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Menschenfresser

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29.03.2013
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Menschenfresser

Tom erschauerte und hielt seine Hände über die Glut. Nicht mehr lange, und die Sonne würde Kälte und Nebel vertreiben.
Der Hundling, der sich neben dem Feuer zusammengerollt hatte, winselte. Seine Hände öffneten und schlossen sich, seine Lefzen zitterten. Schließlich ging ein heftiger Ruck durch seinen Körper und er öffnete die Augen.
„Na, auf der Jagd gewesen?“, fragte Tom.
„Eher auf der Flucht.“ Tyras setzte sich auf und gähnte.
„Vor wem?“
„Keine Ahnung. Frag mich lieber, wovor. Es war groß – und zugleich klein, irgendwie … Ach was soll’s, ein Traum, mehr nicht.“
„Groß und zugleich klein irgendwie?“
„Es kam aus dem Fluss, ein riesiges Kind ... das Wasser war rot und dampfte ... als es den Kopf schüttelte, wurden aus den Spritzern Vögel, die waren auch rot … es schüttelte sich so lange, bis nichts mehr von ihm übrig war.“ Tyras tippte sich an die behaarte Stirn. „Völlig verrückt, stimmt’s?“
„Und dann?“
„Die Vögel sind gelandet, direkt vor mir. Hunderte. Kamen langsam auf mich zu, die Viecher. Tja, da bin ich eben losgerannt. Das war’s.“
„Und ich?“, wollte Tom wissen. „Bin ich auch in dem Traum vorgekommen?“
„Du warst nicht da. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern.“
Tyras stand auf und deutete flussaufwärts. „Da kommen sie. Ziemlich pünktlich, muss ich sagen.“
Die Mastspitzen der Korvette leuchteten im Schein der aufgehenden Sonne. Tom öffnete seine Truhe und nahm das Fernrohr heraus. Er betrachtete die kunstvoll geschnitzte Gallionsfigur, einen goldenen Adlerkopf auf dem Körper eines grünen Drachen.
Wenig später betraten sie das Deck des Schiffes und wurden von ihrem Auftraggeber begrüßt. Agar war ein hagerer, ernst blickender Mann. Er musterte Tom und besonders den Hundling eine Weile, bevor er ihnen die Hand entgegenstreckte.
„Es ist lange her, dass ich einen Hundling gesehen habe, noch dazu einen so stattlichen. Und Ihr, mein Freund“, sagte er zu Tom gewandt, „seid also bereit, diesen Auftrag zu übernehmen?“
„Wären wir sonst hier?“
„Natürlich, sicher.“ Agar griff in sein Wams und förderte einen Lederbeutel zutage, den er einige Sekunden anstarrte, bevor er ihn Tom übergab. „Es sind zwei. Der Kleine ist für euch, der Große für die elenden Leichenfresser, die meinen Sohn entführt haben.“
Tom öffnete den Beutel und ließ die beiden Kristalle auf seine Handfläche gleiten. Während der Kleinere einer Erbse glich, hatte der Große die Ausmaße einer Kinderfaust. Beide schimmerten rötlich, und Tyras atmete geräuschvoll aus.
„Senker! Meine Güte, damit könnte man…“ Er berührte sie zaghaft mit den Fingerspitzen. Senker, oder Rosensteine, wie sie auch genannt wurden, wuchsen in den Hirnen der großen Felsenbären des Rhu’wan-Gebirges wie Perlen in einer Muschel. Der große Stein musste im Schädel eines wahrhaft gigantischen Tiers herangereift sein.
Tom erinnerte sich an das Fell eines Jungtieres, das bei seinem Oheim an der Wand der Eingangshalle hing und mit dem man eine gewöhnliche Droschke samt Zugpferd hätte bedecken können. Es hieß, diese Steine besäßen magische Kräfte, aber Tom hielt das für Unsinn. Fest stand, dass selbst der Kleinere der beiden Steine ein Vermögen wert war.
„Solltet ihr mir mein Kind und den großen Stein zurückbringen, wird meine Großzügigkeit keine Grenzen kennen, so viel kann ich euch versichern.“
„Wo soll die Übergabe stattfinden?“
„Flussaufwärts, eine halbe Tagesreise von hier. Kennt ihr die Fährstation Dol-Kanoi? In der dortigen Schenke warten sie bereits. Mein Schiff wird später in der Nähe vor Anker gehen und ich werde eure Rückkehr erwarten.“

In der Scheune stank es entsetzlich. Der Junge starrte durch die Gitterstäbe auf die fünf zuckenden Körper, die vor der gegenüberliegenden Bretterwand von der Decke hingen. Nie zuvor hatte er etwas Vergleichbares gesehen. Und, da war er sich sicher, die furchtbaren Schmerzensschreie dieser bedauernswerten Menschen würden er nie mehr vergessen können.
Als er die Schritte hörte, warf er sich zu Boden und stellte sich schlafend. Das Tor der Scheune wurde aufgerissen. Das Geräusch, das folgte, kannte er nur zu gut.
Das Schaben einer Klinge, die aus einer Lederscheide gezogen wurde.

Agar hatte den beiden eine Jolle zur Verfügung gestellt, mit der sie die Strecke in wenigen Stunden bewältigt hatten. Seine Truhe hatte Tom an Bord der Korvette zurückgelassen und sich nur mit dem Nötigsten versehen.
Vor der Fährstation, die sich unmittelbar neben der Schenke befand, standen an die zwanzig Männer mit Bierkrügen und Pfeifen in den Händen und redeten lebhaft aufeinander ein. Es war gegen Mittag und die Sonne stand im Zenit.

„Natürlich ist der Kleine nich hier – was habt ihr denn gedacht?“ Der Mann musterte Tom und den Hundling verächtlich. Seine beiden Kumpane waren sitzengeblieben und grinsten.
Der Schankraum war bis auf die drei Kerle leer. Die anderen Gäste hatten anscheinend beim Anblick der angsteinflößenden Gestalten den Schankraum verlassen, um ihr Bier lieber in der sengenden Sonne zu trinken.
„Also, wenn ich euch richtig verstehe, sollen wir euch den Stein überlassen, und ihr bringt den Jungen in ein paar Tagen unversehrt hierher?“
„Genau.“
„Und das sollen wir euch glauben?“, fragte Tyras. „Weil ihr Männer von Ehre seid, hab ich recht?“
„Stimmt, das sind wir.“
Der Hundling sah Tom fragend an. Der nickte unmerklich.
Wenige Sekunden später lagen zwei der Männer mit gespaltenen Schädeln auf dem Boden. Der dritte starrte auf Tyras‘ Klinge, deren Spitze sich in seinen Magen bohrte. Es bedurfte keiner besonderen Überredungskunst, ihn zur Preisgabe des Ortes zu bewegen, an dem man Agars Sohn gefangen hielt. Mit zitternden Fingern zeichnete er eine grobe Karte auf ein Stück Papier. Tyras warf dem Wirt, der sich zitternd hinter der Theke verkrochen hatte, ein Goldstück zu. „Wir waren nicht hier, merk dir das. Mach sauber, und schaff die Kadaver weg.“ Mit diesen Worten stiess er dem dritten Strolch seinen Dolch in den Leib.

„Diese verdammten Blutsauger!“
Der Hundling rieb sein rechtes Ohr. Es gab nur wenige Stellen an seinem Körper, die nicht von dichtem Fell bedeckt waren. Er wandte sich um. „Wieso eigentlich wirst du nicht gestochen? Kein Fell, überall blanke Haut – aber die Viecher verschonen dich. Möchte wissen, warum.“
Tom, der wusste, dass Tyras jegliche Bemerkungen über seinen ganz speziellen Körpergeruch übelnahm, murmelte etwas von Schicksal und ertragen müssen, und ließ durchblicken, dass er einfach nur Glück habe.
Ihm war klar gewesen, dass Agars Sohn irgendwo in dem riesigen Waldgebiet oberhalb der Senkun-Ebene gefangen gehalten wurde. Ohne die Karte wäre es jedoch so gut wie aussichtslos gewesen, ihn zu finden.
Sie hatten sich an der Fährstation zwei Dromgolls gemietet, die schneller, ausdauernder und genügsamer als Pferde waren. Der Hundling hatte anfänglich protestiert und kundgetan, dass er kein Tier bestiege, das mehr als vier Beine habe, aber schließlich ließ er sich überreden.
„Kein Feuer, Tyras“, sagte Tom, als sie sich gegen Abend im Schutz einer Felswand niederließen. „Wir wollen nichts riskieren. Die Karte ist zwar nicht übermäßig genau, aber es ist nicht mehr weit. “
„Die Mücken …“ jammerte der Hundling, „sieh dir mal meine Ohren an! Und woher willst du wissen, dass wir bald da sind?“
„Ein Gefühl, nichts weiter.“
„Gefühl … pah!“

Der Junge wandte sich ab, doch vor seinem inneren Auge sah er genau, was der Mann mit dem Messer anstellte. Wie er die Wunden anschließend mit einer Art Baumharz verklebte, damit seine Opfer nicht verbluteten; wie er dabei schmatzte, kicherte und grunzte. Einmal hatte er ein Stück aus dem Oberschenkel eines Mannes herausgeschnitten und es sich in den Mund geschoben. Dann hatte er in einen kleinen Bottich mit Harz gegriffen und die blutende Stelle damit beschmiert. Das Geschrei des Mannes hatte ihn belustigt. Kauend hatte er dagestanden und schließlich mit einem Knüppel zugeschlagen.
Den Jungen beachtete er nicht. Lediglich ein Wort sagte er, wie jedes Mal, bevor er die Scheune verließ.
„Bald.“ Es klang, als habe er stundenlang auf dem zu großen Wort herum gekaut und es dann ausgespuckt.
Der Junge dachte viel an sein Zuhause. Flüchtete in Gedanken in die friedlichen Wälder und duftenden Wiesen, die sein Elternhaus umgaben. Er dachte an seine Freunde, an die Bediensteten, die ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen hatten. Sein Vater war reich. Bestimmt würde er ihn freikaufen.
Bestimmt.
Bald.

Der Baum bot ihnen eine ausreichende Sicht auf das Dorf.
„Spielende Kinder, zwitschernde Vögel, gackernde Hühner“, wisperte Tyras. „Es sieht alles so verdammt … harmlos aus. Ich kann’s kaum glauben.“
„Ja“, erwiderte Tom, „aber was hast du erwartet? Behaarte, blutverschmierte Gestalten, die grunzend um riesige Pfannen mit gebratenen Babies herumtanzen?“
„Was glaubst du, wo haben sie den Jungen?“
„Ich weiß nicht. Wir müssen abwarten.“
„Siehst du die alten Weiber da an dem Kessel? Da ist er vielleicht schon gelandet.“
„Womöglich“, sagte Tom. „Vielleicht gehst du da runter und fragst einfach.“
Rings um das Dorf war ein breiter Streifen Wald gerodet worden, auf dem nichts wuchs als Gras und vereinzelte, kniehohe Büsche. Tom vermutete, dass nicht mehr als zweihundert Menschen hier hausten, ein Drittel davon Kinder.
Er zog sein Glas aus der Weste. Einige der Häuser bestanden aus Mauerwerk, doch die meisten waren einfache Holzhütten, deren Dächer aus Bohlen bestanden. Die Fugen waren geteert, wie man es von Schiffsplanken kannte.
Eine Gruppe von Kindern, die vor einer großen Scheune standen und durch die Spalten der Wand ins Innere spähten, fiel ihm auf. Sie stießen sich an und machten eindeutige Gesten, fuhren sich mit der flachen Hand über die Kehlen und rieben sich lachend die Bäuche. Irgendetwas sagte ihm, dass der Knabe dort drin gefangen gehalten wurde. Er reichte dem Hundling das Glas und deutete auf die Kinder.
„Da in der Scheune vielleicht“, flüsterte er.
„Gut möglich.“

„Walte, mein Schatz, aufgewacht. Es ist Zeit, aufzustehen!“ Er schlug die Augen auf und sah das Gesicht seiner Mutter über sich. Er streckte sich und wischte sich ihren feuchten Schmatzer von der Stirn. Durch das Fenster drang der Duft gemähten Grases und der Rosenhecke im Garten. Die Vögel zwitscherten, in den Ställen wieherten Pferde. Die Morgensonne malte helle Kringel an die Wand zu seiner Linken. Er streckte die Arme nach seiner Mutter aus. Verwundert bemerkte er einen Schatten auf ihrem Gesicht. Ihr Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. Sie hob den Arm, und er erkannte das Hackmesser aus der Küche in ihrer Hand. Die Sonne ließ es glitzern, und als es niedersauste, stieß sie ein Keuchen aus.
Der Schmerz in seinem Fußgelenk war unbeschreiblich, und er wachte auf.
„Na, Jungchen? Süß geträumt?“
Es war der Mann mit dem großen Messer. Er zerrte an der eisernen Fußfessel des Jungen und schmierte eine übelriechende Salbe auf den verletzten Knöchel.
„Kannst es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen, ich weiß. Verrätst du mir deinen Namen, Kleiner?“
„Menschenfresser!“ stieß der Junge hervor und spuckte dem Mann ins Gesicht.
„Oho! Ein seltsamer Name für so einen hochwohlgeborenen Knaben. Weißt du, ich glaube, ich probier mal ein Stückchen von deiner Hand. Schmecken nämlich am besten, die Handflächen. Dein Vater wird’s verkraften.“ Er wischte sich den Speichel von der Wange und zog sein Messer.

„Hörst du das?“
„Verdammt … das klang wie ein...“
Ein zweiter Schrei war zu hören, der jedoch abrupt endete. Kurz darauf verließ ein Mann die Scheune. Er zeigte den Kindern lachend etwas, um es sich dann mit großem Getue in den Mund zu stecken.
„Das war Agars Sohn, ich bin mir sicher. Das müssen wir uns heute Nacht mal ansehen, Tyras.“
„Ja.“

Der Mann hatte sich auf seinen Arm gekniet, ihm mit einem schnellen Schnitt den Daumenballen der linken Hand entfernt und ihm ein schmutziges Stück Stoff in den Mund gestopft. Dann war er hinausgegangen, ohne die heftig blutende Wunde mit Harz zu verschließen.
Nun war es Nacht. Fliegen umschwirrten den Jungen. Auf der pochenden Wunde hatte sich eine dünne Schorfschicht gebildet. Der Schein eines großen Lagerfeuers drang durch die Ritzen des Scheunentors. Er hörte Gesang und schrilles Gelächter. Seine Entführer schienen sich prächtig zu amüsieren.
Einige Male glaubte er, Flüstern, Kratzen und gemurmelte Worte an der Wand hinter ihm zu hören. Doch die Geräusche wiederholten sich nicht, und so versank er erneut in einen Dämmerzustand jenseits aller Hoffnungen. Schließlich schlief er ein.

Weder Tom noch der Hundling, dem die Menschenfresser ein noch größerer Greuel als die Untoten in der Ebene waren, hatten Skrupel bei dem, was sie vorhatten. Bei dem Lärm, den diese Bestien in Menschengestalt veranstalteten, mussten sie sich nicht einmal besonders leise bewegen, als sie an einigen Hütten am Dorfrand trockenes Laub und Gras anhäuften. Gegen Mitternacht zündeten sie alles an und zogen sich zurück. Binnen weniger Minuten brannten die Holzhütten lichterloh. Beißender Rauch breitete sich aus, und die Einwohner rannten panisch umher.
Die Scheune lag am entgegengesetzten Ende des Dorfes. Es gab kein Schloss, nur einen Riegel aus Holz, und das Tor zu öffnen war eine Sache von wenigen Sekunden. Der Junge kauerte in einem hölzernen Käfig, war jedoch mit einer im Boden verankerten Kette gefesselt, die ein ernsthaftes Hindernis darstellte.
„Der Mann hat einen Schlüssel, der Mann mit dem Messer“, flüsterte der Knabe und deutete auf das rostige Schloss an seinem Knöchel.
„Ich finde den Kerl“, stieß Tyras aus und bevor Tom etwas sagen konnte, war der Hundling verschwunden.

Tyras presste sich neben dem Tor an die Scheunenwand. Zufrieden ließ er seinen Blick über das Chaos, das sich vor ihm abspielte, wandern. Die Dorfbewohner rannten, zeitweise von Rauchwolken verhüllt, panisch zwischen den lodernden Hütten umher wie aufgescheuchtes Vieh.
Das seid ihr, dachte der Hundling. Vieh, nichts sonst.
Er verspürte kein Mitleid, als er sah, wie einen Steinwurf von ihm entfernt die Kleidung eines Mannes, der ein Kind auf dem Arm trug, Feuer fing. Wenige Augenblicke später standen beide in Flammen und stürzten zu Boden. Für einen Moment glaubte Tyras den Geruch von Gebratenem wahrzunehmen.
Er setzte sich in Bewegung. Das Heft seines kurzen Schwertes mit der Rechten umklammernd, näherte er sich den beiden zuckenden und kreischenden Körpern. Zwei kräftige Hiebe beendeten ihren Todeskampf.
Geduckt hastete Tyras weiter. Der Mann, den er suchte, musste sich irgendwo in diesem Getümmel aufhalten. Durch Toms Glas hatte er den hageren, in schmutzig-graues Tuch gehüllten Kerl genau gesehen. Die lederne Kappe mit den Ohrenklappen würde er sofort wiedererkennen.
Wie aus dem Nichts sah sich der Hundling einer alten Frau gegenüber, die der Rauch eben noch verhüllt hatte. Sie hustete und versuchte mit vor Schreck geweiteten Augen zu schreien, wobei ihr zitternder Arm auf ihn deutete. Tyras zögerte keine Sekunde. Die Klinge in ihren Hals zu stoßen und sie wieder herauszuziehen, war die Sache einer Sekunde. Er sah sich um, doch niemand hatte Notiz von ihm genommen. Wieder trieb eine dichte Rauchschwade über ihn hinweg. Er hörte Stimmen. Gebrüllte Befehle waren das – der Hundling verstand nur einzelne Brocken. Jemand versuchte, Ordnung wieder herzustellen, das Löschen des Feuers zu organisieren. Hunde bellten, Kinder wimmerten, Frauen kreischten. Sehr schön, ihr Tiere!
Immer wieder rissen die Rauchwolken auf. Als unmittelbar neben ihm eine Hütte in sich zusammenfiel, eine Funkenwolke zum Himmel stieg, begann sein Nackenfell zu glimmen. Mit der Linken wischte er die Funken weg, als er den Kerl sah.
Kein Zweifel. Der dreckige Bastard bewegte sich, zwei prall gefüllte Säcke schulternd, zum Rand des Dorfes. Am Gürtel trug er einen weiteren Beutel aus grauem Hanf.
Mit wenigen Sprüngen hatte Tyras ihn eingeholt.
„Soll ich dir tragen helfen? Sieht verflucht schwer aus.“ Wie angewurzelt blieb der Mann stehen und wandte sich um. Während er die beiden Säcke zu Boden gleiten ließ, musterte er staunend das merkwürdige Wesen, das da mit gezogenem Schwert vor ihm stand. Auf seiner Brust baumelte an einem ledernen Riemen ein Bund mit zwei kleinen Schlüsseln. Er öffnete den Mund, doch bevor er etwas sagen konnte, sprang ihn der Hundling an und stieß ihm seine Klinge bis zum Heft in die Brust.
Schaumiges Blut quoll aus dem Mund des Menschenfressers, seine Augen traten aus ihren Höhlen und er schlug lang hin. Tyras sah sich um, während er die Klinge einige Male in der Wunde drehte, dann zog er das Schwert heraus. Er hockte sich seitlich neben den Kopf des Mannes, griff in dessen Haar und trennte mit wenigen Schnitten seinen Kopf vom Rumpf. Dann löste er den Beutel vom Gürtel, und schüttete die darin befindlichen Münzen achtlos auf den Boden.
Nach wenigen Minuten war er zurück. Er schloss das Tor der Scheune und warf Tom den Schlüsselbund zu. An seinem Gürtel baumelte ein Sack aus grobem Hanf.


Agar umarmte und küsste seinen Sohn, dessen Tränen ein Geflecht von hellen Linien auf seine dreckverkrusteten Wangen gezeichnet hatten. Dann wanderte sein Blick zu dem Stoffbündel, das Tyras mit einer Verbeugung auf die Decksplanken fallen ließ.
„Was ist das?“
„Seht selber nach“, sagte der Hundling, dem sein Stolz deutlich anzusehen war.
Agar bückte sich, öffnete den Sack, und starrte verblüfft hinein.
„Das ist er, Vater“, rief Walte, „der Mann, der ein Stück von meiner Hand gegessen hat! Tyras hat ihm den Kopf abgeschnitten, als er den Schlüssel geholt hat.“
In dem weit aufgerissenen Rachen des Menschenfressers steckte etwas rötlich Glitzerndes.
„Nehmt es Tyras nicht übel“, sagte Tom. „Mein Freund hat mitunter einen sonderbaren Humor.“

 

Hallo Harry

Ich habe die anderen Kommentare nur überflogen, kann also sein, dass was doppelt erwähnt ist.

Vorweg, ich hab die anderen Teile aus der Serie nicht gelesen. Bin aber dennoch ganz gut in die Geschichte reingekommen. Eines hat mir allerdings gleich zu Beginn Mühe gemacht, da solltest du echt drauf achten:

„Eher auf der Flucht.“ Tyras setzte sich auf und gähnte. „Vor wem?“
„Keine Ahnung. Frag mich lieber, wovor. Es war groß – und zugleich klein, irgendwie … Ach was soll’s, ein Traum, mehr nicht.“

Mach unbedingt einen Absatz, wenn der Sprecher wechselt. Mir fällt es sonst schwer, zu verstehen, wer spricht.

Hier ist es noch extremer:

Die Gäste hatten anscheinend beim Anblick der angsteinflößenden Gestalten den Schankraum verlassen, um ihr Bier lieber in der sengenden Sonne zu trinken. „Also, wenn ich euch richtig verstehe, sollen wir euch den Stein überlassen, und ihr bringt den Jungen in ein paar Tagen unversehrt hierher?“
„Genau.“ „Und das sollen wir euch glauben?“ sagte Tyras. „Weil ihr Männer von Ehre seid, hab ich recht?“ „Stimmt, das sind wir.“ Der Hundling sah Tom fragend an. Der nickte unmerklich.

Ich musste da 3x lesen, um zu erkennen, wer spricht.

„Es kam aus dem Fluss, ein riesiges Kind ... das Wasser war rot und dampfte ... als es den Kopf schüttelte, wurden aus den Spritzern Vögel, die waren auch rot … es schüttelte sich so lange, bis nichts mehr von ihm übrig war.“ Tyras tippte sich an die behaarte Stirn. „Völlig verrückt, stimmt’s?“

Finde ich noch einen schönen Einfall und eine stimmungsvolle Stelle zu Beginn, aber die läuft ins Leere. Ich hätte es schön gefunden, wenn das nochmal irgendwie aufgegriffen wird, sich vielleicht als eine Art Vorahnung von zukünftigen Ereignissen erweist.

Ich habe nicht verstanden, in welchem Verhältnis Tom und Tyras zu Agar stehen. Warum werden sie von diesem beauftragt? Auch wäre es schön, wenn du an dieser Stelle Hintergründe zur Entführung einbringst: Wie wurde Agars Junge entführt, was hat es überhaupt mit diesen Menschenfressern auf sich? Was ist das für eine Gruppe, welche Motive haben sie? Sind das einfach nur Sadisten, sind sie auf Lösegeld aus?

Dann machst du es deinen Protagonisten auch sehr einfach. Jedes Mal, wenn es zu einer Hürde kommt, blendest du quasi aus und überspringst die Stelle:

Wenige Sekunden später lagen zwei der Männer mit gespaltenen Schädeln auf dem Boden.

Was genau ist in diesen "wenigen Sekunden" passiert? Das gehört für mich ganz klar in den Text.

„Der Mann hat einen Schlüssel, der Mann mit dem Messer“, flüsterte der Knabe und deutete auf das rostige Schloss an seinem Knöchel. „Ich finde den Kerl“, stieß Tyras aus und bevor Tom etwas sagen konnte, war der Hundling verschwunden. Nur wenige Minuten später kehrte er zurück. Er zog das Tor der Scheune zu und warf Tom den Schlüssel zu.

Also da machst du es dir schon sehr einfach. Warum beschreibst du diese Stellen nicht ausführlicher? So wirkt es allzu leicht, zu den Menschenfressern zu gelangen und den Jungen zu retten. Wenn es so einfach ist, warum zieht dann der Vater nicht selbst los?

Hier fehlen mir auch Erklärungen:

Ihm war klar gewesen, dass Agars Sohn irgendwo in dem riesigen Waldgebiet oberhalb der Senkun-Ebene gefangen gehalten wurde.

Warum ist ihm das klar gewesen?

„Kein Feuer, Tyras“, sagte Tom, als sie sich gegen Abend im Schutz einer Felswand niederließen. „Wir wollen nichts riskieren.

Wovor genau wollen sie sich schützen? Nur vor den Menschenfressern, oder lauern da vielleicht noch andere Gefahren?

Mir fehlt auch etwas Überraschendes an der Geschichte. So ist es halt schon sehr konventionell erzählt. Sehr glatt. Da passiert nichts Unvorhergesehenes. Das Happy End geht meinetwegen noch in Ordnung, aber auf dem Weg dahin, gerade bei so einer Befreiung - da ist es spannend, wenn die Protagonisten im Vorfeld einen Plan besprechen, der dann nicht aufgeht und sie improvisieren müssen. So bringst du Spannung und Tempo in den Text - in der Form plätschert er ein wenig allzu ruhig vor sich hin :)

Dabei finde ich Figuren und Setting durchaus spannend. Den Titel natürlich auch, da musste ich draufklicken. Also ich denke da ist gewiss Potential da, schreiben kannst du auch - aber in den Text müsstest du noch etwas Arbeit stecken. Der ist mir zu einfach und geradlinig, ich hatte gerade zum Schluss den Eindruck, du möchtest möglichst schnell zum Ende kommen.

Grüsse,
Schwups

 

Nochmals hallo harry und The Incredible Holg!

Hallo harry!

"So viel Intelligenz kann man dem Hundling schon zutrauen,"
=> Das größte Problem an der Sache ist wohl, dass ich keine Ahnung habe, wer und/oder was dieser Hundling ist. Steht hier nirgends im Text! Du scheinst 'ne Menge vorauszusetzen. Ich kenne dein Universum aber nicht!
Wieteres gleich in der Antwort auf Holgs Anmerkungen:


Hallo Holg:
"Wo bleibt denn da die Einbeziehung des Lesers, die Möglichkeit, mitzudenken"
=> Ich denke mit. Und die Szene lässt mir eben zu viele Fragen offen. Ich frage mich zum Beispiel, wie Tom und Tyras diese "angesteinflößenden Gestalten" einfach so in Sekundenschnelle besiegen konnten. Was der Dritte gemacht hat, während seine Kumpane abgeschlachtet wurden. Hat der keine Waffen? Wartet der geduldig, bis auch er dran kommt? Usw.
=> Klar, man könnte die Szene "lahm" ausschreiben. Man könnte sie aber auch verdammt spannend ausschreiben. Wir sind doch alle hier, um das Schreiben zu Üben, oder nicht? Der Autor sieht durch die Kommentare, wie Leser seinen Text lesen. Wird der Text nicht so gelesen, wie der Autor es möchte, kann er versuchen, seinen Text zu verbessern.
=> Mir geht es jedenfalls um nichts anderes. Text des Autors, Lesersicht. Punkt. (Und die Lesersichten können höchst unterschiedlich sein. Finde ich sehr spannend.)

"Zugegebenermaßen ist die Gefahr eines Missverständnisses etwas größer, wenn es sich wie hier um einen Dolch handelt und nicht um eine Faust. Aber der Satz steht ja nicht alleine da, sondern hat einen Kontext."
=> Eben, Kontext! Als Kontext haben wir: zwei in sekundenschnelle gespaltene Schädel. Warum sollte ich da jetzt zwischen den Zeilen lesen, dass die Klinge nun nur drohend eingesetzt wird und nicht bereits im Leib steckt?

=> Zwischen den Zeilen schreiben (und lesen) ist eine großartige Sache. Aber es ist eben nicht einfach. Schreibt man zu viel (aus) oder zu wenig? Auch das kann und sollte man üben, findest du nicht, Holg?

"Wenn Dir jemand eine Knarre an den Kopf hält, während er Dich etwas fragt, und wenn der vorher schon zwei Deiner Kumpels abgeknallt hat - verrätst Du ihm dann nicht alles, was er wissen will?"
=> Ich habe schon irre viele Krimis/Thriller gelesen. Dieses Szenario ist nicht selten. Und es gibt hunderte verschiedene Antworten/Reaktionen darauf. Da kann der Autor eine grandiose Szene draus machen!


Also, Holg,
"Verstanden, was Du sagen wolltest, habe ich schon beim ersten Mal."
=> Ach? Komisch, wenn du sagst: "Aber ich verstehe beim besten Willen nicht" soll ich also zwischen den Zeilen lesen, dass du es doch verstehst. Das ist mir zu hoch.
=> Aber das gehört beim besten Willen nicht mehr zu harrys Text.
Aus dieser Diskussion bin ich raus.

Grüße,
Chris

 

Hallo Chris,

für die Hinweise auf unkorrekte Zeichensetzung und fehlende Zeilenbrüche bin ich Dir sehr dankbar. Du bist ja da sehr gründlich, alles was recht ist. Ich hab versucht, das auszubessern.
Auch die Teile mit dem entführten Jungen sind jetzt kursiv gesetzt, und ich muss sagen, das war wirklich eine gute Idee von Krizzle.
Inhaltlich – tja, ich hab einiges (Lage der Schenke, ‚leere Schenke‘ etc.) mit wenigen Worten versucht, präziser darzustellen. Wahrscheinlich ist das für dich immer noch nicht ausführlich genug …
Was die kleine Metzelei im Schankraum betrifft, hab ich mich entschlossen, einfach alles so zu lassen. Für mich passt das einfach. Ich hab mich ja schon dazu geäußert.
Am Ende gibt’s ja noch so eine Szene, bei der einige unzufrieden sind, und hier werde ich demnächst eine ausführlichere Action-Sequenz einfügen. Stimmt schon, eine gewisse Portion Rauch, Blut und Stahl tut jeder Fantasy-Story gut. Schade, dass du der Geschichte so wenig Gutes abgewinnen konntest, Chris. Vielleicht gefällt dir die überarbeitete Fassung besser.
Danke auf jeden Fall für deine Mühe und Zeit.

Schöne Grüße
Harry

Ich sehe gerade, dass Du noch mal was geschrieben hast. Egal, ich poste meine Antwort, die sich auf deinen ersten Kommentar bezieht, trotzdem.

 

Hallo Chris,

Aus dieser Diskussion bin ich raus.

Also gut, dann verkneife ich mir die Antworten, die ich noch hätte, und wir beenden das hier. Es war eh unproduktiv, weil wohl keiner von uns den anderen je überzeugt hätte.

Einigen wir uns darauf, dass wir uns uneinig sind.

Grüße vom Holg...

 

Hallo offshore,

sorry, dass ich jetzt erst antworte, aber ich hatte kurzzeitig den Überblick über all die Kommentare zum Cassandroiden und den Menschenfressern verloren. War ne Menge Feedback … Sehr schön.
Du bemängelst den Plot und das ‚zahnlose Ende‘. In gewisser Weise hast du Recht, der Plot ist simpel. Entführung, Befreiung, Ende. Das war mein Konzept. Und du bist ja wahrlich nicht der Einzige, der da was auszusetzen hat. Perdita und Weltenläufer, um nur zwei zu nennen, vermissten die gleichen Sachen wie du. Konflikte, Unvorhergesehenes, Action. Ich selbst seh das naturgemäß ein bisschen milder, weil für mich in erster Linie Details und Atmosphäre wichtiger waren. Dinge, die für dich eher zweitrangig sind.

Mal abgesehen davon, dass es mich interessiert hätte, wie der Hundling es schafft, einen Typen zu finden, von dem er nicht einmal weiß, wie er aussieht, erwartete ich mir an der Stelle, dass es jetzt erst so richtig losgeht mit … hm, ja mit was eigentlich? Na ja, mit Action vielleicht
Tom und der Hundling haben ja diesen schlimmen Finger durchs Fernglas gesehen. Hätte ich vielleicht deutlicher machen müssen. Und ich habe oben in der Antwort auf Chris‘ Kommentar angekündigt, dass ich eine Szene einfügen werde, in welcher der Hundling durch das brennende Dorf läuft und auf der Suche nach besagtem Feinschmecker ein paar Schädel spaltet etc. – aber nicht, dass es dann heißt, soo blutig wär auch nicht nötig gewesen, Harry …
Wieso steckt nicht einfach nur der Kristall im Rachen? Dann bräuchte ich mich als Leser nicht fragen, ob Agar eventuell auch magische Kräfte besitzt und durch das Leinen hindurchschauen kann.
Werde ich ändern. Hast ja recht.
Schön, dass du zum Schluss noch was Tröstendes bereit hältst:
Ich bin einfach der falsche Leser fur so was, glaub ich. Im Grunde komm ich mir ein bisschen vor wie ein Vegetarier, der in ein Steakhouse geht und sich dann beschwert, dass es ihm nicht geschmeckt hat. Warum ich jetzt trotzdem kommentiere? Na ja, ich wollte dir zumindest sagen, dass ich’s toll finde, wie du schreibst, auch wenn ich mit dem, was du schreibst, ausnahmsweise mal nix anfangen konnte.
Ich werde die Geschichte jetzt, bis auf die erwähnte Kampfszene, nicht weiter umschreiben, sondern versuchen, die Dinge, die bemängelt wurden, in der nächsten Story besser zu machen.
Danke für deine Meinung und deine Zeit, Offshore

Herzliche Grüße
Harry

 

Hallo Schwups,

Dieser Albtraum des Hundlings am Anfang- ja, hast Recht, hätte man wieder aufgreifen können. Die Szene sollte lediglich deutlich machen, wie gut sie sich mittlerweile kennen. Die erzählen sich ihre Träume, Tom erkundigt sich sogar, ob er auch in dem Traum vorgekommen sei … fast wie bei einem alten Ehepaar.

Ich habe nicht verstanden, in welchem Verhältnis Tom und Tyras zu Agar stehen. Warum werden sie von diesem beauftragt? Auch wäre es schön, wenn du an dieser Stelle Hintergründe zur Entführung einbringst: Wie wurde Agars Junge entführt, was hat es überhaupt mit diesen Menschenfressern auf sich? Was ist das für eine Gruppe, welche Motive haben sie? Sind das einfach nur Sadisten, sind sie auf Lösegeld aus?
Ich glaube eigentlich nicht, dass es nötig ist, das Verhältnis des Agar zu den beiden zu beleuchten. Er ist ein einfach nur ein Auftraggeber, hat ein Anliegen, eine Belohnung ausgesetzt. Sollte allerdings noch jemand deiner Meinung sein, werde ich drüber nachdenken. Die Motive der Menschenfresser? Lösegeld, ich glaubte, das hinreichend deutlich gemacht zu haben (sie wollen den dicken, fetten Kristall). Und ja, wie und wann wurde der Junge entführt? Was für einen Hintergrund haben die Menschenfresser? Das ginge dann wohl eher in Richtung Novelle oder Roman.
Ich bin aber dabei, die Szene, in der Tyras, der Hundling, den Schlüssel für die Fußfessel holt, auszuarbeiten. Das wären dann zusätzliche ein bis zwei Seiten.
‚Im Schutz einer Felswand‘ – Falls du auf die Felswand anspielst und nicht auf den Rauch des Feuers … das ist so eine Floskel, da hab ich gar nicht lange überlegt. Fand und finde ich immer noch passend.
Da passiert nichts Unvorhergesehenes. Das Happy End geht meinetwegen noch in Ordnung, aber auf dem Weg dahin, gerade bei so einer Befreiung - da ist es spannend, wenn die Protagonisten im Vorfeld einen Plan besprechen, der dann nicht aufgeht und sie improvisieren müssen. So bringst du Spannung und Tempo in den Text - in der Form plätschert er ein wenig allzu ruhig vor sich hin
Da ist was dran. Hab’s ja oft genug gehört mittlerweile, und mich ebenso oft dazu geäußert. Ich will mich jetzt nicht wiederholen. Wie gesagt, ich füge da noch was ein und will beim nächsten Mal versuchen, es besser zu machen. Bin euch allen sehr dankbar für solche Kritik. Man will sich ja schließlich verbessern.
Ich hab mich gefreut, dass du dir die Zeit genommen hast. Einiges (Zeilenumbrüche) hab ich bereits verbessert. Also, danke für’s Lesen, Schwups.

Schöne Grüße
Harry

 

Hallo Maria,

Du willst Action – sollst du haben. Gegen Ende verlässt der Hundling die Scheune, um den Schlüssel zur Fußfessel des Jungen zu besorgen. In der jetzigen Fassung kehrt er kurz darauf mit dem Kopf des Menschenfressers zurück. Das wars.

Dann hast du so eine superspannende Szene, wie sie die Menschenfresser austricksen und den einen Menschenfresser ich als Leser gehasst habe und ich war mir da sicher, die beiden werden gegen ihn kämpfen, so richtig schön und ihn dann besiegen. Aber nein. Stattdessen verschwindet der Hundling und kommt dann mit dem Kopf zurück.
Also zur Hälfte gefällt mir die Geschichte außerordentlich gut, aber eben zur Hälfte.
Ich mein: Wenn jemand den beiden sagen würde, geh und töte den König, die würden wahrscheinlich ganz locker an den Wachen vorbeigehen und dann wortlos mit dem Kopf des Königs rausgehen. Okay, das Beispiel ist jetzt total extrem von mir, aber so kam es mir einfach vor.
Klingt spaßig, aber du hast Recht. Viele waren nicht zufrieden mit so was. Und mittlerweile bin ich’s auch nicht mehr. Darum wird diese Szene ausführlicher geschildert. Hab sie schon geschrieben, muss aber noch mal drübergehn und ein bisschen daran herumfeilen, bevor ich sie einfüge.
Es wird heiß, blutig, der Ober-Gourmet kriegt sein Fett weg und über allem wabern Rauchschwaden.
Dass du mit dem Rest zufrieden warst, ist ja schon mal was. Freut mich sehr. Danke fürs Lesen, Maria.

Herbstliche Grüße
Harry

 

So – ich habe für die Freunde des kleinen Blutrauschs zwischendurch und die, die wie Maria ausführlichere Bestrafung des Typen, der den Jungen anknabberte, gefordert haben, einiges hinzugefügt und woanders ein bisschen gestrichen und korrigiert. Ich hoffe, es ist jetzt keine Verschlimmbesserung geworden … wenn doch, kann ich’s auf die Erkältung schieben, die mich ein paar Tage platt gemacht hat. Vielleicht gibt's ja noch die ein oder andere Meinung dazu.

Grüße
Harry

 

Hallo Harry,

ich finde, die neue Szene ist Dir gut gelungen. Sie passt sich stilistisch und vom Handlungsverlauf her nahtlos ein, was m.E. nicht ganz selbstverständlich ist, wenn man so im nachhinein noch einmal Hand anlegt. Man könnte hier noch einmal den gleichen Kritikpunkt anbringen, wie er schon für die Story als Ganzes mehrfach geäußert wurde, nämlich dass der Verlauf zu geradlinig ist, weil nie etwas schiefgeht. Aber Du hattest ja schon hinreichend klargemacht, dass Du den Fokus einfach nicht darauf legen wolltest, was ich auch gut akzeptieren kann. Deshalb passt die neue Szene auch in dieser Hinsicht zum Rest des Textes.

Größere Streichungen sind mir gar nicht aufgefallen. Ich glaube, das Vorgeplänkel am Hafen, bevor die Helden in die Schenke gehen, ist kürzer geworden. Kein Verlust aus meiner Sicht.

Nun noch ein paar ortho- und typographische Anmerkungen. Kann sein, dass diese Dinge schon in der ersten Fassung waren, damals habe ich sie nicht im Korrekturmodus gelesen.

„Es ist lange her, dass ich einen Hundling gesehen habe, noch dazu einen so stattlichen. Und Sie, mein Freund“, sagte er zu Tom gewandt, „sind also bereit, diesen Auftrag zu übernehmen?“

"Sie" groß. Kann es übrigens sein, dass dies die einzige Stelle in der Geschichte ist, in der "Sie" als Anrede verwendet wird? Findet man in der Fantasy m.E. auch selten, sonst wird eher "Ihr" als höfliche Anrede benutzt.

„Flussaufwärts, eine halbe Tagesreise von hier. Kennt ihr die Fährstation Dol-Kanoi? In der dortigen Schenke warten sie bereits. Mein Schiff wird später in der Nähe vor Anker gehen KOMMA und ich werde eure Rückkehr erwarten.“

Komma zwischen zwei Hauptsätzen. Es sei denn, ich bin da wieder zu sehr der Alten Rechtschreibung verhaftet ...

Seine Truhe hatte Tom an Bord der Korvette zurückgelassen[,] und sich nur mit dem Nötigsten versehen.

Dafür würde ich hier das Komma weglassen.

Es war gegen Mittag KOMMA und die Sonne stand im Zenit.

Tom, der wusste, dass Tyras jegliche Bemerkungen über seinen ganz speziellen Körpergeruch übelnahm, murmelte etwas von Schicksal und ertragen müssen[,] und ließ durchblicken, dass er einfach nur Glück habe.

Ich denke, auch "ertragen müssen" gehört kursiv. Dafür das Komma weg.

„Ja“, erwiderte Tom, „aber was hast du erwartet? Behaarte, blutverschmierte Gestalten, die grunzend um riesige Pfannen mit gebratenen Babys herumtanzen?“

Der Duden schreibt "Babys" statt "Babies", weil der Plural hier nicht nach englischen Regeln gebildet wird. Ich würd's Dir aber nicht übelnehmen, falls Du Dich darüber hinwegsetzen möchtest.

„Walte, mein Schatz, aufgewacht. Es ist Zeit, aufzustehen!“

Vermutlich kein Fehler - das Kind heißt Walte? Vielleicht eine ungünstige Wahl, weil es so nach Tippfehler zu Walt oder Walter aussieht.

Sie hob den Arm KOMMA und er erkannte das Hackmesser aus der Küche in ihrer Hand.

Beißender Rauch breitete sich aus KOMMA und die Einwohner rannten panisch umher.

Sie hustete und versuchte[,] mit vor Schreck geweiteten Augen[,] zu schreien, wobei ihr zitternder Arm auf ihn deutete.

Diese Kommas sind optional. Ich finde sie eher hinderlich.

Und zuletzt noch etwas Inhaltliches:

Er hockte sich seitlich neben den Kopf des Mannes, griff in dessen Haar und trennte mit wenigen Schnitten seinen Kopf vom Rumpf.

Vielleicht hätte ich diesen Satz lieber weggelassen. Du verschenkst damit den Überraschungseffekt für den Schluss, dass Tyras den Kopf als Trophäe mitgenommen hat.

Insgesamt hat die ohnehin schon tolle Geschichte aus meiner Sicht durch Deine Überarbeitung nochmals gewonnen. Immer noch und wieder klasse!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Holg,

ich habe natürlich überlegt, ob dem Hundling bei seinem blutigen Ausflug etwas zustoßen könnte, oder einige Kannibalen während seiner Abwesenheit in die Scheune eindringen könnten – aber ich wollte eine glatte, klare Linie.
5:0 für die Guten. Ende. Pokal.
Dass Du das so akzeptieren kannst, finde ich klasse.
Gestrichen habe ich unter Anderem den Satz von Papa Agar, dass sein Sohn jetzt erstmal in einen Zuber mit warmem Wasser gehöre und dann einen sauberen Verband erhalten soll. Wenn’s nicht auffällt, war’s wirklich überflüssig.

"Sie" groß. Kann es übrigens sein, dass dies die einzige Stelle in der Geschichte ist, in der "Sie" als Anrede verwendet wird? Findet man in der Fantasy m.E. auch selten, sonst wird eher "Ihr" als höfliche Anrede benutzt.
Das werd ich ändern. ‚Ihr‘ passt wirklich besser.
Ich denke, auch "ertragen müssen" gehört kursiv. Dafür das Komma weg.
Stimmt. Gut beobachtet. Wird demacht.
Der Duden schreibt "Babys" statt "Babies", weil der Plural hier nicht nach englischen Regeln gebildet wird. Ich würd's Dir aber nicht übelnehmen, falls Du Dich darüber hinwegsetzen möchtest.
Babies? Mmmh. Vielleicht sollte ich Säuglinge… klingt auch irgendwie bescheuert, oder?
Vermutlich kein Fehler - das Kind heißt Walte? Vielleicht eine ungünstige Wahl, weil es so nach Tippfehler zu Walt oder Walter aussieht.
Nein, kein Tippfehler. Walter – no way. Walt? Disney? Walte als Verballhornung von Malte? Ich weiß selbst nicht mehr, warum ich den Bengel so genannt habe, aber jetzt bleibt’s dabei. Damit muss er leben.
Vielleicht hätte ich diesen Satz lieber weggelassen. Du verschenkst damit den Überraschungseffekt für den Schluss, dass Tyras den Kopf als Trophäe mitgenommen hat.
Die Kopf-ab Szene lass ich drin. Am besten in Slow-Motion!
Insgesamt hat die ohnehin schon tolle Geschichte aus meiner Sicht durch Deine Überarbeitung nochmals gewonnen. Immer noch und wieder klasse!
Dafür vielen Dank. Das tut wirklich gut.
Und selbstverständlich danke ich Dir für die Korrekturhinweise und deine Zeit, Holg.

Herzliche Grüße
Harry

 

Hallo Harry,

Nein, kein Tippfehler. Walter – no way. Walt? Disney? Walte als Verballhornung von Malte? Ich weiß selbst nicht mehr, warum ich den Bengel so genannt habe, aber jetzt bleibt’s dabei. Damit muss er leben.

Armes Kind ... :lol: Aber es geht immer noch schlimmer: O-Ton heute bei Edeka, eine Mutter zu ihrer kleinen Tochter: "Okay, wir nehmen für jeden ein Ü-Ei mit. Eins für Colin, eins für Brandon, eins für Cameron und eins für dich."

Da wandte sich der Holg mit Grausen ...

 

Hallo Holg,

letzte Nacht, gegen vier, flüstert mir eine Stimme ins Ohr: „Holg hat Recht,Harry. Ändere den Namen des entführten Knaben. Nenn ihn Kevin … oder Marvin. Oder besser noch, der Bengel soll ein Mädchen werden, mit Namen Chloe, Zoe oder Deirdre. Dann wird alles gut.“ Während ich mich schlaftrunken, aber hocherfreut ob dieser Offenbarung, erhebe, denke ich: alles Unsinn. Am schönsten wäre Kimberley.
Dann, als meine Finger über der Tastatur schweben, spüre ich, wie mich reine, unverfälschte Freude durchströmt. Im nächsten Moment lösen sich meine Hände Fäden ziehend von den Handgelenken und liegen wie tote Fische vor mir. Nanu, denke ich – Kimberley war doch gut. Damit hätte ich den Fantasy-Gipfel erklommen, ohne Zweifel.
Dann wache ich auf.
Ich will mir die Augen reiben …

Herzliche Grüße
Harry

 

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