektiven und Dialoge, auf "Schnitt" und "Technik".

Ich denke, die wirkliche Schwäche des Dialogs könnte eher sein, dass es zu geschmeidig und zu einvernehmlich abläuft. Da haben wir ein echtes Dilemma:

Die spannendere Form des Dialogs, nämlich der übliche Konflikt zwischen zwei Ehepartnern, die sich frisch haben scheiden lassen (Aggression, Zorn, Wortlosigkeit, Verständnislosigkeit, Zynismus usw.) böten mehr Leidenschaft und Spannung, wären aber extrem klischeebeladen.

Der Versuch, es klischeefreier = friedlicher zu gestalten ist ... etwas langweiliger. Das wäre meine Kritik am Gespräch zwischen Schwarz und seiner Exrau. Ich hab versucht, es wenigstens etwas unterschwellig anzulegen. Na ja ...

Deiner Streichlust habe ich teilweise Rechnung getragen. Ich finde aber, die Beschreibungen wirken danach ... anders, und ich lass es mal auf mich wirken, ob ich dieses Anders wirklich lieber mag.


Bei der Grabszene überlege ich mit noch, wie ich das optimieren kann.

Schön, dass du die Saskia-Schwarz-Szene mochtest. Und dass Hartmann Schwarz in der letzten Szene die Show stiehlt, was natürlich beabsichtigt ;-)

Ich habe den Eindruck aus deiner Kritik gewonnen, dass der zuversichtliche Schwarz langweilig ist, der unsichere und undurchschaubare Schwarz interessanter.

Vielleicht habe ich mir einige der Kritiken zur ersten Story zu sehr zu Herzen genommen. Irgendwie wollte ich Schwarz sympathischer und positiver werden lassen. Vielleicht wollte ich, dass JuJu ihn endlich mag ;-)

Das mit dem Roman überlege ich mir noch. Ich habe voll Schiss, überhaupt darüber nachzudenken, einen Roman schreiben zu wollen.

Danke, dass du dich so intensiv und hilfreich mit der Geschichte beschäftigt hast.

Hallo Weltenläufer,

schön, zu lesen, dass es dich gefreut hat, Neuigkeiten von einer Figur zu erfahren, die ich bereits in einer anderen Geschichte zum Leben erweckte.

Ich hoffe, ich habe einige von den Fehlern erwischt, die du anmerken wolltest.

Über den lobenden Kommentar freue ich mich natürlich sehr. Dass du die spezielle Mischung der KG erwähnst, beruhigt mich, weil ich irgendwie dachte, das Grundkonzept ist misslungen, weil's nicht erwähnt wird. Schön, dass es dir auf- und gefiel.

Hallo Novak,

die "wartenden Kisten" sind der Streichwut nicht zum Opfer gefallen, sie haben im zweiten Absatz überlebt. Und da Ane sie auch nicht kritisierte ... ;-)

Hallo Fliege,

es war bestimmt richtig, dass du vor dem Lesen erst einmal die Bearbeitung abgewartet hast. Und nach deinem Kommentar und den der Vorkritiker, habe ich den Text nochmals intensiv überarbeitet. das Überarbeiten macht mir in der Regel fast so viel Spaß, wie das Schreiben, weil man zielgerichtet und punktuell verbessern kann, sofern man die Hinweise der Kritiker versteht und den Nutzen für die Story darin erkennt.

Danke also für die vielen Hinweise und Vorschläge, das hilft natürlich sehr, den eigenen Text noch einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Den Anfang habe ich erneut umgebaut. Ich habe gedacht, wenn der letzte Satz so gut ankam, warum nicht mit dem starten? Aber ich muss diese Enscheidung noch mal sacken lassen ...

Die Ehemann-Szene ist tatsächlich ein ziemlicher Bruch in der Story, das war mir klar, und ich habe mir auch gedacht, dass der bestimmt nicht durchweg gut ankommt. Ich hatte diese Szene unglaublich klar im Kopf, wie ein Film. Ich musste das einfach so schreiben. Ursprünglich war das anders geplant, ohne Waffe, Hartmann, der Schwarz machomäßig zur Rede stellen will, aber dann heulend zusammenbricht, was in einem gemeinsamen Besäufnis der Männer endet, während dem sie über Gott und die Welt reden. In diesem Gespräch sollte dann Schwarz Hartmann seine Zukunftspläne anvertrauen. Ich habe das nicht zufriedenstellend hingekriegt, und irgendwann kam dann die Idee mir der Waffe.

Für dich sind Hoffnung und Pläne bzw. die neue Struktur von Schwarz' Leben unklar geblieben:

1. Hoffnung: Schöpft er aus der Tatsache, dass der Arzt mit seinen Untersuchungen/Werten so zufrieden ist. Alles, was er FÜR das neue Leben entschieden hat (Lebenswandel verändern. nicht mehr rauchen, wenig Alkohl, gesunde Ernährung, Sport), scheint richtig gewesen zu sein. Wenn das kein Grund zur Hoffnung ist, was dann?

2. Pläne/Strukturen: Ich sehe Planungen nicht nur aus der Sicht, sich dafür zu entscheiden, etwas zu machen. Man kann auch planen, etwas nicht mehr zu machen. Auch daraus entstehen Lebensstrukturen. Ich fasse also mal zusammen:

Schwarz

- raucht nicht mehr
- trinkt kaum noch
- treibt regelmäßig Sport
- ernährt sich gesund
- überlässt Karen das gemeinsame Haus und lässt sich auszahlen
- Zieht in eine neue Wohnung
- geht freundlich mit seiner Ex-Frau um
- hat den Kontakt zu Nadine bis zuletzt aufecht erhalten
- hält immer noch Kontakt zu Martha
- kündigt seinen Job
- trennt sich von seiner Geliebten
- hält seine Arzttermine ein (was längst nicht alle Herzpatienten machen!)
- läuft lächelnd in die Zukunft

Das ist schon eine Menge mehr, als andere in ihrem Leben vorweisen können - allerdings recht unspektakulär, eben alltäglich. Ich freue mich, dass die dir KG ansonsten gefiel und du gern die Fortsetzung von Schwarz gelesen hast.

Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Rick,

Der Dialog ist nach meinen Erfahrungen absolut realistisch!

Erst kürzlich wieder Vergleichbares erlebt, da musste ich so an deine Kritik denken und habe für eine Sekunde gedacht Jetzt antworte mal ehrlich!

Ja, wahrscheinlich rückversichern sich Frauen in Gesprächen eher als Männer bezüglich des Befindens und der Meinung des Gegenübers, aber die Fragen sind vermutlich ebenso häufig "ehrlich" wie die Antworten.
Was ich meinte: Karen drückt Schwarz die vermeintlich friedliche Trennung auf. So empfinde ich zumindest ihre Frage. Sie sagt (interpretiere ich) eigentlich ungefähr sowas:
"Ich will nur noch mal hören, dass für mich alles glatt läuft, ich weiß oder interessiere mich nicht die Bohne dafür, was das für dich bedeutet oder wie du dich dabei fühlst, ich will eine Art bindenden mündlichen Friedensvertrag, den ich zücken kann, wenn ich MEINEN persönlichen Frieden bedroht sehe. An dem, was sich wirklich zwischen uns abspielt, habe ich überhaupt kein Interesse."
Und da fänd ich es schön, wenn Du sie so zeigen würdest. In der ersten Geschichte war sie für mich greifbarer, weil sie durch seine Krise auf sich selbst zurückgeworfen wurde. Hier beschäftigt sie sich mit der Endplanung eines äußerlich erfolgreichen aber auch sterbenslangweiligen Lebens (also ich hab nichts gegen langweilige Leben, aber für Geschichten eignen sie sich einfach nicht), schon ohne Schwarz möchte ich da auf die Barrikaden gehen, sie schütteln oder herzlich bemitleiden. Schwarz böte hier die Möglichkeit, die Glanzfassade zumindest teilweise bröckeln zu lassen, aber er spielt einfach nur brav mit.
Ich fänd spannend, wie es sich für ihn anfühlt, aber er "schluckt es runter." Der Konflikt, der da drin steckt, verpufft einfach.

Vielleicht habe ich mir einige der Kritiken zur ersten Story zu sehr zu Herzen genommen. Irgendwie wollte ich Schwarz sympathischer und positiver werden lassen. Vielleicht wollte ich, dass JuJu ihn endlich mag ;-)
Komisch, ich hatte das Gefühl, dass er eher gelobt wurde, aber vielleicht hab ich da selektiv gelesen, weil ich ihn so mochte.
Vielleicht bekommst Du ja noch feedback von denen, die ihn nicht mochten.

Ich habe voll Schiss, überhaupt darüber nachzudenken, einen Roman schreiben zu wollen.
Hat ja keiner gesagt, dass Du drüber nachdenken sollst. :)
Wenn Du anfangen würdest, bräuchtest Du keinen Schiss mehr vorm Nachdenken übers Anfangen haben (erinnert mich gerade an die Leseübungen meiner Tochter: Sie versucht immer schon vorm Lesen herauszufinden, um welches Wort es sich handelt :shy: und damit keine Missverständnisse entstehen: Das hat sie garantiert irgendwie von mir).

LG
Ane

 

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