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Philisophie mit Beinen drin

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12.11.2008
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398

Philisophie mit Beinen drin

»Ich griff zu. Dein Leben in meiner Hand.
Du bist ruhig. Erstarrt in ... Angst?
Oder Ehrfurcht.
Verstehst du, was mit dir geschieht? Kannst du erfassen, was passiert? Oder ist die schiere Größe des Geschehens außerhalb deiner Wahrnehmung?
Ich spüre Herzschlag. Es ist der meine. Aufgeregt flattert er.
Macht.
Lebst du, oder stirbst du?
Gottgleich. Doch nur ein Gott des Todes. Leben vermag ich nur zu schenken, wenn es bereits da ist. Geben kann ich es nicht.
Unvollkommener Gott.
Ich halte deine Zukunft in meiner hohlen Hand. Dein fragiles du. Ein Zucken nur, eine leichte Geste des Dramas und es endet.
Kann ich es?
Kann ich dein Leben enden? Wird es mich reuen?
Du regst dich leicht, suchst Entkommen.
Törichtes Geschöpf. Wie willst du dem Bestimmer deines Schicksals entgehen?
Vergeblicher Kampf.
Kämpfe nicht, du kannst nicht siegen.
Doch was wäre, wenn ich in der Hand eines mächtigen Gottes wäre? Eines Gottes, der Leben nur nehmen, aber nicht geben kann.
Wäre ich nicht auch ängstlich? Würde ich nicht auch kämpfen, sähe ich kein Entkommen? Würde ich ihn nicht auch zwingen wollen mein Leben zu enden? Ihm den letzten Triumph nehmen, meinen Tod bestimmt zu haben?
Ja!
Mit jeder Faser würde ich kämpfen.«
Und der Mann beugt sich nieder und entlässt die Spinne aus seiner Hand.

 

Hallo Jutta,

freut mich, dass dich die Geschichte zum Nachdenken reizt. Dein Kommentar beschreibt das eigentliche Dilemma nahezu jeder Religion. Wenn man die Handlungen und das Wirken einer -sicherlich- vernuftbegabten Wesenheit als gegeben hin nimmt, diese aber ob ihrer Art nicht versteht, so ist -und das schreibst du ja auch- für ihn göttlich. Die Spinne, billigen wir ihr denn Intellekt zu, sieht sich ja genau dieser Situation gegenüber. Die 2D-3D Analogie beschreibt dieses Erleben annähernd. Umgekehrt nun empfindet der Mensch in diesem Moment durchaus Göttlichkeit, stellt er doch für die Spinne eben das dar, was gemein hin als göttlich gilt: Eine unverständliche Kraft, die wirkt und einen unverständlichen Plan verfolgt.

lg
Dave

 

Hallo Leute,

da muss ich doch noch mal einen Abstecher wagen, denn durch eine Formulierung joaschs, dass das Plattdeutsche einsam mache, ist mir aufgegangen, dass es einsam machen muss, der EINE Gott sein zu wollen ("falscher Ehrgeiz" sagt der faule Hund), sofern man keinen andern neben sich duldet ... Da bleib ich doch lieber mit meinem Stoffwechsel menschlich und ertrage auch das "größte" Volksfest am Niederrhein - obwohl's mir ein Gräuel ist.

Nix für ungut

Friedel

 

Dann will ich mich auch mal melden.
Zu erst zur Geschichte:
Sie gefällt mir leider nicht sonderlich. Zu bekannt ist die Situation. Auch halte ich es für überzogen sich zum Gott zu stempeln, nur weil man etwas töten kann.
Hinzu kommt der für mich grausige Titel.
Sprachlich allerdings gibt es einige Stellen, die mir gefallen. So zum Beispiel:

Dein fragiles du.
Kann ich dein Leben enden? Wird es mich reuen?
Obwohl ich Friedrichard mit dem "BEenden" zustimmen muss.


@ Friedrichard

da muss ich doch noch mal einen Abstecher wagen, denn durch eine Formulierung joaschs, dass das Plattdeutsche einsam mache, ist mir aufgegangen, dass es einsam machen muss, der EINE Gott sein zu wollen ("falscher Ehrgeiz" sagt der faule Hund), sofern man keinen andern neben sich duldet ...
Das kommt auf die Art des EINEN Gottes an, wenn man außer sich niemanden sieht, ist man einsam. Sieht man diesen EINEN Gott aber nach dem Bilde Thomas Manns, das er in seiner Josephs Tetralogie veranschaulicht, ist dies nicht der Fall. Grob gesagt, wird dort die Meinung vertreten, dass ein Gott der einzige sein kann, indem er die Vereinigung aller existierenden ist, dabei aber gleichzeitig die Vielfalt bestehen lassen kann - er muss zwangläufig nicht alle anderen vernichten und ist somit nicht einsam.

Gruß,
Kew

 

Hallo Kew und herzlichwillkommen auf kg.de!

Zuerst war ich mit dem "BEenden" verblüfft (Konzentration nach'm Rimbaud doch weg? Nee, noch nicht ganz), hab halt nicht mehr dran gedacht.

Vom Grundsatz her hastu selbstverständlich recht, aber sollte man sich eigentlich kein Bildnis (also auch keine Beschreibung) von ihm machen? Sollten wir nicht un, als gäb's ihn gar nicht? Ignorieren, und doch die Bergpredigt befolgen, zB.

Gruß

Friedel

 

Danke Friedrichard für deine Begrüßung.

aber sollte man sich eigentlich kein Bildnis (also auch keine Beschreibung) von ihm machen? Sollten wir nicht un, als gäb's ihn gar nicht? Ignorieren, und doch die Bergpredigt befolgen, zB.
Da gehst du auf ein Interessantes Problem ein, das die christliche Religion hat. Zum einen wird gepredigt Gott ist allumfassend, zum anderen er ist gütig und will nur das Gute. Soweit noch ganz in Ordnung. Nun kommt hinzu, dass man das Laster als das Gegenteil der Frömmigkeit sieht, die ja ein Verzicht auf Freiheit ist. Das Laster gilt also als schlecht - man hält sich nicht an Gottes Gebote; aber geschieht der Abfall von Gott nicht auch in Gott, da er ja allumfassend ist (um wieder einen Gedanken von Mann aufzunehmen, diesmal aus Dr. Faustus). Man sieht also, sobald man anfängt mit Gott zu leben wirds schwierig. Das gleiche ist es mit der Uneigennützigkeit, die man an den Tag legen soll. Liebe deinen nächsten wie dich selbst. Wenn es nun eine Wertung deines Lebens gibt - warst du gut, schlecht? - dann verliert die uneigennützige Hilfe aber ihre Selbstlosigkeit, sie hilft einem ja.
Es scheint ich sollte Theologie zu studieren. Wenn ich dann fertig bin, komme ich mit abgesegneten Antworten:D
Gruß, kew

 

Sie gefällt mir leider nicht sonderlich. Zu bekannt ist die Situation.
Auch halte ich es für überzogen sich zum Gott zu stempeln, nur weil man etwas töten kann.
Hinzu kommt der für mich grausige Titel.
Sprachlich allerdings gibt es einige Stellen, die mir gefallen. So zum Beispiel:

Obwohl ich Friedrichard mit dem "BEenden" zustimmen muss.


Hallo Kew,

danke fürs Lesen und Kommentieren. Zu dem Gottesbegriff und des sich zum Gott stempeln haben wir hier ja schon eine anregende Diskussion gehabt.
Der "grausige Titel" ist, wie ebenfalls erwähnt, ein Wortspiel mit dem griechischen "Philios".

Das dir einige Stellen sprachlich gefallen, freut mich natürlich.
Auf das BEenden bin ich ja in einem anderen Kommentar schon eingegangen. wobei ich in keiner Weise den Schreibstil des großen Barden mit dem meinigen vergleichen wollte. :)

lieben Gruß
Dave

 
Zuletzt bearbeitet:

Also, Dave,

ich dachte ja: Hat er nix Besseres zu tun? Ich meine: Ein erwachsener Mann muß doch irgendwann mal entschieden haben, ob er Spinnen fängt, um sie freizulassen, ob er vor ihnen wegrennt oder ob er sie tothaut. Und meist sind dafür ganz pragmatische Gründe vorhanden. Ich laß Spinnen leben, weil ich sie mag, weil sie friedlich sind und nicht stinken, und hau lieber Schnaken oder Lebensmittelmotten tot. Außerdem ermorde ich kaltblütig tonnenweise Nacktschnecken. Dein Held jedoch ... naja, es ist Philisophie, und Du kannst auch nix dafür. Aber ehrlich, ein Mann, der in Betracht zieht, eine Spinne könne in Ehrfurcht erstarren? Sei froh, daß Bing und Hranulf heute dienstfrei haben, sonst wär das ein klarer Fall für das Schäufelchen.

Doch was wäre, wenn ich in der Hand eines mächtigen Gottes wäre?
das erste wäre kann raus.
Würde ich ihn nicht auch zwingen wollen, mein Leben zu enden? Ihm den letzten Triumph nehmen, meinen Tod bestimmt zu haben?
Egal wie ich es drehe und wende: Ich finde keinen logischen Bezug zwischen diesen beiden Sätzen. Inwiefern versucht die Spinne denn, durch ihre sinnlosen Fluchtversuche den Manngott zu zwingen, ihr Leben zu enden? Und warum zum Teufel hätte der Gott, wenn er das Leben beendet hätte, den Triumph nicht, da er doch den Tod einwandfrei bestimmt hätte?
Ich mußte mir vorstellen, wie die Spinne ratzfatz versucht, ein Seil zu weben, mit dem sie sich an seinem Mittelfinger stranguliert, damit er wenigstens nicht den Todeszeitpunkt bestimmen kann, so à la RAF in Stammheim. Das kann der Autor nicht gewollt haben.

Dafür

Dein fragiles du
und dafür
eine leichte Geste des Dramas
mußt Du Dich generell mal fünf Minuten schämen.

Lieben Gruß,
Makita.

 

Hey Makita!

Die kranken Gedanken lässt du links liegen, der Philisophie reißt du die Beine aus?
*armeindiehüftenstemm*

Spass beiseite.

Das Bestimmen des Todeszeitpunktes war auch nicht gemeint, sondern der Zeitpunkt des Sterbens. Vielleicht unpräzise formuliert. Sicherlich ein Klischee, oft benutzt und nicht taufrisch, aber immer gerne genommen. Zwinge ich meinen Feind durch meine Aktion mich zu töten, bestimme ich zumindest Zeitpunkt des Sterbens.

Allerdings ist dein Bild der sich erhängenden Spinne am Mittelfinger sehr gut. Geradezu tragironisch.

Schämen mag ich mich nicht, dazu sind die Geschmäcker zu verschieden, wie man an den Kommentaren sieht.

Wenn ich je den Wunsch hegte, ein Tier zu werden, so ließe ich mir von dir Bing und Hranulfs Dienstpläne geben. :)

Lieben Dank fürs Lesen und Kommentieren.

lg
Dave

 

>... eingegangen. wobei ich in keiner Weise den Schreibstil des großen Barden mit dem meinigen vergleichen wollte<
macht mich aber verlegen, denn schreibt sich Bart nicht mit (siehe daselbst) und hieße es dann nicht korrekt "... eingegangen. wobei ich in keiner Weise den Schreibstil des großen Bartes mit dem meinigen vergleichen wollte",

lieber Dave?

Grüß Euch Gott
alle miteinander!

Nix zu danken,

Kew,

ich muss noch mal auf Deinen Eingangskomm. zurückgreifen, in dem Du es für überzogen hältst, >sich zum Gott zu stempeln, nur weil man etwas töten kann<, was sinngemäß auch Berg weiter oben angesprochen hat.

Da find ich doch noch eine Tagebuchaufzeichnung aus dem April 1999, in der ein Dylan Klebold schreibt

>Mein Zorn ist wie der eines Gottes<,

was für einen schlichten Menschen wie Dylan erstaunlich ist. Ach so, keiner weiß, wer das ist? Entschuldigt, dieser Name ist mit Littelton entscheidend verknüpft: >Und ich weiß es, wir werden Nachfolger haben, weil wir so verdammt göttlich sind*<, auch dass eine Folge der Vereinzelung, denn den jungen Leuten, die seinem Vorbild folgten, fehlte vor allem soziale Bindung, so können sie auch keine Solidarität (biblich ausgedrückt: Nächstenliebe) üben.

Aber da müssten wir wohl in ein Seminar abwandern ...

Schönen Spätapril wünscht

Friedel

*Zitiert nach dem Dossier >Wir sind so verdammt göttlich< von Sabine Rückert und Stefan Willeke, Die Zeit Nr. 13 vom 19, März 2009

 

Hi Dave!

Ist jetzt schon etwas länger her, dass ich die Geschichte gelesen habe, nun hab ichs wiederholt. Ich finde sie nach wie vor weder besonders schlecht, noch besonders gut. Die gestellten Fragen kann ich nachvollziehen sowie ihren Anlass. Philosophie entsteht im Betrachten und insofern hat die Geschichte einen guten Ansatz.
Sprachlich stört mich allerdings die Exaltiertheit. Es ist verkünstelt. Man vergisst nicht, dass man liest, man kommt nicht rein. Der Text präsentiert sich.
Aber ich habe schon 1-2 Geschichten von dir gelesen und fand diesen ehrgeizigen Stil nur hier. :)


Gruß
Kasimir

 

Hallo Kasimir,

danke fürs Lesen und Kommentieren.

Ich weiß, der Sprachstil kommt eher in Griechischen Tragödien vor .) und istsicherlich nicht wirklich mein üblicher stil. Aber hier schien er mir angemessen, rühre ich doch (wie auch die Diskussion zeigt) an einer großen Frage. Ich gebe dir dennoch recht, der Stil ist stark überhöht.

lg
Dave

 

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