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Rauchen für den Frieden

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14.08.2001
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Rauchen für den Frieden

So, so, Chef-Buchhalter Hans Eichel möchte zur Finanzierung des "Kampfes gegen den Terror" also die Tabak- und die Versicherungssteuer erhöhen. Nicht eine allgemeine Erhöhung der Einkommenssteuer oder der Mehrwertsteuer, nein, Raucher und Sicherheitsbedürftige sollen den Anti-Terror-Kampf finanzieren. 3 Mrd. DM im nächsten Jahr und in den darauffolgenden Jahren sogar um die 4 Milliarden bringt ihm das.

Eine clevere Idee. Zum einen lag diese Erhöhung vermutlich schon länger bin der Schubladen und für den Kampf gegen eben diesen lässt man der Bundesregierung im Moment eh alles durchgehen, zum zweiten wird Rauchen sowieso immer uncooler, mit denen kann an es also machen.

Der rauchende Autor und seine Leidensgenossen (wir sind schließlich Suchtkranke) schreien auf, gerade hat man sich an die jedesmal sehr aufwendige Suche nach der sechsten Automatenmark gewöhnt, da wird’s schon wieder teurer. Und, gerade dabei, sich die finanziell katastrophalen Ausmaße dieser Verteuerung auszumalen (und die Gründe aufzuhören immer gewichtiger werden zu sehen), kommt die rettende Argumentation: RAUCHEN ist die patriotische Pflicht eines jeden Verteidigers der westlichen Zivilisation! Sicher, Lichterketten, Gedenkgottesdienste und Solidaritätsadressen an George "Dabbelju" Bush sind nicht schlecht; aber wer sorgt denn für Cash gegen den Clash (of Civilisations)? Jawoll, die stinkenden, graugesichtigen Raucher.

Wäre es nicht ein schönes Bild, abends in der Tagesschau Menschenmassen rauchend und schmauchend beieinandersitzen und –stehen zu sehen, dabei ein heiser krächzendes "We shall overcome" auf den Lippen? Durchsagen auf U-Bahnhöfen: "Sehr geehrte Fahrgäste, bitte beachten sie das Rauchgebot. Vielen Dank." Die auf dem Schulhof rauchenden Schüler würden zwar wie immer zum Direktor geschickt, aber nicht zur Strafe, sondern um für ihr besonderes Engagement für den dauerhaften Frieden gelobt zu werden. Und dann spontane Sympathiebekundungen von wildfremden Menschen auf der Straße: "Ich danke Ihnen! Könnten Sie mir bitte ins Gesicht hauchen?" Endlich wären wir wieder wer.

Und auch die Versicherungen stehen geradezu in der Pflicht, ihren Dienst für´s Vaterland kommunikativ auszuschlachten. Versicherungsvertreter, diese menschlichen Äquivalente einer leicht angegrauten Rauhfasertapete, könnten endlich etwas für Ihr Image tun. Abends bei der Feierabend-Milch würde der mutige Klinkenputzer zu der schönen Frau an der Bar gehen, sie auf ein Wasser einladen, und sie würde schmachtend dahin sinken: "Mein Held!" Oder noch besser: Ein TV-Spot. Zuerst die mittlerweile bis zur resignativen Übersättigung gesehenen Bilder der fallenden Türme und dann das triumphale Bild von HERR-KAISER-MAN mit einem Versicherungsvertrag und einem Kugelschreiber in Tarnfarben in der zarten Friedenskämpfer-Hand. Das ganze am besten untermalt von diesem grauenhaften Lied aus dem Radio, von dem der Autor immer den Namen vergisst, das Lied, wo sich irgendjemand nicht zu blöd war, es mit Auszügen aus einer Rede George "We gonna get ´em" Bushs zu versauen. Unglaublich: Versicherungen, die verhasstesten Unternehmen der Welt, retten die Menschheit oder zumindest das Ansehen der Deutschen in der Welt. Was für eine Ironie! Fast könnte man glauben, sie hätten bei der Entscheidung Eichels die Finger im Spiel gehabt.

Aber, liebe Raucher und Versicherungsopfer: Das sind alles nur profilneurotische Träumereien. Wir können machen, was wir wollen, man wird es uns wieder nicht danken. Wir werden ewig die stinkenden menschenverachtenden Sadisten bleiben, die sich nicht einmal schämen, Kinder durch Passivrauch umzubringen. Doch trotzdem: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und so hoffen wir, dass die Menschheit irgendwann erkennen wird, wer die wahren Retter des Abendlandes sind.

 

Geil!!!
Ich habe sehnlichst darauf gewartet, dass sich das Thema mal jemand "vornimmt".
Bei Diskussionen mit Freunden bin ich allerdings zu einem ganz anderen Schluss gekommen: Da Nichtraucher ja den Kampf gegen den Terrorismus nicht unterstützen, ihnen ihre Gesundheit sozusagen über die Sicherheit der Kunsomgesellschaft geht, könnte man Nichtraucher schon als "passive Terroristen" bezeichnen! :D :rotfl: :D

 

Hallo Eierbein,

Hey, hey, ich möchte auch einmal eine Kritik einer ehemaligen Raucherin, (mittlerweile seit einem halben Jahr "clean") hier einbringen.
Bis vor einem halbem Jahr habe ich ebenso wie die "Raucherfront" gedacht, aber jetzt bin ich froh, dass ich auch die andere Seite kennenlerne und hey, würde keiner rauchen (natürlich eine sehr hypothetische Annahme!) müßten solche Debatten über Passiv-Terroristen gar nicht statt finden.

Klar, dass jeder Raucher :smokin: Angst um seine Nikotinzufuhr hat, da spielt es keine Rolle, wofür das Geld seiner haßgeliebten Schachtel draufgeht! (Eigene leidvolle Erfahrung)

Aber zur Geschichte, die leider nicht wirklich eine ist:

Definitiv eine Satire, klar umrissen und schön ironisch angehaucht. Hat mir gefallen.

Ich hoffe, man hält mich jetzt nicht für eine militante Nichtraucherin! Leben und Leben lassen! :sconf: :sconf:

 

@SchanÄtt

Da Nichtraucher ja den Kampf gegen den Terrorismus nicht unterstützen, ihnen ihre Gesundheit sozusagen über die Sicherheit der Kunsomgesellschaft geht, könnte man Nichtraucher schon als "passive Terroristen" bezeichnen!

Sehr gut! :D

 

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