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Offene Beine

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28.02.2002
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Offene Beine

Offene Beine


Meine Großmutter war sehr misstrauisch. So bereitete sie ihre tägliche Medikamenteneinnahme grundsätzlich selber vor. Sie stand in der Küche, nahm Schachtel für Schachtel und ließ aus den Blisterfolien Pille für Pille mit einem "Ping" auf eine Untertasse fallen. Eine Ansammlung der verschiedensten Farben und Formen. Dann schluckte sie eine nach der anderen. Nach jedem Schluck erklang ein genüssliches "Aaahhhhhhh!" aus ihrem Mund. Sie blickte mich dabei triumphierend an, fast schadenfroh. 'Ich werde noch lange leben', sollte das bedeuten. Niemals hätte sie gestattet, dass ich ihre Medikamente vorbereite und sie ihr ans Bett bringe, wo sie den ganzen Tag fernsehschauend, oder lesend verbrachte.
Sie schien an tausend kleineren und größeren Gebrechen zu leiden. Jede Woche verbrachte sie einige Stunden im Wartezimmer ihres Hausarztes. Der war ihr Idol. Eine gottgleiche Heldengestalt, die sich darum bemühte, ihren Körper am Laufen zu halten, dafür Sorge trug, dass dieser alte und bösartige Organismus weiterhin pulsierte. Und tatsächlich: Er hieß Dr. Engel!
Woran sie eigentlich litt war mir nie recht klar geworden. Nicht einmal ob sie überhaupt krank war. Ich glaube, sie hatte sich einfach diesen Status gegeben. Und verbrachte deshalb ihre Tage im Bett.
Sie war 82 Jahre alt. Sie bestand darauf, dass ich sie mit "Großmutter" ansprach. "Oma" war ihr zu distanzlos.
Meine Aufgabe war es, sie zu versorgen.Einzukaufen, kleinere Reparaturen vorzunehmen, mich um die Wäsche zu kümmern. Einmal in der Woche brachte ich ihre Wohnung in Ordnung.
Kochen durfte ich nicht, wie gesagt: sie traute mir nicht.

Leider, leider, leider gehörte es auch zu meinen Aufgaben mich um ihr einziges wirkliches Gebrechen zu kümmern: Sie hatte ein offenes Bein. Und das galt es, täglich neu zu verbinden. Ihr linker Unterschenkel. Wie war das ekelhaft! Der Anblick allein. Grosse
Flächen rohen, stinkenden Fleisches. Der Ablauf war stets gleich. Erst rollte ich den alten Verband von oben nach unten spiralförmig ab. Dann reinigte ich die Wunde. Dazu tauchte ich einen Waschlappen in eine Blechschüssel, die mit einer speziellen Lösung gefüllt war. Als nächstes trug ich mit einem kleinen Holzspatel eine braune Salbe dick auf und deckte alles mit einem Stück Verbandsgaze ab. Zum Schluss umwickelte ich das Bein mit frischem Verbandsmull. Bei all dem kniete ich auf dem Boden, während sie auf der Bettkante saß und mich genau beobachtete. Machtbewusst und skeptisch. Wenn ich ihr bei diesem Ritual weh tat, schrie sie kurz bösartig auf und unterstellte mir Absicht: "Max! Lass das!"
War ich damit fertig, legte sie sich wieder hin, bettete ihren grauen Kopf auf dem Kissen und atmete schwer. So, als habe sie sich angestrengt. "Du kannst jetzt gehen. Vergiss den Müll nicht!"

All diese Aufgaben hatte bis vor sechs Jahren meine Mutter ausgeführt. Wir wohnten damals im selben Mietshaus wie meine Oma. Sie lebte im dritten Stock, wir im Parterre. Seit sie gestorben ist, habe ich die Pflege meiner Oma übernommen. Allerdings nicht ganz freiwillig. Ich sei Schuld an ihrem Tode. Das sagte meine Oma mehr als einmal. Ganz ohne Trauer. Mehr als herrische Begründung für den Dienst, den ich abzuleisten habe. Schließlich sei es meine Schuld das ihre Tochter sich nicht mehr um sie kümmern könne. Ich sei es gewesen, der sie ins Grab gebracht hätte. Dadurch, das ich ihr immer nur Sorgen bereitet hätte. Durch die Jahre in denen ich dem Alkohol verfallen war, durch mein berufliches Versagen, die zahlreichen Rausschmisse. Nicht einmal einen Berufsabschluss hätte ich geschafft. Und dann mein Gefängnisaufenthalt! All das habe sie krank gemacht. Und nur deshalb sei sie gestorben.
Es mag sein, dass ihre feste Überzeugung, dass ich die Schuld am frühen Tode meiner Mutter trage, tatsächlich eine gewisse Suggestivkraft auf mich ausübte. Es stimmt, dass sie sich viele Sorgen um mich gemacht hat. Es stimmt auch, dass ich beruflich gescheitert war. Mit zweiunddreissig Jahren arbeitete ich halbtags als Lagerarbeiter in einer Spedition. Obwohl ich Abitur habe. Was ich dort verdiente, hätte nie zum Leben gereicht. Aber von meiner Oma bekam ich jeden Monat fünfhundert Mark. Und damit kam ich gerade so zurecht. Meine Miete war gering. Ich wohnte in einer winzigen Ein-Zimmer-Wohnung, ganz in der Nähe meiner Oma.
Aber auch diese Fünfhundert Mark waren nicht Grund genug für meinen Dienst an ihr. Vielmehr war es eine Hoffnung. Die Hoffnung auf ihr Erbe. Sie hatte Geld. Sie war mit einem wohl- habenden Mann verheiratet gewesen, der bereits vor 20 Jahren starb. Und sie war knauserig. Ich wusste, sie war vermögend. Und ich war der einzige Verwandte den sie noch hatte.
Natürlich wäre sie grausam genug gewesen, ihr Geld jemand anderem zu hinterlassen. Ihrem Arzt oder dem Tierschutzverein. Aber das glaubte ich nicht. Denn eines Tages, es ist schon einige Jahre her, machte sie eine überraschende Bemerkung. Ich stand in der Küche. Gerade hatte ich ihr Geschirr eingeräumt und war dabei, in meinem Portemonnaie nach Geld für den Zigarettenautomaten zu suchen. Es sah nicht gut aus.
"Später wird es dir besser gehen!", hörte ich sie auf einmal sagen. Sie stand im Türrahmen und hatte mich beobachtet. Beachtlich war WIE sie das sagte. Ohne die übliche Feindseligkeit, ohne den gewohnten zynischen Unterton. Aber natürlich auch nicht freundlich. Das hätte ich ihr auch niemals abgenommen. Ihre Stimme war ernst, mit einem winzigen Anflug von Trauer. Das war wie eine kleine Offenbarung. Hatte sie noch ein anderes Gesicht?
Jedenfalls war es diese Ernsthaftigkeit, mit der sie gesprochen hatte, Grund genug für mich gewesen, von diesem Moment an fest davon überzeugt zu sein, ihr Erbe einst zu erhalten. Sicher ging sie bereits vor ihrer Äußerung davon aus, dass ich auf ihr Erbe warte. Ihr dürfte vollkommen klar gewesen sein, das sich kein Mensch der Welt diese Behandlung ohne einen handfesten Grund bieten lassen würde. Sie wusste, dass ich auf ihren Tod warte, ihn kaum erwarten konnte. Deshalb war sie sehr vorsichtig. Sie befürchtete ich könnte sie auf eine hinterlistige Art um die Ecke bringen. Etwa eine ihrer Kapseln öffnen und eine andere Substanz hineingeben. Oder ihr Essen vergiften. Ich kaufte zwar oft für sie ein. Aber die Lebensmittel ließ sie sich von einem Mädchen aus der Nachbarschaft besorgen. Sie kochte auch selber. Und ihr Vorratsschrank in der Küche war mit einem Schloss gesichert, genau wie ihr Kühlschrank. Sie hatte extra den Hausmeister kommen lassen, der eine Vorrichtung am Kühlschrank anbrachte, welche das Einhängen eines Vorhängeschlosses ermöglichte. Und die Schlüssel trug sie an einer Schnur um den Hals.

Auch meine Mutter hatte sehr unter ihr gelitten. Oft genug war sie weinend herunter in unsere Wohnung gekommen, setzte sich an den Küchentisch und wiederholte minutenlang "Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr..."

Normalerweise war ich so gegen drei Uhr nachmittags bei ihr. So auch am Montag. Kaum hörte sie meinen Schlüssel in der Tür da brüllte sie auch schon.
"Max! Maaahhhhaaaax!"
Allein der Geruch wenn man die Tür öffnete! Dieser Altenmief. Sie lebet in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Bewohnen tat sie nur eines, eine Art Wohn-Schlafzimmer. Dort hingen auch ihre heiligen Bilder: Fotos und Gemälde vom ehemaligen Familiensitz in Ostpreußen. Eine große Villa, fast schon ein Schloss. Daneben ein Ölgemälde ihres Vaters. Eine herrschaftliche Pose, gestutzter Vollbart, eine Zigarre in der Hand. Fabrikant. Alles sehr beeindruckend. Höhere Tochter. Einzelkind. Gesellschaften, Jagdreviere, Macht, Geld. Neben den Bildern hing ein barockes Kruzifix aus dem 18. Jahrhundert.
Und jetzt saß sie dort in ihrem Bett. Ein pastellfarbenes Nachthemd mit Blumenmotiven. Blumenmotive! Was hatte dieser Drache mit Blumen zu tun? Ausgerechnet Blumen!
Sie schaute fern. Werbung. Ein aufsteigender Jumbojet vor einem orange-roten Himmel, frontal von unten gefilmt.
"Heute ist das Klo dran! Aber mach's richtig!"
Sie sah mich nicht einmal an. Ich putzte das Klo und wechselte eine Glühbirne aus. Dann ging ich in ihr Zimmer zurück und fragte was noch zu erledigen sei. Kurzer Seitenblick auf mich. Blick zurück in den Fernseher. Aber etwas war ihr an mir aufgefallen. Ruckartig blickte sie mich wieder an.
"Wie läufst du überhaupt 'rum!? Rasiere dich mal wieder! Und wie lange willst du noch diese Hose tragen!? Sollen die Leute glauben dass ich mich mit einem Penner abgebe? Diese Haare!"
Es war bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit sie diesen Kommandoton anschlug der keinen Widerspruch duldete. Aber ich wagte ihn, den Widerspruch:
"Wie ich herumlaufe ist meine Sache."
"Hahaha. Heute ist Mäxchen aber mutig. Dann geh' doch, wenn du so mutig bist." Pause. "Nicht? Willst du doch nicht gehen?" Ihre Stimme glühte vor süßlichen Zynismus.
Ich versorgte ihr Bein.

Natürlich hätte ich einfach gehen können. Ganztags arbeiten. Diesen schwarzen Vogel vollständig aus meinem Leben verbannen können. Aber dann wären all die Jahre vergebens gewesen. Die Jahre des Hoffens auf ihren Tod. All die Jahre hätte ich mich für ein Almosen demütigen, beleidigen und verachten lassen. Für nichts! Für gar nichts! Geblieben wäre eine gigantische Niederlage.
‚Wer weiß?’ dachte ich, ‚Vielleicht stirbt sie ja in wenigen Tagen? Oder in zehn Sekunden?’ Jeder Tag, den ich in dieser selbstgewählten Hölle verbrachte, war ein Schritt in Richtung auf mein Ziel. Denn die Zeit war mein Verbündeter, mein Licht und mein bester Freund! Da sie alt war, teilten sich die Zellen ihres verwelkten Körpers immer langsamer. Und irgendwann überhaupt nicht mehr. Dann war meine Stunde gekommen: Zahltag! Dann würde ich auferstehen wie Phoenix aus der Asche! Dann würde ich der sein, der ich bin. Und nie wieder in meinem ganzen Leben hätte ich irgendjemandem einen Verband angelegt.

Neulich allerdings bin ich mitten in der Nacht schlagartig aufgewacht. Bin in meinem Bett regelrecht hochgeschossen. "Zweiundneunzig! Was ist wenn sie zweiundneunzig wird! Oder Hundert, hundertzwanzig!" Ich schrie diese Angst in die Dunkelheit meines Zimmers. Hellwach war ich. Mein Atem ging schnell. Ich stand auf. Machte Licht. Ging Nägel kauend umher. "Oh Gott! Oh Gott! Bitte, bitte nicht!" flüsterte ich.
Den Gedanken, dass sie steinalt werden könnte, hatte ich bis jetzt einfach nicht zugelassen, die Tür zu dieser Vorstellung fest verschlossen gehalten. Aber scheinbar war es mir trotzdem nicht gelungen mich hinters Licht zu führen.
Um der aufkommenden Verzweiflung nicht ganz ausgeliefert zu sein mobilisierte ich gedankliche Gegenkräfte. Sprach in väterlicher Ruhe zu mir. Da ich meinen eigenen Vater nicht kannte, phantasierte ich mir einen wohlwollenden Ben Cartwright Typen zusammen, den ich zu mir sprechen ließ:
"Nur die Ruhe mein Junge. Denke daran: Die Letzten werden die Ersten sein. Wer so fest an ein Ziel glaubt wie du, der kann nur gewinnen. Vertraue in dein Glück. Wie kannst du nur denken das eine so verbitterte Frau steinalt wird? Halte durch! Vielleicht ist sie ja jetzt schon tot? Wer weiß?"

Dem war leider nicht so.
"Jetzt ist es viertel nach drei! Du willst wohl, dass ich dein Gehalt kürze! Das werden wir doch mal sehen, wer hier am längeren Hebel sitzt!"
‚Vielleicht ist das ja ein genetischer Defekt? Vielleicht ist sie gar nicht in der Lage anders zu sprechen als laut und unfreundlich. Vielleicht wirkt sie deshalb unfreundlich, ist es aber gar nicht?’, dachte ich.
"Ist ja gut Großmutter. Jetzt bin ich ja da."
"Ich verbitte mir diese Art. Als wenn das ein Geschenk wäre. Darauf lässt sich verzichten! Und jetzt die Wäsche gebügelt! Aber dalli!"
Ich ging ins andere Zimmer. Ich holte tief Luft. Atemtechnik zur Beruhigung. Gaaaannz ruhig. Sachte, immer sachte. Du darfst sie nicht anfassen, du darfst deine Hände nicht um ihren faltigen Hals legen. Auch die gusseiserne Pfanne bleibt an ihrem Platz.
Ich stellte das Bügelbrett auf, steckte das Bügeleisen ein. Tief atmen. Und besonders den Nacken schön entspannen. So ist gut. Schon besser. So, jetzt das destillierte Wasser auf das Brett stellen.
Leider knallte in diesem Augenblick das Bügelbrett zusammen, der Mechanismus war nicht richtig eingehakt. Ein Riesenlärm. Wütende Schritte die sich näherten.
"Was ist denn hier los? Nicht mal das kannst du?!" Sie war vollkommen außer sich. Ihre Augen waren schwarz vor Hass. Sie griff ein Holzkästchen, das neben der Tür auf einem Tischchen stand. Furnier. Die Silhouette einer ostpreußischen Stadt auf
dem Deckel. Das Kästchen traf mich an der Stirn. Mir wurde blümerant. Ich griffe zur schmerzenden Stelle und fühlte gleich das ich blutete.

Am Abend.
Ich saß am Küchentisch. Ich weinte. "Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr... !"
Was war ich nur für ein Mensch? Wieso habe ich mich mit Haut und Haaren an den Teufel verkauft? Ich habe keinen Stolz. Keine Würde. Alles ist verloren. Eigentlich hatte die Alte mit jedem Wort recht. Es stimmt, was sie sagt. Ich lasse mich wie Dreck behandeln. Also bin ich Dreck. Für ein fernes Ziel. Ein Ziel, das letzten Endes doch nicht gewiss ist. Ich muss es beenden, ich muss es beenden.
Was für ein krankes Spiel ist das? Warten? Immer nur warten? Während mein Leben im Elend vergeht? Während andere Familien gründen, Häuser bauen und sogar lieben? Dieser Satan, dieses alte Aas! Wer sagt eigentlich, dass ich unbedingt ihre scheiß Kohle
brauche?
Ich besann mich, wurde etwas ruhiger. Stand auf und besah mir das Foto meiner Mutter, das neben meinem Bett hing. Es war ein Schwarzweißfoto. Mit traurigen Augen lächelte sie mich an. Das war ihr typischer Gesichtsausdruck gewesen. Traurig sein und dazu lächeln.
„Das hätte sie nie gewollt, dass ich so ein Leben führe!“ flüsterte ich. Obwohl ich dieses Bild jeden Tag sah, berührte mich die Tragik, das stille Leiden, das meine Mutter ausstrahlte. Ich schämte mich vor ihr. Und ich hatte das Empfinden, dass ich ihr etwas
schulde.
„Du sollst dir keine Sorgen mehr um mich machen! Ich will, dass du stolz auf mich bist!“

In diesem Moment traf ich die Entscheidung, auf das Erbe zu verzichten.

Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr mir und ein Gefühl tiefen Friedens ergriff Besitz von mir. Oh ja, ich werde mich auf ins Leben machen! Werde mir und meiner Mutter Ehre machen! Als ich am nächsten morgen aufwachte, spürte ich sofort das etwas mit mir geschehen war. Ich fühlte mich anders an. Kraftvoll und ruhig. Ich fühlte meinen ganzen Körper, nicht wie üblich nur den Kopf mit einem diffusen Anhang, dem ich nur Aufmerksamkeit widmete wenn er schmerzte. Ich stand auf. Meine Brust war weit, mein Atem hatte Raum um zu zirkulieren. Als sei ein Stahlband aufgesprengt worden. „Wie ein richtiger Mann“ fiel mir ein.
Es war als seien alle Kräfte, die mich an der Ausübung meines würdelosen, geldgierigen Dienstes gehindert hätten, über nacht erwacht.
Und all das nur weil ich mein Glück nicht mehr in die Hände eines anderen gab, der es rausrücken sollte und für den ich mich selber missbraucht und gebrochen hatte.
Ich musste an die Alte denken. An offene Beine, Verbandsmaterial, und Bügelbretter. Und lachte, denn all das war jetzt Vergangenheit. Das

Das Wort "Pflegedienst" fiel mir ein. Mein Lachen wurde lauter. Die wird sich freuen! Sie wird sich tatsächlich zwingen müssen normal zu sein!
Ich beschloss, sie mir noch einmal anzusehen. Einmal noch. Ich werde einen Abschiedsbesuch machen...

* * *

Es war gegen zwei Uhr, als ich ihre Tür öffnete.
"Max? Was willst du jetzt schon hier? Komm' später wieder!"
Ich schloss die Tür und sagte nichts.
"Max? Das bist doch du?! Du sollst später wiederkommen! Antworte gefälligst, du dummer Junge!"
Ich ließ mir Zeit. In aller Ruhe ging ich den Flur entlang und betrat ihr Zimmer. Und sah sie an.
"Ich habe doch gesagt, dass du..."
Sofort spürte sie, dass sich etwas geändert hat. Ich lehnte mich gegen die Kommode, die sich neben ihrem Fernseher befand. Ich stand ihr direkt gegenüber. Meine Arme verschränkte ich locker vor der Brust. Ich wollte sie mir in alle Ruhe betrachten. Ohne Angst, Druck und Zweifel. Ganz entspannt und objektiv. Sie schwieg entgeistert. Ihre Augen flackerten nervös hin und her.
Sie erschien mir kleiner als zuvor. Und irgendwie skurill. Ein kleiner, hilfloser, grauer Mensch. Und diese Frau hatte noch gestern mein Leben bestimmt!
"Was ist denn mir dir?"
"Nichts. Was soll schon sein? Ich wollte dich nur einmal in Ruhe ansehen."
"Mich ansehen!? Tue du jetzt mal lieber mein Bein..."
„Warum bist du eigentlich so bösartig?“
Schweigen.
" Bösartig? Ich? Was fällt dir ein, so mit...!“
Ich stellte mich vor das Gemälde ihres Vater, deutete darauf.
"War er auch so? Hat er dich böse gemacht?"
Ihre Wut griff wieder.
"Zeige nicht mit deinem dreckigen Finger auf meinen Vater. Er war einer der größten Männer, die es jemals gab!"
Ihr Atem ging schneller. Ihr Gesicht begann sich zu röten.
"Du brauchst nicht mehr kommen. Ich rufe den Pflegedienst und..", versuchte sie lapidar zu erklären.
"Ich weiß."
"Was soll das heißen, 'du weißt'?"
"Ich weiß, dass du den Pflegedienst anrufen wirst, damit man sich um dich kümmert."
"Was... Wie meinst du das?" Ihre Stimme war abrupt leise geworden. Eine leise gestellte Frage. Vielleicht wollte sie die Antwort nicht hören.
"Ich werde nicht mehr kommen!"
"Du kommst nicht mehr?“ Mein Gott, so ängstlich konnte sie klingen!
Schweigen.
„Aber du wirst es später doch mal gut haben!“
"Ich will dein Erbe nicht. Es interessiert mich nicht mehr!“ Gelassen blickte ich in ihre Augen.
"Nein, das kannst du nicht machen Max!", sagte sie mit tonloser Stimme.
Ich war erstaunt, dass sie meine Worte derart erschüttern konnten. Das ihr meine Kündigung nicht passen würde, war klar. Aber sie benahm sich, als würde das eine Katastrophe für sie bedeuten. Ich hatte wohl eine größere Bedeutung für sie, als ich bis dahin ahnte. Ich, der Versager, der Mörder ihrer Tochter!
Aber vielleicht war das sogar logisch. Schließlich war ich ihre einzige und letzte Möglichkeit Macht auszuüben und sich überlegen zu fühlen. Ich war das Medium, über das sie ihren verbitterten, bösartigen Charakter ausleben konnte. All das erfasste ich erst jetzt. Nach all den Jahren.
„Max! Hörst du? Das kannst du nicht machen!“, fuhr sie fort.
"Doch das kann ich. Und ich tue es sogar!" Ich blieb ruhig.
Sie ließ ihren Kopf resigniert auf das Kissen sinken. Blickte zur Zimmerdecke und seufzte. Dann wandte sie ihr Gesicht zu den Bildern. Ihre Brust hob und senkte sich wieder stärker. Der Anblick der Bilder schien sie aufzuladen, ein Quell unpassenden Stolzes zu sein.
Abrupt sah sie mich an. Ihre Augen waren schwarz vor Wut, der Unterkiefer war vorgeschoben. Und jetzt sprang sie mit ungeahnter Geschwindigkeit aus dem Bett, lief auf mich zu, stand vor mir. Hasserfüllt streckte sie ihren Arm aus, zeigte mit dem Finger auf mich und sagte langsam, damit ich es auch wirklich verstehe:
"Du bist schuld am Tode meiner Tochter. Du MUSST sie
er-set-zen!" Ihre Fingerspitze zitterte vor meiner Nase.
"Nein, das finde ich nicht!"
Meine Ruhe trieb sie zur Weißglut.
"Doch! Du bleibst! Du MUSST!" Hysterie. Sie packte mich am Kragen.
"Du MUSST!", schrie sie, als könne sie mich mit Worten bezwingen, zu Boden werfen. Ich riss ihre geballten Fäuste von meinem Hemd. Tonloses Wiederholen des gescheiterten Zauberspruches.
"Du musst, du musst, du musst...", während sie langsam, resignierend hinabsank. Auf den Knien angekommen begann sie leise zu weinen. Jetzt schlug sie mit den Fäusten auf den Boden und schrie weinend:
"Ich-ha-be-Geld! Du-wirst-es-er-ben!"
Sie konnte mich nicht berühren. Sie war entwaffnet. All das war traurig und irgendwie spektakulär, aber mehr nicht.
Sie ließ ihren Kopf auf den Boden sinken. Ein Häufchen Elend. Ihr immer kindlicher werdendes Weinen ließ ihren alten Leib rhythmisch erbeben. Es schien, als sei ein Damm gebrochen, ein Damm der Verzweiflung über die eigene Machtlosigkeit.
Hätte ich normalerweise einen alten Menschen in so einer kläglichen Situation gesehen, so wäre ihm meine Hilfe sicher gewesen. Aber nicht in diesem Fall. Sie hatte kein Recht auf mich.
Niemals hätte ich geglaubt sie jemals so zu sehen. Niemals. Vielleicht diente ihre schwarze Seite dazu, das jetzt Sichtbare
zu verbergen. Keine Schwäche zu zeigen. Sich unantastbar, unverletzbar zu geben. Das war ihr Fehler. Hätte man sie irgendwo in der Mitte dieser kranken Gefühlswelt angetroffen, wer weiß, vielleicht wäre sie sogar sympathisch gewesen.
Ihre Hände tasteten sich vor, umklammerten meine Schuhe! Oh Gott! Jetzt war es langsam genug!
"Bitte, bitte Max! Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es wird alles anders! Max, bitte!"
Sie blickte hoch. Ein nassgeweintes, altes Gesicht. Rote Augen. Schluchzen.
"Nein! Ich kann einfach nicht mehr. Und ich will nicht mehr!"
Sie verstummte. Langsam seufzend senkte sie ihr Gesicht auf meine Schuhe. Sie hatte es wohl aufgegeben. Erschöpft kapituliert. Auch ich war müde. Schloss die Augen.
Herr im Himmel! Musste das so ablaufen? Diese Dramatik! In wenigen Minuten hatte ich mehr über diese Frau erfahren als zuvor in meinem ganzen Leben. Sie hatte sich aufgetan, wie ein bis dahin verschlossenes Buch, ohne es zu wollen.
Ich öffnete die Augen wieder, begriff, welch grauenhaftes Bild wir beide gerade abgaben. Sie kniete immer noch vor mir, mit dem Gesicht auf dem Boden, die Hände auf meinen Schuhen.
'Hoffentlich kommt jetzt keiner von den grauen Panthern ‚rein' dachte ich, um mich vor der Tragik dieses Anblicks zu schützen.
"Es tut mir leid Oma, ich muss jetzt gehen!"
Stille. Ich zog einen Fuß unter ihrer Hand weg. Im selben Moment kippte sie zur Seite. Ihre Augen waren geöffnet. Sie war tot.

Embryohaltung. Ein pastellfarbenes Nachthemd mit Blumenmotiven. Verwirrte, graue Haare.
Ich war nur kurz erschrocken. Denn ich wusste, dass es gut so war. Sie hätte es niemals ertragen, fremden Menschen ausgeliefert zu sein, Menschen die sie nicht brauchten.
Ich beugte mich hinab und schloss ihre Augen. Ihr Gesicht sah anders aus. Gelöst. Fast hübsch. Eine hübsche alte Dame.
Ich hatte kein schlechtes Gewissen. Ich fühlte den Frieden, den sie jetzt gefunden hatte. Den sie endlich gefunden hatte.

Leb' wohl Oma! Vielleicht werde ich manchmal an dein hübsches Gesicht denken.

 

Hallo bassimax!

Normalerweise gebe ich zuerst meinen Kommentar ab und poste danach die Fehler, aber heute mach ich das ausnahmsweise mal umgekehrt, da ich Deine Geschichte noch ein bisschen wirken lassen möchte, bevor ich was dazu sage.
Vielleicht hab ich ja Glück und kann sie dann schon korrigiert noch einmal lesen? :)

Stellenweise häufen sich die "sie" sehr, besonders zum Beispiel im letzten Drittel des ersten Absatzes, also von "Woran sie... bis ...sie traute mir nicht.

Oft kannst Du sie leicht verhindern, indem Du Sätze zusammenhängst, z.B.:
"Dann schluckte sie eine nach der anderen. Nach jedem Schluck machte sie genüsslich "Aaahhhhh!""
- Dann schluckte sie eine nach der anderen und machte nach jedem Schluck ein genüssliches "Aaahhhhh!".
Außerdem würde ich schluckte/Schluck ebenfalls vermeiden, zum Beispiel durch: Dann aß sie eine nach der anderen... oder: Dann nahm sie eine nach der anderen ein und machte nach jedem Schluck genüsslich "Aaahhhh!"

"Also wollte sie sagen"
- Als

"Niemals hätte sie gestattet das ich ihre Medikamente vorbereite"
- gestattet, dass ich

"dafür Sorge trug, das dieser alte..."
- trug, dass dieser

"Sie bestand darauf das ich sie mit "Großmutter" ansprach."
- darauf, dass ich

"sie zu versorgen.Einzukaufen,..."
- bitte um eine Leertaste nach dem Punkt

"Und das galt es täglich neu zu verbinden."
- galt es, täglich

"Grosse
Flächen rohen, stinkenden Fleisches."
- Große Flächen
- Zeilenwechsel nach "Große" bitte weg

"Als nächste trug ich mit einem kleinen Holzspael"
- Als nächstes
- Holzspatel

"So als habe sie sich angestrengt."
- So, als

"für den Dienst den ich abzuleisten habe."
- Dienst, den ich

"Schließlich sei es meine Schuld das ihre Tochter"
- Schuld, dass ihre

"Dadurch, das ich ihr immer nur Sorgen bereitet hätte."
- Dadurch, dass ich

"Es mag sein, das ihre feste Überzeugung das ich die Schuld"
- sein, dass ihr feste Überzeugung, dass ich

"Es stimmt das sie sich viele Sorgen"
- stimmt, dass sie

"Es stimmt auch das ich beruflich bescheitert war. Mit 32 Jahren"
- auch, dass ich
- Mit zweiunddreißig Jahren - Zahlen bitte ausschreiben, solange sie keine Wortungetüm ergeben, ebenso "fünfhundert Mark", "Ein-Zimmer-Wohnung", "vor zwanzig Jahren", usw. ;)

"Und ich war der einzige Verwandte den sie noch hatte."
- da sind zwei Leertasten zwischen ich und war ;)

"Natürlich wäre sie grausam genug gewesen ihr Geld jemand anderem zu hinterlassen."
- gewesen, ihr Geld

"Ich stand in der Küche und hatte ihr Geschirr eingeräumt. Ich war gerade dabei in meinem Portemonnaie..."
- Vielleicht kannst Du eins der beiden "Ich" vermeiden?
- dabei, in meinem

"besser gehen!" hörte ich sie"
- gehen!", hörte ich

"vor ihrer Äußerung davon aus, das ich "
- aus, dass ich

"vollkommen klar gewesen sein, das sich kein"
- sein, dass sich

"Sie wusste, das ich auf ihren Tod warte"
- wusste, dass ich

"eine Vorrichtung am Kühlschrank anbringen musste lassen"
- fände ich schöner, wenn Du schreibst "lassen musste" statt "musste lassen"
- zwischen musste und lassen hast Du außerdem zwei Leerzeichen

"All das kam mir vor wie ein krankes Spiel."
- vor, wie

"Sie wusste ich konnte ihr nicht entkommen."
- wusste, ich

"Oft genug warm sie weinend herunter"
- war statt warm

"Ein pastellfarbiges Nachthemd"
- pastellfarbenes oder -färbiges

"Sie schaute Fernsehen."
- schaute fern

"fragte was noch zu erledigen sei"
- fragte, was

"Kurzer Seitenblick ,auf mich."
- Der Beistrich ist eigentlich unnötig, jedenfalls gehört er, wenn Du ihn lassen willst, eine Stelle weiter nach links.

"Sollen die Leute glauben das ich mich mit einem Penner abgebe?"
- glauben, dass ich

"Es war bemerkenswert mit welcher"
- bemerkenswert, mit

"Dann geh' doch wenn du so mutig bist."
- doch, wenn

"Den Gedanken das sie steinalt werden könnte"
- Gedanken, dass sie

"Da ich meinen eigenen Vater nicht kannte, phantasierte ich mir in einen wohlwollenden Ben Cartwright Typen zusammen den ich zu mir sprechen ließ"
- ich mir einen (ohne "in")
- zusammen, den ich

"Die letzten werden die ersten sein."
- Die Letzten werden die Ersten sein.

"Wie kannst du nur denken das eine so verbitterte Frau steinalt wird?"
- denken, dass eine

"Vielleicht ist sie
ja jetzt schon tot?"
- Zeilenumbruch bitte weglöschen

"Du willst wohl das ich dein Gehalt kürze!"
- wohl, dass ich

"Das werden wir doch mal sehen wer hier am längeren Hebel sitzt!"
- sehen, wer

"ist es aber gar nicht?’ dachte ich."
- nicht?´, dachte

"steckte das Bügeleisen ein"
- steckte das Bügeleisen an

"Die Shioullette einer ostpreußischen Stadt auf
dem Deckel."
- Silhouette
- Zeilenumbruch weg nach "auf"

"Am Abend.
Ich saß am Küchentisch. Ich weinte..."
- Würde das in einem Satz schreiben und dabei nur ein "ich" verwenden: Am Abend saß ich am Küchentisch und weinte.

"Es stimmt was sie sagt."
- Es stimmt, was

"Wer sagt eigentlich das ich unbedingt ihre scheiß Kohle
brauche?"
- eigentlich, dass ich
- Zeilenumbrüche weg...

"„Das hätte sie nie gewollt, das ich so ein Leben führe!“ flüsterte ich."
- gewollt, dass ich ... führe!“, flüsterte

"Und ich hatte das Empfinden, das ich ihr etwas
schulde."
- Empfinden, dass ich
- Zeilenumbruch nach etwas weg

"Ich will das du stolz auf mich bist"
- will, dass du

"In diesem Moment traf ich die Entscheidung auf das Erbe zu verzichten."
- Entscheidung, auf

"Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr mir und ein Gefühl tiefen
Friedens ergriff besitz von mir."
- Zeilenumbrüche weg
- ergriff Besitz von mir

"am nächsten morgen"
- Morgen

"spürte ich sofort das etwas mit mir geschehen war"
- sofort, dass etwas

"mein Atem hatte Raum um zu zirkulieren. Als sei ein Stahlband aufgesprengt worden. „Wie ein richtiger Mann“ fiel mir ein."
- Raum, um zu
- würde nach zirkulieren einen Strichpunkt machen: "zirkulieren; als sei..."
- Mann", fiel mir

"Es war als seien alle Kräfte, ..., über nacht erwacht."
- war, als
- über Nacht

"Ich beschloss sie mir noch einmal ansehen."
- beschloss, sie
- anzusehen

"Dieses war ist es gegen zwei Uhr als ich ihre Tür öffnete."
- "Dieses Mal war es..." oder "Es war gegen zwei Uhr..."
- Uhr, als

"Ich habe doch gesagt das du..."
- gesagt, dass du

"Sofort spürte sie das sich etwas geändert hat."
- sie, dass sich

" Bösartig? Ich? Was fällt..."
- Vor "Bösartig" und "Was" ist jeweils ein Leerzeichen zu viel

"Er war einer der größten Männer die es jemals gab!"
- Männer, die

"Ihr Gesicht begann sich zu röten."
- nur ein Leerzeichen nach Gesicht
- begann, sich

"Ich rufe den Pflegedienst und.." versuchte sie"
- und...", versuchte

""Ich weiß das du den Pflegedienst anrufen wirst,"
- weiß, dass
- ein Leerzeichen nach Pflegedienst zu viel

"kannst du nicht machen Max!" sagte sie mit tonloser Stimme."
- Max!", sagte

"Ich war erstaunt, das sie meine Worte"
- erstaunt, dass sie

"Das ihr meine Kündigung nicht passen würde war klar."
- Dass ihr ... würde, war klar.

"Aber sie benahm sich als würde das"
- sich, als

"ich eine größere Bedeutung für sie hatte als ich ahnte"
- Leertaste nach "eine" zu viel
- hatte, als

"Das kannst du nicht machen!“ fuhr sie fort."
- machen!", fuhr

"Meine Ruhe trieb sie zur Weisglut."
- Weißglut

""Du MUSST!" schrie sie"
- "Du MUSST!", schrie sie

"Tonloses wiederholen"
- Wiederholen

"du musst..." während sie langsam"
- musst...", während

"das jetzt sichtbare zu verbergen"
- Sichtbare

"Ich öffnete die Augen wieder, begriff welch grauenhaftes Bild wir beide gerade abgaben."
- begriff, welch

"keiner von den grauen Panthern ich. um mich vor der Tragik "
- rein', dachte
- ich,

"Es tut mir leid Oma, ich mich jetzt gehen!"
- ich muß jetzt gehen, meintest Du wohl?

"Denn ich wusste das es gut so war."
- wusste, dass es so gut war.

"Fast Hübsch."
- Fast hübsch

Alles liebe,
Susi

 

Hallo Susi!

Ehrlich gesagt, sind mir diese Fehler nicht ganz so
wichtig. Sicherlich ist es schöner, wenn alles perfekt ist. Und auch habe ich beschlossen, mich näher mit
"das/dass" auseinanderszusetzen. Ob aber zwischen
einem Wort aus Versehen zwei Leerschritte sind oder
nicht lässt mich wirklich kalt. Im übrigen werden
Tabletten geschluckt, und nicht gegessen.
Mich würde viel mehr interessieren, wie Dir die
Geschichte gefällt. Ob Du sie an einigen Stellen z.B.
zu ausfürhlich emfindest. Wie Du die Wortwahl ein-
schätzt. Oder ob Du die Charaktere für glaubwürdig
hältst, usw.
Viele Grüsse
Sebastian

 

Lies doch bitte nochmal meine einleitenden Worte, dann hättest Du Dir die Frage nach meinem Kommentar erspart.

Bezüglich der Tabletten hab ich Dir das "aß" oder "nahm ... ein" vorgeschlagen, um die Wortwiederholung Schluck/schlucken zu vermeiden.

Die Leertasten etc. habe ich Dir aufgelistet, weil ich nunmal schon dabei war. Was die Leertasten betrifft, stört es beim Lesen sicher nicht so sehr, aber wenn Du mitten im Satz eine neue Zeile beginnst, dann sehr wohl.

Wenn Dir also mein Kommentar wichtig ist, dann nimm bitte Du auch die Fehler wichtig. Denn warum sollte ich die Geschichte ein zweites Mal lesen, wenn sie Dir gar nicht so wichtig ist, hm? Warum sollte ich sie ein zweites Mal mit Fehlern lesen, wo ich mir doch die Mühe der Auflistens gemacht habe?

 

Hallo nochmal!

Soll das heissen, dass du erst dann auf die Geschichte eingehst, wenn ich die Fehler korrigiert habe?
Gruss
Sebastian

 

Hallo bassimax,

liegt es eigentlich an meiner entspannten Stimmung heute? Oder, dass ich so viel Zeit habe? Jedenfalls les ich heute nur supergute Geschichten hier auf kg und deine gehört eindeutig dazu.
Bitte gedulde dich ein wenig, wenn Häferl dir schreibt, sie gäbe noch ihren Kommentar dazu ab, wie sie deine Geschichte findet, dann wird sie es auch tun und über ihre fleissige Korrekturarbeit solltest du dich ehrlich freuen. Sie will dich damit weder maßregeln, noch Bedingungen aufstellen.
Eine gute Geschichte ist perfekt, wenn sie auch fehlerlos oder wenigstens nahezu fehlerlos ist.

Wie auch immer, also zu deiner Geschichte:
dir ist sehr gut gelungen in lebendiger, weil ja mit viel direkter Rede eingearbeiteten Passagen, Weise die tragische Situation zwischen Enkel und Großmutter darzustellen. Sie wirkt bitterböse, verhärtet, verkrustet und er wirkt servil, devot und unterwürfig.
Später dann kann man als Leser diese Befreiung gut mitspüren, die der Protagonist durchläuft, und die Furcht der alten Dame vor der radikalen Veränderung ihrer Situation, die Panik, die sie erfaßt, als sie begreift.
Es kommt sehr gut in den Stimmungen herüber. Fast schon eine Spur zu dick aufgetragen, aber ich wüßte jetzt nicht, an welchen Stellen du da etwas flacher gestalten könntest.
Es ist wohl auch eher eine Geschmacksache, weil ich persönlich es mehr subtiler mag, manch anderer aber vielleicht eher direkt und deutlich gezeichnet bevorzugt.
Der Plot selbst ist zwar nichts Neues, also die Befreiung aus der eigenen Verstrickung führt letztendlich zur Belohnung und Freiheit in jeder Hinsicht und auch das Ende ist eigentlich unspektakulär, aber das Interessante an deiner Geschichte ist auch eher die Art wie ich als Leser neben den Protagonisten stehen kann und das Gefühl vermittelt bekomme, ich könnte sie direkt riechen die Atmosphäre.
Du kannst gut schreiben und ich bin gespannt auf weitere Geschichten von dir! :thumbsup:

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita!

Ich freue mich, dass Dir meine Geschichte gefallen hat.
Mir erschien sie übrigens selber etwas dick aufgetragen, wusste aber auch nicht genau, wo ich sie
etwas entschärfen sollte. Das "dick auftragen" ist
übrigens eine alte Schwäche von mir und es war mühsam,
diese einigermassen in den Griff zu kriegen.
Das Du die Atmosphäre gut nachempfinden kannst, mag
daran liegen, dass dieses Thema nicht ganz aus der
Luft gegriffen ist. Will sagen: Einige Anteile sind
autobiographisch.
Ich denke nicht, dass Häferl mich irgendwie massregeln wollte. Es war so, dass ich sehr gespannt
war, wie diese Geschichte ankommt, und deshalb etwas
enttäuscht war, dass sie nicht näher auf den Inhalt einging.
Ich habe noch eine aktuelle Geschichte hier. Unter
der Rubrik Fantasy/Märchen, sie heisst "Marie, Gargol
und die goldenen Kugel". Du würdest mir einen grossen
gefallen tun, wenn Du sie Dir mal ansehen würdest.
Sie scheint nämlich im Weihnachtstrubel untergegangen
zu sein.
Viele Grüsse
Sebastian

 

Hallo bassimax,

mir gefällt deine Geschichte sehr gut. Sie ist inhaltlich anspruchsvoll und du hast das Thema bis zum Ende konsequent unter "Spannung" gehalten. Auch die Dialoge sind dir gut gelungen.
Für mich wäre allerdings eine etwas kürzere Ausgabe des Textes interessanter zu lesen gewesen. Ich meine damit eine kompaktere Form des Textes.
Trotzdem, gut gemacht!
Über die Fehler hat dich ja unsere Ortho- Gräfin schon aufgeklärt. Was sie zum Text selbst sagt, das fehlt uns noch.

Liebe Susi,
ich finde den Zugang zu einem Text zuerst über die Fehlersuche nicht immer richtig. Bei diesem ansich sehr guten Text war diese Vorgehensweise aus meiner Sicht falsch. Man kann auch nach einer konstruktiven Kritik auf allfällige Fehler hinweisen. Der Autor will in erster Linie Reflexion, nicht Rechtschreibschulung.

Liebe Grüße - Aqua

 

Hallo Aqualung!

danke für Dein Lob. Zur kompakteren Form: das ist
tatsächlich ein weiterer punkt an dem ich arbeite.
ursprünglich war die geschichte noch länger. ich habe
sie bereits zusammengestrichen. mir war es selber etwas zuviel.

Liebe susi!
so, und nun nochmal zu den fehlern. die habe ich
jetzt bereinigt, denke ich zumindest. ich harre deines
kommentares...
gruss
sebastian

 

Hallo Bassimax!

Ich freu mich, daß Du die Fehler korrigiert hast! :)

Mein Kommentar kommt bestimmt noch, vielleicht schick ich ihn Dir aber auch per PM, weiß noch nicht. Denn mit Drängen erreicht man bei mir genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich will. Und nach Aquas Posting muß ich mich schon sehr überwinden, überhaupt noch in diesem Thread etwas zu schreiben.

Ich gehe niemals eine Geschichte extra auf Fehler durch, schon gar nicht, bevor ich sie lese. Ich weiß gar nicht, wie man überhaupt auf so eine Idee kommen kann. :shy:
Aber ich kann nicht drüberlesen, also eine Geschichte mit vielen Fehlern kann ich nicht in einem Zug lesen. Ich bleibe immer bei den Fehlern hängen.
Und ich schreib auch nicht gern Wischi-Waschi-Kommentare, gerade bei solchen Geschichten nicht. Deshalb brauch ich dafür Zeit und Ruhe und ein nochmaliges Lesen. Klar könnte ich in derselben Zeit auch zehn "Kritiken" schreiben...

Außerdem las ich Deine Geschichte, als es gerade zwei Stunden her war, daß ich meine im Sterben liegende Oma gefüttert hab, und ich konnte da wirklich nichts dazu schreiben...

Bis bald,
Susi

 

Hallo Bassimax!

Also jetzt mal zu Deiner Geschichte... ;)

Beim ersten Lesen dachte ich zu Beginn: "Was ist das denn für ein ekelhafter Kerl, der so grausam zu seiner Oma ist, nachdem er eh schon die Mutter ins Grab gebracht hat? Und warum tut er sich das an, daß er für Geld ihre offenen Beine pflegt, statt ganztags zu arbeiten?" - Aber dann las ich weiter und immer lichter wurde das Bild, das Du mir von dieser "Familie" vermittelst.

Nach dem Bild, das ich beim Weiterlesen und erst recht beim nochmaligen Lesen bekommen habe, hat diese Oma schon die Mutter so fertig gemacht, daß sie sich im Alkohol ersoff und auch die Laufbahn des Protagonisten selbst spricht Bände...

Bis zum Schluß Deiner Geschichte wurde mir die Oma immer unsympathischer. Ich kann die Gedanken und Handlungen Deines Protagonisten nachvollziehen, sie sind für mich vollkommen verständlich, möchte fast sagen logisch. Wie er sich geistig von der Last befreit, sich zu dem Entschluß, sie von anderen pflegen zu lassen, durchringt, finde ich auch sehr schön beschrieben.

Aber am Ende ist dann doch noch sowas wie Mitleid... Denn die Oma selbst war nie sie selbst, sie hat immer nur hinter ihrer Fassade bestanden, die aber dann zerbröckelt ist, und ohne die sie nur mehr ein Nichts war. Eigentlich hätte ich ihr in dem Moment, wo sie dann am Boden lag (schön doppelsinnig!), noch ein bisschen Leben gegönnt. Ich hätte sie noch das Menschsein spüren lassen... Aber vielleicht ist das dann doch eher ein sadistischer Wunsch von mir, da es ihr ja weh tun würde, wenn ihr dann erst so richtig bewußt würde, daß sie eigentlich ihr Leben nie gelebt hat, sie es aber auch nicht mehr nachholen kann. Für sie ist wohl doch der relativ schnelle Tod besser, so wie es in Deiner Geschichte ja auch passiert.

Und der Protagonist? Er scheint jetzt von allem befreit zu sein, wird das Erbe antreten und nie wieder offene Beine pflegen müssen. Das hat doch was von einem positiven Ausgang, auch wenn die Situation am Ende der Geschichte etwas bedrückend ist... ;)

Ich fand Deine Geschichte spannend zu lesen, sie hat mir wirklich gut gefallen, mich mitgenommen. Besonders interessant finde ich auch den Aufbau - Du packst in eine durchlaufende Erzählung sehr geschickt die Vergangenheit mit hinein, das verdient ein :thumbsup: !

Mein einziger Kritikpunkt, den ich noch habe: Es sind noch immer einige Fehler drin... Aber ich will Dich nicht quälen und schick Dir in den nächsten Tagen eine korrigierte Fassung per Mail, wenn Du willst. ;)

Alles liebe,
Susi

 

Hallo Bassimax!

Viel Neues kann ich leider nicht beitragen... ich muss ich sehr meinen Vorkritikern anschließen.
Diese Geschichte ist ausgezeichnet, der Inhalt sehr gut und nachvollziehbar aufgearbeitet. Ein ernstes Thema, sehr gefühlvoll!
Der düstere Anfang, der "Zwang" wegen des Geldes, danach die befreiende Entscheidung und schließlich, zun Schluss, Friede für beide. Ein schönes Ende, trotz allem...
Einfach tolll gemacht!

schöne Grüße, Anne

 

zeitfehler:

Ich sei es gewesen, der sie ins Grab gebracht hätte.
Es stimmt, dass sie sich viele Sorgen um mich gemacht hat.
Sie wusste, dass ich auf ihren Tod warte
-----------------------------------------
am frühen Tode
"tode" >> "tod", deine geschichte ist doch keine poesie, oder?
-----------------------------------------
Sie lebte im dritten Stock, wir im Parterre. Seit sie gestorben ist, habe ich die Pflege meiner Oma übernommen.
bezug! wer gestorben ist, ist durch den kontext zwar erklärt, aber es ist trotzdem ungeschickt. vielleicht ist es hier sinnvoller auf das pronomen für mutter zu verzichten.


Sie hatte ein offenes Bein. Und das galt es, täglich neu zu verbinden.
Natürlich wäre sie grausam genug gewesen, ihr Geld jemand anderem zu hinterlassen. Ihrem Arzt oder dem Tierschutzverein. Aber das glaubte ich nicht.
Ich stand in der Küche. Gerade hatte ich ihr Geschirr eingeräumt und war dabei, in meinem Portemonnaie nach Geld für den Zigarettenautomaten zu suchen.
Etwa eine ihrer Kapseln öffnen und eine andere Substanz hineingeben. Oder ihr Essen vergiften.
Ich kaufte zwar oft für sie ein. Aber die Lebensmittel ließ sie sich von einem Mädchen aus der Nachbarschaft besorgen.
Sie kochte auch selber. Und ihr Vorratsschrank in der Küche war mit einem Schloss gesichert, genau wie ihr Kühlschrank.
verbinde hier besser jeweils die beiden sätze.

Mit zweiunddreissig Jahren arbeitete ich halbtags als Lagerarbeiter in einer Spedition. Obwohl ich Abitur habe.
hinter "spedition" ein komma und mit "obwohl" klein weiter.

Sie war 82 Jahre alt. Sie bestand darauf, dass ich sie mit "Großmutter" ansprach.

du kannst hier ein "sie" einsparen, wenn du die beiden sätze mit "und" verbindest.

Beachtlich war WIE sie das sagte. Ohne die übliche Feindseligkeit, ohne den gewohnten zynischen Unterton. Aber natürlich auch nicht freundlich.
verbinde die sätze.
das "wie" schreibe in kleinen buchstaben, es braucht nicht noch zusätzlich visuell verstärkt werden.

Woran sie eigentlich litt war mir nie recht klar geworden.
hinter "litt" ein komma.

Ich glaube, sie hatte sich einfach diesen Status gegeben. Und verbrachte deshalb ihre Tage im Bett.

der erste punkt muss weg und mit "und" klein weiter.
leider gehörte es auch zu meinen Aufgaben mich um ihr einziges wirkliches Gebrechen zu kümmern:
hinter "aufgaben" ein komma

Schließlich sei es meine Schuld das ihre Tochter sich nicht mehr um sie kümmern könne.
"sei" >> wäre
hinter "schuld" ein komma
"das" >> dass

Sie war mit einem wohl- habenden Mann verheiratet gewesen
wohlhabenden

Ich wusste, sie war vermögend. Und ich war der einzige Verwandte den sie noch hatte.
hinter "verwandte" ein komma.
verbinde die beiden sätze besser.

Sie lebet in einer Drei- Zimmer-Wohnung.
lebte

hi bassimax,

ich bin leider an meine zeitgrenze gestossen.
die fehler und stilistischen mängel wiederholen sich.
ich hoffe, es ist für jeden autoren klar, dass alle arten von schreibfehlern absolut störend sind. du kannst damit eine gute geschichte zerstören.
in deiner geschichte gibt es noch einige rechtschreibfehler, einige zeitfehler und du solltest unbedingt auf die zerstückelung von sätzen verzichten.
an den kritiken kann ich lesen, dass deine geschichte wohl gut ist, und soweit ich sie mühsam gelesen habe, kann ich es auch bestätigen, sonst hätte häferl sich kaum diese wahnsinnsarbeit gemacht. tja, bassi, wenn die geschichte wirklich gut ist - bist du im zugzwang, dann musst du tatsächlich dran arbeiten.
sorry
bye
barde

 

Hallo Barde!

Das Verwenden kürzerer Sätze ist in dieser Geschichte
als Stilmittel aufzufassen. Es ist nicht notwendig,
diese durch ein Komma zu verbinden.
Und ob ich nun das Wort "Tod" oder "Tode" ver-
wende, ist Geschmackssache. Du musst verstehen, dass
eine sehr alte Frau diesen Satz gesagt hat, die sich
vielleicht noch anders ausgedrückt hat, als es uns
vertraut ist.
Die Tatsache, dass du dich "mühsam" durch die
Geschichte gelesen hast, lässt fragen: wieso hast
du das denn eigentlich getan, dieses "mühsame"?
Die Auffassung, ich sei in "Zugzwang", bzw. "muss"
nacharbeiten, lässt auf eine merkwürdig Haltung den
Arbeiten anderer hier im Forum schliessen.
Und wenn Du voranstellst, dass ich das müsse, "wenn
die Geschichte wirklich gut ist" lässt weitere Fragen
aufkommen. Wenn sie nicht gut ist, in Deinen Augen,
brauche ich die Geschichte nicht überarbeiten. Wenn
sie es aber doch ist, wäre das notwendig. Aber leider
weisst Du ja nicht, ob diese Geschichte gut ist.
Wegen "WENN diese..."
Tut mir leid, oder mit Dir zu sprechen "sorry",
aber solche Kommentare sprechen allenfalls dafür, dass
der Verfasser einen schlechten Tag hat. Und dann soll
er sich doch lieber melden, wenn er einen besseren
hat...
Sebastian

 
Zuletzt bearbeitet:

*hm* ich hatte befürchtet, dass du so reagieren würdest. es ist aber nicht sinnvoll, eine kritik persönlich zu nehmen.
ich für meinen teil habe einen wert in deiner geschichte gesehen, der mir den grund gegeben hatte, mich damit intensiv auseinanderzusetzen. und glaube mir, es war eine menge zeit; und ich war ziemlich ärgerlich darüber, dass ich aus zeitgründen abbrechen musste. - das war das erste mal überhaupt.
aber - ich kann es nicht wirklich glauben, dass dir kurze, positive, oberflächliche kritiken lieber sind.
damit kannst du (wie immer "meines erachtens") doch gar nichts anfangen - erst recht nicht, wenn du ein langes werk schreibst. ich meine, wie sinnvoll ist diese kritik:

"das war eine interessante geschichte. sie hat zwar ein paar fehler, aber die tun der geschichte nicht weh"

du missverstehst meine intention - ich hätte dir gerne geholfen, diese geschichte abzurunden - nur für den fall, dass du selbst deine geschichte für nicht abgerundet hälst.

nun gut, es kommt manchmal vor, dass ein autor mit intensiver kritik gefühlsmässig nicht klarkommt. ich werde dann beim zweiten mal darauf rücksicht nehmen und eine allgemeinere kritik schreiben - schon im eigenen interesse, denn dadurch spare ich auch eine menge zeit.

also, nichts für ungut.
bis dann :)
barde

 

Hallo Barde!

Ich nehme Kritik gerne an, und setze sie auch gelgentlich um. Susi z.B hat eine ganze Latte von
Fehlern aufgeführt. Die habe ich korrigiert, schlicht
und ergreifend, weil sie recht hatte.
Wieso hast Du denn befürchtet, dass ich so reagieren
würde? Du wirst schon gewusst haben warum.
Ganz grundsätzlich möchte ich sagen: Lobhudelungen,
oder sehr kurze Kommentare mag ich gar nicht. Es soll kritisiert werden. Früher z.B. habe ich grundsätzlich
zwei grosse Fehler gemacht: Ich habe zu ausführlich
geschrieben und zu "intensiv", als gelte es sicherzustellen, dass der Leser auch wirklich begreift
was ich meine. Ohne konstruktive Kritik, hätte ich diese beiden Macken sicher nicht überwunden. Und genauso soll es sein.
Aber es gilt auch, dass der Ton die Musik macht.
Und dein Ton erweckt erschafft eben den Eindruck,
dass alles was du in deinem Kommentar schreibst nicht
lediglich Deine Meinung sei, sondern eine objektive
Tatsache. Und das kommt bei mir zumindest unangenehm
rüber. Schliesslich ist all das hier letztendlich nur
Spass, jeder ist zu seinem Vergnügen hier. Auch wenn
man ernsthaft profitieren kann.
Auch geht es nicht darum, dass ich "gefühlsmässig"
nicht mit Deiner Kritik zurechtkomme. Nein, es hat mich
einfach genervt, dass du alles so strikt und unflexibel
gesehen hast. Als gäbe es keine Möglichkeit einer gewissen Individualität im Stil, ohne dadurch Fehler
zu machen.
Grüsse
sebastian

 

Hi!
Ich bin zwar neu hier, werde mich aber gleich mit einer ausführlichen Kritik in die Flammen stürzen. Der meiner Meinung nach übertriebenen Kritik Bardes schließe ich mich jedoch nicht an.

Einige Phrasen sind ungeschickt, so enthält zum Beispiel der Ausdruck

diesen keinen Widerspruch duldenden Kommandoton
für meinen Geschmack zu viele Partizipien, besser wäre "diesen Kommandoton, der keinen Widerspruch duldete". Ähnlich ungeschickt klingt
Aber ich wagte ihn, den Widerspruch:
Warum nicht: „Aber ich wagte den Widerspruch.“? Der Satz
Dann würde ich der sein, der ich bin
klingt verwirrend, es wäre besser verständlich, hättest du geschrieben „Dann würde ich der sein, der ich wirklich bin.“ Weiterhin stört mich die Zeile:
Neulich allerdings bin ich mitten in der Nacht schlagartig aufgewacht
– wieso verwendest du das Perfekt statt dem Imperfekt? Außerdem klingt der Binnenreim "Nacht-aufgewacht" nicht so toll.
Inhaltlich falsch ist:
Den Gedanken, dass sie steinalt werden könnte, hatte ich bis jetzt einfach nicht zugelassen, die Tür zu dieser Vorstellung fest verschlossen gehalten. Aber scheinbar war es mir trotzdem nicht gelungen mich hinters Licht zu führen.
Scheinbar? Wieso Scheinbar? Scheinbar ist der Satz richtig, denn scheinbar bedeutet, „es sieht so aus, als wäre es, dabei ist es nicht“; du meinst: „offensichtlich“. In der Umgangssprache wird „scheinbar“ oft mit „anscheinend“ vertauscht, nicht so im geschriebenen Deutsch.
Zwischen den Wörtern
...vielleicht tot. ABSATZ Dem war leider nicht so.
steckt für mein Gefühl ein zu großer Sprung, der Leser muss erst einen Absatz zurücklesen um zu begreifen, was „Dem“ bedeutet. „Sie war nicht tot“ klingt genauso bedeutungsschwer, macht dem Leser aber unmissverständlich klar, was du meinst.
So ist gut. Schon besser. So, jetzt...
weist ebenfalls zwei Makel auf, einmal die Wiederholung von „So“, zum anderen bedeuten „So ist gut“ und „Schon besser“ in deinem Zusammenhang fast genau das gleiche, eines könnte man streichen.
Sie griff ein Holzkästchen, das neben der Tür auf einem Tischchen stand. Holzfurnier...
Wieso zweimal darauf hinweisen, dass das Kästchen aus Holz ist? Ist das so wichtig?
Mir wurde blümerant
- „blümerant“ ist ein Wort, das ich, obwohl ich häufig lese, seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen habe und bestimmt dürfte es vielen anderen Lesern ähnlich gehen. Warum nicht: „Mir wurde übel“? Blümerant ist ein Fremdwort, dass hier fehl am Platz wirkt. Wirklich belustigend wurde die Wortwahl an dieser Stelle:
Ich war das Medium, über das sie ihren verbitterten, bösartigen Charakter ausleben konnte
Meine Deutschlehrerin gab mir einmal einen guten Rat: Verwende nie ein Fremdwort, über dessen Bedeutung du dir nicht völig im klaren bist! Das Fremdwort hier ist Medium und Medium bedeutet „vermittelndes Element von Kommunikation“. Medium hat noch eine Reihe weiterer Bedeutungen, tatsächlich aber keine einzige, die in deinen Satz passt. Du meintest: „Opfer“.
Positiv an deinem Stil ist, dass es sich gut lesen lassen würde, würde man nicht über solche Fehler stolpern. Den Ausdruck
Tonloses Wiederholen eines gescheiterten Zauberspruchs
finde ich gut.

Nun zur Handlung, denn auch hier fand ich einiges Merkwürdige. Ich fragte mich gleich zu Beginn, wie ich Mitleid oder Verständnis für einen Held entwickeln sollte, der sich auf seine Art genauso gemein verhält wie seine Gegenspielerin. Ich kann ihn nicht nachvollziehen, seine Geldgier ist genau so unmoralisch wie ihre Machtgier. Er lauert auf ihr Erbe und sie nutzt das aus – kann man ihr einen größeren Vorwurf machen als ihm? Eine Rache wäre ehrlicher als das, was er tut. Wenn du allerdings der Meinung bist, dass Geldgier nicht zu verurteilen sei, weil Menschen nunmal nach Geld streben, so darf es Machtgier auch nicht sein.
Der Gedanke des Erzählers, die Großmutter könnte steinalt werden, kommt reichlich spät und auch die Erklärung, er habe es schlicht Verdrängt ist meiner Ansicht nach schwach.
Eigentlich Grotesk an deiner Geschichte fand ich Ben Cartwright, der nichts in dieser Story verloren hat. Außerdem die Sätze:

Du darfst sie nicht anfassen, du darfst deine Hände nicht um ihren faltigen Hals legen. Auch die gusseiserne Pfanne bleibt an ihrem Platz.
Ich unterstelle dir, die Komik bewusst kreiert zu haben, bin mir aber allerdings nicht im Klaren, warum. Die Komik vernichtet die Spannung, die du erzeugen willst. Interessieren würde mich auch, wie die Großmutter mit ihrem offenen Bein „wütende Schritte“ gehen kann? Den folgenden Satz hast du vielleicht unbewusst aus einem Kitschroman übernommen:
Oh ja, ich werde mich auf ins Leben machen! Werde mir und meiner Mutter Ehre machen!
Das Verhalten der Großmutter ist teilweise unglaubwürdig:
Auf den Knien angekommen begann sie leise zu weinen. Jetzt schlug sie mit den Fäusten auf den Boden und schrie weinend:
Die Großmutter gebärdet sich hier wie ein kleines Kind, was du bestimmt absichtlich so gestaltet hast, was aber trotzdem nicht überzeugend wirkt. Außerdem ist die Sicht des Erzählers zu beschränkt, nicht nur in diesem Fall:
"Hätte man sie irgendwo in der Mitte dieser kranken Gefühlswelt angetroffen, wer weiß, vielleicht wäre sie sogar sympathisch gewesen"
Aber wenn sie Macht wollte, wie hätte sie sich mäßigen können? Sie hätte doch ihr Ziel verfehlt, oder habe ich den Satz oben falsch verstanden? Ihr Tod zum Schluß ist mir eine etwas zu offensichtliche Lösung, aber akzeptabel.

Ich will dir mit meiner Kritik nicht auf die Füße treten, ich habe versucht, sie frei von allem zu halten, was du als persönliche Beleidigung auffassen könntest. Ich wollte dir eine konstruktive Kritik bieten, da ich selbst, wie die meisten Autoren, derartige Kritik hoch schätze. Ich hoffe, sie hilft dir, dich zu verbessern.

 

Hallo Skunk!
Nein, du tritts mir mit Deiner Meinung nicht auf die
Füsse. Teilweise hast du auch recht. Z. B. "Dann werde
ich der, der ich wirklich bin", u. ä.
Die eingefügte Komik, sollte eine gewisse Selbst-
ironie angesichts des Abgrundes darstellen.
Der moralische Aspekt, ist ein interessanter Ge-
sichtspunkt. Und ich denke auch wirklich, dass die Grossmutter hier schlechter wegkommt, tut sie doch den
Tod ihrer Tochter selbstsüchtig zur Verpflichtung ihres Enkels einsetzen.
Solche Kleinigkeiten wie "Aber ich wagte ihn, den
Widerspruch!" sind nun mal mein Stil. Es mag sein,
dass eine andere Ausdrucksweise korrekter ist. Aber
mit gefällt dieser Stil.
Ich denke auch, dass der Gedanke, er sei "Das Medium, über das sie ihren Charakter ausleben konnte",
doch berechtigt ist. Es gibt viele Menschen, die ein
Medium für andere sind. Zum Beispiel halten viele Kinder für die nicht erfüllten Träume ihrer Eltern
her, müssen unbedingt Abitur machen, unbedingt studieren, usw. Diese werden dann nicht als eigenstänidge Persönlichkeiten betrachtet, sondern
als Erfüllungsgehilfe zur Verwirklichung der eigenen
Visionen. Will sagen, sowohl ein solches Kind, als
auch der Enkel in dieser Geschichte, sind lediglich
eine Projektionsfläche für das Potenial eines scheinbar
Mächtigeren. Aber das mag durchaus etwas überkandidelt
klingen.
Bei "Holzkästchen", "Holzfurnier" gebe ich Dir recht. "Furnier" hätte gereicht. Auch was deine Formulierung bezüglich des "Kommandotons" angeht.
"Blümerant" hingegen empfinde ich als treffend.
Das kindliche, hochemotionale, Verhalten der Oma,
als es zum "Showdown" kommt ist wirklich Geschmackssache. Ich hatte diesen Teil ursprünglich
schon entschärft, denn er war in der ersten Fassung
zu kitschig und übertrieben. Jetzt bin ich einigermassen zufrieden damit, wenn auch nur einigermassen. Es ging mir darum, die alte Frau zu de-
maskieren, ihr eigentliches Wesen zum Ausbruch kommen
zu lassen. Und das eruptiv, angesichts einer Krise.
Zu Cartwright. Der Protagonist hat im Prinzip nichts. Kein eigenes Leben, keine Eltern, kein Geld,
und scheinbar keine Zukunft. Unter diesen extremen
Lebensumständen, kann es wohl sein, dass die eigene
Phantasie Kapriolen schlägt, um sich etwas Wärme
zu holen, wenn auch nur eingebildete.
Deine Kritik ist vollkommen in Ordnung und kontruktiv. Wenn ich sie auch nicht in allen Punkten
teile.
Danke für die Mühe
Sebastian

 

Wow, danke für deine objektive Reaktion, ich bin vorsichtig mit Kritik geworden, weil sie meistens als Beleidigung empfunden wird und in Streitereien ausartet - also respekt.
Dann wirst du es mir auch nicht übel nehmen, wenn ich nochmal auf "Medium" eingehe - in dem Fall, den du beschreibst, dass Eltern, die selbst erfolglos waren, wollen, dass ihre Kinder Erfolg haben, wollen sie ÜBER ihre Kinder ihr Versagen relativieren, wie du sagst, sie als Erfüllungshilfen verwenden. Sie wollen nicht AN ihren Kindern ihr Versagen im Leben relativieren, indem sie diese z.B. zu guten Menschen erziehen.
In dem Zusammenhang deiner Geschichte wäre das zutreffend, wenn der Enkel für die Oma Macht ausüben würde, also sie ÜBER ihn Macht ausübte, ihn als Instrument, als Mittler verwendete. Nicht jedoch, wenn sie ihre Macht AN ihm ausübt. Natürlich heißt es korrekt "Macht über jemanden haben", aber das meine ich jetzt nicht. Fazit: Ein Medium ist keine Projektionsfläche, sondern das Mittel, mit dem etwas auf eine Fläche projeziert wird. Verstehst du mein Problem mit dem Wort?

 

Hi Skunk!
Ich mag solche spielerischen Diskussionen über Wort-
bedeutungen.
Frage:
Ist der Lautsprecher, das Medium, über welches man
den Inhalt einer Schallplatte zum Leben erweckt, Wirklichkeit werden lässt? Ich denke ja.

War die Wehrmacht, das Medium, über welches Hitler
seine Vorstellungen ausleben konnte, also das, was
in ihm ist? Ich denke, auch das trifft zu.

Ist das ursprüngliche, spirituelle Medium, die Stelle,
über welches jenseitiges ausgesprochen wird? Ja, finde ich.

Ist dann nicht auch der Enkel, das Medium über welches
sich die Bösartigkeit der Oma manifestiert? Mangels
anderer Ausagierungsmöglichkeiten, wie z. B. eines
Hundes, welchen sie schlagen könnte?

Meine Ansicht ist: Das Medium ist die Stelle, an welcher sich eine nicht in ihm selbst befindliche
Kraft manifestiert, wirklich wird.
Jetzt harre ich gespannt deiner weiteren Ansicht.
Grüsse
Sebastian

 

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