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Schattenherz

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15.05.2002
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Schattenherz

“Weil ich dich liebe.” Mit diesen Worten steckte Lucille den goldenen Ring an den Finger ihres frischgebackenen Ehemanns. Victor beugte sich zu seiner zart gebauten Frau herab und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. Licht flutete durch ein Buntglasfenster des hohen Altarraums auf das jung vermählte Pärchen und flirrte um die beiden Gestalten, spielte in den honiggelben Locken Lucilles und glänzte auf zwei verbindenden Siegeln.
Ein von den Ringen reflektierter Sonnenstrahl verirrte sich in das Augenpaar eines der vielen anwesenden Gäste, welcher daraufhin verbittert die Augen zusammenkniff und die Lippen zu einer schmalen blutleeren Linie aufeinander presste - ein sardonisches Grinsen. Louis schaute zu seinem Freund auf dem Podium. Victor bemerkte den Blick und lächelte zurück.

Lyrik, sublim und Zuneigung beschwörend, war die unsichtbare und doch so starke Fessel gewesen, welche zwei so unterschiedliche Seelen einander näher gebracht hatte: Lucille, hell und die Welt in ihrer Schönheit genießend, als auch verstehend. Dagegen Victor, dunkel und Stunde um Stunde seines unbedeutenden Lebens stumpfsinnig auf sich zufließen lassend.
Wortkaskaden aus Louis’ Feder halfen bei der Becircung Lucilles, entfachten ein Feuer, welches von dem Zunder seiner Gefühle gespeist worden war, aber nichts zurück gab, außer dem eitrig gelben Neid auf das Glück dieser Anderen.

Louis wusste nicht um den genauen Grund für seine selbstzerstörerischen Freundesdienste, die in Form von Gedichten und kleinen Liebesgeschichten die Frau, welche er schon seit einem halben Leben begehrte, in die Arme seines Freundes getrieben hatte. Vielleicht war es deswegen, weil er wieder das Glück in den Augen Lucilles leuchten sehen wollte, welches seit dem Fortgehen ihres vorherigen Lebensgefährten daraus verschwunden war und wohl auch weil er selbst nicht die Courage besaß, dem Menschen, den er liebte zu sagen, dass er eben jenes tat und stattdessen seine sehnsüchtigen Gedanken und Gefühle über Victor an sie weiterleitete. „Du bist einfach nur feige und dumm, sie dir freiwillig wegnehmen zu lassen.“, so sprach der verhärmte Mann ohne Sinn in seinem Leben zu sich selbst.

Louis beobachtete das Paar, das nun unter zahlreichen Glückwünschen den Kirchengang herab schritt und folgte der hinterdrein strömenden Menge nach draußen, wo er sich dann verloren vorkommend dem Abgang des Brautpaares entgegensah.

Victors Ruf riss ihn schließlich aus seinen trüben Überlegungen. Er wurde von der stürmischen, breit gebauten Gestalt mitgerissen und nach vorne ins Herz der Aufmerksamkeit gezerrt. Ein Foto der beiden Vermählten sollte geschossen werden und Victor wollte mit seinen beiden liebsten Menschen darauf vereint sein.
Lucille schaute freundlich, aber distanziert zu Louis auf und schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Sie kannte ihn nur flüchtig, da er stets darauf geachtet hatte, dass Victor nichts von den amourösen Verwicklungen seines Freundes an sie verriet. Er war ein williger Konsument gewesen und hatte die weichen Umarmungen ohne Reue genossen, welche doch eigentlich die falsche Person umschmeichelten.

Das Bild wurde gemacht und eine Kopie davon stand später auf Louis’ Kommode. Drei Gestalten waren darauf abgelichtet: Lucille und Victor beieinander untergehakt - Louis ein Stück daneben stehend und deplaziert wirkend.

Irgendwann hatte Louis die mittlere Gestalt seines Freundes herausgetrennt und die beiden angrenzenden Teile im Rahmen aneinander geschoben. In seinem letzten Moment auf dieser Erde wurden seine Augen davon angezogen.
„Weil ich dich liebe und zu feige war, dir dies zu gestehen…“, waren die letzten Gedanken, die durch einen kollabierenden Geist stürmten, während onyxfarbene, Vergessen machende Schwärze sein Herz erfüllte.

Man fand Louis' Leichnam einige Tage später in seiner kleinen Mansardenwohnung. Der Priester war der einzige Trauergast auf seiner Beerdigung an einem düsteren Novembertag, an dem nur der Himmel um ihn weinte.

 

Hallo Marcus,

eine schöne und zugleich so traurige Geschichte - der arme Louis.

Was mir sehr gut gefällt, ist Dein Spiel mit Farben, mit Licht und Dunkelheit, das sich durch die ganze Geschichte zieht. Die Idee des Sonnenstrahls, der von den Ringen reflektiert wird und Louis blendet, ist faszinierend.

Licht flutete durch ein Buntglasfenster des hohen Altarraums auf das jung vermählte Pärchen und flirrte um die beiden Gestalten, spielte in den honiggelben Locken Lucilles und glänzte auf zwei verbindenden Siegeln.
Ein von den Ringen reflektierter Sonnenstrahl verirrte sich in das Augenpaar eines der vielen anwesenden Gäste, ...

Warum hast Du den zweiten Absatz kursiv geschrieben? Das hat mich etwas irritiert.

Ich bin ein Fan von kurzen Kurzgeschichten. Und Dir ist es wirklich gelungen, in dieser knappen Geschichte drei Charaktere zu zeichnen und die Bilder vor den Augen des Lesers entstehen zu lassen. Was mir am Ende allerdings fehlt, ist das Wissen darum, was aus Lucille und Victor geworden ist. Sind sie glücklich miteinander? Und noch viel wichtiger die zweite Frage: Warum stirbt Louis allein? Wie ist das Band zwischen Victor und ihm abgerissen, wo er Victor doch so wichtig war?

Ein Foto der beiden Vermählten sollte geschossen werden und Victor wollte mit seinen beiden liebsten Menschen darauf vereint sein.

Ich kann nur vermuten, dass Louis Bastelarbeit mit dem Photo eine Parallele zu dem ist, was vorgefallen ist. Demnach hätte er Victor aus seinem Leben geworfen.

Irgendwann hatte Louis die mittlere Gestalt seines Freundes herausgetrennt und die beiden angrenzenden Teile im Rahmen aneinander geschoben.

Da bleibe ich mit Fragen zurück, und ich habe doch so gern Antworten, wenn ich am Ende einer Geschichte ankomme. Vielleicht erzählst Du ja noch ein bisschen mehr.

Liebe Grüße

Lara

 

Hallo Marcus,

abgesehen davon, dass diese Grundidee aus dem Cyrano de Bergerac stammt, ist dir in dieser Geschcihte einiges durch die Lappen gegangen. Auch wenn zum Beispiel Louis nicht weiß, warum er sich so selbstlos dichtend verhällt, so sollte man dabei nciht das Gefühl haben, dass du als Autor es auch nicht weißt.
Auch wertest du deinen Prot von außen kommentierend manchmal ganz schön ab.

so sprach der verhärmte Mann ohne Sinn in seinem Leben zu sich selbst
Da ist es nur folgerichtig, dass dein Protagonist am Ende stirbt. Schließlich scheinst du als Autor schon zu Beginn deiner Geshcihe keinen Funken Sympathie für ihn zu haben. Wie soll der Leser dann aber mit ihm mitfühlen, wenn du es ihm nicht nahelegst?
Auch dass die Freunde nciht zur Beerdigung kommen, ist nicht logisch, genausowenig, wie jemanden auf ein Foto zu zerren, um ihn dann dort abseits stehen zu lassen. Es mag sein, dass Louis die Wertschätzung seines Freundes nciht bemerkt, aber es hat sie gegeben. Du deutest zwar an, dass Louis den Freund aus dem Foto schneidet, aber ein bisschen mehr Entwicklung zu dieser Isolation hin dürfte es schon sein.
So erscheint mir die Geschichte leider nicht rund.
Sparchlich reißt du uns zwei Mal aus deiner eher romatischen Überfachtung durch kalte Begriffe raus. Dazu mehr in den Anmerkungen.
Licht flutete durch ein Buntglasfenster des hohen Altarraums auf das jung vermählte Pärchen und flirrte um die beiden Gestalten,
Bei Gestalten assoziiere ich etwas dunkles, nicht ein glückliches Paar.
welches seit dem Fortgehen ihres vorherigen Lebensgefährten daraus verschwunden war
hier stört mich das "Lebensgefährten". Es reißt fürmlich aus der aufgebauten Stimmung.
und folgte der hinterdrein strömenden Menge nach Draußen
- draußen (klein)

Ich kann es schwer verhehlen, diese Geschichte hat mir leider nicht gefallen.

Trotzdem einen lieben Gruß, sim

 

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