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Oma geht online

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30.12.2008
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Oma geht online

Es war seltsam zu wissen, dass Oma ihren Verstand verlieren würde.
Noch vor einer Woche, als die ganze Familie in einem Landcafé auf Kaffee und Kuchen gewesen war, schien alles so wie immer. Oma schöpfte, zum Missfallen ihrer Tochter, wieder einmal aus dem Vollen und gab in zunehmender Lautstärke einen deftigen Witz nach dem anderen zum Besten. Dabei sollte nicht verschwiegen werden, dass ihre Ausdrucksweise sich umso zotiger gestaltete, je dunkler die Gesichtsfarbe meiner Frau wurde.
Eine Stunde lang hielten wir durch, dann hatte Oma gewonnen.
Aus den unwirschen Blicken der anderen Gäste war inzwischen ein missbilligendes Murmeln geworden, das jedoch augenblicklich verstummte, als Oma begann, sich aus ihrem Stuhl herauszumühen. Unvermittelt wechselte das Bild: Aus einer unflätigen Person wurde eine zitternde, altersschwache Frau, die die vereinte Hilfe ihrer Familie in Anspruch nehmen musste, um es lebend aus dem Lokal zu schaffen. Meine Frau half ihr aus dem Stuhl und in den Mantel. Unsere Kinder, nebenbei bemerkt: Zwillinge, sammelten ihre Zigaretten, ihre Tasche und den anderen Krimskrams ein, den sie während unseres Aufenthaltes um sich herum verteilt hatte. Ich stützte sie, so gut es ging, und sah mich gezwungen, den anderen Gästen gegenüber eine Entschuldigung nach der anderen hervorzustammeln. Wobei mir natürlich bewusst war, dass dies eigentlich Omas Aufgabe gewesen wäre. Doch was die Regeln von Sitte und Anstand betraf, war Oma taub, blind und stur wie ein Ochse. Ihrer Ansicht nach war es weniger verwerflich, am Sonntag in der Kirche laut einen fahrenzulassen, als einen guten Witz zu verschweigen.
Aber was soll ich sagen, Oma gehörte schon immer zu einer ganz besonderen Sorte von Menschen. Andere Frauen ihres Alters neigten beispielsweise dazu, sich ihr Haar violett färben zu lassen. Oma hingegen, als ihr Friseur ihr einmal einen ähnlichen Vorschlag gemacht hatte, rasierte sich aus Protest die Schläfen kahl und verpasste sich zur Krönung noch einige neonrote Strähnchen.
Auch brüstete sie sich oft und gerne damit, dass sie sich mit sechzig ein Piercing hatte stechen lassen, das sie jedoch, sehr zum Verdruss ihrer Enkel, niemals zeigte. Es sei zu intim, erklärte sie dann immer, und wenn ihre Enkel wissen wollten, was “intim“ bedeute, verbat meine Frau Oma den Mund und schickte die beiden nach oben in ihre Zimmer.
Einige Jahre später musste ihre Tochter sie von der Polizeiwache abholen, weil sie beim Konsum von Marihuana erwischt worden war. Die Beteuerungen meiner Frau, es handele sich um verordnete Medikamente, die Omas Stoffwechseln anregen sollen, wurde nur bedingt Glauben geschenkt. Angesichts der Erklärungsnöte ihrer Tochter, fiel Oma nichts besseres ein, als einen monströsen Lachanfall zu erleiden, wofür sie einen mahnenden Blick des protokollführenden Polizisten erntete.
Doch obwohl wir es inzwischen gewohnt waren, dass Oma mit einer Überraschung nach der anderen aufwartete, hätte keine andere Nachricht der Familie einen größeren Schock verpassen können: Oma war an Alzheimer erkrankt.

Die Nachricht ereilte uns in Form eines Anrufes. Es war Omas Hausarzt, zu dem sie einmal in der Woche gehen musste. Er hatte befürchtet, dass sie aus ihrer Krankheit ein Geheimnis machen wollte, und fühlte sich verpflichtet, uns über ihren Zustand aufzuklären.
Meine Frau, die wohl den größten Schreck bekommen hatte, schnappte sich gleich darauf die Autoschlüssel und war keine zehn Minuten später aus dem Haus.
Während der gesamten Fahrt, so erzählte sie mir später, wurde sie von der alptraumhaften Vision einer sabbernden, alten Frau geplagt, die mit verkrümmten Beinen, ähnlich einer toten Spinne, auf den kalten Küchenfliesen lag.
Als sie schließlich nervös und mit fahrigen Fingern die Tür zur Omas Wohnung aufschloss, hörte sie, wie das Küchenradio in voller Lautstärke die aktuelle Hitliste herunterplärrte. Sie rief nach Oma, während sie von Zimmer zu Zimmer eilte, und entdeckte sie schließlich, alles andere als wackelig auf einer Trittleiter stehend und damit beschäftigt, ihre Küchenfenster zu putzen. Mit weit nach draußen gelehntem Oberkörper, viereinhalb Stockwerke hoch, über den Betongaragen des Nachbarn.
In der Sekunde, als Oma versuchte, an die äußersten Ecken der Außenscheibe zu gelangen, stieß meine Frau einen spitzen Schrei aus. Oma begann zu wackeln, doch obwohl der Abgrund bereits an ihren Füßen saugte, fing sie sich wieder. Letztlich war es dann Oma, die ihre Tochter beruhigen musste.
Als sie gemeinsam bei einer Tasse Kaffee saßen, erzählte Oma von dem eigenartigen Vorschlag, den der Chefarzt der Uniklinik ihr unterbreitet hatte.
Bis zu dem Tag, da man sie verwirrt, teilnahmslos und mit nichts als ihrer Unterwäsche bekleidet am Busbahnhof fand, sollten noch drei Jahre vergehen.

Es dauerte ein paar Tage, bis wir Oma im Krankenhaus besuchen durften. Ihr behandelnder Arzt hatte uns erklärt, dass sie viel Ruhe benötigte, um sich von den Strapazen zu erholen.
Sie war nicht in ihrem Krankenzimmer, sondern natürlich im Raucherbereich. Dort, wo man Gesellschaft fand und wo sie mit ihrem unvergleichlichen Charme und der derben Ausdrucksweise eines Bierfahrers den Raum dominierte. Lediglich ein dicker Verband, der ihren Oberkörper ruhigstellen sollte, und dunkle Augenringe erinnerten an den Vorfall am Busbahnhof und die Nachwirkungen der Operation. Sonst schien sie ganz sie selbst zu sein, und die Alzheimersche Krankheit war wie ein böser Traum - fern und verblassend.
Doch leider war das Wunschdenken, wie wir wussten. Ein wichtiger Teil von ihr war verschwunden und durch eine behelfsmäßige Maschine ersetzt worden. Ein Experiment der Uniklinik, dessen Risiken nicht abzuschätzen waren. Es fehlte an Studien. Es fehlte an Freiwilligen und es fehlte an Gelegenheiten. Für die Ärzte war Oma ein Glücksfall: Wie es ihrem Naturell entsprach, hatte sie, damals vor drei Jahren, kurz nachdem ihre Tochter in Tränen aufgelöst bei ihr in der Küche gesessen hatte, einer Therapie zugestimmt, die sich in zwei Phasen abspielen sollte.
In Phase eins wurde Oma verdrahtet: Man setzte Sonden in ihre Großhirnrinde ein, wo diese von Minute zu Minute Daten über die Aktivitäten einzelner Hirnregionen sammelten und an einen zentralen Rechner im Krankenhaus sendeten.
Anschließend wurden diese Daten analysiert und in Zusammenhang mit Aufgabe und Funktion entsprechend Omas Verhalten interpretiert. Auf diese Weise war im Laufe der Jahre eine mehrere Terabyte große Datenbank entstanden, die eine Vielzahl von Omas Erinnerungen und andere geistige Fähigkeiten enthielt. Jetzt, nach dem ersten schweren Demenzanfall, trat Phase zwei in Kraft.
Die Sonden wurden so konfiguriert, dass die eingehenden Reize ihrer Nervenzellen in Datenbank-Anfragen umgewandelt und über einen Sender, einen kleinen Chip im rechten Schläfenlappen, übertragen wurden. Die Antwort der Datenbank gelangte über einen Empfänger ins Rückenmark, wo die Daten in entsprechende Nervenimpulse neu interpretiert wurden.
Oder, um es einfacher auszudrücken: Oma hatte nun ihre körpereigene IP-Adresse und lief seit einem halben Tag im Online-Modus.
Es wollte mir nicht gefallen, von Oma als einer Art Cyborg zu denken, aber ich ertappte mich dabei, dass ich ständig darauf wartete, irgendeine Art von elektronischem Piepsen zu hören, ähnlich dem eines alten Modems. Wohingegen ihre Enkel wissen wollten, ob sie nun ein Terminator sei.
Oma wieherte vor Lachen, dann drückte sie die Zwillinge an sich. Ihre Mutter fand das weniger lustig. Doch mit einem Blick auf Oma, aus deren Augen der Schalk blitzte, vergaß sie die Ungehörigkeit ihrer Kinder.
Allzu bald jedoch sollten wir herausfinden, dass Oma sich unwiderruflich verändert hatte.

Es passierte auf der Heimfahrt, nachdem wir sie vom Krankenhaus abgeholt hatten.
Oma erzählte gerade wieder einen ihrer berühmten Witze, bei denen meine Frau immer rote Ohren bekam und die Zwillinge vor Lachen laut losprusteten, obwohl sie von den Ausdrücken, die Oma gebrauchte, weniger als die Hälfte verstanden, als sie plötzlich mitten im Satz verstummte.
Überrascht sah meine Familie sie an, während mir, da ich fuhr, nur ein Blick in meinem Rückspiegel möglich war. Trotzdem bemerkte ich, wie sich ein namenloses Entsetzen auf ihrem Gesicht ausbreitete.
Ihre Augen zuckten wie bei einem verschreckten Tier hin und her, während sie gleichzeitig immer mehr in sich zusammensackte. Dann, wie bei einer Taschenlampe, wenn die Batterien schwach werden, verdunkelte sich das Leben in Omas Augen. Am ganzen Leib zitternd saß sie auf der Rückbank. Mit verständnislosen Augen betrachtete sie ihre Enkel, während ihrer Kehle ein hohes, herzzerreißendes Wimmern entschlüpfte.
Dann war alles, genauso plötzlich, wie es begonnen hatte, wieder vorbei. Die Verwirrung fiel wie ein Schleier von ihr herab, und Oma, der selten etwas peinlich ist, flüchtete sich in eine schweigsame Verlegenheit.
Gleich darauf verließen wir einen längeren Tunnel, und schlagartig wurde mir das Problem bewusst: Oma musste empfangsbereit bleiben! Nur auf diese Weise konnte sie die Daten aus ihrem elektronischen Gedächtnis erhalten. In Zukunft musste sie Tunnel, Straßenschluchten und sogar Ausflüge aufs Land meiden. Denn die Gefahr, dass Oma erneut in ein Funkloch geraten könnte, war nicht zu unterschätzen.
Ein kalter Schauder lief mir über den Rücken. Wenige Minuten später war wieder alles beim alten, Oma scherzte mit ihren Enkeln herum wie eh und je. Doch noch eine geraume Zeitlang hielt ich das Lenkrad mit starren und verkrampften Fingern fest. Die Erkenntnis, was Alzheimer für Oma in diesem Fall bedeutete, hinterließ einen tiefsitzenden Schrecken in mir.

Für eine Weile blieb alles ruhig und die Familie folgte wieder ihrem gewohnten Gang. Oma hingegen stellte fest, dass sie alles vergaß, was sich kürzlich ereignet hatte. Sie begann Tagebuch zu führen, doch ähnelten ihre Einträge mehr kalendarischen Strichlisten mit Aufgaben, die zu erledigen waren, als gefühlsbetonten Tagträumereien.
Es war schnell klar, dass Omas neues Leben so nicht funktionierte. Es genügte einfach nicht, die Erinnerungen der letzten vierzig Jahre jederzeit griffbereit zu haben, wenn sie nicht in der Lage war, sich einen einfachen Einkaufszettel zu merken. Hinzu kam, dass sie ihr Tagebuch nicht nur regelmäßig verlegte und nicht wieder finden konnte, sondern gar nicht mehr wusste, dass sie überhaupt eines führte. Somit verfiel sie beinahe tagtäglich erneut auf die Idee, sich alles aufzuschreiben. Keine zwei Wochen später hätte man mit Omas Notizen ein komplettes Bücherregal füllen können.
Schließlich, als ich es nicht mehr mit ansehen konnte, wie sich Oma mit ihren selbstverfassten Aufzeichnungen abmühte, suchte ich ihren behandelnden Arzt auf.
Es war ein recht hitziges Gespräch mit den Spezialisten aus dem Krankenhaus, aber letztendlich einigte man sich darauf, dass Oma einen Computer erhalten sollte. Einen Computer, der in der Lage war, nicht nur Omas Notizen, sondern vor allem jedwede Erfahrung in ihren elektronischen Gedächtnisspeicher aufzunehmen. Schon ein paar Tage später kam ein Techniker und richtete in einer Ecke von Omas Wohnzimmer den neuen Rechner ein.
Oma, die an diesem Tag besonders aufgekratzt war, konnte es kaum erwarten, bis der arme Mann mit hochrotem Kopf ihre Wohnung verlassen hatte, dann stürzte sie sich sogleich auf ihre neue Errungenschaft und hatte alsbald alles um sich herum vergessen. Schon am nächsten Morgen landeten Omas Tagebücher auf dem Müll.
Wenn ich es doch nur geahnt hätte. Man sollte meinen, dass ich es, nach all den Jahren, besser hätte wissen können.
Einige Wochen später bemerkten wir, wie Omas Gedächtnis rapide nachließ, etwas, das wir alle befürchtet und erwartet hatten. Mochten die Ärzte noch so gut und Omas Erinnerungsspeicher das Non-Plus-Ultra der High-Tech sein, Fakt war, dass sie an Alzheimer litt, da braucht man sich nichts vorzumachen.
Nur eines war eigenartig: Omas Gedächtnis schien erstaunlich selektiv zu funktionieren. Es waren nur die schlechten Erinnerungen, die sie vergaß.
Mutter schockierte es am meisten, dass Oma von ihrem verstorbenen Mann sprach, als ob er noch am Leben sei. Mich hingegen erstaunte, dass Oma ihr Alter vergessen hatte.
Ständig redete sie von Partys und Konzerten; sie erzählte uns von ihrem Urlaub auf Ibiza, der über dreißig Jahre her war, und davon, dass sie jemanden kennengelernt hatte, der ihr Avancen machte, wovon ihr Mann nichts wissen durfte. Wir waren sprachlos.
Omas Fantasiewelt wurde von Tag zu Tag bunter, und wir sahen schnell ein, wie sinnlos es war. ihr diese Dinge wieder auszureden.
Eines Tages entdeckte ich Omas Geheimnis.

Es war Freitag, und wie üblich fuhr ich bei Oma vorbei, um die Einkäufe bei ihr abzuliefern, um die sie mich gebeten hatte.
Ich war gerade zur Wohnungstür hereingekommen und stellte die Lebensmittel auf dem Küchentisch ab, als ich aus dem Wohnzimmer ein aufgeregtes Kichern hörte. Neugierig ließ ich die Einkaufstüten stehen.
Ich fand Oma wie üblich am Computer sitzend vor, neben sich eine Auswahl verschiedenster Groschenhefte, die alle davon handelten, dass sich ein armes Mädchen in einen reichen Arzt oder ein reiches Mädchen sich in einen armen Arzt verliebt hatte. Die Männer darin trugen Namen wie Juan, Carlos, Diego oder Marcel und die Frauen hießen für gewöhnlich Laetitia. Es war eben die schlimmste Art von Schundliteratur, die man sich vorstellen konnte, und ich hatte nie verstanden, was Mutter oder Oma daran finden mochten.
Verwirrt sah ich, dass Oma ganz aufgeregt aus einem dieser Heftchen Sachen in den Computer tippte, während sie immer wieder seltsam verzückt vor sich hinlachte. In dem Moment, da sie mich bemerkte, schaltete sie jedoch hastig den Bildschirm aus und begann im ganzen Gesicht vor Verlegenheit rot zu werden, ein Anblick, den ich zeitlebens nicht vergessen werde.
Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, weswegen Oma so schamhaft reagierte, und als sie es schließlich zugab und sich meine Vermutung bestätigte, war ich schier fassungslos.
Es war das erste Mal, dass ich Oma anschrie und an ihrem Verstand zweifelte, etwas, das ich mich unter normalen Umständen niemals getraut hätte. Denn obwohl sie inzwischen auf die neunzig zuging, konnte sie bissig und launisch wie ein Pitbull sein. Sie hörte nicht zu und mir dämmerte, dass es sinnlos war, mit Oma zu streiten. Schließlich, nach über einer Stunde, in der ich mal einfühlsam, mal gereizt, mal logisch, mal laut mit Oma geredet hatte, gab ich auf. Resigniert und mit einem flauen Gefühl im Bauch verließ ich die Wohnung und fuhr nach Hause. Mir war klar, auch wenn es mir nicht gefiel, dass ich mitschuldig daran war, was Oma gerade tat. Ich wusste, dass sie ein Mensch war, dem man als Kind nicht den Schlüssel des Süßigkeitenladen hätte anvertrauen dürfen, doch genau das hatte ich getan: Ich war es gewesen, der ihr den Computer besorgt hatte.
Aber dass sie soweit gehen würde, ihre Erinnerungen zu manipulieren, war mir nicht in den Sinn gekommen. Die ganzen Ängste und Sorgen, die wir ausgestanden hatten, entpuppten sich nun als Schwindel, und allmählich dämmerte mir die ganze Tragweite dessen, was Oma getan hatte. Sie hatte nicht nur ein paar romantische Liebesabenteuer in ihren Lebenslauf gestrickt, sondern schlichtweg alles gelöscht, an das sich zu erinnern sie keine Lust mehr hatte. Es war sinnlos, das Thema weiterzuverfolgen, denn sie würde einfach alle Bedenken ignorieren, alle Ängste und Zweifel mit einem Tastendruck aus ihren Erinnerungen tilgen. Die einzige Möglichkeit, Oma aufzuhalten, wäre gewesen, ihr den Computer wegzunehmen, aber damit hätte ich ihr auch die Möglichkeit genommen, sich an neue, reale Erlebnisse zu erinnern.
Eine Woche lang sprach ich kein Wort mit ihr.
Als ich jedoch sah, dass meine Teilnahmslosigkeit jeden Tag Oma aufs Neue verletzte, wurde ich weich. Sie hatte in der Tat alles vergessen und ich war der Einzige, der von dem Vorfall wusste. Frau und Kindern erzählte ich nichts von meinem und Omas Geheimnis. Mir fiel kein Grund ein, warum ich es hätte tun sollen. Ich hoffte einfach, dass alles wieder gut werden würde.

Omas Raubbau an ihrem Gedächtnis ging weiter.
Inzwischen wechselte sie ihre Namen genauso häufig wie ihre Kleider. An einem Tag war sie Scarlett O’Hara aus „Vom Winde verweht“, an einem anderen hielt sie sich für Katharine Hepburn aus „African Queen“.
Zu ihrem neunzigsten Geburtstag waren mehr als die Hälfte der Einladungen an fiktive Leute gerichtet, die nur in Omas Erinnerungen und ein paar Schundheften existierten. Doch viel mehr als die Rücksichtslosigkeit, mit der Oma ihr Gedächtnis veränderte, ängstigten mich die Veränderungen in ihrem Wesen. Ihr Verhalten ähnelte immer mehr dem ihrer Traumgestalten, ihre jugendliche Rüpelhaftigkeit verblasste mit jedem Tag mehr.
Ich beschloss, dass es Zeit war zu handeln und Oma einen Riegel vorzuschieben, bevor sie ihr gesamtes Leben löschen konnte.
Doch es war zu spät.
Einen Tag nach ihrem Geburtstag, ich werde nie ihren Gesichtsausdruck vergessen, als sie die Zahl 90 sah, die mit Zuckerguss auf ihrem Kuchen geschrieben stand, fuhr ich los, um mich mit dem Chefarzt zu treffen, der sich mit der Gedächtnisspeicherung befasste.
Man kann sich das Erstaunen des Arztes kaum ausmalen, als ich ihm erklärte, was Oma nun schon seit geraumer Zeit getrieben hatte. Sein Unglaube ging sogar soweit, dass er mich aus der Klinik werfen lassen wollte, bis ihn meine hartnäckigen Beteuerungen endlich dazu bewegten, Omas Daten zu überprüfen.
Es dauerte gar nicht lange, bis seine anfänglichen Unmutslaute verstummten und sich seine Augen vor Erstaunen weiteten. Einige Minuten später drehte der Arzt sich um. Die Art und Weise, wie er in seinem Sessel versunken war, ließ mich das Schlimmste befürchten. Eine Weile saßen wir nur schweigend da. Als ich endlich den Mut aufbrachte und wissen wollte, wie groß der Schaden war, den Oma angerichtet hatte, schüttelte er nur stumm den Kopf.
Wenige Minuten später saß ich in meinem Auto und fuhr zur Omas Wohnung zurück. Dort angekommen, schloss ich hektisch die Tür auf und fand sie schließlich still und leise in der Küche sitzend vor. Doch es war nicht länger Oma, die ich sah, sondern eine mir völlig fremde Frau. Der Teil, der Oma ausgemacht hatte, war unwiederbringlich fort.
Schweigend setzte ich mich dazu und nahm eine ihrer faltigen Hände in die meine, dann verlor ich die Beherrschung und begann hemmungslos zu weinen, während ich in ihre glasigen Augen sah, die nur tiefe Verständnislosigkeit ausdrückten.

Es ist jetzt fünf Tage her, seitdem Oma sich per Knopfdruck selbst getilgt hat, und ich fahre gerade mit ihr zum Krankenhaus. Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich diesen Schritt wirklich gehen soll, aber ein Teil von mir fühlt, dass ich es Oma schuldig bin. Meine Frau und die Kinder glauben noch immer, dass alles wieder gut werden wird. Ich will ihnen diese Hoffnung nicht nehmen. Es wird Omas letzte Fahrt sein, und die Verantwortung werde ich ganz alleine auf mich nehmen.
Aus dem Gespräch mit dem Arzt weiß ich, dass die Alzheimersche Krankheit ihr Endstadium erreicht hat. Was bedeutet, dass das Gehirn so schwer geschädigt ist, dass unter normalen Umständen lebenswichtige Organe wie Herz und Lunge versagen würden – einzig und allein aus dem Grund, weil sie nicht die Information erhalten, dass sie weitermachen sollen.
Im Fall von Oma liegen diese lebenserhaltenden Reizimpulse auf der Datenbank. Der minimale Rest der ursprünglichen Datenmenge, der Omas Eingriff unbeschadet überstanden hat und der nun ihren Körper dazu veranlasst weiterzuleben. Außer diesen Reizdaten ist sonst nichts mehr übrig und fast könnte man zu dem Schluss kommen, dass sich der Computer selbst mit Alzheimer angesteckt hätte.
Schließlich erreiche ich den Tunnel und werde langsamer.
Ein letztes Mal blicke ich in die roboterhafte Maske, zu der Omas Gesicht erstarrt ist.
Dann gebe ich Gas und die Dunkelheit verschluckt uns.
Funkstille.


Ende​

 

Hi Mothman!

Guter Stoff, aus dem deine Story gestrickt ist - allein die Umsetzung, ich weiß nicht. Hm. Ich frage mich gerade, was ich lieber verschlungen hätte als deine, wenn auch flüssig lesbare (Nach-)Erzählung ... vielleicht hätte ich mir gerne die Oma als Protagonistin gewünscht in ihrer Zauberwelt, die immer stärker von der Realität abweicht, bis sie selbst nicht mehr wahr von falsch unterscheiden kann; hätte mitunter mehr Spannung erzeugt; ihr bizarres Verhalten in konkreten Situationen ... *schulterzuck*

Ist nicht schlecht, das Teil, vor allem der Titel hat mich lange Passagen bei der Stange gehalten, weil ich wissen wollte, was damit gemeint ist mit: "Oma geht online". Könnte trotzdem knackiger sein ... diese, nun: Tragikomödie. :)

Liebe Grüße!

Der Dante

 

Hallo Dante

Danke für deine Kritik und Wertung. Ich muss zugeben, dass ich bei der Story ein wenig rumexperimentiert habe. Auf der anderen Seite ist mir die Geschichte, aber auch genauso zugeflogen. Wenn eine Idee in meinem Kopf zündet, dann muss die erstmal genauso auf das Papier und nicht anders. Im Nachhinein habe ich allerdings sehr, sehr lange an der Story rumgebastelt und sooft überarbeitet, dass ich fast jegliches Gefühl dafür hab. Ich denke noch immer, dass die Geschichte unfertig ist, bin aber auch der Meinung, dass ich sie erstmal so stehen lassen kann.
Das die Geschichte aus einem anderen Blickwinkel interessanter gewesen wäre, das kann gut sein, allerdings hatte ich beim Schreiben wenig Einfluss darauf. Wie gesagt, die Geschichte ist einem Rutsch aus meinem Kopf auf das Papier bzw. über die Tastatur in den Rechner geflossen.
Was ich aber interessant finde ist, dass es dich scheinbar nicht gestört hat, dass die Figuren in der Geschichte komplett ohne Namen auskommen. Ich hatte befürchtet, dass es verwirrend sein könnte, wenn ich immer nur von „Oma“, „Mutter“, oder den „Zwillingen“ rede. Aber dem scheint ja zum Glück nicht so gewesen zu sein. Jedenfalls freut es mich, dass dir die Story zugesagt hat.

 

Besser spät als nie:
Dies ist ein hervorragendes Beispiel für eine gute Idee, die konsequent und plausibel umgesetzt ist, bis hin zur Pointe. Wie Dante schon schrieb, hapert es ein wenig am Erzählstil. Zwar sind hervorragende Sätze dabei (Oma hat jetzt eine eigene IP-Adresse), an anderen Stellen möchte man "show, don't tell" rufen, weil die Chance vertan wurde, einen starken Dialog wiederzugeben, statt ein Gespräch grob nachzuerzählen. Freilich wäre die Story dann noch länger geworden, aber ich behaupte einfach mal: Die Überarbeitung würde sich lohnen. Ich bin sicher, dass sich der Text dann ohne weiteres in einem der aktuellen SF-Organe Nova, phantastisch!, Earth Rocks, Exodus etc. unterbringen lassen würde. Für den GOLEM ist die Story leider schon jetzt zu lang, befürchte ich (auf der Suche nach GOLEM-Material bin ich auf sie gestoßen).

Egal - diese Story ist absolut lesenswert, und obwohl man sie noch knackiger erzählen könnte, kriegt sie von mir jetzt die Empfehlung, einfach, weil sie ein tolles Vorbild abgibt und niemand es bereuen wird, sie zu lesen.

Uwe
:cool:

 

Hallo Mothman,

Ich kann mich vorhergehenden Kommentaren nur anschliessen. Die Idee ist Gold wert und ich habe die Geschichte, so wie sie dasteht, sehr gern gelesen. Du hast einen nüchternen und fliessenden Erzählstil, der sich leicht liest.

Nur wird man den Gedanken irgendwie nicht los, dass in der Geschichte viel mehr Potenzial steckt. Ich möchte über Omas Witze lachen, die ihre Tochter rotwerden lassen, möchte teilhaben an den kitschigen Szenen, die sie aus den Billigromanen in ihre Erinnerungen reinbastelt, möchte die Zwillinge und die Tochter besser kennenlernen und auch die Ärzte und die Gäste der Geburtstagsfeier.

Ich hätte gar nichts dagegen, wenn die Geschichte länger würde. Da gibts genug zu erzählen und geniessen. Mehr Dialog hätte ich mir gewünscht, vielleicht auch ein paar Perspektivenwechsel (Oma erzählt selbst?) und möglicherweise auch Verschachtelungen. (so dass man als Leser schön langsam kapiert, was die Oma mit ihrer Erinnerung anstellt)

Die Mischung aus Heiterem und Tragischem ist eine Schwierigkeit, die Du Dir bei dieser Story auferlegt hast, die auch eine längere Ausführung vertragen könnte. Ich fühlte mich hin- und hergerissen, weil die Protagonistin ja ein recht ulkiger Charakter ist und auch ihre Erinnerugslücken und die Computerisierung ihres Gedächtnisses humorvoll sind. Im Grunde ist sie ja aber auch sehr traurig und endet tragisch. Konnte die Gefühle des Erzählers eben in diesem Hin und Her nicht so recht nachvollziehen. Trauriges und Lustiges in einem rüberzubringen ist sicher eine grosse Herausforderung (musste gerade an den Film "La vita é bella" von Roberto Benigni denken, bei dem ich Tränen gelacht und geweint habe), aber die Story hat alle Zutaten dafür.

Die Technik der Sache (Erinnerung mittels Computer manipuliert) fand ich nicht sehr glaubhaft nachzuvollziehen. Ich glaube, das könntest Du dem Leser noch irgendwie überzeugender unterjubeln. Muss ja nicht so technisch beschrieben sein, nur vertrauenswürdiger geblufft. ;). z.B. Wie überwachen die Ärzte die Daten? Auf welche hat die Oma selbst Zugang? Findet sie gar einen Weg um "Verbotenes" zu manipulieren? Sind vergangene Erinnerungen bereits gespeichert? Aus ihrem Gehirn runtergeladen? Was muss sie tun, um Erlebnisse einzuspeichern? Wie hat sie sich dann selbst auf Knopfdruck ausgeschaltet, was ihr wohl nicht erlaubt sein sollte? Und wie können die hi-tech Experten so bescheuert sein zu vergessen, dass es Orte gibt, an denen eine Übertragung der Daten nicht möglich ist?

Also kurz: Hut ab zu dieser Eingabe. Ich würde da noch ganz schön rumbasteln. Würde sich lohnen.

Liebe Grüsse und weiterhin viel Erfolg

Elisabeth

 

Hallo Mothmann,
Eine tolle Idee, eine tolle Geschichte und ein ausgezeichnetes Ende. Trotzdem hatte ich beim Lesen den Eindruck einen weit entfernten Film mit blassen Farben zu sehen. Wie schon meine Vorezenten geschrieben haben, fehlen die Details, die alles lebendig machen, so zum Beispiel Omas Witze und auch Omas aussehen. Da steckt noch viel Potential drinnen.

. Die Eskapade am Busbahnhof und die Nachwirkungen der Operation schienen vergessen.
da scheint mir etwas mit der Zeit falsch. Die szene am Busbahnhof soll ja erst in 3 Jahren stattfinden ??? Später hab ich das dann zwar gecheckt, ab3er trotzdem sind die Übergänge sehr apupt.

Die Männer trugen darin Namen wie Juan, Carlos, Diego oder Marcel und die Frauen hießen für gewöhnlich, wie ich von den ein, zwei Mal wusste, wo ich in so ein Heft reingesehen hatte, Laetitia.
der Einschub verkompliziert den Satz nur
Sein Unglaube ging sogar soweit, dass er mich aus der Klinik werfen lassen wollte, bis ihn meine hartnäckigen Beteuerungen endlich dazu bewegten Omas Daten zu überprüfen.
das ist so ein Satz, wo viel Potential vergeben wird. Da wäre viel mehr zeigen statt erzählen angbracht.

Es ist jetzt fünf Tage her, seitdem Oma sich per Knopfdruck selbst getilgt hat
Ups. Wo bitte ist den das Backupsystem? Das kann ich nicht glauben, das es so einfach geht!!

LG
Bernhard

 

Ich möchte mich bei allen bedanken, was sowohl das Lob, als auch die Kritik betrifft. Ich fühle mich fast ein wenig überrumpelt, da die Story ja schon ein wenig länger hier im Forum zu lesen war und es kaum Resonanz darauf gab. So gesehen hatte ich die Story für mich eigentlich schon zu den Akten gelegt und mich auf andere Dinge konzentriert. Aber wie Uwe bereits schrieb "besser spät als nie". Jedenfalls verdanke ich euch einen erheblichen Motivationsschub was meine Schreiberei betrifft. ;)
Zu der Kritik, dass bestimmte Szenen ausgeschmückt gehört hätten, kann ich nur folgendes sagen. Die Story ist im Rahmen einer Ausschreibung entstanden, die mir mal wieder mit einer Zeichenbegrenzung einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Für mich war es daher ein fast schon akrobatischer Akt gewesen, meine Idee so umzusetzen, dass einerseits alles erzählt wird und andererseits die Zeichenbegrenzung nicht gesprengt wird.
Später, nachdem die Story abgelehnt worden war, habe ich sie für mich noch mal erweitert und überarbeitet, bis ich an einen Punkt angelangt war, wo ich vor lauter Korrekturen jegliches Gefühl für die Story eingebüßt hatte. Ich hab dann sogar nochmal Szenen rausgeworfen; Szenen die teilweise die Details besessen haben, die man nun vielleicht missen mag. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass die Geschichte mit den Szenen ihren Charme verliert. Warum das so ist, weiß ich nicht. Entweder war in diesem Punkt meine Schreibe schlecht, oder... ich weiß es einfach nicht. Jedenfalls war ich mit der Story an einen Punkt angelangt, wo ich der Meinung war, dass sie, mit all ihren Stärken und Schwächen, veröffentlichbar sei. Ein komplette Überarbeitung würde in diesem Fall für mich bedeuten, dass ich die Story noch mal neu schreiben müsste.
Na ja, vielleicht mache ich mir irgendwann die Mühe, aber vorerst stehen andere Schreibprojekte an. :)

 

Hallo Mothman,

vorneweg, Deine Geschichte finde ich beeindruckend, die Storyline ist großartig und hat mich, der ich bekennender SciFi-Kostrverächter bin, in ihren Bann gezogen. So sehr, daß ich die Geschichte vor ein paar Tagen schon mal gelesen habe und nochmal und nochmal, jedesmal mit der Absicht, endlich was dazu zu schreiben.
Daß Du sie nicht im Moment komplett überarbeiten willst, weil frische Geschichten drängen, verstehe ich gut, und für mich ist sie auch so schon sehr fertig, ich schlage im Folgenden nur Feinschliff vor, was mir so beim Lesen auffiel und wo ich fand und finde, daß eine schöne Geschichte eine polierte schöne Geschichte werden könnte, so mit Glanz und Lichtreflexen :)

Was ich noch nicht so ideal finde, ist, daß die Geschichte in manchen Sätzen sehr mit der Satire flirtet, sich sogar für - meinem Empfinden nach - seichten Humor empfänglich zeigt, und dann aber immer wieder und am Ende massiv das Drama gibt (das der Verlust eines vertrauten und bekannten Menschen durch Demenz ganz faktisch ist).
Details, ich sag ja, im Tenor ist es eine traurige, gut erzählte und interessante Geschichte mit einem wirklich guten, einem verdient guten Schluss.

Von dem Zeitpunkt an sollte es noch drei Jahre bis zu jenem beschämenden Vorfall dauern, wo man sie verwirrt, teilnahmslos und mit nichts als ihrer Unterwäsche bekleidet am Busbahnhof finden sollte.
wo man sie ist der falsche Bezug zu Vorfall, ein als oder bei dem wäre gefälliger
Doch anders als erwartet, war sie nicht in ihrem Krankenzimmer, sondern natürlich im Raucherbereich.
ich finde diesen Gedankensprung etwas zu weit, so wirkt es widersprüchlich, denn das natürlich impliziert die vorher negierte Erwartung
Lediglich ein dicker Verband, der ihren Oberkörper ruhig stellen sollte, und dunkle Augenringe waren alles was man sah.
da solltest Du Dich für eines entscheiden, "Lediglich [...] sah man", oder "Ein dicker Verband [...] waren alles, was man sah"
hatte sie damals vor drei Jahren, kurz nachdem ihre Tochter in Tränen aufgelöst bei ihr in der Küche saß
die Szene solltest Du dann zumindest skizzieren, so ist es ein Verweis ins Leere
wo diese von Minute zu Minute Daten über die Aktivitäten einzelner Hirnregionen sammelten
griffiger wäre vielleicht wo diese mit jeder Minute
Auf diese Weise war im Laufe der Jahre eine mehrere Terabyte große Datenbank entstanden
selbst bei guter Kompression erscheint mir die Datenmenge der drei Jahre mit Terabyte unterdimensioniert. Die nächste Potenz wären Petabyte, bei Jahren und permantenter Datenerfassung dürften aber vielleicht auch Exa- oder Zettabyte rumkommen
Oder um es einfacher auszudrücken, Oma hatte nun ihre körpereigene IP-Adresse und lief seit einem halben Tag im Online-Modus.
großartig, ehrlich !
Allerdings schien ich mit meinen Überlegungen nicht ganz alleine zu sein, denn ihre Enkel wollten wissen, ob sie nun ein Terminator sei und ob Schwarzenegger zur Familie gehöre.
diesen müden Witz würde ich streichen
und Oma, der normalerweise selten etwas peinlich ist, flüchtete sich in eine schweigsame Verlegenheit.
warum nicht in verlegenes Schweigen ?
Nur eines war eigenartig. Omas Gedächtnis schien erstaunlich selektiv zu funktionieren, denn es waren seltsamer Weise nur die schlechten Erinnerungen, die sie vergaß.
das dreimalige Rumschwummern finde ich zu dick aufgetragen
Die Männer trugen darin Namen wie Juan, Carlos, Diego oder Marcel und die Frauen hießen für gewöhnlich, wie ich von den ein, zwei Mal wusste, wo ich in so ein Heft reingesehen hatte, Laetitia.
entweder sollte diese Info an den Anfang des Satzes, denn auch die Männernamen muss der Erzähler ja aus den ein, zwei Mal reingesehen haben kennen, oder streichen - ich würd's streichen
schaltete sie jedoch hastig den Bildschirm aus und begann im ganzen Gesicht vor Verlegenheit rot zu werden.
das ist ein bisken überzeichnet, "schaltete sie jedoch hastig den Bildschirm aus und wurde rot (im Gesicht)/errötete/lief rot an/war sichtbar verlegen"
Ein Anblick den ich zeitlebens nicht vergessen werde.
AnblickKOKMA
Es dauerte eine Weile bis ich begriff, weswegen Oma so schamhaft reagierte und als sie es schließlich zugab und sich meine Vermutung bestätigte, war ich schier fassungslos.
der Einschub hat mich ein ums andere Mal verwirrt, weil danach ja nicht die Auflösung kommt, sondern die Sitiuation da fortgesetzt wird, wo dieser Einschub unterbricht. Für den Lesefluss und Spannungsbogen würde ich den streichen
sondern hatte auch schlichtweg alles gelöscht, wozu sie keine Lust mehr hatte sich zu erinnern.
worauf sie keine Lust mehr hatte, sich zu erinnern
den sie würde einfach alle Bedenken ignorieren
denn

Jau, hat mir gefallen, gefällt mir.

Grüße,
C. Seltsem

 

Gerne weise ich darauf hin, dass diese Geschichte diesen Monat in der neuen Ausgabe des GOLEM, des gedruckten SF/Fantasy-Magazins von kg.de und thunderbolt erscheint.

 

Hallo Mothman!
Habe Deine Geschichte auch jetzt erst entdeckt und finde die Idee spannend, traurig und bizarr. Gut umgesetzt, doch es wäre noch besser, wenn Du den Reportagestil vielleicht zugunsten von mehr Lebendigkeit aufgeben würdest. Es sind diese ausgewalzten, erklärenden Sätze wie: 'Der Arzt, zu dem Oma einmal in der Woche gehen mußte', hier genügt einfach der Hinweis auf den Hausarzt, oder 'Der Verband, der ihren Oberkörper...', viel zu viel Relativzeug, das macht den Erzählfluß und die Spannung kaputt. Aber Du wirst Dich schon entscheiden, was Du ändern willst, denke ich. Habe die Geschichte sehr gerne gelesen.
LG, Jutta

 

Hi Mothman,

diese Geschichte ist wieder mal ein exemplarisches Beispiel dafür, weshalb die Welt da draußen die SF für minderwertig und keines Kommentars für würdig hält.
Tut mir leid und es geht auch nicht gegen den Autor, aber die Story funktioniert nur deshalb halbwegs, weil sich jeder der wesentlichen Protagonisten maximal hirnrissig verhält und die in der Geschichte verwendete computergesteuerte Biologie so was von herbeigelogen ist.
Angesichts der „Empfehlung“, also der Heraushebung der Story, als besonders gelungen, kann ich aus Selbstachtung nur anmerken, dass diese Story einen simplen Typus Leser erfordert, der jedem halbwegs kritischen Geist wesensfremd sein dürfte.´

Aber so ist es ja mit der SF immer. Statt sich interessanten Konzepten zu widmen, werden die alten Pseudoprobleme in immer neuen Gewändern präsentiert. Solcherart SF war schon in den 60igern nur mäßig modern und riecht heute ranzig.
Aber immer feste drauf:
- der Quatsch mit dem externen Gedächtnis ist ja auch nicht totzukriegen, aber was macht das schon bei vollkommen ahnungslosen Lesern;
- und statt einen kleinen Chip mit in die Hirnschale zu verpflanzen (wenn man den Blödsinn mit dem externen Hirn schon schlucken muss), tut man es nicht unter einem Institutscomputer (Asimov und Multivac lassen grüßen), na klar, sonst wird ja auch das ´Dingsda´ mit den Funklöchern obsolet,
- selbstredend wird so eine neue Technologie bei der Einführung nicht überwacht, denn dafür ist ja der Patient zuständig, der denn auch gleich Zugang zum Speicher hat (da wurde die einzig mögliche Wendung zum Witzigen verpasst, denn wenn Oma ihre Ich-Identität austauscht, könnte dies zu Verwirrspielen a la Oma vs. Erste Ableitung von Oma usw. usv. Führen),
- Alzheimer greift außerdem nicht allein das Gedächtnis (wenn auch bevorzugt) an sondern alle Areale, also auch die des Denkens, was in der Story nicht mal erwähnt wird;

Ach es ist zu grausam. Dem Autor kann man es ja nicht mal vorwerfen, denn wenn selbst die Kritiker nicht erkennen, dass diese Story von hinten bis vorne ein potemkinsches Dorf mit der Fassade der SF ist, wie soll dann der Autor die vollkommene Wertlosigkeit (auf die SF bezogen) seiner Story erkennen?
Und mir jemals die Gelegenheit geben, mich an einer seiner Storys zu erfreuen?
Denn dies wünschen wir uns ja Beide.

Liebe Grüße
Proxi

 

Hallo Mothman,

lange habe ich mit mir gerungen, ob ich die geschichte kommentieren soll, oder nicht.
Dies liegt auch daran, dass sie mehrmals gelesen werden muss, mit immer unterschiedlichen Blickwinkeln.

Proxi hat sicherlich recht, neu ist die Idee nicht. Was bei der Verbindung von Geist und Maschine passieren kann, hat z.B. Tad Williams in Otherland mehr als ausführlich beschrieben.

Neu ist IMHO aber, was du daraus gemacht hast. Darum, und ob der Sprache, die du benutzt, um deine Bilder zu transportieren, halte ich die Empfehlung für gerechtfertigt.

Auch wenn ich mich dadurch als simpler Typus erweise. :)

lg
Dave

 
Zuletzt bearbeitet:

Proxi hat sicherlich recht, neu ist die Idee nicht.
Wer redet von neu?
Die Storyline ist sinnlos.

Neu ist IMHO aber, was du daraus gemacht hast.
Das macht es leider nicht erträglicher.
Darum, und ob der Sprache, die du benutzt, um deine Bilder zu transportieren, halte ich die Empfehlung für gerechtfertigt.
Oh Gott, nach der Definition können wir hier gleich jede Story empfehlen.
Was glaubst Du, weshalb ich mich jeden Kommentares zur literarischen Qualität enthalte?
Die, im Sinne von literarischer Güte, guten oder gar ausgezeichneten Storys sind hier so selten, wie Diamanten im Wüstensand.

Nochmals: ich äußere mich bei meinen Kritiken fast ausschließlich zur Brauchbarkeit der Ideen, Handlungen und des SF-Wesenskernes einer Story. Man muß nicht jederzeit mit mir dacort gehen, aber zumindest weiß ich wovon ich spreche.

Auch wenn ich mich dadurch als simpler Typus erweise.
Kein Problem, wenn Du Dich damit gutfühlst. Aber auch ironische Wiederholung hindert mich nicht im Geringsten daran, Schrott als solchen zu bezeichnen und wenn hundert Andere noch so laut tönen, dass es Kunst wäre.

 

Da ich die Geschichte empfohlen habe und Proxi hier m.E. übertrieben hart kritisiert, fühle ich mich genötigt, meine Sichtweise darzulegen.

Die Storyline ist sinnlos.
Nein. Sie ist konsequent und durchdacht. Die Wendungen sind alle nachvollziehbar, und auf Basis der fiktiven Technologie plausibel. Soziale Aspekte werden zwar nur angerissen, sind aber zweifelsohne vorhanden.
Natürlich wird der externe Computer eingesetzt, weil die Story mit einem Chip im Kopf nicht funktionieren würde. Die erforderliche Rechenkapazität genügt mir als Begründung. Auch Dein PC hat einen Lüfter und wird gehörig warm, willst Du so ein Ding im Kopf haben? Nee. Daher nur einen Transceiver, und die aufwändigen Berechnungen macht ein Server.

Fazit: Unter "sinnlos" verstehe ich was anderes.

Wir haben hier eine Unterhaltungsstory, die gewisse Vereinfachungen vornimmt, um zu funktionieren. Das ist nicht innovativ, aber legitim.

Aus der Empfehlung einer in Deinen Augen schlechten Geschichte auf die Idiotie der Leser zu schließen, ist jedoch schlicht arrogant.

 

fühle ich mich genötigt, meine Sichtweise darzulegen
Worauf der „Nötiger“ gerne nochmals antwortet.
Sie ist konsequent und durchdacht und auf Basis der fiktiven Technologie plausibel.
Nochmals zur Verdeutlichung: Jede ausgedachte Technologie (auch die Unmöglichen, wie v>c, perpetuum mobile, Zeitreisen, etc.) muss plausibel und angemessen eingesetzt werden (will sie nicht als Märchen gelten oder die Intelligenz des Lesers beleidigen).
Bei der Beschreibung der „Verdrahtung und Überspielung des Gedächtnisses“ haben sich mit die Zehennägel aufgerollt. Hätte der Autor dazu nichts verlauten lassen, sondern die Tatsache an sich zur Basis genommen, hätte ich dies (knurrend und geifernd zwar) durchgehen lassen.
So aber wirkt es so peinlich, wie eine 14 Jährige auf einer Studentenparty, die lauthals verkündet, Ihre einsetzende Periode wäre der Fluch des sündigen Fleisches.
Natürlich wird der externe Computer eingesetzt, weil die Story mit einem Chip im Kopf nicht funktionieren würde.
Eben.
Die erforderliche Rechenkapazität genügt mir als Begründung.
Ach nun auf einmal? Dann kann ich doch mit dem gleichen verlogenen Recht (und bin doch noch näher an der Wahrheit im Sinne des Möglichen) behaupten, wer eine Technologie zur Gedankenübertragung beherrscht, sollte ja wohl genug Rechenkapazität in Sandkorngroßen Computern (Quantencomputern, Gripser (S. Lem, Lokaltermin) z.B., hihi) haben. Wenn schon rumspinnen, dann bitte konsequent.
willst Du so ein Ding im Kopf haben?
Habe ich ja. Soll gar nicht so selten sein und nennt sich Hirn. Ist übrigens flüssigkeitsgekühlt.
Wir haben hier eine Unterhaltungsstory,
Die nicht unterhält, sondern nervt. Zumindest Menschen wie mich, die nicht Bild-Zeitung lesen, weil sie die auch für bescheuert halten.
Das ist nicht innovativ, aber legitim.
Das ist die Bildzeitung auch. Und über die wird noch viel böser gelästert.
Aus der Empfehlung einer in Deinen Augen schlechten Geschichte auf die Idiotie der Leser zu schließen, ist jedoch schlicht arrogant
.Ich schließe auf simple geistige Ausstattung oder fehlende Bildung verbunden mit der Unfähigkeit technologische Märchen als solche zu erkennen. Wer minderbemittelt ist, ist übrigens nicht lange kein Idiot.
Darüber hinaus bist Du über solcherart Vermutung natürlich erhaben, allerdings scheinst Du in letzter Zeit zu wenig gute Literatur bzw. erträgliche SF gelesen zu haben, wenn Dein Bewertungskompass so fehljustiert ist.
Wir können ja Naut hinzuziehen, was er von der Story hält. Schließlich ist er derjenige, dem ich im bezug auf den SF-Sinngehalt einer Story noch das rationalste Urteil zutraue.

 

Dann schick dem Naut mal eine PM.

Du drückst mir ein bisschen zu sehr auf den Ich-hab-aber-Recht-und-ihr-lest-Bildzeitung-Knopf. Ich lese höchstens das Bildblog, und wenn ich in der S-Bahn jemanden mit der "ZEITUNG" sehe, guck ich woanders hin.

Aber es gibt auch Grauzonen zwischen Bildzeitungslesern und, sagen wir, anspruchsvollen, hochintelligenten Literaturkritikern wie Dir.

Ich schlage daher vor, bei weiteren Kritiken zu dieser Geschichte den Bildungsstandard anderer Leser außer Acht zu lassen. Thema dieser Diskussion ist diese Geschichte, weniger der IQ jener anderen Leser außer Dir, Proxi, denen sie irgendwie ganz gut gefiel.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich hab jetzt lange überlegt, wie und ob ich auf Proxis Kritik eingehen soll. Immerhin bin ich der Meinung, dass eine Geschichte für sich selber sprechen soll. Zumindest traue ich der Leserschaft soweit, dass ich mich nicht gezwungen sehe das erste Posting für mich zu reservieren, um dort Stärken und Schwächen meiner Story zu erklären.
Es ist am Leser zu entscheiden, ob ihm eine Geschichte gefällt, oder nicht. Von daher missfällt es mir, wenn ich darangehen muss, eine meiner Geschichten zu verteidigen bzw. diese im Detail zu erklären.
Da aber Uwe und Dave Nocturn bereits die Lanze für mich gebrochen haben, muss ich mich wohl doch zu Worte melden.

Erstmal möchte ich sagen, dass die Technik in meiner Geschichte nicht der angedachte Wesenskern der Story sein soll. Ebenso wenig soll die Geschichte moralisch wirken, oder vor einer heimtückischen Zukunft warnen. Die Story soll unterhalten, mehr nicht.
Was die Technik betrifft, die ich in meiner Story beschreibe und die Proxi wohl am meisten missfällt, ist zu großen Teilen natürlich „herbeigelogen“! Was sollte sie auch sonst sein?!
Jede Robotergeschichte, jeder Warpantrieb, jede Zeitreise, die jemals in irgendeinem Buch ausgeheckt wurde, ist und war herbeigelogen. Die meisten Sci-Fi Storys funktionieren nun mal so!
Aber wie gesagt, der Fokus der Story liegt nicht auf der Technik. Aber um den Vorwurf, die Geschichte sei ein potemkinsches Dorf, zu begegnen, möchte ich mal ausnahmsweise ins Detail gehen.

Die Technik / der technische Ablauf, wie sie in meiner Geschichte zur Anwendung kommt:
1. Sobald Alzheimer bei einem Patienten erkannt wird, wird eine Gedächtniskopie erstellt. Von dem Zeitpunkt der ersten Diagnose, bis zu dem Zeitpunkt, wo die Schädigung des Gehirns eine kritischen Punkt erreicht, zeichnen Sonden die Signale des Gehirns auf und übermitteln sie an eine zentrale Rechenstelle.
2. Ist der kritische Punkt erreicht, findet eine zweite Operation statt, wo die gespeicherten Informationen an den Patienten zurückgesendet werden.
3. Diese Therapie soll nicht den Patienten heilen, sondern vielmehr die Lebensqualität des Patienten verbessern. Weiterhin soll der Patient in der Lage sein sich selbst versorgen zu können, damit dieser, solange es geht, nicht zum Pflegefall wird.
4. Man hatte nicht vorhergesehen, dass es nötig sein könnte, dass der Patient in der Lage sein muss, sich neue Informationen zu merken. Da die ehemaligen Sender zu Empfängern umgepolt wurden, muss eine zweite Schnittstelle her, damit der Patient Daten in sein externes Gedächtnis speichern kann.
5. Diese zweite Schnittstelle ist in der Story provisorisch, was bedeutet, dass Sicherheitsvorkehrungen weder hoch, noch gut sind. Diese Schnittstelle ist in der Story Omas PC.
6. Natürlich war von den Technikern und IT-Leuten des Krankenhauses keine Löschung von Erinnerungen vorgesehen, aber da sich die Schnittstelle ein Provisorium war und die Dateneingabe des Patienten möglichst nutzerfreundlich sein sollte, immerhin handelt es sich um einen alten Menschen mit Alzheimer, entstanden natürlich Fehler.
7. „It’s not a bug, it’s a feature“ muss sich Oma wohl gedacht haben, nachdem sie erkannte, dass sie bestehende Daten ihres externen Gedächtnisses überschreiben konnte. Na ja, den Rest kennen wir ja.
8. Omas unvorhergesehene Arbeitsweise mit ihren Daten hat zu allgemeinen Fehlern in ihrer Datenbank geführt, mit der Folge, dass praktisch alle Daten verloren gingen.

Diese Technik mag mangelhaft und vielleicht sogar „märchenhaft“ vom Grundgedanken her sein. Dennoch ist das in meinen Augen keine Schwäche der Geschichte. Davon abgesehen ist es ein Familienmitglied, das die technischen Details wiedergibt und in Mangel an diesbezüglichen Vorkenntnissen dürfen diese mitunter sogar falsch sein. Letztlich soll die genaue Funktionsweise der Maschinerie in einer Art Black-Box“ verborgen bleiben, da sie nicht den Fokus der Geschichte ausmachen. Ich habe genauso viel erzählt, wie der Leser meiner Meinung nach wissen muss. Soweit dazu.
Wer dennoch meint, dass diese IT-technische Fehlleistung Humbug sei, hat wohl noch nicht in der EDV gearbeitet. Ich jedenfalls komme aus der Ecke und weiß somit von was ich rede. Dabei konnte ich als Software-Entwickler bereits selbst die Erfahrung machen, dass Programme, die ausgiebig getestet wurden, immer noch DAU-anfällig bleiben (DAU = Dümmster anzunehmender User).
Davon abgesehen, wollte ich eine Technik beschreiben, die unserer heutigen Technologie nicht um Jahrhunderte voraus ist, sondern die es in ähnlicher Form vielleicht schon in den nächsten Jahren, oder Jahrzehnten, geben könnte. Das diese Technik von meiner Variante abweichen wird, wenn’s es denn Vergleichbares geben sollte, ist selbstredend.

Aber so ist es ja mit der SF immer. Statt sich interessanten Konzepten zu widmen, werden die alten Pseudoprobleme in immer neuen Gewändern präsentiert. Solcherart SF war schon in den 60igern nur mäßig modern und riecht heute ranzig.

Ich mag die Sci-Fi aus den 60zigern und ich finde auch das technische Konzept meiner Story interessant. Ranzig finde ich hingegen nur die Anmaßung die hier betrieben wird.

- der Quatsch mit dem externen Gedächtnis ist ja auch nicht totzukriegen, aber was macht das schon bei vollkommen ahnungslosen Lesern;
- und statt einen kleinen Chip mit in die Hirnschale zu verpflanzen (wenn man den Blödsinn mit dem externen Hirn schon schlucken muss), tut man es nicht unter einem Institutscomputer (Asimov und Multivac lassen grüßen), na klar, sonst wird ja auch das ´Dingsda´ mit den Funklöchern obsolet,

Zum ersten Punkt weiß ich nichts zu sagen. Er ist emotional und herabwertend. Die grundsätzliche Idee mag zwar schon in anderen Geschichten verarbeitet worden sein, die Story hingegen ist auf meinem Mist gewachsen. Abgesehen davon werde ich nicht darangehen und mir die Mühe machen alle Bücher des Genres zu wälzen, um eventuelle Bezüge zu anderen Geschichte auszuschließen. Davon abgesehen sind Variationen eines Themas erlaubt, andernfalls dürfte gar kein Buch mehr geschrieben werden.
Der zweite Punkt ist ebenfalls emotional gefärbt und lässt fast keine Antwort zu. Du magst meine Idee nicht? Gut, keiner zwingt dich dazu.

Alzheimer greift außerdem nicht allein das Gedächtnis (wenn auch bevorzugt) an sondern alle Areale, also auch die des Denkens, was in der Story nicht mal erwähnt wird;

Die Geschichte wird aus der Sicht des Vaters und nicht aus der Sicht eines Arztes erzählt. Vielleicht solltest du ihm den Vorwurf machen, dass er kein medizinisches Wissen hat. Abgesehen davon, ändert sich die Art des Denkens bzw. die Persönlichkeit des Alzheimer Patienten in der Geschichte, nur lasse ich es offen, ob die Persönlichkeitsänderung von Omas Eingriffen herrührt, von ihrer Krankheit, oder von Beidem. Zitat: „Doch es war nicht nur die Rücksichtslosigkeit mit der Oma ihr Gedächtnis veränderte, was mich erschreckte, vielmehr ängstigte mich, dass sich auch Omas Wesen selbst zu verändern begann.“
Also das nächste Mal bitte genau lesen, bevor gemeckert wird.


• Ach es ist zu grausam. Dem Autor kann man es ja nicht mal vorwerfen, denn wenn selbst die Kritiker nicht erkennen, dass diese Story von hinten bis vorne ein potemkinsches Dorf mit der Fassade der SF ist, wie soll dann der Autor die vollkommene Wertlosigkeit (auf die SF bezogen) seiner Story erkennen?
• Die Storyline ist sinnlos.
• Nochmals: ich äußere mich bei meinen Kritiken fast ausschließlich zur Brauchbarkeit der Ideen, Handlungen und des SF-Wesenskernes einer Story. Man muß nicht jederzeit mit mir dacort gehen, aber zumindest weiß ich wovon ich spreche
• Kein Problem, wenn Du Dich damit gutfühlst. Aber auch ironische Wiederholung hindert mich nicht im Geringsten daran, Schrott als solchen zu bezeichnen und wenn hundert Andere noch so laut tönen, dass es Kunst wäre.
• Die nicht unterhält, sondern nervt. Zumindest Menschen wie mich, die nicht Bild-Zeitung lesen, weil sie die auch für bescheuert halten.
• Ich schließe auf simple geistige Ausstattung oder fehlende Bildung verbunden mit der Unfähigkeit technologische Märchen als solche zu erkennen. Wer minderbemittelt ist, ist übrigens nicht lange kein Idiot.
Darüber hinaus bist Du über solcherart Vermutung natürlich erhaben, allerdings scheinst Du in letzter Zeit zu wenig gute Literatur bzw. erträgliche SF gelesen zu haben, wenn Dein Bewertungskompass so fehljustiert ist.

Diese Aussagen sind einfach der Gipfel der Unverschämtheit! Ich frage mich ernsthaft, mit welchem Recht, oder Dünkel jemand so etwas sagen darf! Jedenfalls habe ich eine so grandiose Selbstüberschätzung schon lange nicht mehr erlebt und ich würde wirklich gerne wissen, woher diese stammt.
Ich jedenfalls würde es nie wagen mir derartiges Urteil über die Schreibkünste von jemand anderes zu bilden. Zudem verstehe ich diese Website hier als Anlaufstelle für Hobby-Schriftsteller. Man schreibt, hofft und bangt, dass die Leserschaft die eigenen Werke mit Wohlwollen aufnimmt, oder einem mit Rat und Tat zur Seite steht, um sich zu verbessern. Das was Proxi hier macht ist das genau Gegenteil! Du findest die Geschichten hier amateurhaft und größtenteils schlecht? Hihi, oh Mann, schon mal daran gedacht dir eine andere Plattform zu suchen?
Ich möchte betonen, dass ich nichts gegen Kritik habe. Im Gegenteil, je offener und konstruktiver sie ausfällt, umso dankbarer bin ich, aber das was Proxi hier schreibt hat nichts mehr mit Kritik zu tun. Es ist einzig und allein ein Verriss.

Allen anderen möchte ich für ihre Meinungen und Anregungen danken. Meine Geschichte werde ich voraussichtlich dieses WE an einigen Stellen, Ausdrücke betreffend, überarbeiten.

With kind regards
Mothman

 

1 Beitrag von Proproxilator gelöscht. Proxi, Mothman IST auf die Kritik eingegangen, was Du aber verneinst, gleichzeitig wirfst Du ihm aber vor, Kritik an Kritik zu üben. Soll Mothman Dir die Stiefel küssen vor Dankbarkeit über Deinen Verriss oder was? Er darf selbstverständlich seinen Standpunkt darlegen und seine Geschichte verteidigen. Klärt das per PM, falls nötig. Weitere arrogante Beiträge oder solche, die nichts mit der Story zu tun haben, werden gelöscht.

 

Punkt 1: Mir gefällt die Story, sie hat Witz, Charme und eine gewisse Tragik. Sie aus der Perspektive eines Angehörigen zu schreiben, der miterlebt und miterleidet, wie ein Alzheimerpatient nach und nach sein Selbst verliert, finde ich genau richtig. Stilistisch finde ich sie zwar nicht überragend, aber dennoch recht gut.

Punkt 2: Meiner Meinung nach ist das aber keine SF-Geschichte, so kommt nur als solche verkleidet daher.

Punkt 3: Die Kritik von Propoxilator finde ich überzogen, in Teilen respektlos und leider auch unzureichend begründet. Er mag in der Sache recht haben, hat sich aber im Ton vergriffen. Diejenigen, denen die Geschichte gefallen hat, indirekt mit Lesern der Bildzeitung zu vergleichen, ist schlichtweg eine Beleidigung.

Punkt 4: Ich teile aber seine Meinung, dass jede in einer Geschichte erfundene Technologie in sich plausibel sein sollte. Aber gegen dieses eherne Gesetz haben schon ganz andere verstoßen, zum Beispiel so gefeierte Science-Thriller Autoren wie Dan Brown oder Michael Crichton, die trotz ihres gut bezahlten Rechercheapparates schon schlimmere Patzer von sich gegeben haben. Bei denen, die damit zu Millionären geworden sind, sind solche handwerklichen Fehler unverzeihlich. Hier aber schießt die Kritik nach meiner Meinung über das Ziel hinaus.

 

Ich möchte noch einmal ganz konkret auf die Kritik von Propoxilator eingehen.
Er schreibt:

und statt einen kleinen Chip mit in die Hirnschale zu verpflanzen (wenn man den Blödsinn mit dem externen Hirn schon schlucken muss), tut man es nicht unter einem Institutscomputer (Asimov und Multivac lassen grüßen), na klar, sonst wird ja auch das ´Dingsda´ mit den Funklöchern obsolet,...

Das zeigt, dass er die Geschichte nur oberflächlich gelesen hat. Offenbar handelt es sich bei der Rettung von Omas Gedächtnis um eine neue, noch nicht erprobte Behandlung, wie aus dieser Passage deutlich wird:
Ein Experiment der Uniklinik, dessen Risiken nicht abzuschätzen waren. Es fehlte an Studien. Es fehlte an Freiwilligen und es fehlte an Gelegenheiten. Für die Ärzte war Oma ein Glücksfall...

Es ist doch völlig logisch, dass in diesem Fall kein ausgereifter, miniaturisierter Gedächtnisspeicher zum Einsatz kommen kann, der noch gar nicht entwickelt ist. Es ist ebenso logisch, dass die Software auf einem Computer der Klinik laufen muss, denn es geht ja nicht nur um Oma, sondern auch um eine neue Therapiemethode, die überwacht, ausgewertet und später veröffentlicht werden soll.


Propoxilator schreibt weiter:

- der Quatsch mit dem externen Gedächtnis ist ja auch nicht totzukriegen, aber was macht das schon bei vollkommen ahnungslosen Lesern;

Hierzu ist Folgendes zu sagen: Sämtliche Erinnerungen, Gedanken, ja die ganze menschliche Persönlichkeit bestehen aus komplexen Erregungsmustern von rund 100 Milliarden Neuronen. Die Informationen werden in chemischer Form in den 100 Billionen Synapsen gespeichert und können prinzipiell abgegriffen werden. Das dies nicht einfach durch ein EEG mit ein paar Elektroden auf der Kopfhaut geht, ist natürlich klar. Der Weg, dass der Computer lernt, Omas Gehirnwellenaktivität zu interpretieren, ist zwar heutzutage kaum vorstellbar, aber nicht unwahrscheinlicher als der Warp-Antrieb oder Zeitreisen durch Wurmlöcher. Ich würde eine externe Speicherung von Gehirninformationen sogar in ferner Zukunft für möglich halten. In der SF sind solche Vorstellungen gang und gäbe, etwa bei Peter F. Hamilton, der die komplette Persönlichkeit von Menschen in einer biologischen Matrix speichert und sie dadurch nach ihrem Tod fortleben lässt.

Und weiter geht es:

selbstredend wird so eine neue Technologie bei der Einführung nicht überwacht, denn dafür ist ja der Patient zuständig, der denn auch gleich Zugang zum Speicher hat (da wurde die einzig mögliche Wendung zum Witzigen verpasst,...)

Der erste Teil enthält den einzigen Kritikpunkt, den ich akzeptiere. Hier - und im fehlenden Backup - hat der Autor m.E. keine überzeugende Antwort gefunden. Ich könnte mir folgende vorstellen: Oma hat zu Beginn ihrer Behandlung auf ihr Selbstbestimmungsrecht gepocht und eine Patientenverfügung geschrieben, die es den Ärzten verbietet, sie im Fall der freiwilligen Löschung zurückzuholen.
Im zweiten Teil der Aussage unterstellt Propoxilator, dem Autor, er wollte eine witzige Story schreiben. Ich sehe das überhaupt nicht so. Die Geschichte hat zwar dort, wo Oma charakterisiert wird, einige witzige Aspekte, aber es geht m.E. in erster Linie um die Menschenwürde des Alzheimeropfers und um die schwierige Situation und das Leid von betroffenen Angehörigen. Die moderne Medizin ist da machtlos.

Die Kritik ist deshalb nicht nur unsachlich und beleidigend, sondern auch schlecht begründet. Sie. zeigt, dass der Kritiker seine Hausaufgaben nicht gemacht hat.

Den Autor möchte ich noch einmal bestärken, sich durch solche nicht konstruktive Kritik nicht entmutigen zu lassen. Die Geschichte ist gut, unterhaltsam und macht nachdenklich.

 

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