Pizza Bollo ohne Hollo – oder: Die Sieben-Tage-Hack-Diät
Wohlig räkelte sie sich auf ihrem Sofa obwohl es mittlerweile viel zu schmal für sie geworden war und sie ein Bein herunterhängen lassen musste, damit sie angenehm liegen konnte. Sie erhob sich schwerfällig und schleppte sich die fünf Schritte zu der Kochnische ihres kleinen, muffigen Ein-Zimmer-Appartement.
Der Kühlschrank war leer. „Mist!" Ihr Magen knurrte und sie fühlte sich schwach auf den Beinen. Das zweite Frühstück, bestehend aus einem leckeren Omelette mit zehn Eiern, war bereits zwei Stunden her. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Kreislauf gleich zusammenbrechen würde. Ein Gang zum Kiosk wäre jetzt jedoch viel zu anstrengend. Gott sei Dank gab es ja noch den Pizza-Dienst "Toni Stazioni". Langsam ging sie zurück ins Wohnzimmer. Auf einem kleinen Tischchen neben ihrem Sofa stand das Telefon. „Gut, dass ich die Nummer eingespeichert habe", dachte sie bei sich. „Toni Stazioni!", meldete sich eine freundliche Stimme mit italienischem Akzent. „Ja, hier ist Frau Eichinger. Ich hätte gerne zwei große Pizzas Hollo Bollo!", antwortete sie. „Si, si, Signora. Wie immer mit doppelt Käse?" „Ja, bitte. Und machen Sie schnell! Ach, und noch eine Cola XXL light." „Gerne, die Dame. Die Pizze kommen pronto, pronto." Völlig erschöpft von der Kommunikation legte Sybille den Hörer auf und ließ sich wieder zurück in ihr Sofa fallen. Nur zwanzig Minuten später schellte es. Sybille schwang sich, für ihre Verhältnisse beinahe mit Elan, aus der Sofakuhle und betätigte den Türöffner. „Fünfzehnter Stock, bitte!" Sie spähte ungeduldig durch den Spion. Mein Gott, wie lange dauerte das denn? Endlich, da kam der Pizzabote! Voller Vorfreude öffnete Sybille die Tür.
Ihr stockte der Atem. Vor ihr stand der schönste Mann, den sie je gesehen hatte. Vorne trug er einen kurzen, kecken Pony und hinten die Haare etwas länger. Der kleine Schnäuzer komplettierte den positiven Gesamteindruck und ihr schien, als würde auch er sie voller Wohlwollen betrachten. Sybille lächelte. „Hallo, schön, dass Sie da sind!" Er musterte sie von oben bis unten. Ihr wurde ganz warm unter seinen Blicken. „Äh ja. Das macht dann bitte fuffzehn Euro", erwiderte er mit einem wunderbaren Ruhrpott-Slang, wie sie fand. „Warten Sie, ich hole eben noch das Geld. Wenn Sie mögen, kommen Sie doch kurz rein! Wie wäre es mit einem Käffchen?", fragte Sybille. „Nein danke, ich hab` noch einige Lieferungen im Auto", antwortete er und blickte erneut an ihr herab.
Sybille ging ins Wohnzimmer und holte ihr Portemonnaie. Auf dem Rückweg warf sie einen Blick in den Spiegel, und stellte voller Schrecken fest, dass sie nur eine ausgebeulte Unterhose und ein Hemd trug. Beides war mit undefinierbaren Flecken übersät. „Oh nein, ausgerechnet heute!", ärgerte sie sich und griff nach ihrer orangen Trainingshose. „Einen Moment noch! Wollen Sie wirklich nicht reinkommen?" rief sie durch den Flur. „Nein danke, wirklich nicht", antwortete der Adonis.
Sybille band sich noch schnell die Haare zusammen und ging wieder zur Tür. „Sagen Sie, arbeiten Sie schon länger für Toni? Ich bestelle da schon seit sieben Jahren fast täglich, aber Sie habe ich noch nie gesehen." „Sie haben Recht, ich habe vorher in einen anderen Bezirk ausgeliefert. Also fuffzehn Euro bitte." Sybille ließ nicht locker. „Sind Sie denn jetzt öfters in diesem Gebiet?", bohrte sie weiter. „Jau, bin ich. Also, ich muss jetzt echt mal weiter. Das macht jetzt fuffzehn Euro", entgegnete er barsch.
Sybille zuckte zusammen. Was bildete sie sich auch ein? Eine dicke, ungepflegte Frau, und dann noch in DEM Aufzug! Bei diesem schönen Mann hätte sie so auf jeden Fall keine Chance. Verlegen kramte sie in ihrem Portemonnaie. „Hier, zwanzig Euro. Stimmt so", sagte sie. „Vielen Dank, und schönen Abend noch". Er wandte sich um und ging in Richtung Fahrstuhl. „Was für ein Hintern", schwärmte sie, schloss die Tür und atmete tief aus.
Sie blickte um sich, betrachtete ihre Wohnung wie eine Außenstehende. Die leeren Pizzaschachteln auf dem Boden, die vertrocknete Blume auf der Fensterbank, die vergilbten Vorhänge an den Fenstern. „Kein Ort für Herrenbesuch. Morgen räume ich auf. Und abnehmen muss ich auch!" Ganz bewusst ließ sie ein Stück der zweiten Pizza liegen und überließ es ihrer Katze Muschi, die laut miauend darüber herfiel. Einen Käsefaden am Mund hängend schlief Sybille schließlich vorm Fernseher ein.
Mitten in der Nacht erwachte sie vor Hunger. Sie verspürte einen intensiven Schmerz in der Magengegend. Noch im Halbschlaf torkelte sie in die Küche. Sie ärgerte sich nun, das Viertel der Pizza der Katze überlassen zu haben. Abnehmen konnte sie morgen – dann aber wirklich! Im Kühlschrank fand sie nur noch eine Tube Mayonnaise vor. Sie leerte den Inhalt direkt in ihren Mund. Anschließend rülpste sie wohlig, wodurch jedoch ein Teil des eben verschlungenen Mahles wieder seinen Weg nach oben fand. Ob die Mayo wohl schlecht gewesen war? Plötzlich fühlte sie sich schmierig, elend und leer. Sie schleppte sich zur Couch, ließ sich nieder und schmiegte sich an ihre Katze, die leise schnurrte. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend schlief sie wieder ein.
Am nächsten Tag galt ihr erster Gedanke gleich dem feschen Pizzaboten von gestern. Sie musste ihr Leben verändern! „Ab heute gibt es nur noch Salat", nahm sie sich vor. Mühselig setzte sie sich auf. Ihre Glieder schmerzten. Ob dies am Bewegungsmangel oder an ihren 150 Kilo lag, wusste sie nicht.
Ihr Magen knurrte schon wieder. Wütend schlug sie sich in den Bauch. „Sei ruhig, Du Miststück!" schrie sie und zuckte erschrocken zusammen. Sie war überrascht, wie viel Energie in ihr steckte. Sie stand auf und sagte leise zu sich: „Nein, du duscht nicht erst in drei Tagen, sondern JETZT!" Entschlossen ging sie ins Bad und griff nach ihrer Zahnbürste. Wie lange hatte sie sich schon nicht mehr die Zähne geputzt? Sie konnte sich nicht erinnern,aber der Mund fühlte sich nun einfach gut an. Anschließend entdeckte sie noch einen Eiterpickel auf ihrer Wange und drückte ihn beherzt aus. Zum Schluss trug sie noch etwas von dem ranzigen Lippenstift, den sie von ihrer Mutter geerbt hatte, auf. Schon besser. Unter die Dusche schaffte sie es dann doch nicht, aber etwas Deo brachte Abhilfe.
„So, heute gehe ich mal raus", sagte sie sich und schlüpfte in ihre Trainingshose und Plastikclogs. Sie nahm ihren Jutesack und verabschiedete sich von ihrer Muschi. Draußen angekommen bereute sie es schon fast. Sie war völlig außer Atem. Dennoch setzte Sybille dizipliniert einen Fuß vor den anderen und schaffte es mit einigen Pausen bis zum "Franz' Kiosk" um die Ecke.
Dort ließ sie sich Zeit, studierte die Auslagen und griff spontan zu einer Frauenzeitschrift mit dem ansprechenden Titel "Frau mit Pfiff - Die 7-Tage Hack-Diät". „Das ist es", jauchzte sie innerlich. Das Blöde war nur, dass es am Kiosk kein Hackfleisch gab. Zum nächsten Supermarkt würde sie es heute nicht mehr schaffen. Da sie aber kein Essen mehr im Haus hatte, kaufte sie erst einmal ihre üblichen Grundnahrungsmittel ein. Käsekringel, Schokolade und eine neue Tube Mayo wanderten auf den Verkaufstresen. Die Zeitschrift musste sie ja auch erst einmal in Ruhe lesen, um in Erfahrung zu bringen, was für die Hack-Diät nötig sein würde. Sie zahlte und ging schwer atmend zurück zu ihrem Wohnblock. Erleichtert stieg Sybille in den Aufzug und setzte sich, in ihrer Wohnung angekommen, erst einmal auf ihr Sofa. Sie riss die Tüte mit den Käsekringeln auf und studierte die neu erworbene Illustrierte.
Während des Lesens kam ihr eine Idee: Sie könnte die Hack-Diät mit ihrer geliebten Hollo-Bollo-Pizza machen, nur halt ohne die Sauce Hollandaise. Das Schönste daran aber war: Während sie abnahm, könnte sie täglich ihren Traummann sehen!
Tag eins der Hack-Diät:
Bevor sie wieder in ihren üblichen Trott verfiel, griff sie lieber gleich zum Telefon und drückte die Taste mit Toni`s Nummer. „Prego?" antwortete die vertraute Stimme. „Ja, Eichinger hier. Ich hätte gerne zweimal eine Pizza Bollo – ohne Hollo – aber doppelt Käse." „Como? Pizza Bollo ohne Hollo?“ „Ja, Sie haben richtig verstanden, ohne Hollo, doppelt Käse", bestätigte Sybille. „Wie Sie wünschen, Signora Eichinger." „Wer liefert denn? Der nette Herr von gestern?" „Signor Schulz? Si, Signora." „Sehr schön", lächelte Sybille ins Telefon und legte auf.
Ihr fiel wieder die Unordnung in ihrer Wohnung auf. Sie wälzte sich von der Couch und schob die Pappschachteln darunter. Noch einem kurzen Blick in den Spiegel – hatte sie schon abgenommen? - und da klingelte es auch schon. Völlig atemlos öffnete sie die Tür. Sie spürte, wie ihr der Schweiß an ihrem Leib herunter rann. Sie warf ihr Haar zurück, wischte sich die Schweißperlen von der Stirn und öffnete mit einem breiten Lächeln die Tür. Vor ihr stand ihre fleischgewordene Phantasie eines Mannes! Sybille rang nach Luft. Dieses Mal hatte er sich sein Haar zusammengebunden und ein goldener Ohrring zierte sein linkes Ohr. Das war ihr gestern gar nicht aufgefallen! Es machte ihn aber noch attraktiver. „Zwei Pizzas Hollo Bollo ohne Hollo!", sagte er mit rauchiger Stimme. „Es ist sehr schön, Sie wiederzusehen", strahlte Sybille. „Haben Sie heute Zeit auf einen Kaffee?" „Nein, ich muss schnell weiter, das macht dann vierzehn Euro", antwortete der schöne Mann. „Darf ich denn wenigstens wissen, wie Sie heißen?", fragte Sybille und zwinkerte dabei ganz frech mit dem linken Augenlid. „Ich bin Manni. Muss jetzt aber echt weiter. Vierzehn Euro also." Sybille holte fünfzehn Euro aus ihrem Portemonnaie. „Stimmt so, Manni. Auf hoffentlich bald. Vielleicht hast Du irgendwann ja doch einmal Zeit auf `nen Kaffee." „Danke für das Trinkgeld. Bis dann!"
Sybille nahm die Pizza entgegen, schloss die Tür und setzte sich erschöpft auf ihre Couch. "Manni, Manni, Manni" murmelte sie leise vor sich hin und vergaß darüber fast das Essen, bis ihr Magen sich lautstark bemerkbar machte. Sie hatte dazugelernt und dieses Mal ging ihre Katze leer aus. Schließlich musste sie ordentlich Hack essen um abzunehmen. Nachdem sie ihr Mahl verdrückt hatte, fühlte sie sich doch glatt schon etwas schlanker als gestern. So würde sie es schaffen! Diese Diät war Gold wert! Und Manni, oh, dieser Name, Manni würde sie schon bald mit anderen Augen sehen. Das wäre doch gelacht! Sie schmunzelte und strich Muschi zärtlich über ihr samtweiches Fell. „Ach Muschi, bald sind wir nicht mehr allein."
Tag zwei der Hack-Diät:
Sybille hatte sich zum ersten Mal seit langem den Wecker gestellt. Er klingelte zuverlässig um elf Uhr dreißig. „Puh, das ist so gar nicht meine Zeit!" ächzte Sybille und quälte sich über den Bauch aus ihrem Sofa. „Naja, was man nicht alles tut für die Männer. Gleich macht Toni auf, da kann ich ja schon mal bestellen, Hack zum Frühstück." Sybille konnte es kaum erwarten und gab ihre Bestellung auf. Sie betrachtete sich im Spiegel. Die Hack-Diät stand ihr gut, fand sie. Selbst die Haare schienen weniger fettig, obwohl sie noch immer nicht geduscht hatte. Sie sprühte etwas Deo unter die Arme und auch unter ihre Brüste und in den Intimbereich – man konnte ja nie wissen!
Es klingelte schon, als Sybille noch versuchte, einen Tomatenfleck aus ihrem T-Shirt zu waschen. Sie eilte zur Tür und öffnete diese schwer schnaufend. Manni stand da und schaute sie mit seinem grandiosen Silberblick an. Dder war ihr noch gar nicht aufgefallen, machte ihn aber noch attraktiver. Ihr Herz raste, ob vor Glück oder mangelnder Kondition, sie konnte es nicht einordnen. „Hallo Manni, schön Dich zu sehen." Sie machte Anstalten, ihn zu umarmen, ließ es aber dann doch bleiben. So gut kannten sie sich dann ja doch noch nicht. „Tach, Frau Eichinger. Zweimal Bollo ohne Hollo. Macht dann vierzehn Euro", nuschelte Manni und blickte nervös um sich. „Hat er mich grad` bei meinem Namen genannt?" fragte sich Sybille verzückt und erwiderte mit klimpernden Augen: „Aber gerne! Übrigens, ich hätte grad ein bisschen Zeit, habe zufällig frischen Kaffee aufgebrüht. Kekse müssten auch noch da sein. Komm, ich zeig Dir meine Katze Muschi, sie ist mein Augenstern." „Ähm, eigentlich..." stotterte Manni und verzog den Mund. „Ja, ich weiß, Du hast es eilig. Geht doch ganz schnell. Ich bin doch Stammkundin, da kann man das doch schon mal machen, oder?" „Also, aber wirklich nur fünf Minuten. Sonst werden die anderen Pizzas kalt. Und Ihre Muschi, die lassen Sie mal da, wo sie ist." „Aber Muschi macht doch nichts, die ist ganz lieb", antwortete Sybille erfreut über die angenommene Einladung. „Nee, nee. Also wenn, dann müssen Sie sie schon ins Bad sperren", entgegnete Manni. „Na gut, kein Problem." Sybille eilte ins Wohnzimmer um Muschi zu holen, die auf der Fennsterbank lag und sich hingebungsvoll leckte.
Kurz vor der Zielgeraden stolperte Sybille über einen auf dem Boden liegenden Pizzakarton und schlug der Länge nach hin. Die gesamte Wohnung schien zu vibrieren. „Alles in Ordnung, Frau Eichinger?" rief Manni durch die Haustür. Sybille lag da wie ein gestrandeter Wal auf dem Boden. Sie versuchte, sich auf den Rücken zu drehen und zappelte dabei wie ein dicker Käfer. „Hilfe Manni! Ich komm nicht mehr hoch! Ich glaube, ich hab mir sämtliche Knochen gebrochen!" In Wirklichkeit verspürte sie keinerlei Schmerzen, aber sie wollte sich vor Manni nicht die Blöße geben, dass sie wegen ihres Gewichtes nicht mehr aufstehen konnte. Vielleicht war ihm ja noch nicht einmal aufgefallen, dass sie ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen hatte. „Sorry, Frau Eichinger, aber ich komm nicht rein, solang die Katze da frei `rumläuft. Wenn`s sein muss, ruf ich aber wohl den Krankenwagen." „Äh, nein, nein, dass ist nicht nötig. Einen kleinen Moment noch." Sybille blickte hilfesuchend um sich und zog sich schließlich unter lautem Ächzen am Heizkörper hoch, der sich dabei leicht aus der Verankerung löste. Völlig außer Atem strich sie ihre Kleidung glatt und bemerkte dabei voller Schrecken einen großen Fleck Hack auf dem T-Shirt, den sie sich wohl bei dem Fall auf die Pizzaschachtel zugezogen hatte.
„Frau Eichinger! Was ist denn nun? Ich muss los!" Sybille schnappte sich rasch Muschi und schleppte sie ins Badezimmer. Beim Schließen der Türe blickte Muschi sie vorwürfig an. „Sorry, Süße, aber da draußen wartet der Mann meines Lebens." Sie eilte zur Wohnungstür. „So, Muschi ist im Bad, keine Angst, und hereinspaziert in mein bescheidenes Reich", flötete sie. Manni rollte die Augen: „Also gut, aber von den fünf Minuten sind jetzt nur noch zwei übrig." Er folgte Sybille widerstrebend in ihre Wohnung, blickte sich misstrauisch um und rümpfte die Nase. „Also, mit `bescheiden` haben Sie definitiv untertrieben." „Wie meint er denn das jetzt?" fragte sich Sybille, aber verdrängte diesen Gedanken ganz schnell. „Jaja, klein aber fein. Sehen Sie, mein Flachbildfernseher, ganz neu aus dem Katalog." „Hm, toll. Und wo ist jetzt der Kaffee?" erwiderte Manni. Mittlerweile war Sybille klitschnass. Sie schwitzte aus allen Löchern, die sie besaß. Sie hatte gelogen, als sie gesagt hatte, sie hätte schon Kaffee gekocht. „So ein Mist", dachte sie sich.
„Äh, einen Moment" versuchte Sybille Manni zu beschwichtigen. Ihr war da so ein Gedanke gekommen: Sie hatte noch Cola von gestern. Ein wenig Milch drauf, und sie würde es ihm als Kaffee aus einer leicht defekten Kaffeemaschine verkaufen. Es sah tatsächlich fast so aus wie Kaffee. Sie brachte ihm das Gebräu und Manni nahm die Tasse entgegen. „Der ist ja kalt!" sagte er. „Sorry, kalten Kaffee trinke ich nicht. Und die zwei Minuten sind jetzt auch um. Muss jetzt weiter Pizza ausfahren." „Aber warte doch, Manni. Ich, ich..." Sybille wusste nicht mehr, was sie sagen konnte, um ihn aufzuhalten. Ihm ihre Liebe zu gestehen, dazu war es wohl noch ein paar Tage zu früh. „Tschüss, Frau Eichinger, bis denne."
Sybille ging das Herz auf. Er hatte "bis denne" gesagt, also bedeutete das, dass er sie wiedersehen wollte. „Ja, bis denne, Manni!" antwortete sie mit einem wissenden Lächeln. Als er aus der Tür verschwunden war, vernahm sie ein klägliches Maunzen. „Ja, ich komm schon, Muschi" rief sie und stolperte auf dem Weg zum Bad beinahe wieder über den Pizzakarton. Auf die Idee, ihn wegzuräumen, kam sie nicht. Ihre Gedanken kreisten nur noch um Manni – ihren Traummann. Sybille ließ ihre Katze aus dem Bad, die sich daraufhin verärgert unter dem Sofa verkroch. „Ach, Muschi, nun sei doch nicht so. Komm doch raus. Guck` mal hier, lecker Pizza. Du darfst auch was haben, wenn Du raus kommst.“ Muschi maunzte noch einmal beleidigt, doch ihr Appetit war stärker und so ließ sie sich neben ihrem Frauchen auf der Couch nieder. Sybille stellte die Schachteln zwischen sich und ihre Katze und gemeinsam verputzen sie ihren Inhalt innerhalb der Werbepause.
„Ach Muschi, wenn Du doch nur ein Mann wärst, dann würde ich dich sogar dem Manni vorziehen, aber er sieht einfach besser aus als Du“. Sybille strich Muschi gedankenverloren übers Fell, rülpste zufrieden und fiel schließlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Als sie wieder aufwachte, blickte sie an die vergilbte Zimmerdecke. Muschi lag zusammengerollt auf ihrem Bauch wie auf dem Berge Sinai und schnarchte. Ihr erster Gedanke galt direkt wieder Manni. Er wollte sie wiedersehen! In ihrem Magen grummelte es. „Es sind die Schmetterlinge in meinem Bauch“, lachte sie in sich hinein. „Manni, mein Manni“, sang sie leise vor sich hin. Doch als sich das Grummeln in ihrem Bauch zu einem Schmerz ausbreitete, musste Sybille sich eingestehen, dass sie Hunger hatte. Vorsichtig hob sie Muschi von ihrem Bauch, schälte sich aus dem Sofa und machte sich auf dem Weg in die Küche. Schokolade und Mayonnaise hatte sie noch von ihrem letzten Kioskbesuch im Schrank. Sie riss die Schokopackung auf und biss abwechselnd ein Stück von der Tafel ab und drückte mit der anderen Hand eine Portion Mayo in ihren Mund. Dabei wanderten ihre Gedanken zum nächsten Tag. „Eine Diät alleine reicht nicht, ich muss auch an meiner Verpackung arbeiten“, entschloss sie sich. Doch ihr Vorhaben konnte bis zum nächsten Tag warten.
Tag drei der Hack-Diät:
„Heute ist mein Tag. Heute wird es passieren“, sagte Sybille zu sich. Nachdem sie die letzten Reste Mayo aus der Tube verputzt hatte, machte sie sich schon um 11:00 Uhr morgens auf den Weg in Richtung Einkaufszentrum. Sie kannte sich dort kaum aus, war völlig orientierungslos. Doch schließlich fand sie, wonach sie suchte und betrat die Textil-Diskont-Filiale, auf die sie am Vorabend in der TV-Werbung aufmerksam geworden war.
Sie wanderte zunächst ziellos umher und studierte die Waren in den Grabbelkisten. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ sprach sie eine Verkäuferin mit solariumgegerbter Haut freundlich an. „Suchen Sie etwas Bestimmtes?“ „Ähm ja, also, ich brauche was Hübsches zum Anziehen, nichts Alltägliches, eher für....naja, besondere Anlässe, Sie wissen schon.“ Die Verkäuferin zwinkerte ihr verständnisvoll zu und wies auf einen Wühltisch zwei Gänge weiter hinten. „Dort werden Sie bestimmt fündig, meine Liebe. Alles, was das Herz begehrt, ab Größe 60.“
Sybille eilte zu den Auslagen, vor ihr ein Paradies an aufreizender Wäsche - und das Ganze auch noch im bezahlbaren Rahmen! Sie schob ihre Hand in den Wühltisch und zog das erste Wäschestück heraus, das sie in die Finger bekam. Es war ein fleischfarbener Bustier in Größe 100 FF. Sie jauchzte auf vor Freude als sie den Preis sah: „ Nur fünf Euro!“ Sie fand auch die dazu passende Unterhose. Danach war noch genug Geld für etwas Anderes übrig.
Sie schaute sich im Laden um. In der hinteren Ecke des Geschäftes fiel ihr direkt etwas ins Auge: Ein rosa Plüschmantel! Nicht ganz ihre Größe, aber gerade das würde besonders sexy wirken. So käme der wunderbare Bustier noch besser zur Geltung. Sybille schaute auf den Preis: 10,50 Euro! Alles im finanzierbaren Rahmen. Gut, Größe L war etwas zu klein, aber sie war ja auf Diät und es würde schon irgendwie passen. Sie zahlte und ging nach Hause.
Dort angekommen probierte sie zunächst die Unterwäsche an. An dem Schlüpfer musste sie die Beinausschnitte ein wenig auftrennen und der BH spannte so arg, dass ihre Brüste oben wieder herausfielen. Aber genau das war das Aufreizende daran. Hatte sie so etwas Ähnliches nicht schon einmal in einem Erotikfilm mit Hugh Grant gesehen? Mit dem Plüschmantel musste sie sich etwas einfallen lassen. Wie sie es auch drehte und wendete, sie passte nicht hinein. In ein paar Tagen vielleicht, aber sie wollte heute schon Manni becircen und verführen. Sie entschied sich dazu, den Mantel mit den Ärmeln lässig um den Hals zu knoten, damit ihre Brüste leicht verdeckt wären.
Sie war mittlerweile völlig außer Atem und der Schweiß rann ihr in kleinen, aber zahlreichen Rinnsalen den Körper herunter. Zum Duschen war aber leider keine Zeit mehr, denn sie hatte unglaubliches Magengrummeln, was sie zuerst als Sehnsucht nach Manni, dann jedoch als Hungergefühl deutete. Da sie nichts anderes mehr im Haus hatte, schnitt sie mit zittrigen Fingern die Tube Mayonnaise auf um die letzten Reste daraus verzehren zu können. Immer noch hungrig strich sie sich anschließend mit ihren noch öligen Fingern hastig die Haare zurück, was ihr gut gefiel, da es dem sexy Wet-Look ähnelte. Sie sprühte sich wieder etwas Deo auf die wichtigsten Stellen. Heute war es soweit, sie spürte es.
Ein leichtes Kribbeln durchzog Sybilles Unterleib. War es die Vorfreude oder ein Genitalpilz? Draußen fing es schon an zu dämmern und trotz der Erwartungen konnte sie nicht länger über ihren mittlerweile bohrenden Hunger hinwegsehen. Sie drückte Toni`s Nummer. Ihre Stimme bebte, als sie ihre Bestellung durchgab. „Hallo Toni! Schöner Tag heute, nicht? Heute hätte ich gerne einmal das Dinner for two-Angebot.“ „Si, Signora, zwei Pizze nach Wahl, eine Flasche Lambrusco und Tiramisu zum Nachtisch. Dasse mache keine Probleme.“ „Gut, dann bitte zwei Mal Hollo ohne Bollo. Ach was, dass reicht nicht. Bringen Sie zur Feier des Tages noch eine Pizza Würstli, ja?“ „Wie Sie wünschen, Signora, wird gemacht. Arrividerci.“ „Arri – was? Also Tschüss!“
Vergnügt legte Sybille den Hörer auf und wandte sich an Muschi: „So, Muschi, der Abend kann beginnen! Schau, was Frauchen sich Hübsches gekauft hat!“ Sie räkelte sich aufreizend vor dem Fenster. „Na, erkennst Du mich noch? Wenn ihn das nicht überzeugt...“ gluckste sie. Sybille konnte es kaum erwarten und zitterte vor Erregung – oder war es die Unterzuckerung? Da klingelte es schon. Eilig hastete Sybille zur Tür. Der Fußboden vibrierte noch, als sie diese öffnete. Sie setzte ihr schönstes Lächeln auf und schaute direkt in die Augen ihres Gegenübers. Ihr Lächeln erstarb.
Es war nicht Manni. „Äh, hallo! Wo ist denn Manni?“ fragte sie leicht verunsichert. Er wollte sie doch wiedersehen, das hatte er doch ganz klar gesagt. „Manni fährt die Tour nicht mehr, da ist so eine Olle, die ihn voll anmacht und da hat der echt kein Bock drauf. Chef hat das akzeptiert und den woanders lang geschickt“, antwortete der Bote und schaute mit großen, glasigen Augen an ihr herunter. Sybille raffte den Plüschumhang fester um ihre Brüste. Der Typ hatte da schon mal gar nichts zu gucken, dachte sie trotzig. „Armer Manni“, antwortete sie, „muss ja schlimm für ihn gewesen sein“. „Kein Wunder“, dachte sie bei sich, „Den süßen Typen will keine anbrennen lassen. Na toll, und wegen so einer doofen Alten fährt Manni meine Tour nicht mehr. Ich rufe gleich mal bei Toni an und frag ihn nach Mannis Telefonnummer. Nein, ich lass mir diesen Typen nicht durch die Lappen gehen wegen so einer Trulla.“ „Frau Eichinger! Alles in Ordnung mit Ihnen? Das macht dann bitte 30,50 Euro!“ Der Pizzafahrer riss sie jäh aus ihren Gedanken. „Äh ja, einen Moment.“ Sie holte das Geld und ließ sich den Restbetrag auf Heller und Pfennig ausbezahlen. Mit einem lauten Knall schloss sie die Tür, zog sich, sich plötzlich ihrer Blöße bewusst, das nächstbeste T-Shirt über und aß das gesamte Menü. „Blöde Kuh“, dachte sie dabei die ganze Zeit.
Nach dem Essen rülpste sie intensiv, streckte sich kurz und nahm anschließend den Telefonhörer in die Hand um Toni anzurufen. „Toni Stazioni hier, was kann ich für Sie tun?“ Sybille holte tief Luft. „Eichinger am Apparat. Ich habe soeben gehört, dass Ihr Fahrer Manni wegen sexueller Belästigung nicht mehr meine Tour fahren kann. Das tut mir natürlich sehr leid für ihn, denn wir waren gerade dabei, uns näher kennenzulernen.“ „Wie bitte? Wer ist da?“ „Eichinger, die mit der Hollo-Bollo.“ „Äh, Signoria, Manni iste äh...verhindert.“ „Verhindert? Hören Sie, ich weiß Bescheid und ich sage Ihnen, wenn ich diese Irre in die Finger kriege, mache ich Hackfleisch aus ihr!“ „Äh, wie? Äh, Ok, eine Pizza Hollo-Bollo, ich lasse gleiche liefern.“ „Nein, Nein. Ich will keine Pizza, ich will Manni!“ schrie Sybille hysterisch in den Hörer und legte auf. Wütend starrte sie auf das Telefon und fasste einen Entschluss: Sie würde zu Toni gehen, um dort Manni zu treffen und ihm klar zu machen, dass er sich von dieser Stalkerin nicht verunsichern lassen solle und sie ihn immer beschützen würde.
Schnaufend erhob sie sich von ihrem Sofa und zupfte sich einen platt gesessenen Käsekringel von ihrem Gesäß. Schnell legte sie noch etwas Rouge auf, ganz im Stile der 80er Jahre und versuchte, die schon etwas eingetrockneten Hackbröckchen von ihrem Oberteil zu zupfen. Ein paar rote Flecken blieben zurück, aber wahrer Liebe konnte dies wohl keinen Abbruch tun. Sie schlüpfte schnell in ihre geliebte Jogginghose, nahm den Fahrstuhl nach unten. So, nun noch um die Ecke und sie hatte es geschafft. Völlig erschöpft erreichte sie das Restaurant Toni Stazioni.
Sie stellte sich etwas abseits hinter eine Mauer. Hier wollte sie auf Manni warten. Irgend etwas roch seltsam. Hatte hier ein Hund sein Geschäft verrichtet? Sie schnupperte, hatte jedoch keine Zeit, die Quelle des unangenehmen Geruches auszumachen. Ein Motorengeräusch hatte sie abgelenkt und ihr Gefühl hatte sie nicht getäuscht: Es war Manni! Sie sah, wie er aus dem Auto stieg, sein wunderschönes Haar schüttelte und auf das Restaurant zuging. Vor der Tür stand eine sehr schlanke Frau in Tigerleggins und Pelzweste. Die war ihr bisher gar nicht aufgefallen! Ihr schwante jedoch, dass dies die Frau war, wegen der Manni ihre Tour nicht mehr fahren konnte. Jetzt lauerte ihm diese penetrante Kuh auch noch auf der Arbeit auf!
Angewidert spuckte sie vor sich aus, drückte ihre vor Wut wogenden Brüste raus und stapfte strammen Schrittes auf die beiden zu. „Was machen Sie da? Lassen Sie Manni sofort in Ruhe! Finger weg!“ fauchte Sybille die Frau an und baute sich vor ihr auf. Die Blondine starrte sie völlig entgeistert an und ergriff reflexartig Manni`s Hand. Da konnte Sybille nicht mehr an sich halten. Sie machte einen Satz nach vorne, versuchte sich dazwischen zu werfen. „ Ich sagte, Finger weg!“ brüllte sie und landete mit einem klatschenden Geräusch vor Mannis Füßen.
Mit dem Gesicht zum Boden hörte sie zunächst ein leises, dann immer lauter werdendes Gelächter über sich erschallen. „Ist das etwa die Tussi, wegen der Du jetzt die andere Tour fährst? Die ist ja noch hässlicher als Du sie mir beschrieben hast. Hihi, guck mal, die hat noch Pizzakäse an ihrem Arsch hängen!“ „Ja, das ist Sie. Mein Gott, gleich gibt`s ein Erdbeben, bei dem Kampfgewicht!“ brüllte Manni vor Lachen. Sybille lag immer noch regungslos am Boden, den Tränen nahe.
Doch dann zog sie geräuschvoll die Nase hoch, brachte sich unter Stöhnen in den Vierfüßlerstand und zischte kaum hörbar: „Das ist kein Käse, das sind Käsekringel!“ „Ach komm, Manni, mit so was reden wir gar nicht. Lass uns `ne Biege machen. Wir müssen pünktlich beim Opel-Treff sein.“ Bevor Sybille noch etwas erwidern konnte, waren die beiden verschwunden. Schwerfällig stand sie auf. Ihre Knie schmerzten und sie hatte das Gefühl, vor Wut zu beben – oder waren es die Wassereinlagerungen in ihren Beinen?
Sie spürte eine große Leere in sich - so groß, dass diese gefüllt werden musste. Wenn es nicht Manni war, der ihr Herz erfüllen konnte, dann sollte wenigstens ihr Magen gefüllt sein.
Trotzig machte sie sich auf den Weg zum Kiosk. Tränen liefen ihr über das Gesicht – oder war es doch der anstrengende Gang, der ihr den Schweiß ins Gesicht trieb? Bei Toni würde sie nie wieder bestellen, dass hatte er jetzt davon. Mit der Hack-Diät war jetzt auch Schluss. In einer solchen Situation musste man sich anders helfen. So etwas Ähnliches hatte sie schon einmal in der Sendung „Mitten im Leben“ gesehen. "Frustessen" nannte man das – und wenn nicht jetzt, wann dann? Die letzten fünfzig Meter zum Kiosk bewältigte sie nur unter großer Anstrengung. „Immer einen Fuß vor den anderen, das schaffst Du schon!“ motivierte sie sich selbst und gelangte schließlich völlig durchnässt am Ziel an. Sie warf sich auf den Tresen, holte noch einmal tief Luft und gab ihre Bestellung auf: „Hallo Franz! Fünf Tüten Zwiebelringe, drei XXL Packungen Negerküsse, fünf Tafeln Nougatschokolade und zwei Gläser Käsedip bitte, aber schnell!“ ächzte sie. „Aber hallo! Geben Sie heute eine Party?“ fragte der Kioskbesitzer und suchte geflissentlich das Gewünschte zusammen. „Nach Feiern ist mir weiß Gott nicht zumute“, schluchzte Sybille. „Aber, aber, Kindchen, was haste denn?“ Franz schaute sie mit sanften, mitleidigen Augen an. „Kann ich Dir irgendwie helfen?“ „Helfen? Mir? Mir ist nicht zu helfen. Gib mir nur mein Essen, das reicht.“ „Schon gut, schon gut. Nun komm schon, ich kenn` Dich doch. Kommst seit Jahren hier her, aber soviel haste noch nie gekauft. Was ist denn los?“ Er reichte ihr eine Plastikschüssel mit einem undefinierbaren gelb-grünlichen Inhalt. „Komm, greif zu, das ist meine Spezialmischung für Herzschmerz jeglicher Art.“ Angewidert aber dennoch hungrig schaute Sybille abwechselnd von der Schüssel zu Franz. Die klebrige Masse hatte ungefähr dieselbe Farbe wie seine Augen. „Was ist denn das?“ fragte sie und stopfte sich zugleich eine Handvoll in den Mund. „Ach, nur Käseflips mit grünem Weingummi überbacken. Klingt längst nicht so gut, wie es schmeckt. Das hilft mir immer, auch jetzt, wo mein Hansi nicht mehr ist...“ „Nicht mehr isst?“ fragte Sybille schmatzend und immer noch schluchzend. „Ja, er ist von uns gegangen, hat das Zeitliche gesegnet. Aber ich bin mir ganz sicher, er schaut gerade von da oben zu mir herab und fragt sich: `Was ist denn das für eine hübsche Frau da unten bei meinem Herrchen? `“ „Hansi? Hübsch? Ich? Also, tut mir leid, aber ich verstehe gar nichts. Wer ist Hansi?“ fragte Sybille und schaufelte sich mit beiden Händen den Mund voll. Gar nicht so übel, dieses Herzschmerz-Essen. „Hansi war mein geliebter Wellensittich und Weggefährte“, antwortete Franz mit einem leichten Zittern in der Stimme. „Er starb gestern Abend nach langem Leiden an Diabetes Mellitus Typ II. Die Ärzte haben gesagt, ich hätte ihm zu viel von meinen Käsespezialflips gegeben.“ Bei diesen Worten erstarb seine Stimme vollends und ging in ein lautes Schluchzen über. Sybille schaute kauend auf. „Ich kann verstehen, dass Du um Deinen Hansi trauerst. Ich habe auch eine Muschi, und wenn die nicht mehr wäre...“ „Muschi?“ unterbrach sie Franz verwundert. „Muschi ist mein weiches liebes Kätzchen. Und wenn ich meine Muschi nicht mehr kraulen und liebhaben könnte, was bliebe mir dann noch?“
Jetzt schluchzte auch Sybille wieder laut auf – sie hatte einen Weingummikäsekringel verschluckt.
Franz klopfte ihr zärtlich auf den Rücken und Sybille hatte plötzlich das Gefühl, stark zu erröten – oder war es die Luftnot? Egal, die Berührung tat ihr irgendwie gut, denn kurz darauf kam der Käsekringel wieder raus und sie fühlte sich wie befreit. Sie griff noch einmal in die Schüssel, die mittlerweile jedoch leer war. „Soll ich uns noch eine Herzschmerzmischung machen?“ fragte Franz und zwinkerte ihr liebevoll zu. Sybille hörte in sich hinein. Sie fühlte sich pudelwohl und hatte überhaupt keinen Hunger mehr. Sie empfand sich in diesem Moment als voll-kommen. „Nein danke, das ist sehr lieb, aber dein Wunderzeug hat bereits gewirkt“, antwortete sie und lächelte zurück.
-Ende-