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Rastlos

Seniors
Beitritt
03.07.2004
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Rastlos

Ich lebe seit einigen Jahren in einem Pflegeheim am Rande einer kleinen Stadt. Wie alle anderen Bewohner kann ich mich nicht mehr selbst versorgen und habe auch keine Angehörigen, die die Pflege leisten könnten. Körperlich bin ich beeinträchtigt und kann mich nur im Rollstuhl bewegen. Aber geistig bin ich noch ganz fit und ich kann nicht stundenlang im Aufenthaltsraum sitzen ohne etwas zu tun, wie die meisten anderen. Meistens sitze ich daher in meinem Zimmer und beschäftige mich mit meinem Computer. Wenn ich mit den anderen Bewohnern zusammenkomme, etwa zu den Mahlzeiten, beobachte ich sie und helfe ihnen auch, wenn sich die Gelegenheit ergibt.

Vor drei Monaten war Frau Kleen eingezogen. Seitdem lief sie mit ihrem Rollator rastlos durch die Gänge des Heims. Sie konnte einfach nicht stillsitzen. Als letzte kam sie zu den Mahlzeiten und als erste ging sie wieder, weil sie es nicht aushielt, länger als nötig am Esstisch zu sitzen. Der Arzt führte eine Routineuntersuchung bei ihr durch. Medikamente gegen ihre Rastlosigkeit wollte er nicht verschreiben. Sie sind für ihr Alter noch fit und ihre Behinderung schränkt ihre Beweglichkeit nicht ein. Ihre Rastlosigkeit ist keine Krankheit, sondern erhält sie gesund. Wenn sie sich selber daran stören, raten ich Ihnen zu Entspannungsübungen. Soweit der Arzt und Frau Kleen war beruhigt. Sie lief weiter durch die Gänge oder bei gutem Wetter in den Garten oder gar weiter zum Supermarkt im Ort. Alles in Ordnung, dachten die Schwestern, bis eines Abends:

"Bleiben Sie doch noch sitzen. Immer diese Lauferei", dröhnte die Stimme von Herrn Weber durch den Essraum. Frau Kleen war gerade von ihrem Stuhl aufgestanden und plumpste jetzt erschrocken wieder auf ihren Stuhl. Da saß sie, offensichtlich sprachlos. Anja, eine Auszubildende sagte dann:

"Das ist aber nicht nett von Ihnen, Herr Weber. Wer mit dem Abendessen fertig ist, kann gehen. Keiner von Ihnen muss warten, bis alle mit dem Essen fertig sind."

Damit war wohl alles gesagt, eine der lauten Bemerkungen von Herrn Weber blieb aus. Frau Kleen stand auf und verließ mit ihrem Rollator den Essraum. Erst dann fand Herr Weber seine Stimme wieder und wandte laut ein: "Jeder kann gehen und kommen, wann er will. Das ist richtig, Schwester Anja, aber sie bringt hier mit ihrer Lauferei Unruhe herein und ich möchte mein Essen in Ruhe genießen. Und das kann doch nicht gesund sein, immer so schnell unterwegs zu sein."

Alle andere schwiegen. Keiner wandte ein, dass die ständigen Bemerkungen von Herrn Weber, die ruhige Essenszeit unterbrachen und in ihrer Lautstärke störten. Doch Schwester Christiane, leitende Pflegefachkraft in der Spätschicht, nutzte die Gelegenheit, eine offene Frage zu thematisieren: "Wir haben zwar feste Essenszeiten, aber es gibt keinen gemeinsamen Beginn und keinen gemeinsamen Abschluss. Sie wissen alle, dass manche Bewohner spät kommen und andere früh gehen. Das gibt immer eine gewisse Unruhe. Wenn sie das störend finden, müssen wir überlegen, ob wir die Mahlzeiten gemeinsam beginnen und gemeinsam beenden."

In die allgemeine Unruhe hinein rief Herr Gauger: "Ich kann aber nicht früher kommen, weil die Pflegekräfte vorher keine Zeit für mich haben."

"Stimmt das?", wandte sich Herr Weber an Schwester Christiane.

"Einige Bewohner müssen vorbereitet werden und dann in ihre Rollstühle gesetzt werden. Andere müssen vom Aufenthaltsraum in den Essraum geschoben werden. Das kostet Zeit. Ein gemeinsamer Beginn würde bedeuten. dass die erste Bewohnerin schon vierzig Minuten vor Essensbeginn am Tisch sitzt, und die letzte Bewohnerin kann erst vierzig Minuten nach dem gemeinsamen Ende der Mahlzeit aus dem Essensraum geschoben werden. Wir versuchen, alle Bewohner, die auf ihren Rollstuhl angewiesen sind, rechtzeitig zum Essensbeginn in den Essraum zu bringen. Das gelingt uns aber nicht immer. Aber da wir einige Bewohner schon in ihre Zimmer bringen können, wenn die anderen noch essen, braucht niemand nach dem Ende der Mahlzeit lange auf eine Schwester zu warten."

"Das war mir nicht klar", sagte Herr Weber mit ungewohnt leiser Stimme. "Ich entschuldige mich und Frau Kleen darf gerne vom Essen aufstehen, wenn sie fertig ist." Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: "Und jeder andere natürlich auch."

Am Abend besprachen die Pflegerinnen bei der Übergabe dieses Ereignis beim Abendessen.

Schwester Christiane fasste den kurzen Bericht zusammen: "Letztlich ist es doch gut gelaufen. Und wenn jemand eine Idee hat, wie wir Frau Kleen ein wenig entschleunigen können. Meine Ohren sind für Vorschläge offen."

 

Vorab: Mir gefällt das Setting. Es gibt vermutlich wenige Geschichten über alte Menschen bzw. zu pflegebedürftige Personen.

Die Geschichte ist sehr kurz und beginnt mit Frau Kleen. Ich stellte mich darauf ein, dass es um sie geht, aber schnell drängten sich andere Figuren in den Fokus und ich bezweifle, dass das mit Absicht ist.

Und dann geschah, was niemand erwartet hatte. "Das war mir nicht klar", sagte Herr Weber mit ungewohnt leiser Stimme.
Warum? Was hätte man stattdessen erwartet? Ist Herr Weber immer der Rechthaber? Spricht er sonst immer laut? Ich konnte ihn kaum kennen lernen.

"Letztlich ist es unerwartet gut gelaufen. Und ich hoffe, dass die positive Stimmung lange anhält. Und wenn jemand eine Idee hat, wie wir Frau Kleen ein wenig entschleunigen können. Meine Ohren sind für Vorschläge offen."
Was war denn das Ziel in der Geschichte? Wieso ist "es" gut gelaufen? War Herr Weber derjenige, der immer allen das Zusammenkommen am Esstisch miesgemacht hat? War jetzt doch das Ziel, dass Frau Kleen sich länger hinsetzt? Wer redet da eigentlich? welche Pflegerin ist es und warum diese Person?

An diesem Abend kam aber keine Idee zur Sprache. Letztlich überwog die Freude, dass noch mal alles gut ausgegangen war.
Es gab Freude, weil scheinbar irgendetwas beabsichtigt wurde und geklappt hat. Aber was? "Alles" ist gut ausgegangen. Worum handelt es sich?

 

Hallo X,

vielen Dank für Deine Kritik. Ja, da ist mir ein heftiger Fehler unterlaufen. Weil diese Geschichte im gleichen Heim spielt wie Abschiedsfeier habe ich nicht bedacht, dass die Lesenden nicht auf meinem Stand sind. Das muss ich korrigieren.

Grüße

jobär

 

Sie sei für ihr Alter noch fit und ihre Behinderung schränkte ihre Beweglichkeit nicht ein.

Warum,

lieber @jobär,

zu Beginn indirekte Rede („sei …“) Konjunktiv I und hernach für’s „einschränken“ Prät. oder Konjunktiv II - wobei aufgrund der im Folgesatz

Ihre Rastlosigkeit sei keine Krankheit, sondern erhalte sie gesund.
und des dominierenden Konj. I/= indirekte Rede -
ich geradezu zwanghaft den Konjunktiv (dann aber II, potentialis oder irrealis) beibehielte, der sinnigerweise identisch mit dem Prät. ("schränkte ein") ist.

Alles in Ordnung, dachten die Schwestern, bis dann eines Abends:
„dann“ wirkt wie ein eher entbehrliches Füllsel

Hier

Frau Kleen war gerade von ihrem Stuhl aufgestanden und plumpste jetzt erschrocken weder auf ihren Stuhl.
ist was abhanden gekommen -
mutmaßlich ein „i“ zu wieder ...

Tschüss aus'm Pott von

Het windje!

 

Liebe Brise,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Das "i" habe ich wieder eingefügt, und die Konjunktivsätze habe ich in direkte Rede umgewandelt. GEfällt mir sogar besser.

Herzliche Grüße

jobär

 

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