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Schattenbilder

Seniors
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21.04.2015
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Schattenbilder

Dämmerung legt sich über den Verkaufsraum, als die Frau meinen Laden betritt. Jede ihrer Bewegungen scheint der Umgebung Licht zu entziehen, bis die Regale im Halbdunkel versinken. Ihr dunkles Haar fällt in schweren Locken über die Schultern, der fein geschwungene Lidstrich betont die mandelförmigen Augen, die aufmerksam den Raum abtasten. Sie erinnert mich an eine dieser klassischen Schönheiten auf Filmplakaten mit dem akkurat aufgetragenen dunkelroten Lippenstift und dem eng sitzenden Abendkleid. Sie lässt den Blick über die Fotografien und Apparate gleiten, hin und wieder streicht sie mit der fein manikürten Hand über Objektive oder Bilderrahmen.
Einige Männer im Raum beobachten die Frau verstohlen zwischen den Regalen hindurch, versuchen ihr Interesse zu verbergen, doch ich kann sehen, wie sie verstohlen die Position wechseln, um eine bessere Sicht auf die Fremde zu erhaschen. Ich habe noch nie einen Raum betreten und die Aufmerksamkeit auf mich gezogen, mir macht es Angst, wenn zu viele Menschen mich ansehen. Doch die Frau begegnet unseren Blicken mit einem Lächeln, das verrät, dass sie Situationen wie diese gewohnt ist.
Fasziniert mustere ich sie, die aufrechte Haltung, die zierlichen Schultern und den leicht zur Seite geneigten Kopf. Frauen wie sie sind mir ein Rätsel, ihre Eleganz schüchtert mich ein. Ich sehe an mir herunter und schäme mich für die abgewetzte Jeans und den fusseligen Pullover.
„Gehört Ihnen der Laden?“ Ihre dunklen Augen erinnern mich an tiefe Brunnen.
„Ja, richtig, das …“ Ich breite die Arme aus, lasse sie aber sofort wieder fallen und verschränke sie vor der Brust. „Das ist mein Geschäft.“
Sie zwinkert mir zu. „Schön haben Sie es hier.“ Ihre tiefe Stimme legt sich um mich wie schwarzer Samt.
Sie sieht zu den Fotografien hinüber, nimmt sich Zeit für jedes Bild, bevor sie sagt: „Sie haben ein gutes Auge.“
„Danke, das ist … Ich habe schon immer …“ Sie betrachtet mich aufmerksam, ihren Blick auf meine Lippen geheftet. Ich streiche mir eine Haarsträhne aus der Stirn und schaffe es schließlich, ein „Danke, das ist nett von Ihnen“ hervorzustoßen. Blut schießt mir in die Wangen und ich senke den Kopf, tue so, als durchsuche ich die Aufträge auf meinem Tisch, um die Hitze im Gesicht wieder unter Kontrolle zu bekommen.
„Haben Sie morgen schon etwas vor?“
Ruckartig hebe ich den Kopf. „Morgen? Ich … Nein, also, ich bin hier im Laden, aber ich könnte natürlich in der Mittagspause …“
Sie zwinkert mir erneut zu und senkt ihre Stimme. „Ich möchte Bilder von mir anfertigen lassen, die etwas … Nun, sagen wir, intim sind. Deshalb ist es mir wichtig, dass sie eine Frau macht. Eine andere Sichtweise, Sie verstehen?“
Mein Blick schießt durch den Raum. Die Männer im Laden halten Kameras in der Hand, starren auf sie herunter oder sehen sich betont entspannt im Verkaufsraum um. Die Fremde lehnt sich zu mir über die Theke, verdreht die Augen und zuckt mit den Schultern.
„Als hätten die noch nie eine nackte Frau gesehen, was?“, flüstert sie. Zwischen uns fängt die Luft an zu vibrieren, ich fühle mich mit ihr verbunden, ganz unvermittelt und intensiv. Der Boden schwankt, ich halte mich an der Tischkante fest und nicke ihr zu.
„Sie können morgen Vormittag vorbeikommen, sagen wir, gegen elf?“
„Perfekt.“
Sie legt ihre Hände auf die Theke. Ich betrachte die helle Haut, die schmalen Finger. Kein Schmuck, nur dunkelroter Nagellack, sorgfältig aufgetragen. Die Außenseite ihrer rechten Hand liegt ganz nah neben meiner.
„Ich hätte da noch eine Bitte“, sagt sie.
Ich blicke fragend auf.
„Es ist sicher ein wenig ungewöhnlich, aber ich sage es einfach frei heraus: Ich möchte gerne mit dieser Kamera von Ihnen fotografiert werden.“
Die Frau zieht eine Polaroidkamera aus ihrer Tasche und legt sie vor mir auf die Theke. Ich nehme sie in die Hand, begutachte sie. Das Plastik ist kalt und klebrig, widerwillig sehe ich mir das Gerät noch ein paar Sekunden länger an, obwohl ein leiser Ekel in mir aufsteigt.
„Das … Sind Sie sicher? Das ist ein ziemlich altes Gerät.“ Ich lege die Kamera auf den Tresen und wische mir die Hände an der Hose ab. „Die Filme sind schwer zu bekommen, mal ganz abgesehen von der Qualität, da gibt es …“
„Die Qualität ist besser als jede andere“, fällt sie mir ins Wort. Ihre Stimme hat plötzlich einen kalten Schneid, der mich zusammenzucken lässt.
„Verzeihen Sie.“ Sie schüttelt den Kopf, den Blick auf die Kamera gerichtet. „Es ist ein Erbstück meiner Mutter. Sie … Vor ein paar Jahren, da …“
Ihre Augen werden glasig. Erschrocken suche ich nach Taschentüchern, finde schließlich eine Packung neben der Kasse und reiche sie ihr. Sie tupft sich vorsichtig die Augenwinkel ab und sieht zu mir auf. Ihr Lächeln wirkt gebrochen.
„Ihr Tod war ein Schock für mich. Ich sollte es so langsam verarbeitet haben, aber es kämpft sich immer wieder seinen Weg nach oben. Gerne in den unmöglichsten Momenten.“
Ich lege meine Hand auf ihre. Sie ist weich und kühl. „Ich verstehe, was Sie meinen.“
Sie nickt und flüstert: „Ich weiß.“
Ich ziehe die Hand zurück und schlucke. „In Ordnung“, sage ich. „Ich kann diese Kamera benutzen, wenn Sie möchten. Der Preis für die Aufnahmen richtet sich dann entsprechend danach, wie lange wir brauchen.“
Ich bemühe mich, professionell zu klingen.
„Danke.“ Sie lächelt mich an. „Bis morgen.“
Die Frau dreht sich um und verlässt den Laden. Durch die Schaufensterscheibe verfolge ich ihre grazil schwingende Silhouette, bis sie sich am Ende der Straße zwischen den Menschen verliert. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie mir ihren Namen nicht genannt hat.

Der Schlüsselbund fällt klirrend auf den alten Dielenboden. Ich bücke mich danach und lasse ihn kopfschüttelnd in die Schale fallen, die auf der kleinen Kommode links neben der Tür steht. Links. Nicht rechts. Rechts war früher. Rechts war in der anderen Wohnung. Die, in der seine dunklen Umrisse schon auf mich warteten, als ich den Flur betrat. Regungslos saß er am Küchentisch. Das Licht machte er immer erst an, wenn ein paar Sekunden Dunkelheit vergangen waren, um mich mit toten Augen anzustarren.
In der neuen Wohnung kann man vom Flur aus nicht in die Küche sehen. Ich muss erst ein paar Schritte gehen, die zweite Tür links führt hinein, sie schleift leicht über den Boden, weil der Rahmen verzogen ist. Die Vermieterin sagte mir, das könne man richten, aber das will ich gar nicht. Ich genieße das Schleifen, die knarzenden Holzdielen, die Wände, die beim Bohren zerbröseln, wenn ich nicht aufpasse. Die Wohnung ist alt, sie ist warm, ich kann barfuß durch den Flur laufen, ohne zu zittern. Ohne die Kälte zu spüren, die von unten meinen Körper hinaufkroch, wenn ich die Fliesen im Flur entlanglief, um nach ihm zu sehen.
Meine Hände fangen an zu zittern, ich fahre mir durch die Haare und atme tief durch. Ich streife die Schuhe von den Füßen und gehe durch das Wohnzimmer hinaus auf den Balkon. Von oben dringen die Stimmen der beiden Studentinnen zu mir herunter, die über einen ihrer Professoren herziehen, unter mir gießt die alte Dame mit den bunten Kleidern ihre Blumen. Ich lausche dem Plätschern des Wassers, den plappernden Stimmen der beiden Frauen, lehne mich an die Wand und schließe die Augen.

Seine Stimme hallt dunkel zwischen den Bäumen wider. Ich drehe mich im Kreis, suche hinter den Stämmen nach seiner hageren Figur, aber da ist nur feiner Nebel in dem dreckigen Zwielicht, das mich umgibt.
„Fassen Sie mich nicht an!“, brüllt er.
Ich stolpere über den von Wurzeln zerfressenen Boden, meine Wangen sind nass, ich muss ihn finden, ihn in den Arm nehmen, renne von Baum zu Baum, doch dahinter empfängt mich immer nur quälende Leere.
„Was machen Sie in meiner Wohnung?“
Seine Stimme zittert vor Angst, mein Herz vor Verzweiflung. Ich will nach ihm rufen, aber meine Lippen kleben aneinander fest, ich kann den Mund nicht öffnen, ich taste mit der Hand danach, aber da ist nur glatte, kalte Haut. Um mich herum wird es dunkler, die Äste der Bäume wachsen, greifen um sich, schlängeln sich um meine Füße.
Plötzlich sehe ich sein Gesicht, es schwebt zwischen den Stämmen, neigt sich sachte von links nach rechts. Die Falten um seine Augen sind tief in die Haut eingegraben, ich strecke die Hand nach ihm aus, will mit den Fingerspitzen an seinem Gesicht entlangfahren. Sein Blick liegt schwer auf mir, Erkennen flimmert über die Netzhaut. Er lächelt.
„Du siehst deiner Mutter so ähnlich.“
Ich versinke im schlammigen Boden, während sich die Äste immer enger um meinen Körper schlingen. Zischend sauge ich Luft durch die Nase ein, aber sie ist stickig, sie reicht nicht aus. Um mich herum wanken die Bäume, ich falle nach vorne, mit dem Gesicht im Matsch strample ich, versuche wieder aufzustehen, aber die Wurzeln halten mich fest. Erde dringt mir in die Nase, in die Ohren, die Dunkelheit, sie kommt von der Seite, von oben, immer näher, bis sie mich –

Keuchend fahre ich aus den Kissen hoch und japse nach Luft. Durch die halb heruntergelassenen Rollläden malt das Mondlicht kleine Kreise auf die Bettdecke. Ich wische mir über die Stirn und starre auf die schweißnasse Hand. Zupfe an dem T-Shirt, das mir am Rücken klebt.
Ich habe gedacht, ich hätte es geschafft. Drei Monate ohne Träume. Doch jetzt, jetzt schwebt sein Gesicht wieder vor mir, die zornigen Augen brennen mir ein Loch in den Bauch. Seine Stimme hallt noch immer durch den Raum, als versuche er, aus dem Traum zu mir ins Bett zu kriechen.
Ich ziehe mir eine Strickjacke über und gehe hinaus auf den Balkon. Der erste Zug der Zigarette legt sich neblig auf meine Lungen, ich spüre, wie mein Herzschlag langsam wieder zur Ruhe kommt.
Warum jetzt? Die Psychologin hat erst vor ein paar Tagen gesagt, ich mache große Fortschritte. Mir fallen ihre genauen Worte nicht mehr ein, aber ich erinnere mich an ihre aufmunternden Augen ...
Ich betrachte die Hausdächer, die der Mond mit silbrigem Licht übergießt. Mein Blick wandert die fremden Balkone entlang, ich stelle mir vor, wer wohl dort drüben wohnt, was er oder sie gerade träumt. Plötzlich sehe ich sie. Schräg gegenüber, auf einem der Balkone des Altbaus an der Ecke, steht eine schwarze Gestalt. Ich kann ihr Gesicht nicht erkennen, aber ich spüre, dass sie mich ansieht. Mich fixiert wie das Raubtier die Beute. Langsam hebt sie die Arme und hält etwas vor ihr Gesicht. Mein Puls rast, zitternd drücke ich die Zigarette aus und schlüpfe zurück in die Wohnung. Ich traue mich kaum, erneut hinüberzusehen. Versteckt hinter der Gardine spähe ich aus dem Fenster, doch die schemenhafte Gestalt ist verschwunden.

Die Ladenglocke klingelt. Mein Herz macht einen Satz, ich blicke zur Tür und halte den Atem an. Eine ältere Dame betritt das Geschäft.
Sie lächelt mich an und fragt: „Haben Sie Fotoalben?“
„Sicher. Dort hinten im Regal, neben den Bilderrahmen.“
Die Dame nickt mir zu und geht mit kleinen Schritten durch den Laden. Sie bleibt vor dem Regal mit den Fotoalben stehen, überlegt eine Weile und zieht schließlich eins heraus, um es eingehend zu betrachten.
Ich überlasse sie ihrem Auswahlverfahren und widme mich den wenigen offenen Rechnungen, die vor mir liegen. Immer wieder drifte ich davon. Mein Blick huscht zu der Uhr, die über der Tür hängt. Fünf vor elf. In meinem Bauch rumort es, wenn ich an die fremde Frau denke. Ich kann es kaum erwarten, sie eintreten zu sehen, die feinen Bewegungen zu verfolgen, ihr Lächeln mein Gesicht streicheln zu lassen.
Schwere Augenlider erinnern mich immer wieder daran, dass ich kaum geschlafen habe, aber der Gedanke an den Termin mit der Unbekannten verscheucht die Bilder der letzten Nacht. Wie Schatten sitzen sie in meinem Nacken, warten darauf, dass ich mich zu ihnen umdrehe. Doch ich richte den Blick nach vorn, verfolge den Zeiger der Uhr. Noch zwei Minuten. Ob ich bei der nächsten Sitzung davon erzählen soll? Dem Traum, der Gestalt auf dem Balkon?
Das Klingeln der Ladentür holt mich zurück ins Jetzt. Da steht sie im Gegenlicht der Sonne. Schwarzer Kaschmirpullover, enganliegende Jeans und glänzende, knallrote Pumps. Ich schäme mich für den Versuch, in meinem blauen Blusenkleid schick aussehen zu wollen.
„Hallo“, sie winkt mir zu und kommt näher. „Süßes Kleid.“
„Danke“, bringe ich hervor und räume die Rechnungen zusammen.
„Machen Sie das ruhig zu Ende, ich habe Zeit.“
„Nein, das …“ Ich schiebe den Stapel Blätter zur Seite. „Das kann warten. Wollen wir?“
„Entschuldigen Sie bitte?“, krächzt es plötzlich von der Seite. Die ältere Dame steht mit einem Album unter dem Arm neben dem Verkaufstresen und mustert die Fremde eingehend. Ihr Blick wird dabei immer misstrauischer. Sie legt das Buch auf die Theke und nestelt in ihrer Tasche. „Ich möchte das bezahlen, bitte.“
Ich scanne das Fotoalbum ein. Bevor ich der Dame den Preis nennen kann, schiebt sie mir das Geld zu. Ihre Hand zittert.
„Behalten Sie den Rest“, flüstert sie, greift nach dem Album und verlässt den Laden.
„Ich scheine der Dame nicht besonders gefallen zu haben“, sagt die Fremde und verschränkt die Arme vor der Brust. „Muss an den Schuhen liegen.“
Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen und zucke mit den Schultern. „Vielleicht auch am Lippenstift.“
Sie lacht. Ein dunkles, warmes Lachen.
„Kommen Sie“, sage ich und führe sie in den Raum, in dem ich meine Aufnahmen mache.

Während sie sich langsam die Kleidung vom Leib streift, muss ich mich dazu zwingen, sie nicht anzustarren. Ich halte die Polaroidkamera in der Hand und tue so, als würde ich sie genau inspizieren. Es sticht im Innern, aus dem Augenwinkel den Schwung ihrer Hüften wahrzunehmen, die Linien des Körpers, die so fließend ineinander übergehen. Ich denke an die kleinen Polster auf meiner Hüfte und zupfe das Kleid zurecht. Als ich aufsehe, beobachtet sie mich.
„Sie sind sehr hübsch“, sagt sie leise.
Ich schlucke.
„Entschuldigung, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten“, fügt sie hinzu und lässt ihren BH fallen.
„Nein, schon okay, ich schätze … Ich sehe mich einfach anders.“
„Wie denn?“
„Schuldig“, platzt es aus mir heraus. Verwirrt schaue ich die Fremde an und schüttle den Kopf. „Ich meine …“ Krampfhaft suche ich nach Worten.
„Schon gut“, beruhigt sie mich. Ihre Augen funkeln. „Fangen wir einfach an.“
Ich gebe ihr Anweisungen, versuche mich nur auf diesen Moment zu konzentrieren. Die Kamera wiegt schwer in meinen Händen, sie klebt an meiner Haut. Widerwillig halte ich sie vors Gesicht und suche den perfekten Winkel, den besten Ausschnitt für das Bild.
„Wissen Sie, warum ich diese Kamera so mag?“, fragt mich die Fremde.
„Ich dachte, wegen Ihrer Mutter …“
„Sicher, das auch“, winkt sie ab. „Aber besonders deshalb, weil man sie nicht austricksen kann. Keine verstellbare Schärfe, kein Retuschieren – sie fängt dich so ein, wie du bist.“ Dabei fixiert sie mich und nickt.
Ich verstecke mich hinter der Kamera und drücke ab. Surrend schiebt sich das Polaroid durch den Schlitz des Geräts. Plötzlich wird mir übel. Ich lehne mich an die Wand hinter mir und atme tief durch.
„Stimmt was nicht?“, fragt sie.
„Alles in Ordnung“, erwidere ich und ziehe das Bild vorsichtig heraus. Auf dem milchigen Weiß der Oberfläche bilden sich langsam die Konturen der Frau heraus. Ihre helle Haut leuchtet vor dem dunklen Hintergrund, den sie ausgesucht hat. Die langen Haare fallen sanft über die Schultern und bedecken ihre Brüste. Fasziniert beobachte ich, wie die Details des Körpers zum Vorschein kommen, ganz klein nur, aber trotzdem sichtbar. Mein Blick bleibt an ihren Händen hängen. Die Finger sind dunkel verfärbt.
„Ist es nicht gut geworden?“, fragt sie.
„Doch, es ist nur …“ Ich sehe mich im Raum um. „Ich glaube, da fällt ein Schatten von irgendwo … Nicht bewegen, bitte. Ich stelle das Licht noch einmal genauer ein.“
Sie verfolgt jede meiner Bewegungen. „Sagen Sie, führen Sie den Laden ganz allein? Oder gibt es einen Mann, der Sie unterstützt?“
Ich hasse sie für diese Frage und schüttle den Kopf. „Nur ich.“
„Haben Sie das Geschäft von Ihren Eltern übernommen?“
„Meinem Vater“, presse ich hervor. Ich schiebe den rechten Scheinwerfer ein Stück nach hinten und trete zurück. „Probieren wir es noch einmal.“
Sie nickt und nimmt ihre Pose wieder ein. Als ich abdrücke, fährt ein Stromschlag durch meinen Finger und schießt durch meinen Unterarm. Ich zucke zusammen, die Kamera entgleitet meinen Händen, meine Arme schnellen nach vorne, um sie gerade noch aufzufangen, bevor sie auf den Boden fällt. Schlagartig überrollt mich erneut die Übelkeit und ich muss mich an der Wand abstützen.
„Was haben Sie denn?“
Die Fremde kommt auf mich zu, geschmeidig wie eine Katze, und legt die Hand auf meine Schulter. Ihre nackte Haut strahlt Hitze aus, Schweiß bildet sich in meinem Nacken, ich halte mir den Bauch und drehe mich zur Seite, weg von ihr.
„Es geht schon, ich brauche nur einen Schluck Wasser.“
„Wo ist die Toilette?“
„Nein, lassen Sie nur, ich kann das selbst …“
„Sie bleiben hier und holen tief Luft. Wo ist sie?“
„Den Gang entlang, die erste Tür links.“
Sie zieht sich den Pullover über, schlüpft in ihren Slip und verschwindet. Ich höre ihre barfüßigen Schritte auf den Fliesen, das Rauschen des Wassers, und sehne mich danach, sie wieder auf mich zukommen zu sehen. Als sie schließlich im Gang erscheint, in der Hand ein Glas Wasser, zerbricht etwas in mir und ich rutsche an der Wand hinunter. Sie sieht ein paar Sekunden auf mich herab, dann setzt sie sich zu mir auf den Boden.
„Stehen Sie auf, der Boden ist viel zu kalt“, sage ich und versuche, wieder auf die Beine zu kommen.
Sie legt die Hand auf meinen Arm und drückt mich nach unten. „Mir ist nie kalt.“

Wir sitzen uns gegenüber, hinter uns die Scheinwerfer, neben uns die Kamera, die die Szene still beobachtet. Das Polaroid hängt noch immer im Schlitz fest. Ich ziehe es heraus und spüre erneut meinen Magen flattern. Dieses Mal sind es nicht nur die Hände. Von den Füßen kriecht eine dunkle Masse an der Fremden hinauf, ihr Körper ist mit schwarzen Flecken übersät.
„Was zum …?“
Bevor ich den Satz zu Ende bringen kann, blitzt es vor meinen Augen. Ich halte mir die Hand vors Gesicht und blinzle, während sich meine Augen langsam von dem grellen Licht erholen. Die Fremde lässt die Kamera sinken.
„Sie sind fotogen“, sagt sie und legt das Bild neben sich auf den Boden. „Es sind Ihre Augen. So viel Schmerz.“ Sie leckt sich über die Lippen.
„Wer sind Sie?“, frage ich.
„Jemand, der Ihnen helfen will.“
Ich will aufspringen und wegrennen. So viel Abstand wie möglich zwischen mich und diese Frau bringen. Aber etwas hält mich fest. Zieht mich zur ihr, sehnt sich nach der Nähe dieser Fremden, dem dunklen Blick, mit dem sie in mich hinein sieht.
„Sie kennen mich doch gar nicht.“
„Wissen Sie“, sagt sie lächelnd und steht auf. Das Bild von mir nimmt sie mit. „Ich kenne die Menschen. Ich sehe, wenn jemand den Schmerz nicht mehr ertragen kann. Es ist fast wie …“ Sie wedelt theatralisch mit der Hand in der Luft, bevor sie in ihre Handtasche greift und sich eine Zigarette ansteckt. „… wie eine Gabe.“
Ich starre sie an, sehe sie nackt, obwohl sie es nicht mehr ist. Nackt, übersät mit schwarzen Flecken. Ich kneife die Augen zusammen. „Was ist hier los?“
„Wir unterhalten uns ein bisschen. Wie zwei alte Freundinnen. Hatten Sie dieses Gefühl nicht auch, als wir uns das erste Mal sahen? Diese …“ Sie spitzt die roten Lippen, schmatzt, als würde sie die Luft kosten. „Diese Verbindung.“
Ich fühle mich durchschaut. Erneut will ich mich aufrappeln und flüchten. Doch ihr Gesicht, die Art, wie sie mich ansieht … Sie ist so schön. Sie nimmt mich wahr. Sie –
„Wo ist dein Vater?“, fragt sie plötzlich. Sie lässt sich vor mir auf den Boden gleiten und legt ihre Hand auf meine.
„Im Krankenhaus“, sage ich. Mein Mund formt die Worte von alleine. Sie kommen aus meinem Bauch, von tief unten, ich kann sie nicht festhalten. „In der psychiatrischen Abteilung.“
„Weil du ihn die Treppe hinuntergestoßen hast?“
„Was? Ich habe nicht … Woher …? Nein, das stimmt nicht, das war ein Unfall!“
„Warum zerfrisst dich dann das schlechte Gewissen, meine Liebe?“ Genüsslich zieht die Fremde an der Zigarette, ihre Augen glänzen hinter dem feinen Rauch, der vor ihrem Gesicht aufsteigt.
„Wie können Sie sowas sagen? Wie können Sie mich einfach verurteilen?“, schluchze ich.
Sie lacht. „Ich bin bestimmt die Letzte, die dich verurteilt. Ich will, dass du loslässt. Vertrau mir.“
Sie rutscht noch ein Stück näher, eine Haarsträhne fällt über ihre Schulter und berührt mich am Arm.
„Ich konnte es einfach nicht mehr“, höre ich mich sagen. „Meine Mutter, sie hat uns verlassen, als es losging. Sie hat es nicht ertragen, von ihm vergessen zu werden. Ich habe sie gehasst damals, aber jetzt verstehe ich es.“
„Du hast dich um ihn gekümmert, richtig? Du allein.“
Ich nicke und wische die Tränen weg. „Es fing harmlos an. Ein vergessenes Wort, ein entfallener Name. Dann hat er den Weg nach Hause nicht mehr gefunden. Und schließlich ist er auf mich losgegangen, als ich ihn eines Morgens für die Arbeit aufwecken wollte.“
„Wie fühlt es sich an, wenn ein geliebter Mensch dich ansieht und nicht mehr erkennt?“
Fassungslos starre ich die Fremde an. „Macht Ihnen das Spaß?“
„Spaß ist das falsche Wort.“
Sie holt das Polaroid von mir hervor und betrachtet es. Ihre Mundwinkel zucken, als sie mich ansieht.
„Willst du es sehen?“
Ich nicke. Sie hält mir das Bild vors Gesicht. Vor dem gräulichen Hintergrund der Wand blickt mir mein erschrockenes Ich entgegen. Ich sehe furchtbar aus. Dunkle Augenringe verunstalten mein Gesicht, die fahle Haut wirkt durchsichtig. Aus meinen Augen kriecht mir die Trauer entgegen, die Wut, die seit Wochen in mir brodelt. Dann sehe ich es. Hinter mir kräuselt sich schwarzer Rauch an den Schultern entlang, den Nacken hinauf, und verschwindet hinter meinem Kopf.
„Was ist das?“ Mein Finger zittert, als ich auf das Bild tippe.
„Ich glaube, das weißt du.“
Ich schlage ihr das Foto aus der Hand. „Verschwinden Sie!“ Ich springe auf, kämpfe gegen den Schwindel an und gegen den Sog, der von der Fremden ausgeht, und taumle Richtung Verkaufsraum.
„Was, wenn ich dafür sorgen kann, dass dein Vater dich wieder erkennt?“
Ich drehe mich um, stürme auf sie zu und packe sie am Arm.
„Wieso tun Sie das? Was habe ich Ihnen denn getan? Ich dachte, Sie …“
„Was dachtest du? Dass wir Freundinnen werden können?“
Ich senke den Kopf. Schäme mich so sehr, dass ich das Gefühl habe, ihr nie wieder in die Augen sehen zu können.
„Das können wir“, flüstert sie. Wir stehen uns ganz nah gegenüber, ich spüre ihren Atem an meinem Hals. „Du kannst endlich glücklich sein. Den Laden mit deinem Vater weiterführen. Du selbst sein, einen Mann kennenlernen.“
Ich sehe zu ihr auf.
„Oder was auch immer du willst“, fügt sie hinzu und streicht mir über die Wange.
„Aber mein Vater ist krank.“
„Nicht mehr lange.“
„Er wird so wütend auf mich sein.“
„Nicht, wenn er sich nicht mehr daran erinnern kann, was du getan hast.“
Ich hänge an ihren Lippen, kann nicht mehr klar denken, die Aussicht darauf, meinem Vater in die Augen zu sehen, zu spüren, dass er weiß, wer ich bin, lässt in meinem Innern tausend kleine Lichter angehen.
„Sie können wirklich dafür sorgen, dass …?“
„Noch heute Abend – nennen wir es ein kleines medizinisches Wunder.“
„Warum tun Sie das für mich?“
„Sagen wir, weil ich mir für die Zukunft eine gute Zusammenarbeit mit dir erhoffe.“
„Ich verstehe nicht. Was kann ich denn für Sie tun?“
Sie reicht mir die Kamera. „Halte die Augen für mich offen. Wenn du jemanden entdeckst, rufst du mich an.“ Sie zieht eine Visitenkarte aus der Hosentasche und gibt sie mir. Verwirrt halte ich das Gerät in meinen Händen, die kleinen Härchen an meinen Unterarmen stellen sich auf.
Sie hält mir erneut das Polaroid vors Gesicht, das sie von mir gemacht hat. „Du wirst schon wissen, wenn es so weit ist. Sie wird dir dabei helfen.“
„Die Kamera?“
Sie nickt und sieht mich erwartungsvoll an.
„Das ist alles?“, frage ich.
„Nicht ganz. Wir zwei …“. Sie beugt sich zu mir, ihre Lippen berühren mein Ohr. „… wir sind untrennbar miteinander verbunden, wenn du den Vorschlag annimmst. Für immer.“
Die Worte hallen in meinem Kopf nach. Ich will sie festhalten, sie mir genau ansehen, denn ich spüre die Dunkelheit, die von ihnen ausgeht. Aber der Gedanke an meinen Vater nimmt mir die Sicht.
Sie tritt einen Schritt zurück und hält mir die Hand hin, ihre feingliedrige Hand mit dem blutroten Nagellack. Ich greife danach, erwidere den Druck und spüre ihre Hitze durch mich hindurchfahren.
„Bis bald“, sagt sie und haucht mir einen Kuss auf die Wange.
Sie klemmt sich die Handtasche unter den Arm, wirft mir einen letzten Blick zu und verlässt den Raum. Ich folge ihr in den Laden, sehe ihr nach, als sie auf die Straße hinaustritt und davonschlendert.
Die Visitenkarte zwischen meinen Fingern wellt sich. Sie ist schwarz, umrandet von einer feinen roten Linie. Das Papier fühlt sich staubig an. Ich suche nach einem Namen, drehe die Karte um, finde nur eine Handynummer am unteren rechten Rand der Rückseite. Ich wende die Karte erneut. Nichts.

Der Tag versinkt im Nebel. Ich drifte durch den Laden, räume Regale auf und bediene Kunden durch eine Milchglasscheibe, höre ihre Stimmen nur gedämpft. Immer wieder taucht die Fremde vor mir auf, leckt sich über die Lippen und streicht mir über die Wange.
Erst als draußen die Abendsonne die Straßen rot färbt, komme ich langsam wieder zu mir. Der letzte Kunde verlässt gerade den Laden, ich folge ihm, um die Tür abzuschließen, da klingelt das Telefon. Ich nehme ab und presse den Hörer ans Ohr.
„Frau Reichert?“
„Ja?“
„Hier ist Bettina Kimmel vom Marienkrankenhaus. Sie müssen dringend herkommen!“
„Was ist –?“
„Ihr Vater“, unterbricht sie mich. „Er fragt nach Ihnen. Er weiß plötzlich wieder Dinge, es ist nicht zu fassen …“
Die Stimme der Krankenschwester überschlägt sich. Sie spricht von einem medizinischen Wunder.
Ich weiß es besser.

 
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Liebe RinaWu,

Fantasy und Horror. Wie schön. :thumbsup:

Habe nur nicht so viel Zeit, verschwinde bald für einige Tage ins Zwielicht, daher jetzt nur ganz kurz.

Dämmerung legt sich über den Verkaufsraum, als sie meinen Laden betritt. Jede ihrer Bewegungen scheint der Umgebung einen Funken Helligkeit zu entziehen, bis die Regale im Zwielicht versinken. Ihr dunkles Haar fällt in schweren Locken über die Schultern, der fein geschwungene Lidstrich und der zum Abendkleid passende dunkelrote Lippenstift verleihen ihr das Aussehen einer Filmdiva aus vergangener Zeit.
Ich finde, du führst schon ziemlich stark das Thema ein. Das könnte man m.E. ein wenig subtiler gestalten.

Sein Blick liegt schwer auf mir, Erkennen flimmert über die Netzhaut.
Das habe ich nicht verstanden. „Erkennen flimmert über die Netzhaut.“

Ich drücke die Zigarette aus und betrachte die Hausdächer, die der Mond mit silbrigem Licht übergießt. Mein Blick wandert die fremden Balkone entlang, ich stelle mir vor, wer wohl dort drüben wohnt, was er oder sie gerade träumt. Plötzlich sehe ich sie. Schräg gegenüber, auf einem der Balkone des Altbaus an der Ecke, steht eine schwarze Gestalt. Ich kann ihr Gesicht nicht erkennen, aber ich spüre, dass sie mich ansieht. Mich fixiert wie das Raubtier die Beute. Langsam hebt sie die Arme und hält etwas vor ihr Gesicht. Mein Puls rast, zitternd drücke ich die Zigarette aus
Hat sie die Zigarette an beiden Enden angezündet? :D

Das Ende ... Ich weiß nicht ...
Mir persönlich hätte es besser gefallen - anstatt des Anrufes - man sieht nur, wie sie ihren nächsten Kunden im Studio mit der alten Polaroid fotografiert.

Bis später.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
GoMusic

EDIT: Ich vergaß zu sagen, dass mir die Geschichte wirklich gut gefallen hat.:)

 
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Hallo RinaWu,
Ich schreibe mal beim Lesen mit.

Dämmerung legt sich über den Verkaufsraum, als sie meinen Laden betritt

Wenn man nicht aufmerksam liest, könnte man glauben, die Dämmerung betritt den Raum. Ist das Absicht?

Ihr dunkles Haar fällt in schweren Locken über die Schultern, der fein geschwungene Lidstrich und der zum Abendkleid passende dunkelrote Lippenstift verleihen ihr das Aussehen einer Filmdiva aus vergangener Zeit.
Schöne Stelle.

Ihre Stimme hat plötzlich einen kalten Schneid, der mich zusammenzucken lässt.
Meinst du damit, dass sie lauter redet oder tiefer? Schneid ist halt so ein allgemeiner Begriff.

Schräg gegenüber, auf einem der Balkone des Altbaus an der Ecke, steht eine schwarze Gestalt. Ich kann ihr Gesicht nicht erkennen, aber ich spüre, dass sie mich ansieht. Mich fixiert wie das Raubtier die Beute. Langsam hebt sie die Arme und hält etwas vor ihr Gesicht. Mein Puls rast, zitternd drücke ich die Zigarette aus und schlüpfe durch die Balkontür zurück

Wenn ich mitten in der Nacht aufwachen und draußen eine Gestalt sehe, würde ich nicht sofort Panik kriegen. Ich würde mir denken, dass ich mir das eingebildet habe. Es ist immerhin mitten in der Nacht und ich bin schlaftrunken.
Ihr Körper ist makellos.

Beschreibe doch hier ihren Körper und lass mich beurteilen, ob sie makellos ist. Wie ich lese, beschreibst du ein wenig später ihren Körper. Warum beschreibst du es nicht sofort?

„Noch heute Abend – nennen wir es ein kleines medizinisches Wunder.“
„Warum tun Sie das für mich?“
„Sagen wir, weil ich mir für die Zukunft eine gute
Zusammenarbeit mit dir erhoffe.“
Hä? Warum entwickelt sich das jetzt in Richtung Faust? Ich habe das Gefühl, dass diese Sache mit dem Pakt nicht zum Anfang (Der Typ sieht nachts ein Monster etc.) passt.

Alsooo...
Ich fand, dass deine Sprache wirklich sehr schön ist. Die hat mich auch am ehesten gefesselt. Besonders schön ist die Charakterisierung der fremden Frau. Dein prot bleibt, finde ich, aber nur eindimensional.
Ich fand deine Geschichte nicht gruselig. Tut mir leid. Vielleicht bin ich diesen krassen Creepypastas gewohnt und möchte mehr Gore bei einer Gruselgeschichte sehen.

Trotzdem gerne gelesen.
LG,
alexei

PS. Yeah, Kommentarzähler ist jetzt bei hundert.

 
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Lieber GoMusic,

danke, dass du vorbeigeschaut hast, obwohl deine Zeit gerade knapp ist.

Ich finde, du führst schon ziemlich stark das Thema ein. Das könnte man m.E. ein wenig subtiler gestalten.
Ja, es stimmt, da trage ich dick auf. Wollte bei dieser Geschichte mal wieder ein bisschen mehr auf die K**** hauen :) Prüfe ich aber noch mal auf Reduziermöglichkeiten.

Das habe ich nicht verstanden. „Erkennen flimmert über die Netzhaut.“
Hier wollte ich die Krankheit ihres Vaters andeuten, das Schwanken zwischen Vergessen und plötzlichem Wiedererkennen. Das Erkennen flimmert über die Augen ihres Vaters, als er sie ansieht. Ein Moment des Erinnerns sozusagen.

Hat sie die Zigarette an beiden Enden angezündet?
Ach du liebe Scheiße :lol: Danke für deine Aufmerksamkeit! Ich Schussel. Habe ich gleich geändert.

Das Ende ... Ich weiß nicht ...
Mir persönlich hätte es besser gefallen - anstatt des Anrufes - man sieht nur, wie sie ihren nächsten Kunden im Studio mit der alten Polaroid fotografiert.
Dein Vorschlag ist durchaus auch eine gute Variante, das gebe ich sofort zu. Mit meinem Ende wollte ich diesen bitteren Nachgeschmack durchscheinen lassen, den die Genesung ihres Vaters bei ihr hinterlässt. Aber klar, die andere Variante hat auch ihren Reiz. Das muss ich mal sacken lassen.

Freue mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat. Danke für deine Worte.

Liebe Grüße
RinaWu


Hallo alexei,

Wenn man nicht aufmerksam liest, könnte man glauben, die Dämmerung betritt den Raum. Ist das Absicht?
Aufmerksam lesen sollte man schon ;) Aber auch die andere Deutung kann ich so stehen lassen.

Meinst du damit, dass sie lauter redet oder tiefer? Schneid ist halt so ein allgemeiner Begriff.
Findest du? Ich finde Schneid eigentlich recht klar. Etwas Bestimmtes, Hartes, Klares, das keinen Zweifel zulässt.

Hä? Warum entwickelt sich das jetzt in Richtung Faust? Ich habe das Gefühl, dass diese Sache mit dem Pakt nicht zum Anfang (Der Typ sieht nachts ein Monster etc.) passt.
Die Richtung Faust war von Anfang an mein Hintergrundgedanke. Meine Hauptfigur ist übrigens eine Frau, kein Mann, das wird mehrfach deutlich. Und sie sieht auch kein Monster auf dem Balkon, sondern eine Gestalt (vielleicht die Fremde?). An dieser Stelle kommt es mir so vor, dass du manche Dinge überlesen hast ;)

Ich fand, dass deine Sprache wirklich sehr schön ist.
Danke, das freut mich sehr. Auch, dass dir die Beschreibung der Fremden gut gefallen hat, da liegt mir viel dran. Mit Gore kann ich leider nicht dienen, da hast du recht. Das kann und will ich nicht schreiben ;)

Danke für deinen Kommentar und viele Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu,
zuerst einmal hat mir deine Geschichte wirklich gut gefallen, zumindest bis auf das Ende. Das war mir dann doch zu verwirrend. Eigentlich hast du ja schon vorher geschrieben, dass der Vater gesund wird. Was ich mich jetzt aber frage: Nach was für Typen Mensch soll deine Figur ausschau halten?

Und noch eine Kleinigkeit hat mich irritiert. Du schreibst:

Ich scanne das Fotoalbum ein
Mein erster Gedanke dazu war: Warum scannt sie ein leeres Fotoalbum? Das macht doch keinen Sinn. Ich weiß natürlich nicht, wie es anderen dabei geht, aber für mich wäre es unmissverständlicher, wenn sie den Strichcode des Fotoalbums einscannt.

Aber bis auf dies zwei Punkte hat mir deine KG wirklich gut gefallen. Obwohl schon relativ früh klar war, wie sich die Geschichte in etwa entwickeln würde, hat mich dein Schreibstil wirklich gefesselt und obwohl die Richtung klar war, hatte deine Geschichte für mich weiterhin Spannung. Allerdings muss ich alexei zustimmen, Horror habe ich dort nicht wirklich herauslesen können. Dunkelheit und Düsternis ja, aber kein Horror. Ich bin auch eigentlich kein Horrorfan, von daher hat das bei mir sehr gut gepasst.
LG Scribo

 

Hi RinaWu,

Meine Hauptfigur ist übrigens eineFrau
Als ich den Text gelesen habe, war total unsicher, welches Geschlecht deine prota hat. Weil da eine erotische Atmosphäre zwischen deiner prota und einer Frau aufgebaut wird, hat sich mein heteronormatives Unterbewusstsein wohl dafür entschieden, dass deine prota entgültig ein Mann sein muss. :D
LG,
alexei

 

Hallo RinaWu!

Eine coole Story hast du da geschrieben - ich konnte mich sehr gut in die Handlung und die Personen hineinversetzen. Sie erinnert mich übrigens an eine Geschichte von einem Mr.Smith, der ein Glas Wein haben will.;)

Besonders gut gefällt mir diese laszive, weibliche Erotik, die zwischen deinen beiden Hauptfiguren wie ein elektrischer Funke hin- und herspringt. Sehr gefühlvoll und sexy -ich war fest davon überzeugt, dass die Lady in Schwarz ein Vampir ist.

Neben meinem Lob aber auch ein paar Punkte, die ich zwar nicht so toll fand, jedoch nur Kleinigkeiten sind, die dem Gesamtgenuss deiner Story keinen Abbruch tun:

„… sich selbst zu vergeben, ist nicht einfach …“
„Langsam brechen Sie aus der Rolle aus, die Sie jahrelang –“
„… Krankheit, die niemand hätte aufhalten können.“

Finde ich zu erklärend. Du hast die progressive Demenz ihres Vaters sehr schön mit dem Traum beschrieben - das hier ist unnötiges Telling.

„Wo ist dein Vater?“

Unnötige Frage, da sie doch eh schon alles weiß.

„Du wirst schon wissen, wenn es so weit ist. Sie wird dir dabei helfen.“

Im Gegensatz zum Telling finde ich das jetzt ein bisschen zu kryptisch - soll sie jeden Kunden ihres Ladens erstmal durch ne Polaroidkamera betrachten? Dann landet sie ziemlich schnell im Nebenzimmer ihres Vaters in der Klapse!:D
Außerdem sagst du nicht, was dann weiter ist. Was soll sie dann machen? Einfach nur die Dame anrufen? Ok, man kann das natürlich der Phantasie des Lesers überlassen, was dann passiert - ein kleiner Hinweis hätte mir jedoch ganz gut gefallen.:)

Können wir kurz … Störe ich?“ [...] Können Sie herkommen?

"Hey, Frau Reichert - hier ist das Krankenhaus. Ihr Herr Papa, der mit ner totalen Hirnlöschung in der Klapse sitzt, ist plötzlich so sehr geheilt, dass selbst Jesus neidisch werden würde. Wollte ich ja nur kurz mal sagen. Ich hoffe, dass ich Sie nicht gestört habe. Wenn Sie heute vielleicht nichts zu tun haben und nix in der Glotze läuft, könnten Sie ja auf nen Sprung vorbeikommen."
WTF?! Bei so einer Nachricht fragt das Krankenhaus, ob man stört oder die Tochter vielleicht mal herkommen will?!
Streich das !!!:D

Aber wie gesagt - das waren jetzt nur Kleinigkeiten!!
Ansonsten hat mir die Geschichte ziemlich gut gefallen und ich konnte mich gut hineinversetzen.

Fotografische Grüße vom EISENMANN

 

Hallo Scribo,

schön, dass die Geschichte dir gefallen hat, das freut mich.

Meine Idee war, dass die Frau, die den Laden meiner Protagonistin betritt, eine Art Seelenfängerin ist (das Wort Teufel passt mir hier nicht so recht, vielleicht sehe ich sie eher als eine Art Gehilfin). Sie hat ein feines Gespür für Menschen, die mit viel Schmerz, Schuld oder Wut belastet sind, und nutzt diese Last aus, um diesen Menschen einen Handel vorzuschlagen. Banal gesagt: Abnahme der Last gegen die eigene Seele. In diesem Falle soll meine Protagonistin ihr weitere Seelen liefern (nebst ihrer eigenen), indem sie mithilfe der Kamera das Dunkle erkennt, dass die Menschen belastet.

Das mit dem Strichcode ist ein guter Punkt, danke, das mache ich deutlicher.

Dunkelheit und Düsternis ja, aber kein Horror
Ja, das gute alte "Horror"-Stichwort. Ich stimme dir zu, es ist eher düster, keine Frage. Nur wusste ich nicht, welches Stichwort ich sonst nehmen sollte, um diese Stimmung zu beschreiben, also wählte ich Horror. Aber auch vor dem Hintergrund, dass die Protagonistin sich in einer Situation wiederfindet, bzw. sich Konsequenzen aus diesem Treffen mit der Fremden ergeben, die man vielleicht schon als leisen Horror betrachten könnte.

Viele Grüße
RinaWu

Hi alexei,

sicher, da gibt es eine Spannung zwischen den beiden Figuren, aber deshalb muss die Hauptfigur ja kein Mann sein ;) Und später im Text trägt meine Hauptfigur ein Kleid, da sollte es dann spätestens deutlich geworden sein. Aber stimmt schon, ich verstehe, wenn einem der Kopf da anfangs einen Streich spielt.

Viele Grüße
RinaWu

Hallo lieber Eisenmann,

Sie erinnert mich übrigens an eine Geschichte von einem Mr.Smith, der ein Glas Wein haben will.
Bitte erklär's mir, ich kapier's nicht. Welcher Mr. Smith und was für ein Wein?? :confused:

Besonders gut gefällt mir diese laszive, weibliche Erotik, die zwischen deinen beiden Hauptfiguren wie ein elektrischer Funke hin- und herspringt. Sehr gefühlvoll und sexy
Also das, lieber Eisenmann, made my day! Das meine ich ernst. Erotik ist sehr schwer zu Papier zu bringen, vor allem wenn sie nicht so voll in die Fresse sein soll. Da habe ich mich bisher nie rangetraut, weil ich Angst hatte, jämmerlich zu versagen. Dass bei dir genau das ankam, was ich transportieren wollte, freut mich ungemein! Mir selbst ist das auch schon passiert, also nicht dass ich meine Seele verkauft hätte, aber es gibt Frauen, die haben eine unfassbare Ausstrahlung und man fühlt sich in ihrer Nähe einfach kribbelig, egal ob Mann oder Frau. Jedenfalls habe ich das schon so erlebt, dieses leise Flimmern, das aufkommen kann, ohne dass man direkt übereinander herfällt. Lange Rede, kurzer Sinn, ich freue mich, dass ich das ausdrücken konnte.

Finde ich zu erklärend. Du hast die progressive Demenz ihres Vaters sehr schön mit dem Traum beschrieben - das hier ist unnötiges Telling.
Hast recht, wird gestrichen.

Unnötige Frage, da sie doch eh schon alles weiß.
Einerseits ja, aber andererseits habe ich dem Folgendes entgegenzusetzen: Erstens weiß das doch die Protagonistin noch nicht. Ich kann sie ja nicht einfach losplappern lassen, sondern es muss ja diesen Kehrpunkt geben, dieses Erkennen, dass die Fremde mehr über sie weiß, als sie ahnt. Zweitens wollte ich hier die Veränderung in der Kommunikation zwischen den beiden ausdrücken. Die Fremde duzt sie auf einmal, sie legt die Floskeln ab und wird sehr viel direkter, drängender. Deshalb werde ich die Frage behalten.

Im Gegensatz zum Telling finde ich das jetzt ein bisschen zu kryptisch - soll sie jeden Kunden ihres Ladens erstmal durch ne Polaroidkamera betrachten? Dann landet sie ziemlich schnell im Nebenzimmer ihres Vaters in der Klapse!
:D Okay, das muss ich mir noch mal ansehen. Ich habe meine Idee dazu weiter oben schon bei meinem Kommentar an Scribo erklärt. Ich stelle mir vor, dass man Menschen, die man porträtiert unter Umständen ein wenig näher kennen lernt, ihren Gemütszustand erahnen kann. Die Kamera macht diese Dinge sichtbar, soll der Protagonistin praktisch als Hilfsmittel dienen, um zu sehen, ob die Last, die der Kunde trägt, sichtbar, groß genug ist, um sich möglicherweise mit der Fremden auf einen Handel einzulassen.

Hey, Frau Reichert - hier ist das Krankenhaus. Ihr Herr Papa, der mit ner totalen Hirnlöschung in der Klapse sitzt, ist plötzlich so sehr geheilt, dass selbst Jesus neidisch werden würde. Wollte ich ja nur kurz mal sagen. Ich hoffe, dass ich Sie nicht gestört habe. Wenn Sie heute vielleicht nichts zu tun haben und nix in der Glotze läuft, könnten Sie ja auf nen Sprung vorbeikommen."
:lol::lol: Oh Gott, wie geil. Ja okay, okay, okay, das ändere ich!

Es war mir ein Fest, Eisenmann.
Liebe Grüße
RinaWu

Hallo Berniee,

danke auch dir für deinen Kommentar. Die Fremde sollte so etwas Hypnotisches haben, so eine Ausstrahlung, die gleichzeitig irgendwie unheimlich, aber auch anziehend ist. Freut mich, dass sie dich ebenfalls in ihren Bann ziehen konnte.

Viele Grüße
RinaWu

Meine liebe maria.meerhaba,

Bitch, du hast es ja wirklich gewagt.
Ich gehe davon aus, dass das Fettgedruckte ein besonderer Kosename ist, den du nur Leuten gibst, die du besonders gerne magst. Ja, so erkläre ich mir das.

Ich merke nicht immer, dass eine Szene einer Geschichte ein Traum ist und dann meckere ich und dann sagt der Autor, das war ein Traum, du Trottel, aber bei deiner Geschichte war mir das sofort klar. Das ist eindeutig eine Traumszene.
Cool, das freut mich.

Wenn eine Frau vor mir steht, die supertoll aussieht, da schäme ich mich für mein Dasein irgendwie auch und benehme mich wie ein kleines, verschüchtertes Kind, das keinen Augenkontakt halten kann und viel zu oft auf ihre Brust schaut, obwohl es das nicht will. Also, ja, ich kenne das.
Ich kenne das auch. Und genau so ein Gefühl schwebte mir die ganze Zeit im Kopf herum, wenn es darum ging, die Fremde zu beschreiben. Ich bin eher so Mädchen, also nix mit perfektem Make-Up und passenden Schuhen zum Gürtel und figurbetonte Schnürkleidchen, sondern eher so T-Shirt-Kleid mit Sneakers ;) Und manchmal ertappe ich mich auch dabei, dass solche Vollblutfrauen mich einschüchtern. Und dann ärgere ich mich, weil das doch eigentlich total bescheuert ist, aber es passiert mir trotzdem hin und wieder.
Die zweite Inspiration kommt aus dem Buch, das ich gerade lese. Ich muss es zugeben, ich werde immer davon beeinflusst, was ich gerade lese, selbst wenn ich es manchmal erst im Nachhinein merke. In dem jetzigen Buch gibt es eine Hauptfigur, die mich einfach so krass mitnimmt, die so unfassbar gut beschrieben ist in ihrer Mischung aus Kälte, Reiz, Verletzbarkeit, Stärke und Sinnlichkeit, dass mich das bei dieser Geschichte sicher mit beeinflusst hat.

und beschränkte sich dann nur noch irgendwie auf den Handeln, der für meinen Geschmack zu glatt über die … ach, wieso vergesse ich immer wieder Wörter … liegt vermutlich am Ramadan … sooo … glatt über die …. ach, ich gebs auf … es lief einfach zu glatt.
Die Bühne! Es ging dir zu glatt über die Bühne! Okay, das ist ein Punkt. Für mein Empfinden ist es eher so, dass sie keine Chance hat, dem Bann dieser Frau zu entkommen, aber ich verstehe, wenn das zu einfach ging in deinen Augen. Das muss ich mal sacken lassen, weiß gerade nicht, wie ich das abändern könnte. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Hauptfigur labil ist und sehr empfänglich, vielleicht sogar einsam und verzweifelt auf der Suche nach jemandem, dem sie sich anvertrauen kann.

Stattdessen bleibst du deinem ruhigen Stil treu, baust keinen Konflikt oder so ein, sondern die Geschichte schwillt langsam ab und hat ein unangenehmes Happy-End.
Also ein Monster ... Ehrlich jetzte? Nee, das hätte ich nicht über's Herz gebracht, das hätte wiederum für mein Empfinden alles zerstört. Ich verstehe dennoch deine Erwartungshaltung, wirklich, aber was soll ich sagen, ich bin einfach keine Paukenschlagschreiberin, denke ich. Jedenfalls nicht in diese Richtung. Richtig, es gibt hier keinen großen Knall, keine Wendung, die einem den Atem raubt, das gebe ich zu. Aber es lauert etwas. Dieses Lauern, das wollte ich durchweg halten, dieses Unangenehme im Hintergrund. So ein krasses Ding, so ein Umhauer, das fühle ich hier einfach nicht.

Du bist nicht mutig gewesen.
Ich akzeptiere, dass du das so siehst. Für mich persönlich liegen die Herausforderungen beim Schreiben darin, bestimmte Stimmungen auszuprobieren, Dinge, die ich fühle, ausdrücken zu können. Mich an Beschreibungen ranzutrauen, an die ich mich vor ein paar Monaten nicht rangetraut hätte. Ich taste mich praktisch vorwärts. Wie du geschrieben hast, es ist ein Schritt.

In dieser Geschichte habe ich sehr genau an den beiden Frauen gearbeitet, was da passiert zwischen ihnen, wie diese Anziehung überhaupt zustande kommen, was sie für Folgen haben kann. Ich habe es weiter oben schon erklärt, Horror ist auch ein sehr subjektives Stichwort, für mich passt es hier, aber ich kann auch nachvollziehen, wenn sich dadurch die Erwartungshaltung auch in andere Richtungen entwickelt.

Ich freue mich immer über deine Kommentare, vielen Dank.
Bis bald.
Liebe Grüße
RinaWu

 

Hej RinaWu,

weil ich nicht dazu komme, deinen Roman zu verfolgen, freue ich mich, mal wieder eine Kurzgeschichte von dir zu entdecken.

Plötzlich sehe ich sein Gesicht, es schwebt zwischen den Stämmen, neigt sich sachte von links nach rechts.

- neigt sich sacht - liest sich für mein Empfinden rhythmischer.

Zischend sauge ich Luft durch die Nase ein, aber sie ist stickig, sie ist nicht genug.

'Luft ist nicht genug' klingt ungewohnt und ich denke nach, statt weiterzulesen. Ausreichend, gesättigt fielen mir für die Atmosphäre ein. :shy:

Mein Puls rast, zitternd drücke ich die Zigarette aus und schlüpfe durch die Balkontür zurück in die Wohnung.

In diesem spannenden Moment sehe ich sie durch die geschlossene Balkontür gehen. ;)

Schwarzer Kaschmirpullover, enganliegende Jeans und glänzende, knallrote Pumps.

Ich geh gleich Montag los und Kauf mir das Ensemble, nehme aber doch lieber andere Schuhe. ;)

Sie legt die Hand auf meinen Arm und drückt mich nach unten. „Mir ist nie kalt.“

Aha. Nun regt sich auch in einer horrorungeübten Leserin ein vager Verdacht, während ich schon hin und wieder irritiert bin, zum Beispiel über die Art auf die Kundin, mehr ist sie ja erst mal nicht, zu reagieren. Schöne Haut, lackierte Nägel, hin und her. Aber ehrlich würde mich dieses Gehabe jetzt erst mal nicht sonderlich ansprechen oder gar beunruhigen, welcher Art auch immer, aber ich verstehe schon, dass das eben eine Horrorgeschichte auch ausmacht. :hmm:

Ich drifte durch den Laden,

Ich dachte, zum driften bräuchte man Wasser.

Ok, ich merke schon, ich bin gänzlich ungeeignet, sowohl als Leserin von Horror, als auch als Kommentatorin.

Ich kann diesem Sog von, ich nenne sie Rabia nicht nachempfinden, demzufolge auch das weitere Procedere nicht und so bleibt mir nichts anderes übrig, als deine Sprachfertigkeit zu bestaunen, deine Phantasie, deinen Aufbau und die Nebenstränge.

Es ist wunderbar für mich zu sehen, wie selbstsicher sich deine Geschichten entwickelt haben und ich freue mich schon auf eine neue, vielleicht horrorfrei? :D

Lieber Gruß, Kanji

 

Hey Kanji,

schön, von dir zu lesen. Mit meinem Romanprojekt hänge ich gerade ein bisschen fest, deshalb habe ich mich mal wieder Kurzgeschichten gewidmet. Hoffentlich schaffe ich es trotzdem bald, das nächste Kapitel fertigzustellen ...

'Luft ist nicht genug' klingt ungewohnt und ich denke nach, statt weiterzulesen. Ausreichend, gesättigt fielen mir für die Atmosphäre ein.
Vielleicht schreibe ich statt dessen: "Sie reicht nicht aus." Das klingt für mich gerade ganz gut. Danke für den Hinweis.

In diesem spannenden Moment sehe ich sie durch die geschlossene Balkontür gehen.
Oha :D Vielleicht lasse ich sie einfach in die Wohnung schlüpfen und lasse die Balkontür weg, dann gibt es da keine (zugegebenermaßen lustigen) Missverständnisse ;)

Ok, ich merke schon, ich bin gänzlich ungeeignet, sowohl als Leserin von Horror, als auch als Kommentatorin.
Das würde ich so nicht stehen lassen. Denn gerade das ist ja auch interessant, wie liest jemand die Geschichte, der sich in dem Genre nicht so auskennt oder auskennen will, weil er es einfach nicht so gerne liest. Also immer gerne, ich finde das nicht weniger wertvoll, als Kommentare von Kennern oder Liebhabern des Genres. Klar, es ist schade, dass du diese Ausstrahlung, dieses Düstere, was hinter dieser Frau steckt, ihren Sog nicht nachempfinden kannst, aber das akzeptiere ich voll und ganz, man kann nicht erwarten, dass man es immer schafft, jeden zu erreichen.

Kanji, vielen Dank für deine Worte am Schluss, das bedeutet mir viel. Dass du eine Entwicklung feststellen kannst, freut mich riesig. Denn klar, ich selbst spüre schon auch, dass ich sicherer geworden bin, dass ich (langsam, aber dennoch) auch mal über Dinge schreibe, an die ich mich vor einem Jahr niemals rangetraut hätte, aber ein bisschen Unsicherheit bleibt immer. Daher also nochmal: Danke, das tut sehr gut zu hören, äh lesen :)

Liebe Grüße an dich
RinaWu

 

Hallo RinaWu,

Dämmerung legt sich über den Verkaufsraum, als sie meinen Laden betritt. Jede ihrer Bewegungen scheint der Umgebung einen Funken Helligkeit zu entziehen, bis die Regale im Zwielicht versinken.
Andere haben Anderes angemerkt: Aber ich finde diesen Anfang absolut stark, kann mir vorstellen, wie sie ihrer Umgebung das Licht entzieht. Und lese weiter, obwohl ich meine, dazu gar keine Zeit zu haben :). Deine Geschichte zieht mich hinein, die Ambivalenz im Verhältnis zum vergessenden Vater kann ich sehr gut nachvollziehen. Und du baust das bemerkenswert gekonnt auf.
Das Plastik ist kalt und klebrig
Das erste Bild, das ich nicht ganz nachvolllziehen kann, klebriges Plastik?
Ich kann es kaum erwarten, sie eintreten zu sehen, die feinen Bewegungen zu verfolgen, ihr Lächeln mein Gesicht streicheln zu lassen.
Auch hier komme ich nicht ganz mit, denn für mich liegt auch ein Unbehagen, eine Angst vor ihr in der Luft - und da kann sie die Begegnung kaum erwarten?
„Aber besonders deshalb, weil man sie nicht austricksen kann. Keine verstellbare Schärfe, kein Retuschieren – sie fängt dich so ein, wie du bist.“
Hm, doch nur, wenn man die Schärfe einstellen kann, ist ein Objekt doch realistisch abzubilden?
„Sie können wirklich dafür sorgen, dass …?“
„Noch heute Abend – nennen wir es ein kleines medizinisches Wunder.“
„Warum tun Sie das für mich?“
Das kommt mir zu früh - sie wundert sich gar nicht und fragt lediglich nach dem Motiv. Das erscheint mir unglaubwürdig.

Die erste Hälfte deiner Geschichte empfand ich als brillant, auch die Verzahnung von realem (Demenz) und erdachtem (die Dunkelhaarige, die Flecken) Horror ingesamt, sehr, sehr cool. Später, ab dem zweiten Besuch im Laden, wurde ich nicht mehr ganz so warm mit der Geschichte und es ist mir auch noch zu unklar, wer die Fremde eigentlich ist und was sie (Böses?) will. Der Deal bleibt mir zu vage. Was die Protagonistin bekommt, weiß ich. Wozu sie sich verpflichtet, nicht wirklich.
Insgesamt ist das aber eine tolle Geschichte, die ich sehr gerne gelesen habe.

Ciao,

Eva

 

Hallo RinaWu,
tolle Geschichte! Du erzählst so spannend, dass ich sofort mittendrin war. Die Charakterisierung der Figuren ist Dir auch sehr gut gelungen, die "Diva" hat mich sofort an die Hauptfigur aus David Lynchs " Mullholland Drive" erinnert, keine Ahnung, ob Du den Film kennst. Auch die Stimmung war ähnlich. Manchmal habe ich allerdings gedacht, es könnte ein Tick weniger Figurenbeschreibung sein, weil Du es schon mit wenigen Details geschafft hast, mir die Figuren vor Augen zu führen, da braucht es dann die manikürten und lackierten Nägel nicht noch mal extra, finde ich. Gerade am Anfang könntest Du auch ein wenig reduzieren mMn, ich denke, die gruselige Stimmung baut sich auch mit etwas weniger Hinweisen auf. Ansonsten habe ich die Geschichte verschlungen, ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht.
Das Ende hat mich allerdings ein bisschen enttäuscht. Ich hätte gern gewusst, wie diese lebenslange Bindung aussieht, was muss die Prot entbehren, nachdem sie dem Teufel ihre Seele verkauft hat? Ich hätte es schöner gefunden, wenn das noch etwas klarer herausgekommen wäre. Aber das sind nur Kleinigkeiten. Sonst: Tolle Geschichte! Aber das hab ich schon gesagt, oder?
Liebe Grüße, Chai

 

Hola RinaWu,

ich bin total von den Socken, weil mich Deine neue KG wirklich schwer beeindruckt hat.
Die hat von Anfang an richtig Zug; ehe ich mich versah, war ich durch. Habe mir dann nochmals langsamer und genussvoll Deinen Text zu Gemüte geführt und kann nur sagen: Hut ab!
Da sich meine Wundergläubigkeit in Grenzen hält, können nur enormer Fleiß und der Wille zur Meisterschaft (Hola, Zafón!) als Erklärung herhalten, dass Du diesen schwierigen Text gestemmt hast. Hier bist Du mMn beim professionellen Schreiben angekommen; der Text ist anspruchsvoll und elegant, enthält alle Zutaten, die einen Text lesenswert machen.

Durch Deine neue Geschichte verschwindet auch mein schaler Nachgeschmack, weil ich Dir mit meinem Leseeindruck zur Flughafen-Geschichte vielleicht ein bisschen die gute Laune verdorben hatte. Aber da prophezeitest Du schon:

... es kommen auch wieder bessere Zeiten für uns beide
Bist eine große Seherin. Dieser Qualitätssprung! Tatsächlich kann ich reinen Herzens gratulieren.

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Eva Luise Groh,

vielen Dank für deinen Kommentar. Besonders für deine Worte zum Anfang. Ich bin froh, dass du sagst, du findest ihn stark, denn ich hänge total an diesem Anfang und sträube mich dagegen, ihn zu ändern. Also: Danke :)

Das erste Bild, das ich nicht ganz nachvolllziehen kann, klebriges Plastik?
Ja, altes Plastik, das vielleicht schon länger irgendwo rumgelegen hat, wird so barzig, so klebrig, vom Staub und sonstigem, worin es über die Zeit gelegen hat oder womit es in Berührung gekommen ist. Dann fühlt sich Plastik leicht klebrig an.

Auch hier komme ich nicht ganz mit, denn für mich liegt auch ein Unbehagen, eine Angst vor ihr in der Luft - und da kann sie die Begegnung kaum erwarten?
Genau das ist ja der Punkt, diese Ambivalenz, die meine Hauptfigur empfindet. Sie spürt, dass irgendetwas Ungutes in der Luft liegt, aber sie kann sich dennoch der Anziehung dieser Fremden nicht entziehen. So war zumindest mein Gedanke ;)

Hm, doch nur, wenn man die Schärfe einstellen kann, ist ein Objekt doch realistisch abzubilden?
Was ich mit dem Satz sagen will, ist, dass die Polaroidkamera genau das aufzeichnet, was der Fotografierende sieht. Nichts wird in den Vordergrund gestellt (durch Schärfe) oder verschönert (Retusche).

Das kommt mir zu früh - sie wundert sich gar nicht und fragt lediglich nach dem Motiv. Das erscheint mir unglaubwürdig.
Guter Punkt, das sehe ich mir noch einmal an.

Der Deal bleibt mir zu vage. Was die Protagonistin bekommt, weiß ich. Wozu sie sich verpflichtet, nicht wirklich.
Auch ein guter Punkt. Es stimmt schon, ich bleibe hier vage, dachte aber dennoch, genug zu sagen, damit man versteht, worum es geht. Ich muss mal überlegen, wie und ob ich das verdeutlichen kann, ohne zu erklärend zu werden. Danke für die Anmerkung.

Liebe Grüße
RinaWu

Hallo Chai,

"Mulholland Drive" kenne ich, aber leider nur vom Hören-Sagen. Ich bin bisher noch nicht dazu gekommen, mir den Film anzusehen und wurde dafür schon diverse Male geschimpft ;) Aber ich nehme deine Anmerkung als Kompliment, da ich gehört habe, Lynch ist sehr gut darin, so eine ganz bestimmte, fast traumhafte, unangenehme Stimmung aufzubauen.

Das Ende hat mich allerdings ein bisschen enttäuscht. Ich hätte gern gewusst, wie diese lebenslange Bindung aussieht, was muss die Prot entbehren, nachdem sie dem Teufel ihre Seele verkauft hat?
Ja, wie schon oben beschrieben in meinem Kommentar an Eva, hadere ich da ein wenig mit mir. Ich gebe dir auf jeden Fall recht, es ist sehr vage, aber ich bin unschlüssig, ob ich das wirklich erklären will. Da brauche ich ein paar Tage, um da mal drauf rum zu überlegen.

Danke dir für deine lieben Worte, freut mich, dass dir die Geschichte dennoch gefallen hat.
Liebe Grüße
RinaWu

Ja, aber, Hola josefelipe,

Boah, das ist ja ... Also das haut mich jetzt von den Socken. Dein Kommentar, dein Kompliment, das macht den schwierigen Tag heute um einiges schöner. Vielen Dank!

Hier bist Du mMn beim professionellen Schreiben angekommen; der Text ist anspruchsvoll und elegant, enthält alle Zutaten, die einen Text lesenswert machen.
Der Text war sehr schwer für mich, oft hatte ich Angst, ich übertreibe, habe es dann aber doch so stehen lassen, weil ich den Fluss einfach mochte. Ich habe gezweifelt, bin ich zu vage, sollte ich mehr erklären oder doch wieder reduzieren ... Es war ein kleiner Kampf, möchte ich sagen. Aber es hat sich gelohnt, allein für diesen Kommentar von dir :)

Ja, der gute Zafón. Mir fehlt nur noch eins seiner Jugendbücher, ansonsten habe ich alles von ihm verschlungen. Ich habe vor kurzem mit seinem Labyrinth der Lichter angefangen und musste erst wieder reinkommen, da ich so lange nichts mehr von ihm gelesen hatte und mir seine Sprache anfangs zu viel war. Zu verschnörkelt, zu intensiv. Aber jetzt, auf Seite 640 bin ich wieder süchtig, würde am liebsten den ganzen Tag nur noch lesen. Ist natürlich alles Geschmackssache und ich kenne Menschen, die packen Zafón gar nicht, aber ich bewundere, was für eine dunkle Welt an Verzweigungen und Verschlingungen er da in den vier Büchern aufgebaut hat. Das beeindruckt mich einfach total. Und seine Art zu schreiben, hat mich hier auf jeden Fall beeinflusst, das muss ich zugeben.

Durch Deine neue Geschichte verschwindet auch mein schaler Nachgeschmack, weil ich Dir mit meinem Leseeindruck zur Flughafen-Geschichte vielleicht ein bisschen die gute Laune verdorben hatte.
Ach quatsch, José, so schlimm war das doch gar nicht. Du hattest ja nicht ganz unrecht. Aber wie ich dir damals schon schrieb, ich habe mir geschworten, dran zu bleiben, auch wenn mal ein Text dabei rauskommt, der doof ist ;)

José, danke!
Liebe Grüße
NostraRinaMus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo RinaWu,

die Geschichte gefällt mir gut. Ich finde vieles daran sehr gelungen und habe sie gern gelesen. Dieses erotische Hin und Her zwischen den beiden Frauen ist auf jeden Fall lesenswert. Ein paar Dinge will ich aber dennoch zu bedenken geben:

Deine Geschichte greift das mythologische Faust-Thema des Teufelspakts auf. Ein kleines Problem in Deiner Variante ist, dass der Leser nicht erfährt, worum genau es bei diesem Handel geht: Die Teufelin bietet die Instandsetzung der Vater-Tochter-Beziehung und dafür erhält sie im Gegenzug was?

„Ich verstehe nicht. Was kann ich denn für Sie tun?“
Sie reicht mir die Kamera. „Halte die Augen für mich offen. Wenn du jemanden entdeckst, rufst du mich an.“ Sie zieht eine Visitenkarte aus der Hosentasche und gibt sie mir. Verwirrt halte ich das Gerät in meinen Händen, die kleinen Härchen an meinen Unterarmen stellen sich auf.
Sie hält mir erneut das Polaroid vors Gesicht, das sie von mir gemacht hat. „Du wirst schon wissen, wenn es so weit ist. Sie wird dir dabei helfen.“
„Die Kamera?“
Sie nickt und sieht mich erwartungsvoll an.
„Das ist alles?“, frage ich.
„Nicht ganz. Wir zwei …“. Sie beugt sich zu mir, ihre Lippen berühren mein Ohr. „… wir sind untrennbar miteinander verbunden, wenn du den Vorschlag annimmst. Für immer.“

Dieser Abschnitt sollte es eigentlich erklären, aber so richtig erklärt er es nicht, finde ich. Die Fotografin soll Ausschau halten nach Personen und dann die Teufelin informieren (sie würde schon wissen, wann es soweit sei). Natürlich kann der Leser jetzt spekulieren, aber das Ganze ist recht schleierhaft.

Überhaupt. Du gehst davon aus, dass der Leser die Kernidee des Teufelspakts als gegeben ansieht: die menschliche Seele im Tausch gegen Reichtum, Wunscherfüllung, magische Kräfte etc. Das bedeutet, Du bedienst Dich einer Chiffre. Doch was genau macht die Teufelin eigentlich mit der Seele? Da fängt ein übernatürliches Wesen also Seelen (was immer das auch sein soll) und dann was?

Ich denke, es lohnt sich durchaus über die tiefere Bedeutung dieses Pakts nachzudenken. Denn ohne tiefere Bedeutung, die nur Du als Autorin bestimmen kannst, bleibt das Ganze eben ein leeres Symbol.

Ein bisschen Textarbeit:

Jede ihrer Bewegungen scheint der Umgebung einen Funken Helligkeit zu entziehen, bis die Regale im Zwielicht versinken.

Ein Funken Helligkeit. Das ist eine problematische Formulierung. Funken sind zwar hell, aber man kann sie sich schlecht als Messgröße der Helligkeit vorstellen. Überhaupt klingt Helligkeit entziehen nicht sehr elegant. Würde man literarisch nicht eher von Licht entziehen oder Licht verdunkeln sprechen?

Ihr dunkles Haar fällt in schweren Locken über die Schultern, der fein geschwungene Lidstrich und der zum Abendkleid passende dunkelrote Lippenstift verleihen ihr das Aussehen einer Filmdiva aus vergangener Zeit.

Ein ganz subjektiver Eindruck. Ich glaube nicht, dass in sprachlich ausgereiften Texten die Formulierung verleihen ihr das Aussehen (von) auftauchen sollte. Das ist immer eine Anleihe an etwas anderes oder jemand anderen. Der Leser wünscht sich aber, dass der Autor/ Erzähler einen eigenen Ausdruck findet und nicht schreibt, der/ die sieht so aus wie ...

Und die sprachliche Wendung selbst wirkt abgegriffen. Es gibt Wendungen, die man besser umgeht. Ganz schrecklich ist auch er/ sie ließ das Geschehene Revue passieren. Das passt für mich in den gleichen Bereich. Klingt erst mal gediegen, ist aber eine unschöne Phrase.

Und der zum Abendkleid passende Lippenstift, das ist auch so eine Hülse, für etwas, das Du besser beschreiben solltest.

Alle diese Formulierungen gehören – für mich – in die Problemkiste des gewollt schönen Schreibens. Das wirst Du bei fortgeschrittenen Autoren nicht finden, denn es sind Anleihen an bestimmte sprachliche Stereotype. Du solltest Dir mehr vertrauen und nach dem eigenen präzisen Ausdruck suchen. Sonst klingt es wie aus einem Arztroman.

Die Männer im Raum beobachten die Frau verstohlen zwischen den Regalen hindurch, versuchen ihre Gier zu verbergen, doch ich kann das Flimmern in der Luft spüren.

Das ist zu stark. Da werde ich sofort misstrauisch. Ich bin ja nun für alle möglichen Vorwürfe gegen das männliche Geschlecht zu haben, aber dass alle Männer gleich Gier in den Augen haben, wenn eine schöne Frau den Raum betritt, ist ein müdes Klischee.

Am liebsten würde ich sie alle aus dem Laden werfen, um die Fremde vor den aufdringlichen Blicken zu schützen.

Du meine Güte. Der Text verlässt damit ungewollt die Ebene des Ernsthaften. All die schrecklichen Männer mit ihren aufdringlichen Blicken ...

Ich weiß, es ist irre schwierig, die Nuancen der erotischen Wechselwirkungen zwischen den Geschlechtern authentisch und gleichzeitg ästhetisch darzustellen. Man kommt dabei geradezu automatisch in bestimmte Muster, Vorlagen rein. Die schöne Frau, die in einen Laden tritt und alle Blicke auf sich zieht. So wie, wenn in The Big Bang Theory ein hübsches Mädchen den Comicladen betritt und all die Nerds und Loser aus dem Gaffen nicht mehr rauskommen. Aber das ist Comedy.

Doch die Frau begegnet ihnen mit einem Lächeln, das selbst mir ein Kribbeln über die Haut jagt.

Kribbeln ist ein Wort für einen Schüleraufsatz. Nichts für ernsthafte Texte. Mir passiert das auch immer wieder. Ich verwende Worte, die mit dem Stil und dem Ton des Textes eigentlich nichts zu tun haben. Und sehe es erst, wenn mich jemand darauf hinweist.

Ihr Körper ist makellos. Ich habe so etwas noch nie gesehen.

Damit nimmst Du dem Bild die Kraft. Makellose Körper sind furchtbar langweilig. Glücklicherweise existieren sie nicht. Jeder Körper hat Makel. Die Erotik eines menschlichen Körpers liegt im Spannungsverhältnis zwischen Fehler und Vollkommenheit, denke ich.

Ich finde Deine Geschichte immer dann besonders stark, wenn die Sprache schlicht, präzise und klar wird. Dort, wo Du gewollt schön schreibst, wird es dann Theater oder besser gesagt Operette. Das kann man mögen. Wir mögen ja eine Menge stilisierter Darstellungen des realen Lebens. Aber das erkauft man sich mit dem Unechten.

Fazit: Eine schöne Idee, schöne Umsetzung. Es fehlt aber etwas Feinschliff. Nimm die Attitüde raus, dieses gewollt Sinnliche, besonders, wo Du die Grenzen zum Kitschigen und zum Klischeehaften streifst.

Gruß Achillus

 

Hi RinaWu,

wenn es um die alten Widersacher geht, wenn auch in Gestalt einer Frau, oder gerade weil, will ich hier auch eine kleine Spur hinterlassen. Mm, tja, also der Text ist gut geschrieben, enthält einige Sprachbilder, die mir sehr gefallen und wie du den Horrormoment einleitest, den Übergang von der Realität zum Gespenstischen schaffst, ist super. Auch die erotische Komponente, diese merkwürdige Anziehung zwischen den beiden Frauen, zeigst du sinnlich und spürbar. Enttäuschend, wenn auch folgerichtig, ist der Schluss, weil die Geschichte so erwartbar endet: Teufelinnenpakt, versprochene Gegenleistung und eine Protagonistin, die sich nicht darüber klar ist, was jetzt folgt. Da fehlt mir das überraschende Element, das es für so einen Teufelspakt eben bräuchte, um dem Genre eine frische Würze zu geben. Dennoch habe ich den Text gern und mit Spannung gelesen, vor allem weil du sprachlich und stilistisch so souverän bist (und immer souveräner wirst).

Textstellen:

sie mit der fein manikürten Hand über Objektive oder Bilderrahmen.
wie manikürt man eine ganze Hand?

Blut schießt mir in die Wangen und ich senke den Kopf, tue so, als durchsuche ich die Aufträge auf meinem Tisch, um die Hitze im Gesicht wieder unter Kontrolle zu bekommen.
kpmmt bisschen plötzlich, aber gut geschilderte Beobachtung.

Die Außenkante ihrer rechten Hand liegt ganz nah neben meiner.
das ist präzise. aber Kante, da stelle ich mir Metall oder Holz vor und verbinde es nicht mit Händen.

Das Licht machte er immer erst an, wenn ein paar Sekunden Dunkelheit vergangen waren, um mich mit toten Augen anzustarren.
mit toten Augen anstarren, gut :thumbsup:

Um mich herum wird es dunkler, die Äste der Bäume wachsen, greifen um sich, schlängeln sich um meine Füße.
schönes Bild

Durch die halb heruntergelassenen Rollläden malt das Mondlicht kleine Kreise auf die Bettdecke.
auch das Bild gefällt mir :Pfeif:

„Muss an den Schuhen liegen.“
Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen und zucke mit den Schultern. „Vielleicht auch am Lippenstift.“
der Witz passt nicht so recht ins Sprachgefüge

Die langen Haare fallen sanft über die Schultern und bedecken ihre Nippel.
im Kontext deiner Schilderung passt Nippel nicht, klingt zu ordinär.

Als sie schließlich im Gang erscheint, in der Hand ein Glas Wasser, zerbricht etwas in mir und ich rutsche an der Wand hinunter. Sie sieht ein paar Sekunden auf mich herab, dann setzt sie sich zu mir auf den Boden.
ist mit der Kamera gezoomt, klingt auch danach.

hier würde ich mehr in sie reinschauen: was bewirkt der dunkle Blick, was fühlt sie?

„Was, wenn ich dafür sorgen kann, dass dein Vater dich wieder erkennt?“
Ich drehe mich um, stürme auf sie zu und packe sie am Arm.
„Wieso tun Sie das? Was habe ich Ihnen denn getan? Ich dachte, Sie …“
ja, wär auch ne Variante, wenn die Teufelin sie erst verführte und dann den Pakt vorschlägt.

Der Tag versinkt im Nebel. Ich drifte durch den Laden, räume Regale auf und bediene Kunden durch eine Milchglasscheibe,
:Pfeif:

liebe Grüße und eine sonnige Woche
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Achillus,

wow, danke für diesen ausführlichen Kommentar. Ich kann im Moment nicht immer mit deinen Empfindungen, bzw. Vorschlägen mitgehen, aber das muss ja auch immer eine Weile sacken.

Dieser Abschnitt sollte es eigentlich erklären, aber so richtig erklärt er es nicht, finde ich. Die Fotografin soll Ausschau halten nach Personen und dann die Teufelin informieren (sie würde schon wissen, wann es soweit sei). Natürlich kann der Leser jetzt spekulieren, aber das Ganze ist recht schleierhaft.
Ja, das stimmt. Ich bin da noch sehr unschlüssig. Denn eigentlich hast du recht, wenn du schreibst:
Du gehst davon aus, dass der Leser die Kernidee des Teufelspakts als gegeben ansieht: die menschliche Seele im Tausch gegen Reichtum, Wunscherfüllung, magische Kräfte etc. Das bedeutet, Du bedienst Dich einer Chiffre.
Richtig, davon gehe ich aus, da stimme ich dir vorbehaltlos zu. Und einerseits will ich da auch nicht mehr erklären. Andererseits überlege ich, ob ich es sollte. Da bin ich noch zu keinem Ergebnis gekommen. Was macht der Teufel mit den Seelen? Es gibt so viele Möglichkeiten, sich das vorzustellen. Leiden sie Qualen im Höllenfeuer und nähren so seine Kraft? Dienen sie ihm auf der Erde, um noch weitere Seelen einzufangen? Dient das alles einfach nur dazu, das vermeintliche Gleichgewicht zwischen Gut und Böse immer wieder herauszufordern? Ich muss dir sagen: Ich weiß es nicht. Mal denke ich das eine, mal das andere. Vielleicht fällt es mir deswegen so schwer, diesen Pakt spezifisch zu benennen, deutlicher zu werden.

Ein ganz subjektiver Eindruck. Ich glaube nicht, dass in sprachlich ausgereiften Texten die Formulierung verleihen ihr das Aussehen (von) auftauchen sollte. Das ist immer eine Anleihe an etwas anderes oder jemand anderen. Der Leser wünscht sich aber, dass der Autor/ Erzähler einen eigenen Ausdruck findet und nicht schreibt, der/ die sieht so aus wie ...
Später benennst du auch "den zum Abendkleid passenden Lippenstift". Nun, ich denke, das ist eine schwierige Sache. Ich werde mir deine Anmerkung definitiv zu Herzen nehmen, denke aber manchmal einfach, es besteht eine gewisse Gefahr darin, immer und überall andere Worte dafür finden zu müssen, was gängige Formulierungen sind. Ich verstehe, was du meinst, wirklich. Manche Formulierungen hängen einem zum Hals raus. Ob es nun gerade die sind, die dir bei meinem Text aufgefallen sind, das ist natürlich auch eine subjektive Sache. Mein Problem mit dieser Sache ist, dass ich persönlich nichts schlimmer finde, als auffällig gewählte andere Worte, nur um krampfhaft eine Formulierung zu umgehen, die es schon gibt. Das stößt mir persönlich mehr auf, als wenn ab und zu in einem Text Sätze auftauchen, die allgemeiner Sprachusus sind. Weißt du, was ich sagen will? Es ist ein schmaler Grat zwischen eigene Formulierungen finden und verkrampft verkünstelt zu klingen. Und bei mir ist es immer so, dass ich eher die gängige Formulierung nehme, bevor ich etwas schreibe, das unecht klingt. Wenn mir dann etwas Besseres einfällt, ändere ich den Text natürlich. So werde ich es auch hier tun, ich werde versuchen, noch mehr mit meinem Worten zu formulieren.

Alle diese Formulierungen gehören – für mich – in die Problemkiste des gewollt schönen Schreibens. Das wirst Du bei fortgeschrittenen Autoren nicht finden, denn es sind Anleihen an bestimmte sprachliche Stereotype. Du solltest Dir mehr vertrauen und nach dem eigenen präzisen Ausdruck suchen. Sonst klingt es wie aus einem Arztroman.
Hmm, okay, das akzeptiere ich, kann dazu aber nur sagen, dass ich nicht gewollt schön schreiben will, sondern auf den Klang der Worte achte, wenn ich schreibe. Darauf, wie ich die Stimmung erzeugen kann, die ich erreichen möchte. Wie gesagt, ich taste den Text noch einmal auf solche Formulierungen ab.

Ich weiß, es ist irre schwierig, die Nuancen der erotischen Wechselwirkungen zwischen den Geschlechtern authentisch und gleichzeitg ästhetisch darzustellen.
Ja, das ist es. Deshalb bin ich froh, dass dir zumindest gefallen hat, was zwischen den beiden Frauen passiert. In der Situation, als die Fremde das erste Mal den Laden betritt, trage ich dick auf, das gebe ich zu. Schaue mir das noch einmal an.

Kribbeln ist ein Wort für einen Schüleraufsatz. Nichts für ernsthafte Texte. Mir passiert das auch immer wieder. Ich verwende Worte, die mit dem Stil und dem Ton des Textes eigentlich nichts zu tun haben.
Stimmt! Überlege mir was anderes ...

Damit nimmst Du dem Bild die Kraft.
Da du nun schon der zweite oder dritte bist, der das anspricht, werde ich das abändern. Für die Hauptfigur ist er makellos. Aber ich sehe ein, dass diese Aussage zu plakativ, zu allgemein ist.

Dort, wo Du gewollt schön schreibst, wird es dann Theater oder besser gesagt Operette.
Autsch, das tut weh. Aber nehme ich so hin. Ich kann nur wiederholen, was ich oben geschrieben habe: Ich versuche immer etwas Neues, versuche die Sprache dem Text und der Stimmung anzupassen, und immer im gleichen Stil, bzw. immer schlicht zu schreiben, das passt nicht immer. Ich habe bei diesem Text das Bedürfnis gehabt, auch mal ein wenig anders zu schreiben. Es ist schade, dass das für dich z.T. fast schon in eine Art Komödie zu driften scheint und ich werde mir deine Hinweise durch den Kopf gehen lassen.

Nimm die Attitüde raus, dieses gewollt Sinnliche, besonders, wo Du die Grenzen zum Kitschigen und zum Klischeehaften streifst.
Ich gebe mir Mühe, versprochen :)

Viele Grüße
RinaWu

Hallo Isegrims,

Mm, tja, also der Text ist gut geschrieben, enthält einige Sprachbilder, die mir sehr gefallen und wie du den Horrormoment einleitest, den Übergang von der Realität zum Gespenstischen schaffst, ist super. Auch die erotische Komponente, diese merkwürdige Anziehung zwischen den beiden Frauen, zeigst du sinnlich und spürbar.
Danke, das freut mich sehr.

wie manikürt man eine ganze Hand?
Also, das sagt man tatsächlich so. Es heißt einfach, dass die Hand gepflegt wurde und in der Regel die Nägel lackiert sind.

aber Kante, da stelle ich mir Metall oder Holz vor und verbinde es nicht mit Händen.
Vielleicht "Außenseite"?

im Kontext deiner Schilderung passt Nippel nicht, klingt zu ordinär.
Das stimmt. Vielleicht nehme ich einfach die "Brüste".

Vielen Dank für deine Anmerkungen, Isegrims, werde ich alle bei der nächsten Überarbeitung im Hinterkopf haben!

Liebe Grüße
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

„Sie sind sehr hübsch“, sagt sie leise.
Ich schlucke.
„Entschuldigung, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten“, fügt sie hinzu und lässt ihren BH fallen.
„Nein, schon okay, ich schätze … Ich sehe mich einfach anders.“
„Wie denn?“
„Schuldig“, platzt es aus mir heraus.

Fantasy und Horror umgeh ich i. d. R. sehr weiträumig, weil ich sie für so notwendig halte wie einen Kropf, als hätte nicht die Historie Ungeheuerliches genug parat, dass gelegentlich in der Sagenwelt (Standardbeispiel bei mir nicht das Unternehmen Barbarossa, sondern das Nibelungenlied, das den Kreuzzug des Barbarossas verquickt mit dem Schicksal der merowingischen Familienhistorie), dass wir uns auch noch an Hirngespinsten und phantasierten Gräueltaten à la Hollywood, die dann noch dem IS die Ästhetik des Köpfens spendieren, erfreuen müssten,

aber es gibt Ausnahmen - wie jetzt, bei Dir,

liebe Rina,

und der Titel ließ mich zunächst an Hades denken, der ja immerhin mit einer Fruchtbarkeitsgöttin liiert war.

Aber Du hattest schon einmal eine wunderbar/-same Geschichte um die Kunst der Fotografie eingestellt, an die ich micherinnerte in der Passage

Der Schlüsselbund fällt klirrend auf den alten Dielenboden. Ich bücke mich danach und lasse ihn kopfschüttelnd in die Schale fallen, die auf der kleinen Kommode links neben der Tür steht. Links. Nicht rechts. Rechts war früher. Rechts war in der anderen Wohnung. Die, in der seine dunklen Umrisse schon auf mich warteten, als ich den Flur betrat. Regungslos saß er am Küchentisch. Das Licht machte er immer erst an, wenn ein paar Sekunden Dunkelheit vergangen waren, um mich mit toten Augen anzustarren
"rechts war früher" halt - und in der älteren Geschichte webten auch die mythischen Nebel an der fotografischen Aufnahme eines Baumes - der nun näherungsweise erträumt wird
Ich stolpere über den von Wurzeln zerfressenen Boden, meine Wangen sind nass, ich muss ihn finden, ihn in den Arm nehmen, renne von Baum zu Baum, doch dahinter empfängt mich immer nur quälende Leere.
„Was machen Sie in meiner Wohnung?“

Seinerzeit zerlegte ich
Etwas ist anders
(aus: Gibt es mich noch?;
http://wortkrieger.de/showthread.php?60374-Gibt-es-mich-noch) zu Ellipsen und somit in seine Einzelteile und es kann auch hier verwendet werden.

Tatsächlich ließe eine alte Kamera keine Manipulation zu

„Sicher, das auch“, winkt sie ab. „Aber besonders deshalb, weil man sie nicht austricksen kann. Keine verstellbare Schärfe, kein Retuschieren – sie fängt dich so ein, wie du bist.“ Dabei fixiert sie mich und nickt, ...
(was ja nicht bedeutet, dass nicht erst seit Zellig oder Forrest Gump Fotos manipuliert werden konnten.

Vor einem Vierteljahrhundert ahmte ich Größere, als ich es je sein werde, nach in einem Selbstportrait im Augapfel eines überdimensionierten Auges unterzubringen: das Auge als Instrument der Selbsterkenntnis wie das Objektiv – wenn die Icherzählerin der Fremden in die Augen sähe, spiegelten sie sich in ihren Augäpfeln als eine je andere (und - sofern die Fremde nicht ein bloßes Hirngespinst ist) - umgekehrt auch, sofern beide darauf achteten. “Face to face“ – ich wähl diesen Ausdruck, weil “face“ mehr als nur [An-]Gesicht bedeutet, sondern u. a. auch den Anschein und als Verb “to face“ auch ein „ins Auge sehen“.

Berücksichtigte die Eine von Gleich zu Gleich die Perspektive der Andern ("ander" war bis ins 16. Jh. hinein ein Zahlwort, das hernach durch die Zwei ersetzt wurde, Anklänge finden sich noch im "mit-ein-ander" und selbst im "ander(er)-seits") beeinflussten sie sich wechselseitig (was ja selbst schon dann geschieht, wenn eine/r merkt, dass er beobachtet wird und der Beobachter seine Rolle überdenken muss).

Wenn das menschliche Auge als „hoch entwickeltes Kameraauge mit einem Linsenapparat“ definiert werden kann, dann haben wir es hier mit einer Ansammlung von wenigstens sieben Linsen zu tun: zwei Paar Augen und die der Kamera, die freilich zum Ausgleich von Abbildungsfehlern noch weitere, eine uns unbekannte Zahl von Linsen enthalten wird. Da wird uns also ein Linsengericht vorgesetzt, das aber nichts alttestamentarisches an sich hat, da wird nichts um irgendeinen Preis verkauft, schon gar nicht wie im Alten Testament die Legalisierung (durch ordentlichen Tausch) eine Machtposition (des Erstgeborenenrechts und somit den Anspruch auf Erbschaft inmatrilinearen Gesellschaften wie unserer), hier wird nicht bedingungslos verschenkt wie in Liebe und Freundschaft und die kfm. Schuld - die ja eine messbare ist, selbst wenn eine Seele verkauft wird - findet im seelischen Apparat ein Abbild im unermesslichen Schuldgefühl

„Schuldig“, platzt es aus mir heraus.
.

„Nicht ganz. ...
wenn einem. dem die Gnade des tauben Ohres vergönnt ist (wenn auch aus eigener "Schuld") eines geflüstert bekommt
... Wir zwei …“. Sie beugt sich zu mir, ihre Lippen berühren mein Ohr. „… wir sind untrennbar miteinander verbunden, wenn du den Vorschlag annimmst. Für immer“,
er verstünde seine fremde Seite nicht ... und umgekehrt.

Zwo oder drei Trivialitäten sind noch anzuzeigen

Frauen wie sie sind mir schon immer ein Rätsel gewesen, ihre Eleganz schüchtert mich ein.
Gewesen? Klingt sehr nach Verwesung. Sind denn "Frauen wie sie" nun kein Rätsel mehr?

Hier

Ich streiche mir eine Haarsträhne aus der Stirn und schaffe es schließlich, ein „Danke, das ist nett von Ihnen“ hervorzustoßen.
mein ich nun, müsste die wörtliche Rede auch mit einem Satzzeichen enden (oder doch nur der vollständige Satz?, denn der Einschub ("..., ein "Danke ..." findet ja seinen Anfang nach dem Komma, aber kein Ende vorm "hervorstoßen".
Ähnlich hier
Nun, sagen wir[,] intim sind.

So viel oder wenig für heute vom

Friedel

 

Hallo lieber Friedrichard,

Fantasy und Horror umgeh ich i. d. R. sehr weiträumig
Versteh ich, ich kenne mittlerweile einige, die sich dem nicht aussetzen wollen. Ich selbst mag eher das Morbide, den klassischen Grusel, das Düstere, von Splatter halte ich mich fern, das macht mir schlechte Träume.

Umso mehr freut mich aber zu lesen:

aber es gibt Ausnahmen - wie jetzt, bei Dir,
Danke!

Berücksichtigte die Eine von Gleich zu Gleich die Perspektive der Andern ("ander" war bis ins 16. Jh. hinein ein Zahlwort, das hernach durch die Zwei ersetzt wurde, Anklänge finden sich noch im "mit-ein-ander" und selbst im "ander(er)-seits") beeinflussten sie sich wechselseitig (was ja selbst schon dann geschieht, wenn eine/r merkt, dass er beobachtet wird und der Beobachter seine Rolle überdenken muss).
Unbedingt. Die Hauptfigur wird verlegen, wenn sie sich von der Fremden beobachtet fühlt, vielleicht auch deshalb, weil sie meint zu wissen, welches Bild sich die andere gerade von ihr macht. Gleichzeitig spielt die Fremde mit der Wirkung, die sie spürbar auf die Fotografin hat. Hier passiert etwas zwischen den beiden, so ein Wechsel zwischen "gefallen wollen", Verführung, und das hat immer auch damit zu tun, wie beide sich sehen oder wie sie meinen, gesehen zu werden.

Gewesen? Klingt sehr nach Verwesung. Sind denn "Frauen wie sie" nun kein Rätsel mehr?
Guter Punkt, das ändere ich.

mein ich nun, müsste die wörtliche Rede auch mit einem Satzzeichen enden (oder doch nur der vollständige Satz?, denn der Einschub ("..., ein "Danke ..." findet ja seinen Anfang nach dem Komma, aber kein Ende vorm "hervorstoßen".
Da war und bin ich mir auch unsicher. Vielleicht ändere ich diesen Satz einfach generell.

Vielen Dank für deine Gedanken zu meinem Text, lieber Friedel.
Viele Grüße schickt dir
RinaWu

 

Hi RinaWu,

ich fange mal damit an, wie ich mich an die Geschichte vom letzten Lesen her erinnere. Dann schaun wir mal, ob das noch stimmt. An sich findet sich alles bereits in dem einen oder anderen Kommentar: Ich finde es insgesamt angenehm zu lesen, stellenweise nur etwas überbordend, ein bisschen zu viele Details und so. Die Frau war mir - genau wie Achillus, glaube ich - zu perfekt, da wollte der Funke nicht so recht überspringen. Diesen rätselhaften Pakt finde ich eigentlich ganz in Ordnung, bin mir aber nicht sicher, ob ich nicht doch lieber klarer ausgesprochen hätte, was die Protagonistin zu erfüllen hat. Vielleicht braucht's das nicht, es reicht ja eigentlich, wenn sie weiß bzw. wissen wird, was sie zu tun hat. Zumindest finde ich es interessant, diese Lücke zu lassen (Kann aber natürlich sei, du hast sie inzwischen gefüllt?). Richtig gut finde ich aber den Hintergrund: Sie verkauft ihre Seele nicht für den eigenen Glanz, sondern um dem Vater zu helfen oder genauer, um etwas wiedergutzumachen.

Dämmerung legt sich über den Verkaufsraum, als sie meinen Laden betritt.
Jeder hat so sein Mantra, das er zu allen möglichen Gelegenheiten wiederholt. Eines von meinen ist, mich darüber auszulassen, dass es mir seit einiger Zeit als unschön auffällt, wenn jemand mit dem Personalpronomen der dritten Person in eine Geschichte eingeführt wird. Hier geht das ja eigentlich, denn das unterstreicht in gewisser Weise die Rätselhaftigkeit der Person. Es könnte also einer der wenigen Fälle sein, die sogar ich mit meinem in diese Richtung entwickelten Spleen letztlich akzeptieren möchte. Aber es spricht trotzdem auch was dagegen. "Sie" nimmt halt eigentlich auf eine bereits bekannte Figur Bezug. Normalerweise würde man sagen: "Eine Frau (die so und so aussah) betritt den Laden." Für eine Abweichung möchte ich immer gerne einen Grund sehen. Nun gibt es in deiner Geschichte ja sogar womöglich so einen Grund - eben die Rätselhaftigkeit. Und da ist es dann nur leider so, dass das, was eigentlich eine Abweichung ist, in ganz vielen Geschichten als Standard gebraucht wird, und deswegen wirkt es nicht mehr. Schade drum, könnte man sagen.

Jede ihrer Bewegungen scheint der Umgebung Licht zu entziehen, bis die Regale im Halbdunkel versinken.
Schöne Idee!

Ihr dunkles Haar fällt in schweren Locken über die Schultern, der fein geschwungene Lidstrich betont die mandelförmigen Augen, die aufmerksam den Raum abtasten. Sie erinnert mich an eine dieser klassischen Schönheiten auf Filmplakaten mit dem akkurat aufgetragenen dunkelroten Lippenstift und dem eng sitzenden Abendkleid.
Ja, wie gesagt: So kriegst du mich nicht. Ich fühle mich genauso distanziert wie gegenüber den Figuren auf solchen Filmplakaten.

Einige Männer im Raum beobachten die Frau verstohlen zwischen den Regalen hindurch, versuchen ihr Interesse zu verbergen
"Interesse" statt "Gier" - find ich besser. Möglich wäre vielleicht auch, nur einen Mann zu zeigen, stellvertretend für die anderen.

„Ja, richtig, das …“ Ich breite die Arme aus, lasse sie aber sofort wieder fallen und verschränke sie vor der Brust. „Das ist mein Geschäft.“
Ja, hübsch, hab ich vor Augen.

ein „Danke, das ist nett von Ihnen“ hervorzustoßen.
Ah, cool, noch mal Gelegenheit für son' Mantra, wenn wir schon dabei sind :D Also: Ich finde solche substantivierten Reden nicht so schön. "Ein Danke" oder "ein Ja" oder "ein Nein" geht noch gut, finde ich, weil das Wort dabei zugleich das bezeichnete Ding ist, also "das Danke" ist auch schon der Dank, "das Ja" die Zustimmung usw. In diesem Sinn hat man locker mehrere Jas und mehrere Neins im Säckel, von denen man mal hier eins und da eins über die Welt ausstreuen kann. Aber hat man auch mehrere "Danke, das ist nett von Ihnen" im Säckel? Ich weiß nicht so recht ... Für mich passt das nur in Sonderfällen.

Die Frau zieht eine Polaroidkamera aus ihrer Tasche und legt sie vor mir auf die Theke.
Find ich gut, dass das so eine altertümliche Kamera ist, das gibt dem Bild mehr Nachdruck. Und es ist gut begründet, warum es diese Kamera sein muss.

„Es ist ein Erbstück meiner Mutter. Sie … Vor ein paar Jahren, da …“
Ihre Augen werden glasig.
Hier die Mutter, da der Vater. Die perfekte Frau erscheint verwundbar, nicht mehr nur wie eine über- äh: unterirdische Macht. Ich ahne einen Hintergrund für die Verbindung der beiden Figuren, aber so ganz komm ich nicht drauf ... Vielleicht wäre da eine Möglichkeit, das auszubauen, und der Teufelin mehr Leben einzuhauchen?

Links. Nicht rechts. Rechts war früher. Rechts war in der anderen Wohnung. Die, in der seine dunklen Umrisse schon auf mich warteten, als ich den Flur betrat.
Hübsches Bild, eins der Details, die dem Ganzen Relief geben, und wieder kein Selbstzweck sondern voll aus der Geschichte motiviert. Schön!

Über mir lästern die beiden Studentinnen mal wieder über einen ihrer Professoren
Über - über. Kleinigkeit, aber kannst du bei Gelegenheit mal ausräumen, wenn dir danach ist.

Ich habe gedacht, ich hätte es geschafft. Drei Monate ohne Träume, nur ruhige, einlullende Dunkelheit.
Hier mal ein Beispiel für aus meiner Sicht zu viel Ornament: "Drei Monate ohne Träume" - und Punkt: fänd ich wirkungsvoller.

Die Foto-Session und die Dialoge um den Vater ufern für meinen Geschmack etwas aus. Da sind schöne Sachen drin, aber irgendwie geht das Eigentliche unter, finde ich. Könnte gerne kürzer und knackiger sein.

Kurz und knackig ist dagegen das Ende. Jetzt weiß ich nur nicht, ob mir das nicht schon wieder zu kurz und knackig ist. Aber passt schon.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

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