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28.11.2014
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Momente

Das kurze Hupen reißt Tom aus seinen Gedanken. Er hat die offen stehende Fahrertür vergessen, während er die beiden Tragetüten hinter den Vordersitzen des Transporters verstaut hat.
Seine Gedanken sind bei Anne. Er sucht nach Worten und Erklärungen, die es ihr erleichtern sollen. Sie ist so zart, so empfindsam, so ahnungslos. Sie wird zusammenbrechen.

Anne wartet auf der langen roten Lederbank an der Wand. Hin und wieder bläht sich der braune Vorhang, der an einer halbrunden Stange hängt, und jemand tritt ein. Sie hat den Platz gegenüber der Tür gewählt, damit er sie gleich sehen kann.
Das Café ist nicht sehr voll. Am übernächsten Tisch sitzen zwei Mädchen. Sie sprechen leise miteinander, so als teilten sie sich etwas mit, was niemand hören soll. Die Kellnerin ist mit dem Rechner beschäftigt. Die Musik klingt verhalten, undeutlich, wie aus einem anderen Raum.
Anne schiebt die leere Tasse zur Seite. Sie schaut auf die Uhr. Zwanzig Minuten. Sie überlegt einen Moment, nimmt dann ihr Handy, wählt seine Nummer, horcht und steckt es wieder zurück. Sie will keine Mitteilung auf die Mailbox sprechen. Das Warten verstärkt ihre innere Unruhe. Was ist so wichtig, dass sie es jetzt besprechen müssen? Warum treffen sie sich nicht am Abend? Was ist überhaupt in letzter Zeit los? Sie haben sich seit drei Tagen nicht mehr gesehen.

Noch bevor der Vorhang sich teilt, spürt Anne den leichten Windzug. Tom bleibt kurz stehen, sieht sie, lächelt grüßend und kommt zum Tisch. Auch die beiden Mädchen werden aufmerksam, schauen ihn an.
Er sieht wirklich gut aus, denkt Anne. Und er versteht es, sich zu kleiden. Ihm stehen die schmalen Hosen, das eng geschnittene Jackett, das schwarze T-Shirt. Am Anfang ihrer Beziehung hat es sie erstaunt, wie sicher er seine Kleidung aussucht. Er hat ein Gespür für Qualität, Stil und Farben.

Tom setzt sich nicht, steht neben dem Tisch.
„Tut mir leid. War einfach nicht früher zu schaffen.“
Sie denkt, dass seine Haltung etwas Klassisches hat, wie bei antiken Statuen: Während das rechte Bein leicht angewinkelt ist, ruht sein Gewicht auf dem anderen. So steht er oft, auch, wenn er nackt ist. Seine unverstellte, fast naive Selbstverliebtheit amüsiert und verwirrt sie gleichzeitig.
Ihr fällt auf, dass er nicht in den Spiegel über der Bank schaut, ihn gar nicht zu sehen scheint.

Er blickt auf die leere Tasse. „Möchtest du noch etwas trinken?“
„Ja, gerne. Ich nehme eine Limo.“
Tom geht zur Kellnerin, die ihn nicht bemerkt hat, bestellt, kommt zurück und setzt sich ihr gegenüber.
Sein Blick wandert durch das Café.
„Ist alles in Ordnung?", fragt Anne.
Tom nickt, schaut zum Tresen, wo die Kellnerin mit ihren Getränken beschäftigt ist.

Was ist los mit ihm?
Ihre Augen versuchen, seinen Blick zu treffen. Er schaut immer noch zur Theke, von der jetzt die Kellnerin mit dem Tablett kommt.
Tom trinkt einen Schluck, sein Handy signalisiert eine SMS. Er reagiert nicht.
„Sag schon, was ist? Warum treffen wir uns jetzt und nicht heute Abend?“, fragt sie.
Er blickt auf das große Glas mit der Limo, dem Eis und der Zitronenmelisse.
„Brauchst du einen Strohhalm?“ Den hat die Kellnerin vergessen.
„Nein, danke. Das geht schon. Sag doch, was ist los?“
Er spielt mit seinem schmalen, geflochtenen Armband. Er liebt es, sie findet es überflüssig, irgendwie störend.
Anne ist, als forme er den Satz, bevor er ihn ausspricht.
„Es ist wegen Mark.“
Sie entspannt sich. Mark. Tom spielt hin und wieder mit ihm Squash. Das weiß sie. Meist, wenn er lange an einer Übersetzung gesessen hat und Abwechslung sucht.
„Was ist mit Mark?“
„Mark geht nach Hamburg.“
„Nach Hamburg. Wann? Warum?“
Er blickt auf die Cola, dreht das Armband einmal ums Gelenk. „Er hat einen Job gefunden.“ Tom sieht zu den Mädchen, erinnert sich an Annes Frage, schaut ihr ins Gesicht: „Schon morgen.“
„Ja? Hat es endlich geklappt?“
„Ja. … Ja. Jetzt hat es geklappt.“
Anne sieht Tom fragend an. „Ja und?“
Tom hebt seinen Kopf, sieht ihr in die Augen: „Anne, glaub mir, es fällt mir nicht leicht.“
Ihre Nervosität kommt zurück. Sie spürt seine Anspannung.
„Was ist nicht leicht für dich?“, wiederholt sie.
Er räuspert sich, nimmt einen Schluck Cola, stellt das Glas ab, betrachtet die Reste der Eiswürfel an der Oberfläche. Es muss sein.
Er holt Atem: „Ich werde mit ihm gehen.“
„Mit ihm gehen? Wie meinst du das?“ Sie sucht in seinem Gesicht nach einer Erklärung. „Du willst auch nach Hamburg? Wieso? Er ist Graphiker, du Übersetzer? Was wollt ihr dort machen?“
Er löst seinen Blick von der Cola, hebt seinen Kopf, schaut sie fest an.
„Glaub mir, es ist für mich nicht leicht. … Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Es tut mir leid. Immer wieder hab ich versucht, etwas zu sagen.“ Er macht eine Pause. „Es geht nicht anders“, bricht es aus ihm hervor. „Ich kann nicht anders. … Es tut mir leid.“
Sie sieht ihn bestürzt an. „Du kannst nicht anders?“
„Es tut mir so leid.“ Zum dritten Mal, denkt sie.
„Ich habe mich verliebt.“
„Verliebt? Du hast dich verliebt? In wen?“
„In Mark.“

Anne ist, als dehne sich die Zeit wie in einem Film, den man zu langsam laufen lässt. Sie fühlt sich als Zuschauer, kann nichts mehr denken, kann ihren Blick nicht von seinem Gesicht nehmen, sucht in seiner Miene nach dem Missverständnis.

Ihre Stimme ist jetzt leise, sehr rau, fragend und zweifelnd gleichzeitig: „Du hast dich in Mark verliebt?“
Er schaut sie an, neigt langsam den Kopf.

Es scheint still zu werden im Lokal. Anne sieht Tom, sieht den winzigen Fleck an seinem Kragen, sieht die Kellnerin am Tisch neben ihnen, sieht den Haken mit den Tageszeitungen, sieht den Vorhang, der sich nicht bauscht, sieht seine Hand, die immer noch mit dem Armband spielt, denkt an die letzten Wochen, denkt daran, dass es immer spät wurde, dass er immer müde war.

Sie schaut auf das Glas, in dem die grünen Blättchen schwimmen. Situationen der letzten Monate drängen sich in ihre Gedanken, lösen Entrüstung, Zorn und Schmerz aus, schnüren ihr die Kehle zu, machen sie unfähig zu sprechen.

Die Tränen kommen. Mit dem Handrücken versucht sie, die ersten abzuwischen, es kommen mehr, sie rinnen in kleinen, dünnen Rinnsalen über ihre Wangen, über ihre Nase, tropfen runter. Sie greift nach der grünen Serviette, die unter dem Limoglas liegt, trocknet ihr Gesicht, so gut es geht.

Toms Miene wird weich von Mitgefühl. Er will ihr etwas Tröstendes sagen, dass es nicht an ihr liege, dass er sie auch liebe, nur eben anders. Er setzt an, verwirft das, was er sagen will, schweigt, sieht sie nur an.
Immer wieder hat er dieses Gespräch aufgeschoben. So, wie er immer wieder versucht hat, seine Gefühle wegzuschieben. Sie ist die schönste Frau, mit der er jemals zusammen gewesen ist. Nichts stört ihn an ihr, alles ist perfekt: ihr überschlanker, samtiger Körper, ihre langen Beine, der kleine Busen, ihr anmutiger Hals, das fein geschnittene Gesicht, die dunklen Augen, das kurze braune Haar. Sie ist reine Ästhetik. Er liebt ihre Schönheit. Aber er begehrt sie nicht. Endgültig ist es ihm klar geworden, als er Mark getroffen hat.

Die Serviette ist nass und fasert aus. Sie hat wieder kein Taschentuch, denkt Tom und schiebt ihr eins hin. Sie ratscht es weg. Es fällt neben den Tisch.
„Bitte geh. Lass mich allein. Geh!“
Er weiß nicht, was er machen soll, wartet, sieht auf ihren gesenkten Kopf.
„Anne. Bitte!“
Er streckt seine Hand aus, um sie zu berühren, ihren Arm zu streicheln. Sie zieht ihn mit einer heftigen Bewegung zurück.
„Geh endlich! Geh!“
Die beiden Mädchen weiter rechts sehen irritiert zu ihnen herüber.
Unschlüssig steht er auf, zögert, legt unbeholfen Geld auf den Tisch und geht.
Eines der Mädchen tritt an Annes Tisch, setzt sich neben sie auf die rote Bank, legt den Arm um sie und gibt ihr ein Taschentuch. Anne lässt ihren Tränen freien Lauf, schluchzt laut und hemmungslos. Das Mädchen streichelt ihren Rücken.

Mark wartet an der U-Bahn-Station. Er hat den Umzugswagen vor seiner Wohnung zurückgelassen. Sie sehen sich an, gehen schweigend die Treppe hinab.

Die Bahn kommt, sie finden im stark besetzten Abteil zwei gegenüberliegende Plätze. Marks Miene ist ernst und abwartend.
Tom blickt auf den matt glänzenden grauen Boden, sieht die Papierschnitzel unter der Bank gegenüber, hört das ab- und anschwellende Surren der Bahn. Seine Gedanken wiederholen das Gespräch mit Anne, wiederholen das Gesagte, kommen nicht los von der Situation, in der er Anne zurückgelassen hat. Formulierungen, nach denen er gesucht hat, fallen ihm ein. Morgen wird er eine E-Mail schreiben und ihr noch einmal alles erklären. Sie ist klug und empfindsam. Mit der Zeit wird sie verstehen, warum er sie und sich nicht länger belügen will.
Er hebt den Kopf, Mark lächelt aufmunternd.

Es braucht Zeit, bis die Anspannung von Tom abfällt und er das Lächeln erwidert.

 
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Lieber christianheynk
ich danke dir für deinen Kommentar und freue mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Ja, bis auf den Ticken mehr. Und da verstehe ich dich sogar. Aber wenn du feirefix Komm und meine Antwort darauf liest, kannst du dir vielleicht denken, warum ich mich hier nicht weiter aus dem Fenster lehnen wollte. Ich wollte mich eben nicht auf die Ebene des Spekulativen begeben, was bei der Thematik leicht passieren kann. Dass die Situation das Potential dazu hat, ist klar. Aber das würde eine größere Kenntnis voraussetzen, als ich sie habe.
Liebe Grüße
barnhelm

Damit gehe ich ja indirekt auch auf deinen letzten Kommentar, lieber jobär ein. Nochmals danke dafür.


Liebe raven,
zu deinem großen Projekt ‚Roman’ wünsche ich dir gutes Gelingen. Sprachlich wirst du es ganz bestimmt packen, das zeigen nicht nur deine Kommentare, sondern auch deine hier eingestellten Geschichten. Inhaltlich würde mich interessieren, womit du dich bei deinem Roman beschäftigst.
Ich schätze mal grob, dass zwischen uns zwei Jahrzehnte liegen. Interessant finde ich die unterschiedlichen Erfahrungen, die wir verarbeiten, z.B. deine Haunstetten-Geschichte. Sie ist sehr weit entfernt von meinen Jugenderfahrungen, aber deshalb nicht weniger interessant.
In den nächsten Tagen gehe ich noch mal an meine Geschichte und ändere ein paar Sachen, u.a. die Sache mit den Adjektiven. Im Moment spukt mir schon wieder eine neue Idee im Kopf herum.
Auch dir liebe Grüße
barnhelm

Liebe(r) Isegrims,
danke für deine Vorschläge. Leider komme ich auch damit nicht so recht weiter. Ich denke, ich bleibe erst mal bei meinem Titel. Wenn ich ein bisschen mehr Abstand habe, lasse ich mir alles noch einmal durch den Kopf gehen.
Sei herzlich gegrüßt
barnhelm

Danke auch dir Peeperkorn für dein Eingehen auf meine Antwort.

Euch alle wünsche ich einen schönen Wochenanfang. Keine Ahnung, wie bei euch das Wetter im Moment ist. Hier scheint die Sonne ins Zimmer und ruft: "Jetzt aber raus!"

 
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Hallo Barnhelm, du bist zwar schon draußen, aber ich schreib trotzdem noch:
Zur Sprache selbst will ich gar nichts mehr schreiben, da hat dir schon raven so viele gute Sachen gesagt.

Aber noch eine kleine Bemerkung zu deiner Geschichte, die mir ihrer unaufgeregten und mitfühlenden Art sehr gefallen hat.
Du gerätst aus meiner Sicht deshalb in die Schiene, coming-out = Effekt, weil die Geschichte mit dem Fokus auf Tom endet. Das erzeugt das Gefühl, er wäre in dieser Verlassensgeschichte gleich wichtig wie die Heldin. Und da wünscht man sich natürlich entsprechend mehr Hintergrund, mehr Reflexion seiner Situation, mehr Einfühlung in seine Sorge. Der Scheinwerfer ist ja so richtig auf ihn gestellt am Ende, man wartet auf sein Lächeln, überlegt, was er jetzt wohl fühlt und schwupps, hast du den Salat und man denkt weiter und sagt, wo ist der Rest seiner Gedanken. Warum hat er so lange gewartet, wie war das für ihn.
Ich fand es sehr schön, wie du mit den Perspektivwechseln umgegangen bist, mich stört das oft, weil es oft so ein bisschen brachial gemacht ist, hier war das nicht so. Aber ich glaube zu bemerken, dass es für eine Geschichte eine wesentliche Rolle spielt, mit wessen Perspektive man beginnt und eben auch endet. Und hier ging es mir so, da hab ich ganz ähnlich wie feirefiz reagiert, dass mir die Geschichte, was Tom betrifft, völlig unfertig vorkam. Oder eben nach austauschbarem Grund für das Verlassen. Ich hab mich richtig ein bisschen enttäuscht gefühlt. Ich hatte drauf gehofft, dass du jetzt viel mehr noch in seine Sicht reingehst. Ich weiß nach deiner Antwort natürlich nun, wie es dazu kam. Von daher verstehe ich auch, wieso du zum Schluss den Tom haben willst. Aber dafür ist es dann zu wenig konsequent.
Und klar, ich wüsste das auch nicht, wie man das nachvollziehbar und glaubwürdig machen soll, oder gar ob ich das hinbekäme, es ist immer schwierig, sich in einen anderen Menschen oder gar in ein anderes Geschlecht hineinzufühlen und dann auch noch mit einem Thema, das man selbst nicht so kennt. Ich denke und hoffe trotzdem, dass man nicht alles selbst erlebt haben muss, um sich trotzdem glaubwürdig darin zu versuchen. Es ist sogar das eigentlich Spannende am Schreiben. Wenn du diesen zugegeben eher steinigen Weg im Moment nicht gehen möchtest, dann würde ich aber um der Geschichte willen mit der Frau aufhören. Mit ihrer Sicht. Dann stellt sich das o.a. Problem nicht so sehr.

Viele liebe Grüße und genieße die Sonne, verdammt, wo auch immer das ist, wo die Sonne noch scheint. Hier bei mir jedenfalls ist sie abgehauen.
Novak

 

Liebe Novak,
genauso war es in der ersten Version meiner Geschichte: Sie endete mit der Szene im Café. Nachdem ich die U-Bahn-Szene aber ausführlicher gestaltet hatte, konnte ich nicht mehr zurück ins Café. Es hätte wie angehängt gewirkt und war auch zeitlich nicht passend.

Ich hab gestern und heute noch einmal über das, was feierfiz und du mir geschrieben habt, nachgedacht, und kann eure Meinung sehr gut nachvollziehen. Während ich die Geschichte schrieb, habe ich mir verschiedene Coming-out-Seiten im Internet angesehen und versucht, mich dem Thema zu nähern. Letztendlich habe ich mich dann doch für meine ‚oberflächliche’ Gestaltung der Person des Tom entschieden. Eine eingehendere Beschreibung hätte meinen Text in eine ganz andere Richtung geführt. Ich hätte dann die gesamte Komplexität der Vorgeschichte und der Veränderung der Lebenssituation ansprechen müssen und das kann ich aufgrund mangelnder Kenntnis nicht (s. Komm an feierfiz). Auch, wenn ich meine Phantasie bemühe, habe ich das Gefühl, dass ich mich da zu sehr ins Spekulative begebe.
Und da sind wir wieder bei dem, was du (und feierfiz) richtig auf den Punkt bringst/bringt. Es hätte dann auch das Ende einer heterosexuellen Beziehung sein können. Stimmt. Meine Intention war anders, aber so ist es.

Ich weiß nicht, wie es dir bei deinen Geschichten geht, aber ich muss jetzt alles erst mal sacken lassen. Eure Kommentare wirken ganz schön nach. Aus einer eher formalen Schreibübung wird da plötzlich eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema. Mit ein bisschen Abstand, so denke ich, werde ich mich noch einmal an die inhaltliche Seite des Textes machen. Aber dazu muss ich ‚in the mood’ sein. Ein paar Ideen wirbeln schon durch meinen Kopf.

Novak, wieder einmal danke ich dir für deine klugen Gedanken.

Liebe Grüße
barnhelm

Ps: Ja, wo bin ich gerade? Mehr als 1000 km südöstlich von dir. Nächste Woche bin ich mal wieder an meinem geliebten Niederrhein. Ich hoffe, ihr bekommt das mit dem Wetter bis dahin in den Griff.

 

Hallo barnhelm,

wow, also das hat mich echt berührt! Ich habe die vorhergehenden Kommentare noch nicht gelesen, daher verzeih, wenn ich etwas wiederhole, das bereits gesagt worden ist.

Du erzeugst echt gut Stimmungen. Ich war gerade mitten im Cafe, saß auf einem dritten Stuhl heimlich bei den beiden und habe Mäuschen gespielt. Das war toll. Wenn auch sehr traurig. Toms Zerrissenheit, Annes Fassungslosigkeit, das hast du sehr gefühlvoll eingefangen. Ich weiß überhaupt nicht, mit wem ich mehr mitfühlen soll, mit ihm oder mit ihr, denn beide haben einen schweren Weg vor sich.

Und dann die Situation am Schluss, als das fremde Mädchen Anne in den Arm nimmt, die schluchzend in sich zusammenbricht. Also da hatte ich echt ein bisschen glasige Augen.

Eine Trennung ist keinesfalls etwas Schönes, aber du hast einen schönen Text daraus gemacht, gefällt mir sehr gut!

Viele Grüße
RinaWu

 

Liebe RinaWu,

danke für deinen lieben Kommentar. Wenn mir das mit der Stimmung gelungen ist, so freue ich mich. Das ist ein Teil der Übung, die ich mir auferlegt habe :)

Jetzt muss ich das Ganze noch ein bisschen überarbeiten. Leider fehlt mir im Moment noch der richtige Drive dazu:D.

Dir wünsche ich noch einen schönen, hoffentlich nicht zu regnerischen Tag.
Liebe Grüße
barnhelm

 

Liebe Barnhelm,

ich mochte wieder deine ruhige, unaufgeregte Art die Situation zu beschreiben. Die beiden Protagonisten sind mir allerdings fast etwas zu schablonenhaft in ihrer Schönheit.
Was wirklich überraschend ist, ist das Verhalten der beiden Mädchen. Hier hatte schon Isegrims im ersten Kommentar gezweifelt. Mir geht das auch so. Vielleicht auch weil Anne für mich eine erwachsene Frau ist. Mir wäre die Vorstellung leichter gefallen, wenn es Frauen in ihrem Alter und keine Mädchen gewesen wären, zumal sie sich ja auch sofort total gehen lässt.

Anne lässt ihren Tränen freien Lauf, schluchzt laut und hemmungslos.

Das müsste für mich noch anders motiviert sein, zumal ich diese Anne als eher kontrolliert einschätze.
Eigentlich fände ich die Situation nur glaubhaft, wenn schon vorher irgendeine Art von Kontakt zu den Mädchen entstanden wäre, ein Wortwechsel beim Eintreten ins Cafè oder so.

Liebe Grüße von Chutney

P.S. Und Danke zu deiner Info zum Thema "Lehrersprache" (Christiansheynks Geschichte). :)

 

Liebe Chutney,

auch dir danke ich für deinen Kommentar. Ich habe mich darüber sehr gefreut.

Zu den beiden Mädchen:
In meiner Vorstellung sind sie so ungefähr 16-17, also eher Jugendliche. Nur hätte ich dann eine Altersangabe einbauen müssen, was mir ein bisschen sperrig erschien.

Zu ihrem Verhalten:
Ich habe einmal in einem Café selber so eine Situation beobachtet. Ein junges Mädchen ging ganz spontan an einen Tisch, an dem eine weinende Frau saß, und tröstete sie. Ich selber, der ich einer Generation angehöre, die Gefühle wie Empathie nur im sehr privaten Kreis zeigt, blieb sitzen. Meine Generation hat eher das „Das geht mich nichts an“ im Repertoire als das Sich-kümmern. Möglicherweise hat die Empathie, wie sie uns amerikanische Serien vermitteln, dazu geführt, dass wir uns leichter tun mit öffentlich gezeigter Anteilnahme. Obwohl ich die amerikanische ‚Ich liebe dich’-Mentalität oberflächlich finde, gefällt mir, was sie bewirkt: Zu spüren, dass da ein Mensch ist, der sich mir zuwendet, wenn ich allein bin, von ihm in den Arm genommen zu werden, wenn ich Kummer habe, auch, wenn es ein Fremder ist. Das hatte in meiner Sozialisation noch keinen Platz. Vielleicht hat sich da aber auch in unserer Erziehung was geändert.

Zurück zu meiner Geschichte: Die beiden Mädchen bemerken und interessieren sich schon für das, was da zwei Tische weiter passiert. Das habe ich anzudeuten versucht - vielleicht nicht stark genug.

Zu Anne:
Ich wollte sie eigentlich als sehr empfindsame Person zeichnen. Und da denke ich, dass ihre Reaktion möglich/realistisch ist. Es stürzt ja sehr vieles gleichzeitig auf sie ein.

Chutney, ich wünsche dir einen schönen Tag.

Liebe Grüße
barnhelm

 
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Liebe @maria-meerhaba

danke dafür, dass du meinen Text aus der Mottenkiste geholt hast. Er war für mich eine Fingerübung, in der ich versuchte, etwas näher an die Personen meiner Geschichten heranzukommen. Dir fällt meine Distanziertheit auf – und ja, das ist wohl ein Charakterzug von mir, den ich auch nicht so einfach ablegen kann. Ich freue mich, dass dir meine Geschichte trotzdem gefallen hat. (Im Blog habe ich jetzt den Text ‚Meine Freundin Alia’ gepostet, in dem ich, da es um etwas sehr Persönliches geht, weniger distanzierter bin.)

Liebe Grüße
barnhelm

 

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