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Neil und der Dritte

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08.11.2001
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Neil und der Dritte

Neil und der Dritte

Er ist siebzehn. Nicht älter, als achtzehn.
Neil nickt befriedigt. Heute ist es leicht. Es ist Freitag abend. Da sind sie alle unterwegs. Und die Jüngeren gehen früher heim. Und dieser hier geht allein. Das macht es fast schon zu leicht. Deshalb hat er eine feste Regel. Neil nimmt niemals den Ersten. Immer wartet er bis zu Dritten.
Nie sind sie zufällig ausgewählt. Sie sind jung. Das sind sie immer, wenn Neil sie auswählt. Er hat Ansprüche. Jetzt im Winter ist es schwer für ihn geworden. Sie sind seltener draußen. Aber es ist möglich. Denn Neil ist gut. Neil findet immer den Dritten.
Dieser hier ist beinahe zu jung. Aber er wird die Anforderungen erfüllen. Neil lässt den Wagen an. Folgt Nummer Drei. Um einige Ecken, die kalten Straßen hinunter. Immer genügend Abstand, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Es ist nicht gut, wenn sie vorher zu sehr in Panik geraten. Neil spürt seinen Blutdruck steigen. Es ist nur ein weiteres Mal, aber jedes Mal ist es einzigartig.
Jetzt lässt er den Wagen näher heranrollen. Der Junge wartet an einer Ampel. Tritt von einem Fuß auf den anderen. Neil fährt an ihm vorbei, biegt ab, stellt den Wagen ab. Dort, wo er gleich vorbeikommen muss. Dann wartet er. Der Junge kommt, geht vorüber. Dabei kramt er in seiner Tasche, zieht ein Taschentuch heraus.
"He, Moment. Du hast etwas fallen lassen!" Der Junge dreht sich um, atmet das Gas ein, das Neil versprüht.

Neil legt einen flachen Kiesel auf die Stelle. Einen weiteren. Mit dem Daumen kratzt er dann unter dem Zeigefinger der anderen Hand die letzten Erdspuren hervor. Ein weiterer. Morgen wird er wieder den Dritten suchen. Ihm das Gas entgegensprühen. Dann legt er ihn in den Wagen. Bringt ihn hier heraus.
Die Schnitte sind zuerst nur an der Oberfläche. Solange, bis er eine ruhige Hand bekommen hat. Er will nicht zu schnell vorgehen. Will es auskosten. Jedes Mal. Dann schneidet er tiefer. Immer noch eine Schicht tiefer hinein. Die Teile vergräbt er. Immer an derselben Stelle. Jedes Mal nur ein wenig näher an den Fluss heran. Er schätzt die Entfernung ab. Noch ist Platz für fast ein Dutzend. Dann wird er von vorn beginnen. Er wird eine neue Reihe anlegen. Wieder graben und einen Kiesel darauflegen.
Die blutigen Hände wäscht er dann wieder im Fluss, bevor er zum Auto zurückkehrt. Sie sind alle etwas Besonderes. Und jeder von ihnen bekommt seinen Platz. Und seinen Kieselstein.
Diese flachen Steine, die übers Wasser springen können, so wie Papa es ihm gezeigt hat. Jedes Mal, wenn sie hier am Fluss waren. Jedes Mal, bevor er...

[ 22.04.2002, 13:58: Beitrag editiert von: arc en ciel ]

 

hi Instin(c)t!
ich hab das mit den Detail eben extra deshalb ausgelassen, damit Du es Dir auch vorstellen MUSST!
ich stehe da nicht so auf "platt Vorgesetztes" ...obwohl ja zB Steven King das immer mal wieder macht, und es mir dann eiskalt den Rücken runterläuft...
Bei diesem Text hätte ich aber wohl sonst Jack the Ripper / oder Jack the Raper draus gemacht... und ich wollte ja gerade dazu anregen, daß man selbst ein wenig darüber nachdenkt, was der gute Neil mit den Jungs eigentlich vor dem Verscharren anfängt und warum.
Den puren Horror überlasse ich wohl denen, die es können!

Lieben Gruß,
Frauke

 

hi!
ein für Dich doch eher kurzer Text! aber er hat eine beeindruckend intensive Wirkung!
Ich finde, Du hast die Persönlichkeit des Psychopathen schon sehr gut ausgeleuchtet... Naja, hier wird man sicher nicht behaupten, daß Du mit Deinem Protagonisten identisch wärst.
:D :D :D

Grüßchen,
Mark

 

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