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Paradieswasser

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22.08.2007
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Paradieswasser

Entzückend war es, einfach entzückend, dieses kleine Land. Seine hohen, wohlgeformten Berge in der Mitte, von denen die Wildbäche über Felsen stürzten und sich nach dem tosenden Fall lieblich beruhigt durch sonnige Alpmatten schlängelten. In kleinen Weilern wohnten auf sanften Höhen die Bauern und bewirtschafteten von dort aus die fruchtbaren Ebenen und die Weinberge an den grenznahen Seen. Ein Land des Friedens seit Jahrhunderten. Seine Bewohner warfen breitbeinig abgestützt zu den Klängen ihrer Alphörner leuchtend rote Fahnen in den blauen Himmel. Sie tanzten, lachten und jodelten im Wohlstand, den ihnen fremde Menschen aus der ganzen Welt brachten. Kostbares Wasser auf die Mühlen der Bürger, die ohnehin schon im Überfluss schwammen.
Die Fremden kamen als Gäste, aber auch, um dieses Land mit ihren Fähigkeiten zu bereichern. Köstlich hier zu leben, zu arbeiten und zu wandern. An den türkisfarbenen Bergseen zu rasten, den buttergelben, kräuterwürzigen Alpkäse, die cremesahnigsüsse Schokolade aus dem Rucksack zu geniessen. Sich zu vergnügen in den stattlichen Hotels der sauberen Städte. Unter schattigen Linden den breiten Bahnhofstrassen entlang zu schlendern und die prachtvoll mit Juwelen bestückten Uhren in den Auslagen der Läden zu betrachten. Eine Oase war dieses Land, ein Paradies. Längst stand es unter dem Patronat des Weltkulturerbes. ‚Wenn es je dazu kommt’, dachten stolz die Paradiesbewohner, ‚dass die Welt unser Land erbt, dann wahrlich ist die Welt um ein Juwel reicher.’

Doch aus wolkenlos-heiterem Himmel gab es plötzlich Streit mit dem bis dahin so freundlichen Nordland, dessen Bewohner so gerne ihre Chalets im Paradiesland bauten, weil sie die etwas engstirnigen Paradieslölis genauso gerne hatten, wie das gute Leben in der bezaubernden Landschaft.
Im Streit ging es nicht um die hübschen Wasserfälle, Bäche und Flüsse, sondern um die Wasserreservoire, die Talsperren, die unsichtbaren Kanäle und verzweigten Stollen, die die Paradiesländer seit Jahrhunderten bauten, um das Wasser zu sammeln. Solange es sich nur um die Schmelzwasser der landeseigenen Schneeberge handelte, konnte sich darüber niemand aufregen. Aber es waren eben auch die witterungsbedingten Wassermassen aus dem Nordland. Da wollte man nun, ja da musste man ein paar deutliche Worte mitreden dürfen. Es ging doch nicht an, dass Nord- und Ostwinde die Regenwolken über die Grenzen hinweg zu den Bergen des Paradieslandes trieben. Dort blieben sie hängen, regneten ab, ergossen sich über Felsen und Matten, sammelten sich in Kavernen und flossen unterirdisch durch komplizierte Rohrleitungen zu den Talsperren, von wo sie wohldosiert zu den Haushalten der Paradiesler geleitet oder in Strom umgewandelt wurden. Wasser, welches eigentlich den Nordländern gehörte, die aber mangels traumhafter Berglandschaften nicht die Möglichkeiten der Wassersammlung hatten. Daraus erklärte sich wiederum, warum sie nie gleichartige Wassersammlungssysteme entwickelten.

Jetzt bemühten sich Heerscharen von Ingenieuren in nordstaatlichen Diensten um die Bannung der Regenwolken im eigenen Land. Meterhohe Mauern standen zur Debatte und wurden heftig verworfen von Einfamilienhausbesitzern, die um den grenzüberschreitenden Blick auf die paradiesischen Bergketten bangten. Gewaltige Gegenwindkonstruktionen entstanden auf dem Papier, scheiterten aber an den zu erwartenden, enorm hohen Betriebskosten.
„Wo kein Wasser, da auch keine Elektrizität“, mahnten die Gegner und schon bangte man um die Existenzen von Handys und Laptops. Von Regenzinsbesteuerung war die Rede. Einer dauerhaften, jährlichen, besser noch monatlichen Abgabe.
„Überstaatliche Gremien sollten per Dekret die Paradiesländler zwingen, ihre Alpen zu schleifen, damit der Südwind ungehindert die Gegenwindmaschinerie übernehmen kann.“
Alles Ideen, die mangels Durchführbarkeit verworfen wurden. Einzig die Ausschlüsse von Konferenzen und Tagungen und somit auch weltweit von gemeinsamen Beschlüssen waren machbar. Man würde sie einfach abklemmen, trockenlegen, aushungern. Man würde es ihnen schon zeigen, diesen niedlichen, etwas lahmarschigen und wassergierigen Paradiesbewohnern.

Diese glaubten zunächst nicht, was sie zu hören bekamen und erstarrten im Entsetzen. Kreidebleich die Einen, Krebsrot vor Wut die Anderen, sassen sie an ihren Stammtischen, verwarfen Hände und Fäuste, keuchten derbe Flüche und hatten es ja immer schon gewusst:
„Die spinnen, die Preussen!“
Ihre Volksvertreter empörten sich leise, berieten mögliche Zugeständnisse, schlugen separate Abkommen vor, unter anderem auch diskrete Einmalentschädigungen. Gut gemeinte Vorschläge, die aber mit Sicherheit am komplizierten Demokratieverständnis und -verfahren der paradiesischen Bevölkerung scheitern würden. Derweil jammerten die Nordländer:
„Bis euer hinterletzter Bürger seine Zustimmung gibt, sind wir längst verdurstet!“

Bis ein Herr kam, der seinem Namen nach auch gut hätte ein Brückenbauer sein können. Aber er brauchte Wasser für sein Land, paradiesisches Oasenwasser. Nicht mehr und nicht weniger, sondern alles und zwar sofort. Er nahm die Brücke auseinander, die beide Länder bisher verband und warf mit den Steinen um sich, dass die Paradiesler schwindelnd schwarzrotgoldne Sterne sahen. Über seinem dialektfreien Klartext blieb ihnen glatt das ‚Ch’ im Halse stecken. Wie vor Jahren sein Kollege zur Volksbelustigung, begann er lieblich zu singen und dies immer lauter, bis auch die hinterletzten Mattenbewohner verstanden, dass da einer nicht nur lustig ins Horn blies, sondern auch mit der Peitsche knallte und die Rösslein traben liess, um die Pardiesler wie Indianer zu jagen. Schliesslich knirschte er lächelnd mit zusammengebissenen Zähnen: „Jetzt wird gesprengt!“

So geschah es. Unter dem Decknamen Pro Südwind, wurden über Nacht die Wasserreservoire und Talsperren, die Stollen, unterirdischen Kanäle und Rohrleitungen des entzückenden kleinen Landes gesprengt. Sintflutartig wälzten sich die riesigen Wasser- und Geröllmassen über das Paradies und die so sehr begehrten Fluten ergossen sich als ungehemmte Katastrophe über die Grenze.
„Wohin mit all dem Wasser!“, schrien die aufgebrachten Nordländer. Entsetzt sahen sie ihre Deiche brechen. Flüsse traten über die Ufer, Sandsäcke wurden fortgespült, ganze Landstriche ertranken in der aufgewühlten Wasserschwemme des Paradieslandes …

Was blieb? Hier und da ein paar glitzernde Wassertropfen. Der grosse Rest verdampfte an der Sonne, versickerte in verschlammten, brachliegenden Böden, auf denen sich die wenigen Überlebenden prachtvolle Notunterkünfte mit Wellnessanlagen und Schwimmbädern bauten.

Die Regenwolken aber zogen unbehelligt weiterhin ihre wind- und witterungsbedingte Richtung vom Norden zum Süden. Sie blieben an den Bergen hängen, regneten ab, ergossen sich wie eh und je über Felder und Matten und so begannen die Paradiesländler mit dem Wiederaufbau, diesmal allerdings sprengstoffsicherer Talsperren, unterirdischer Stollen, Reservoire, Rohrleitungen und Kanäle. Es dauerte nicht lange, da tanzte, lachte und jodelte dieses putzige Volk wieder in Wasserreichtum und Wohlstand.

 

Liebe lakita,

mir ist ein Stein vom Herzen gefallen und ich habe mich riesig gefreut über Deinen Beitrag :bounce:
Soo schön, dass ich mich richtig in Feiertagslaune versetzt fühle. Mit Dir könnte ich sofort eine Selbsthilfegruppe gründen :)
Hab ganz, ganz lieben Dank dafür und ein schönes Wochenende!

Salü Set,

als Leser gefordert zu werden, finde ich in Ordnung

Ich auch. Danke auch Dir, dass Du nochmal gelesen und Dich gemeldet hast.

Liebe Grüsse,
Gisanne

 

Hi Gisanne,

auch ich hab mich geschmeichelt gefühlt - wohn ich doch in bayern - und mir gem unser wossa ned her :-)

Auch wenns dann wahrscheinlich die Schweiz war - egal

Schön geschrieben, aber da stimm ich mit Rick überein da gehört doch was saftiges am Schluss rein.

Es hört sich ja so an als sei am Ende alles wieder wie vorher - ja darf denn sowas sein in einer Satire ?

Mir fehlt der Schildbürgerstreich, die Kehrtwende, das Massaker - nur was könnte es sein ?

So ein bischen wie der Witz, wo der Regenwurm sich in der Prachtvoll geschmückten Wiese aufstellt und sing : Chanseau damour - und dann kommt der Rasenmäher mit : Ratatatata :-)

Aber wie auch immer stilistisch wundershcön

LG gdeki

 

"Das Vorderende eines Regenwurms kann überleben, wenn die Teilung hinter dem 10. Segment stattfindet." Wikiped.

Salü gdeki,

tja, damit wird aus dem Ende wieder ein Anfang :D
Mit Massaker und so hab ich immer meine Schwierigkeiten, denke aber schon trotzdem darüber nach und werds bei einer neuen Geschichte im Hinterkopf behalten.

Danke fürs lesen und kommentieren,
Lieben Gruss,
Gisanne

 

Salü miteinander,

wegen der Wünsche nach mehr ‚Spitzen’ hab ich die Geschichte überarbeitet und mich einiger Ausdrücke von bernadette bedient, die mir gefallen haben :D
Dafür meinen warmherzigsten Dank!

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Gisanne

Toll, coole Satire auf den herrschenden Cowboy und Indianer Konflikt mit dem nördlichen Nachbarn, der mit verbalen Steinen über Rheinbrücken hinweg unsere liebgewonnen Traditionen beschmeisst. Die zusätzlichen Spitzen hast du gut eingebaut, ohne dass sie gezwungen oder aufgesetzt wirken.

Und eigentlich hat lakita mir aus der Seele geschrieben, treffender könnte ich mein Empfinden auch nicht ausdrücken, so dass ich folgendes Statement doppelt unterstreichen möchte:

Zitat:
War wohl sehr ungeschickt, Wasser als Methapher zu benutzen. So bleibt die Satire tatsächlich ein Unkräutlein im Blumentopf.
NEINNNNNN !!!! Gäbe es einen Aufschrei-Smilie, der würd hier stehen.
[Aufschreiii!]

Einzig den letzten Abschnitt könntest du getrost weglassen, würde mir jetzt besser gefallen, obwohl ich natürlich deine Absicht des "wird aus dem Ende wieder ein Anfang" - Konstrukt sehe. ;-)

Gerne gelesen, musste oft breit grinsen.

Gruss.dot

 

Salü dotslash,

wie gut mir der Kommentar von Dir, als Nachbar innerhalb der Grenze, tut und wie er mich bestärkt, merke ich erst jetzt, weil mir Dein Verständnis die Nebel aus dem Kopf pustet wie ein veritabler Föhn.
Ja, der letzte Absatz ist dem Wunsch gezollt, dass wir uns wieder aufrappeln! Der muss noch stehen bleiben bis es soweit ist :)

Mercie vielmol un häb es schöös, sunnigs Wucheend!

En liebe Gruess,
Gisanne

 

Salü Are-Efen,

die Serie der Visionen C.G. Jungs, Ende 1913, kannst Du in 'Erinnerungen, Träume, Gedanken' von Aniela Jaffé nachlesen (ab Seite 178 unten). Er selbst bezog sie im Nachhinein allesamt auf den Ausbruch des 1. Weltkrieges.

Meine kleine Satire ist nicht so visionär und schwergewichtig. Die 'Spur', die sich Dir da auftut, würde ich nicht weiter verfolgen :D

Danke für Deinen Kommentar und
lieben Gruss,
Gisanne

 

Salü Kasi,

im Moment empfinde ich Deinen Kommentar s e h r konstruktiv, weil er mir einfach gut tut und ich mich über Dein Kompliment sehr freue!

auch weiß ich nicht, wie die Debatte ausging.

Die dauert noch an! Da aber gerade die Motorradgruppe des dt. Bundestages in Bern vorfuhr, herzlich empfangen wurde und dann bei Sonne pur die Serpentinen im Oberland hochbretterte, wird wohl 'Freude geherrscht' haben. Obwohl, man weiss ja nie, was die in ihren Pneus geschmuggelt und auf die hohe Bankkante gelegt haben :D

Danke herzlich Für Deinen Kommentar und lieben Gruss,
Gisanne

 

Liebe Gisanne,

der Stadtschreiber von Luzern schrieb schon vor einiger Zeit, als die Wasser der Reuss in den Vierwaldstättersee zurückflossen > . . das man schier trochens fuosses von dem büchsenhuss zuo den mülinen herüber hette gan mögen, wie es dann ettliche junge lütt zur gedächtnuss söllent gethan haben ...<, was Renward Cysat auf ein Erdbeben bezog.

Nun hab ich an diesem Sonntag wie ein Bild zu Deiner Geschichte - eher zufällig - Terra X zum Klimawandel gesehen und war bass erstaunt, dass die Schweiz in diesem Winter (exakt wurde der Winter 2008/2009 genannt, insbesondere der Januar 09) an einem >Tsunami< vorbeischredderte sei, was natürlich unsinnig klingt (es kann gar keinen in der Schweiz geben!). Gemeint war aber, dass Lawinen und/oder abbrechende Berge und Gletscher und hernach Eis- und Schneeschmelze die Dämme brechen ließen - was für die Bevölkerung zur Katastrophe würde ...

Gruß

Friedel

Ach ja, das genannte Erdbeben war das bis dahin schwerste in Mitteleuropa und ließ die Alpen am 18. September 1601 wackeln.

 

Gemeint war aber, dass Lawinen und/oder abbrechende Berge und Gletscher und hernach Eis- und Schneeschmelze die Dämme brechen ließen - was für die Bevölkerung zur Katastrophe würde ...

Salü friedel,

und meinst Du jetzt - in Bezug zu meiner Satire (!), dass dann unsere 'eingefrorenen' oder 'eingeschmolzenen Gelder' zum Vorschau kommen? :D

Wenn Du es aber generell meinst: Dann wäre das für Europa insgesamt eine Katastrophe! Das Klima liegt ja nicht nur auf unseren 'Konten' und das ist schon lange nicht mehr nur ein 'Bankgeheimnis' ...

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Mein ich selbstverständlich nicht,

liebe Gisanne,

und dass eine Katastrophe nicht nur für Mitteleuropa d'raus würde bräuchte eigentlich nicht erwähnt zu werden.

Aber stellen wir uns vor, Fräulein Müller stellte sich "reiche" Leute wie Onkel Dagobert vor, die morgendlich ein Bad nähmen. Da schlüge nun die Katastrophe in welcher Weise auch immer zu: niemand ertränke in dem vielen "über"flüssigen Geld, das kaum vorläge, da es überwiegend fiktiv, eben das genannte "Buch"geld ist und doch könnten ganze Gemeinwesen verschwinden, Geisterstädte entstehen. Einen Vorgeschmack haben die USA mit der Hypothekenkrise gegeben, wenn ganze Siedlungen verwaisen etc.

Gruß

Friedel

 

Hey Gisanne,

also mir hat der Text richtig Spaß gemacht. Da sind so Sachen drin, da huschte mir ein Schmunzeln übers Gesicht und ich dachte, dass hat sie ja schön verpackt. Schon der Anfang mit seinem - ach wie toll hier und schön - dieses Märchenlandbild, verheißt schon nichts Gutes :).

Köstlich hier zu leben, zu arbeiten und zu wandern.

:)

‚Wenn es je dazu kommt’, dachten stolz die Paradiesbewohner, ‚dass die Welt unser Land erbt, dann wahrlich ist die Welt um ein Juwel reicher.’

soso! Sehr schön.

Jetzt bemühten sich Heerscharen von Ingenieuren in nordstaatlichen Diensten um die Bannung der Regenwolken im eigenen Land. Meterhohe Mauern standen zur Debatte und wurden heftig verworfen von Einfamilienhausbesitzern, ...

:lol:

Von Regenzinsbesteuerung war die Rede. Einer dauerhaften, jährlichen, besser noch monatlichen Abgabe, prozentual entsprechend der Bevölkerungsmasse der umliegenden Länder und ihres Wasserverbrauchs.

Toll. Aber den erklärenden Teil, würde ich rausnehmen.

„Überstaatliche Gremien sollten per Dekret die Paradiesländler zwingen, ihre Alpen zu schleifen, damit der Südwind ungehindert die Gegenwindmaschinerie übernehmen kann.“

Diese ganzen irrsinnigen Konzepte, die sich so mancher ausdenkt - das hast Du wirklich hübsch umgesetzt und verpackt.

Diese glaubten zunächst nicht, was sie zu hören bekamen. Ihre Volksvertreter empörten sich leise, berieten mögliche Zugeständnisse, schlugen separate Abkommen vor, unter anderem auch diskrete Einmalentschädigungen, die aber alle am komplizierten, zeitaufwendigen Demokratieverständnis und -verfahren der paradiesischen Bevölkerung scheiterten.

Das kommt mir ein bisschen aus der kalten, dass sie da so schnell bereit sind Kompromisse einzugehen. Vielleicht noch ein Satz, der ihre Ängste beschreibt - ihre Zukunftsvisionen, die sich als Folge der Beschlüsse auftun, damit man hier ihre "Angebote" nicht so als Bruch erfährt.

Sehr gern gelesen.

Liebe Grüße Fliege

 

Salü Fliege,

da hast Du aber weit zurück geblättert, wow! Ich freu mich, dass Du Spass hattest an diesem Text. Deine Tipps habe ich ein-, bzw. umgebaut. Danke dafür. Inzwischen hat sich das ganze Problem ja wunderbar gelöst :D Die Paradiesler können ihr Wasser behalten, die Abgaben werden dann ja wohl bald über die Alpen geschoben. Ihr und Wir sind richtige Freunde geworden. TOLL.

Herzlichen Dank fürs ausgraben, lesen und kommentieren, für Tipps und Smileys und gut finden.
Noch einen schönen Sonntag und
lieben Gruss,
Gisanne

 

Wäre das nicht eine Variante: Schweizer AKWs - jedes für sich das sicherste an seinem Standort, wie grundsätzlich jedes europäische - ggfs. mit Paradieswasser zu kühlen?

Aber im Ernst,

liebe Gisanne,

gestern hab ich an der Börse eine Wette abgeschlossen. Gewettet habe ich auf erneuerbare Energie(n). Nicht auf die Energiewirtschaft an sich setz ich, die sich von der einen in die andere Maske flüchtet. Ich bin vielmehr guter Dinge, dass hier die berühmte unsichtbare Hand der Finanzmärkte eine weite Spielwiese findet, um sich aufzupumpen, bis man platzt. Und auf diesen P(l)atzer hab ich gesetzt. Konsequent, wie ich bin: einfach mal alles zur Freude meines Banksters.

In einem Zeitinterview schilt sich Jean Ziegler „einen weißen Neger“*. Der Soziologe, Sonderberichterstatter „für das Recht auf Nahrung“* und Berater der UNO beschreibt in seinem Werk – als wäre es ein Kommentar zu Gisannes Paradieswasser - die Schweiz, das [Nazi]Gold und die Toten, warnt aber auch davor, dass die Barbaren kommen Kapitalismus und organisiertes Verbrechen, das er als ein Imperium der Schande begreift. Ziegler eckt an – im Gegensatz etwa zu Stéphane Hessel, der eher moderat in Frankreich aufruft: indignez vous! (dt.: empört euch!) – gerade, weil sie ihre Länder lieben. Sie haben etwas gegen den Abbau des Sozialstaates zum Wohle der Reichen. Ein Aufstand alter Männer (dem ja noch Altkanzler Schmidt und der Historiker Fritz Stern hinzuzufügen wäre), derweil die jungen sich das Haar föhnen und den Superstar suchen?

„Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen“, sagt Ziegler, „ist die Schweiz das zweitreichste Land der Welt – ein rohstoffarmes Fleckchen von 41 000 Quadratkilometern, davon gerade mal 60 Prozent bewohnbar, … Wie macht die Schweiz das also? Ihr Rohstoff ist das fremde Geld: Blutgeld, Fluchtgeld aus der Dritten Welt, Steuerhinterziehungsgeld. 2,2 Milliarden Franken allein vom ehemaligen kongolesischen Präsidenten Mobutu, dafür gibt es im Kongo kaum Spitäler. 1,8 Milliarden von Abacha, einem kokainabhängigen Mörder , der mal Präsident von Nigeria war. … Und denken Sie an die Milliarden, die dem deutschen Fiskus fehlen. Ein riesiger Aderlass, der durch die Schweiz erst möglich wird. Da wird ein Rechtsstaat sabotiert.“ ...
[Ob Herr Dummwinkel in dieser Gesellschaft wohlfühlt?]
… Man glaube auch in der Schweiz: „Wir sind so reich, weil wir so arbeitsam sind. Und deutsches Steuergeld fließt zu uns, weil der deutsche Staat ein Terrorist ist. Pierre Mirabaud, der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, sagt: Deutsche Finanzämter verfolgen ihre Bürger mit Gestapo-Methoden. Die Steuerflucht sei also ein Fall von Notwehr. Da müsse man helfen. Ihr Deutschen seid viel zu nachsichtig mit uns.
… eure Liebe wird nicht erwidert. Selbst diese antideutsche Welle, die seit einiger Zeit durch Zürich rollt, seht ihr folkloristisch! Ihr glaubt, wir seien brave Bergler, aber unsere Herrschaftsschicht ist unfassbar selbstherrlich, vielleicht die arroganteste in ganz Europa.
… wir sprechen hier von einer Elite, die den Zweiten Weltkrieg verlängert hat, indem sie das Raubgold der Nazis in Devisen umgewandelt hat, ohne zu fragen, wo es herkam. Nachgefragt haben die Schweizer Bankbeamten erst, als jüdische Bürger nach dem Krieg die Konten ihrer Angehörigen sehen wollten. Da fragten die Beamten: Wo haben Sie denn den Totenschein? Als hätte man in Auschwitz Totenscheine ausgestellt!“ Die Lockerung des Bankgeheimnisses sieht er eher skeptisch und hofft, dass viele kleine Bankbeamte „Steuer“_CDs brennen.
„Jeder siebte Milliardär der Welt lebt in der Schweiz, aber wir haben Zustände wie in Bangladesch: Drei Prozent der Einwohner besitzen genauso viel wie die restlichen 97.“
Glaube aber keiner, dass dies im übrigen Europa wesentlich anders sei.
„Am 12. Oktober 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, kamen in Paris die Staatschefs der Euro-Zone zusammen und beschlossen einen Kreditrahmen von 1700 Milliarden Euro zur Stabilisierung ihrer Banken. … Bevor das Jahr herum war, haben dieselben Staatschefs das Budget des Welternährungsprogramms der Uno um die Hälfte reduziert, son sechs auf drei Milliarden.“ So sind Menschen zum Hunger verurteilt worden, und Politiker „sind die Handlanger dieser Banditen, die solange an der Börse spekulierten, bis alles einkrachte. Sie streichen dort, wo niemand protestiert. Die Menschen, die verhungern, liegen ja nicht auf der Wiese vor dem Reichstag …: Alle fünf Sekunden stirbt auf dieser Welt ein Kind an Hunger. … Alle vier Minuten verliert ein Mensch sein Augenlicht, nur weil er zu wenig Vitamin A bekommt. … Zahlen sind Waffen, gute Waffen, weil sie nicht einmal von den Weltbank-Leuten angezweifelt werden. Und derselbe World Food Report erklärt, dass wir mit unserer Landwirtschaft zwölf Milliarden Menschen normal ernähren könnten. Es gibt keinen objektiven Mangel. Ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.“
Kurz: Leichenbergen korrespondieren gehortete Goldberge. Was eine Verbindung zu einem neueren feinen Text Aris' gibt.

Gruß & immer wieder gern gelesen vom

Friedel

*»Ich bin ein weißer Neger« in der ZEIT Nr. 1 vom 30. Dezember 2010, S. 15 ff.

 

Ach Friedel,
hastu die olle Kamelle wieder ausgegraben und trotz verwirrender Aktualitäten so einen langen Kommentar geschrieben, der mich ganz sprachlos macht, weil ich so weit und so tief gar nicht gedacht habe, als ich Paradieswasser schrieb. Ist ja längst Schnee von gestern.
Aber wenn Du schon über Jean Ziegler schreibst, der sicher in vielen seiner Sichtweisen Recht hat, dann darf doch dies nicht fehlen:
Zitat aus Wikipedia zu Jean Ziegler:

So soll Ziegler auch den 1989 ins Leben gerufenen Gaddafi-Preis für Menschenrechte mitbegründet und in dessen Preis-Kommission gesessen haben. Er habe damals den Preis als „Anti-Nobelpreis der Dritten Welt“ gepriesen. Im Jahre 2002 war er selbst für diesen Preis nominiert. Er bestreitet jedoch, ihn je entgegengenommen zu haben.
Hübsch, besonders anlässlich der Realität in diesen Tagen. Wer weiss, vielleicht kann Ziegler bald seinen Lebensunterhalt aus Libyen beziehen …

Ich fürchte, wir bewegen uns hier arg im Off-topic Bereich. Und bevor das alles gelöscht wird:
liebe Grüsse,
Gisanne

 

Ja, mag sein,

liebe Gisanne,

aber allemal ist ein Zusammenhang Geld - Energie(wirtschaft) gegeben mit dem grundlegenden Prinzip der (Aus)Beute.

Was den Wiki-Artikel betrifft ist mE das Verb "sollen" entscheidend. Ist der Mann mal dort jem,and auf die Füße getreten? Ganz in den Bereich des Gerüchts kann man's nicht schieben, hatte doch Ziegler durchaus Kontakt mit diesem sonderbaren Menschen in absonderlichen Kostümen ... (wegen der hübschen Kostümierung erhält der gute Mann ja auch Waffen aus Europa ...)

Gruß

Friedel

 

Ach Friedel,
hastu die olle Kamelle wieder ausgegraben ...

Und wieder wird es Streit mit dem Nordland geben,

liebe Gisanne,

und dass bei dieser wohl noch ziemlich lange währenden "ollen Kamelle", heißt es doch Heiligabend 2013 von Zürich bis übers Ruhrgebiet hinaus unter Überschriften wie „Schweizer Bunker statt Schweizer Bank“* bzw. „Der Geldkoffer steht im Bergstollen“*, dass Dein wie immer wieder gern gelesenes und erlesenes Paradieswasser nun sogar von der Journaille gedeutet wurde. Der zwotgenannte Artikel beginnt darum geradezu idyllisch „zwischen den Bergdörfern Erstfeld und Amsteg, unterhalb der Großen Windgälle“ - sind nicht das schon wunderschöne Namen? – „liegt der ehemalige Schweizer Regierungsbunker. Das getarnte ‚Reduit’ sollte die eigenössische Führung aufnehmen, falls der Feind angreift. … Doch seit 2006 dient der in die Alpen getriebene Stollen als Behältnis für andere Dinge […] , Kunst, Wein, Diamanten und Gold“, wie der Zürcher „Tagesanzeiger“ berichte, in die ausländische Steuersünder investierten. Und alles ohne Steinbrück …

Gruß und ein gutes, neues Jahr (bevor's wieder vorbei ist)!

* WAZ vom 24.12.2013, S. 1 und S. 7,

 

Je nun Friedel,

wohin denn auch sonst mit all dem Luxuskram. Kannst nicht alles auf einmal trinken und um den Hals hängen. Der Tagesanzeiger schürt mal wieder Neid :D und wir Schweizer können schliesslich nicht nur Tunnelröhren bohren. Dabei zahlen wir uns dumm und dämlich, damit wir sauber dastehen! Trotzdem:
das Wasser bleibt bei uns, da könnt ihr noch solange maulen. Nur das Schmelzwasser - na ja, das nimmt halt so seinen Lauf von Berg zu Tal..., halt wie im richtigen Leben! :lol:

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Gisanne,
mit deiner KG hast Du mich vergnüglich unterhalten, vielen Dank! Hier meine Lieblingsstellen:

Doch aus wolkenlos-heiterem Himmel gab es plötzlich Streit mit dem bis dahin so freundlichen Nordland,
Was blieb? Hier und da ein paar glitzernde Wassertropfen. Der grosse Rest verdampfte an der Sonne, versickerte in verschlammten, brachliegenden Böden, auf denen sich die wenigen Überlebenden prachtvolle Notunterkünfte mit Wellnessanlagen und Schwimmbädern bauten.
Es dauerte nicht lange, da tanzte, lachte und jodelte dieses putzige Volk wieder in Wasserreichtum und Wohlstand.
Köstlich, dieser "Paradisverriss" :))
LG Damaris

 

Hallo Damaris,

das freut mich, dass du dich mit Vergnügen im Paradieswasser getummelt hast. Schön auch, dass dir die Sätze gefallen haben, da weiss ich doch, warum ich so lange daran herumgeknobelt habe. ;)

Vielen Dank für dein Lesen und kommentieren und
Lieben Gruss,
Gisanne

 

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