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Rosenrot

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02.01.2002
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Rosenrot

"Männer sind alle Scheiße", seufzte Anna und nahm ihre Freundin fest in die Arme. "Es war das einzig Richtige, diesen Mistkerl zu verlassen." Sarah schluchzte auf.

"Dieser Wichser", brachte sie heiser hervor und putzte sich geräuschvoll die Nase. Anna konnte sich ein kleines Lächeln nicht verbeißen.

"Recht hast du, Süße", sagte sie leise, während sie ihr immer wieder über die verstrubbelten Haare strich. "Du bist viel zu wertvoll für so einen Spinner. Hast ihn hoffentlich ordentlich in den Arsch getreten, bevor du abgehauen bist."

Sarah murmelte etwas Unverständliches, das sich so anhörte, als ob sie ihn am liebsten umgebracht hätte. Dann schwiegen beide einen Moment lang. Nur ihr Atmen und das Knistern des Kaminfeuers waren im Raum zu hören.

"Aber im Ernst, du hast ihm hoffentlich für immer Adieu gesagt", fuhr Anna dann sehr ernst fort. "Der Scheißkerl gehört zu der Kategorie von Männern, die man ein für allemal abhaken muss." Sie sah ihrer Freundin eindringlich in die Augen. "Für immer, hast du gehört?" Sarah nickte gehorsam.

Anna atmete tief durch und fuhr sich durch die kurzen, schwarzen Locken.

"Lass uns drüber reden, wenn du magst. Etwas Tee, hm?"

Anna sah mitfühlend in Sarahs verheulte Augen, bevor sie ihr eine Tasse einschenkte und ihr ein paar Kekse auf den Teller legte. Das Feuer warf zuckende Schatten auf ihr Gesicht, die ihr ein seltsam exotisches Aussehen verliehen.

"Es ist vorbei mit ihm", flüsterte Sarah in die Stille hinein. Anna setzte sich ihr gegenüber in einen Sessel und blickte sie aufmerksam an.

"War heute Abend wieder bei ihm", begann Sarah ihre Erzählung. "Irgendwie spürte ich schon von Anfang an, dass etwas nicht so ganz stimmte. Zuerst war er ja sehr nett - so wie immer. Ich hatte darauf geachtet, dass mich niemand beobachtete, als ich in seine Straße einbog. Das war ja immer so'n bisschen riskant. Bin dann ins Haus und er hat mich total lieb empfangen." Sie schnaubte verächtlich. "Sagte, ich sähe ja wer weiß wie toll aus und reichte mir direkt einen riesigen Rosenstrauß. Ich sah wirklich toll aus, hatte mein neues Kleid an ... ganz in Rot. Rot stand mir am besten, hatte er immer gemeint." Unwillkürlich kauerte sie sich zusammen und zog die Beine an. Ihr Blick glitt an Anna vorbei an die Wand. Die Schattenspiele darauf waren fast hypnotisierend.

"Er zog mir den Mantel aus und ging schonmal vor ins Wohnzimmer, wo eine Menge Kerzen brannten. Ganz romantische Atmosphäre, sozusagen. Ich guckte noch schnell in den Spiegel, um mein Make-Up zu kontrollieren und war zufrieden mit mir - so gut hatte ich wohl schon lange nicht mehr ausgesehen."

Anna drückte ihre weiche Hand.

"Im Wohnzimmer war es dann ziemlich heiß. Vielleicht auch wegen der vielen Kerzen. Mir stieg die Hitze schnell zu Kopf und ich fand es ein bisschen stickig. Aber es war ja lieb gemeint, und deswegen sagte ich nichts.
Roland hatte sich mit dem Essen reichlich Mühe gegeben. Ein richtiges Menü stand auf dem Tisch, mit Vor- und Nachspeise und allem Drum und Dran. Ich war erst einmal fast sprachlos, denn auch wenn er sich meistens wie ein Kavalier benahm, hatte ich so etwas nicht erwartet." Sie legte eine kurze Pause ein, um sich erneut die Nase zu putzen. Dann fuhr sie mit verschnupfter Stimme fort:

"Ich fragte ihn scherzhaft ob ich meinen, oder noch besser, seinen Geburtstag vergessen hatte und er lachte verlegen. Nein, es solle ja nur ein schöner Abend werden und er wolle, dass ich mich so wohl wie möglich fühlte. Das war ihm fürs Erste gelungen. Ich ließ mir diese Verwöhnerei gerne gefallen und probierte vom Essen - es schmeckte köstlich."

Sarah schwieg und starrte versonnen vor sich hin. Ihre brauen Augen waren halb geschlossen. Anna seufzte.

"Sei froh, dass es vorbei ist", sagte sie leise zu ihr. Sarah reagierte nicht, dann zuckte sie mit dem Schultern und sprach weiter.

"Aber ich war ja nicht blöd, ich ahnte schon, dass es auf irgendetwas Besonderes hinauslaufen würde. Auch Roland war nur ein Mann, und man kennt das ja nur zu gut - wenn sie etwas wollen oder irgendwelche schlimmen Sachen anstehen, packen sie immer ihre besten Manieren aus." Bei diesen Worten verkrallten sich ihre Finger unwillkürlich in das Kissen, das in ihrem Sessel lag. Sie drückte es an ihren schlanken Körper.

"Und natürlich war nicht alles eitel Sonnenschein, so wie das Schwein mir die ganze Zeit verklickern wollte. Nach ungefähr einer Stunde rückte er damit heraus, dass es ein paar Schwierigkeiten gäbe.
Nun, ich hatte mir schon so im Vorfeld meine Gedanken gemacht. Seine Frau war mal wieder für ein paar Tage im Krankenhaus, deswegen konnten wir uns ja auch bei ihm treffen. Ich hatte nie so ganz genau erfahren, woran sie denn eigentlich erkrankt war, es war irgendeine Rückengeschichte, soviel wusste ich. Alle paar Jahre musste sie operiert werden und alle paar Monate gab es einen längeren Krankenhausaufenthalt - und alle paar Wochen fuhr sie übers Wochenende zu ihrer Schwester um sich dort zu erholen, während Roland offiziell im Büro Überstunden machte und inoffiziell mit mir vögelte."

Sie lachte bitter auf.

"Ich hatte mir überlegt, dass es wohl mit seiner Frau zusammenhängen würde. Vielleicht war sie misstrauisch geworden und wir mussten uns ab jetzt woanders treffen? Oder womöglich würde er die nächsten Wochenenden mal mit ihr zu seiner Schwägerin fahren? Alles keine besonders prickelnden Aussichten für mich, aber damit würde ich vermutlich irgendwie leben müssen."

Mit düsterem Gesichtsausdruck trank sie einen Schluck Tee. Das heiße Getränk erfrischte ihre trockene Kehle. Das Feuer war mittlerweile kleiner geworden und der Raum hatte sich noch mehr verdunkelt. Anna war ein einziger, großer Schatten auf einem Sessel. Auch Sarahs Gesicht war kaum mehr zu erkennen.

"Es kam dann aber alles anders. Es war noch viel schlimmer. Er fing an herumzustottern und sagte plötzlich, wie wunderschön er mich fände und was für eine tolle Frau ich sei. Er habe Wahnsinnsglück gehabt, dass ich mich überhaupt mit ihm eingelassen habe. Und überhaupt sei ich das Beste, was ihm je passiert sei." Ihre Stimme begann bedenklich zu schwanken. "Er sagte, er würde alles, was er besäße hergeben, wenn er die Situation dadurch ändern könnte. Das Schicksal habe es verdammt nochmal schlecht mit uns gemeint. Er sei da an seine Frau gebunden, obwohl er am liebsten mit mir ein neues Leben anfangen würde." Sarahs Atmen wurde lauter. "Ich saß da und hörte mir alles an, was er zu sagen hatte. Das meiste war bislang nichts Neues für mich. Ich hatte schon oft von ihm gehört, dass er an Scheidung denken würde, dass ich im Grunde die Einzige für ihn sei. Immer wieder die gleiche Kacke."

Sarah brach ab und schluchzte leise. Sofort rückte Anna an sie heran und legte zärtlich den Arm um ihren zuckenden Körper.

"Schsch ... alles wird gut .... ", raunte sie ihr liebevoll zu und hauchte ihr einen Kuss aufs Ohr. Sarah wischte sich über die tränenden Augen und warf Anna einen dankbaren Blick zu.

"Er raspelte die ganze Zeit Süßholz", fuhr sie in kehligem Ton fort, "bis er dann auf einmal eine Pause machte und anscheinend nicht weiter wusste. Ich ahnte, dass jetzt das dicke Ende kommen würde. Dieser Mistkerl." Sie schniefte. Ihre Lippen bebten. "Dann sprach er von seiner Frau, diesem blöden Weib. Dass es diesmal ein längerer Krankenhausaufenthalt sei. Es stehe ernst um sie, ihre Schmerzen würden immer größer werden." Höhnisch äffte sie Rolands Tonfall nach:

"Meine arme Frau, es geht ihr so schlecht. Du musst das verstehen Liebling, ich kann sie jetzt nicht einfach so im Stich lassen. Sie hat mich gebeten für sie dazusein und dazu stehe ich auch. Ihre Behandlung wird sehr schmerzhaft sein, sie leidet so - ich muss jetzt für sie dasein, verstehst du das nicht?"

Die letzten Worte gingen in einem Weinen unter, aber Sarah fasste sich rasch wieder und sprach schnell weiter, ehe die Tränen sie übermannten.

"Ich saß da wie betäubt. Er brauchte gar nicht mehr zu sagen, ich wusste haargenau, was er damit mitteilen wollte - es war aus. Darauf lief es hinaus. Ich bekam kaum noch Luft, stand wie unter Schock. Alles rauschte, meine Ohren waren wie verschlossen, mein Kopf drehte sich innerlich, das Wohnzimmer, die Kerzen, alles verschwamm ... " Sie schloss automatisch die Augen.

"Er wusste wohl erst nicht, wie er reagieren sollte. Sonst waren wir nach einem guten Essen immer ficken gegangen. Und jetzt hatte er mir den Laufpass gegeben."

"Dieses Schwein", sagte Anna so leise, dass Sarah im ersten Moment nicht sicher war, ob sie es wirklich gehört hatte.

"Und was für eines ... ", gab sie zitternd zurück. "Wie oft hatte er mir gesagt, ich sei die große Liebe seines Lebens, wie oft ... und jetzt hieß es nur noch Ich muss für meine Frau dasein, wir können uns nicht mehr treffen." Sie lachte trotzig auf. "Verarschen kann ich mich doch alleine, dafür brauche ich keinen Kerl. Und das sagte ich ihm dann auch." Sie schwieg kurz. Ihr feingeschnittener Mund verzog sich zu einem unheimlichen Lächeln.

"Ich sagte es ihm mitten in sein dämliches Gesicht: Sag mal, denkst du ich bin wie eine Hure, die man wegschicken kann, wenn es einem passt?" Hasserfüllt spie sie die letzten Worte aus. Sie ergriff das Kissen auf ihrem Schoß mit beiden Händen und schleuderte es in Richtung Kamin. Anna zuckte erschrocken zusammen.

"Beruhig dich, Süße", begann sie unsicher und machte eine hilflose Geste mit der Hand. Sarah schüttelte wild den Kopf, ihr Zopfband löste sich und flatterte zu Boden. Ihre Augen funkelten.

"Ich habs ihm gegeben", zischte sie zwischen zusammengepressten Lippen hervor, "ich hab diesem Scheißkerl gegeben, was er verdient hat!" Sarahs Stimme wurde höher und drohte sich zu überschlagen. "Ich hab ihm gezeigt wo's langgeht, ich ... ich hab meinen Teller genommen und auf den Boden geknallt. Roland sah so blöd aus, dass ich am liebsten gelacht hätte. Ich hab ihm gesagt, was er für ein verdammter Hurensohn ist und was ich von seiner beschissenen Frau halte!" Ihr Atem ging stoßweise.
"Und er ... dieser Arsch stand einfach nur da und starrte mich an, dann hob er irgendwie die Hände und sagte Liebling, oder irgend so einen Scheiß den er aus'm Fernsehen kennt, und ich schrie, dass ich längst nicht mehr sein Liebling bin und er mir sowieso egal sei und dann kam er an und versuchte mich wohl in den Arm zu nehmen, oder festzuhalten, oder ... oder sowas in der Art, ich weiß es nicht."

Wie ein kleines Kind wiegte sich Sarah vor und zurück, die Arme um die Knie geklammert, während ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Anna wagte sich nicht zu rühren.

"Ich dachte ich muss kotzen, als er mich anfasste", wimmerte Sarah. "Ich stieß ihn zur Seite und brüllte ihn an was er sich dabei denken würde, er hatte kein Recht mehr, mich zu berühren. Ich wollte noch nicht mal, dass er mich ansieht." Ihr keuchender Atem ging in ein Würgen über.

"Da lief er auf einmal ganz rot an und schrie zurück, dass ich eine Schlampe sei ... dass ich doch gewusst hätte, dass er verheiratet ist und er zu seiner Frau stehen müsse." Sarah stöhnte und krallte ihre Fingernägel in ihre weißen Wangen.

"Ich könne niemals von ihm verlangen sich scheiden zu lassen und mit seiner Frau sei er immerhin seit fast zwölf Jahren zusammen ... und das würde er nicht einfach so aufgeben für ... für eine dahergelaufene -... " Weinend brach sie ab und krümmte sich wie unter großen Schmerzen zusammen.

Augenblicklich saß Anna neben der Freundin und legte den Arm um sie. Unablässig flüsterte sie ihr Koseworte zu und strich dabei die schweißnassen Haare aus der glühenden Stirn.

"Es ist vorbei, mein Kleines", raunte sie Sarah zu, während ihr selbst ebenfalls die Tränen aus den Augen flossen. "Alles ist vorbei, alles wird gut ... du bist ihn los, du bist frei von diesem Scheißkerl ... "

" ... Messer genommen ... "

"Was sagst du?", fragte sie vorsichtig. Sarah befreite ihr verheultes Gesicht aus Annas Pullover. Ihre Zähne klapperten wie im Fieber aufeinander. Die glasigen Augen starrten ins Leere.

"Hab das Messer genommen", wiederholte sie schwach. " ... alles rot ... "

"Was ist? Ich verstehe dich kaum ... "

"Alles rot ... wie die Rosen auf'm Tisch ... ", wiederholte Sarah ohne auf Anna zu achten. "Musste es tun ... hat mir so wehgetan ... wollte mich anfassen ... durfte nicht ... " Sie weinte leise. "Messer lag da ... genommen ... reingestoßen ... alles rot ... seh ihn nie wieder ... nie wieder ... "

Das letzte Scheit im Kamin fiel in sich zusammen.

 
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So, dank des Serverausfalls ist die Kritk von Visualizer und meine Antwort irgednwo im Nirvana. :dozey:
Ich schreibe meine Antwort trotzdem mal (hab sie zum Glück gespeichert), weil ich die Kritk interessant fand. Visualizer hatte sich sehr über die Protagonistin aufgeregt, die durch ihr Verhalten und ihr Handeln unsympathisch wirke und für die es kein Verständnis gäbe. Das wollte ich etwas relativieren ... :

Ich wollte damit auf keinen Fall moralisieren und die Frau als Undschuldsengel darstellen. Sie soll noch nichtmal sympathsich rüberkommen. Ich hab versucht das ganz neutral zu machen und der Leser soll selbst urteilen.

"Gewagtes Spiel" heißt hier nicht, dass es nur eine Spielerei ist, es ist mehr eine Metapher für das Ganze, bon einem Außenstehenden betrachtet. Für Sarah war es nicht nur ein Spiel mit dem Feuer, sondern echte Liebe. Geliebte zu sein heißt ja nicht nur mit dem Mann zu schlafen (manchmal noch nichtmal das), sondern einfach, dass man jemanden liebt der schon vergeben ist. Es ist sehr ehrenhenhaft wenn man sich dann zurückzieht, aber ich kann es gut verstehen wenn man das nicht tut und stattdessen alles gibt um an den Mann zu kommen - vorausgesetzt, er erwidert die Gefühle.

Bei Sarah habe ich eine Liebesbeziehung vorausgesetzt. Roland liebt Sarah und sie hat ihm alles gegeben was er von seiner Frau weder bekam noch wollte - nicht nur das Körperliche, sondern auch Gefühle, alles eben. Er hat sich nicht scheiden lassen, weil er dennoch an seiner Frau hing und sie ihm Leid tat wegen ihrem Krankheit und er ihr eine Stütze sein wollte. Für Sarah deprimierend, aber kein Grund um aufzugeben. Und Roland hat ihr Hoffnung gemacht dass er sich früher oder später von seiner Frau entgültig trennt.
Natürlich ist das kein Freifahrschein für ihr Handeln. Selbstjustiz ist mir zuwider und ich möchte das sicher nicht beschönigen.

Warum verliebt sie sich auch in ein Arschloch?
Weil man sich niemals aussucht, in wen man sich verliebt. ;) Wenns passiert, dann passiert es eben und dann spielt es für die Gefühle keine Rolle ob der Mann verheiratet ist oder am Südpol lebt, es lässt sich nicht steuern. Und wenn man liebt, dann geht man auch Risiken ein oder man erträgt viel mehr als das unter normalen Umständen möglich wäre. Liebe lässt die Grenzen verschwimmen.

Ich meine, Sarah hat den Mann verloren den sie geliebt hat, es ist nur verständlich dass die durchdreht als er ihr eröffnet dass er plötzlich nur noch für seine Frau dasein wird die die Monate zuvor kaum eine Rolle gespielt hat - verheiratet zu sein heißt ja nicht glücklich zu sein.
Dass sie ihn dann umgebracht hat ist nicht okay und soll von mir nicht beglückwünscht werden. Es soll einfach nur zeigen, wozu Menschen aus zurückgewiesener Liebe fähig sind. Aus Liebe geschehen manchmal sowohl die schönsten als auch die schrecklichsten Dinge auf der Welt.

 

Ja, echt schade um meine wirklich hervorragende Kritik! ;)

Leider speicher ich sowas ja nicht. Und dein Zitat ist halt dadurch jetzt natürlich auch aus dem Zusammenhang gerissen und kein Schwein versteht, was ich damit ausdrücken wollte. Deshalb raff ich mich noch einmal dazu auf, meine Gefühle, die ich beim Lesen dieser Geschichte hatte, ansatzweise noch einmal abzurufen und wiederzugeben ... ;)

Mir persönlich ist Sarah extrem zuwider. (Den Satz weiß ich noch.) :D
Die Geschichte handelt von einer jungen Frau, die bei mir extrem egoistisch und derb rüberkommt. So wie sie sich gebärdet, wie sie über ihre "Beziehung" zu Roland spricht, wie sie sich auf kleines Mädchen zusammenkauert und sich von ihrer Freundin trösten läßt und nicht zuletzt wie sie handelt, ist das für mich kein Mensch, der begriffen hat, was Liebe eigentlich ist oder sein kann oder sollte.
Sie läßt sich auf das "gewagte Spiel" (ich bleib bei der Formulierung, weil es nichts anderes in meinen Augen ist) mit einem verheirateten Mann ein und erkennt nicht, welche besondere, Sensibilität erfordernde Rolle ihr dabei zukommt bzw. scheint es ihr scheißegal zu sein, sind wir doch ehrlich. Beide nehmen sie mehr in dieser "Beziehung", als sie geben. Sie treffen sich heimlich und scheinbar geht's dabei auch immer nur um das eine: "Ich hatte darauf geachtet, dass mich niemand beobachtete, als ich in seine Straße einbog. Das war ja immer so'n bisschen riskant.", "Alle paar Jahre musste sie [seine Frau] operiert werden und alle paar Monate gab es einen längeren Krankenhausaufenthalt - und alle paar Wochen fuhr sie übers Wochenende zu ihrer Schwester um sich dort zu erholen, während Roland offiziell im Büro Überstunden machte und inoffiziell mit mir vögelte." - Sehr sympathisch ...

Was ich darin sehe, ist eine Frau, die sich einfach daran aufgeilt, einer anderen heimlich den Mann auszuspannen. Wo, in Gottes oder wessen auch immer Namen, ist das LIEBE??!!! (Ich reg mich schon wieder auf ...)

Ich sag dir was ich unter "Liebe" in so einer Situation verstehe: Erstens mit offenen Karten spielen. Das heißt, sich nicht bis in alle Ewigkeit heimlich zu treffen, sondern früher oder später klare Fronten zu schaffen, einfach auch aus Respekt der anderen Frau gegenüber, auch wenn ich sie nicht kenne. Und auch aus Respekt vor mir selbst! Den Mann also ab einem gewissen Zeitpunkt vor eine Entscheidung stellen und im Notfall mit der Entscheidung gegen mich zu leben. Das signalisiert Wertschätzung und Wahrhaftigkeit. Wenn ihm das nicht reicht, um sich für die Geliebte zu entscheiden, dann ist scheinbar auch keine Liebe im Spiel und das ganze sowieso zu vergessen. Dann weiterhin auf ihre "Rechte" nach einem "geilen Fick nach dem Essen" zu pochen, gehört zum Niedersten was ich mir vorstellen kann. Und deshalb hab ich nicht den allerkleinsten Funken von Verständnis für ihre Reaktion. Aber nicht den allerkleinsten. ;)

Aus diesen Gründen kann ich einfach nicht nachvollziehen, dass du darauf bestehst, dass es für Sarah "wahre Liebe" war. Ich mein, vielleicht ist das in ihrem kleinen, schmutzigen Leben (man hört hoffentlich, dass ich sie nicht leiden kann) der Inbegriff von Liebe, aber dann hat sie, meiner Meinung nach, eine Menge nicht verstanden und ist im aller besten Fall nur noch mitleiderregend, mehr nicht.

Mag sich alles nach selbstgerechtem Moralapostel-Gequatsche anhören, aber ich hab einfach meine Grenzen, wenn's darum geht, Verständnis für bestimmte Situationen aufzubringen.

Und um es noch einmal für alle Neu-Leser dieser Kritik zu sagen: Ich hab nichts gegen Ginnys Geschichte an sich, ist ja gut geschrieben, ich kann nur diese ... Frau ... nicht ausstehen, das ist alles. ;)

Grüße
Visualizer

 

Naja - was Sarah da Anna über die Beziehung sagt klingt vielleicht sehr danach, dass es nur ein Spiel war etc - aber sie ist ja wütend auf Roland und stellt es alles negativer da, als es vielleicht war. Wenn jemand Schluss macht denkt der andere sicher nicht erst an die tollen Seiten der Beziehung sondern hasst den anderen erstmal nach dem ersten Schock. Dass Sarah gegenüber Anna so höhnisch über das Gewesene spricht soll eher auf ihren momentanen Gemütszustand zurückzuführen sein, in dem sie sich bestimmt nicht neutral über die Beziehung äußert. Sympathisch kommt das nicht rüber - aber sie spricht nicht wohlkünberlegt und eiskalt, sondern sie steht unter Schock und ist fassungslos über die Trennung. Ich glaube, aus so einer Situation kann man nicht schließen, wie die Partnerschaft vorher verlaufen ist.

Und ja, sicher wäre es das Beste reinen Tisch zu machen, die Ehefrau einzuweihen und die Konsequenzen zu ziehen, aber dass dies nicht geschah ist sicher nicht Sarahs Schuld, denn das ist die Aufgabe des Ehemannes, nicht der unbekannten Geliebten. Und Roland hat Sarah vertröstet, wollte seine Frau scheinbar nicht verletzen, wollte für sie dasein und hatte Mitleid mit ihr, wollte sich nach wie vor noch um sie kümmern. Verdammt hart für Sarah.

Wie hätte Sarah sich denn verhalten sollen? :confused:
Sie kann ja schlecht selbst zur Frau gehen und sagen "Ich liebe Ihren Mann, lassen Sie sich scheiden."
Dass sie Roland nicht dazu gedrängt hat war vielleicht sogar ein Zug von Sensibilität weil sie es - wenn auch mit Schmerzen - akzeptiert hat, dass seine Frau ihm nach wie vor etwas bedeutete.
Und wenn sie ihn verlassen hätte, wäre das zwar sehr ehrenhaft meiner Ansicht nach, aber die wenigsten Menschen können denjenigen verlassen den sie lieben. Ich könnte es auch nicht.

Dass die Situation nicht idel ist sieht man ja - aber manchmal muss man eben das kleinste Übel wählen für alle Beteilgten und das war wohl diese Dreierkonstellation ...

 

"Ich liebe Ihren Mann, lassen Sie sich scheiden."

Das wär doch mal ein guter Satz, mit dem man eine neue Kurzgeschichte einleiten könnte oder? :D

 

Hi, little Ginny

Du setzt viel auf Dialoge, wie mir auch schon bei anderen Geschichten von Dir aufgefallen ist. Nicht jeder schafft das, es gibt Autoren, deren Texte ins Primitive abdriften, wenn sie ihren Prots Stimme verleihen.
Bei Dir allerdings machen gerade die Gespräche den Charme aus, denn „Du“ redest, wie jeder von uns reden würde, nicht gekünstelt und nicht aufgesetzt, sondern natürlich und nachvollziehbar.
Normalerweise mag ich Ausdrücke wie „Scheisse“ oder „Ficken“ nicht in Texten, ich bin da vielleicht etwas eigen ... aber hier passen sie ausnahmsweise mal hin, immerhin benutzen wir alle derartige Ausdrücke, wenn wir auf jemanden wütend sind, und wie bereits oben erwähnt, das macht Deinen Text glaubwürdig.
Wie ich aus den Kritiken rauslesen konnte, hast Du den Text schon geändert. Trotzdem, muß ich Dir sagen, daß mir von Beginn an klar war, daß Sarah ihren Freund umgebracht hat und das Deine eigentliche Pointe ist. Man kann die Pointe nicht direkt aus dem Text heraus erkennen, aber der gesunde Menschenverstand verrät, daß die Story zwangsläufig darauf zusteuert.
Außerdem, little Ginny, zwei Frauen unterhalten sich über Männer ... da MUSS der Mann ja schlecht wegkommen...
Daß Sarah derart überzogen reagiert ist zwar nicht ganz so glaubwürdig, aber dennoch nachvollziehbar. Wenn sich eine Frau mit einem verheirateten Mann einläßt, dessen Frau dazu krank ist, muß sie immer damit rechnen, abgeschossen zu werden.
Hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht...und daß Du keine Mörderin bist ... soll man das glauben ???

Liebe Grüße Micha

 

Hi Micha,

little Ginny freut sich sehr über Deine Kritik. :D
Ja, die Dialoge sind hier wieder mal sehr dominant, ich sollte mich wirklich mal an einen Drehbuch versuchen glaub ich ... *hehe* ;-)
Dass Du die Pointe aber so früh erraten hast ist nicht in meinem Sinne. :sad:
Trotzdem freut's mich, wenn Dir das Lesen Spaß gemacht hat, das ist die Hauptsache und mein Anliegen.

...und daß Du keine Mörderin bist ... soll man das glauben ???
:naughty:

LG
Ginny

 

Hallo Ginny-Rose,
wann werden die Frauen denn mal schlauer und lassen die Finger von verheirateten Männern?
Wahrscheinlich erst, wenn die verheirateten Männer nicht mehr baggern.
Die vielen Vorteile bei kg. bringen, wie ich meine aber auch einen Nachteil mit sich: Wenn eine Geschichte unter Spannung gepostet wurde, erwartet man schon ein entsprechendes Ende.
Man fragt sich dann: Wie hat sie's gemacht? Auf diese Art von Affekthandlung war ich aber nicht vorbereitet und das macht Deine Geschichte für mich u.a. wohl auch so gut. Ich war auf einen coolen Rachemord gefasst aber dann die Betroffenheit von Sarah, kam gut.

Gute Geschichte, gut geschrieben, Kompliment.
Gruß Manfred

 

Hi Dreimeier,

vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren der Story. :-)
Hm, Du gehörst auch zur Fraktion derer, die das Ende schon sehr früh erahnt haben.
Das passt mir aber nun gar nicht. :-(
Ich denke drüber nach, sie nach "Sonstige" verschieben zu lassen, da hat man dann gar keine Erwartungshaltung und wie schon ganz zu Anfang mal ein Kritiker angemerkt hat - direkt "spannend" ist sie ja auch eigentlich nicht. Nicht in der Art wie es ein Krimi ist, oder so.
Danke fürs Kompliment. :)

Gruß,
Ginny

 

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