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Rückkehr
Rückkehr
Madis ist auf vielen Planeten zu Hause. Ihre Heimatwelt, die Erde kennt sie nur von Holografien.
Zurzeit weilt sie auf Vernis, ein junger Planet, der gerade anfängt zu atmen. Sie studiert die Holografien der Erde mit wissenschaftlicher Präzision. Je mehr sie sich die Kontinente anschaut, desto deutlicher wird das Gefühl des wieder Erkennens.
Vernis, so scheint es, ist der Erde sehr ähnlich. Diese Entdeckung prickelt über Madis blasse Haut.
Seit Äonen hat ihre Rasse versucht, eine neue unbewohnte Welt zu finden. In den Weiten des Alls, verglich ihre Ur-Ur-Ur- Großmutter ihre Suche mit der nach einer Nadel im Heuhaufen, wobei Madis noch nicht einmal wusste, was ein Heuhaufen eigentlich ist.
Aber das Gefühl von Aussichtslosigkeit ergreift sie jedes Mal, wenn sie ihre Untersuchungen auf einem Planeten abgeschlossen hat.
Die Jahre in der Schwerelosigkeit haben die Körper der Menschen bizarrer werden lassen. Zerbrechlich wirken sie, die überlangen Glieder, die aus einem spindelförmigen Körper wachsen. Der biegsame Schwanenhals, dreht den länglichen Kopf fast um 360 °.
Hände und Füße ähneln mit ihren Fingern und Zehen Spinnenbeinen. Die Augen sind übergroß und schwere Lider beschatten sie stets halb geschlossen. Dort wo einst die Nase war, hat sich der Knorpel zurückgebildet, so dass statt zwei Nasenlöcher nur noch eines zu sehen ist. Der schmallippige Mund umschließt eine Reihe von glatten perlengleichen Zähnen, die es nicht gewohnt sind, Nahrung zu reißen.
Ebenso farblos, wie die Haut, sind Madis Haare. Durchsichtiges Gespinst umrahmt das längliche Oval des Gesichtes.
Die Menschen können sich perfekt ihrer Umgebung anpassen. Bevor sie in das All aufbrachen, hatten sie die Gene der Mimikry längst verstorbener Tiere der Erde kopiert und in ihr Erbgut aufgenommen. Bei jedem Zwischenstopp auf bewohnten Planeten, sind sie so in der Lage von den Ureinwohnern unbemerkt weiter zu leben. Diese Zwischenstopps dienen ausschließlich dazu, ihre Zyklen der Reproduktion durchzuführen, da trotz aller Anstrengungen die Austragung der Föten im Weltall unmöglich geblieben ist.
Dem Ziel der Alten Gebote plötzlich so nahe zu sein, lässt sie schwindeln.
Ungläubig starrt sie auf die auf die Anzeigen ihres Bordcomputers. Alle Daten, die sie gesammelt hat, vereinigen sich zu einem Funkelfeuer in drei Gruppen.
Sie vergleicht ihre Position und die Kurslinie ihres Raumgleiters mit der Sternenkarte.
Dort, wo laut Karte nichts sein darf, blitzt die für das gewünschte Ergebnis vorprogrammierte Kennung über den ganzen Horizont des Monitors.
Willkommen!
Terra Nova
Erwartet Euch.
Ihr Finger zittert, als sie der Flotte mit einem Knopfdruck ihre Entdeckung übermitteln will.
Sie denkt an Volmar, den sie liebt, mit dem sie ihre Zukunft gestalten möchte.
Ihre Gespräche über die neue Welt, Utopia, wie sie diese zärtlich nennen, ohne zu wissen, warum ihre Rasse nach dieser Heimat sucht.
Plötzlich überschwemmen sie Zweifel, ob es richtig sei, die Jungfräulichkeit dieser Welt für sich zu nutzen. Sicher ist da eine Sehnsucht in ihnen, die Bodenständigkeit sucht, Glauben und Erfahrung weitergeben möchte an weitere Nachfahren.
Aber was ist, wenn ihre Vorfahren unrecht haben, die Glückseligkeit nicht auf Erden zu suchen ist? Was lehrte sie denn die Geschichte der Erde, als Planeten sind vergänglich.
Als eine Handvoll Menschen ins All immigrierte. Folgten sie da nicht auch einer anderen Sehnsucht? Die der Neugier? Losgelöst von Heimat und Erde, ist es nicht so, dass ihnen die Freiheit geschenkt wurde? Ist das nicht die Offenbahrung, die ihr Sein bestimmt?
Madis betrachtet die letzte Holografie der Erde, nicht mehr blau schimmernd. Nur noch ein verkleinerter geschmolzener Klumpen auf einer unberechenbaren Bahn. Eine Gefahr für alle Sternreisenden, weil die Gravitation urplötzlich aufgrund seiner hohen Dichte verändert wird. Ihr bedeutet dieser Klumpen nichts.
Madis seufzt, speichert die Datei.
In ihr Logbuch trägt sie ein:
Planet Vernis: Klasse Z, keine Anzeichen einer Eignung für die Menschheit, wie sie heute lebt, gefunden.