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Philisophie mit Beinen drin

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12.11.2008
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Philisophie mit Beinen drin

»Ich griff zu. Dein Leben in meiner Hand.
Du bist ruhig. Erstarrt in ... Angst?
Oder Ehrfurcht.
Verstehst du, was mit dir geschieht? Kannst du erfassen, was passiert? Oder ist die schiere Größe des Geschehens außerhalb deiner Wahrnehmung?
Ich spüre Herzschlag. Es ist der meine. Aufgeregt flattert er.
Macht.
Lebst du, oder stirbst du?
Gottgleich. Doch nur ein Gott des Todes. Leben vermag ich nur zu schenken, wenn es bereits da ist. Geben kann ich es nicht.
Unvollkommener Gott.
Ich halte deine Zukunft in meiner hohlen Hand. Dein fragiles du. Ein Zucken nur, eine leichte Geste des Dramas und es endet.
Kann ich es?
Kann ich dein Leben enden? Wird es mich reuen?
Du regst dich leicht, suchst Entkommen.
Törichtes Geschöpf. Wie willst du dem Bestimmer deines Schicksals entgehen?
Vergeblicher Kampf.
Kämpfe nicht, du kannst nicht siegen.
Doch was wäre, wenn ich in der Hand eines mächtigen Gottes wäre? Eines Gottes, der Leben nur nehmen, aber nicht geben kann.
Wäre ich nicht auch ängstlich? Würde ich nicht auch kämpfen, sähe ich kein Entkommen? Würde ich ihn nicht auch zwingen wollen mein Leben zu enden? Ihm den letzten Triumph nehmen, meinen Tod bestimmt zu haben?
Ja!
Mit jeder Faser würde ich kämpfen.«
Und der Mann beugt sich nieder und entlässt die Spinne aus seiner Hand.

 

Binnischschonwidderdererste?,

hallo Dave,

schön besinnliche & kurze Geschichte, statt immer nur Dämonen & andere Prothesengötter, mit der entscheidenden Frage wenig Wochen nach Ostern: >Lebst du, oder stirbst du?<, wodurch die vorherrschende Religion insgesamt zu charakterisieren wäre, seitdem die Kirche(n) sich für den Misanthropen Paulus entschieden hat/(haben), selbst wenn ein Prothesengott (soziologischer Begriff) sich gottgleich gebärdet und in einem andern Prothesengott rührt die Kleinkrämerseele sich, schwingt sich auf zum Besser-Wessi:

>Kann ich dein Leben enden?> Da fehlt was oder ist was zuviel: "Kann ich dein Leben BEenden?" Oder "Kann dein Leben enden?", was mehr als angenommen werden muss

Beim Konjunktiv mäkel ich schon wieder: >Doch was wäre, wenn ich in der Hand eines mächtigen Gottes wäre?<, wird die Statistiker zur Wortwiederholung auf engstem Raum hervorlocken. Empfehlung bei meiner Seel': "Doch was wäre, wenn ich MICH in der Hand eines mächtigen Gottes (BE)FÄNDE?"?

Und der vorletzte Abschnitt: >Wäre ich nicht auch ängstlich? Würde ich nicht auch kämpfen, sähe ich kein Entkommen? Würde ich ihn nicht auch zwingen wollen mein Leben zu enden?< Auf die würde-Konstruktionen zu verzichten raubte der Geschichte nicht ihre Würde: "Würde ich nicht auch kämpfen, sähe ich kein Entkommen? Wollte ich ihn nicht auch zwingen mein Leben zu BEenden?" und vorletztlich "Mit jeder Faser KÄMPFTE ich."

Mit dem Schlusssatz (soviel Zischlaute, wundervoll!) erweist der Prothesengott sich als humaner als mein netter Junge von nebenan aus "Jugend forscht". - Aber Gott bräuchte ja nicht zu forschen.

Mir gefällt's!

>Zu Pfingsten,/sind die Geschenke da am geringsten//während Ostern, Geburtstag und Weihnachten/was einbrachten<, was weder von mir noch dem ollen Willi Busch, sondern vom großen BB stammt.

Gruß & schöne Feiertage wünscht

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Arachnosophie... sehr schön, wirklich! Ich habe den Text nicht nur einmal gerne gelesen, er schleicht sich ganz leise und ruhig auf zarten Beinen an.


Obwohl das Motiv bekannt und die Ausgangslage sofort klar ist, finde ich den Schluß

Und der Mann beugt sich nieder und entlässt die Spinne aus seiner Hand.
ausgesprochen elegant – kurzer Satz, eine kleine alltägliche Geste, kein Pathos.

Doch was wäre, wenn ich in der Hand eines mächtigen Gottes wäre? Eines Gottes, der Leben nur nehmen, aber nicht geben kann.
Wäre ich nicht auch ängstlich? Würde ich nicht auch kämpfen, sähe ich kein Entkommen? Würde ich ihn nicht auch zwingen wollen mein Leben zu enden? Ihm den letzten Triumph nehmen, meinen Tod bestimmt zu haben?
Ja!
Mit jeder Faser würde ich kämpfen.
in der umgekehrten Perspektive wäre für mich gar nicht nötig gewesen: ein bißchen viel Drama um „Triumph“ und „Kampf“, wo das Spinnchen doch nur schwach gezuckt hat. Verstehe zwar Deinen Ansatz dahinter, aber für mich sagt der Teil davor schon alles aus.


Und eine Frage:

Leben vermag ich nur zu schenken, wenn es bereits da ist.
„Leben schenken“ bedeutet eigentlich ‚erschaffen’, das wäre hier ein Widerspruch in sich. Ist es gemeint im Sinne von: etwas bereits vorhandenes weitergeben, VERschenken? Gebe aber zu, das würde sich nicht schön anhören...

Die kleine Spinne in der Hand werde ich jetzt sicher eine Weile mit mir rumtragen :)

Sonnige Grüße,
Katla

 

Hallo Dave!

Na da ists ja gut, dass ich mit dem Posten gewarten habe. :)

Ich finde es nämlich nicht schön. Viel zu banal, das ist für mich eher ein Witz und bei der Pointe dachte ich, du hättest dich vielleicht in der Kategorie vertan.

Dazu hat wohl auch beigetragen, dass ich schmunzeln musste, weil ich mit der Pointe gerechnet hatte. Zwar nicht mit einer Spinne, aber doch damit, dass es am Ende wirklich ganz anders wird.

Naja. War halt nicht meins.

yours

 
Zuletzt bearbeitet:

Hapüh ...

so viele Reaktionen so schnell hatte ich gar nicht erwartet, bin daher sehr erfreut. :)

@ Friedel:

weiser, schneller Mann. Es freut, das ´s gefällt, auch wenn die Kleinkrämerseele diesmal ausgiebig schwelgen durfte (ein Ausgleich für Hundeliebe? :) ). Dass das Weglassen des würde die Würde der Geschichte nicht beeinträchtigen würde, würde ich so nicht sagen, würde es doch mEn die Sprachmelodie verzerren. (´tschuldigung, konnt´ich mir nicht verkneifen, nichts für ungut) :).

Das enden ist beabsichtigt. Nagel mich nicht auf die Zeit fest, aber in früheren (Sprach-) Zeiten ein üblicher Begriff. Der große Barde selber nutzte es ab und an, nicht zuletzt im Sein oder usw.


@ Katla:

freut mich, dass es dir so gut gefällt. Insbesondere der letzte Satz hat mir eigentlich etwas Bauchschmerzen bereitet, da ich ihn für zu knapp hielt. ;)

Das Schenken rührt aus der Überlegung heraus, dass der Sieger dem Besiegten das Leben schenkt. Obwohl der Besiegte das Leben ja schon besitzt.

@yours:

Tja, was soll ich sagen? Ich gebe die Hoffnung nicht auf, ausser Gedankenkrank noch eine Story zu schreiben, die dir gefällt. ;)
Eine Herausforderung, in der Tat. :)


@Sabine :

freut mich, dass ich dir deine Mittagspause verschönern konnte. :)
Die Philisophie ist beabsichtigt. Wundert mich, das Friedel das nicht bemerkt hat. Es ist ein Wortspiel mit dem Wort Philios (ich kann allerdings kein Griechisch, bin nur mal darüber gestolpert) und bezeichnet eine Art freundschaftlicher (platonischer) Liebe. Und das ist ja auch, was der Prot am Ende mit der Spinne fühlt, da sie ihm verwandt im Geiste erscheint.

Danke euch allen.

lieben Gruß
Dave

 

Hej Dave,

mir hat es nicht so gut gefallen.
Ich kann z.B. nicht nachvollziehen, wie Du von der Frage "Lebst du, oder stirbst du?", also der Möglichkeit, zu töten oder nicht auf etwas Göttliches schließt. Demnach wäre praktisch jeder Mensch gottgleich, bzw. diejenigen noch göttlicher, die mit einer geladenen Pistole herumrennen.

Leben vermag ich nur zu schenken, wenn es bereits da ist.
Wenn es bereits da ist, kann man es nicht schenken, sondern lediglich erhalten.
Man kann das dann mit einem erhabenen Gefühl "schenken" nennen. :)

Dein fragiles du.
Wieso "du"?

Wie willst du dem Bestimmer deines Schicksals entgehen?
Und wie der Mann dem seinen?

Würde ich ihn nicht auch zwingen wollen mein Leben zu enden?
Da verstehe ich jetzt nicht wen du mit "ihn" meinst.

Viele Grüße
Ane

 

Hallo Dave,

selbstverständlich weiß ich auch in Würde mit würde umzugehn (hoff ich doch) und Deine Begründung ist schon okay.

Hallo Ane,

>und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn ...< sagt einer der am weitesten verbreiten Texte dieser Welt. Doch was wäre, wenn es keinen Gott gäbe, dann wäre Gott eine Schöpfung der Autoren/des Menschen und der Mensch entwickelte sich - selbst wenn er noch der gleiche Nomade (ich sag gerne: Homo sapiens neandetalensis/Cro Magnon Mensch u. a.) bliebe, der er als Teil der Natur immer schon ist und dem die fortschreitende Kultur Entwicklungen vorgaukelt, die je nach Standpunkt bewertet werden. Vielleicht ist der Sinn menschlicher Entwicklung nicht nur die Ebendbildlichkeit, die zu Beginn der menschl. Geschichte behauptet wird, sondern selbst Gott zu werden. Dann ist die Frage <Lebst du, oder stirbst du?>, tatsächlich Ausdruck der Gott(gleich)heit. Und erinnern wir uns, dass der alttestamentarische Gott ein zürnender und durchaus gewalttätiger Gott ist und nicht der "liebe" Gott, der dem Kind vorgegaukelt wird. Und nur Gott kann Gnade spenden - kein Herr Köhler zu Berlin und kein Obama (klingt da nicht "erbarmen" durch?) in Washington DC.

Gruß & schöne Tage diese Tage wünscht der

Friedel

 

Hallo Ane,

vielen Dank fürs Lesen und mit der Geschichte beschäftigen.

Den "göttlichen" Teil hat Friedel ja schon trefflich beantwortet. Betrachte es mal aus der Spinnenperspektive. Eine unheimliche, in ihrer Größe nicht erfassliche Macht hält sie umfangen. Umgekehrt kennt jedes Kind dieses gottähnliche Gefühl, wenn es Städte aus Sand baut und zerstört. Das Größenverhältnis spielt hier eine große Rolle.
Menschen, die mit Pistolen frei herum rennen (ausgenommen Ordnungshüter) sind Psychopathen, keine Götter.
Als Metaebene war die leben/sterben-Frage als Frage an die Zukunft gedacht.

Fragiles Du: Wegen der direkten Ansprache und der Sprachmelodie.

Wie willst du dem Bestimmer deines Schicksals entgehen?
Und wie der Mann dem seinen?
Eben weil der Prot auf die Frage keine Antwort hat, läßt er die Spinne frei.

Mit "ihn" ist der Gott, welcher den Menschen umfangen halten könnte, gemeint.

schöne Pfingsten.

lg
Dave

 

Hej Dave,

danke für Deine präzisen Antworten.

Wolltest Du ungefähr sagen: Nachdem man den Tod erkannt hat, im Kleinen und dadurch auch in sich selbst, schätzt man das Kleine wie sich selbst?

Anderes verstehe ich immer noch nicht.

Das Größenverhältnis spielt hier eine große Rolle.
Inwiefern? Angenommen, es gäbe Deinen Gott, besteht seine Macht (ein Wort, das mir für einen Gott nicht so recht passen will, es klingt zu menschlich) oder seine Göttlichkeit dann tatsächlich in seiner Größe?
Angenommen, das Universum ruhte im Hohlraum einer geschlossenen göttlichen Hand, welche Macht könnte dieser Gott dann sein eigen nennen? Er hielte in der Hand eine Blase, die ihm nichts bedeuten könnte, weil sie ihm fremd wäre und außerhalb seiner selbst läge.
So auch der Mann mit der Spinne. Er macht sich lediglich bewusst, dass er etwas zerstören kann, weil er größer ist. Wie Du selbst sagst, jedes Kind kennt dieses Gefühl.

Anders verhielte es sich z.B. mit einem Gott, der überall ist, in jedem Wesen wohnt und alles durchdringt. Ein solcher Gott würde sowohl Leben als auch den Tod der Spinne enthalten, jede Überlegung darüber die Spinne zu zerquetschen wäre überflüssig. Mir erscheint ein solcher weitaus mächtiger - wenn man diesen Begriff benutzen möchte.

Mit "ihn" ist der Gott, welcher den Menschen umfangen halten könnte, gemeint.
Habe ich alles ganz falsch verstanden - der Gott ist doch wirklich riesengroß, oder? Welche Sandburg hat sich je gegen ein Kind zur Wehr gesetzt? Und weil Du schreibst

Würde ich ihn nicht auch zwingen wollen
wie sollte das vor sich gehen? Wie soll (Verzeihung, aber das Bild gefällt mir ;)) eine Sandburg das Kind zwingen, irgendetwas zu tun?

Dir auch schöne Pfingsten!

Hej Friedel,

zuerst musste ich Dave antworten, schließlich ist es seine Geschichte.

Doch was wäre, wenn es keinen Gott gäbe
Die Geschichte musst Du dann schreiben, hier gibt es offensichtlich die Idee von einem Gott. :)

Vielleicht ist der Sinn menschlicher Entwicklung nicht nur die Ebendbildlichkeit, die zu Beginn der menschl. Geschichte behauptet wird, sondern selbst Gott zu werden.
Dann müsste dieses Werden deutlicher beschrieben werden. Wie wird man ein Gott? Indem man Leben schont, nachdem man sich klar gemacht hat, das man die Macht hat, es zu zerstören? Das ist mir zu platt. Gewalttätigkeit - auch die von Göttern - gehört in einen bestimmten Kontext, sonst hat es nichts Göttliches, eher etwas von einem blinden Zyklopen.

Dann ist die Frage <Lebst du, oder stirbst du?>, tatsächlich Ausdruck der Gott(gleich)heit.
Wer muss wem diese Frage stellen, damit sich darin Göttlichkeit ausdrückt?

Viele Grüße
Ane

 

Hallo Dave,

Freut mich, wieder von Deiner erstaunlichen Produktivität profitieren zu dürfen. Hat mir sehr gut gefallen, das Gottspielen des Spinnenfängers. Frage mich auch oft, wie solche Kriechtiere uns so wahrnehmen. An diesem Punkt hätte ich persönlich vielleicht etwas länger "rumphilosophiert".

Ihm den letzten Triumph nehmen, meinen Tod bestimmt zu haben?
Ja!
Mit jeder Faser würde ich kämpfen.«

Das "Ja!" würde ich rauslassen. Als ich versuchte, Dir und mir zu erklären warum, fiel mir ein (abgesehen von "überflüssig"), dass es mich irgendwie an einen fanatischen Prediger erinnert. Sollte das beabsichtigt sein (passt ja irgendwie gar nicht so schlecht zum Thema), dann ziehe ich den Hut.

Jemand hat vorher gesagt, dass von Anfang an klar war, was da abläuft. :confused: Da hatte ich ja wieder mal eine lange Leitung, denn ich habe es erst beim letzten Satz kapiert. Hat vielleicht damit zu tun, dass ich mehr auf den Autor als auf den Titel geachtet habe, als ich die Geschichte anklickte.

Hat Spass gemacht

Liebe Grüsse

Elisabeth

 

>Zuerst musste ich Dave antworten, schließlich ist es seine Geschichte<, was auch korrekt in all seinen Bedeutungen ist,

liebe Ane -

nun kommen wir aber ganz schön ins Philosophieren

Ob ich die Geschichte schreiben müsste, wenn es keinen Gott gäbe, nun ja, null problemo, aber schau mal unter "Forschers Glück" (schön, mal wieder Eigenreklame machen zu können, ich eitler Wicht). Die Idee von einem Gott ist an sich noch kein Gottesbeweis, wenn auch keine Widerlegung, dass es einen gebe (Du bemerkst den vorsichtigen Ton in der Wahl des Konjunktivs).

Eigenzitat: >Vielleicht ist der Sinn menschlicher Entwicklung nicht nur die Ebendbildlichkeit, die zu Beginn der menschl. Geschichte behauptet wird, sondern selbst Gott zu werden.< Muss nicht bedeuten, dass DIESE Geschichte darauf abzielt. Aber zu jedem Text gibt's Gedanken, die über die Intention(en) des Autors hinausreichen (können). Aber ich wies schon darauf hin, dass der alttestamentarische Gott kein Problem damit hat, seine Schöpfung zu zerstören (womit er fast ein Vorbild Netschajew und all seine Nachfolger sein könnte ...). Mit dem Kontext hastu - selbstverständlich - recht. Was die Letzte Frage betrifft, die stellt der Mensch und dabei ist es vollkommen irrelevant, ob er an Gott und/oder seine Gottgleichheit glaubt. Da halt ich's mit Brecht und vor allem mit dem darin genialen Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes/außer, man tut es, was ein schöner Ausblick auf den Feiertag gibt.

Gruß & schöne Feiertage wünscht

Friedel

 

Hallo zusammen.

Verblüfft, allerdings auch sehr erfreut (so viel Eitelkeit ist denn dann doch in mir), stelle ich fest, welch Echo mein erster und tappsiger Ausflug in die Philosophie hervorruft.

@Elisabeth: es freut mich ausserordentlich, dass dir der Text gefällt. Das du von meiner Produktivität profitierst, ehrt mich.
Das yours truly eine Pointe erwartete, mag (wahrscheinlich) mit seiner Vorliebe für Fantasy und Science Fiction (er möge mich korrigieten, irrte ich mich) zusammenhängen. Dort haben Geschichten oft einen überraschenden Twist.
Das "Ja!" hat weniger mit Fanatismus zu tun, eher mit Emphase. Dazu gehe ich bei meiner Antwort zu Anes zweitem Kommentar noch näher ein.

@Friedel: Auch deinen Ausführungen antworte ich mit der Replique auf Ane.

@Ane: Ich gebe zu, das Bild der Sandburg hinkt auf mehreren Beinen. Als Krücke könnte ich anführen: Wenn sie von dem Kind mit Ameisen bevölkert wird, so können diese das Kind zwingen.
Um den Punkt des Größenverhältnisses zu verdeutlichen, benutze ich ein Bild, welches ich vor langer Zeit in einem Buch über n-dimensionale Topografie gelesen habe.
Stelle dir vor, es gäbe zweidimensionale Wesen. Ihre Wahrnehmung der Welt wäre ebenfalls zweidimensional, Länge und Breite. Nun gerät ein dreidimensionales Wesen in diese Welt, greift einen der Bewohner und hebt ihn hoch. Diese Wesen würde die Größe des 3-D-Wesens nicht erfassen können, sehr wohl aber die Auswirkung der Interaktion -also das wirken einer Kraft- ohne die Kraftquelle erfassen zu können. Also selbst bei gleicher Größe würde das 2-D-Wesen das 3-Wesen als vermutlich göttlich betrachten. Zumindest, wenn es kein Physiker oder Mathematiker ist. :)
Ähnlich, stelle ich mir vor, könnte es eine Spinne erleben, wenn sie von einem Menschen ergriffen wird.
Das Göttliche in uns, zumindest wie es Monotheisten verstehen, hat Friedel ja schon angesprochen. Das Umfangensein von Gott ist zentraler (Glaubens-) Bestandteil der Weltsicht. Der monotheistische Gott wirkt auf, nicht im Menschen. Er schuf in nach seinem Bild, doch nicht mit seiner Materie. In meinem Text erkennt der Mensch, das seine Beziehung zu der Spinne -unabhängig jetzt vom Größenunterschied- eine ähnliche sein könnte, wie die zu einem Gott. Ab hier wird der Text -ich bin jetzt mal so dreist, das zu behaupten- zu einer Parabel über die Selbstbestimmung. Ein bischen beeinflußt von Friedels Werk über die Schills und Hermanns dieser Welt, wie ich offen zugebe. Denn was bleibt dem Lebewesen, wenn es aller Selbstbestimmung beraubt ist, noch, als selbst den Zeitpunkt seines Lebensendes zu bestimmen. Deshalb das emphatische Ja! des Protagonisten, diese Bejahung des ultimativen letzten Rechtes der Kreatur. Auch wenn ich jetzt vielleicht eine kleine Diskussion über Sterbehilfe angestossen habe. Ich hoffe aber nicht.
Das Lebenschenken, so wie ich es hier meine, bezieht sich zum Einen auf die "Großmut" des Protagonisten, zum Anderen auf seine Anerkenntnis des Selbstbestimmungsrechtes aller Kreatur, also auch der seinen.
Zieht man dies in Betracht, so hat der Mensch in diesem einen kurzen Moment tatsächlich göttliche Macht, und die Frage: Lebst du oder stirbst du? ist eine Frage an die Zukunft der Spinne, da sich dort erst diese Frage beantworten läßt, nur nicht mehr durch den Menschen. Er gibt seine momentane Macht über die Spinne auf und läßt ihr das Recht zu wählen. Gleichzeitig projeziert er sein Wollen und Wünschen auf das Tier.

Ich hoffe, ich war jetzt nicht zu abgehoben. :)

lg
Dave

 

Hallo Dave!

Wenn ich deine Spinne mal vermenschlichen darf: Was hat sie doch für ein Glück! Ihr ist Gott persönlich erschienen, sie überlebt diese Begegnung, und hat fortan Gewissheit. Wenn da nicht selbst der Papst neidisch wird!
Für uns gilt weiterhin, ob wir nun glauben oder nicht, wir leben ein Gott-loses Leben.

Ein schönes Rest-Pfingsten wünscht dir

Asterix

 

Hallo Dave Nocturn,

ich mochte diese Szene. Wir kämpfen alle diesen vergeblichen Kampf - und wenn das Ende unausweichlich ist, muss man es eben hinnehmen. Das gilt für Menschen ebenso wie für Spinnen.

Stilistisch gefielen mir der Herzschlag, der der eigene ist, und die "Größe des Geschehens". Die Gleichsetzung der Macht zu töten mit der Macht eines Gottes halte ich für ein wenig verstiegen. Demnach wäre auch ein Mörder göttlich, wenn er entscheiden kann, ob er sein Opfer töten oder leben lassen will. Die Göttlichkeit fängt erst an, wenn wir Neues schaffen. ;)

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hallo Leute!

>An diesem Punkt hätte ich persönlich vielleicht etwas länger "rumphilosophiert"< sagt Elisabeth, und prompt geschieht's.

Interessant, dass hier so etwas wie eine Diskussion um (Religions-)Philosphie entsteht -
(muss, nachdem ich Kästner zitiert hab, auf Brechts Haltung hinweisen, dem schlicht wurscht war, ob einer an ein unbekanntes höheres Wesen - Dr. Murkes seligen Angedenkens - glaubt oder nicht, sondern allein das wichtig ist, was einer so tue) -
einschließlich eines mathematischen Abstechers (Topografie). Ob wir ein gottloses Leben führen (Asterix) ist unter der Prämisse, dass es keinen gebe/gäbe, gar keine Frage mehr. Wenn dann aber das Ziel menschlicher Entwicklung wäre, (im Gegensatz zur Naturgeschichte) "gottgleich" zu werden, dann hat auch ein "Mörder" (Berg) göttliches an sich - zumindest potentiell - aber jetzt drift ich zu Paul Tillich ab, was ich dann mal lass. Aber der Satz >Die Göttlichkeit fängt erst an, wenn wir Neues schaffen< impliziert aber, dass wir mit der Kultur Neues gegenüber der Natur geschaffen haben.

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka an Alle!

Ich war wohl nicht die einzige, die Daves kleine Spinne noch eine Weile mit sich herumgetragen hat. Bei all der Göttlichkeit möchte ich scheu auch noch meinen Senf dazugeben... hatte das ganz anders gesehen.

Evolutionstechnisch betrachtet verändern sich Arten nur, wenn es etwas nachzubessern gibt. Spinnen existieren nahezu unverändert seit Millionen von Jahren. Der Mensch ist ein hochspezialisiertes Lebewesen, das sich seit seiner Urform extrem verändert hat – dazu die einzige Spezies, die ohne Not Angehörige ihrer Art tötet, wie auch die einzige, die ihren eigenen Lebensraum zerstört. Noch schlimmer: Mit Intelligenz (die ich mich weigere, Vernunft zu nennen) ausgestattet in vollem Bewußtsein ihres Tuns.

Der Mensch, stark verbesserungswürdig und im Grunde schädlich, denkt sich nach seinem eigenen Bild einen Gott: ebenso potentiell zerstörerisch, ebenso willkürlich wie er selbst. Und in der Hand eines solchen Wesens sitzt nun scheinbar ausgeliefert die kleine perfekte Spinne – böse Ironie.

Aber ist sie nicht die wirklich Weise in dieser Geschichte? Wohl wird sie sich nicht fühlen, aber: sie könnte sich selbst befreien, auch zubeißen. Das tut höllisch weh... Doch sie wartet geduldig ab, bis dieses seltsame warmblütige Wesen seine megalomanischen Gedanken zur eigenen Existenz und der Gottesfrage beendet hat, und geht dann ihrer Wege.
Irgendwo eine ihrer phantastischen Konstruktionen zu weben - deren Material der Mensch mit all seiner Intelligenz, Technik und Wissenschaft erst in diesem Jahr geschafft hat, annähernd zu imitieren.

Der Mann hält sich für gnädig, gottgleich, weil er ein Leben nicht nahm. Eine eitle Illusion – und so doch ein happy end für beide. ;)

Sonnige Grüße,
Katla

 

Guten Morgen zusammen.

Wie Friedel schon bemerkt hat, entspinnt sich hier tatsächlich eine sehr interessante Diskussion um Religion und den Gottesbegriff. Ich freue mich natürlich, dass mein Text so etwas auslösen konnte, habe aber auch ein bischen Angst, da religiöse Standpunkt immer auch sehr intime Standpunkte sind und u.U. mit entsprechender Vehemenz verteidigt werden. Wenn wir uns auf eine reine Sachebene verständigen können, können wir die Diskussion gerne fortsetzen (falls das nicht gegen die Boardregeln verstösst). Allerdings sind mir natürlich Kommentare zur Geschichte als solcher genauso lieb. :D

@Asterix: Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.
Ich schließe einfach mal kühn, dass dir der Text gefallen hat, jedoch nicht ohne Vorbehalt. :)
Da Glaube eben nicht Wissen ist, hat der Glaubende immer auch Zweifel ab und an. Es sei denn, er lebt in einer Thoakratie (dann muss er glauben, sonst hat er ein Problem) oder sein Gott ist leibhaftig (so wie im alten Ägypten). Diese, den großen Religionen innewohnenden Zweifel, haben ja solche Dinge wie die Theosophie hervorgebracht. Es ist des Menschen Natur, zu wissen, statt zu glauben. Ob die Spinne allerdings hier eine Gottesbegegnung hatte, oder nur der Mensch den Göttlichkeitsanspruch für sich angenommen hat, überlasse ich der Interpretation. ;)

@Berg: Vielen Dank fürs Lesen und Loben.
Deiner These zu Göttlichkeit oder nicht möchte ich mal provokant entgegnen, dass dann jeder Genetiker göttliche Kraft in sich trägt, auch wenn er einen tödlichen Virus erschafft. ;)

@Friedel: Deine eloquente Antwort spricht für sich selber. Allerdings bin ich skeptisch, was die Kultur angeht. Da Kultur immer und jederzeit dem Wandel unterliegt, ist sie in der Tat stets etwas Neues. Jedoch scheint ein immanenter Bestandteil der Kultur zu sein, durch Ausbreitung alles Vorhandene zu verwandeln, bzw. zu absorbieren und verschwinden zu lassen.

@Katla: Vielen Dank fürs Lesen und intensiv mit dem Text beschäftigen.
Deine Interpretation ist sehr interessant und wirft ein Licht auf den Text, das mir so nicht bewußt war. Es ist sicher eine mögliche Interpretation, stellt sie doch die Spinne in den Vordergrund. Und ja, so könnte es in der Tat gewesen sein. Der Mensch ist nur ein Tier unter der dünnen Tünche der Zivilisation. Und in vielen Tun kommt genau das zum Vorschein.

Ich finde es toll, wie viele Gedanken der Text hervorbringt.
(muss ich ja sagen, ich habe ihn schliesslich geschrieben.) :)

lieben Gruß
Dave

 

Hej Dave,

o.k. das mit der Selbstbestimmung habe ich verstanden.
Ich werde keine Diskussion über Sterbehilfe anfangen. :)

Wahrscheinlich sehe ich Spinnen einfach ganz anders als Du. Ich stelle mir vor, dass eine Spinne sich in einer Menschenhand immer mehr oder weniger unbehaglich fühlt, je nachdem wie fest sie angepackt und inwiefern sie in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträchtigt wird, aber keineswegs gleich den Tod fürchtet.

(Möglicherweise gibt es Spinnen die sich auf Menschenhänden so richtig wohl fühlen. Ich stelle mir vor, der Mensch in Deiner Geschichte hätte so eine am Wickel gehabt: Während sich die Spinne vor lauter Entzücken kaum noch zu helfen weiß, endlich mal wieder eine Menschenhand, wird über ihrem Kopf über Leben und Tod philosophiert.)

Viele Grüße
Ane

 

Hej Ane,

(kommt da wer aus Schweden?) :)

Möglicherweise gibt es Spinnen die sich auf Menschenhänden so richtig wohl fühlen

Umgekehrt wohl eher weniger. :)

Aber dein letzter Kommentar trifft einen wichtigen Punkt der Geschichte, nämlich:

Verstehst du, was mit dir geschieht? Kannst du erfassen, was passiert? Oder ist die schiere Größe des Geschehens außerhalb deiner Wahrnehmung?

Vielleicht ist das Geschehen ja auch so weit ausserhalb des Wahrnehmungshorizontes, dass gar keine Beziehung zwischen Prot und Tier aufkommen kann, somit das Verhalten der Spinne losgelöst von einer wie auch immer gearteten Interaktion/Beziehung mit dem Prot zu sehen wäre. Womit ich wieder bei meiner 2D-3D-Analogie wäre. :)

Ich bin immer noch erstaunt, wie viele unterschiedliche Gedanken der Text bei den Lesern und mir hervorbringt, freue mich aber gleichzeitig sehr darüber. :)

lg
Dave

 

Hallo Dave!
Was ich aus dem text lese, ist: Gott ist nicht göttlich, solange wir uns eine Vorstellung von ihm machen können. Göttlichkeit, so es sie geben mag, entzieht sich unserer Vorstellung, sonst wäre sie menschlich; aber das mag ja auch genügen, zumindest in deiner Geschichte, die ich jetzt nicht 'göttlich' finde, aber anregend zum Nachdenken. Die Maxime, 'es gibt nichts Gutes. außer man tut es', ja die finde ich schon eher göttlich!
LG,
Jutta
Jutta

 

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