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Wortexperiment. Einfach etwas ausprobieren.
Sanftmut
Es war Krieg.
»Der Tod wird fett in meinem Reich, er frisst aus meinen Reihen nur die Besten«, sagte König Hort zu seinem Hohen Rat und sein Herz krampfte.
»Gib auf«, riet ihm der Mönch.
»Schweig still, du Hund«, rief ein Recke, heiß im Blut, trat vor und zog den Dolch. »Halt dein Schandmaul, sonst öffne ich deinen Wanst und stopfe dein feiges Wort, zurück in deinen Kadaver.«
»Beachte ihn nicht«, sprach König Hort. »Der Mönch ist nur ein Mann des Worts, schwach auf der Brust und nicht von hohem Adel.«
»Karl ist unser ärgster Feind«, rief der nächste in die Runde.
»Er kegelt vor den Mauern, für uns zur Schmach, mit abgetrennten Heldenköpfen«, rief ein anderer.
»Eine Schande ist es, nichts zu tun. Sind wir denn alle alte Weiber? Fordere ihn zum letzten Kampf, wie unser Brauch es will.«
»Er wird’s nicht tun. Der Sieg ist ihm gewiss. Zu zahlreich ist sein Heer.«
»Versuchs mein König. Dieses eine Mal. Reiz sein Nerv. Er ist ein zorniger aufbrausender Mann. Schlag ihn mit List. Mit Tugend auch. Pack ihn bei seiner Ehre.«
Der König wandte sich erneut zum Rat. Stand auf vom Thron und hob sein Zepter.
»Nun gut. Genug geredet, es gilt dem Helden nur die Tat. Lasst unsre Schwerter sprechen. Schickt König Karl dem Schwarzen des hohen Greif, mein Siegel der drei weißen Löwen. Schnell schreib auf, es gilt der Brauch, von unsren Vätern zu Befolgen. Zum fairen Kampf fordere ich ihn auf, in aller Herrgottsfrühe. Vor unsrer Burg soll es geschehen. Dort und nur dort steck ich das Feld der Ehre ab und jeder stellt fünf Kämpfer.«
»Ist er toll geworden, dieser Hort?«, schrie König Karl, stampfte mit dem Fuß und starrt auf die Depesche. »Er fordert mich zum letzten Kampf heraus. Nach unseren Vätern Sitte. Frech ist er schon und mich dünkt, es ist sein letztes Aufbegehren.«
Er winkte hinüber zu dem General und dieser kniete vor ihm nieder.
»Schnell. Fünf Kämpfer brauch ich aus unsrem Heer und nimm die Besten.«
»Tu’s nicht mein König, es ist nicht Not, ihm Aufschub zu gewähren. Du weißt, der Sieg ist unser, er kann uns auf dem Felde nicht mehr schlagen.«
»Mich reizt sein Hochmut bis aufs Blut. Ich will sehen, wie der Wurm im Staube sich windet. Nun geh und tu mein Befehl, sonst wird dein Kopf, dort die Stange mir verzieren.«
Schnell waren die Kämpfer benannt. Helden aus hohem Hause. Die Besten der Besten standen bereit. Vor dem Schicksalsacker.
Karl erhob sich von seinem Thron und drohte Hort mit seiner doppelt geschliffenen Klinge.
»Wahrlich, ich habe das Orakel nach dir befragt. Steht die Sonne im Zenit, wird dein Blut diesem Sand eine neue Farbe geben.«
»Mach er nicht so viele Worte und fange er endlich an«, schmettert König Hort ihm entgegen.
»Wohl an, mir gebührt der erste Streich, denn du hast mich gefordert.«
Und er winkte dem Lanzenträger ganz in Schwarz, ein Sohn von Trojas Streiter.
Selbst Hektors Heldenblut floss durch die Adern dieses Krieges.
Der stürmte auf das Feld und schloss den Helm. Breitbeinig füllte er den Raum und ließ die Muskeln spielen.
Der Weiße stürmte mit Mut herbei und warf flink seine Lanze. Doch diese zischte am Ziel vorbei und bohrt sich in den Boden. Jetzt zog der Weiße rasch sein Schwert und schritt dem Schwarzen forsch entgegen. Dieser hatte den Angriff schnell erfasst und wich den Hieben aus. Der Weiße hob das Schwert zu hoch und verriet dem Feind seine Schwäche.
Der scharfe Speer stieß dort hinein und durchbohrte ihm die Lunge. Sogleich schoss Lungenschaum mit Blut, hinauf in seine Gurgel. Er fiel vornüber auf die Knie, der Körper beugte sich keuchend vor.
Ins Erdreich gepresst die schweißnasse Stirn. So fand er den Tod.
Triumphierend reinigte der Sieger seine Waffe am Rock des Opfers. Der Stolz hob ihm sein Kinn empor. So harrt er auf den nächsten Gegner.
»Der Kerl ist bedrohlich stark. Rasch schicke ihm die Stute.«
Es bäumte sich auf, ein angriffslustiges Vieh, aus dem Stall des Diomedes. Nur Herkules mit seiner Kraft, rang einst dieses Scheusal nieder. Ihr Futter war ein Klumpen Fleisch, ein wahrhaftig teuflischer Gegner.
Kaum war der Befehl gesagt, sprang sie den Schwarzen an. Zu spät gewahrte er das Biest und heftig traf ihn der Huf am Helm. Der Riemen riss und wertlos kollerte er am Boden. Da traf ihn gleich der nächste Schlag, er wankte und strauchelte, dann fiel er keuchend nieder. Jetzt schlug ihm das rasende Tier die Zähne ins Gesicht. Sein Röcheln vermählte sich im Todeskampf mit dem Atem dieser Bestie. Den Todeskuss, den er empfing, war hart und ohne Gnade. Ein lautes Knacken folgte sogleich und ließ ihm Kopf mit Kiefer bersten.
Hort hörte es mit Entsetzen.
Und zur Belohnung für sich selbst, fraß sie die Zunge, aus dem entstellten Schädel.
Darauf nahm das zornige Ross, mit weiten Nüstern drohend, den erkämpften Ort in seinen Besitz.
»Mach mir den Schimmel gefügig und reit ihn mir zum Abdecker. Schneid ihm die Mähne ab. Sie wird mein Kriegshelm zieren«, befahl König Karl und ließ den Riesen kämpfen.
»An mir hast du deinen Herrn gefunden. Du verdammtes Vieh. Wie du den meinen die Knochen brachst, so will ich’s dir auch vergelten«, schrie er dem Gaul entgegen. Hoch schwang er den spitzen Eisenstab und hieb mit aller Kraft auf die Hinterhand, des steigenden Pferdes. Die Sehne riss, der Knochen brach und schnitt dort das Fell in Fetzen. Laut schnaubend kam das Tier zu Fall, mit Wucht auf seine Flanke.
Mit ungezähmter Wut zermalmte er ihm, die gesunden Läufe.
Voller Schmerz wälzte es sich im Staub und kam nicht mehr zum Stehen. Er schlug es Tod und zog den Dolch, er tat’s wie ihm geheißen. Er schnitt am Ohr die Mähne ab. Mit einem wilden Schrei voller Stolz, hob er die blutige Strähne im Siegesrausch, dem Hort hochmütig entgegen.
»Schick den Elefanten. Den in der Mast, mit angespitzten Zähnen«, sprach Hort zu seinem Diener.
Kaum gesagt stampft er herbei und ließ den Boden zittern. Stolz hob er den Rüssel, dem Hort zum Gruß.
Vier Meter überm Grund wog er den Schädel hin und her, um seine Wildheit zu beweisen. Selbst Hannibal ließ Syrer an seiner Seite kämpfen.
Mit der langen Kette noch am Hals stampft Syrer zu dem Riesen.
»Zermalme ihn«, rief ihm einer nach.
Der Riese stand wie ein Berg und erwartete diesen Syrer. Im letzten Augenblick hob er den Eisenpfahl und stieß ihn in des Syrers Schlund. Getroffen stieg der Syrer hoch und warf sich auf den Riesen. Unter Syrer fand er den Tod. Auch Syrer schloss mit ihm für immer seine Lieder.
»Ich sagte schon, du bist ein Narr und sehe deine Krone wanken. Selbst deine Ehre nehme ich dir und häng dich neben diesem Dieb, dort drüben an den Galgen.«
»Lass gut sein, Karl. Schick mir den Edelsten, aus deinem Lager, ich werde mit ihm streiten.«
»Du? Selbst für ein Weib bist du zu schwach.«
Hort stieg in seinen Waffenrock und sein Geschmeide legte er nieder. Ein Raunen ging durch sein Kriegsgefolge. Und Weiber hörte er wehmütig von der Burg her schreien.
»Der König kämpft, allein nur für uns. Mögen ihn die Götter schützen.«
Karl hob zum Zeichen einen Finger, sogleich stürmte eine Amazone hoch im Wuchs auf den Todesacker.
In ihrer Hand lag Labrys. Hungrig, gleißend und scharf geschliffen.
Eine Fürstin edel und schön, doch lass dich nicht vom Aussehen täuschen. Im Kampf ist ihr Gnade fremd und tötet jeden Gegner. Ihre Mutter ist die Windsbraut und die Tochter heißt Aella.
»Mein Gott Karl, was tust du da. Du schickst auf die Schlachtbank deine Tochter.«
»Sie ist das Beste, was ich habe. Die kannst du nicht besiegen.«
Sie hob das Beil und schlug ein auf Hort und dieser musste sich heftig wehren. Nicht stark, doch schnell hieb die Windsbraut die Axt in schwache Stellen. Sie traf mal hier und mal da und er blutete aus vielen schmalen Wunden.
Sie erschien zu flink von allen Seiten und um im Rücken frei zu sein, lehnte Hort sich an den toten Syrer. Aella hieb nun von vorn auf ihn ein und kam ihm immer näher.
Hort verlor sein Schild und in höchster Not griff er nach Syrers Eisenkette. Ein starker Ruck, dann spannte sie sich und traf Aella an der Ferse. Die Windsbraut strauchelte kurz und Hort erhaschte ihren Arm. Er drehte ihn um und entriss ihr das mörderische Beil. Doch sie entwand sich und zog den verborgenen Dolch.
Sein Schwert blitzte auf und heftig traf er sie am Helm. Ein Seufzer kam noch aus ihr, dann sank sie ohnmächtig vor ihm nieder. Sie erwachte mit seiner Klinge auf ihrer Brust und schloss die Augen wieder. In Erwartung auf den Todesstoß, doch Hort zögerte, und sah zu Karl hinüber.
»Ich bitte dich, erhalte sie mir am Leben«, rief der entsetzte Vater.
»Du jammerst wegen einer Seele und mähst tausend andere reuelos nieder?«
»Sie ist meine Tochter. Mein Herzblut. Mein Juwel. Und mir zum Ruhm wird sie viele Kinder gebären.«
»Was sagst du da! Auch ich bin ein Mann und gesalbt von Gottes Gnaden. Mein Kind, ist das Volk und ich bin deren Diener. Vater und Mutter bin ich zugleich und lieb sie alle innig. Nach Frieden sehnt sich mein Herz, nicht nach Heldentaten. Schau dich um so viele Tode. Kamst du leben nur mit Leichen? Nun denn, dann machts nichts aus, wenn ich sie dir enthaupte.«
»Halt ein, ich kämpfe selbst um sie. Lass sie Leben.«
»Schon wieder Kampf, ich bin es leid. Die Dummheit stirbt wohl erst nach den Menschen.«
Hort nahm sein Schwert und schritt zum Entsetzen seiner Männer hinüber zu Karl und öffnete seinen Rock.
»Hier, nimm mein Schwert. Ich will die Klinge nicht mehr mit deiner kreuzen. Was nützt im Krieg mir ein großer Sieg. Gewinnen kann hier keiner, denn bald wirst du dich rächen.
Stoß nun die Klinge mir tief ins Herz und lass mein Volk dafür in Frieden."
»Du lässt mir die Tochter am Leben? Mein Fleisch und Blut. Und bietest du stattdessen deines?
Wahrlich, mir geht das Auge auf. Ich sehe, Sanftmut ist deine Natur und nur ein großer König wagt sie zu leben. Mit Stolz reiche ich dir die Hand zum Bund. Ich will mit dir den Frieden.“