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Mein Engel

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20.09.2008
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Mein Engel

Das Telefon klingelte. Mürrisch stand ich vom Sofa auf und nahm den Hörer ab.
„Ja? Hallo?“
Mein Vater meldete sich zu Wort.
„Hallo, Schatz.“
Hallo Schatz?? Dem geht’s wohl nicht gut, seit wann nennt er mich Schatz?
„Wie geht’s dir denn?“
Ich setzte ein gezwungenes Lächeln auf.
„Gut und dir?“
Zu mehr war ich nicht im Stande. Warum musste er ausgerechnet an dem Tag anrufen, an dem er Mama verlassen hatte und sie deshalb gestorben war?
„Auch gut. Hör mal, ich wollte fragen ob du in den Sommerferien schon was vorhast. Du kommst doch dann zu uns nach Amerika, ja?“
Genau das hasste ich so an ihm. Er stellte mir eine Frage, wartete die Antwort aber nicht ab, sondern sagte mir dann, was er schon beschlossen hatte.
Schon allein aus diesem Grund gab ich ihm keine sehr begeistert klingende Antwort. „Nein, ich komme nicht.“
Um die Schärfe aus den Worten zu nehmen fügte ich noch eine Notlüge hinzu.
„Ähm, ich bin .... ich bin da auf einer Freizeit … für … Ach egal, auf einer Freizeit eben!“
Puh, ich konnte noch nie gut lügen.
„Das ist aber schade, aber du kommst uns doch mal besuchen, oder?“
War ja klar, dass ihm die Notlüge nicht einmal auffiel. Oberflächlich wie er war, wäre das wohl zu viel verlangt gewesen. Und ehrlich gesagt hatte ich auch gar keine Lust mehr auf das ewige Rumgeheuchle.
Dementsprechend gelangweilt viel daher meine Antwort aus.
„Klar, können wir mal schauen. Ich melde mich dann irgendwann mal wieder. Ich muss jetzt zu einer Freundin, ein Referat vorbereiten, okay? Wir hören voneinander. Tschüss!“
Er konnte gerade noch ein Auf Wiedersehen antworten, da hatte ich schon aufgelegt.
In Wahrheit musste ich weder zu einer Freundin, noch hatten wir ein Referat vorzubereiten. Erstens konnte ich schwer zu einer Freundin gehen, denn seit dem Tod meiner Mutter habe ich es glänzend verstanden, den Kontakt zu anderen Menschen zu meiden und zweitens würde ich, selbst wenn wir ein Referat vorzubereiten hätten, nie auf die Idee kommen dies auch wirklich zu tun.
Seufzend lies ich mich zurück auf das Sofa fallen und starrte hinaus in den Regen.
Ich vermisste meine Mutter. Sehr. Und wenn ich ganz ehrlich war, vermisste ich auch meinen Vater. Und wenn ich noch mehr darüber nachdachte, vermisste ich meine Freunde. Ja, die vermisste ich wohl am Meisten. Es war ja nicht immer so gewesen, dass ich keinen Kontakt nach außen hatte. Im Gegenteil. Früher war ich ein sehr aufgeschlossenes und kontaktfreudiges Kind. Aber wie gesagt, erst die Trennungsabsichten meines Vaters und dann der plötzliche Tod meiner Mutter war einfach zu viel für mich. Ich legte den Kopf zurück und schloss die Augen.
„Hallo, Julia! Wach auf. Du machst dir sonst noch deinen Rücken kaputt!“
Grummelnd öffnete ich die Augen. Meine Oma stand vor mir und schaute mich liebevoll an.
Ein Blick aus dem Fenster reichte, um zu erkennen, dass es schon ziemlich spät geworden war. Stöhnend richtete ich mich auf.
„Oh man, mein Rücken tut echt höllisch weh! Warst du bis gerade einkaufen?“
Meine Oma nickte.
„Ich habe mich noch nett mit unserem neuen Nachbarn unterhalten. Ein Goldstück sage ich dir! Wenn ich noch mal 20 wäre … “
Grinsend zog sie mich vom Sofa hoch. Sie wusste, dass ich nicht über Mamas Tod reden wollte und ich war ihr sehr dankbar dafür, dass sie das akzeptierte. Wir aßen noch schnell zu Abend, dann verabschiedete ich mich und legte mich schlafen.

Der nächste Morgen fing mit einer absoluten Katastrophe an: Mein Wecker klingelte zwar, aber ich war so dumm auf den Aus-Knopf zu drücken anstatt auf den Schlummer-Knopf. Und als meine Oma mich schließlich wach rüttelte, hatte ich noch genau 10 Minuten, um mich zu richten und in die Schule zu laufen. Mein Glück war, dass diese nicht allzu weit von unserem Haus entfernt war.
Meine Haare waren eine einzige Katastrophe und auch sonst sah ich noch sehr verschlafen und unkoordiniert aus.
Ich rannte durch das Bad, riss meine Jacke vom Haken und vermied so gut es ging den Blick in den Spiegel.
„Ich bin dann mal weg, Oma! Bis später! Hab dich lieb!“
Und schon war ich zur Tür hinausgeeilt, schüttelte meine Jacke zu Recht und versuchte meine Haare in irgendeine Ordnung zu bringen; natürlich vergeblich.
Ach egal, die Anderen beachten mich doch eh seit Monaten nicht mehr. Wenn kümmert es also.

Genau mit dem Klingeln huschte ich durch die Tür und auf meinen Platz. Als Einzige in meiner Klasse saß ich allein; was ja nicht ganz verwunderlich ist, wenn man keine Freunde hat.
Kaum saß ich auf meinem Platz öffnete sich auch schon die Zimmertür und unser Klassenlehrer kam herein. Hinter ihm lief ein verdammt gut aussehender Junge. Und so wählerisch wie ich war, musste das echt was heißen. Man konnte förmlich hören, wie der weibliche Teil der Klasse unterdrückt seufzte.
Na toll; ausgerechnet heute sah ich wie ein wandelnder Strohhaufen aus. Klasse. Das war typisch ich.
„So, guten Morgen! Da hier ist euer neuer Schüler Christian Lorenz. Er wird ab heute in eure Klasse gehen und ich bitte euch ihn ein bisschen zu unterstützen. Vielleicht erklärt sich jemand bereit ihn im Schulgebäude herumzuführen?“
Nach Sophies Blick zu urteilen war klar, dass sie nicht nur dazu durchaus bereit war, sondern wohl auch noch zu einem kleinen kostenlosen Extraservice.
Ich schüttelte nur den Kopf und schaute aus dem Fenster. Sie hatte doch einen Freund; reichte ihr das nicht?
„So, willst du nicht noch etwas von dir erzählen?“
Christian rieb sich verlegen den Kopf und warf einen verschmitzten Blick in die Klasse.
Verdammt sieht er gut aus!
Mein Blick blieb an ihm hängen wie eine Fliege auf Klebeband.
Dunkelblonde, schon fast braune Haare, etwas länger aber nicht zu lang. Ein perfekt geschnittenes Gesicht, von dem sich selbst Brad Pitt eine Scheibe abschneiden könnte.
Und seine Augen! So eine Leuchtkraft hatte ich noch nie gesehen! Eine Mischung zwischen Ozean-Blau und Smaragd-Grün. Unglaublich.
„Ähm, ja. Also ich heiße Christian ... Aber das wisst ihr ja schon ...“
Wow.
Sein Lächeln war umwerfend. Dass so etwas von unserer Erde sein konnte wollte sich mir nicht begreifbar machen.
Von Sophie kam ihr typisch falsches Lachen. Sie schaute ihn kokett an. Ihr Augenaufschlag war hollywoodreif. Doch Christian lächelte ihr nur zu. Was heißt nur; von so etwas konnte ich nur träumen.
„Was gibt es noch groß zu sagen, ich bin erst vor kurzem hier in die Gegend gezogen und ja ... Ich mache viel Sport und ich spiele Klavier.“
Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und blickte Herrn Zimmermann fragend an.
„Nun gut, das sollte für den Anfang reichen. Ihr werdet ja sicher im Laufe der Zeit noch mehr über ihn erfahren. Bitte, setze dich … “
Auf der Suche nach einem freien Platz ließ er den Blick durch den Raum schweifen.
Nein – bitte nicht! Nicht neben mich! Nicht heute, wo ich wie eine gerupfte Vogelscheuche aussah! Nein, bitte sag nicht meinen Namen. Bitte, bitte!
Ich kniff panisch die Augen zusammen und machte mich so klein es ging.
„Setz dich einfach neben Julia. Da ist noch ein Platz frei ... Ihr kommt sicher gut miteinander aus.“
Sophie warf mir einen abschätzigen Blick zu und fing sofort an mit ihrem Nebensitzer zu tuscheln. Natürlich in einer Lautstärke, in der es auch der letzte Volldepp, also kurz gesagt: Ich, es mitbekommen musste.
„Oh mein Gott, neben der hält es doch keiner aus. Der Neue tut mir jetzt schon Leid. In der Pause nehmen wir ihn besser gleich in unsere Mitte auf.“
Ich kniff die Augen zusammen und versuchte einfach wegzuhören. Ich muss sagen, mit der Zeit bekommt man darin echt Übung.
Es half alles nichts, der Neue musste sich wohl oder übel neben mich setzen. Ob er wollte oder nicht.
Ich schob meine Sachen beiseite um ihm Platz zu machen. Ich vermied es ihn anzusehen und schaffte es mit knapper Müh und Not ein unbegeistertes „Hey“ hervorzubringen.
Sophie fing natürlich sofort an, sich an den Neuen ranzumachen. „Oh Mann. Du hast echt Pech. Seit ihre Mutter gestorben ist, ist sie echt nicht auszuhalten. Wenn ich du wäre, dann würde ich mir ganz schnell einen anderen Platz suchen.“
Ich verdrehte die Augen. Es wäre weniger auffällig, wenn sie sich einfach direkt auf seinen Schoß setzen würde anstatt ihn so selten dämlich von der Seite anzumachen.
Ich erwartete, dass er mich auslachen würde und sich von mir wegdrehen würde, wie alle andern es sonst auch taten. Deshalb war ich umso erstaunter, als er ihr etwas vollkommen anderes zur Antwort gab.
„Wenn du ich wärst, dann wäre dein IQ doppelt so hoch und du wüsstest wie es ist die Eltern zu verlieren. Da du keins von beidem besitzt, kannst du deine Ratschläge an jemand anderen weitergeben.“
Schockiert riss ich die Augen auf und drehte langsam den Kopf zu ihm herum. Dabei viel mein Blick kurz auf Sophie, die nicht minder schockiert aussah. Doch ich warf ihr nur einen sehr kurzen Blick zu, denn Christian starrte mich direkt an. Mit einem unverschämt gut aussehenden Lächeln. Mein Mund stand leicht offen und ich hatte die Augen immer noch aufgerissen. Ich musste erst ein paar Mal tief durchatmen, bevor ich wieder klar denken konnte.
„Ich … Ehm. Das war gerade ja sehr nett von dir, aber ich komm schon klar. Echt … Ehm … Ich … Ich brauche keine Hilfe, danke. Passt schon …“
Verdammt, mit hatte es echt die Sprache verschlagen.
Was redete ich da nur für dummes Zeug?! Jetzt gab es mal einen der sich für mich aussprach und nicht über mich lachte und was machte ich? Beschuldigte ihn und laberte ihn mit irgendwelchem gestotterten Schrott zu?!
Doch er schaute mir nur in die Augen, ohne dass sein Lächeln auch nur eine Spur nachließ. „Das glaube ich dir nicht. Außerdem … Wer sagt denn, dass ich das nur wegen dir getan habe?“
Sprachlos blickte ich ihn an. Was wollte er mir denn damit sagen?
„Ehm, ich glaube ich verstehe nicht ganz …“
„Nun ja, du bist nicht die Einzige, die ohne Eltern aufgewachsen ist.“
Kurz war sein Lächeln verschwunden, allerdings nur, um gleich im nächsten Moment wieder aufzutauchen.
Ich senkte den Kopf.
„Das tut mir sehr leid.“
Er schüttelte den Kopf und lächelte mir aufmunternd zu.
„Du weißt doch, das braucht es nicht. Und wenn ich ehrlich bin … Habe ich das doch hauptsächlich deinetwegen gesagt.“
Hatte er das gerade wirklich gesagt? Das kam ja fast so rüber, als… Ja, fast so, als würde er mich mögen.
Ich konnte es kaum glauben und anscheinend stand mir das ins Gesicht geschrieben. Denn er blickte mich mit fragendem Blick an.
„Ist was?“
Schon wieder dieses unwiderstehliche Lächeln. Sophie schaute ihn immer noch entsetzt an. Ihr dummer Gesichtsausdruck ließ ein Lächeln auf meinem Gesicht erscheinen. Ein Lächeln! Mann, war das ein tolles Gefühl! Ein echtes Lächeln.
Wie gut das tat. Und wie lange es her war, dass ich so gelächelt hatte.
Einen Moment war ich – ja, einen Moment war ich einfach nur glücklich.
„Ach, er wird schon zu Vernunft kommen. Hast du grad die Grimmasse gesehen, die die dumme Gans geschnitten hat? Sollte das vielleicht ein Lächeln sein? Er wird schon bald merken, dass sie eine totale Langweilerin ist ... Vielleicht nehmen wir ihn dann doch noch auf ... Mal sehen …“
Tja, das war’s dann schon wieder mit meinem Glück. Sophie hatte in dieser Klasse einfach das Sagen und wenn ich nicht wollte, dass Chris bald genauso dastand wie ich, dann machte ich besser den Mund auf, bevor es zu spät für ihn war.
Langsam drehte ich mich zu Christian um.
„Ähm … Christian, ich ... “
„Chris, okay? Einfach nur Chris.“
„Okay, Chris. Also, ich glaub das ist keine gute Idee. Jetzt hast du noch die Chance mit den richtigen Leuten abzuhängen, ohne dass sie dich auslachen und so was. Wenn du morgen immer noch mit mir sprichst, dann werden sie dich nicht mehr aufnehmen und … Und das will ich nicht.“
Langsam ließ ich die angestaute Luft aus meinen Lungen entweichen. So; jetzt war es raus. Ich fühlte mich beschissen und mein Herz sagte mir, dass es komplett falsch war, was ich da gerade tat. Mein Verstand hingegen sagte, dass es für ihn und für mich wohl das Beste war, wenn es von Anfang an kein Missverständnis gab. Ich holte gerade Luft, um noch ein paar Argumente zu bringen, da schüttelte er nur leicht mit dem Kopf und ich verstummte. Verschämt senkte ich meinen Kopf; mir fiel wieder ein wie ich heute aussah. Er musste mich echt für ein ungepflegtes und minderwertiges, ohne jedes Selbstbewusstsein bestücktes Wesen halten. Sanft hob er mit seiner Hand mein Kinn an und zwang mich so ihn anzusehen.
„Julia.“
Mit einem weiteren Kopfschütteln schaute er mir in die Augen.
„Ich kann gut auf mich selbst aufpassen und ich kann mir durchaus selbst meine Freunde aussuchen. Ich denke mal ich hab meine Seite gezeigt.“
Ich schaute ihn einfach nur an. Es war verrückt, ich kannte ihn … Wie lange? Vielleicht 10 Minuten?! Und doch war er mir vertrauter als all meine Klassenkameraden zusammengenommen. Ich fand seine Entscheidung nicht gut, doch andererseits; es war wirklich seine Entscheidung. Warum sollte es das Schicksal nicht einmal gut mit mir meinen?
Langsam ließ er seine Hand sinken und umfasste meine im Schoß verschränkten Hände. Ich senkte meinen Blick nicht und er wandte den Blick nicht von meinen Augen ab. Da war irgendwas zwischen uns; das spürte ich deutlich. Und anscheinend war ich nicht die Einzige, der das auffiel. Als es klingelte, schreckte ich zusammen und konnte kaum glauben, dass die erste Stunde schon vorbei war. Ich löste meine Hände von Seinen und packte rasch meine Sachen zusammen. Schüchtern warf ich ihm einen Blick zu.
„Soll ... Soll ich dir den Weg zeigen?“
Lächelnd nickte er und eine wütende Sophie rauschte an mir vorbei.
„Das werdet ihr noch bereuen! Das schwöre ich euch!“
Der Schultag ging für meinen Geschmack viel zu schnell rum. Mir war nicht bewusst wie schön Schule sein konnte, wenn man jemanden hatte, mit dem man sich unterhalten konnte. Und mit Chris konnte man das. Er fragte mich alles Mögliche.
Nach meiner Lieblingsfarbe, meinem Lieblingstier, was ich gerne aß und was nicht, wie meine Oma hieß, was mit meinen Eltern war.
Es war erstaunlich: Ich hatte mit noch kaum jemandem darüber gesprochen und jetzt fragte mich ein Junge, den ich gerade mal einen Tag kannte einfach so was mit meinen Eltern war. Und das Erstaunliche war: Ich redete mit ihm darüber!
Er ließ mich reden und hörte mir einfach nur zu. Selbst als ich nicht verhindern konnte, dass mir eine Träne über die Wange lief, reichte er mir nur ein Taschentuch und sagte nichts weiter. Es war ein unglaublich befreiendes Gefühl darüber zu reden. Als ich nach Hause lief, fühlte ich mich frei wie ein Vogel. Als wäre eine zentnerschwere Last von meinen Schultern genommen worden. Und da wusste ich, dass ich mich auf Chris verlassen konnte. Immer. Und ich wusste noch etwas: Ich hatte mich in ihn verliebt.

Meine Oma merkte natürlich sofort, dass etwas anders war als sonst.
„Hallo, mein Schatz. Wie war die Schule?“
„Schön. Richtig, richtig schön!“
Fragend zog sie eine Augenbraue hoch und ich erzählte ihr von meinem neuen Freund. Man konnte es doch durchaus Freund nennen, oder? Ich meine, wir haben den ganzen Tag zusammen verbracht und ich hab wahrscheinlich so viel geredet und gelacht wie im gesamten letzten Jahr nicht.
Sie schaute mich an und ein seltsamer Ausdruck trat in ihre Augen.
„Ich sehe zum ersten Mal seit dem Tod deiner Mutter deine Augen wieder leuchten. Du siehst so sehr hübsch aus.“
Ich lächelte verlegen, aber glücklich. Wir setzten uns an den Esstisch und begannen zu essen.
„Jetzt erzähl! Wie sieht er aus, was macht er, wo kommt er her, was sind seine Hobbys? Hat er Geschwister, habt ihr euch verabredet?“
Ich lachte amüsiert. Meine Oma war wirklich keine normale Oma. Sie war meine beste Freundin.
„Nun ja, seine Eltern sind auch tot. Sie sind schon sehr früh gestorben und er hat in einem Heim gelebt, bis …“
Ich runzelte die Stirn. Ich wusste, dass er früher in einem Heim gewohnt hatte und jetzt nicht mehr. Aber was dazwischen war, hatte er übersprungen.
„Egal, jetzt lebt er auf jeden Fall hier und … Ja … Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden.“
Meine Oma blickte mich an und fing Angesichts meines strahlenden Lächelns an zu grinsen. Ich warf eine Nudel nach ihr und machte mich dann an den Abwasch.

Am nächsten Tag stand ich extra früher auf, kämmte meine Haare und schminkte mich. Nicht zu stark, eher schlicht. Ich mochte Natürlichkeit. Ich zog mir etwas Besseres an als am Tag zuvor; eine meiner Lieblingsblusen, die mir meine Mutter geschenkt hatte. Als ich in den Spiegel blickte war ich selbst überrascht.
War das wirklich ich? Die Augen strahlten ungewöhnlich intensiv, meine Wangen waren rosig und ich sah – ich sah gut aus. Auch meine Oma war begeistert.
„Du musst den Jungen ja echt mögen. Mir ist es recht.“

Auf dem Weg zur Schule pfiff ich fröhlich vor mich hin; wann hatte ich das letzte Mal solch gute Laune gehabt? Doch als ich in der Schule ankam verging meine Hochstimmung sofort. Sophie wartete schon auf mich; war aber Dank meines Outfits erst mal sprachlos. Doch dann legte sie umso mehr los.
„So, du kleine Schlampe. Willst dich wohl gleich an den Neuen ran machen? So geht das aber nicht, Fräulein. Er gehört mir, hast du das verstanden? Er macht das doch alles nur aus Mitgefühl, nach einer gewissen Zeit wird er dich links liegen lassen. Und wenn du nicht willst, dass es ihm wie dir ergeht, dann lässt du die Finger von ihm! Sonst werden wir ihn so lange bearbeiten, bis er freiwillig von einer Brücke springt!“
Mir waren die Tränen in die Augen gestiegen. Ich wusste ganz genau, dass sie ihre Worte genauso gemeint hatte, wie sie sie ausgesprochen hatte. Sie wusste nicht, wie sehr sie mich mit ihren letzten Worten getroffen hatte. Denn genau so war es mir am Anfang ergangen. Ich wollte wirklich nicht mehr leben und an das Gefühl konnte ich mich nur allzu gut erinnern. Mit einem verächtlichen Lachen und einem letzten drohenden Blick drehte sie sich auf dem Absatz um und ließ mich stehen. Da hörte ich eine mir vertraute Stimme.
„Hey, Julia! Hey, hier!“
Oh nein, bitte, nicht er. Konnte er nicht krank sein?
So sehr mich seine Stimme vor ein paar Minuten noch in Glücksgefühle versetzt hätte, so sehr zog sie mich nun runter.
Doch ich wusste, dass ich es nicht ewig vor mir aufschieben konnte. Je eher ich ihm sagte, dass ich nicht mit ihm befreundet sein konnte, desto weniger Schmerzen würde ich ihm und mir bereiten. Also holte ich tief Luft und ging langsam auf ihn zu.
Die ersten Tropfen vielen vom Himmel. Mich störte das nicht besonders, es kam mir sogar sehr gelegen, denn die Schüler eilten in das Schulhaus ohne uns weiter zu beachten.
Sein Lächeln verschwand, als er die Tränen auf meinen Wangen sah.
„Hey, was ist denn passiert? Du weinst j ... “
Ich ließ ihn nicht ausreden sondern legte gleich los.
„Okay, hör zu. Ich will das nicht, aber es ist das Beste für dich. Wir können nicht befreundet sein. Sie werden dich fertig machen; unerbitterlich. Die hören nicht auf. Ich weiß das, weil sie das mit mir auch schon gemacht haben. Und das Gefühl war echt nicht schön und ich will nicht dass dir das auch alles passiert weil … Selbst wenn ich dich erst so kurz kenne, bedeutest du mir wirklich schon viel und … “
Jetzt war er es, der mich unterbrach. Sanft hatte er mein Gesicht in seine Hände genommen und senkte den Kopf. Seine Lippen berührten die Meinen zärtlich. Ich hielt die Luft an; mir war schwindelig. Geschah das gerade wirklich? Ja, es geschah wirklich.
Er zog mich zu sich heran, ich ließ es willenlos geschehen. Er löste seine Lippen nicht von meinen; er küsste mich nur stärker, aber immer noch so sanft als wäre ich eine zerbrechliche Porzellanpuppe. Langsam konnte ich klar denken und begann seinen Kuss zu erwidern. Es war unglaublich. Die Welt löste sich nicht auf, aber sie verschwamm; ich nahm nichts wahr außer dem warmen Gefühl seiner Lippen auf Meinen und nahm so viel von dem Moment auf wie ich konnte. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen und trotzdem fand ich es viel zu kurz.
Keuchend schnappte ich nach Luft und löste so unsere Lippen voneinander. Ich blickte ihm in die Augen. Was ich darin las, ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Einerseits sah ich unendlich große Liebe, doch da war noch etwas anderes. Irgendetwas verschwieg er mir. Irgendetwas, das ihn bedrückte und das unheimlich wichtig war.
Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Ich wollte ihn gerade darauf ansprechen, als er mich an der Hand nahm und zusammen mit mir ins Schulhaus rannte. Kurz vor unserem Klassenzimmer blieben wir noch einmal kurz stehen und er schaute mich an.
„Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich da jetzt gerne mit dir zusammen hineingehen.“
Ich strahlte immer noch und wahrscheinlich hätte ich ihm in diesem Augenblich auch den Wunsch erfüllt wie ein Hund bellend in das Zimmer zu laufen. Aber zusammen hörte sich eindeutig besser an.
Hand in Hand gingen wir hinein; alle Augenpaare richteten sich auf uns. Und mitten in der Tür küsste er mich noch einmal.
Vor aller Augen!
Ich war entsetzt, was mich allerdings nicht daran hinderte seinen Kuss zu erwidern und mich unglaublich gut zu fühlen. Ich hörte Sophie keuchen und ein paar Jungs, die Chris ganz nett fanden, fingen an zu pfeifen. In dem Moment hörten wir ein Räuspern hinter uns und Chris löste sanft seine Lippen. Wir drehten uns um und erblickten Herrn Zimmermann.
„Schön, dass du dich schon so gut eingelebt hast, Christian.“
Der lächelte nur verschmitzt und wir gingen an unseren Platzt; ich war noch etwas atemlos, doch strahlte über das ganze Gesicht.

So ging es jetzt schon seit zwei Wochen und ich hatte mich schon daran gewöhnt, dass es mir vorkam, als hätte es nie ein Leben ohne ihn gegeben.
So viel hatte sich in meinem Leben verändert. Durch ihn ging ich öfters weg, fand neue Freunde, hatte endlich wieder Spaß am Leben und an der Schule.
Und das lag alles nur an Chris. Meinem Engel Chris. Er hatte mich in einen Sportverein für Schwimmen mitgeschleppt und ich muss sagen, es gefällt mir dort. Er spielte mir häufig etwas auf dem Klavier vor, solange, bis ich selbst damit anfing.
Kurz gesagt: Er war immer fröhlich, immer gut drauf und immer für mich da.
Doch irgendwann kam der Tag, an dem etwas anders war. Ich sah in seltener als sonst, er war sehr blass und sah krank aus. Er fehlte öfters in der Schule und meldete sich manchmal tagelang nicht bei mir. Auf Nachfragen antwortete er nur ausweichend und kurz angebunden. Er verhielt sich äußerst merkwürdig.
Als er sich an einem Tag wieder nicht meldete und auch nicht in der Schule war, reichte es mir.
Ich ging in den Flur, nahm den Hörer ab und wählte seine Nummer. Genau in diesem Augenblick klingelte es an der Tür.
Na toll.
Ich war wirklich sauer. Er konnte sich doch nicht einfach tagelang nicht melden und jetzt denken alles sei wie sonst?
Ich riss die Tür auf und zog ein nicht sehr begeistertes Gesicht. Als ich ihn dann allerdings in der Tür stehen sah; schwach, bleich und mit einem Ausdruck in den Augen, der mir das Blut gefrieren ließ, zog ich ihn schnell in die Wohnung.
Irgendwas war passiert; ich sah es in seinen Augen. Seine Begrüßung war etwas zu stürmisch; sein Kuss etwas zu drängend. Etwas stimmte nicht. Etwas stimmte absolut nicht.
„Was ist los?“
Meine Stimme war leise und brüchig.
Er sah mir lange in die Augen, dann holte er zitternd Luft. „Ich ... Können wir in deine Zimmer?“
Überrascht nickte ich. Er redete normalerweise nicht lange um den heißen Brei herum. Was konnte nur so schlimm sein, dass er mich erst in sicherer Umgebung bringen musste, um es mir zu sagen? Wir setzten uns eng nebeneinander auf mein Bett und er nahm sanft meine Hände und legt sie auf seine Beine.
„Also, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll ... “
Er holte tief Luft. Seine Lippen zitterten. Entsetzt sah ich eine Träne in seinen Augen.
Mir stockte der Atem und Panik begann sich in mir auszubreiten.
„So schlimm?“
„Schlimmer.“
Ich schaute ihn an. Mein Herz schlug mir bis in den Hals; mir war gleichzeitig heiß und kalt. Meine Stimme war leise; leiser als ein Flüstern.
„Was ist los?“
Er blickte mich an. Seine Augen sprachen mir stumm zu. Ganz fest drückte er meine Hände und dann … Dann sprach er es aus.
„Ich habe Krebs. Endstadium; nicht mehr heilbar. Die Ärzte geben mir noch ein paar Wochen.“
Nein; das durfte nicht sein. So etwas durfte nicht geschehen.
Nein.
Das war ein schlechter Witz; versteckte Kamera oder so. Doch aus seinen Augen sprach eine solche Trauer, so etwas konnte nicht gespielt sein. Und warum sollte er auch? Wenn er Schluss machen wollte könnte er das auch einfacher haben.
Er nahm mich in den Arm. Ich war wie betäubt. Warum war mein Leben so verflucht? Was hatte ich nur schreckliches getan, dass mich Gott so bestrafte? Wie konnte er mir die Mutter nehmen, den Vater gleich mit und jetzt das?
Genau dann, wenn alles gut wurde. Wenn ich endlich wieder glücklich war?
Wie konnte er mir das antun?!
Ein paar Wochen. Sterben. Chris. Tot. Krebs. Endstadium. Ein paar Wochen. Tot. Chris, Chris, Chris, Tot.
Wirre Gedanken kreisten mir durch den Kopf, doch den Sinn konnte ich nicht begreifen.
Tot. Chris. Krebs.
Sie wollten nicht aufhören. Immer und immer wieder stammelte ich seinen Namen, bis ich anfing zu begreifen. Es war kein Traum. So sehr ich mir das auch wünschte.
Chris würde sterben.
Tot. Nicht mehr da. Kein Lachen von ihm, nie mehr seine Lippen auf meinen spüren; keine Umarmung mehr, kein Schwimmen, keine Klavierstücke.
Er würde sterben.
Und nicht mehr wieder kommen.
Gehen; für immer.
Hemmungslos fing ich an zu schluchzen.
„Nein, Chris, nein. Bitte, du darfst nicht gehen! Lass mich nicht allein; du musst bei mir bleiben! Nein!“
Ich weinte; weinte in seinen Armen. Und er weinte mit mir. Gegenseitig schenkten wir uns Trost. So saßen wir da; für eine gefühlte Unendlichkeit.
Wir hatten gerade mal einen knappen Monat zusammen gehabt. Nur einen Monat, in dem sich doch so viel verändert hatte. Ich ließ die vergangenen Wochen an mir vorüberziehen. Er war die Liebe meines Lebens gewesen, das stand fest. Ich sah ihn an und wusste: Wenn er gehen musste, dann würde ich mitgehen.
Er las in meinen Augen und schüttelte den Kopf.
„Oh nein. Julia, das wirst du nicht tun. Ich weiß das schon lange und hab nicht einen Monat mit dir gelacht und geweint, damit du jetzt alles hinschmeißt. Du musst weiterleben! Lebe dein Leben und ich werde meines nicht ganz verlieren!
Lebe weiter und ich lebe in dir! So gehe ich nie ganz verloren.“
Er schaute mich lange an.
Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Er konnte nicht gehen. Das konnte einfach nicht sein. Ich schüttelte den Kopf und legte den Kopf an seine Schulter.
Nach trostlosen Tagen hievte ich mich aus meiner Starre hoch und beschloss, die letzten verbleibenden Wochen mit ihm zu genießen. Er hatte starke Schmerzen, musste oft ins Krankenhaus; aber anmerken ließ er sich kaum etwas.
Er war so tapfer. So viel tapferer als ich es gewesen war. Viel zu schnell nahm es sein Ende.

Seine letzten Tage verbrachte Chris im Krankenhaus, an mehrere Geräte angeschlossen. Es war schrecklich ihn leiden zu sehen, doch wenn ich ihn schon nicht auf seinem letzten Weg begleiten konnte, dann wollte ich ihm wenigstens beistehen.
Ich wich nicht eine Minute von seiner Seite, die Schule war mir egal. Meine Oma kam oft vorbei, auch sie hatte Chris sehr in ihr Herz geschlossen. Wir weinten zusammen, lachten zusammen oder saßen einfach nur stumm da.
Alles was zählte war er. Er und nur er.
Und so war ich auch bei ihm als es mit ihm zu Ende ging. Ich merkte es daran, dass sein Herz langsamer wurde und er die Atemmaske ablegte. Ich sprang von meinem Stuhl auf und legte panisch eine Hand auf seine Stirn.
„Soll ich dir etwas bringen? Wasser, etwas zu essen, brauchst du einen Arzt?“
Er nahm nur sanft meine Hand fest in Seine und schaute mich an.
„Es ist vorbei.“
Ganz leise sagte er das und so sanft, als wäre ich es, die im Sterben lag, nicht er. Ich schüttelte den Kopf und konnte nicht verhindern, dass ein hemmungsloses Zittern meinen Körper befiel.
„Doch Julia. Es ist Zeit für mich zu gehen. Aber weißt du was: Liebe besteht über den Tod hinaus. Ich werde immer bei dir sein, nur dass du mich jetzt nicht mehr sehen kannst, sondern nur noch fühlen. Aber ich bin immer da. Immer. Und Julia.“
Er holte keuchend Luft. Seine Hand krampfte sich schmerzhaft zusammen und er verzog gequält das Gesicht.
„Ja?“
„Gib nicht deinem Vater die Schuld an dem Tod deiner Mutter. Wenn er stirbt und du hast dich nicht mit ihm ausgesprochen wirst du dir das nie verzeihen. Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Ich wünschte uns wäre mehr Zeit gegeben worden.
Ich liebe dich.“
Das Gerät piepste einmal, dann war es still.
Er war tot.
Ich fing hemmungslos zu schluchzen an und wich auch in den darauffolgenden Stunden nicht von seiner Seite.
Ich erinnere mich nur noch daran, dass irgendwann eine Schwester mit einem Arzt hereinkam und mich von dem Bett wegzog. Meine Oma wartete schon vor der Tür auf mich und schloss mich fest in die Arme.
Ich warf einen letzten Blick zurück und fast erschien es mir, als ob er mir zulächelte. Dann straffte ich die Schultern und verließ das Zimmer. Ich hatte noch ein wichtiges Telefonat mit meinem Vater zu erledigen.

 

Hallo Juliettchen!

Willkommen auf kg.de.

Zum Einstand erstmal ein Tipp: Mache bei Dialogen immer einem Zeilenumbruch (Absatz), wenn der Sprecher wechselt. Irre lange Textblöcke finden längst nicht so viel Leser wie gut unterteilte Texte, ganz unabhängig vom Inhalt bzw. der Qualität.

Grüße
Chris

 

hey Juliettchen!

Ich finde deine Geschichte wirklich sehr schön! Sie ist so romantisch und ich konnte wirklich mit Julia leiden. Ihre Gefühle wurden sehr gut zum Ausdruck gebracht.

Allerdings muss ich ehrlich sagen, dass die Geschichte an manchen Stellen kürzbar ist. Es kommt mir eher wie ein kurzer Roman vor, als eine Kurzgeschichte.

lg
bananabrot

 

hey bananabrot
Ich weiß, ich baue gerne meine geschichten aus.... Ich liebe es mit wörtern zu spielen und komplizierte sätze zu bauen. Und da ich sehr viel lese habe ich teilweise den stil von romanen übernommen weil ich diese art des ausdrucks echt schön finde... Eigentlich war das sowieso nur eine kurze Idee, ich hab daran an zwei tagen je 3 stunden am stück gearbeitet und deshalb sind manche stellen noch verbesserungswürdig. Ich hatte noch viel mehr Ideen die ich einbringen wollte, aber dann wäre die Geschichte doch etwas zu lang geworden... Ich weiß nicht ob ich eine Geschichte überhaupt ohne diese kürzbaren Stellen schreiben kann; oft weiß ich nach einer intensiven Schreibphase gar nicht mehr was ich geschrieben habe... =) Aber danke für deinen Kommentar, da ich nur relativ jung bin werde ich mich mal an so was versuchen^^ lg julia

 

Hey Chis
das mit dem Zeilenumbruch hatte ich am Anfang auch, aber dann wäre die geschichte noch mal um ne seite länger geworden, deshalb hab ich mich lieber für die Variante entschieden. Ich muss sagen, wenn ich bücher lese machen die autoren ja auch keine zeilenumbrüche, ist das ein unterschied? Danke fürs Willkommenheißen :) sehr interessant hier^^
lg julia

 

Hallo Juliettchen!

"Ich muss sagen, wenn ich bücher lese machen die autoren ja auch keine zeilenumbrüche," => Äh, was liest du denn für Bücher? Es gibt kaum einen Autor, der in Dialogen keinen Zeilenumbruch macht. (Und außerdem ist es ein Riesenunterschied, ob man einen Text auf Papier oder am Monitor liest). Also, wieder rein mit den Zeilenumbrüchen.

Noch eins: Wenn du mehrere Antworten gleichzeitig postest, bitte immer in ein und denselben Post, nicht in mehrere untereinander.

Okay, dann mal inhaltlich zu deinem (nicht gerade kurzen) Text.

Grundsätzlicher Tipp: Wenn du einen Text geschrieben hast, lege ihn erstmal in die Schublade, vergiss ihn und überarbeite ihn später. Erst dann (wenn du ihn richtig gut findest) solltest du ihn veröffentlichen.

Der Anfang: "Die Sache mit dem ersten Freund beschäftigt wohl jeden Menschen ab einem gewissen Alter." => Du schreibst hier doch keinen Schulaufsatz! Also bitte rede nicht über "jeden Menschen", stelle deinen Protagonisten vor, mach ihn interessant, damit die Leser deinen Text lesen wollen.

Und gehe ran an die Situation, die Protagonisten, schreibe nicht: "welche Bedeutung die Sätze hatten, mit denen sie sich unterhalten.", schreibe diese ominösen Sätze nieder! Der Leser will doch auch wissen, was das für Sätze sind! (Übrigens, Tempusfehler: Du beginnst in der Vergangenheit, endest aber in der Gegenwart.) Statt Andeutungen zu machen, solltest du so erzählen, dass der Leser sich die Dinge vorstellen kann, bei deinem Protagonisten dabei ist.

Die Kommasetzung ist auch noch arg verbesserungswürdig. (Wenn du lange Sätze liebst, muss du das einigermaßen beherrschen.)

Allgemein solltest du mal ausprobieren, wie du von den ganzen hatte- und war-Sätzen wegkommst. Das liest sich nicht so schön.

"Du denkst vielleicht: " => Nein, sage dem Leser niemals, was er "vielleicht" denkt. Der Leser hat ein eigenes Hirn, er weiß selbst am besten, was er denkt und was nicht.

Allgemein solltest du dir mal überlegen, was du eigentlich erzählen willst. Der Titel verspricht etwas von einem "ersten Freund". Du verlierst dich aber in 'ner Menge Handlungsstränge. Der Tod der Mutter, die Oma, die nie rausgeht, die Mathearbeit u.s.w. Vieles davon braucht es nicht, für das, was eigentlich deine Geschichte sein soll. Im Gegenteil, der Leser wird gelangweilt, frustriert und steigt im schlechtesten Falle aus dem Text aus. Das kann nicht der Sinn der Sache sein.
Such dir deinen roten Faden, bleib dran und streiche alles Unnötige aus dem Text raus. (Und vor allem: wiederhole nicht so viel! Da sind Infos drin, die haust du dem Leser immer und immer wieder an den Kopf!)
Warum fängst du den Text eigentlich nicht erst hier an: "Der nächste Morgen fing mit einer absoluten Katastrophe an"?

"Christian.....Aber das wisst ihr ja schon...." => Es sind immer nur drei Auslassungspünktchen und es gehört je ein Leerzeichen davor (und auch danach, wenn ein weiteres Wort folgt).

"Ihr versteht euch sicher gut, auch sie lebt nicht mehr bei ihren Eltern." => Oh, echt! Wenn der Lehrer so etwas sagt, sollte man ihn einweisen!

"ich da nur für dummes Zeug???" => Man macht immer nur ein Fragezeichen (Ausrufezeichen ebenso) nicht zwei, drei, fünf oder zehn!
Das ist nur albern und hat absolut nichts in literarischen Texten zu suchen, sorry.

Ich überspringe das folgende, komme zum Ende: "Ich habe Krebs. Drittes Endstadium; nicht mehr heilbar. Ich werde in zwei bis drei Wochen sterben" => Erstmal: Was soll denn ein "drittes Endstadium" sein? Und wenn er dermaßen krank ist, warum läuft er dann rum wie ein ganz normaler, gesunder Typ?
Wenn du von Etwas nichts verstehst, dann schreibe nicht darüber - und dass "Krebs" für dich nicht mehr ist als etwas Schreckliches, von dem du mal irgendetwas gehört hast, aber nicht mehr, ist offensichtlich.
Komm auf den Boden der Tatsachen zurück und schreibe eine Geschichte, die sich liest, als würde sie wirklich passieren.

Und bitte, keinen moralinsauren Endsatz: "Lebe jeden Tag als ob es dein letzter wäre, denn es kann dein letzter Tag sein." => Das verdirbt einem ja jegliches Lesevergnügen.

Entschuldige, aber etwas Positiveres zu deinem Text kann ich dir nicht bieten.

Grüße
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

hey Chris,
obwohl es mir schwerfällt muss ich dir erst mal für deine Kritik danken. Das mit der Kommasetzung isr mir selbst schon aufgefallen und ich werde es verbessern, sobald ich Zeit dazu habe. Und ich meke jetzt, beim zweiten durchlesen, dass ich wirlich zu viele Infos hineingepackt habe. Das mit ihren Eltern ist eigentlich irrelevant, da hast du Recht. Auch die Stelle, bei der die Oma verschwand, kann ich streichen. Ein Kritikpunkt stimmt aber nicht:

"Ich habe Krebs. Drittes Endstadium; nicht mehr heilbar. Ich werde in zwei
bis drei Wochen sterben" => Erstmal: Was soll denn ein "drittes Endstadium"
sein? Und wenn er dermaßen krank ist, warum läuft er dann rum wie ein ganz
normaler, gesunder Typ?
Wenn du von Etwas nichts verstehst, dann schreibe nicht darüber - und
dass "Krebs" für dich nicht mehr ist als etwas Schreckliches, von dem du mal
irgendetwas gehört hast, aber nicht mehr, ist offensichtlich.

Ich habe sehr wohl eine Ahnung von Krebs. Mein bester Kumpel ist dadurch gestorben. Deshalb weiß ich, dass es ein drittes Endstadium gibt; auch wenn ich das nur von ihm gesagt bekommen habe. Und am Anfang sieht man wirklich nicht, dass er krank ist. Man bemerkt zwar eine ununterbrochene Müdigkeit, aber das kann man durchaus auf sein Training zurückführen. Vielleicht hätte ich so etwas im Text erwähnen sollen und dafür das irrelevante streichen.
Ich gebe zu: Meine Texte sind immer traurig; sie haben kein Happy End. Und der (wie du es nennst) moralinsaure Endsatz war für mich deshalb wichtig, weil ich weiß, wie das Leben ist. Auch wenn ich noch ein halbes Kind bin, habe ich begriffen, dass das Leben eben nicht wie die schönen Märchen sind; alles sind am Ende glücklich und zufrieden. Dieser Satz hat noch eine gewisse Bedeutung für mich: Meine beste Freundin, deren Mutter ebenfals an Krebs gestorben ist, und ich haben uns diesen Satz sozusagen als Lebensmotto ausgesucht. Weil wir beide wissen wie plötzlich so etwas kommen kann.

Ich habe nicht alle Worte aus deiner Kritik verstanden: Was ist ein Protagonist? Davon habe ich weder in der Schule gehört noch in irgendeinem Buch etwas darüber gelesen. Und hey, es ist zwar nicht mein erste Geschichte, aber so viele habe ich noch nicht geschrieben, als das ich das alles schon wissen kann. In der Schule haben wir das auch noch nicht durchgenommen, also lass mir bitte noch ein bisschen Zeit um all deine Kritiken umsetzen zu können. Vielleicht kannst du mir ja ein paar Tipps geben, wie ich meinen Stil noch verbessern könnte oder wie man überhaupt eine lyrisch korrekte Kurzgeschichte schreibt. Ich versuch das alles, das du mir geschrieben hast, richtig umzusetzen.
Danke für deine Kritik
Julia

 

Hallo Juliettchen!

Man merkt deinem Text an, dass er in einem runtergeschrieben wurde. An den fehlenden Absätzen merkt man außerdem, dass du es noch nicht drauf hast, deinem Text eine Struktur zu geben, und so ist es auch verdammt schwer zu lesen.

Bei einem literarischen Text genügt es nicht, dem Leser möglichst das Herz zu zerreißen, damit er gut ist, und diesem hier merkt man leider an, dass du ausschließlich darauf abzielst, den Leser zu rühren. Das Ganze liest sich wie eine Mischung aus Tagebuch und aus anderen Texten oder Filmen Geborgtes, ja gerade den Schlusssatz hat man doch schon so oft gelesen und gehört, es ist ein Schwachsinnssatz, der gut klingt, ich für meinen Teil würde auf keinen Fall jeden Tag so leben wollen, als ob es mein letzter wäre, denn ich will nicht jeden Tag vor Angst zittern ...

Ein literarischer Text muss einem ästhetischen Anspruch genügen, das heißt, er muss etwas an sich haben, das sinnlich genießbar ist, er muss etwas an sich haben, was dem Leser Freude macht, um es mal vereinfacht zu sagen. Und anderen Menschen beim Leiden zuzusehen, ist einfach zu wenig, Rührung allein genügt mir nicht, damit ein Text mir was gibt.

Ein Text muss auch Stil haben, und keinen, den du von anderen übernimmst, sondern deinen eigenen besonderen, deine Subjektivität, das was dich zu etwas Besonderem macht, ist das Wichtigste, was du zu geben hast, es wäre schade, wenn du das in einer Sprache machst, die eigentlich jemandem anderen gehört. Versuche, das, was du dir in deinem Inneren vorstellst, in eine möglichst präzise Sprache zu bringen, das geht nicht so einfach, da muss man probieren und manchmal sehr um den richtigen Ausdruck ringen. Natürlich wirst du andere Stile nachahmen, nur so kann man das Schreiben lernen, aber du darfst nie vergessen, nach deiner eigenen Sprache zu suchen. Aber wenn du dich da bemühst, dann kommt dein Stil von ganz alleine.

An manchen Stellen wirkt dein Text sehr frisch und authentisch:

Na toll, und ausgerechnet heute sah ich wie ein wandelnder Strohhaufen aus
Da musste ich wirklich lachen! :D

Andere Stellen wirken wieder völlig unglaubwürdig:

Dann sagte ich langsam: „Danke, aber.... du musst dir jetzt nicht aus lauter Mitgefühl eine Klasse voller Feinde schaffen. Ich komm auch allein klar; mach dir um mich keine Sorgen. Ich bin das schon gewöhnt von allen ausgelacht und missachtet zu werden also kannst du ruhig zu den coolen gehen, ich brauch keine Freunde....“
Glaubst du ernsthaft, dass ein schüchternes Mädchen beim ersten Gespräch und noch dazu vor allen anderen Klassenkameraden so reden würde? Hat ein junges Mädchen wirklich eine derartige Coolness und einen derartigen Überblick, um so über sich zu reden? Würde es da beim ersten Kontakt wirklich gleich ans Eingemachte gehen, also auf die zentralen Probleme?

Es sind auch noch einige Fehler drinnen: Kommas fehlen viele, mit den Zeiten bist du manchmal durcheinander, ein paar Wörter gehörten groß geschrieben, aber das lernst du sicher noch mit der Zeit. Für die Länge des Textes ist es gar nicht mal so schlimm, es gibt auch keine verdrehten Sätze oder so, also ich denk schon, dass du Schreibtalent hast. Es war auch nicht uninteressant zu lesen, auch wenn das Leid, das die Heldin mitmachen muss, einfach schon zuviel ist, um noch glaubwürdig zu sein. Und naja, eins muss man auch zu Chris sagen: Ziemlich egoistisch, ein Mädchen in sich verliebt zu machen, wenn er schon weiß, dass er krank ist.

Aber: Nur nicht entmutigen lassen, und der tollste Tipp zum Schluss: VIEL LESEN! :D

Du bist ein Emo, oder? ;)

Gruß
Andrea

 

Hallo Juliettchen!

Ich habe mal schnell "Drittes Endstadium" und "Krebs" gegoogelt. Null Treffer. (Alles hat ein Ende, die Wurst hat zwei, aber drei hat wohl nichts, sorry.)

Ich gebe dir gerne weitere Tipps, lasse in den nächsten Tagen wieder von mir hören.

Grüße
Chris

 

Also damit ich gleich mal den ersten Tipp von Chris richtig mach antworte ich gleich allen:
@schattenkoenig:
Danke für deinen Kommentar. Und ihr habt alles Recht, ich hab noch mal in
einigen Büchern nachgeschaut, wegen des Zeilenumbruchs. Es machen
wirklich alle einen Zeilenumbruch. Aber ich hab auf sowas noch nie
geachtet und es deshalb auch noch nie richtig wahrgenommen. Ich werds
auf jeden Fall verbessern. :)
Gut dass ich des mit den Protagonisten jetzt weiß, da wird mein
Deutschlehrer bestimmt begeistert sein; vor allem weil wir bald ZKa
schreiben^^ Dake für die Tipps :-)

@Andrea:
Also gleich mal vornweg: Ich bin absolut kein Emo. Ich glaube, dass ich in Texten einfach gewisse Sachen verarbeiten kann, über die ich sonst nicht sprechen kann. Deshalb wirken meine Texte wahrscheinlich so deprie ... Das haben mir meine Freunde auch schon gesagt ;)
Es freut mich, dass dir manche Stellen gefallen haben =) Aber was meinst du mit andere Stile nachahmen? Ich lese so viele verschiedene Bücher, da eigne ich mir so etwas von ganz alleine an, ohne dass ich mich darum bemühe. Ich mag lange Sätze, am besten wenn sie noch etwas komplizierter ausgedrückt sind, als in der normalen Sprache. Liegt vlt auch ein bisschen am Lateinunterricht ;)
Und zu deinem letzten Punkt: Eigentlich wollte ich es so machen, dass Chris es nicht vom Anfang an weiß. Er sollte es irgendwann zwischendrin erfahren und es ihr aber nicht sagen können, weil er Angst davor hat. Ich glaube, dass meint man wohl mit: Den Faden verlieren ... Ist mir leider in der Geschichte viel zu oft passiert. Danke für deinen Tipp mit dem Lesen, aber meine Mutter würde mich wohl umbringen, wenn ich noch mehr lesen würde ...

@Chris:
Ich hab mich selbst noch mal informiert; du hast natürlich Recht. Es gibt 4 Stadien (Stadia?), aber kein drittes Endstadium. Ich glaube da habe ich etwas durcheinander gebracht oder falsch verstanden. Auch diesen Fehlter werde ich selbstverständlich verbessern :)

Also, danke nochmal für eure Tipps und comments, ich bin dran alles zu verbessern =)
lg euch allen
Julia

 

Hey Juliettchen!

Das ist mir auch schon aufgefallen. Hier mal ne Information:

Die wichtigste Einteilung stammt von dem amerikanischen Chirurgen R. H. Flocks. Sie ist international verbreitet und dient in der ganzen
Welt zur Verständigung. Es gibt 4 Stadien,
die durch die Ziffern A bis D, bzw. durch die Zahlen I bis IV
gekennzeichnet sind. Stadium A (I): Der Krebsknoten ist vorhanden,
aber nicht diagnostizierbar. Stadium B (II): Der Krebsknoten ist
tastbar, befindet sich aber noch in dem Gebiet, in dem er entstanden ist.
Stadium C (III): Der Krebsknoten wächst über sein Entstehungsgebiet
hinaus. Stadium D (IV): Es treten noch zusätzlich diagnostizierbare
Fernmetastasen zum Stadium A bis C auf.
Allein "drittes Endstadium" ist ja schon gegensätzlich. Wie viele Endstadien soll es denn noch geben/schon gegeben haben?
Die Geschichte an sich ist nicht schlecht, aber ich finde, sie drückt total auf die Tränendrüse. Außerdem kommt es mir so vor, als hättest du da seeeeehr viel aus Hollywoodfilmen, wie "Nur mit Dir", und Büchern à la "P.S. Ich liebe Dich" genommen.

Die Sache mit dem ersten Freund beschäftigt wohl jeden Menschen ab einem gewissen Alter.
Also, als ich in der achten Klasse war, hab ich in der Art meine thematischen Einleitungen zu Aufsätzen geschrieben. Das passt irgendwie nicht. Nochmal überarbeiten, würde ich sagen.

Aber bevor ich mit der eigentlichen Geschichte zu erzählen beginne, muss ich dich warnen. Wenn du auf eine Happyend Geschichte wartest wirst du enttäuscht werden. Es ist eine traurige Geschichte; und es fällt mir nicht leicht über die Ereignisse zu reden.
Die Bemerkung ist echt vollkommen unnötig! Klingt kindisch und herausfordernd. Hat dich ja keiner gezwungen, ne Liebesgeschichte mit Happy End zu schreiben! Außerdem ist nicht konsequent. Entweder du beziehst den Leser öfter ein, was ich persönlich immer total an Büchern hasse, oder du lässt es ganz.

„Danke, aber.... du musst dir jetzt nicht aus lauter Mitgefühl eine Klasse voller Feinde schaffen. Ich komm auch allein klar; mach dir um mich keine Sorgen. Ich bin das schon gewöhnt von allen ausgelacht und missachtet zu werden also kannst du ruhig zu den coolen gehen, ich brauch keine Freunde....“
Glaubst du wirklich, dass eine schüchterne Person, die sich in ihr Schneckenhaus verkrochen hat und den Kerl jetzt ganz toll findet, so reagieren würde? Entweder hätte sie ihn ignoriert, nicht mit ihm geredet, sich weiter schüchtern verhalten oder sie hätte die Situation voll ausgenutzt. Dieses Szenario ist echt unglaubwürdig.

In Liebe deine Großmutter
Ernsthaft? Sie lebt bei ihr, sie verstehen sich gut und sie schreibt "In Liebe deine Großmutter" ??? Das klingt total förmlich, als hätten sie keine Beziehung zueinander.

Liebe Grüße,
sox

 

hey sox,
danke für die Info; ich hab sie selbst auf google gelesen^^ Es stimmt, ich schaue gerne solche schnulzigen Liebesfilme; aber eigentlich mag ich Krimis oder Horrorfilme lieber, deshalb bin ich mir nicht so sicher, ob ich aus P.S. Ich liebe dich Sachen übernommen habe. Aber ich hab einen gewissen Hang zur Dramatik, das stimmt.
Mit 8. Klasse liegst du nicht mal ganz so schlecht, auch wenn ich in die 10. geh haben wir noch keine Kurzgeschichten geschrieben, sondern Erörterungen und so was. Da hat man halt solche Anfänge gelernt...
Daran möchte ich aber noch arbeiten.
Wegen der Sache mit dem Leser einbeziehen: Ich hab die Geschichte eig für eine Freundin geschrieben, und die beschwert sich immer, dass meine Geschichten so traurig sind; will aber immer nur traurige lesen ... Deshalb hab ich die Stelle eingebaut.
lg
julia

 

Hallo Juliettchen!

Okay, da bin ich wieder.

Grundsätzliche Tipps, wie man eine gute Kurzgeschichte schreibt, findest du überall im Internet, auch bei kurzgeschichten.de haben wir einen Ratgeber für Schreibanfänger. (Ich weiß bloß im Moment nicht, wo er versteckt ist.)

Ich versuche, mich direkt auf diese Geschichte zu beziehen. Es geht ja darum, dass Julia ihren ersten Freund kennenlernt und ihn dann leider verliert, weil er stirbt.
Die Vorgeschichte (dass Julia eben noch keinen festen Freund hatte) würde ich nur ganz kurz erwähnen.
Anfangen würde ich beim Kennenlernen der beiden, also als Christian in der Klasse vorgestellt wird.
Dann muss natürlich kommen, wie glücklich die beiden sind und so.
Ob dir wichtig ist, dass Julia in der Klasse gemobbt wird, kann ich nicht wissen, aber brauchst du das für diese Geschichte? Oder kannst du diesen Handlungsstrang weglassen?
Schließlich muss Julia ihren Freund noch verlieren. Das mit dem Krebs kommt für mich viel zu unglaubwürdig rüber. Wie schon gesagt, warum läuft er herum wie ein gesunder Junge? Und warum wechselt er überhaupt noch auf eine neue Schule, wenn er nur noch "zwei, drei Wochen" zu leben hat? Er sollte sich amüsieren, sich die Welt ansehen, so weit es ihm möglich ist, nicht Vokabeln pauken (die wird er im Himmel kaum brauchen).
=> Ein plötzlicher, nicht vorhersagbarer Tod (etwa durch einen Verkehrsunfall) hätte für deine Geschichte denselben Effekt und würde nicht so viel Recherche erfordern. (Recherche ist bei allem nötig, was du nicht am eigenen Leib erfahren hast, sonst passiert es, dass Leser verärgert sind, weil sie offensichtliche Fehlinformationen in deinem Text entdeckt haben.)
Dass dein Text kein Happy-End hat, ist vollkommen in Ordnung, das muss nicht sein. Ich habe nur deine Moral am Ende kritisiert, und zwar daher, weil du sie dem Leser vorbetest. Wenn der Leser deinen Text gelesen hat, sollte er von selbst darauf kommen, dass jeder Tag sein letzter sein kann; lass den Leser selbst denken, sonst fühlt er sich bevormundet, und das kann der Leser gemeinhin nicht leiden.

Ansonsten rate ich dir, erstmal kürzere Texte zu schreiben, mit nur einem einzigen Handlungsstrang (Grundlagenübungen sozusagen).
Man sieht deinem Text an, dass du (vermutlich instinktiv) schon vieles richtig machst. Du baust Konflikte auf, erzeugst Spannung, die Dialoge sind nicht schlecht und auch am Gefühlsleben der Protagonistin (also der Hauptperson, wie schattenkoenig schon gesagt hat) lässt du die Leser teilhaben.
Aber bei kürzeren Texten verliert weder der Schreiber noch der Leser so schnell den Faden und außerdem sind sie auch effektiver zu kritisieren, weil man auf jeden Punkt eingehen kann. (Bei einem Fünftausend-Wörter-Text würde die Liste unglaublich lang, wenn man auf alles eingehen würde.)

Noch ein letzter Tipp: Auch wenn deine Rechtschreibung (von der Zeichensetzung abgesehen) recht ordentlich ist, benutze immer eine automatische Rechtschreibprüfung. So findest auch Fehler wie ein vergessenes t bei nicht, die Grimmasse (nur ein m) und das Telephon, das man in etwa seit dem Mittelalter nicht mehr mit ph schreibt.

Und ja, lass dir Zeit. Genies, die einfach nur einen Text in den Computer tippen und dann ist er perfekt, gibt es bei kg.de ohnehin nicht. (Ich wurschtle an manchen meiner Texte Monate herum. Andere gehen mir selbstverständlich auch schneller von der Hand, aber das weiß man vorher nie.)

So, das war's.

Grüße
Chris

 

Hey Chris,
ich hoffe, dass wir in Deutsch so etwas mal durchnehmen; aber ich werde mich gleich mal an die Ratgeber im Internet ranmachen ;-)
Stimmt, kurze Texte sind einfacher zu schreiben, aber mir fällt während dem Schreiben immer mehr ein, was ich noch einbauen könnte und wie die Geschichte ausgeht. Und dann schreib ich einfach. Ohne ein Konzept oder so, einfach nur so vom Gefühl her ...
Mir fehlen grad einfach die Themen, um mal was neues zu schreiben, aber bestimmt kommt mir irgendwann eine Idee und dann versuch ich alle deine Tipps zu berücksichtigen.
Ich hab übrigens immer die automatische Rechtschreibprüfung an. Nur ist unser Computer schon so an die 8 Jahre alt und hat meinen Eltern gehört ... Deshalb sind solche mittelalterlichen Worte noch gespeichert^^
Auch das werde ich sobald wie möglich ändern.
lg
julia

 

Hallo Juliettchen.
Deine Geschichte, ist an sich nicht schlecht. Die Idee ist gut, nichts neues, viel zu dramatisch. Um ehrlich zu sein; ich habe bei der Geschichte nicht mal im Ansatz Tränen im Auge gehabt. Irgendwie hat mich diese Struktur an einen Arztroman erinnert. Ein unbedeutendes, schüchterndes Mädchen verliebt sich in ihren Arzt, doch bevor sie zueinander finden können, stirbt sie an einem Tumor. Ich will nicht diskrimminierend werden, ich bin selbst noch verdammt jung und heiße es gut, dass Neueinsteiger wie alle anderen Autoren auch behandelt werden. Denn wenn wirklich kein Interesse da wäre, würde man sich ja nicht die Mühe machen, Verbesserungsvorschläge zu finden, die du umsetzen kannst/willst.
Du hast in einem Gegenkommentar gemeint, dass du Sachen in Form einer Geschichte verarbeitest. Ich habe nichts dagegen. Denn ich tue dies ja selbst oft genug. Aber, deine Sorgen, deine Probleme, deine Gefühle, all das musst du versuchen auf deine Protagonistin zu übertragen. Diesen Faden im Überblick zu behalten ist sehr schwer. Gerade am Anfang ist es wichtig, wenn du Sachen in Geschichten verarbeiten willst, einen Draht zu deiner Hauptdarstellerin zu finden. Deinen Schreibstil kann ich nur loben, denn ich mag es nicht, wenn man in Texten in einem Satz bspw. 23 Fremdwörter benutzt. Aber ich denke, wenn das so wäre...würde dein Text auch nicht hier hin gehören^^.
Ich denke nicht, dass du irgendeinen Stil nachamst. Wenn ich gerade ein Buch lese und einen Ausdruck nicht verstehe, dann google ich es und verwende diesen in der nächsten Geschichte, ich denke so ähnlich machst du das ebenfalls. Es ist wichtig, niemanden kopieren zu wollen, sondern seinen eigenen Stil zu finden und meines Erachtens hast du diesen bereits gefunden, er muss nur noch fein geschliffen werden!
lg
PuppetAutumn

 

hey PuppetAutumn
wenn ich alle Fremdwörter benutzen würde, die ich kenne, dann wär das ja eher eine Dokumentation oder pure Angeberei. Und es wäre überhaupt keine Geschichte mehr, die mir gefallen würde. Ab und zu mal etwas in höherer Sprache ausdrücken macht den Text hochwertiger, aber wenn der Leser nur noch da sitzt und denkt: was heißt das und was heißt jenes, dann macht es ja keine Spaß zu lesen.
Ich mache es so ähnlich wie du, auch wenn ich die Ausdrücke, die ich nicht verstehe ganz altmodisch im wörterduden nachschlag ...
Aber wieso ein Arztroman? Keiner meiner Protagonisten (ha, ich hab aufgepasst ;-)) ist ein Arzt und Julia hat ja keine Krebs ...
lg
julia

 
Zuletzt bearbeitet:

Hy Juliettchen!

Meine Begeisterung für deine Geschichte hält sich leider in Grenzen. : /
Es ist eigentlich komplett die slbe Geschichte wie in dem Film "Nur mit dir", mit vertauschten Rollen. Von der Idee her fand ich es also ziemlich einfallslos.
Du (auf die Ich-Erzählerin bezogen) sagst anfangs, dass das reale Leben eine völlig andere Welt ist als in den Filmen. Falls deine Geschichte das "wahre Leben" widerspiegeln solte, hast du uns vom Gegenteil überzeugt...

Dein Schreibstil ist eigentlich ganz gut. Du bist nicht jemand der Metaphern einbaut und besonders poetisch schreibt, jedoch ist das ja kein Muss.
Das was mich wirklich am meisten störte waren die Rechtschreibfehler, die Tippfehler und Fehler bei den Fällen! Es waren sooo viele. Tut mir leid, dass ich mir jetzt nicht die Mühe gemacht habe und sie dir rausgeschrieben habe, aber es wäre auch eine viel zu lange Liste geworden.
ein paar Bsp. :
"Telephon" = Telefon (bei so einem einfachen Wort, muss ich doch etwas schmunzeln..)
"in dem Augen ansehen" = in den Augen ansehen
„Hey, was ist den passiert?" = denn
Das sind nur einige wenige, von der Fehlerhorde die sich ohne Zweifel über deinen Text hergemacht hat.

Gesamteindruck:
Wenn die Fehler raus sind, ist es bestimmt ganz nett zu lesen...
Mir persönlich gefällt die Idee nicht, da sie eigentlich nur aus Filmen kopiert ist und es an sich viel zu kitschig ist. Das mit der Idee ist jedoch nur meine Meinung und es kann naürlich sein, dass sie vielen gefällt.^^

Ich wünsch' dir viel Glück bei deiner nächsten Geschichte.. :)

LG

Marlene

 

Aber wieso ein Arztroman? Keiner meiner Protagonisten (ha, ich hab aufgepasst ;-)) ist ein Arzt und Julia hat ja keine Krebs ...

Mit Arztroman war sicher nicht gemeint, dass das ein Roman mit Ärzten ist. ;) Sowas wie "Dr. Norden", diese Pfennigromane, die meistens Rentner lesen. Ziemlich kitschig und einer der billigsten Schreibstile, obwohl ich nicht denke, dass damit deiner gemeint ist. Es ist eher das kitschige und Pseudo-romantische, was daran erinnert.

 

hey GreenLeaf, sox und granny green,
zuerst muss ich mich für meine lange Abwesenheit entschuldigen. Ich bin nicht dazu gekommen euch zu antworten.
Erstmal ein Dankeschön für eure Kritik.

@GreenLeaf
Ich hab mir inzwischen den Film 'Nur mit dir' gekauft und werde ihn auch in den nächsten Tagen ansehen. Dein Vorwurf hat mich etwas überrascht; ich kenne den Film nicht und es würde mich doch sehr wundern wenn sich die Geschichten so ähnlich wären wie du sagst. Wie gesagt ich werde ihn mir ansehen und dann sicherlich einen Kommentar dazu schreiben =)
Und die Schreibfehler ... Da hast du völlig Recht. Bei Gelegenheit werde ich das noch verbessern.

@sox
Ah oke^^ ich dachte schon ... Ist wohl doch etwas arg dramatisch geworden ;)

@granny green
Danke =) ja, stimm schon, für die leute, die sowas nicht miterlebt haben scheint es wohl etwas unrealistisch rüberzukommen. Ich hab mit Herz geschrieben =) Ich mach mich mal wieder an die nächste geschichte ... die hoffentlich nicht ganz so übertrieben wird :)

Danke euch allen für eure Kritik
glg julia

 

Bis(s)t etwas beeinflusst worden oder?

Hey Juliettchen.
Ich habe deine Geschichte nicht ganz gelesen, aber ich fand den Anfang sehr süß. Vor allem weil du(vielleicht ohne es zu merken oder weil du davon so beeindruckt warst, ich weiß es nicht) einige Situationen aus der Biss- Serie fast 1 zu 1 übernommen hast. Dass ihr Typ so wahnsinig umwerfend ist und so. Ich finde dass ist ein sehr nettes Kompliment an die Biss Autorin. Mach weiter mit dem Schreiben, ich mag deinen Stil :)
liebe Grüße, Fuyu

 

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