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Rote Blume
Und während sie so sass, unbeteiligt und versunken in den unnützen Gedanken in ihrem Kopf, bemerkte sie ihn nicht. Auch wenn er ziemlich laut war und sich durch ihn alles zu bewegen schien, sass sie weiterhin nur da. Der Regen vermischte sich mit ihren Tränen, die heiss über ihr Gesicht rannen. Doch sie, sie sass nur da und schaute zu.
Später, als man sie danach fragte, weshalb sie nichts getan habe, nicht reagiert habe, konnte sie keine Antwort geben. Sie wusste nur, dass ihr damals danach war, dazusitzen und gar nichts mehr zu spüren. Sie sass da und schien nachzudenken damals, aber in Wirklichkeit war ihr Kopf leer, als wolle er sie schützen, vor dieser Grausamkeit.
Jetzt, sitzt sie wieder da, versucht zu denken aber es scheint nicht zu funktionieren. Das Zimmer ist zu leer, um zu denken. Es ist alles weiss und hell, ungemütlich, weil es zu schön ist, zu perfekt um sich wohl zu fühlen. Wie lange sie noch hierbleiben muss, wollte sie heute wissen. Aber Meike, du weisst, dass du gesund werden musst. Sie glaubt aber nicht, dass ihr das hier hilft. Die rote Blume in der Vase ist neu und sie schafft es fast nicht sie anzusehen. Rot, war eine Farbe die sie geliebt hat. Feuer, Leidenschaft, Sehnsucht und Leben. Aber jetzt ist sie nur noch der grausame Tod. Er hat ihr sogar die Lieblingsfarbe weggenommen, alles, bis auf das Letzte Stück schreckliche Leben, welches ihr jetzt noch bleibt.
Damals, hatte die Kleine ihre Puppe dabei, aber diese war danach voller Blut und deshalb hat sie die Puppe weggeschmissen. Weggeschmissen wie den Rest. Alles was sie an das Kind erinnerte war irgendwo weggeschlossen. Und an ihn? Ja, er. Tränen laufen über ihr Gesicht, als sie bemerkt, dass sie es sogar geschafft hat sein Gesicht zu vergessen. Sie kann ihn sich nicht vorstellen, in einer Zelle, hinter Gittern, darauf wartend, herauszukommen und auch sie zu einer roten Masse zu machen. Nein, sie kann es nicht weil ihr sein Gesicht fehlte. Es ist weg, versteckt in einer Schublade. Wie alles, ausser die Erinnerungen an diesen Tag, die zu schlimm sind, um sie zu verdrängen. Sie spürt seinen Atem, den Regen, alles.
Damals hat sie es nicht gespürt, sie hat Geschehen lassen, was geschehen musste. Aber sie vergass, dass seine Wut zu gross war um nur sie zu töten. Sie vergass ihr Leben, das ein Stück links von ihr spielte. Aber heute, sieht sie jeden Tag ihr totes Gesicht und auch das seine, wie er lacht und ihr klarmacht, dass er sie spüren lassen will, was es heisst zu verlieren. Und sie? Sie sass nur da, rührte sich nicht und schaute zu wie er ihre Tochter umbrachte und lachte, sie sah direkt in seine Augen und erkannte nichts, was sie jemals gekannt haben sollte. Warum hatte sie nicht nachdenken können? Sie hatte seine Ankunft gespürt, gemeinsam mit dem Regen schien er aus der Richtung des Waldes zu kommen. Das Kind rannte seinem Vater entgegen und sie drehte sich um und sah rot und sass da. Weinte und spürte nichts ausser Tränen auf ihrem Gesicht. Sie nahm weder die schockierten Wanderer wahr, noch die Polizeiautos und Krankenwagen. Später, als sie hier in diesem Zimmer erwachte, hatte sie das Gefühl, zu jenem Zeitpunkt irgendwo anders gewesen zu sein und zu beobachten. Wie in einem Film, sie an diesem Fluss mit dem roten, durchnässten Sommerkleid. Es war der letzte Moment, an dem sie sich noch wirklich auf dieser Erde befand.
Jetzt sitzt sie da, versucht zu fühlen, zu denken, als ihr klar wird, dass dies nie wieder die gleiche Bedeutung für sie haben wird, dass der Arzt ihr nur sagen will, dass sie hier nie wieder weggehen können wird. Sie ist gefangen, in einem Zimmer der Leere und in einem Körper, einem Menschen, den sie nie wieder respektieren geschweige denn Lieben kann. Ein Körper ja, der Mensch darin ist weg seit sie ihre Tochter hatte sterben lassen. Und dann, nimmt sie die rote Blume aus der Vase,macht eine schnelle Handbewegung und schon liegt die Vase zersplittert am Boden. So zerstört und kaputt wie sie und ihr Leben. Eine einzelne grosse Scherbe hebt sie auf und legt sich hin. In der Hand die Blume, die man anschliessend in dem roten Meer nicht mehr wird erkennen können...