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Schultz & Sülze

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16.03.2015
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Schultz & Sülze

Gerade als Hans in seine Schweinskopfsülze biss, brachte das Radio die Eilmeldung:
„… wurde die dreißigjährige Verjährungsfrist für Mord und Völkermord nicht aufgehoben. Das bedeutet, ungesühnte Morde nationalistischer Täter verjähren in zwei Monaten. Wir schalten nun zu unserem Hauptstadtstudio nach Bonn.“
Hans wischte sich die Hände am Hemd ab und schaltete das Radio aus. Aus dem Hof drang das Kreischen der Kinder nach oben. „Ist gut, Libsche. Brauchst keine Angst zu haben.“
Er nahm den Gehstock und quälte sich vom Polster hoch. Alte Kriegsverletzung; eine Granate, die sein Bein zerfetzt und Spuren im Gesicht hinterlassen hatte. Seufzend öffnete er das Fenster zum Innenhof, und hätte am liebsten gebrüllt: Scheiß Kanaken! Könnt ihr kein Deutsch? Fußballspielen im Hof verboten!

Seit die alten Nachbarn nach und nach in Holzkisten hinausgetragen worden waren, hatte sich vieles im Haus verändert. Im Flur stank es nach eigenartigen Gewürzen, Kinder lärmten in fremden Sprachen. Kürzlich waren sogar Schwatte eingezogen, deren Kinderwagen den Weg im Flur versperrte.
Er hätte sich den Hausmeister vorknöpfen sollen. Aber was konnte er von dem erwarten? Der war ja selber Ausländer. Früher hätte es so etwas nicht gegeben.
Rasch schloss er das Fenster; Libsche vertrug keine Zugluft. Außerdem würde der kleine Piepmatz früher oder später aus dem Fenster verschwinden, wenn Hans für einen Augenblick unachtsam war.
„Hast du das im Radio gehört, Libsche? Bald hört das Versteckspiel auf!“
Hans starrte den Wellensittich an. Unbeirrt putzte Libsche ihr Gefieder, während Hans die Bodenlade herauszog und den dreckigen Sand in einen Pizzakarton kippte, in dem sich bereits eine bröckelige Masse aus Pizzaresten, Vogelkot und Sand angesammelt hatte.
Als er die Käfigtür mit seinen fleischigen Fingern aufbekam, flatterte der Vogel durch das Zimmer und landete auf dem Regal. Das Tier bewegte den Kopf auf und nieder und begann, die Schnabelhälften gegeneinander zu wetzen.
Hans grinste. Er hinkte näher heran und ahmte mit den Fingernägeln das Knirschgeräusch nach. Knick, knack. Knick, knack. Hans genoss es, wie sich Libsche vorbeugte, die Augen wie in Trance schloss und den Schnabel rhythmisch an seinen Nägeln rieb.

Im Zooladen hatte ihm das Jungtier seinerzeit so gut gefallen, dass er es zurückhalten ließ, bis das Geschlecht eindeutig zu bestimmen war. Als sich das Braun an der Wachshaut des Schnabels durchsetzte, nahm Hans das Weibchen endlich mit nach Hause.
Klein, lieblich, süß. Der Name stand auch schon fest. Der Name seiner großen Liebe aus der Kriegszeit.

Hans öffnete seine Zigarrenkiste und versank in sehnsüchtige Erinnerungen an die gute alte Zeit, an die schönen Stunden mit der hübschen, jungen Libsche. Es war Liebe auf den ersten Blick, als die schüchterne Brünette, die wie die anderen kein Gepäck mit sich führte, an der Endstation aus dem Zug stieg. In ihrer einfachen Kleidung fiel sie nicht weiter auf, doch sie besaß diesen besonderen unschuldigen Blick und war blutjung, unberührt.
Unter anderen Umständen hätte er sie vielleicht geheiratet. Bedauerlicherweise musste sie viel zu früh von ihm gehen, bereits im zweiten Winter. Er besaß noch nicht mal ein Foto von ihr. Nur eine kleine Locke, die er noch heute in der Zigarrenkiste zusammen mit anderen Andenken aufbewahrte.
„Komm, Libsche. Komm, meine Liebste“, hatte Hans ihr damals zugeflüstert und sie an die Hand genommen. Das Pistolenhalfter gab er immer dem jungen Sturmmann, damit sich die Kleine nicht daran verletzen konnte.
Der treue Sturmmann passte vor der Baracke auf, dass keiner an den dünnen Wänden lauschte. Ab und an gab Hans dem Sturmmann eine kleine Belohnung fürs Aufpassen. Einmal durfte der junge Freund sogar selbst ran. Du kannst Libsche haben, hatte Hans großzügig erlaubt. Erst die geladene Knarre vor seinem Schädel verlieh dem Sturmmann Manneskraft. Kranker Typ. Sensibelchen.
Die kleine Libsche war genauso aufgeregt wie Hans, wenn er sie in die Baracke begleitete, in der frische Bettwäsche, Schweinesülze und französischer Rotwein für die Offiziere lagerten. Zunächst war Libsche nicht bereit, sodass Hans nachhelfen musste. Die blauen Flecken an Schultern und Armen sowie die Striemen im Gesicht fielen nicht weiter auf.
Die anderen hatten keinen gutmütigen Fürsprecher wie ihn und besaßen keine Freiheiten wie Libsche. Die anderen wurden, wenn er Lust danach verspürte, auch schon mal totgeprügelt. Oder der Einfachheit halber erschossen, wenn sein Bein schmerzte und er nicht lange genug stehen konnte. Libsche war privilegiert; sie durfte sich vergnügen!
Hans hatte sie oft nach ihrem Namen gefragt. Keinen Ton brachte sie heraus. Bis er zwischen den anderen diesen hübschen Namen Libsche aufschnappte und die Wortkarge fortan so nannte.

oOo​

Wilhelm fielen Messer und Gabel auf den Teller. Verdammt!, dachte er.
Jupp, der Wirt, blickte auf. „Schmeckt’s dir nicht?“
„Verjährung? Mach mal das Radio lauter.“
Als die Nachrichten zu Ende waren, kippte der Wirt zwei Selbstgebrannte ein. „Was regst du dich so auf? Hier, nimm mal 'n Feierabendtröpfchen.“
Wilhelm winkte ab. „Nee, danke. Nehme seit Tagen Tabletten.“
Jupp trank beide Schnäpse aus. „Kennst du etwa so einen Nazi?“
„Nein“, murmelte Wilhelm.
Der Wirt stützte die Hände auf die Hüfte. „Du kennst mich seit Jahren, Wilhelm, und du kennst meine Meinung: Diesen ganzen Holocaust … den gab es nicht. Nichts als Lügen!“ Er verharrte noch einen Augenblick in der Stellung, bevor er weiter ein Glas polierte.
Wilhelm unterdrückte ein Seufzen. „Ich möchte zahlen.“ Er deutete auf den Glasschrank, in dem kleine Snacks ausgelegt waren. „Hast du auch Schweinesülze? Ich meine, welche im Glas.“

Nassgeschwitzt wachte Wilhelm am nächsten Morgen auf. Die Schlaftabletten hatten nicht gewirkt, böse Erinnerungen geisterten durch seinen Kopf. Er zog den Morgenmantel über, würgte ein Aspirin mit einem Schluck Wasser runter und griff zum Hörer.
„Süssmann.“
„Guten Morgen, Jonathan. Ich bin’s, Wilhelm. Tut mir leid. Ich … muss was Falsches gegessen haben. Mir geht’s nicht gut.“
„Du Armer. Ruh dich aus und werde erst mal gesund. Soll ich meine Frau vorbeischicken? Sie macht die beste Hühnersuppe westlich des Jordans.“
„Nein, danke. Morgen komme ich wieder.“
Der Kaffee war längst kalt, als er die Zeitung wieder zuschlug. Zwanzig Nazigrößen waren darin abgebildet, die sich alle abgesetzt hatten, irgendwo völlig unbekümmert lebten und bald keine Angst mehr zu haben brauchten. Daneben die Anzahl der Menschenleben, die sie, soweit bekannt, auf dem Gewissen hatten. Nüchterne Fakten.
In ein paar Wochen war es vorbei. Sie arbeiten unbehelligt in der Backstube, beim Frisör, im Supermarkt; schlendern ihm auf dem Marktplatz entgegen oder fahren einen Schulbus.
Mit Tränen in den Augen nahm Wilhelm den schweren Stoffbeutel aus dem Vorratsschrank, den er vor langer Zeit dort gelagert hatte und der noch immer nach feuchter Erde roch.

Ein paar Minuten später parkte Wilhelm seinen Wagen am Seitenstreifen einer ruhigen Geschäftsstraße und zog die Baseballkappe bis zum Rand der Sonnenbrille herunter.
Wilhelm sah sich um. Da lag sie: die Apotheke, die er vor ein paar Tagen aufgesucht hatte, um neue Schlaftabletten zu besorgen.
Hier hatte er an der Kasse gestanden. Direkt vor ihm. Sein Haar war weißer geworden, zu den Narben im Gesicht hatten sich tiefe Falten gesellt. Die Uniform mit den stolzen Schulterstücken hatte er gegen Stoffhosen mit bunten Hosenträgern getauscht, die schweren Stiefel gegen löchrige Schlappen. In der Hand hielt er nicht die Pistole, sondern balancierte einen Gehstock.
Ein alter, gebrechlicher Mann, der ein Bein nachzog.
Draußen hatte Wilhelm noch einen Moment auf den Alten gewartet und vorgegeben, den Busfahrplan zu studieren. In seinen Augen hielt der Alte nicht die Packung Schmerztabletten in der Hand, sondern die kleine Belohnung für den jungen Sturmmann.

Wilhelm sah dem Alten noch hinterher, bis er in einer Toreinfahrt verschwand. Er hatte einem kranken Alten mit Krückstock nachspioniert, der in einer Altbauwohnung hauste, abends Kreuzworträtsel löste, sonntags Tatort schaute – wie viele andere auch. So normal.

oOo​

Als Hans die Haustür von innen öffnete, kam ein Junge mit einem Fußball auf den Eingang zu. Am Krückstock gestützt legte Hans seine Mülltüte auf den Boden und hielt die Tür offen.
„Guten Tag, Herr Schultz.“
„Hallo, mein Kleiner.“ Hans streichelte dem Jungen über das pechschwarze Haar. „Ahmed, richtig? Oder Mohammed? Ich verwechsle euch beide Racker immer.“
Ein Mann mit Kappe und Sonnenbrille drängelte sich an den beiden vorbei und eilte die Treppe hoch.
„Können Sie nicht aufpassen?“, rief Ahmed dem Mann hinterher.
„Ist gut, mein Junge“, sagte Hans. „Nicht jeder ist rücksichtsvoll. Aufmerksamkeit ist eine Tugend. Genauso wie Fleiß und Arbeitsfreude.“ Schmerzverzerrt hob er die Mülltüte auf, nachdem er sich noch unbemerkt die Hand an der Hose abgewischt hatte.
„Lassen Sie, Herr Schultz. Ich bringe Ihnen den Müll raus.“

Wilhelm, der bückend hinter einem Kinderwagen auf dem ersten Treppenabsatz verharrt hatte, hörte die Haustür ins Schloss fallen. Der Junge war längst in der Erdgeschosswohnung verschwunden. Aus der Ferne war das leise Rauschen eines vorbeifahrenden Zuges zu hören, im Flur unten das Stöhnen des Alten, der sich am Geländer entlang hinaufquälte.
Endlich erklomm der Alte den Treppenabsatz.
Wilhelm trat hinter dem Kinderwagen hervor.
„Lassen Sie mich bitte durch, junger Mann.“
„Kennen Sie mich nicht mehr?“ Wilhelm nahm Kappe und Sonnenbrille ab.
Schultz fummelte mit dem Stock herum. „Lassen Sie mich durch!“
„Ich … ich hätte eine Familie haben können. Eine hübsche Ehefrau. Liebe Kinder. Süße Enkel …“ Seine Stimme zitterte. „Ich habe nie mehr eine Frau berühren können!“
Schultz blinzelte ihn an. „Was geht mich das an! Los, verpiss dich und lass einen alten, kranken Mann in Ruhe!“ Die Stimme des ehemaligen KZ-Leiters hatte nichts an Schärfe verloren.
„Vielleicht hilft Ihnen das hier weiter, Lagerkommandant Hans Schultz!“ Wilhelm hob mit beiden Händen den schweren Stoffbeutel auf und drückte ihn dem Alten gegen die Brust.
Schultz wusste nicht, was er zuerst tun sollte: den Beutel abwehren, sich am Mann vorbeischlängeln, am Geländer festhalten oder auf dem Stock stützen. Er tat alles auf einmal und hielt sich am Kinderwagen fest, als er das Gleichgewicht verlor.

oOo​

Jupp stellte ein Bier auf die Theke. „Heute scheint es dir zu schmecken, mein Lieber.“
„Danke“, antwortete Wilhelm und leerte das Glas in einem Zug.
„Hast du das vom alten Schultz gehört?“, fragte Jupp.
„Kenne ich nicht. Ein Kumpel von dir?“
„Der ist nicht mein Kumpel!“, sagte Jupp mit bösem Blick. „Der war hier nur beim Stammtisch. Vor deiner Zeit. Unscheinbarer, netter Opi. Aß seine Schweinesülze, trank ein, zwei Bierchen … Ist im Treppenhaus gestürzt. Wohl über einen Kinderwagen gestolpert.“
„Und?“
„In seinem Beutel fand man abgelaufene Konserven. Sülze, die noch aus der Kriegszeit stammt. Was er damit nur wollte …? Kein Wunder, dass er mit dem schweren Beutel in der einen und dem Krückstock in der anderen Hand stürzte. War aber auch ein neues Glas dabei. Die gleiche Sorte wie ich habe. Alles sehr merkwürdig.“
„Woher weißt du das alles?“
„Hallo! Ich bin Wirt!“ Nach einer kurzen Pause fuhr er leiser fort: „Jovanovic, der Hausmeister – ein Bekannter von mir – hat ihn gefunden. Er war auch in seiner Bude, nach dem Rechten sehen, lüften und so weiter, während Schultz im Krankenhaus liegt. In einer Zigarrenkiste fand Jovanovic einen Militärausweis, Dienstpläne und Namenslisten. Einen Judenstern. Und Haare. Stell dir das mal vor! Und so einen hab ich hier bedient!“ Jupp schüttelte den Kopf.
„Und, kommt er durch, der Alte?“
„Keine Ahnung. Übrigens hat mich Jovanovic gebeten, mich wegen dem Sittich von Schultz umzuhören. Ein hübsches, junges Tier soll es sein. Du, Wilhelm, du bist doch allein, einsamer Junggeselle. Du kannst Libsche haben.“

 
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Hi GoMusic!

Hm... Hm... HHHHHMMMMMM ... das soll andeuten, dass ich nicht ganz schlüssig bin, wie ich beginne, was ich jetzt genau von der Geschichte halte und wie ich den Spagat schaffe, meine positive und negative Kritik anzubringen, ohne deine Geschichte ungewollt zu verreißen oder hochzujubilieren.

Nun denn - der Eisenmann wär nicht der Eisenmann, wenn er sich von so einer Aufgabe abschrecken ließe!!:D

Die positiven Dinge zuerst.
Mir gefällt gut, dass man deiner Geschichte anmerkt, dass du über die Handlung nachgedacht hast und vor allen Dingen Wendungen und (mehr oder weniger) unerwartete Entwicklungen eingebaut hast. Was die Schlusspointe mit Hans und Karl angeht, dass Liebsche Opfer und Haustier ist, die Auflösung und (späte) Rache - kurz und gut, eine durchdachte Handlung, die im Rahmen einer Kurzgeschichte schön entfaltet wurde.

Deine Sprache ist eingängig, die Dialoge lebendig und authentisch, deine Formulierungen gut und man kann die Handlung schön flüssig lesen, weil die Fehlerquote sehr gering ist.

Stilistisch, handwerklich und handlungsmäßig sehr schön gemacht.

Kommen wir zum "Aber"...

Gestört haben mich allerdings ein paar Sachen - auch wenn das jetzt vielleicht widersprüchlich zum vorangegangenen Lob klingen mag.

Die Charakterisierung von Hans war mir eine gehörige Spur zuviel "Amon Göth" aus Schindlers Liste. Das grausame, launische und herrische Ungeheuer, das mit einer Handbewegung über Leben und Tod entscheiden konnte. Das hat es gegeben - aber hier in deiner Story wirkt das auf mich irgendwie zu sehr gekünstelt, zu sehr "Mittel zum Zweck", eine Prise zuviel.

Dann habe ich einen Widerspruch in der Erzählung entdeckt - Hans wollte nichts mehr mit Krüger zu tun haben, weil das "Schwein bei der SA" war. Hm... Hans war doch der Lagerkommandant, nicht wahr? Und dann sieht er in einem "alten Kameraden" und offensichtlich ebenfalls Alt-Nazi ein Schwein?
Ich unterstelle mal, dass Hans bei der SS war - vielleicht sogar Totenkopf. SS-Männer und SA-Männer konnten sich tatsächlich nicht besonders gut leiden.
Wenn das der Grund war, warum Hans in Krüger ein "Schwein" gesehen hat, dann Hut ab vor dieser Subtilität.
Wenn dem allerdings nicht so ist, finde ich Hans extrem unglaubwürdig, in einem alten NSDAP-Parteigenossen ein "Schwein" zu sehen.

Stichwort "SS" - ein Lagerkommandant hat ohne Zweifel einen "Burschen", oder eine "Ordonanz". Dieser wird jedoch ebenfalls bei der SS gewesen sein - und dort gab es keine "Gefreiten", sondern allenfalls "Sturmmann", "Rottenführer" oder ähnliches. "Gefreiter" war ein Wehrmachtsdienstgrad.

Stichwort "persönlicher Bursche des Kommandanten" - Hans musste Karl mit der Waffe dazu zwingen, mit Liebsche zu schlafen, habe ich das richtig verstanden? Und dann nannte er ihn ein Mimmöschen.
Glaubst du wirklich, dass ein derartig "verweichlichter" SS-Mann nach so einer Nummer die längste Zeit im Dienst des Kommandanten gestanden hätte? Oder das ein so "sensibler" Charakter überhaupt in so eine privilegierte Position gekommen wäre? Also ich hab da meine Zweifel.

Stichwort "Verjährung" - ich weiß nicht unbedingt, in welchen Jahr deine Geschichte spielt. Den weißen Haaren und der 30-Jahre-Frist ja zumindest in den 80'er Jahren. Dazu muss man sagen, dass gerade NS-Völkermord jedoch seit einem parlametarischen Beschluss vom 26.Juni 1996 eben nicht verjährt. Von daher passt das mit dem Bäcker, Busfahrer und Apotheker, der ungeschoren davonkommt, leider nicht.
Schade für deine Geschichte - gut für unseren Rechtsstaatgedanken.;)

Dann das Ende - Hans lag im Krankenhaus, weil Karl ihn mit einem Beutel Schweinskopfsülze die Treppe runtergeprügelt hat? Und diese Sülze hat er quasi als "Vergeltungswaffe" für seine Rache an Hans gewählt?? Äh ... hab ich das jetzt richtig verstanden?! Also das ist jetzt aber bei aller aller alllllller Liebe ein bisschen zu sehr auf "ausgleichende Gerechtigkeit" getrimmt, findest du nicht auch? Weil der Kommandant so gerne Sülze isst, erschlägt er ihn mit nem Sülzeglas?:confused: Deus ex machina!!!

Nun denn, lieber GoMusic - ich hoffe, ich hab dir jetzt nicht die Petersilie verhagelt. Diese Dinge sind mir aufgefallen, was soll ich da machen?

Ich fand deine Geschichte gut, keine Frage - du hast viel Arbeit reingesteckt und das merkt man ihr auch an. Diese -in meinen Augen- jedoch "negativen" Aspekte lassen sich dadurch aber nicht wegleugnen.
Aber das ist am Ende des Tages ja eigentlich Jammern auf hohem Niveau - auch ein Kompliment!:D

Grüße vom EISENMANN

 

Liebe RinaWu,

danke, dass du nochmal reingeschaut hast. :)

Leider finde ich die Szene in der Kneipe noch immer ziemlich verwirrend.
Und Jupp verwirrt mich nach wie vor. Seine Rolle kann ich so gar nicht einordnen und ist (für mich persönlich!) keine wichtige Figur.
Auch das Telefonat, das darauf folgt - also das zwischen Karl und seinem Chef. Da schließe ich mich barnhelm an und frage: Welche Sinn haben diese Szenen für die Geschichte an sich?

Ich habe nochmal drüber nachgedacht und mir ist „Kill your darlings“ eingefallen. Durch Streichen unwichtiger, nebensächlicher, eher verwirrender Szenen die starken Szenen prägnanter machen.
So fiel die (urplötzlich auftretende) Ansprache des Wirtes über die Firma von Karl der Schere zum Opfer. Aus dem Telefonat mit Karls Chef geht aber weiterhin (und nun an einziger Stelle) hervor, dass Karl für einen Juden arbeitet. Das finde ich wichtig für den Text bzw. für die „angepasste“ Figur Karl.

Die erste Idee, den Wirt Jupp einzubauen war, damit Karl jemanden hat, mit dem er spricht, damit Karl nicht nur alleine herum grübelt, sondern auch Dialoge geführt werden. (Aus diesem Grund hat sich auch der Wellensittich beim Hans entwickelt) :shy:
Meine Idee vor dem Schreiben war auch, einen Holocaust-Leugner einzubauen.
Der Jupp hat beim Schreiben dann auch diese Funktion übernommen. Er bekam zudem eine etwas undurchsichtige Funktion/Rolle. Der Leser soll sich fragen, ob oder was er auf dem Kasten, sprich verbrochen hat. Irgendwie stand er ja auch näher in Verbindung zu dem Alt-Nazi Hans.

Also als Wirt selber ist Jupp wichtig als Dialog-Konterpart und „Informant“ darüber, was mit Hans nach dem Treppenhaussturz passiert ist. Ob er tatsächlich auch unbedingt eine Rolle in den Nazisachen spielen muss, ist eine andere Frage. Ich wollte mit seiner Figur zum Nachdenken anregen, dass womöglich viel mehr, ganz andere Leute mit verstrickt waren, als man sich jemals denken konnte. So ist bzw. war es ja in der Realität.

In einem deiner Kommentare über Hans schreibst du: "Könnte mir aber vorstellen, dass er sich anschließend in der Wohnung oben die Hände gewaschen hat." Beschreib das! Unbedingt! Und wenn du ihn nur an Seife denken lässt. Das würde sein Wesen so treffend beschreiben!
Habe ich gemacht. Danke für den Anstoß. :)
Es lautet nun:
„Ist schon gut, mein Junge. Nicht jeder ist rücksichtsvoll. Aufmerksamkeit ist eine Tugend. Genauso wie Fleiß und Arbeitsfreude.“ Schmerzverzerrt bückte sich Schultz nach unten, nachdem er sich noch unbemerkt die Hand an der Hose abgewischt hatte.

Karl ist zwar noch weiterhin sprachlos, als Jupp den Holocaust leugnet, aber er hört bewusst auf zu essen und will gehen. Er kann/will die Diskussion nicht führen:
„Nichts … nein“, murmelte Karl und schob den halb vollen Teller nach vorne. Er konnte nichts mehr essen.

Aber wie gesagt, bis auf die kleinen Holpersteine eine gute Geschichte!
Danke dafür und für dein Nachhaken. :)


Bei dieser Gelegenheit habe ich auch weitere Änderungen durchgeführt:

Lieber The Incredible Holg - du hast im letzten Post nochmal das Klischee mit dem türkischen Jungen angesprochen. Danke dafür.

Ich meinte, dass die türkische (?) Familie etwas zu sehr als Vorzeigeausländer dargestellt ist, fast deutscher als die Deutschen.
Habe das ein wenig entschärft, indem der Knabe nicht mehr die Mülltonne vor dem Haus gerade man die Wand zurechtrückt. :Pfeif:
Was ist übrig geblieben: Ein Junge, der seinen alten Nachbarn begrüßt und dem gebrechlichen Mann den Müll rausbringt. Ein Junge, der schon angeschellt hat, dem jeden Moment seine Mutter die Tür aufmacht und um die Ecke lugt und ihn womöglich anschimpft, dass er dem Alten nicht mit dem Müllbeutel geholfen hat.
Eigentlich doch ganz normal deutsch, türkisch oder wie auch immer, oder? :D


Liebe Ella Fitz, liebe barnhelm,

eure Anmerkungen zum Leben vor dem Krieg und dem Bezug zur Gegenwart habe ich versucht, besser darzustellen.
Hans hat vor dem Krieg im Stahlwerk gearbeitet, sein Vater ist im 1.WK gefallen.

… Jungs aus dem Pott waren gute Jungs. Kinder aus Bergmannsfamilien, Kinder von Kruppianern.
Wie Hans einst. Doch der Krieg und seine wichtige Aufgabe gestatteten keine Sentimentalitäten oder Gedanken an die Zeit zwischen den beiden Kriegen. Es war der Erste Weltkrieg, der ihm seinen Vater genommen hatte. Es war der Beginn der Waffenproduktion in seinem alten Stahlwerk, der auf den neuen Weltkrieg vorbereitet hatte. Schließlich war es der Zweite Weltkrieg, der Hans hart gemacht hatte. Hart wie Stahl. Bis die Granate fiel.

Den Bezug zur Gegenwart, soll hier heißen zu den ausländischen Nachbarn, habe ich versucht, an einer kleinen Stelle zu veranschaulichen. Einerseits will er am liebsten die kreischenden Kinder anbrüllen, andererseits ist er nett zum Jungen und streichelt ihn über den Kopf. Neu ist jetzt, dass er sich danach heimlich die Hand abwischt (siehe auch oben).
Ich denke, diese Winzigkeit sollte in der Lage sein, viel auszudrücken. Was meint ihr?


Lieber Eisenmann,

vielen Dank im Voraus für deinen Kommentar. Er kam rein, als ich diese Antwort geschrieben und den Text angepasst habe.
Ich habe von dir schon mal den „Sturmmann“ übernommen. :thumbsup:

Melde mich später bei dir.

Wünsche euch noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße,
GoMusic

*** wird fortgesetzt ***

 

Hi Eisenmann,

du hast dir sehr viel Mühe mit meinem Text gemacht. Dafür bin ich dir dankbar. :thumbsup:

Dein Lob nehme ich gerne an …

Ich könnte jetzt deinen ganzen Absatz wiederholen, aber das steht ja schon alles oben - über eine nachgedachte Handlung, unerwartete Entwicklungen, lebendige Dialoge usw. :-)
Habe mich sehr darüber gefreut. Yippieh!

genau so wie die „Abers“.

Die Charakterisierung von Hans war mir eine gehörige Spur zuviel "Amon Göth" aus Schindlers Liste. Das grausame, launische und herrische Ungeheuer, das mit einer Handbewegung über Leben und Tod entscheiden konnte. Das hat es gegeben - aber hier in deiner Story wirkt das auf mich irgendwie zu sehr gekünstelt, zu sehr "Mittel zum Zweck", eine Prise zuviel.
Wie gesagt, kannte ich diese Figur aus Schindlers Liste nicht ...
Auch aufgrund der anderen Kommentare habe ich versucht, ihn auch ein wenig „Mensch“ zu machen. Er hat seinen Vater im 1.WK verloren, im Stahlwerk gearbeitet, in dem die Waffen produziert wurden.

Zur Sache, warum Hans den Krüger als Schwein gesehen hat:

Ich unterstelle mal, dass Hans bei der SS war - vielleicht sogar Totenkopf. SS-Männer und SA-Männer konnten sich tatsächlich nicht besonders gut leiden.
Wenn das der Grund war, warum Hans in Krüger ein "Schwein" gesehen hat, dann Hut ab vor dieser Subtilität.
Ja, so habe ich mir das gedacht. Hans fühlte sich in seiner Rolle als „Aufräumer“ als ein besserer Soldat als Krüger, der „nur“ bei der Prügeltruppe SA war.
Dass sich SS und SA nicht gut leiden können, hatte ich dabei auch im Hinterkopf.

Stichwort "SS" - ein Lagerkommandant hat ohne Zweifel einen "Burschen", oder eine "Ordonanz". Dieser wird jedoch ebenfalls bei der SS gewesen sein - und dort gab es keine "Gefreiten", sondern allenfalls "Sturmmann", "Rottenführer" oder ähnliches. "Gefreiter" war ein Wehrmachtsdienstgrad.
Mein Fehler. Habe das nicht ausreichend recherchiert.
Sturmmann ist übernommen. Danke. ;)

Stichwort "persönlicher Bursche des Kommandanten" - Hans musste Karl mit der Waffe dazu zwingen, mit Liebsche zu schlafen, habe ich das richtig verstanden? Und dann nannte er ihn ein Mimmöschen.
Glaubst du wirklich, dass ein derartig "verweichlichter" SS-Mann nach so einer Nummer die längste Zeit im Dienst des Kommandanten gestanden hätte? Oder das ein so "sensibler" Charakter überhaupt in so eine privilegierte Position gekommen wäre? Also ich hab da meine Zweifel.
Hans hat Karl ja nur am Stammtisch Mimose genannt, nicht im Lager oder vor den Soldaten, die ihn kannten. Die Stammtischbrüder kannten Hans ja gar nicht.
Karl ist im Dienst des Kommandanten geblieben, da er für Hans ja immer an der Baracke aufgepasst hatte. Hans wusste wohl schon, dass das nicht richtig war, was er in der Baracke mit Libsche angestellt hatte. Irgendwie hat sich hier sein Gewissen gemeldet, denn er hatte sich ja eingebildet, das Mädchen tatsächlich zu lieben. Ein kranker Typ.
Ansonsten ist ja nicht die Rede davon, dass Karl sensibel war und dass was dagegen sprechen müsste, dass Karl in diese Position gekommen war. Das hat nur Hans gedacht.
Karl schreckte halt „nur“ vor Vergewaltigungen zurück. (Boah, echt schlimm so etwas hier schreiben zu müssen, aber es geht ja um eine fiktive Geschichte). Karl hatte vorher nie was mit einer Frau gehabt und ist wegen dieses Erlebnisses immer alleinstehend geblieben (letzter Absatz der Story).
Menschen können noch so skrupellos sein, aber es gibt auch Grenzen für sie. Dazu könnte das No Go zur Kinderschändung bzw. Vergewaltigung gehören (und Lische war sehr jung).

Stichwort "Verjährung" - ich weiß nicht unbedingt, in welchen Jahr deine Geschichte spielt. Den weißen Haaren und der 30-Jahre-Frist ja zumindest in den 80'er Jahren. Dazu muss man sagen, dass gerade NS-Völkermord jedoch seit einem parlametarischen Beschluss vom 26.Juni 1996 eben nicht verjährt. Von daher passt das mit dem Bäcker, Busfahrer und Apotheker, der ungeschoren davonkommt, leider nicht.
Schade für deine Geschichte - gut für unseren Rechtsstaatgedanken.
Die Story spielt 1979, da war die Verjährungsdebatte gerade (wieder) aktuell und hätte so entschieden werden können, wie in meiner Geschichte.
Mir ist das Urteil aus 1996 bekannt. Glücklicherweise wurde es so ausgesprochen.
Aber wie ich im Eingangspost geschrieben habe, beruht die Story auf die fiktive Annahme, dass es 1979 eben anders ausgegangen wäre. (Ist das schon Science Fiction? Wenn ja,welche Art?)

Weil der Kommandant so gerne Sülze isst, erschlägt er ihn mit nem Sülzeglas? Deus ex machina!!!
Nein, natürlich nicht.

Karl hat doch die Sülze - seine „Belohnungen" von Hans fürs „Aufpassen“ - die ganzen Jahre wie eine schwere Last auf seinen Schultern bei sich zuhause aufbewahrt („der Beutel roch noch nach feuchter Erde“ - er hat sie im Lager heimlich eingebuddelt und nach der Befreiung genau so heimlich wieder ausgebuddelt).
Welche „Waffe“ wäre für Karl eine bessere, als es Hans mit gleicher Sülze, äh Münze heimzuzahlen? :)

Nun denn, lieber GoMusic - ich hoffe, ich hab dir jetzt nicht die Petersilie verhagelt. Diese Dinge sind mir aufgefallen, was soll ich da machen?
Hast du nicht, überhaupt nicht, mein Bester.

Vielen lieben Dank nochmal und einen schönen Abend noch.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic!

Da bin ich wieder. Der Kommentar ist zur Version vom 10.8. 22:07.

Und du kennst mich, es folgt Kritik, also erstmal durchatmen, dann weiterlesen.

Meinen Erstkommentar kann ich wiederholen. Was spielt Verjährung oder Nichtverjährung für deine Geschichte für eine Rolle? Ist ja nicht so, dass Karl Hans anzeigt oder sonstwie die Justiz ins Spiel bringt.

Und apropos Justiz, ich habe ein Problem damit, dass da ein ehemaliger Lagerkommandant, der unter seinem eigenen Namen lebt, die letzten 30,40 Jahre völlig unbehelligt geblieben sein soll. Er war ja kein Rädchen im Getriebe, sondern eben Lagerkommandant. Hinter solchen Kalibern waren die Allierten her.

"Keiner von seinen Kameraden war mehr übrig, bis auf den, der seine Rente am Spielautomaten verzockte, mit dem Hans aber nichts mehr zu tun haben wollte, seit er erfahren hatte, dass das Schwein bei der SA gewesen war."
=> Wenn er ihn als Kameraden bezeichnet, muss er ihn doch länger kennen, mit ihm zusammen gedient haben. Warum hat er dann erst später erfahren, dass er bei der SA war?

"Der Sturmmann passte vor der Tür der Baracke auf, dass keiner an den dünnen Wänden lauschte."
=> Warum? War Hans schüchtern oder so? Ansonsten waren Vergewaltigungen in dem Umfeld doch vollkommen normal, so zynisch das auch klingt. Und als Lagerkommandant konnte Hans ohnehin machen, was er wollte.

"Du kannst Libsche haben, hatte Hans großzügig erlaubt."
"und ihm erst die geladene Knarre vor seinem Schädel Manneskraft verlieh."
=> Hans ist in Libsche verliebt (irgendwie), aber er bietet sie Karl an? Und dann, als Karl nicht will, zwingt er ihn, die geliebte Libsche zu vergewaltigen? Das kann ich nicht nachvollziehen.

"Die anderen hatten keinen gutmütigen Fürsprecher und besaßen keine Freiheiten wie Libsche."
"Libsche war privilegiert; sie durfte sich vergnügen"
=> Willst du wirklich erzählen, dass in dem Lager nur der Kommandant eine Gefangene gevögelt und privilegiert hat? Und alle anderen Wachen gingen regelmäßig kalt duschen und lebten zölibatär?

"Bis er zwischen den anderen diesen hübschen Namen Libsche aufgeschnappt hatte"
=> Ich habe den ganzen Text über auf Aufklärung gewartet, dass Libsche gar kein Name ist, sondern in irgendeiner osteuropäischen Sprache "Hure" oder "Verräterin" bedeutet. Aber Libsche ist ja tatsächlich ein jüdischer Vorname. Da verschenkst du aber ganz schön was, GoMusic! Wie wäre es mit: Kurwa?

"nachdem seine Männer die Neuankömmlinge am ganzen Körper rasiert hatten."
=> Das wurde von anderen Gefangenen erledigt, so weit ich weiß. Fast alle Arbeit wurde von Gefangenen gemacht, bis auf die Wachdienste natürlich.

"die sich allesamt abgesetzt hatten und irgendwo völlig unbekümmert lebten. Und bald noch unbekümmerter."
=> Und auf diese Geschichte habe ich gewartet: Alles ist verjährt. Mengele kommt zurück nach Deutschland. Aus Heimatliebe und weil er Tantiemen einklagen will, denn die Medizin hat sich ja einige Erkenntnisse aus seinen grauenhaften Menschenexperimenten zunutze gemacht. Pointe am Schluss: Mengele wird vor dem Bundesgerichtshof vom Mossad erschossen, denn Israel hält nichts von Verjährung.

Die Sache mit der Sülze im Stoffbeutel will mir auch nicht in den Sinn. Das liest sich schon sehr konstruiert. Hans hat dem Karl also Sülze für seine Dienste gegeben. So weit, so okay. Aber dass Karl diese Sülze nach Hause schleppt? Aus zwei Gründen konstruiert. Erstmal war das Lager ja sicher irgendwo im Osten, nicht zwei Straßen von seinem Zuhause entfernt. Die Lager wurden Hals über Kopf geräumt, bevor die Rote Armee anrückte. Außerdem bedeutet Sülze Essen, sogar fleischhaltiges Essen, das war in der letzten Kriegs- und in der ersten Nachkriegszeit viel mehr wert als Gold!

Apropos Sülze, hier hatte ich noch eine weitere, sehr unappetitliche Erwartung, aber das tippe ich lieber nicht nieder, sonst wird zartbesaiteten Mitlesern sicher kotzübel. (Nee, ich sehe gerade, das wurde im Zusammenhang mit Haarmann schon angesprochen.)

Also, GoMusic, ich finde es gut, dass du dich mit dem Thema beschäftigst. Wie du sicher gemerkt hast, beschäftige ich mich auch mit dem Thema, seit der Schulzeit. Ich habe viel zu dem Thema gelesen, und im Vergleich kommt deine Geschichte total "brav" rüber. Du kratzt nur ein bisschen an der Oberfläche des grauenhaften Geschehens. (Klar, man muss sich natürlich fragen, wie viel man seinen Lesern zumuten kann. Ich bin aber für: mehr.) Die Jetztzeit-Handlung gibt ja auch nicht so viel her. Ein Altnazi haut dem anderen einen Beutel Sülze vor den Kopf. Naja.

So viel von mir.

Grüße,
Chris

 
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Hallo Chris Stone,

danke, dass du reingeschaut hast.

Was spielt Verjährung oder Nichtverjährung für deine Geschichte für eine Rolle? Ist ja nicht so, dass Karl Hans anzeigt oder sonstwie die Justiz ins Spiel bringt.
Vielleicht hatte Karl das ja vorgehabt, sich dann aber doch für irgendeine Art der Selbstjustiz entschieden, da er vielleicht keine Beweise hatte. Nicht umsonst konnte Hans jahrelang unbehelligt weiterleben. Die einzigen Beweise fand man ja anschließend in der Zigarrenkiste.

Und apropos Justiz, ich habe ein Problem damit, dass da ein ehemaliger Lagerkommandant, der unter seinem eigenen Namen lebt, die letzten 30,40 Jahre völlig unbehelligt geblieben sein soll.
Ich habe letztes Jahr einen Film gesehen, da war gesuchter ein Naziverbrecher (hohes Tier) in der heutigen Zeit „ganz normal“ unter seinem alten Namen Lehrer an einer Schule und wurde aus Zufall von einem Überlebenden wiedererkannt.
„Hans Schultz“ ist hier in der Geschichte ja auch nicht gerade ein auffallender Name, den er unbedingt hätte ändern müssen. :Pfeif:

"Keiner von seinen Kameraden war mehr übrig, bis auf den, der seine Rente am Spielautomaten verzockte, mit dem Hans aber nichts mehr zu tun haben wollte, seit er erfahren hatte, dass das Schwein bei der SA gewesen war."
=> Wenn er ihn als Kameraden bezeichnet, muss er ihn doch länger kennen, mit ihm zusammen gedient haben. Warum hat er dann erst später erfahren, dass er bei der SA war?
Schultz und Krüger kannten sich nur aus der Kneipe.
Ich kenne es so, dass alle Soldaten untereinander Kameraden sind, egal, wie gut sie sich kennen oder ob sie jemals zusammen gedient haben.
So ähnlich wie bei „Kollegen“, die ja auch nicht (im selben Unternehmen) zusammen arbeiten müssen. Anwälte vor Gericht, Ärzte bei Tagungen usw. sprechen sich auch mit „Kollege“ an, auch wenn sie sich das erste Mal gesehen haben sollten.
Wikipedia sagt: „Das besondere an der soldatischen Kameradschaft ist, dass sie nicht an persönliche Verbundenheit im Sinne von Freundschaft, Kumpanei o.ä. gebunden ist, sondern von jedem Soldaten als Dienstpflicht gefordert wird.“

"Der Sturmmann passte vor der Tür der Baracke auf, dass keiner an den dünnen Wänden lauschte."
=> Warum? War Hans schüchtern oder so? Ansonsten waren Vergewaltigungen in dem Umfeld doch vollkommen normal, so zynisch das auch klingt. Und als Lagerkommandant konnte Hans ohnehin machen, was er wollte.
Ja, er konnte machen, was er wollte.
Aber vielleicht hatte er was dagegen, dass andere von der Vergewaltigung was mitbekommen hätten. Er hat sie ja „geliebt“, und seiner Liebe tut man so etwas nicht an. Eine Art der Ehre. So krank war er im Kopf.

"Du kannst Libsche haben, hatte Hans großzügig erlaubt."
"und ihm erst die geladene Knarre vor seinem Schädel Manneskraft verlieh."

=> Hans ist in Libsche verliebt (irgendwie), aber er bietet sie Karl an? Und dann, als Karl nicht will, zwingt er ihn, die geliebte Libsche zu vergewaltigen? Das kann ich nicht nachvollziehen.
Auch ein Merkmal, wie krank Hans im Kopf war (und in der Gegenwart geblieben ist).

"Die anderen hatten keinen gutmütigen Fürsprecher und besaßen keine Freiheiten wie Libsche."
"Libsche war privilegiert; sie durfte sich vergnügen"

=> Willst du wirklich erzählen, dass in dem Lager nur der Kommandant eine Gefangene gevögelt und privilegiert hat? Und alle anderen Wachen gingen regelmäßig kalt duschen und lebten zölibatär?
Das steht so nicht im Text.
„Die anderen hatten keinen gutmütigen Fürsprecher“: Der gutmütige Fürsprecher war Hans. Und Hans hat sich nur um Libsche „gekümmert“, um keine anderen Frauen.
Was die anderen Soldaten gemacht haben, war ihm egal. Sie waren ja nicht „verliebt“.

"Bis er zwischen den anderen diesen hübschen Namen Libsche aufgeschnappt hatte"
=> Ich habe den ganzen Text über auf Aufklärung gewartet, dass Libsche gar kein Name ist, sondern in irgendeiner osteuropäischen Sprache "Hure" oder "Verräterin" bedeutet. Aber Libsche ist ja tatsächlich ein jüdischer Vorname. Da verschenkst du aber ganz schön was, GoMusic! Wie wäre es mit: Kurwa?
Keine Ahnung, was „Kurwa“ bedeutet, aber warum sollte Hans die Frau, die er liebt, abfällig benennen? Wie beschrieben, hatte er den Namen „Libsche“ im Lager aufgeschnappt und er gefiel ihm so gut. Er hat das im Text ja auch mit „Liebste“ im Zusammenhang gebracht. Das war meine Intention, ein zärtlicher Name für das zärtliche Mädchen in einer Beziehung, die Hans für zärtlich hielt.

"nachdem seine Männer die Neuankömmlinge am ganzen Körper rasiert hatten."
=> Das wurde von anderen Gefangenen erledigt, so weit ich weiß. Fast alle Arbeit wurde von Gefangenen gemacht, bis auf die Wachdienste natürlich.
Danke für den Hinweis. :thumbsup:
Werde das im Text übernehmen.

"die sich allesamt abgesetzt hatten und irgendwo völlig unbekümmert lebten. Und bald noch unbekümmerter."
=> Und auf diese Geschichte habe ich gewartet: Alles ist verjährt. Mengele kommt zurück nach Deutschland. Aus Heimatliebe und weil er Tantiemen einklagen will, denn die Medizin hat sich ja einige Erkenntnisse aus seinen grauenhaften Menschenexperimenten zunutze gemacht. Pointe am Schluss: Mengele wird vor dem Bundesgerichtshof vom Mossad erschossen, denn Israel hält nichts von Verjährung.
Gute Idee. Wäre Stoff für eine neue Geschichte. Habe ich mir notiert. :)

Aber dass Karl diese Sülze nach Hause schleppt? Aus zwei Gründen konstruiert. Erstmal war das Lager ja sicher irgendwo im Osten, nicht zwei Straßen von seinem Zuhause entfernt. Die Lager wurden Hals über Kopf geräumt, bevor die Rote Armee anrückte. Außerdem bedeutet Sülze Essen, sogar fleischhaltiges Essen, das war in der letzten Kriegs- und in der ersten Nachkriegszeit viel mehr wert als Gold!
Man konnte bzw. kann noch immer alte Lager besuchen, sich Zugang beschaffen. Bei einem solchen Besuch hat Karl die Idee gehabt, die Dosen wieder auszugraben.
„Hals über Kopf“: Stimme ich zu. Aber Karl hat die Konserven ja nicht noch schnell versteckt, als das Lager geräumt wurde, sondern nach und nach vergraben.
„viel mehr Wert als Gold“: Ja, stimmt auch. Karl war das egal, er konnte die Sülze nicht essen, da es ihn angewidert hätte. Nicht, weil er keine Sülze möchte (:hmm:), sondern wegen des Mädchens.

Apropos Sülze, hier hatte ich noch eine weitere, sehr unappetitliche Erwartung, aber das tippe ich lieber nicht nieder, sonst wird zartbesaiteten Mitlesern sicher kotzübel. (Nee, ich sehe gerade, das wurde im Zusammenhang mit Haarmann schon angesprochen.)
Ja, harte Sache. Das wäre dann schon eine Horror-Story geworden.

Also, GoMusic, ich finde es gut, dass du dich mit dem Thema beschäftigst.
Danke dafür. Kann man nie genug machen.

Wie du sicher gemerkt hast, beschäftige ich mich auch mit dem Thema, seit der Schulzeit.
Ja, das habe ich gemerkt. War auch ein sehr wertvoller Kommentar von dir. :thumbsup:

Ich habe viel zu dem Thema gelesen, und im Vergleich kommt deine Geschichte total "brav" rüber. Du kratzt nur ein bisschen an der Oberfläche des grauenhaften Geschehens. (Klar, man muss sich natürlich fragen, wie viel man seinen Lesern zumuten kann. Ich bin aber für: mehr.)
Ja, das mit dem Zumuten. War da auch ein wenig unsicher, wie weit ich gehen konnte.
Aber deine Einschätzung gibt mir Antrieb, da in Zukunft noch ein paar Schüppen draufzulegen.

Die Jetztzeit-Handlung gibt ja auch nicht so viel her. Ein Altnazi haut dem anderen einen Beutel Sülze vor den Kopf. Naja.
Hihi. Ich finde das aber immer noch interessanter bzw. überraschender als eine Anklage, die dann vielleicht sogar noch in eine langweilige Gerichtsstory abdriftet.
Was genau Karl ja machen wollte, bleibt im Dunkeln. Als Hans mit den Konserven stürzte, war es für Karl okay. Vielleicht wollte das „arme, kranke, bemitleidenswerte Geschöpf“ ja gar nicht (mehr) töten, nachdem er ihn näher gesehen hatte (Geländer hinaufquälen ect.). Geplant haben könnte es er schon; nicht umsonst hatte er sich „maskiert“. Das soll offen bleiben.

Vielen Dank, dass du dich mit meiner "Geschichte gegen das Vergessen" befasst hast.
Ich habe mich sehr gefreut.

Schönes Restwochenende noch.

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Es wurde ja schon viel zu deiner Geschichte gesagt, GoMusic, aber ein bisschen was will ich auch noch beitragen.

barnhelm schrieb:
man muss deine Geschichte mindestens zweimal lesen, um sie zu verstehen. Ich bin noch nicht genau dahintergekommen, warum das so ist.
[…] Ich musste wirklich immer wieder innehalten und überlegen, wie sich die Dinge zueinander verhielten. Wenn das nicht nur mir so geht, so solltest du vielleicht überlegen, wie du deine ganze Geschichte ein wenig linearer hinbekommst.

… schrieb barnhelm vor ein paar Tagen, und ich muss zugeben, dass auch ich beim erstmaligen Lesen mehrmals die Augenbraue hochzog bzw. „Hä?“ dachte und zurücklesen musste.
Wobei ich nicht so sehr die Nichtlinearität dafür verantwortlich mache, sondern vielmehr ein paar … ich will’s mal unnötige Stolpersteine nennen.

Zum einen finde ich deine Namenswahl missglückt. Ich halte mich nicht unbedingt für einen unkonzentrierten Leser, aber dass du zwei Protagonisten, die abwechselnd und quasi gleichrangig auftreten, mit Namen ausstattest, die sich vom Wortbild und Wortklang her extrem ähnlich sind (Hans, Karl), provozierte es förmlich, dass ich bisweilen nicht recht wusste, wer jetzt wer ist.

Na ja, und dann die etwas undurchsichtige Rolle, die der Wirt Jupp spielt:

„Was hast du denn damit zu schaffen? Kennst du so einen Nazi? Was wäre, wenn so einer dein Kotelett paniert oder den Schaum von deinem Bier abstreift – und du ahnst es gar nicht? Häh?“ Jupp schaute Karl an und lachte laut auf.

Hier nehme ich natürlich an, dass Jupp Nazis verabscheut.
Aber dann kommt das:

„Du kennst mich seit Jahren und du kennst meine Meinung. Und ich sag es jetzt zum letzten Mal: Diesen ganzen ‚Holocaust‘ … den gab es nicht. Nichts als Lügen!“
Äh, ein Holocaust-Leugner, der Nazis verabscheut?

Er verharrte noch einen Augenblick in der Stellung, bevor er weiter das Glas polierte. „Ich hab auch nichts gegen die.“
Und wen meint er jetzt damit? Altnazis? Juden? :confused:

Der nächste Stolperstein:

Bevor der automatische Türöffner summte, hielt ein alter Mann mit herunterhängenden Hosenträgern und Gehstock dem Jungen die Haustür auf. Auf dem Boden hatte er eine Mülltüte abgelegt.
„Guten Tag, Herr Schultz.“
„Hallo, mein Kleiner.“ Schultz streichelte dem Jungen über das pechschwarze Haar.

Spätestens bei der Erwähnung der Hosenträger und des Gehstocks ahne ich, dass es sich bei dem Alten um Hans handelt. Und nachdem im Absatz darüber Karl in der Apotheke Hans erkennt und herausfindet, wo der wohnt, ist es für mich als Leser klar, dass es zu einer Konfrontation der beiden kommen wird.
Deshalb verstehe ich nicht recht, warum du mit der Formulierung „ein alter Mann“ so ein Geheimnis darum machst und mir quasi eine neue Figur bzw. einen weiteren Handlungsstrang suggerieren willst. Ist einfach nur unnötig verwirrend. Obendrein, wo du in einer Kommentarantwort geschrieben hast, du stellst dir deine Geschichten quasi filmisch vor. Und wäre das eine Filmszene, würde ich ja im alten Mann auch sofort den Hans (den Karl? Egal) erkennen, sofern er nicht einen falschen Bart und eine Pappnase trägt.

Aber im Großen und Ganzen ist das eine handwerklich solide Geschichte, an der ich höchstens bemängeln könnte, dass sie dir aufgrund des komplexen Themas etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein scheint, es auf mich so wirkt, als hättest du stellenweise - aus Angst, dich zu verzetteln - am falschen Platz mit Worten gespart. Nicht von ungefähr hast du ja in vielen Kommentaren nachträglich erklären müssen, was es damit auf sich hat und damit und damit …


Und apropos bemängeln: Ein paar Fehler gibt‘s noch.

Er kippte das Fenster auf und schaute nach draußen. Scheiß Kanaken!, hätte er am liebsten heruntergebrüllt.
Er könnte nur herunterbrüllen, wäre er im Hof unten. Was natürlich nicht geht, weil er ja in seiner Wohnung ist. Also: hinunter

Strenggenommen gilt das auch hier:

Seit die alten Nachbarn nach und nach in Blechkisten herausgetragen worden waren, hatte sich im Haus vieles verändert.
Hans befindet sich, während er das denkt, im Haus. Also: hinaus

Er genoss es, wie sich Libsche vorbeugte, die Augen wie in Trance schloss und den Schnabel rhythmisch an seine[n] Nägel[n] rieb.
Woran reiben? => Dativ

Schon vor dem Klingeln des Weckers wachte Karl nass geschwitzt auf.
nassgeschwitzt.

Böse Erinnerungen geisterten durch seinen Kopf. Erinnerungen, die er viel zu lange verdrängt hatte und die vor ein paar Tagen erneut hochkamen.
entweder: … die seit ein paar Tagen erneut hochkamen.
oder: … die vor ein paar Tagen erneut hochgekommen waren.

und würgte sich [würde ich streichen] in der Küche ein Aspirin mit einem Schluck Wasser herunter.
Besser: hinunter oder runter

Jupp blickte kurz zum Spielautomaten herüber,
Das ginge nur, wenn … usw. Also: hinüber


offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo GoMusic,
ich muss gestehen, ich habe glaube ich nicht alles richtig geschnallt, beim ersten Lesen. Ich lese sie aber noch mal, weil sie gefällt mir richtig gut. Die Kommentare habe ich nur teilweise überflogen, denn ich will die Geschichte schon aus eigenem Antrieb verstehen und nicht erklärt bekommen.

Der Titel ist grandios. (das steht schon mal fest)

Den Kritikpunkt von Chris habe ich gelesen, dass dem Leser nicht genug zugemutet wurde, hinsichtlich des Grauens. Das empfinde ich auf jeden Fall nicht so. Ich mag den leisen Umgang mit dem Thema. Laute Töne zum Holocaust kann ich nicht mehr hören und gehen mir schlicht nur noch auf den Senkel.
Ich denke es gibt in Deutschland niemand mehr, der die Bilder nicht gesehen hat, die Fakten nicht kennt, die Zahlen, oder besser, den ganzen Umfang des Wahnsinns.

Damit lockt man meine Emotionen nicht mehr hervor.
Es sind immer nur die leisen und sehr persönlichen Töne, die mich nachdenklich machen. Und das ist hier frei jedes Klischees und exorbitant gut gelungen. Und zwar in dem Abschnitt:

Die kleine Libsche war immer genau so aufgeregt wie Hans, wenn er sie in die Baracke begleitete, in der frische Bettwäsche, Schweinesülze und französischer Rotwein für die Offiziere gelagert wurden. Beim ersten Mal war Libsche noch nicht bereit, so dass Hans nachhelfen musste. Die blauen Flecken an Schultern und Armen sowie die Striemen im Gesicht fielen zwischen den dreckigen Gesichtern der anderen nicht weiter auf.
Was waren schon ein paar Male oder Narben im Gesicht? Ihm hatte der Krieg ja auch welche eingebrannt, die das Mädchen nicht störten.
Die anderen hatten keinen gutmütigen Fürsprecher und besaßen keine Freiheiten wie Libsche. Die anderen durften auch nicht so lange von der Arbeit fortbleiben oder wurden, wenn er Lust danach verspürte, auch schon mal fast totgeprügelt. Oder der Einfachheit halber erschossen, wenn sein Bein schmerzte und er nicht lange so gut stehen konnte. Libsche war privilegiert; sie durfte sich vergnügen – in dem Takt, den er mit seinen kräftigen Händen vorgab.

Das im Nachhinein Schöngeredete wurde hier großartig dargestellt. Das Libsche hat ja einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wahrscheinlich war sie auf irgendeine perfide Art seine große Liebe. Was ja nicht sein durfte, denn früher musste er sie als Nicht-Mensch betrachten, in der Gegenwart ist es nötig irgendwie die eigene Schuld vor sich selber zu vertuschen .So hat er die Episode irgendwie unter "durch mich war sie privilegiert" eingeordnet. Was ja schon eine Leistung ist, ob der Gemeinheiten, die er ihr angetan hat.
Mich interessiert das klassische Opfer-Täter-Ding nicht mehr so sehr. Das ist mir zu oberflächlich. Solche Verschiebungen der Wahrnehmungen finde ich zu dem Thema viel interessanter. Und da braucht es eben keine lauten Töne.
Alle Opfer waren Menschen. Alle Täter auch. Mich interessiert immer die kleinen, feinen Abgründe. Und die brauchen nicht die große Bühne. Die kennen wir doch alle.

So viel erst mal zu mir, der Gretha, die nur einen Teil verstanden hat (möglicherweise) und den Rest wahrscheinlich beim zweiten Lesen versteht. (oder auch nicht)

Puh, jetzt bin ich aber froh, dass es der ernst offshore scheinbar auch nicht gleich verstanden hat, dann bin ich möglicherweise doch nicht zu dumm für den Text.

 

Lieber GoMusic

ich habe die erste Version vor einer Weile gelesen, war etwas verwirrt und habe auf die Änderungen gewartet. :) Die Geschichte ist jetzt runder, klarer und gefällt mir besser.
Der Titel lautet Schulz und Sühne und erinnert womöglich an Dostojewskis Schuld und Sühne, was aber nur ein Wortspiel sein kann, denn inhaltlich finde ich nichts daran...
Insgesamt en schwieriges Thema, weil die Täter und die Opfer mittlerweile wohl tot sind und schon so vieles dazu gesagt und geschrieben wurde. Spannender hätte ich etwas aktuelleres gefunden... Folteropfer oder so was... die Umsetzung war gut und spannend, wenngleich die Perspektivwechsel nicht gut sichtbar wurden und die Erzählstimme sich zu sehr ähnelte...

Bisschen was zum Text:

. Seit die alten Nachbarn nach und nach in Blechkisten herausgetragen worden waren,
Blech? sind die Särge nicht aus Holz?

Hans was fassungslos, als kürzlich sogar Schwatte in seinem Haus einzogen,
dern Ausdruck verstehe ich nicht und müsste es dann nicht eingezogen war heißen?

Mit dem Gehstock prügelte er auf sein Bein ein, als versuchte er, einen Brand zu löschen.
gutes Bild

erfahren hatte, dass das Schwein bei der SA gewesen war.
die SA, die gab es doch schon relativ früh nicht mehr richtig...

nimm erst mal `n Feierabendtröpfchen.“
:)

„Isst du doch sonst nie ...“ Jupp überlegte kurz und kritzelte 2,80 auf den Bierdeckel. „In der Küche hab ich noch‘n Glas. Was ganz Exklusives.“
Sülze ist eklig... aber was ist exklusiv an diesem Zeug?

Keuchend blieb Hans stehen. “Hast du gehört, Libsche? Bald hört das Versteckspiel auf! Hörst du, Libsche?“
das muss doch schon zwanzig Jahre oder mehr her sein, meinst du nicht, dass Verdrängungsmechanismen gründlicher sind?

Als ihm im kleinen Spiegel Gram, Hass und Wut entgegenschlugen, fragte er sich, was die letzten Jahrzehnte aus ihm gemacht hatten.
Er müsste außerdem mal wieder eine neue Hirsestange aufhängen und den Sand austauschen.
guter Kontrast, dennoch durchschaut man das hervorgerufene Bild sofort...

Doch der Krieg und seine wichtige Aufgabe gestatteten
brauchst du das?

Hart wie Stahl. Bis die Granate fiel.
über die Ganate hätte ich gern mehr erfahren...

sowie die Striemen im Gesicht
wie sollen die denn entstehen?

Hans hatte sie oft nach ihrem Namen gefragt, doch sie brachte nie einen Ton heraus
da ist er so gewalttätig und sie wehrlos, aber den Namen prügelt er nicht aus uhr heraus? glaub ich nicht...

nachdem seine Männer die Neuankömmlinge am ganzen Körper rasiert hatten.
na ja, ich glaube Achseln und Scham und Beine haben die nicht rasiert...

Sie macht die beste Hühnersuppe westlich des Jordans.“
komischer Ausdruck

„Ist schon gut, mein Junge. Nicht jeder ist rücksichtsvoll. Aufmerksamkeit ist eine Tugend. Genauso wie Fleiß und Arbeitsfreude.“ Schmerzverzerrt bückte sich Schultz nach unten, nachdem er sich noch unbemerkt die Hand an der Hose abgewischt hatte.
Ahmed verzog die Stirn. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“
der Junge kommt ziemlich gewollt positiv rüber...

„Sie haben meine Familie zerstört, die ich nie hatte!“,
stimmt was nicht mit dem Satz... sie haben die Familie zerstört, die ich nicht hatte?

Soweit :Pfeif:
viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ernst offshore,

habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut. :)
Besonderen Dank, dass du mir deine/die Stolpersteine aufgezeigt hast.

Zum einen finde ich deine Namenswahl missglückt.
Ja, Hans, Karl sind/klingen sehr ähnlich.
Habe das geändert.

und dann die etwas undurchsichtige Rolle, die der Wirt Jupp spielt
Äh, ein Holocaust-Leugner, der Nazis verabscheut?
Jupp glaubt nicht an den Holocaust oder will ihn wohl nicht wahrhaben. Er hasst die Nazis dennoch; so etwas konnte/kann es doch geben. Könnte ja sein, dass ein Verwandter im Krieg gefallen ist, in dem Krieg, für den Jupp allein die Nazis verantwortlich macht.

Er verharrte noch einen Augenblick in der Stellung, bevor er weiter das Glas polierte. „Ich hab auch nichts gegen die.“
Und wen meint er jetzt damit? Altnazis? Juden?
Oh. Gut, dass du das gefunden hast. Ist noch versehentlich aus der alten Version hängengeblieben, als Hans anmerkte, dass sein Arbeitgeber Jude sei. Das ist ja mittlerweile herausgenommen worden (bzw. wird nur noch später erwähnt).

Der nächste Stolperstein:

Bevor der automatische Türöffner summte, hielt ein alter Mann mit herunterhängenden Hosenträgern und Gehstock dem Jungen die Haustür auf. Auf dem Boden hatte er eine Mülltüte abgelegt.
„Guten Tag, Herr Schultz.“
„Hallo, mein Kleiner.“ Schultz streichelte dem Jungen über das pechschwarze Haar.

Spätestens bei der Erwähnung der Hosenträger und des Gehstocks ahne ich, dass es sich bei dem Alten um Hans handelt. Und nachdem im Absatz darüber Karl in der Apotheke Hans erkennt und herausfindet, wo der wohnt, ist es für mich als Leser klar, dass es zu einer Konfrontation der beiden kommen wird.
Deshalb verstehe ich nicht recht, warum du mit der Formulierung „ein alter Mann“ so ein Geheimnis darum machst und mir quasi eine neue Figur bzw. einen weiteren Handlungsstrang vorgaukeln willst. Ist einfach nur unnötig verwirrend.

Wenn ich mir das jetzt nochmal durchlese, muss ich dir Recht geben. Hatte mir da ursprünglich andere Perspektive vorgestellt, das dann aber wieder fallengelassen.
Danke für den Hinweis. :thumbsup:
Macht natürlich keinen Sinn, hier eine neue Person vozugaukeln, bzw. den Leser im Unklaren zu lassen, da sowieso im dritten Satz herauskommt, wer gemeint ist.
Habe ich geändert.

Aber im Großen und Ganzen ist das eine handwerklich solide Geschichte, an der ich höchstens bemängeln könnte, dass sie dir aufgrund des komplexen Themas etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein scheint, es auf mich so wirkt, als hättest du stellenweise - aus Angst, dich zu verzetteln - am falschen Platz mit Worten gespart. Nicht von ungefähr hast du ja in vielen Kommentaren nachträglich erklären müssen, was es damit auf sich hat und damit und damit …
Danke, dass du die Story handwerklich solide findest. Das ist schonmal gut.

Womöglich habe ich hier tatsächlich zu viele Randthemen/Probleme auf einmal ansprechen wollen.
Das haben mir andere Kommentatoren schon gesagt …
- Krüger, der anschließend nicht mehr aufgetauchte Alt-Nazi.
- Jupp, der Leugner und Nazi-Hasser.
- Der jüdische Arbeitgeber von Karl (der jetzt Wilhelm heißt) :shy:
Ich hatte in einer anderen Antwort schon gesagt, dass das gut und gerne noch Stoff für eine andere Geschichte wäre.
Ich möchte das alles noch ein wenig auf mich einwirken lassen und dann sehen, was ich bei einer „großen“ Überarbeitung ggf. zusammenstreichen könnte. Andersherum könnte man die Story aber auch so weit ausbauen, dass das alles rund wird. Ich grüble noch … :confused:

Danke auch für die aufgezeigten Fehler (die ich sofort korrigiert habe).


Liebe Kanji,

sorry, dass ich auf deinen Kommentar noch nicht geantwortet habe.
Ich hatte ihn gelesen und auch schon an einer Reaktion gearbeitet, doch irgendwie bin ich dann unterbrochen worden.

Jetzt, wo Ernst das mit den ähnlichen Namen angesprochen hatte, fiel es mir wieder ein. Auch fiel mir wieder ein, dass ich die Namen schon längst hatte anpassen wollen.

Als ihm im kleinen Spiegel Gram, Hass und Wut entgegenschlugen, fragte er sich, was die letzten Jahrzehnte aus ihm gemacht hatten.
Das hätte ich ihm bis dahin gar nicht zugetraut. So viel Selbstreflexion im Käfigspiegel.
Ja, Hans denkt über sich und seine Lage nach. Da reicht es manchmal auch schon, wenn er sein Gesicht in dem kleinen Spiegel sieht. ;)

Vielen lieben Dank euch beiden und einen schönen Abend.

Liebe Grüße,
GoMusic


*** wird fortgesetzt - danke schon Mal an Gretha und Isegrims ***

 

Hallo Gretha,

schön, dass du dich mit meiner Geschichte auseinandergesetzt und einen solchen tollen Kommentar hinterlassen hast. :)

Der Titel ist grandios. (das steht schon mal fest)
Danke dafür. :thumbsup:

Den Kritikpunkt von Chris habe ich gelesen, dass dem Leser nicht genug zugemutet wurde, hinsichtlich des Grauens. Das empfinde ich auf jeden Fall nicht so. Ich mag den leisen Umgang mit dem Thema. Laute Töne zum Holocaust kann ich nicht mehr hören und gehen mir schlicht nur noch auf den Senkel.
Es sind immer nur die leisen und sehr persönlichen Töne, die mich nachdenklich machen. Und das ist hier frei jedes Klischees und exorbitant gut gelungen. …
Vielen Dank für diese Einschätzung.

Holg hatte ja schon gesagt, dass er den eintreffenden Zug erst als einen Zug voller Flüchtlinge gehalten hatte.
Was das bedeuten soll: Mein Gedanke war, es zunächst relativ harmlos klingen zu lassen, so dass man nicht davon ausgeht, was am Ende tatsächlich passiert ist. Das Grauen sollte sich langsam steigern und in ruhigen Tönen beschrieben werden.
Mich freut es, dass du das als gelungen empfindest. Denn im Nachhinein möchte ich auch an diese "sanften" Worte (wenn man die überhaupt für dieses schreckliche Verbrechen so nennen kann) beibehalten.

Das im Nachhinein Schöngeredete wurde hier großartig dargestellt. Das Libsche hat ja einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wahrscheinlich war sie auf irgendeine perfide Art seine große Liebe. Was ja nicht sein durfte, denn früher musste er sie als Nicht-Mensch betrachten, in der Gegenwart ist es nötig irgendwie die eigene Schuld vor sich selber zu vertuschen .So hat er die Episode irgendwie unter "durch mich war sie privilegiert" eingeordnet. Was ja schon eine Leistung ist, ob der Gemeinheiten, die er ihr angetan hat.
Der Mann war nicht nur einfach "gedankenlos" böse, sondern er glaubte tatsächlich/darüberhinaus auch noch, dass es gar nicht so falsch war, was er getan hatte. (Er stellte sich ja sogar vor, dass er einen Orden etc. verdient hätte.)
Er liebte Libsche tatsächlich und musste deshalb einen Aufpasser bzw. eine durch Belohnungen scheinbar zum Vertrauten gemachte Person draußen stehen haben, damit nicht schlecht über das geredet werden konnte, was er Libsche angetan hatte (nach dem Motto "Wahre Liebe kennt keine Gewalt"). Obwohl es jeder wahrscheinlich wusste und die anderen womöglich auch nicht besser waren.
Hans konnte auf einer Art zwischen falsch und richtig unterscheiden, darum auch das fortwährende und auch später noch andauernde Schöngeredet.
Gerade eine solche "kaputte" Person wollte ich beschreiben.
Ich finde es toll, wie du das interpretiert hast.

So viel erst mal zu mir, der Gretha, die nur einen Teil verstanden hat (möglicherweise) und den Rest wahrscheinlich beim zweiten Lesen versteht. (oder auch nicht)
Ich bin weiterhin dankbar für Hinweise, an welchen Stellen es hakt, wo ggf. zu weit ausgeholt wurde oder „Unwichtiges“ oder „Verwirrendes“ hineingeraten ist.
Einiges habe ich schon für eine Überarbeitung gesammelt.

Vielen lieben Dank für deinen wertvollen Kommentar.

Liebe Grüße,
GoMusic


*** wird fortgesetzt ***

 

Hi Isegrims,

danke, dass du reingeschaut hast. :)

Die Geschichte ist jetzt runder, klarer und gefällt mir besser.
Dankeschön dafür.

Der Titel lautet Schulz und Sühne und erinnert womöglich an Dostojewskis Schuld und Sühne, was aber nur ein Wortspiel sein kann, denn inhaltlich finde ich nichts daran...
Ja, soll daran erinnern. Nur, dass hier in der Geschichte halt nicht unbedingt so stark von Sühne die Rede ist.
Hans scheint zwar am Ende in den Knast zu kommen, aber eine richtige Genugtuung oder einen Ausgleich kann man das vielleicht nicht nennen.
Aber ein Titel muss ja nicht immer wörtlich genommen werden ;)

Insgesamt en schwieriges Thema, weil die Täter und die Opfer mittlerweile wohl tot sind und schon so vieles dazu gesagt und geschrieben wurde. Spannender hätte ich etwas aktuelleres gefunden... Folteropfer oder so was...
Ein aktuelleres Thema finde ich auch sehr gut (du sprichst jetzt vielleicht auch deine Story mit dem Alt-Nazi an, die mir auch gefällt), aber dann wäre es aber nicht die Nazi-Geschichte geworden, die mir vorschwebte.

die Umsetzung war gut und spannend,
Danke

wenngleich die Perspektivwechsel nicht gut sichtbar wurden und die Erzählstimme sich zu sehr ähnelte…
Vielleicht kannst du mir hier ein, zwei Beispiele nennen, wo du das mit dem Perspektivwechsel gefunden hast.
Erzählstimme? Was meinst du mit „zu sehr ähneln“? Es gibt doch nur eine Erzählstimme pro Geschichte. Oder meinst du die personelle Erzählstimme aus der Perspektive der beiden Protas? Da finde ich schon, dass sie sich unterscheiden ...

Seit die alten Nachbarn nach und nach in Blechkisten herausgetragen worden waren,
Blech? sind die Särge nicht aus Holz?
Danke für den Hinweis. Holzkisten sind tatsächlich gängiger. :Pfeif:
Habe ich geändert.

Hans was fassungslos, als kürzlich sogar Schwatte in seinem Haus einzogen,
dern Ausdruck verstehe ich nicht und müsste es dann nicht eingezogen war heißen?
Schwatte ist ein weniger rassisitischer Ausdruck für „Schwarze“. Ist im Ruhrgebiet, wo die Story spielt, gebräuchlich.

„eingezogen waren“ hört sich richtiger an. Ist geändert, danke.

Isst du doch sonst nie ...“ Jupp überlegte kurz und kritzelte 2,80 auf den Bierdeckel. „In der Küche hab ich noch‘n Glas. Was ganz Exklusives.“
Sülze ist eklig... aber was ist exklusiv an diesem Zeug?
Der Wirt macht ihm seine billige Sülze nur schmackhaft, damit er sie ihm völlig überteuert verkaufen kann. Der Gauner.

Keuchend blieb Hans stehen. “Hast du gehört, Libsche? Bald hört das Versteckspiel auf! Hörst du, Libsche?“
das muss doch schon zwanzig Jahre oder mehr her sein, meinst du nicht, dass Verdrängungsmechanismen gründlicher sind?
Wie meinst du das genau, Isegrims?

Es ist ja auch die Frage, was sich Hans unter Versteckspiel vorstellt.
Ob er dann wieder „voll der alte Nazi“ sein kein, wie im Krieg? Wohl nicht.
Ob er seinen Hass gegenüber den Ausländern im Haus (stärker) äußern kann? Wohl eher auch nicht.
Ob er sich draußen freier bewegen kann? Eher schon, obwohl ja nicht bekannt ist, was Hans genau dafür getan hat, dass er solange unentdeckt bleiben konnte.
Dass Hans nicht für die Vergewaltigungen angeklagt werden kann? Davon geht er aus, zumal es in seinen Augen ja keine Zeugen gibt.
Dass Hans nicht mehr für Mord/Völkermord angeklagt werden kann? Das auf jeden Fall ja.

Doch der Krieg und seine wichtige Aufgabe gestatteten
brauchst du das?
Ja, Hans war überzeugt, dass seine (Aufräum-/Aussortierungs-) Aufgabe sehr wichtig war, dass ohne ihn kein neues Deutschland hätte aufgebaut werden können.

Hart wie Stahl. Bis die Granate fiel.
über die Ganate hätte ich gern mehr erfahren...
Gute Idee. Immerhin wird ja auch erwähnt, dass Hans sich Narben im Krieg geholt hat.
Habe das an der Stelle der ersten Erwähnung ein wenig erweitert.Ob ich das noch weiter abbaue, weiß ich nicht, Ist ja nicht ganz so wichtig für die Geschichte, finde ich.
Er nahm den Gehstock und quälte sich vom Polster hoch. Alte Kriegsverletzung; eine Granate, die sein Bein zerfetzt und Spuren im Gesicht hinterlassen hatte.

sowie die Striemen im Gesicht
wie sollen die denn entstehen?
Wie genau Hans mit Libsche umgegangen ist, wird ja nur angedeutet. Da hätte es m.E. nicht gepasst, dass im Detail zu beschreiben.

Hans hatte sie oft nach ihrem Namen gefragt, doch sie brachte nie einen Ton heraus
da ist er so gewalttätig und sie wehrlos, aber den Namen prügelt er nicht aus uhr heraus? glaub ich nicht…
Das Schlimme ist ja, dass Hans im Lager selber, unter den Soldaten, gegen Libsche nicht gewalttätig war, nur gegenüber den anderen Gefangenen. Was in der Baracke geschah, kam nicht heraus. Da hat er sie bestimmt nicht nach ihrem Namen gefragt, sondern sich an ihr ausgelassen.

nachdem seine Männer die Neuankömmlinge am ganzen Körper rasiert hatten.
na ja, ich glaube Achseln und Scham und Beine haben die nicht rasiert…
Das kann ich nicht genau sagen.
Auf jeden Fall klingt es so, finde ich, noch viel schlimmer.

Sie macht die beste Hühnersuppe westlich des Jordans.“
komischer Ausdruck
Hehe, man sagt doch auch „nördlich des Weißwurst-Äquators“. Dann ist das doch nur eine gleichberechtigte Aussage für die Hühnersuppe, die alle wieder gesund macht. :D

der Junge kommt ziemlich gewollt positiv rüber…
Habe da schon ein wenig gegenüber der Erstversion zurückgeschraubt. Er soll schon positiv rüberkommen, mir fällt aber im Moment nicht ein, wie ich das noch weniger offensichtlich mache.

Sie haben meine Familie zerstört, die ich nie hatte!“,
stimmt was nicht mit dem Satz... sie haben die Familie zerstört, die ich nicht hatte?
Er hat sich die Aussage bestimmt nicht tagelang zurechtgelegt, sondern sie aus seiner Wut heraus gesagt.
Ich finde, der Satz bringt es auf den Punkt. „Sie … Familie zerstört. … ich nie hatte.“
Mir weitaus ausgewählteren Worten hätte man es auch nicht klarer ausdrucken können.:shy:

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar.
Habe mich wie immer sehr über deine Hinweise gefreut.

Schönen Tag noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

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