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Nichts für ungut

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10.05.2001
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Nichts für ungut

Link zur überarbeiteten Fassung


Am Nachmittag saß ich wie üblich im Straßencafé.
Meine Tasse Kaffee genießend blickte ich in die Fußgängerzone hinein. Eigentlich war es ja ein Blick ins Leere, denn ich war in meine Gedanken vertieft und bekam somit nichts von dem mit, was sich da tatsächlich abspielte.
Spät hatte ich auch registriert, daß der junge Mann vermutlich auf der Flucht vor den zwei Glatzköpfen sein mußte, die jetzt ebenfalls am Naturkostladen vorbeizischten.
Als meine Augen den schwarzhaarigen Mann erneut erfaßten, war er über eine umgefallene Blechtonne gestolpert und bereits zu Boden gesunken. Über den scheppernden Krach der Tonne hatten sich neugierige Blicke an den nah gelegenen Wohnungsfenstern gebildet. Einige Menschen traten aus ihren Geschäften hervor und erkannten gerade rechtzeitig, daß im folgenden Fall auch Skins mitwirkten. Bei dem Anblick dieser sozial minderwertigen Schicht der Bevölkerung zuckten sie zusammen und verschwanden sofort wieder in ihren Läden.
Die Kahlköpfe hatten den schwarzhaarigen Jungen dann auch schon erreicht.
Sie richteten den Jungen auf und gaben lauthals rassistische Äußerungen von sich. Anschließend rissen sie ihm die Goldkette vom Hals und schleuderten sie zu Boden.
Der Junge bat flehend um Gnade, wobei er eigentlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wissen mußte, daß dies vergeblich war. Kaum mitbekommen, was ihm widerfahren war, hatte er einen Faustschlag in seinen Bauch eingefangen. Mit dem Wehgeschrei zusammengezuckt, erlitt er schon die nächste Schmerzwelle. Einer der Glatzköpfe hatte ihm einen Tritt mit dem Knie ins Gesicht verpaßt, woraufhin der Junge mit blutender Nase zu Boden sank.
Die Skins setzten den Jungen aufrecht auf seine Knien. Der eine der beiden umklammerte den Jungen, wobei er mit einem Arm den Hals des Jungen umfaßte, mit der anderen Hand an den Haaren zog. Der zweite Kahlkopf holte nun ein Klappmesser aus seiner Tasche und machte sich fertig, das Opfer gründlichst zu "rasieren". Er hatte die linke Hälfte des Schnauzers bereits qualvoll weggekrazt, als der Junge in unüberhörbare Schmerzensschreie aufging. Völlig demoliert versuchte er, seine letzten Kräfte dahingehend einzusetzen, aus der Schlinge herauszukommen. Durch das ständige Gewackel öffnete sich allmählich der Reißverschluß seiner Jacke und ein kleines, dünnes dunkelrotes Büchlein blickte hervor. Aber natürlich, das war doch -
Meine Vermutung bestätigte sich, nachdem die Glatzköpfe das Büchlein entdeckt hatten.
"Mensch, Christoph, der hat ja 'nen Deutschen Paß!" Verwundert ließ der Glatzkopf nun locker und der Junge fiel regungslos zu Boden. "He Mann, gut, daß wir das noch rechtzeitig gemerkt haben, nicht wahr?" entgegnete er.
Die Glatzköpfe richteten den Jungen wieder auf und zogen seine Jacke straff. "He, Mann, ´tschuldige, aber hättest Du uns das gleich am Anfang gesagt..." Christoph bemerkte die Goldkette, die verdreckt vor seinen Füßen lag. Er hob sie auf und drückte sie dem Jungen in die Hand. "Na dann, nichts für ungut, gell! Und halt die Ohren steif!"
Mit diesen Worten waren die beiden Kahlköpfe vom Tatort verschwunden, anbei den Jungen blutüberströmt zurückgelassen, der bereits erneut umgefallen war.
"´Nichts für ungut!´" dachte ich. "Nichts für ungut! Davon kann er sich jetzt wenig kaufen, du Arschloch!" Ich schlürfte wieder an meinem Kaffee, der inzwischen vollends abgekühlt war.

 

Hi Serkan!
Lässt sich der braune Abschaum davon aufhalten, wenn
man einen Deutschen Pass hat? Ich denke, denen reicht es, wenn man bloß ausländisch aussieht.
Das Verhalten der Zuschauer in deiner Geschichte ist aber typisch.
Und jeder muss sich fragen: Was würde ich in dieser Situation machen?

 

Hallo Hendek,

die Wirkung dieses Textes beruht nach meiner Ansicht auf drei Elementen, die in krassem Gegensatz zueinander stehen und miteinander kontrastieren. Zunächst ist da einmal die banale Situation, man sitzt im Café und denkt an nichts Besonderes, man ist gleichgültig entspannt und auch nicht bereit oder fähig, sich aus dieser Ruhe herausreißen zu lassen. Das ist die psychische Ausgangssituation des Betrachters, der - auf katastrophal natürliche Art - gelassen und unbewegt bleibt.
Dann kommt die Schilderung der Grausamkeit. Sie geschieht mit der nötigen realistischen Genauigkeit, so dass man als Leser Gelegenheit findet, den ganzen Ekel nachzufühlen, der bei einer solchen Szene in einem aufkommen muss, wenn ein letzter Rest von Verantwortungsbewusstsein und kollektiv empfindendem Gewissen in einem lebt. Das Schlimmste dabei ist, dass es sich bei solchen Szenen nie um einen fairen Kampf handelt. Der Unterlegene hat nie eine Chance, es ist kein Kräftemessen unter sportlichen Gegnern, sondern nur sadistisches Quälen des Wehrlosen.
Das dritte Element, und das ist nach meiner Meinung am stärksten, ist der bürgerlich gemütliche Gesprächston, den die Banditen annehmen, nachdem der deutsche Pass sichtbar geworden ist. "He Mann, ...Na nichts für ungut, ... halt die Ohren steif..." Dieselbe verlogene Tonart der biederen Gemütlichkeit einer rassistisch ausgerichteten Gemeinschaft verrät sich in der Geste, den gemarterten und geschundenen Jungen wieder aufzurichten, also ihm Halt zu geben, da wo ärztliche Hilfe und polizeiliches Einschreiten nötig gewesen wären.
Diese drei Elemente verleihen der Geschichte ihre unvergleichlich sprengstoffartige Wirkung.

Mit Dank und Anerkennung für diesen Text!

Hans Werner

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo an alle,

freut mich, dass meine Intention mit allem drum und dran bei euch Lesern angekommen ist.

Besonders Ihnen, Hans Werner, möchte ich noch einmal danken, dass sie sich wieder mal die Zeit für eine ausführliche Meinungskundgebung genommen haben und möchte natürlich auch Anna nicht zu kurz kommen lassen. ;)

Ich habe in der Tat nichts hinzuzufügen, denn es wurde alles in den Kritiken schon mitgeteilt (unter anderem auch damals von Morphin).
Lediglich, vielleicht doch etwas,

@Anna:

Ich habe den "Helden" doch nicht ganz so passiv charakterisieren wollen, deshalb auch die Stellungnahme zum Schluss.
Denn so ganz unberührt von der ganzen Situation sollte er nicht sein, schließlich beobachtet er ja alles ziemlich genau und schildert die Sitution ausführlich.

 

Oh! Eine Skin-Geschichte mit Happy End! :(

Darf ich auch mal was dazu bemerken? Die meisten Menschen mit kahlrasiertem Kopf sind KEINE Nazis! Früher war dies sogar ein Zeichen des Protestes gegen das Establishment, genau so wie lange Haare zur Hippie-Zeit. Keine Ahnung, warum ein kahlrasierter Kopf so zum "Markenzeichen" geworden ist... :confused:

Davon abgesehen: Glaubst du echt, dass sich solche Ärsche bei einem entschuldigen, weil er einen deutschen Pass hat?!? Ich habe noch nie gehört, dass sich Neo-Nazis zu einem ausländisch aussehenden Menschen hingesellt hätten und gefragt: "Entschuldigung, haben Sie einen gültigen deutschen Pass? In diesem Falle werden wir Sie nämlich nicht umbringen!"

Weiß schon, die Story ist gut gemeint und wir alle hier sind von diesen Neo-Nazis angewidert. Aber ich finde es schon merkwürdig wenn du sie als "sozial minderwertig" bezeichnest - korrigier mich, falls ich mich irre, aber sind das nicht Phrasen, die genau von solchen Elementen gerne benützt werden?!? :mad:

 

Hallo Rainer,

eigentlich befinde ich mich offiziell ja im Urlaub, werde aber trotzdem mal rechtzeitig auf deinen Beitrag antworten:

Also, ich glaube nicht, dass ich die Leser daran erinnern muss, dass es sich hierbei um eine Satire handelt. Insofern ist nicht alles wörtlich zu nehmen in der Geschichte.

Geht man aber auf die einzelnen Punkte ein, sollte ich vielleicht folgendes erwähnen:

Die meisten Menschen mit kahlrasiertem Kopf sind KEINE Nazis!

Der Ausdruck Kahlkopf war auch keineswegs verallgemeinernd gemeint; ich wollte lediglich Wortwiederholungen vermeiden.
Vielleicht hätte ich doch zuerst das Wort Skin verwenden sollen und anschliessend Glatzkopf.
Nun ja, was geschehen ist, ist geschehen.

Glaubst du echt, dass sich solche Ärsche bei einem entschuldigen, weil er einen deutschen Pass hat?!?

Eben weil ich an so etwas nicht glaube, wollte ich es hierbei zum Ausdruck bringen.
Nebenbei bemerkt, diese Geschichte ist während den Streitgesprächen um den Doppelpass im allgemeinen und die Integration der ausländischen Mitbürger im besonderen entstanden und war eigentlich als Meinungsäusserung dazu gedacht.
Aber man kann ja nicht von jedem Leser erwarten, gesellschaftliche Hintergründe richtig zu deuten und einzuordnen. :rolleyes:

Weiß schon, die Story ist gut gemeint und wir alle hier sind von diesen Neo-Nazis angewidert. Aber ich finde es schon merkwürdig wenn du sie als "sozial minderwertig" bezeichnest - korrigier mich, falls ich mich irre, aber sind das nicht Phrasen, die genau von solchen Elementen gerne benützt werden?!?

Schade eigentlich, dass man immer wieder darauf hinweisen muss, dass der Autor ausdrücklich einen Protagonisten verwendet, der auch von einem Vokabular Gebrauch macht, das seinem Verhaltensmuster entspricht; keineswegs aber mit den realen Gedanken des Verfassers kongruent sein muss. ;)


Grüsse, Hendek

 

"Sozial minderwertig" sagt nicht der Protagonist, sondern der Erzähler.

Ich setze bei einer Geschichte mit einem solch schwerwiegenden Thema andere Maßstäbe, als bei einer die offenkundig satirisch oder witzig gemeint ist.

Aber ich versteh schon was du meinst und die Geschichte ist auch in Ordnung, wie ich meine. Es waren halt nur diese Kleinigkeiten, die mich störten.

Schönen Urlaub noch!

 

Hey Hendek, ich finde diese Geschichte besser als die andere, die ich eben gelesen habe, ich habe den Titel leider wieder vergessen (bei 60 Geschichten am Tag kein Wunder). Mit dem Rest (auch von Rainer) stimme ich allerdings überein.
Ich möchte sagen, dass die Geschichten von Dir recht schlicht gehalten sind, und auch deswegen irgendwie ansprechen. Direktes Thema, irgendwie.

 

Hi Hendek,

deine Satire hat mir ganz gut gefallen. Gerade die Sache mit dem deutschen Pass. Satire lebt ja von überzogenen Darstellungen.
Also mE :thumbsup:

Gruß,Pan

 

Hallo Hendek,

was hat diese geschichte auf seite 5 zu suchen?
Ich habe sie gerne ausgegraben!


Super gemacht! Toll!

Ich dache immer die kann vielleicht im Alltag stehen, bis natürlich, tja leider ist es eine…
„die pointe“ zum vorschein kam.

Das war echt saugut.

Gut geschrieben, ich brauchte nichts nachlesen, las sich so weg?
Tja, und dann mein überraschtes Verzücken, (weiss nicht ob richtiger ausdruck?)

Und dann wurde es zu einer richtig guten Satire, überraschend kurz und „schmerzlos“
Zack! Mit einem Satz hast du sämtliche dumpfen Skinhead-Gedanken entlarvt.

Daumen ganz weit nach oben!

(Ich denke mal auf den ganzen Seiten hier sind noch n paar Edelsteine zu finden)

Volltreffer Hendek, super!

 

Hallo Hendek,

leider sind Skinheads nicht so menschlich, wie Du es beschreibst. Auch Schwarze mit deutschen Pass werden zu Opfern. Aber ich glaube, daß es darum nicht geht. Ich empfinde die Satire als Aufruf und ich denke wir sollten darüber nachdenken.

Es ist auch ganz schön grausam, aber das ist gleichzeitig die Realität.

Saskia

 

Hallo Archetyp,

ich habe mich bisweilen eigentlich selbst gefragt, wie diese Geschichte bloß auf Seite 5 gerutscht sein könnte...
Aber mal im Ernst, danke für den Beitrag; obwohl sich deine Antwort fast auch schon wie eine Satire anhört ;)... freue mich aber natürlich, dass die Geschichte Anklang gefunden hat! :bounce:


Hallo Ziska25,

auch dir erst mal danke fürs Lesen und Kommentieren!

Die Skinheads sind in der Tat nicht menschlich, so werden sie ja auch nicht charakterisiert... immerhin haben sie ihr Ego ja im Endeffekt befriedigt...

Auch Schwarze mit deutschen Pass werden zu Opfern. Aber ich glaube, daß es darum nicht geht.
Ich will da zwar nichts abstreiten, aber das Opfer in dieser Geschichte ist trotzdem kein Schwarzer... ;)
Aber in weitgehender Hinsicht hast du natürlich recht. Es geht nicht nur darum.

Es entspricht ebenfalls zu meiner äußersten Zufriedenheit, wenn eine Geschichte einen Denkanstoß zu geben vermag.


Gruß, Hendek

 

Hallo Hendek

Die Skins verschonen den Ausländer, weil er einen deutschen Pass hat. Das ist natürlich unrealistisch. Ich vermute, so war es auch von dir beabsichtigt vor dem Hintergrund der Doppelpassdiskussion.

Wenn ich diese Annahme voraussetze, könnte deine Intention folgende gewesen sein: Es ist unsinnig, einen Menschen danach zu beurteilen, welchen Pass er hat. Was zählt, sind die Eigenschaften des Menschen an sich. Diesen Unsinn wolltest du durch das unrealistische Verhalten der Skins darstellen.

Nicht klar ist mir allerdings die Rolle des Zuschauers, der auf der Straße seinen Kaffee schlürft. Er rührt keinen Finger um dem Verfolgten zu helfen, sagt aber zum Schluss:

"´Nichts für ungut!´" dachte ich. "Nichts für ungut! Davon kann er sich jetzt wenig kaufen, du Arschloch!" Ich schlürfte wieder an meinem Kaffee, der inzwischen vollends abgekühlt war.
Es schiene ja besser zu passen, wenn er dem Armen nun helfen würde, weil dieser einen deutschen Pass hat. Oder er sagt sich, der Pass ist egal, Ausländer bleibt Ausländer - also ich hätte mir gewünscht, dass irgendjemand, Erzähler oder Autor, mal einen Standpunkt bezieht.

Zum Abschluss kann ich dir versichern, ich behandele deine Texte keinesfalls oberflächlich, ich lese jeden Text mehrmals, bevor ich eine Kritik schreibe. Allerdings habe ich oft Probleme deine Intention nachzuvollziehen.
Du sagst zwar, du schreibst nur für einen begrenzten Kreis, aber für dich kann es ja auch nicht befriedigend sein, wenn viele deine Intention nicht oder falsch verstehen.
Ich hatte den Eindruck, vielen wäre die Stelle mit dem Pass nicht klar geworden.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quasimodo666,

weißt du eigentlich, daß du ein richtig guter Wortverdreher bist? ;)

Die Skins verschonen den Ausländer, weil er einen deutschen Pass hat. Das ist natürlich unrealistisch. Ich vermute, so war es auch von dir beabsichtigt vor dem Hintergrund der Doppelpassdiskussion.
Nicht ganz, aber teils erheblich kommt es schon hin, ja.
Was - in Bezug dazu - deine Prämisse betrifft; diesen Unsinn wollte ich nicht darstellen...

[...] - also ich hätte mir gewünscht, dass irgendjemand, Erzähler oder Autor, mal einen Standpunkt bezieht.
Hm, seltsam, dieser Wusnch widerspricht genau dem von Anna, die, unter Annahme der Existenz des von dir Angestrebten, genau das Gegenteil lesen wollte... ( was für eine hohle Satzkonstruktion :rolleyes: )

Übrigens, in dem Rahmen versuche ich demnächst eine Überarbeitung der Geschichte, unter Berücksichtigung der von Anna angeratenen Gesichtspunkte.

Du sagst zwar, du schreibst nur für einen begrenzten Kreis, [...]
Ich habe niemals behauptet, wissentlich und wollentlich eine kleine Lesegruppe anzustreben.
Ich wies lediglich darauf hin, daß ich bei meinen Texten es für weniger als möglich, aber für mehr als überwiegend wahrscheinlich halte, (nur) eine kleine Interessentengruppe zu erreichen und daß dieser Umstand mich bei meiner Themenauswahl nicht erheblich zu beinflussen vermag.
Ich hatte den Eindruck, vielen wäre die Stelle mit dem Pass nicht klar geworden.
Den Eindruck hatte ich ab und an auch, doch Morphin und Ben Jockisch haben es ja im Prinzip schon auf den Punkt gebracht, die Intention der Geschichte...


Gruß, Hendek

 

Hey Hendek

Wollte mal eine deiner Stories auseinander nehmen. Beim "deutschen Pass" erschien es mir unangebracht, vieles war schon gesagt worden.
Nun zu diesem Werk.

Mir hat es unter dem Gesichtspunkt der Doppelpassdiskussion ganz gut gefallen, wenngleich mir dieser Aspekt etwas schwach erschien. Liegt vermutlich daran, dass deine Intention erst anders rüber kommt. Ohne den Doppelpas im Hinterkopf hätte ich darauf geschlossen, dass du Skinheads ein solches Verhalten unterstellen würdest. Dem ist natürlich nicht so.
Um stärker darauf hinzuweisen könntest du den, wie Stefan schon sagte, eher nutzlos erscheinenden Protagonisten vorher eine Art "Einleitung" in der Zeitung lesen lassen. Das wäre ein Weg, der mir in dem Zusammenhang in den Kopf schießt, aber es gibt mit Sicherheit noch viele andere, um deine Intention zu unterstreichen.

Ein weiteres Mal stimme ich Stefan zu, wenn es um das Ende geht. Den Vorschlag, den Protagonisten zu dem "Deutschen" zu schicken, um diesem zu helfen, halte ich für eine klasse Idee. Dein bisheriges Ende schwächt die eigentliche Aussage. Es wirkt real gesellschaftskritisch und klingt, als ob du den Moralapostel raushängen lassen wolltest. Das der Protagonist sich nicht weiter darum kümmert deutet man dann auch als Gesellschaftskritik, denn die Leute haben an solchen Vorkommnissen ja kein Interesse (was ja leider meist stimmt). Mit der Idee "Ich helfe dem Mann jetzt, weil er ja ein Deutscher ist" würdest du die satirische linie, die du bisher verfolgtest sehr gut fortsetzen.

Nun ein paar stlistische Sachen, die mir aufgefallen sind.


Spät hatte ich auch registriert, daß der junge Mann vermutlich auf der Flucht vor den zwei Glatzköpfen sein mußte, die jetzt ebenfalls am Naturkostladen vorbeizischten.

"jetzt ebenfalls" impliziert, dass der Protagonist den Jungen schon vorher beobachtet haben muss, wie er am Naturkostladen vorbei lief. Das widerspricht sich mit der Annahme, dass dieser Satz das Erste ist, was der Protagonist registriert. Hat mich etwas verwirrt, obwohl mir klar ist, was du sagen willst.

Als meine Augen den schwarzhaarigen Mann erneut erfaßten, war er über eine umgefallene Blechtonne gestolpert und bereits zu Boden gesunken.

An der Stelle habe ich gelacht. Umgefallene Mülltonnen in der Fußgängerzone? Wirkt auf mich fast wie ein Oxymoron. Da gibts doch Bessere. Wie wärs denn mit einer Hundeleine? Und die Betroffene verzieht sich ganz schnell angesichts der herannahenden Ereignisse.

Bei dem Anblick dieser sozial minderwertigen Schicht der Bevölkerung zuckten sie zusammen und verschwanden sofort wieder in ihren Läden.

Diese Stelle gefällt mir nicht. "sozialminderwertig" st wieder die gesellschaftskritische Schiene, die das Ganze wieder wie eine Moralfunktion aussehen lässt.
Das "zusammenzucken" macht, so wie es dort steht, den Eindruck, als würde alle gemeinsam zusammenzucken, uU würde ich daher umstellen.

Sie richteten den Jungen auf und gaben lauthals rassistische Äußerungen von sich.

"rassistische" ... ist hier doppelt gemoppelt. Da sind Skins und ein scheinbarer Ausländer. Was werden die Nazis ihm wohl an den Kopf werfen? Bestimmt nicht die Gemüsepreise bei ALDI

Insgesamt ist mir in der Prügelszene aufgefallen, dass du oft mit Artikeln anfängst, was mE etwas ungeschickt wirkt. Schaus dir einfach nochmal an.

So, das war´s erstmal von mir. Muss sagen, dass es mir Spaß gemacht hat zu lesen, da ich ja gerne kurze Kurzgeschichten lese (die meinen überstrecken den Rahmen dieser Geschichte meist nicht). Die Intention gefällt mir ganz gut, wenngleich, wie oben erähnt, einige stilistische Probleme für mich auftraten.
Leider musste ich feststellen, dass du viele Satiren über diese oder ähnliche Thematiken mit Ausländern schriebst. Hat das einen besonderen Grund?

Nun denn. Vielleicht melde ich mich ja nochmal. Ich hoffe, du kannst mit meinen Vorschlägen ein wenig etwas anfangen um, wenn du Interesse hast, an deiner Geschichte zu arbeiten.

Liebe Grüße
Frederik

Hab das letzte Posting nicht sorgfältig genug gelesen. Tut mir leid, wenn sich da etwas überschneidet.

 

Hi Frederik und Hendek

Ein weiteres Mal stimme ich Stefan zu, wenn es um das Ende geht. Den Vorschlag, den Protagonisten zu dem "Deutschen" zu schicken, um diesem zu helfen, halte ich für eine klasse Idee. Dein bisheriges Ende schwächt die eigentliche Aussage. Es wirkt real gesellschaftskritisch und klingt, als ob du den Moralapostel raushängen lassen wolltest.
Ich kann auch nicht anders, als mir zustimmen. Vielleicht könnte man die Story mit folgender Variante tragbar machen: Der Pass fällt aus der Tasche, die Skins prügeln weiter - aber die zusehenden Deutschen, bis jetzt unentschlossen, entdecken auf einmal ihren Mut und eilen ihm zu Hilfe. Weil er ja deutsch ist - haben die Zuschauer doch unklängst für den Doppelpass gestimmt.
Die bisherige Variante - Skins sehen deutschen Pass und hören auf - scheint mir nicht tragbar. Die Motivation ist zu dünn.

mfg

Stefan

 

Hey Frederik

Niemand nimmt ungestraft die Geschichten von Hendek auseinander! Niemand! Nun denn, du wolltest es nicht anders... Have at you! ;)

Ich habe mir deine Anregungen verhältnismäßig lange und ruhig durch den Kopf gehen lassen, wobei sich einige meiner jetzigen Gedanken über den Text mit den deinen (deinigen?) überschneiden. Andere von dir angeführte Gesichtspunkte erscheinen mir wiederum selbst nach mehrmaligem Abwägen fehlinterpretiert und „stilabweichend“.

Vorneweg einmal potentielle stilistische Mängel:

"jetzt ebenfalls" impliziert [...] Hat mich etwas verwirrt, obwohl mir klar ist, was du sagen willst.
Man darf die Sätze eben nicht aus dem Kontext reißen... Sogar nach reiflicher Überlegung wirkt der Satz auf mich keineswegs verwirrend. „jetzt ebenfalls“ impliziert mE nur, dass er ihn gesehen hat, dass er ihn beobachtet haben könnte, ist eine ganz andere Frage.
Aber man ist ja schließlich nicht spießig; falls du irgendwelche Umformulierungsvorschläge zu bieten hast, nehme ich sie gerne entgegen.

Umgefallene Mülltonnen in der Fußgängerzone? Wirkt auf mich fast wie ein Oxymoron. Da gibts doch Bessere. Wie wärs denn mit einer Hundeleine?
Hm, für mich sind umgefallene bzw. umgeworfene Blechtonnen in machen Gassen und/oder Gehwegen nichts Ungewöhnliches. Außerdem, woher weißt du denn, dass sich ´das Opfer´ noch bzw. überhaupt in der Fußgängerzone befindet?
Eine Hundeleine würde der Geschichte nur einen humoristischen Hauch verleihen, was ich bezüglich meiner Intention und des Handlungszusammenhangs für fehldeutend halte, deshalb :dagegen:.
Aber vielleicht nehme ich in der Überarbeitung statt der Blechtonne herumliegende Kisten von anderen Läden...

Diese Stelle gefällt mir nicht. "sozialminderwertig" st wieder die gesellschaftskritische Schiene, die das Ganze wieder wie eine Moralfunktion aussehen lässt.
Stimme ich dir ohne Einwände zu, wobei wir diesbezüglich wieder bei Annas Überarbeitungsvorschlägen angekommen wären, die ich zu berücksichtigen schon zugestimmt habe.

"rassistische" ... ist hier doppelt gemoppelt. [...] Was werden die Nazis ihm wohl an den Kopf werfen? Bestimmt nicht die Gemüsepreise bei ALDI
Hm, für mich ist das lediglich eine Gewohnheitsformulierung, also eine Formulierungsart, die in ihrer Selbstverständlichkeit nur bekräftigt wird.
Das ist genauso, wie wenn jemand schreibt oder sagt „Die Sonne scheint hell im Firmament“; nun, es ist die Sonne, wie soll sie sonst scheinen, außer hell?
Oder ein abstrakteres Beispiel: wenn du morgens aufstehst und im Flur deinen Eltern begegnest, die dich mit einem „Na, auch schon wach?“- Satz begrüßen... Vollkommen überflüssig, natürlich bist du wach, sonst wärst du ja nicht aufgestanden, nicht wahr? ;)

Last but not least

Leider musste ich feststellen, dass du viele Satiren über diese oder ähnliche Thematiken mit Ausländern schriebst.
Leider? Ist dieser Umstand so bedauerlich für dich?


Jetzt aber zum Inhalt. Du schreibst, dir gefiele meine Intention hinsichtlich der Doppelpassfrage. In Bezugnahme einer solchen Äußerung würde ich aber gerne mit deinen Worten erfahren, wie du den Text verstanden hast bzw. was er dir aussagt und warum bzw. was dir genau daran gefallen hat.
Es sei offenbar noch anzumerken, dass die Geschichte als eine Spontanreaktion auf die Parolen „´Ja´ zur Integration, ´Nein´ zum Doppelpass“ entstanden ist und nichts weiter als das ausdrücken wollte, was im Prinzip schon von einigen Lesern erfasst wurde.
Ich werde diese Geschichte innerhalb der Bearbeitung schon deshalb in dem bereits vorhandenen inhaltlichen Rahmen und Personenkreis belassen, weil sie – ohne arrogant wirken zu wollen -meiner Intention vollauf genügt. Alles weitere, wie das potentielle Hinzuziehen anderer Schaulustigen oder Personen, die dem Opfer plötzlich helfen wollen, schaden mE nur der Schlichtheit des Textes und ziehen ihn unnötig in die Länge.
Die Geschichte ist mittlerweile über zwei Jahre alt; zugegeben, heute würde ich ähnlich Texte mit Sicherheit anders schreiben.
Ich habe so viele Ideen über den „deutschen Pass“ im Kopf, dass, bei möglichem Zustandekommen aller Geschichten, sogar meine Stammleser und –Kritiker im Endeffekt Reißaus nähmen. :drool:

Nichtsdestotrotz bedanke ich mich bei dir für deine ausführliche Kritik und behalte es mir vor, in der Überarbeitung kaum bzw. gar nicht berücksichtigte Anregungen in einem anderen Kontext zu gebrauchen.


@Quasimodo666:

Die bisherige Variante - Skins sehen deutschen Pass und hören auf - scheint mir nicht tragbar. Die Motivation ist zu dünn.
Die Frage habe ich Ben Jocksich schon beantwortet.
Vergiss darüber hinaus niemals, in welcher Rubrik du dich gerade befindest...:shy:


Gruß, Hendek

 

Leider musste ich feststellen, dass du viele Satiren über diese oder ähnliche Thematiken mit Ausländern schriebst. Hat das einen besonderen Grund?

Leider? Nein, gut und wichtig! Aber wir können gerne drüber streiten...
Und besonders wegen der Qualität von Hendeks Geschichten gut und wichtig.

Nichts für ungut...

 

Sogar nach reiflicher Überlegung wirkt der Satz auf mich keineswegs verwirrend.

Mag sein, für mich schon. Ob du was nänderst ist natürlich deine Sache

Hm, für mich sind umgefallene bzw. umgeworfene Blechtonnen in machen Gassen und/oder Gehwegen nichts Ungewöhnliches. Außerdem, woher weißt du denn, dass sich ´das Opfer´ noch bzw. überhaupt in der Fußgängerzone befindet?

In manchen Gassen ja. Aber mit einer Fußgängerzone verbinde ich keinstenfalls umgekippte Mülltonnen, nein (Was natürlich nicht heißt, dass es generell keine gibt. Nur hängt die Verbindung zumindest für mich an einem dünnen Faden)

Dass es sich um eine Fußgängerzone handelt ist dringends anzunehmen, da du schreibst

Meine Tasse Kaffee genießend blickte ich in die Fußgängerzone hinein.

Dein Protagonist sitzt also in der Fußgängerzone und bewegt sich nicht. Sicher, er kann auch am Rande der Zone sitzen. Alles Möglic, alles möglich. Aber der Eindruck der entsteht ist nunmal ein anderer und darauf kommt es an.
Die Hundeleine war außerdem nur ein Beispiel. Ich persönlich übernehme äußerst ungerne bis grundsätzlich keine solche direkten Vorschläge.

Das ist genauso, wie wenn jemand schreibt oder sagt „Die Sonne scheint hell im Firmament“; nun, es ist die Sonne, wie soll sie sonst scheinen, außer hell?

Da stimme ich dir nicht zu. Die Sonne kann z.B. auch "grell" scheinen. Eine Steigerung von "hell" mit einem negativen Zusatz. Es macht also schon einen Unterschied. ME würde es vollkommen reichen, wenn du beschreibst, wie sie den Mann beschimpfen. "rassistisch" klingt für mich ungeschickt, aus dem genannten Grund.


Ich werde diese Geschichte innerhalb der Bearbeitung schon deshalb in dem bereits vorhandenen inhaltlichen Rahmen und Personenkreis belassen, weil sie – ohne arrogant wirken zu wollen -meiner Intention vollauf genügt. Alles weitere, wie das potentielle Hinzuziehen anderer Schaulustigen oder Personen, die dem Opfer plötzlich helfen wollen, schaden mE nur der Schlichtheit des Textes und ziehen ihn unnötig in die Länge.

Hätte ich das vorher gewusst hätte ich mir die Arbeit nicht gemacht Naja...nächstes Mal frag ich vorher nach.

Alelrdings denke ich, dass man immer an einer Geschichte feilen kann. Besonders wenn einem die Geschichte bereits "genügt" so vernachlässigt man oft Perspektiven und hat nicht genügend Abstand. Aber gut, du musst es selber wissen.

@Zaza

Ich für meinen Teil finde es schade, sich auf einen Bereich zu fixieren und empfinde es bei diesen Geschichte so. Ich denke, dass es einen in der Flexibiltät und der Lernfähigkeit beim Schreiben einschränk. Daher bedauere ich es. Mich persönlcih würde es auch langweilen, aber ich sehe, das dies bei vielen Leuten ein anderer Fall ist.
Darüber streiten möchte ich eigeentlich nicht und besonders nicht in diesem Forum. Aber wenn du LUst hast kannst du mich gerne beim nächsten Chat zur Sau machen. Ich kenn das ja schon

Viele liebe Grüße
Frederik

...achja....nichts für ungut

 

Da meine andere Antwort den Tücken der Technik zum Opfer fiel, hier nun ein Substitut...


Hätte ich das vorher gewusst hätte ich mir die Arbeit nicht gemacht:rolleyes: Naja...nächstes Mal frag ich vorher nach.
Wie darf ich das verstehen? :rolleyes:
Man muss eben bei jeder Kritik davon ausgehen, dass sie stets unverbindlich ist und nicht immer eingehalten werden muss bzw. kann.
Man kann schließlich nicht alles berücksichtigen...

Alelrdings denke ich, dass man immer an einer Geschichte feilen kann. Besonders wenn einem die Geschichte bereits "genügt" so vernachlässigt man oft Perspektiven und hat nicht genügend Abstand.
In Bezug auf das "Feilen an einer Geschichte" stimme ich dir unproblematisch zu.
Nur kann man nicht immer erwarten, grundlegende Veränderungen an der sog. Pointe vorzunehmen.
Ich bin aber nicht von der Anwendung jener Vorschgläge abgeneigt, die sich innerhalb der bereits vorhandenen Personengruppe bewegen.


Folgendes

Ich für meinen Teil finde es schade, sich auf einen Bereich zu fixieren und empfinde es bei diesen Geschichte so.
wurde zwar an Zaza adressiert, da es aber meinen Thread betrifft, kann ich mir wohl eine Stellungnahme dazu erlauben: nur ein Bereich?
Ich für meinen Teil kann nicht behaupten, dass ich nur auf einen Bereich fixiert bin. Die von mir instrumentalisierte Personengruppe gehört nunmal in unser Leben mit hinein und prägt folglich ebenso unseren Alltag, Humor und vor allem unsere Gesellschaft mit.

Ich denke, dass es einen in der Flexibiltät und der Lernfähigkeit beim Schreiben einschränk.
Entschuldige, aber das halte ich für ausgemachten Blödsinn und unüberlegt dahergeschrieben.

@Zaza [...] Aber wenn du LUst hast kannst du mich gerne beim nächsten Chat zur Sau machen. Ich kenn das ja schon
Ähm...was hat das jetzt mit der Geschichte zu tun? :shy:


Ebenfalls nichts für ungut!

 

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