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Orientierungslos
Sie öffnete die Augen. Ein äußerst dubioses, gräuliches, verschwommenes Muster erdrückte ihren Blick. Sie kniff die Augen wieder zusammen. Sie fühlten sich geschwollen und verklebt an. Ein Schmerz durchzog ihre in Falten geworfene Stirn. In ihrem Kopf machte sich ein monoton vibrierendes Brummen breit. Als sie vorsichtig ihre Augen wieder öffnete, war dort immer noch dieses gräuliche Muster. Dieses Mal war es jedoch nicht mehr so extrem verschwommen. Sie konnte die Konturen deutlicher erkennen. Trotzdem war es immer noch ein großes Wirr-Warr, mit dem sie nichts anfangen konnte.
Der Untergrund, auf dem sie lag, war hart und kalt. Ihr Nacken knackte, obwohl sie nur sehr behutsam ihren Kopf wendete. Wieder wurde sie dazu gezwungen, ihre Augen zusammenzukneifen. Sie wurde geblendet von einem extrem grellen, hartem Licht. Der Strahl biss sie so sehr, dass ihre Stirn noch stärker schmerzte.
Das Brummen in ihrem Kopf wurde lauter.
Sie wollte sich aufrichten, jedoch gelang es ihr nicht. Es fühlte sich an, als ob sie am Untergrund festgebunden wäre. Jedoch war sie es nicht. Ihre Arme und Beine hatten einfach nur die gefühlte Konsistenz von Wackelpudding und der Schmerz wuchs proportional mit den Bemühungen, irgendwelche Muskeln anzuspannen. Jeder Bewegungsversuch war eine Folter. Alles in ihrem Körper schmerzte. Magen, Brust, Unterleib, Gesäß, einfach alles!
Nichtsdestotrotz verstärkte sie ihre Anstrengungen, sich aufzurichten. Sie hatte schließlich nicht die geringste Ahnung, wo oder wann sie war und schon gar nicht, wie sie dort hingekommen war.
Als sie nun sehr schwerfällig und mühevoll ihren Oberkörper wankend erhob, erkannte sie, dass sie auf einer grünen Metallgitterbank saß. Das gleißende Licht entstammte einem Scheinwerfer, der auf sie gerichtet war. Der dunkle, steinerne Boden unter der Bank wies ein verwirbeltes Muster auf ähnlich dem der gräulichen Decke.
Der auf sie gerichtete Scheinwerfer entpuppte sich als eine gewöhnliche Wandbeleuchtung, jedoch mit extrem starker Leuchtkraft.
Langsam gewöhnten sich ihre Augen an das grelle Licht.
Sie konnte noch überall verteilt viele weitere solcher Leuchten ausmachen, die aggressiv künstliches Licht in den Raum warfen. Jedoch schienen die Wände dieses Licht zu schlucken. Sonnenlicht drang nirgendwo in den Raum ein. Sie konnte aber nicht mit Sicherheit sagen, ob es draußen stockdunkel war oder ob der Raum schlichtweg keine Fenster besaß. Manche Ecken waren trotz der extrem grellen Lichtquellen in tiefster Dunkelheit gehüllt, so dass man nicht erkennen konnte, was sich dort wohl befinden mochte. Der starke Kontrast und das künstliche Licht sorgten dafür, dass der Ort nicht nur unheimlich, sondern auch kalt wirkte.
Der Raum war unglaublich groß. Es war schon vielmehr eine Halle. Offensichtlich handelte es sich zwar nicht um eine Fabrikhalle, jedoch strahlte das Ganze eine Atmosphäre einer kaltblütigen, brachliegenden ehemaligen Arbeiterhalle aus, in der vor Ewigkeiten seelenlose Maschinen von sicher ebenso seelenlos wirkenden Arbeitssklaven bedient wurden.
Die Räumlichkeiten an sich jedoch deuteten eindeutig darauf hin, dass sie sich wohl in der Haupthalle eines Bahnhofes befand.
Sie wusste nur nicht welchen.
Einen derartig befremdlich, unwirtlich wirkenden Bahnhof hatte sie noch nie irgendwo gesehen, und schon gar nicht war sie je auf einem solchen gewesen.
Die einzelnen dunklen, toten Geschäfte verstärkten das Gänsehautgefühl eines ausrangierten, vergessenen Friedhofs, den selbst verstorbene Geisterseelen vor Urzeiten schon verlassen hätten. Dem Geruch nach hatten sie aber ihre modrigen Kadaver zurückgelassen.
Mittlerweile machte sich auch ein fauliger, abgestandener Geschmack in ihrem Mund breit und verursachte ein flaues Gefühl im Magen. Der Gestank von kaltem Rauch in ihrer Kleidung verstärkte die Empfindung noch. Das Sitzen tat ihr weh.
Das dumpfe Brummen in ihrem Kopf wurde klarer und formte sich zu einem beständigem, mechanischem Surren. Sie merkte, dass das Dröhnen definitiv keine Begleiterscheinung ihrer Kopfschmerzen war, sondern ein real existierendes Geräusch.
Sie hatte nur keinen Schimmer, was ein derartiges lautes Surren von sich geben konnte.
Sie wollte sich umblicken, jedoch wurde ihr bei der schwankenden Kopfbewegung dermaßen schummrig und übel, dass ihr der Inhalt ihres Magens extrem säuerlich aufstieß. Sie musste sich übergeben und eine Mischung aus halbverdauter Plörre und Magensäure war ihr schon in den Mund geschossen. Sie konnte sich so eben noch beherrschen, dass es nicht direkt aus ihr herausgeschossen kam. Ein Adrenalinstoß ließ sie für einen Moment hellwach werden. Hastig konnte sie einen Metallkorb am Ende der Bank ausmachen, während ihre Wangen sich durch den ehemaligem Mageninhalt aufblähten. Flüssigkeit schoss ihr aus Mund und Nase, als ihr Kopf im Mülleimer hing.
Nach einigem Würgen war ihr Magen komplett entleert und sie befreite ihre tröpfelnde Nase in ein Taschentuch schnäuzend von der restlichen, säuerlichen Brühe.
Der Effekt des Adrenalins war schon wieder verpufft und ihr war noch schummeriger als zuvor, jedoch war ihr nun wenigstens nicht mehr allzu flau im Magen. Erschöpft schaute sie sich um und erblickte auch direkt die Quelle des maschinellen Geräuschs.
Es war ein Putzmann auf einem dieser Wisch-Fahrzeuge, die an fahrbare Rasenmäher erinnerten, nur dass sie halt wischten.
Es hatte etwas Unheimliches an sich, wie er einsam seine Runden drehte den neonhellen Flur entlang, von dem aus etliche Treppen hoch zu den Gleisen führten. Großartig bemerkt hatte er sie wohl nicht oder es interessierten ihn einfach keine würgende Geräusche aus einer Bahnhofshalle. Oder aber er wusste schon bereits um ihre Anwesenheit und ihren Zustand.
Ansonsten war niemand zu sehen.
Der große Informationsstand der Bahn war unbesetzt und dunkel. Sie sah auf die riesige Anzeigetafel für Zugzeiten, von denen obligatorisch in jedem größeren Bahnhof eine in der Haupthalle anzutreffen war.
Bei dem Anblick perlte sich ein wenig Schweiß in ihrem Nacken.
Auch wenn ihr etwas schummerig war, so war es ihr unerklärlich, warum sie auf der Informationstafel die Buchstaben zwar entziffern konnte, aber aus ihnen einfach nicht schlau wurde. Wieso konnte sie die Buchstaben erkennen, jedoch nur so, dass sie keinen Sinn ergaben? „AGDNED3F“ stand dort zum Beispiel in der obersten Zeile.
Wenigstens konnte sie die Uhrzeit lesen. Halb sieben zeigte die Uhr an, die in diese Tafel integriert war. Die Anzeige machte jedoch keinen besonders verlässlichen Eindruck. Es schien so, dass der Sekundenzeiger nur ab und zu in sehr unregelmäßigen Abständen nach vorne oder auch schon mal wieder zurück schwappte.
Vermutlich war die ganze Anzeige defekt, weswegen sie aus ihr auch nicht schlau wurde.
Jedoch kam ihr es äußerst ungewöhnlich vor, dass die Hauptanzeige in einer Haupthalle eines metropolenhaften Bahnhofes defekt sein müsste. Besonders, da auch kein Hinweis zu sehen war, wie zum Beispiel ein Schild mit der Aufschrift „defekt“.
Zudem wunderte sie sich, wie sie hierher gekommen war. Sie war hier noch nie gewesen.
Sie wollte so schnell wie möglich nach hause. Sie wollte sofort nach hause! Wie um alles in der Welt war sie nur so weit weg von ihrem gestrigen Ausgangspunkt gelandet? Es musste weit weg sein - die Bahnhöfe dieser Größe in der näheren Umgebung waren ihr alle bekannt.
Sie versuchte sich krampfhaft zu erinnern.
Sie war gestern auf der Party von Tim gewesen. Sie kannte ihn eigentlich nur flüchtig durch den Englisch-Unterricht, aber Vanessa hatte viele Fächer mit ihm. Sie selber wusste gar nichts von Tim.
Sie konnte sich noch daran erinnern, dass sie mit zwei Typen dort viel abhing, zumal Vanessa sich eh überall und nirgends aufhielt.
Aber... was dann noch weiter war.... Filmriss.
Sie legte zwanghaft ihre Stirn in tiefe Falten, sie wollte sich erinnern! Was war dann noch?
Sie konnte nicht mehr. Ihr Kopf schmerzte immer mehr bei dem Versuch, sich zu erinnern.
Ihr fehlte die Erinnerung und ihr war kalt. Sie fühlte sich unwohl. Sie brauchte unbedingt eine Dusche. Und sie wollte in ihr Bett. Und sie wollte was von McDonalds! Ein pappiger BigMäc, salzige Pommes und eine Cola... nein, lieber doch eine Fanta!
Sie hatte den Alkohol am gestrigen Freitag sicher mit Cola gemischt - da würde Cola nun nur unliebsame Assoziationen wecken. Sie glaubte jedenfalls, dass sie Weinbrand mit Cola getrunken hatte. Der erbrochene Geschmack deutete jedenfalls intensiv auf Weinbrand hin und den trank sie nie ohne Cola. Weinbrand-Cola war so schon nicht ihr liebstes Getränk, aber gemischt war es noch erträglich.
Eine McDonalds-Filiale sah sie von ihrem Platz aus zwar nicht, aber in einem so großen Bahnhof würde es sicher eine geben. Fragwürdiger ist da, ob diese nun überhaupt geöffnet hätte?!?
Sie wollte sich unter keinen Umständen mehr bewegen als unbedingt nötig! Sie war einfach total ausgelaugt. Hätte sie wenigstens die Uhrzeit gewusst, hätte sie abschätzen können, ob ein ortsansässiger Burgerladen vermutlich schon geöffnet hätte. Aus diesem Grund griff sie zu ihrem Mobiltelefon in der Hosentasche ihrer Jeans um nachzuschauen, ob es sich lohnen würde, sich zu erheben.
Als sie es raus zog fiel ihr auf, dass ein riesiger roter Fleck ihre Hose verzierte. Es verwunderte sie, dass ihr trotz dieser markanten Feststellung dabei leider keine weiteren Erinnerungen ins Gedächtnis kamen. Sie knibbelte mit dem Fingernagel daran, so als ob sie dadurch eine Eingebung kriegen könnte, um was für eine Substanz es sich handelt. Wie zu erwarten war, schlug ihre Analyse jedoch fehl. Wie schaffte es ein Fleck, so groß wie eine Untertasse, nur so erinnerungsunwürdig auf ihren Oberschenkel?
Das kurze Grübeln stellte sie recht zügig wieder ein. Jegliche gedanklichen Anstrengungen verursachten bei ihr nur eine Steigerung der Kopfschmerzen ohne irgendeinen Erfolg auf Erinnerungen in Aussicht zu stellen.
Geschwind ließ sie stattdessen ihren Daumen über das Telefon gleiten. Das Display erleuchtete in einem hellen Blau.
11 entgangene Anrufe.
3 ungelesene Mails.
11 Anrufversuche waren ihr entgangen! Dabei stand das Handy überhaupt nicht auf lautlos, ganz im Gegenteil - es war auf einen Heidenlärm eingestellt! Wie konnte sie das nur überhört haben?
Na ja, vermutlich hatte ihre Mutter es dauerhaft in einer festen Tiefschlafphase versucht. Sie machte sich viel zu oft viel zu viele unnötige Sorgen.
Sie scrollte die Anrufliste durch.
Und sie war doch deutlich überrascht.
Die Anrufe waren über den ganzen Abend verteilt und sie stammen nicht nur von ihre Mutter! Alleine Vanessa hatte sie 5x angerufen. Oh je, was war nur gewesen? Wenn Vanessa sich schon so oft meldet, dann gibt es dafür auch immer einen triftigen Grund!
Sie öffnete die Mails.
Eine davon war auch hier von Vanessa mit dem Betreff: "Melde dich sofort!" Aus dem Inhalt entnahm sie in ihrem unkonzentrationsfähigen Zustand noch so grade eben, dass sie sehr früh und sehr plötzlich von der Party verschwunden war. Zuletzt wurde sie wohl gesehen, als zwei Typen sie stützten, die scheinbar sonst niemand kannte, und mit ihr irgendwohin gingen.
An die zwei Typen konnte sie sich erinnern, jedoch nicht daran, dass sie mit ihnen irgendwo hingegangen wäre. Die beiden waren zwar ganz nett gewesen, aber keineswegs attraktiv und sie wusste noch, dass der eine Kerl für ihren Geschmack schon ein wenig zu aufdringlich wurde. Umso mehr beängstigte sie der Gedanke, dass sie von ihnen angeblich mitgenommen wurde. Wurde sie etwa von diesen Kerlen verschleppt und hier wieder ausgesetzt?
Ihr wurde schon wieder flau im Magen. Die Ungewissheit, was geschehen war, beängstigte sie.
Sie wollte es nun wissen, sie MUSSTE es nun wissen!
Mit etwas zittrigen Fingern wählte sie Vanessa zum Anruf aus.
“The Person You Have Called Is Temporarily Not Available”
‘Vermutlich schläft sie noch und ihr Handy ist einfach aus. Es ist sicher verdammt früh. Ach ja, die Uhrzeit...’ plätscherte es ihr gedanklich.
Das Mobiltelefon zeigte ihr nun die Uhrzeit displayfüllend an.
6:32 Uhr.
Also war die Uhr in der Anzeigetafel wohl doch nicht stehengeblieben, sondern nur der Informationsbereich defekt, der für die Zugfahrten verantwortlich war.
War er doch, oder?
Ihr Blick erstarrte einige Sekunden auf diese Tafel gerichtet. Sie hoffte einen Anhaltspunkt für ihre Annahme zu erhaschen. Es tat sich jedoch nichts. Die Tafel hing unverändert dort oben und ein Geistesblitz überkam sie ebensowenig.
Sie musste herausfinden, wo sie war und wie sie wieder nach hause kommen würde. Von ihrem Platz aus erhielt sie darüber keinerlei Aufschluss. Es fiel ihr schwer, aber sie machte sich auf den Weg, die Gänge des Bahnhofes nach Auskunft abzusuchen.
Ob nun ein Burgerschuppen auf hatte, war ihr jetzt völlig gleichgültig. Nach Essen war ihr absolut nicht mehr zu Mute, auch wenn es ihr sicher gut getan hätte. Die Beklommenheit in ihr ließ ihren Hunger vergessen machen.
Nichtsdestotrotz stand sie nach einigen Metern auf der Suche nach Information vor einem dunklen Burger-Geschäft. Nichts, aber wirklich gar nichts schien geöffnet zu haben! Dabei war es Samstag und von Freitag auf Samstag war normalerweise immer irgendetwas geöffnet. Schließlich öffneten samstags die Bäckereien noch bevor absolut alle Kneipen schlossen. Von Samstag auf Sonntag war das immer ein wenig anders. Aber samstags müssen immer noch viele Leute arbeiten und.... samstags müssen viele Leute arbeiten - wieso war dann dieser so große Bahnhof wie ausgestorben?
Ein unwohles Gefühl der Orientierungslosigkeit machte sich in ihr breit.
Es war noch keine Panik, aber es verängstigte sie noch mehr, als sie eh schon war. Verunsichert war sie schon die ganze Zeit.
Hatte sie vielleicht einen Feiertag vergessen?
Sie griff wieder zu ihrem Handy und fand die Lösung dort sehr schnell:
Es war Sonntag!
SONNTAG!!!
Wie konnte das nur sein???
Sie war geschockt. Sie konnte förmlich spüren, wie sie bleich wurde. Hastig blickte sie sich um. Es war absolut niemand zu sehen. Zu hören war auch absolut nichts. Bis auf das wieder etwas leisere Surren des Wischwagens.
Der Wischwagen! Wenigstens war irgendjemand also hier!
... irgendjemand... alleine mit einem wildfremden irgendjemand in einem ausgestorbenem, riesigen Bahnhof.
Ein jemand, der so eiskalt war, dass er sich nicht einmal umdrehte, um nach dem Zustand einer Person zu schauen, die sterbensgleiche Würgegeräusche von sich brachte. Ein jemand, der nur auf eine solche Situation lauerte, ohne Zeugen sich an hilflose Mädchen vergreifen zu können. Ein jemand, der diese Situation hier vielleicht sogar eingefädelt hatte?!
Ihr schossen die vielen Horrorfilme durch den Kopf, die sie in ihrem Leben gesehen hatte.
Es wurde ihr mulmig bei diesen zahlreichen Gedanken. Dessen ungeachtet musste sie jedoch unbedingt in Erfahrung bringen, wo sie sich befand und wie sie wieder nach hause kommen würde!
Sie folgte also, wenn auch nur sehr zaghaft und widerwillig, dem surrenden Geräusch. Der Spur folgend hoffte sie immer wieder irgendwo einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort zu erhalten. Die zumeist halb abgerissenen und verwaschenen Plakate an den Wänden waren erstaunlicherweise absolut nicht hilfreich. Jedoch entdeckte sie an einer Wand einen dieser riesigen Papierfahrplananzeiger und, was noch besser war, daneben standen auch noch Fahrplan- und Ticketautomaten!
Beschwingt mit neuer Hoffnung, endlich wenigstens ein paar Antworten zu erhalten, begab sie sich zum ersten Automaten.
'OUT OF ORDER' klebte ein Zettel auf dem Touchscreen. 'War ja klar' dachte sie sich keineswegs entmutigt, denn schließlich standen noch zwei weitere Automaten daneben und sie machte einen großen, seitlichen Schritt zum nächsten Gerät.
Bei der zweiten Maschine hatte sie etwas mehr Glück. Jedenfalls machte es auf den ersten Blick den Anschein. Aus ihm leuchtete zwar grelles Licht, aber...sie war sich nicht sicher - waren das kyrillische Zeichen? Wo war sie nur gelandet, dass derartige Schriftzeichen in einem Fahrplanautomat steckten?
Sie versuchte durch willkürliches Drücken diverser Optionen in ein Sprachauswahlmenü zu gelangen. Irgendwie konnte sie scheinbar drücken, was sie wollte, nirgendwo kam sie zu einer Möglichkeit, die Sprache zu verändern. Immer frustrierter wurde ihr Rumdrücken, bis sie schließlich nach einem letzten Druckversuch, der mehr an einen Schlag erinnerte als an ein Tippen, genervt und verzweifelt den Kopf drehte in Richtung des dritten Automaten.
'Scheiße, was ist das denn?' dachte sie sich, als sie vor dem dritten Automaten stand. Ihre Hoffnung auf Antworten war komplett entschwunden und an dessen Stelle trat immer mehr beklemmende Verwirrung. Es war eine Orientierungslosigkeit, die sie auf eine Art von sorgenvoller Qual dem Wahnsinn nahe brachte.
Sie konnte die Buchstaben auf dem Display zwar recht gut erkennen, jedoch ergaben sie auf diese Weise aneinander gereiht einfach keinen Sinn. Es war ein ähnliches Wirrwarr wie auf der Tafel in der gruseligen Eingangshalle.
Sie kniff die Augen etwas zusammen. Schimmerig verschwammen die Buchstaben und schienen sich etwas zu verformen. Sie rieb sich kräftig die Augen. Ihr Blick war zwar nun etwas verwaschen, aber es schien, als ob sich einige Buchstaben verdreht hätten. Es musste jedenfalls so sein, da es nun einige Worte gab, die einen Sinn ergaben.
Jedoch schüchterte es sie noch mehr ein, einige Worte lesen zu können, da diese Worte nur für sich gesehen keinen Sinn ergaben. Sie konnte sich nicht daran erinnern, Worte wie "Ursache", "Konfession" oder "Bestimmung" jemals auf einem Bahnautomaten gelesen zu haben. Zwar hatte sie es ja grade eh nicht so mit der Erinnerung, jedoch hauchte ihr diese Erkenntnis alles andere als Mut ein.
Ganz im Gegenteil sogar. Die Hilflosigkeit, sich absolut nicht zurechtfinden zu können, ließ sie verzweifeln. Die immer neuen Rätsel, die immer mehr Fragen aufwarfen, obwohl sie auf der Suche nach Antworten war, ließen eine Ausweglosigkeit in ihr Aufkeimen. Es entstand in ihr eine erschütternde Angst, die durch diese Verlorenheit verursacht wurde. Die Ahnungslosigkeit, was nur vorgefallen sein mag, verschärfte ihre Verzweiflung noch deutlich und brachte sie den Tränen nahe.
"DU SCHEISS -DING!!!" schrie sie es laut aus sich heraus. Hysterie ergriff Kontrolle über sie. Bevor die Panik sie losrennen lies, trat sie aus Leibeskräften noch feste vor den Automaten, als ob er die alleinige Schuld an ihre missliche Lage hätte.
Sie rannte weinend dem surrenden Geräusch entgegen. Sie wollte endlich wissen, was los war.
Sie wollte, dass man ihr aus ihrer Hilflosigkeit heraus half. Ihr war völlig gleichgültig, wer oder was ihr nun half.
Es dauerte nicht lange, bis sie den Wischwagen ausmachen konnte. Als sie ihn fast eingeholt hatte, rief sie so laut es ihre Lunge außer Atem noch zuließ: "Halt! Bitte! Warten sie!"
Die Person auf dem Wagen drehte sich zu ihr um.
"Ja?" ertönte es in einem extrem basslastigem Scheppern.
Todesangst überkam sie. Reflexartig wollte sie zurückweichen, jedoch rutschte sie aufgrund ihres hohen Tempos weg und sie knallte mit voller Wucht auf den Hosenboden. Der Schock sorgte jedoch dafür, dass sie keinen Schmerz verspürte. Ihre Augen klafften weit auseinander, da sie nicht glauben konnte, was sie sah. Sie wusste auch nicht, was sie dort zu Gesicht bekam oder wie sie es hätte beschreiben sollen.
Am ehesten konnte man es wohl als eine grau-braune geleeartige Masse mit rotglühenden Schlitzen bezeichnen. Schuppen waren unter einer schleimigen Gelatineschicht zu erahnen. Zwischen diesen Schuppen ragten in einigen Abständen immer wieder dornenartige Stacheln heraus. Auch wenn es keinen Mund hatte, so schien es sie auf eine subtile, bedrohliche Art anzulächeln. Sie war wie hypnotisiert von diesem Anblick.
Das rote Glühen in den Schlitzen fing an vibrierend zu wabern. Es pochte wie die aufflackernde Glut in einem heißer werdenden Feuer. Die Luft um dieses Wesen herum fing an zu flimmern. Die Schlitze weiteten sich mit einem metallischem Knarzen. Ein dumpfes Brummen dröhnte laut in ihren Ohren. Es klang wie Vokale die in einer pumpenden Frequenz fließend ineinander übergingen. Ein Quietschen mischte sich mit bei, welches weit unangenehmer war als jedes nur erdenkliche Kratzen an einer Tafel. Dieses infernalische Krächzen riss sie aus ihrer Schockstarre. Zeitgleich streckte das Ding langsam eine nicht genauer definierbare Extremität in ihre Richtung aus. Etwas Glibber tropfte von der Spitze dieser Extremität und prallte unerwartet lautlos wenige Zentimeter vor ihren Füßen auf den Boden auf. Auf dem Hintern liegend machte sie sich panisch auf allen Vieren rutschend davon. Sie konnte ihren Blick nicht davon abwenden. Wenige Meter später prallte sie rückwärts in höchstem Tempo, das sie auf dem Rücken kriechend erreichen konnte, auf eine Wand.
Dieses Ding stieg von seinem Gefährt ab und schritt entschlossen auf sie zu.
Sie zog ihre Knie an ihren Körper heran. Sie machte sich so klein wie nur irgendwie möglich und kauerte so mit Todesängsten. Tränen flossen in ihre Hände, die sie sich vor ihr Gesicht hielt.
"Entschuldigen Sie. Kann ich Ihnen helfen?"
Sie weinte so sehr, dass sie die Worte nicht hören konnte.
"Entschuldigen Sie?!?" wiederholte sich die Person deutlich lauter.
Dieses Mal hörte sie ihn. Sie war irritiert. Ungläubig blickte sie mit roten, verweinten Augen auf und sie sah einem ganz gewöhnlichen Mann mit schwarzem Haar und einer etwas breiteren Nase ins Gesicht.
"Kann ich Ihnen helfen?" fragte er erneut.
"Ich... ja."
"Entschuldigen Sie, wenn ich Sie erschreckt habe. Was kann ich für sie tun?"
"Ich... also... wo bin ich hier?"
"Oh. Sie wissen nicht, wo sie sind?"
"Nein, ich ... also... ich habe keine Ahnung. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie ich hierhin gekommen bin. Ich... weiß nicht. Und.. und vorne war auch niemand an der Info."
Etwas mitleidig musterte der Putzmann sie.
"Ja, ich weiß, es ist noch ziemlich früh für die Info-Theke."
Er hielt kurz inne zum Überlegen und er meinte sich dann erinnern zu können:
"Aber ich glaube... also ich meine, ich hätte Herrn Andon schon vorhin gesehen. Er ist sicher im Aufenthaltsraum für Angestellte. Kommen Sie, ich bringe Sie zu ihm!"
Er reichte ihr die Hand um ihr beim Aufstehen zu helfen. Zögerlich nahm sie die Hand an.
"Danke."
"Keine Ursache. Und, Sie müssen mir verzeihen, es mag zwar skurril wirken, aber obwohl ich hier eine Reinigungskraft bin, habe ich leider kein Tuch bei mir, welches ich Ihnen anbieten könnte."
"Tuch?"
"Ja, ein Taschentuch. Ich habe nur Putzlappen da."
"Ahso. Nein, kein Problem, danke. Ich habe selber auch noch welche."
Sie zog ein Tempo hervor, um sich die halb getrockneten Tränen abzuwischen.
Wenige Meter später standen sie vor einer dunkelblauen Metalltür mit der Aufschrift 'Zutritt nur für Personal'
"Da wären wir auch schon."
Der Reinigungsmann klopfte an und nach kurzer Zeit wurde die Tür geöffnet.
"Ja bitte?" fragte der Mann im Anzug in der Tür stehend.
"Herr Andon, gut, dass sie schon da sind. Dieses Mädchen hier hat sich irgendwie hierher verlaufen. Sie weiß nicht, wo sie ist und auch nicht, wie sie hierher gekommen ist. Ich wusste nicht, dass schon Reisende hier sind und da hatte ich sie wohl erschreckt."
Der Mann in der Tür schüttelte murmelnd den Kopf: "Das gibt's doch nicht! Schon wieder diese Stümperei bei der Nachtschicht! Ich muss dagegen echt mal was unternehmen!", und wandte sich dann an den Putzmann, "Keine Sorge, Sie haben nichts falsch gemacht. Ich danke Ihnen, sie können wieder zurück an die Arbeit."
"Keine Ursache, ich helfe doch immer gerne! Und dir wünsche ich noch alles Gute!"
Durcheinander und bis jetzt beunruhigt erwiderte sie noch leicht schluchzend: "Danke."
Herr Andon trat heraus und schloss die Tür hinter sich.
"So, komm, wir schauen nun mal beim Informationsstand nach, wie wir dir helfen können. Dort habe ich einen besseren Zugriff auf alles. Es wird schon alles gut werden."
Diese Worte beruhigten sie nur mäßig.
Sie schritten den Gang unter den Bahngleisen entlang in Richtung der Eingangshalle. Ihr fiel auf, dass sie immer noch nicht wusste, wo sie überhaupt war, obwohl sie nun schon mit zwei Menschen vor Ort gesprochen hatte.
“Wo sind wir hier eigentlich? Ich möchte nämlich so schnell wie nur möglich wieder nach Hause!”
Diese Worte legten dem Bahnangestellten leichte Falten in die Stirn.
“Hm. Du willst nach Hause. Das ist sehr verständlich, aber ich befürchte, das wird so nicht möglich sein.”
Ihr Herz pochte einen Hauch schneller. Vermutlich missversteht sie grade einfach die Aussage des Mannes, aber Bahnangestellter hin oder her - er ist ihr fremd und sie weiß nicht, was der Typ im Schilde führen könnte.
“Wie meinen Sie das?” entfuhr es ihr deswegen auch mit einer zittrigen Stimme.
“Na ja, wie soll ich sagen... Es tut mir wirklich leid, dass du es so erfahren musst. Eigentlich hätte dich die Nachtschicht behutsam aufklären sollen, aber die haben sich die Sache mal wieder scheinbar zu einfach gemacht.”
“Aufklären? Nachtschicht?”
Kalter Angstschweiß bildete sich bei ihr am ganzen Körper. Wovon sprach der Typ da bloß? Sie wusste es nicht und das sorgte bei ihr für ein unwohles Gefühl, denn gut klang es in keinem Fall!
“Es tut mir leid, dir dies nun so schonungslos sagen zu müssen, aber.... Mädchen, du bist tot!”
Panik ergriff sie. Sie wollte los rennen, fliehen, aber, sie war starr vor Schock.
Er will sie umbringen!
Doch nach wenigen Schock-Sekunden kamen ihr wieder diese vielen Fragen dieser vielen Rätsel in den Sinn.
Wenn der Anzug-Typ sie umbringen wollte, was war dann mit dem Reinigungstypen?!?
Der hatte sie doch gesehen und... er sprach auch noch von einer Nachtschicht?!
Was für eine Nachtschicht?
Von was?
In was war sie da geraten?
Ein Verbrechersyndikat?
Menschenhandel?
Würde sie gleich zum Vergnügen eines kranken Hirns zerstückelt werden?
Der Mann sah ihr die Panik durch die noch weißer gewordene Bleiche in ihrem Gesicht deutlich an und er war sich direkt einer Schuld bewusst.
“Oh, entschuldige, ich hatte mich wohl ein wenig ungeschickt ausgedrückt. Ich hatte vergessen, dass du dich an deinen Tod und den Geschehnissen zuvor jetzt grade gar nicht erinnern kannst. Diese ganzen verdammten Drogen machen unseren eh schon nicht einfachen Job viel zu oft viel zu schwer!”
“was?”
“Ja, du bist tot. Ich kann dir leider nicht sagen, woran oder wie du gestorben bist. Dazu muss ich gleich kurz in den Rechner schauen.”
Sie wusste absolut nicht, wovon der Typ sprach.
Ein Verrückter. Scheinbar hatte sie es mit einem Verrückten zu tun!
Andererseits waren dafür die Ausführungen des Kerls viel zu fachmännisch und professionell.
Jedoch... wer weiß schon, wie so ein Verrückter tickt?!? Einzig allein der Fakt, dass der Mann sich bisher kein bisschen bedrohlich ihr gegenüber äußerte, sondern stets freundlich war, ließ ihre Neugier größer als ihre Angst sein.
“Ich … aber.... was reden Sie da? Hören Sie, das ist echt nicht witzig!”
“Ja, ich weiß. Hier, ich mache mal eine Ausnahme, du kannst ruhig mit mir hinter die Theke des Informationsstandes. Dort kannst du dann auch mit in die vorliegenden Unterlagen reinschauen. Eigentlich verstoße ich damit gegen Datenschutzrechte anderer Verstorbener, aber es ist mit dir ja leider einiges schief gelaufen. Vor allem Dank der Nachtschicht!”
Sie war absolut orientierungslos.
Wovon redete der Typ da bloß? Tot? Sie soll tot sein? Und dann landet man auf einem menschenleeren Bahnhof, wenn die Nachtschicht Mist baut? Ihr war absolut nichts mehr geheuer.
Im Informationsstand angekommen fuhr Herr Andon den Computer hoch.
“Setz dich doch. Wie heißt du denn?”
“Wieso wollen Sie das wissen?”
“Na, damit ich nachschauen kann, wie du hierher gekommen bist. Ich weiß, alles sehr irritierend. Man landet auf einem Bahnhof nach dem Tod. Aber bei der letzten Konferenz aller Konfessionen kam man zu der Übereinstimmung, dass es sinnvoll ist, alle Menschen nach ihrem Tod irgendwo zu sammeln, um sie dort dann organisiert in die verschiedene Bereiche einzuteilen. Die Fehlerquote wurde einfach immer höher und dagegen musste etwas getan werden. Die Leute waren zu oft in die falschen Bereiche gelandet. Entschuldige dich mal bei jemanden, der aus Versehen ins Fegefeuer geraten war, obwohl er für die hinduistische Reinkarnation vorgesehen war. Eine Form der Entschädigung ist hier nach dem Leben äußerst schwer zu gestalten. Jedenfalls entschied man sich dafür, diesen Aufteilungsbereich weltlich zu kreieren, da es sich ja um einen Kompromiss für alle nur erdenklichen Religionen handelt. Von hier aus fährt dann jeder mit dem Zug in den Bereich, zu dem er hin muss. Also, wie heißt du?”
Ihr fehlten die Worte. Sollte es etwa wirklich wahr sein? Ihr Kopf schien vor Anstrengung zu explodieren, aber dieses Mal ignorierte sie die Schmerzen. Sie hatte keine Ahnung, was vorgefallen war. Sie wusste nicht, wo sie war. Auch wenn es mehr als nur verrückt klang - vielleicht hatte der Mann sogar Recht? Was sollte schon Schlimmes passieren, wenn sie ihren Namen nannte?
“Kathrin”
“Und weiter?”
“Hoffmann”
“Okay, dann wollen wir mal schauen.. Hmm.... du bist nicht religiös, richtig?”
“Ähm, nein, also, nicht wirklich, also … ich habe mich damit bisher nicht viel beschäftigt.”
“Hm... na ja, immer noch besser als überzeugter Nihilist zu sein. Für die Jungs geht es nämlich nirgendwo mehr hin. Im wahrsten Sinne des Wortes.”
Er versuchte sie mit einem leichten Lächeln etwas aufzumuntern, jedoch war sie grade viel zu sorgenvoll, als dass sie sich so eben auf die Schnelle aufmuntern ließ.
“Und was ist nun mit mir?”
“Hm.. du... also... wann hast du Geburtstag?”
“Am 27.März”
“Und wie alt bist du nun?”
“16”
Nachdem er ihre Daten eingetippt hatte, scrollte er ein wenig überall hin und her durch sämtliche Menüpunkte. Wieder entstanden in seiner Stirn einige Sorgenfalten.
“Das ist komisch.”
“Komisch? Was ist komisch?”
“Einen Moment, ich muss mal eben telefonieren.”
Ein riesiges Fragezeichen formte sich in ihrem Gesichtsausdruck während er zum Hörer griff.
“Keine Sorge. Das wird sich gleich schon alles klären.” versuchte er sie zu beruhigen, als er eine Nummer wählte.
“Ja, Andon hier.... …
Ja, danke, alles bestens, bei dir?......
gut, .. gut....
du, hör’ mal, ich habe hier ein Mädel....
… ja, ich weiß, bei der Nachtschicht muss mal was getan werden...
..ja...
...ja...
also, paß auf, ich habe eine Kathrin Hoffmann hier, 16, 27.März....
ja, schau mal eben, ich warte....
….
….
….
wie jetzt?.... Echt?
Oh man... diese IDIOTEN!!!
Ja,... ja... DAS bringt nun wirklich das Fass zum Überlaufen!...
...ja... ja klar, machen wir mal bei Gelegenheit....
Also, ich muss mich dann mal um die Kleine kümmern....
ja, gut, mach’s gut, bis dann!”
Kathrin hockte wie gebannt auf ihrem Stuhl.
“Was ist nun?”
Er hielt kurz inne. Sein Zeigefinger tappte kurz auf seine Lippen.
“Also... für dich habe ich eine vermeintlich gute Nachricht.”
Sie horchte auf: “Die da wäre?”
“Du bist nicht tot.”
‘Aha’ dachte sie sich.
“Sie sind echt ein riesiger Arsch!” und ihre Fassungslosigkeit wich langsam immer mehr einem immer größer werdenden Zorn. Sie war schließlich in einer kaum vorzustellenden, üblen Lage und der Typ machte sich auch noch darüber lustig!
“Also ich habe dir keinen Mist erzählt! Das ist hier schon der Sammelpunkt der Toten, nur du gehörst noch nicht hier her. Du bist zu früh dran.”
“Wie jetzt?”
“Du liegst im Koma. Diese Oberdeppen von der Nachtschicht haben dich einfach einkassiert. Die haben die falsche komatöse Person mitgenommen. Ich hoffe sehr, dass das nun nicht dazu geführt hat, dass irgendein Patient trotz einer Maschinenabschaltung noch weiterlebt! Dann glauben wieder irgendwelche Leute an ein Wunder und es gibt noch einen neuen Zweig irgendeiner Religion! Als ob wir nicht schon genug Probleme hätten...”
“Ich liege im Koma?”
“Ja, du hattest einen Verkehrsunfall. Keine Sorge, das wird schon wieder!”
“Wie ist das passiert? .. und,.. was wird dann jetzt?”
“Du warst Beifahrer in einem Verkehrsunfall. Zu deinem Glück hattest du hinten gesessen und dich auch noch angeschnallt gehabt. In ein paar Tagen wirst du wieder aufwachen. Du wirst dich vermutlich an nichts mehr erinnern, und wenn doch, so wird dir das so in etwa wie ein Traum in Erinnerung bleiben. Wehe, du predigst mir eine neue Religion!” zwinkerte er ihr zu.
“Ich … nein... und muss ich nun so lange hier warten?”
“Nein, nein, ich bringe dich eben schnell zurück. Hier wird es gleich viel zu hektisch werden. Nach einem solchen Missgeschick wird hier gleich die Hölle los sein!”