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Manchmal müssen erst die Altlasten schwinden …

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02.09.2015
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Manchmal müssen erst die Altlasten schwinden …

… damit aus der »Alten Erde« eine neue Welt werden kann. Sven Heucherts zweiter Roman »Alte Erde« richtet die Perspektive auf Menschen, die irgendwo bei Siegburg ihr Leben fristen, in der Vergangenheit verharren und mit fast erdrückender Ignoranz der Zukunft entgegensehen, die ihre alte Erde verändern wird, vielleicht in der Ahnung, dass ihre Zeit längst abgelaufen ist. »Es war ein Ort, an dem man seine Seele verlieren konnte. Nah am Leben. Näher am Tod.«

Der Leser folgt den Charakteren, die abwechselnd erzählen und über die abwechselnd erzählt wird. Da gibt es einen Jäger und seine Frau samt Hund, die in der Region tief verwurzelt sind und um den Tod des einzigen Sohnes trauern. Zwei Brüder und eine Frau samt einer Beute, die Blut und Eifersucht verbindet. Manchmal ist man in den Figuren drin, manchmal steht man neben ihnen. Es dauert daher seine Zeit, bis das Puzzle sich zusammensetzt. Auf der »Alten Erde« wird gejagt, geschlachtet und gegessen wie schon immer. »Die Spezialität des Hauses waren gewässerte Schweinenieren, in Würfel geschnitten, dazu gedünstete Zwiebeln, Kartoffelpüree und braune Soße. Über allem hing der Geruch von Wacholder, Lorbeerblättern und Zinn 40.«

Die Zeit auf dem Land erscheint eingefroren, wenn die Protagonisten »stoppeln« und die Geldbündel in ihren Händen »glosen«; es bisweilen nach »Zigarettenrauch, verbranntem Plastik und Maggi« riecht. Und auch die »El Rey del Mundo« und der »Es-ist-erreicht-Bart« dürfen nicht fehlen.
Wie schon in seinen Kurzgeschichten zeigt Sven Heuchert damit ein hervorragendes Gespür für die Details, die beim Leser vertraute Assoziationen erwecken. Mit diesen Bildern lässt er uns Lesende in diese triste Welt versinken, die teils düster und archaisch daherkommt. Es ist diese Stimmung, die den Leser ahnen lässt, dass das alles kein gutes Ende nehmen kann. Auch, wenn da durchaus auch Sympathisches in den Figuren ist, die teils abschreckend, teils bemitleidenswert wirken. »Doch jetzt, in diesem Moment, wünsche ich mir so sehr, dass ich mehr darüber wüsste. Mehr über Gipfel. Mehr über Marius, meinen eigenen Sohn.«

Eigentlich könnte diese Tristesse so bleiben, wäre da nicht ein Bauprojekt, das die Region in die Moderne katapultieren soll und so nimmt alles seinen Lauf. Die Charaktere schaffen es nicht, sich der neuen Welt zu stellen, und reagieren, wie sie es gelernt haben: Mit Trauer, Wut und Gewalt. Am Ende bleibt den Protagonisten nichts, nur eine Erinnerung an die »Alte Erde«: »In der Mitte der Matratze hat sich eine Kuhle gebildet, darin verwehter Sand und trockene Laubblätter. Der Abdruck eines Körpers in den Decken. Sie kriecht auf allen vieren, streckt sich aus, vergräbt die Nase zwischen den Kissen. Tief saugt sie den Geruch ein. So riecht der Körper eines Mannes: nach Schweiß. Nach Alkohol. Nach verletztem Stolz. Seine Seele ist aus den Poren getreten und durch die Laken getropft. Ein Destillat der Erde und des Fleisches.«

Fazit: Lesenswerte Lektüre für trübe Herbsttage und kalte Winterabende. Erschienen im Ullstein-Verlag.

 

Dieser Heuchert wieder, mannomann, wenn der nicht eines Tages, also wenn de nicht. ...
tja, @jimmysalaryman darauf ne anständige kubanische Zigarre, Rum, bisschen Zirbenschnaps und ne Menge Selbstgejagtes für den Hunger zwischendurch!

 

Danke @mae, mich hast Du jetzt eindeutig neugierig gemacht ...
und habe gleich mal reingehört (was Ihr sicherlich schon alle gemacht habt :confused:)

Dieser Heuchert, der ist, wie ich finde, ja völlig überbewertet.
und bei soviel understatement ...

 

Freut mich, dass sie Dich auf das Buch neugierig macht @GoMusic . :)

 

Danke Mae für den Appetitmacher und viel Erfolg jimmy! Ich freue mich aufs Lesen :read:

 

Ganz ganz toll! Glückwunsch. Das Buch ist bestellt, am Montag da. Danke dir, Mae, für die Rezension. Ich freue mich drauf und werde beizeiten auch eine Rezension schreiben (und vielleicht eine Kritik als PN :D ). Weiter so!

 

Rote Arbeit

Hier, da hat dieser schreckliche Heuchert doch sicher wieder drei Monatsgehälter bezahlt, um diesen taz-Journalisten zu bestechen, wer würde sonst über so einen Snob schreiben wollen?

 

Ja, ja, den Rezensenten mit ins Jagdrevier schleppen und dort fünfmal um den Finger wickeln. So geht das.

Im Ernst: Sehr coole Rezi, mal was anderes und macht definitiv Lust auf den Roman. Jetzt bist du also in der literarischen Pubertät (das fand ich witzig). Gratuliere!

 

Na ja, der Heuchert wartet auf die BUNTE oder den STERN, dann kommt ne hübsch bebilderte Home-Story raus: Sven mit Dackel, mit Frau und Kindern, mit dem geländegängigen Allzweckfahrzeug für die Jagd, mit uiuiui Waffen (was natürlich politisch nicht korrekt wird, deshalb muss das Bild freigerubbelt werden...
Aber im Ernst: journalistisch wirklich gut gemacht, der Autor und sein Sujet verschmelzen am Ort des Geschehens zu einer Einheit, super Rezension! Pusht hoffentlich, wünsche ich dir jedenfalls.

Ich benutze ab sofort wieder Clearasil!
Solltest dich eindecken, heute ist beim DM ein Aktion; 5% des Umsatzes werden gespendet.

 

Pirschen statt Pudding.

Ruckzuck, Kultautor - gab es doch sogar mal einen Ratgeber. (ICH habe ihn NICHT verfasst!)

 

Habe ich kein Interesse dran. Ich bin auch auf keinem social media Kanal, weil es da nicht um den Text, sondern um die Personae geht. Nur hier, in diesem erlesenen Kreis, erlaube ich mir etwas Imagepflege.

 

:D Nice Rezi! Das ist abseits jeder Schleimerei ein wirklich guter Roman und ich kann ihn unverhohlen empfehlen.

 

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