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Mai

Wortkrieger-Team
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31.01.2016
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Mai

Seit siebenunddreißig Jahren arbeite ich in diesem Büro und bemühe mich gewissenhaft und zuverlässig, Texte zu bearbeiten.
Meine Haare sind mit der Zeit ergraut und am Ende des Jahres wird mein letzter Arbeitstag sein. Dann folgt die "goldene Zeit" und ich könnte den Garten im Hof kultivieren oder schon morgens am Meer spazieren gehen. Ich könnte zeichnen lernen, oder meine Mutter öfter besuchen.

"Guten Morgen, Mai. Wie geht's dir?" Die junge Kollegin, die meine Stelle übernehmen wird, ist sehr aufmerksam. Manchmal bringt sie mir eine Tasse Tee oder Selbstgebackenes an meinen Platz, fragt mich um Rat oder lädt mich nach der Arbeit in die Bar gegenüber des Büros ein. Bisher habe ich es umgehen können.
Ich gehe lieber gleich nach Hause, koche mir eine Kleinigkeit zum Abendessen und sitze jetzt im Frühling noch einige Zeit auf dem Balkon. Er steht voll mit Tontöpfen. In jedem ein anderes Kraut, das ich zum Kochen verwende. Ich höre gerne den Kindern auf der Straße zu, wie sie lachen und rufen beim Spielen und auch dem Lärm der Fahrzeuge, am liebsten aber den Geräuschen, die die Natur mit sich bringt, etwa dem Rauschen der Blätter in der Buche, die ich vom Balkon aus mit den Händen erreichen könnte, wenn der Wind einige Zweige herüber wehte. Ich amüsiere mich über die aufgebrachten Brillenvögel, die im Hof am Teich herumflattern, wenn sie etwas Abkühlung benötigen. Am späten Abend, wenn es ruhiger wird, lausche ich dem Plätschern vom Wasserspiel. Ich bemerke den Frosch, der um eine Partnerin wirbt und freue mich über die kleinen Glöckchen an der Schnur, die ich im Herbst neben den Bambusstrauch aufgehängt habe und die leise im Wind klimpern. Oder ich höre auf den starken Regen, der manchmal unvermittelt einsetzt und laut auf das Schuppendach prasselt. Dann wird es umgehend kühler und ich gehe in meine kleine Wohnung.
Es kommt auch vor, dass ich nach der Mahlzeit den alten Fernseher einschalte, den mein Mann gekauft hatte. Er sah sich sehr gerne Sportveranstaltungen im Fernsehen an oder Dokumentationen über verschiedene ferne Länder, die wir beide nie besucht haben. Wir hatten es uns aber auch nicht vorgenommen.

Vor der Wohnungstür steht heute eine Styroporkiste von einem Lieferservice. Ich habe sie schon im Laubengang vor anderen Eingängen liegen sehen. Er beliefert immer öfter alte Menschen oder auch berufstätige. Wenn man alles aufgegessen hat, stellt man die Schachtel einfach wieder vor die Tür, die dann abgeholt wird. Man zahlt einen Pauschalpreis im Monat. Ich ziehe es aber vor, weiterhin für mich selbst zu kochen. Es entspannt mich nach der Arbeit im Büro und ich liebe es, Gemüse zu verarbeiten, es je nach Garzeit in verschieden große Teile zu schneiden, bevor ich sie in einer großen Pfanne kurz brate. Früher bereitete ich mehrmals in der Woche Fisch zu. Mein Mann liebte Aal oder Petersfisch. Vielleicht gehe ich am Ende der Woche mal wieder auf den Fischmarkt unten am Hafen. Jetzt nehme ich erst einmal die Kiste mit in die Wohnung.

"Mai!" Die Nachbarin ruft. Sie wohnt über mir und verlässt das Haus nicht.
"Ich bin da", rufe ich zurück, "brauchst du etwas?" Wir wohnen unser halbes Leben in diesem Haus. Sie kümmert sich um ihren bettlägerigen Mann, so gut es geht. Ich bringe ihr hin und wieder etwas mit. Windeln zum Beispiel oder Zigaretten.
"Nein. Ich habe alles. Meine Tochter war heute hier. Ich habe gebacken. Hier. Nimm es dir raus", ruft sie und lässt einen Korb an einer Schnur am Balkon herab. Es ist ihr lieber so. Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen. Ich nehme das Gebäck heraus.
"Das sieht gut aus. Danke dir, Mimi. Heute habe ich eine Essenslieferung bekommen. Weißt du, was das bedeutet? Hast du auch eine bekommen?"
"Nein", schreit sie von oben. Sie ist schon etwas taub. Immerhin ist sie zwanzig Jahre älter als ich.
"Kochst du nicht mehr selbst?"
"Doch. Doch", rufe ich, "das ist eine Verwechslung", sage ich mehr zu mir selbst.

Nachdem ich die Schachtel geöffnet habe, bin ich überrascht, wie heiß die Speisen sind. Es sind fünf Schalen mit fünf unterschiedlich zubereiteten Gerichten. Ich halte meine Nase nacheinander über jedes der Schälchen. Die Speisen sind einfach, duften köstlich. Ein Spargel-Lachs-Salat, eines mit gefüllter Eierrolle, es könnten Spinat und Pilze sein, frittierter Tofu, Hühnerspiesse und kalte Nudeln.
Ich esse langsam und genüsslich. Lange habe ich nicht mehr ein derart gutes Abendessen gehabt. Ich fühle mich regelrecht beschwingt und unternehmungslustig, als hätte ich ein Glas Bier getrunken und entschließe mich noch zu einem kleinen Spaziergang vor dem Schlafengehen.

Als ich erfrischt zurückkehre, schreibe ich auf einen kleinen Zettel: 'Haben Sie vielen Dank für die Lieferung. Ich habe schon sehr lange nicht mehr so gutes Essen zu mir genommen, aber leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich keine Kundin bin und versehentlich beliefert wurde. Bitte klären Sie diese Verwechslung. Freundliche Grüße, Mai'
Ich verstaue das Papier in einer ausgespülten Schale und gehe schlafen.

Am nächsten Abend steht vor meiner Wohnungstür erneut eine Schachtel des Lieferdienstes. Im ersten Augenblick denke ich daran, sie stehen zu lassen, dann entschließe ich mich aber, sie mit hineinzutragen, wo sie nun schon einmal da ist.
Außerdem bemerke ich eine kleine Freude tief in mir, wenn ich daran denke, welche Köstlichkeit mich heute erwarten wird. Ich bin geradezu ungeduldig und neugierig. Dann besinne ich mich, decke erst einmal den Tisch und rufe meiner Nachbarin zu:
"Hallo! Ich bin zu Hause. Ist alles gut bei dir?" Als keine Erwiderung folgt, gehe ich auf den Balkon und rufe erneut:"Mimi! Ist alles in Ordnung?"
"Ja doch. Alles bestens. Ich habe zu tun. Wir reden später." Ich muss lächeln. Die Alte ist trotz aller Umstände recht fidel und resolut.
Ich begebe mich zu Tisch und öffne langsam und mit allen Sinnen eine Schale nach der anderen. Im Gegensatz zu gestern fülle ich die einzelnen Speisen in meine eigenen Porzellanschalen, auf denen Kraniche getuscht sind, die wir zur Hochzeit von meinen Eltern bekommen haben. Seit ich allein lebe, habe ich sie nicht mehr benutzt. Mir genügen sonst die Keramikschüsselchen aus dem Supermarkt.
Zu meiner Verwunderung gibt es heute andere Speisen. Keine einzige ist wie gestern. Sogar mein Lieblingsgericht ist darunter: Hähnchen mit Lotuswurzel. Außerdem ein Gemüsesalat mit Sesamdressing, etwas Reis mit gegrilltem Thunfisch und Honigmelone in Kugeln gestochen. Die sind herrlich im Mund. Kühl und glatt, süß und saftig. Ich lache auf und erinnere mich für einen kurzen Augenblick an die junge Frau, die ich einmal gewesen bin. Dann bemerke ich einen Zettel.
"Mai! Mahai", Mimis Stimme überschlägt sich beinahe. "Gibt es was Neues?"
Eigentlich möchte ich den Zettel lesen, aber dann antworte ich doch zuerst:
"Nein, alles wie immer. Ich habe sogar wieder Essen bekommen. Sie haben den Fehler noch nicht bemerkt. Irgendjemand wird seit zwei Tagen nicht versorgt. "
"Dann wirst du wohl mal anrufen müssen, bevor noch ein Unglück geschieht."
"Ja. Das sollte ich. Du hast recht."
"Hast du alles aufgegessen?"
Augenblicklich überfällt mich ein schlechtes Gewissen. Wie egoistisch ich bin. Vor Ärger kneife ich die Augen zusammen und stampfe mit einem Fuß auf den Holzboden. Gefühlsausbrüche entsprechen eigentlich nicht meiner Natur, denke ich noch währenddessen.
"Nein. Lass' deinen Korb herunter. Ich fülle dir den Rest ein."
Ich lege etwas Gemüsesalat und zwei Melonenkugeln in den Korb und Mimi zieht ihn nach oben. Nachdem alles aufgeräumt ist, setze ich mich auf meinen Balkon und falte das Papier auseinander.

'Es freut mich sehr, dass Ihnen mein Essen geschmeckt hat. Ehrlich gesagt bekomme ich niemals ein Lob oder überhaupt eine Mitteilung, nicht mal eine Beschwerde. Es ist das erste Mal, dass jemand Kontakt aufnimmt. Also lassen Sie es sich weiter gut schmecken. Freundlicher Gruß, Kai'

Ich bin irritiert, weiß gar nicht, woran ich zuerst denken soll. Mein Herz schlägt schnell und stark, meine Wangen sind heiß, sicher auch rot. Als ich vom Sitz aufgesprungen bin, habe dabei die Teetasse umgestoßen. Sofort ruft Mimi: "Hej, was machst du denn für einen Lärm. Wieso zerschlägst du dein Geschirr?"
"Ein Versehen, Mimi. Beunruhige dich nicht."
Ich lese die Zeilen immer wieder. Die Aufregung legt sich und erneut beschleicht mich ein Gefühl, das sich am ehesten mit Freude bezeichnen ließe. Mein Herz wird groß und lebhaft. Ich fühle mich leicht und leer, wie ein zu füllendes, schönes Porzellangefäß. Ich kann meine Gedanken nicht sortieren, gehe in dem kleinen Zimmer hin und her. Und da ist es wieder, das junge Mädchen, vergraben im Körper einer reifen Frau.
"Hast du den Lieferservice angerufen?", schreit Mimi und bringt mich auf den Boden der Tatsachen zurück.
"Nein. Ich ... "
"Wie bitte? Ich kann dich nicht verstehen. Schrei' mal lauter!"
"Ich erledige das gleich."
"Meinetwegen nicht. Mir hat's geschmeckt!" Ich höre Mimi in die Wohnung zurückschlurfen und dabei hinterlässt sie einen Duft aus Lotusblütenseife und Zigarettenrauch, der mit einem Lüftchen zu mir herunterweht.

'Werter Kai, Sie haben mich leider missverstanden. Ich habe Ihnen lediglich mitteilen wollen, dass ich zu unrecht ihr köstliches Essen geliefert bekomme. Ich erhalte es vermutlich anstelle eines anderen. Bitte veranlassen Sie doch das Nötige, damit alles wieder rechtens ist.
Im übrigen bin ich überwältigt von dem Lotuswurzelgemüse.
Lieber Gruß, Mai.'

'Liebe Mai, ich habe alle Kunden geprüft und jeder einzelne wird beliefert. Alles hat seine Richtigkeit. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie machen mich sehr glücklich mit Ihren Nachrichten. Manchmal denke ich, es macht keinen Sinn, hier zu kochen. Aber im Augenblick habe ich keine Wahl. Es gibt nicht viele Jobangebote für mich. Teilen Sie mir ruhig mit, mit welchem Essen ich Ihnen eine Freude bereiten könnte.
Und schön, dass sich unsere Namen ähneln. Lieber Gruß, Kai'

Ich habe das Gefühl, nur noch für sein Essen zu leben. Kai lässt sich nicht davon abbringen, mir die täglichen Mahlzeiten zukommen zu lassen. Und schon beim Aufstehen kann ich an nichts anderes mehr denken, als an den Moment, in dem ich die Schachteln öffne, den köstlich zubereiteten Inhalt verspeise und seine Zettel lese. Seit zwei Wochen erhalte ich jeden Abend das Essen und immer ist ein Brief von Kai darunter. Er ist geschieden und lebt noch nicht lange hier in der Stadt. Ich erwidere diese Briefe und habe ihm erzählt, dass ich auch verheiratet war und in einer Agentur arbeite.
Im Büro redet man über mich. "Was geht nur mit dir vor?", fragt eine Kollegin unvermittelt nach Büroschluss. "Du bist verändert.
Man könnte meinen, du hättest einen Jungbrunnen entdeckt." Ich merke, wie ich erröte, winke nur ab und laufe schnell zur Bahn.

"Liebe Mai, es mag seltsam klingen, aber ich möchte Sie unbedingt sehen, möchte wissen, wer Sie sind, die meine Speisen zu schätzen weiß. Ich habe übermorgen um neunzehn Uhr Feierabend und warte dann in der Bar am Hafen auf Sie.
In freudiger Erwartung, Kai'

"Wieso bist du nicht auf der Arbeit? Bist du krank?" Mimi klingt gereizt.
"Ich habe mir ein paar Tage frei genommen. Ich gehe aber gleich aus dem Haus. Brauchst du etwas?"
"Ja. Bring' doch bitte Zigaretten mit. Wo willst du denn hin?"
"Ich gehe zum Friseur und kaufe mir eine neue Bluse", rufe ich nach oben. "Ich weiß gar nicht, wann ich das zuletzt getan habe", füge ich etwas leiser hinzu.
"Jaja, mach das mal. Und erzähle mir dann von dem Mann, den du triffst. Vergiss die Zigaretten nicht."
Ich habe das Gefühl zu schweben seitdem ich den letzten Brief erhalten habe. Es fehlt mir buchstäblich Bodenhaftung und das flatterhafte Ding in meiner Brust ist kaum zu bändigen. Ich kleide mich sehr sorgfältig. Zur neuen Bluse in Weiß habe ich mich noch für einen dunkelroten Rock entschieden, der knapp meine Knie bedeckt. Die flachen schwarzen Schuhe glänzen und stehen an der Tür bereit für meine Verabredung.
Vorher gehe ich ein weiteres Mal ins Bad, um mein Aussehen zu prüfen. Ich trage das frisch geschnittene Haar offen, meine Haut ist klar, der Körper schmal. Durch das offene Fenster weht der Geruch einer Zigarette und als ich mir noch einmal die Hände mit der Lotusblütenseife wasche, schrumpft mein Herz plötzlich zusammen.

Es ist voll in der Bar am Hafen. Ich finde aber noch einen freien Platz an einem Tisch mit zwei nicht besetzten Stühlen. Es ist erst halb sieben. Ich wollte vor ihm dort sein. Geduldig sitze ich vor einem Glas Wasser und niemand beachtet mich. Alle Leute unterhalten sich angeregt, essen eine Kleinigkeit und trinken Bier. Ich sitze sehr aufrecht, weil ich ziemlich angespannt bin und bemerke ihn sofort, als er den Raum betritt. Er ist jünger, als ich vermutete. Ich schätze ihn auf Ende vierzig. Was ist nur in mich gefahren? Er setzt sich an den Tresen und hält Ausschau. Ununterbrochen reckt er den Hals und schaut sich um. Er trägt Jeans und ein weißes Hemd. Seine Haare sind ziemlich lang und er ist rasiert. Ich stehe auf, lasse etwas Kleingeld auf dem Tisch liegen und verlasse die Bar, ohne ihn anzusehen.

'Lieber Kai, Sie haben hoffentlich nicht allzu lange in der Bar am Tresen gesessen und auf mich gewartet. Ich saß an einem Tisch und habe sie beobachtet. Verzeihen Sie mir. Sie sahen so erwartungsfroh und lebendig aus, so frisch und voller Zuversicht.
Als ich mich für unsere Verabredung im Bad zurecht machte, nahm ich den Geruch von Seife und Zigarettenrauch wahr. Meine Nachbarin umgibt stets dieses Duftgemisch. Sie heißt Mimi und ist achtundsiebzig Jahre alt. Sie wohnt mit ihrem kranken Mann über mir. Dieser Geruch weckte zusätzlich die Erinnerung an meine Großmutter, die sehr alt wurde.
Ich war erst fünfundvierzig Jahre alt als mein Mann starb. Noch relativ jung.
Und als ich mich heute kurz vor unserem Treffen im Spiegel betrachtete, bin ich mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass ich alt geworden bin in der ganzen Zeit allein in meiner Wohnung.
Ich wünsche Ihnen eine Zukunft voller Liebe und Zuversicht.
Bitte schicken Sie mir keine Mahlzeiten mehr.
Herzlichst, Mai '

Es sind seither einige Tage vergangen und jeden Abend, wenn ich von der Arbeit zurückkomme und vor meiner Wohnungstür stehe, fühle ich mich schwer. Natürlich erwarte ich nicht, dass die Kunststoffbox mit dem Abendessen dort wieder stehen wird, aber da sie nun tatsächlich nicht mehr dort steht, versetzt es meinem Inneren jedes Mal einen kleinen Stich. Es kommt keine Nachricht mehr von Kai.
Die Luft im Raum ist abgestanden und ich öffne die Tür zum Balkon. Mit einer frischen Brise vom Meer weht auch der Duft vom nahenden Sommer herein. Ich bleibe stehen und nehme einen tiefen Atemzug. Ich habe keinen Appetit, auch nicht das Bedürfnis, Mimi zu sprechen. Ich empfinde eine neue Leere, eine, die nicht zu füllen ist und alles, was mich bisher zufrieden stimmte in meinem Leben, hat keine Bedeutung mehr.
Ich schalte den Fernsehapparat ein und blicke daran vorbei, als es an der Tür klingelt. Mechanisch, ohne zu denken, gehe ich und öffne sie.
Es ist Mimi. Beinahe hätte ich sie nicht erkannt. Es ist einige Zeit her, seit wir uns gesehen haben.
Ich hatte sie nicht so groß und kräftig in Erinnerung.
"Was guckst du so verdattert? Ich bin's doch. Meine Güte, erkennst du mich etwa nicht?" Ich greife nach Mimis Händen. Sie fühlen sich knochig und zart an.
"Sie haben ihn heute früh abgeholt. Du warst gerade aus dem Haus. Er ist kurz darauf im Krankenhaus gestorben."
Wir gehen in die Wohnung und setzen uns gemeinsam auf den Balkon, nachdem ich noch einen Hocker dazugestellt habe.
Wir schweigen und rauchen gemeinsam jede eine Zigarette.
"Mai!" Jemand ruft vom Hof aus.
Mimi und ich sehen einander an.
"Mai. Bitte. Ich stehe hier unten!"
"Na, nun schau' schon nach oder soll der arme Kerl sich komplett lächerlich machen", schimpft Mimi, steht selbst auf und sieht hinunter in den Hof.
"Was schreist du hier herum? Hast du keine Manieren? Was willst du?"
"Sind Sie Mai?", fragt der arme Tropf kleinlaut und erschrocken.
"Iwo. Die sitzt hier. Neben mir", antwortet Mimi und sieht mich an, "nun steh' schon auf!", mault Mimi und zieht mich am Arm.
Ich erhebe mich nur langsam und blicke über das Balkongeländer. Dort steht Kai.
Er lächelt verhalten und hebt den Arm, in der Hand eine Tüte.
"Ich habe gekocht. Wollen wir gemeinsam essen?"
"Falls was übrig bleibt, leg' s in meinen Korb", sagt Mimi und geht mit mir zur Wohnungstür.
Als ich sie öffne, steht Kai schon schüchtern lächelnd davor.
Ich habe mich geirrt. Er ist viel älter, als ich annahm.

 

Liebe Kanji,
nur ganz kurz, weil ich jetzt weg muss: Ich habe deine Geschichte gelesen. Das Thema und die Art, wie du es gestaltet hast, haben mich sehr angesprochen. Das nur vorweg. Die Einzelheiten, die ich mir beim Lesen notiert habe, werde ich dir morgen mitteilen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Kanji,

dein Pseudonym hat schon Erwartungen auf die Geschichte geweckt, weil Freunde Japanologie studierten und mir so auch der ein oder andere Gegenstand zum Begriff wurde. ich bin allerdings nicht so fremdsprachenbegeistert und weiß über Kanji eigentlich nur, was auch bei Wikipedia stehen wird, wenigstens etwas davon.
aber japanische Literatur und Kultur hat mir mal einiges bedeutet, und da sind mir Klassiker der japanischen Moderne begegnet, einer den ich sehr gern mochte, ist Kawabata. an den musste ich im ersten Teil denken, mit den schlichten Beschreibungen und stillen Freuden, die der Witwe ihr Leben versüßen. aber auch die Klarheit mit der sie sich in ihr Dasein fügt, scheint mir fernöstlich, konfuzianisch zu sein. einen Platz haben, und sich mit dem lokalen Ort und dem Platz in der Hierarchie abzufinden, dort einzufinden, nicht aufzubegehren, weder gegen den Vorgesetzten noch gegen die Götter oder das Schicksal. so scheint die Protagonistin zwar nicht das Glück auf Erden zu haben, aber solche großen Ziele auch gar nicht zu haben; weniger starke aber dafür stetigere Affekte bestimmen ihr inneres Leben, die Kunst des Wahrnehmens, und internalisierte Selbstdisziplin. äußerlich hat sie eine Beschäftigung, um Wohnung und Essen bezahlen zu können, Kontakt zu den Menschen, die eben da sind - hier eben Mimi.
das sind kleine und überschaubare Welten, die von einer täglichen Essenslieferung durcheinandergebracht werden. die sich daraus ergebende Korrespondenz ist wie das Pondong zu dem Korb, den Mai und Mimi sich hoch- und runterschicken. keine unvermittelte Kommunikation. das schützt sicher, aber wahrscheinlich sind auch trotz stärkster kultureller Prägungen einige menschliche Bedürfnisse rund um den Globus sich sehr ähnlich - dazu würde ich direkten, unmittelbaren Kontakt zählen. das sind für mich die Eckpunkte dieser fein gearbeiteten Triangel. vom Aufbau gefällt mir, wie sich das Thema entwickelt und zum Schluss die drei Menschen, die zuvor nur vermittelt kommunizierten, direkten (Blick)-Kontakt haben. die letzten zwei Sätze lassen mich lächeln, Glück gehabt, manches sieht mensch eben erst beim zweiten Blick. schöner Text, hat Spaß gemacht, mich der Geschichte ausdeutend zu nähern. ich habe leider nichts produktives beizufügen, für mich passt das so.

Kubus

 
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Hallo Kanji,

deine Geschichte hat mich sehr berührt. Schon bei den ersten Sätzen spürte ich einerseits Vertrautes, vor allem, wenn deine Prota darüber nachsinnt, wie sie leben wird, wenn sie aus der Arbeitswelt ausscheidet. Aber dann, spätestens bei den fünf Schälchen mit den köstlichen Speisen merkte ich, dass ich in eine andere Kultur eintauche. Die Art, wie Nachbarn miteinander kommunizieren oder wie die Generationen miteinander umgehen, unterscheidet sich schon stark von der westlichen Welt. Das alles finde ich faszinierend und auch bewundernswert. Mir kommt da ein Spielfilm in den Sinn. Leider kann ich mich nicht an den Titel erinnern. Aber ich meine, es geht da um einen (japanischen) Koch, der über seine Kochkunst aus der Einsamkeit herausfindet.

Ich habe noch einen Vorschlag zum Titel. Ich würde nur Mai schreiben. Dann hast du beide Bedeutungen, Personenname und Jahreszeit, die für die Kirschblüte steht.
Ich habe den Text sehr gerne gelesen

Herzliche Grüße
wieselmaus

 
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Liebe Kanji,
wie schon angedeutet, kommt jetzt der Kommentar zu deiner Geschichte. Ich habe sie noch einmal gelesen und auch beim zweiten Lesen hat sie mir sehr gut gefallen. Wie auch wieselmaus hat sie mich an den indischen Film ‚Lunchbox’ erinnert, der gerade in der vorletzten Woche hier im Fernsehen lief. Auch dort kommen sich zwei Menschen über eine Lunchbox näher, die irrtümlich einen anderen Menschen erreicht.
Es gefällt mir sehr, wie du beschreibst, dass Mai, die kurz vor der Rente steht, durch diese Bekanntschaft wieder aufgeweckt wird und wieder zu leben beginnt. Ein paar Stellen, die ich sehr schön finde:

Ich lache auf und erinnere mich für einen kurzen Augenblick an die junge Frau, die ich einmal gewesen bin.
Mein Herz wird groß und lebhaft. Ich fühle mich leicht und leer, wie ein zu füllendes, schönes Pozellangefäß.
Und da ist es wieder, das junge Mädchen, vergraben im Körper einer reifen Frau.
Und dann, nachdem sie weggegangen ist aus dem Lokal
Ich empfinde eine neue Leere, eine die nicht zu füllen ist und alles, was mich bisher zufrieden stimmte in meinem Leben, hat keine Bedeutung mehr.
Sehr schön und einfühlsam.

Was mir noch aufgefallen ist, liste ich nun mal auf:


Seit siebenunddreissig Jahren
Die Sache mit dem ‚ß’. Ich bin mir nicht sicher, ob du vielleicht in der Schweiz lebst. Manchmal benutzt du nämlich das ‚ß’ richtig, an anderen Stellen wählst du ‚ss’. Grundsätzlich gilt ja nach der Rechtsschreibreform, dass nach einem kurzen Vokal ‚ss’ folgt (der Fluss) und nach einem langen ‚ß’ (der Fuß) und nach ei, au, eu, ie usw. immer ‚ß’.

Ich höre gerne den Kindern auf der Straße beim Ballspielen zu, auch dem Lärm der Fahrzeuge,
Ich weiß, dass du in diesem Satz Geräusche sammelst. Aber trotzdem empfinde ich ‚den Kindern beim Ballspielen zuhören’ als befremdlich. Meistens sehen wir ihnen ja dabei zu. Vielleicht besser zwei Sätze bilden.

Ich achte auf die aufgebrachten Brillenvögel(n),
Es kommt auch vor, dass ich nach der Mahlzeit den alten Fernseher einschalte, den mein Mann gekauft hatte.
Du schreibst ja im Präsens. Da ist die Vorzeitigkeit das Präteritum oder das Perfekt: … den mein Mann gekauft hat.

Es entspannt mich nach der Arbeit im Büro und ich liebe es, das Gemüse zu verarbeiten, es nach ihrer Garzeit in verschieden große Teile zu schneiden,
‚nach’ hat ja im Deutschen zwei Bedeutungen. Deshalb habe ich deinen Satz zuerst falsch verstanden. Du meinst ja: der Garzeit entsprechend und nicht nach dem Garen. Aber vielleicht habe hier auch ich nur das Problem.

Weißt duK was das bedeutet?

sie mit hinein zu tragen, wo sie nun schon einmal da ist.
hineinzutragen

Außerdem bemerke ich eine kleine Freude tief in mir, wenn ich daran denke, welche Köstlichkeit mich heute erwarten würde.
Hier würde ich nicht den Konjunktiv nehmen. Denn es ist ja ziemlich sicher, dass die Köstlichkeit auf sie wartet. Deshalb: … welche Köstlichkeit mich heute erwartet/erwarten wird.

Natürlich erwarte ich nicht, dass die Kunststoffbox mit dem Abendessen dort wieder stehen würde,
Hier erscheint es mir ähnlich. ‚Ich erwarte nicht, dass … dort wieder stehen wird.’

Ich höre Mimi in die Wohnung zurück schlurfen und dabei hinterlässt sie einen Duft aus Lotusblütenseife mit und Zigarettenrauch, der mit einem Lüftchen zu mir herunter weht.
zurückschlurfen
herunterweht
Mit den Düften und Gerüchen, die von oben herunterwehen, habe ich in deinem Text ein kleines Problem. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Düfte und Gerüche Mimis in Mais Wohnung so präsent sind, wie du es beschreibst. Dazu müsste mMn die Luft permanent von oben nach unten strömen. Das kann sicher schon mal passieren, aber in deinem Text scheint es mir immer so zu sein.

Zur neuen Bluse in weiß
in Weiß


und bemerke ihn sofortK als er den Raum betritt.

Ich schätze ihn auf Ende vierzig.
Er ist viel älter, als ich annahm.
Das erscheint mir auf den ersten Blick nicht so recht logisch. Sie ist ihm im Lokal ja sehr nahe und sollte sich so getäuscht haben. Außerdem beobachtet sie ihn ja dort sehr ausgiebig.
Mai schreibt an Kai:
'Lieber Kai, ...
Als ich mich für unsere Verabredung im Bad zurecht machte, nahm ich den Geruch von Seife und Zigarettenrauch wahr. Meine Nachbarin umgibt stets dieses Duftgemisch. Sie heißt Mimi und ist achtundsiebzig Jahre alt. Sie wohnt mit ihrem kranken Mann über mir. Dieser Geruch weckte zusätzlich die Erinnerung an meine Großmutter, die sehr alt wurde.
...
Bitte schicken Sie mir keine Mahlzeiten mehr.
Herzlichst, Mai '
Die fett gekennzeichneten Stellen empfinde ich in dieser Mitteilung an Kai als Fremdkörper. Warum erzählt sie von Mimi und ihrer Großmutter? Du hast dir sicher etwas dabei gedacht. Aber ich verstehe es so nicht.

wenn ich von der Arbeit zurück komme und vor meiner Wohnungstür stehe,
zurückkomme

Es kam keine Nachricht mehr von Kai.
Hier müsste mMn auch das Präsens stehen: kommt.

Ich habe keinen Appetit, auch nicht das BedürfnisK Mimi zu sprechen.
Ich schalte den Fernsehapparat ein und blicke daran vorbeiK als es an der Tür klingelt.
Sie fühlen sich knöchrig und zart an.
Irgendwie finde ich hier ‚knochig’ besser. Aber ich bin mir auch nicht sicher.

nachdem ich noch einen Hocker dazu gestellt habe.
dazugestellt

Liebe Kanji, eine schöne Geschichte ist dir hier gelungen.

Liebe Grüße
barnhelm

Nb: Den Vorschlag von wieselmaus, die Geschichte nur 'Mai' zu nennen, finde ich ebenfalls gut.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Kubus,

herzlichen Dank, dass du den Text gelesen hast und für deinen freundlichen Kommentar.
Mit dem hast sehr viel auf den Punkt gebracht.

Ich habe sehr gerne die Geschichte "Die schlafenden Schönen" gelesen. Natürlich Banana Yoshimoto, Yasushi Inoue und selbstverständlich Haruki Murakami. ;)Mit Kenzaburō Ōe tue ich mich gerade etwas schwer.

Es hat natürlich viele Ursachen, weswegen die Japaner ticken, wie sie's tun, aber von "hier" aus, kann ich mir die feinsten Eigenschaften heraussuchen, wie den Blick auf die Dinge, die Achtsam- und Genügsamkeit, freundliche Zurückhaltung.
Das deswegen auch Vieles im Argen liegt, lassen wir mal an dieser Stelle außen vor, denn mein Text möchte eben das andere herausarbeiten. Naja, andeuten.
Ich freue mich sehr, dass du das Zwischenmenschliche und die Bedürftigkeit der drei herausgelesen und so fein zusammengetragen hast. Du hast mich damit noch einmal zentriert. Danke dafür.

Freundlicher Gruß, Kanji

Hej wieselmaus,

schön, dass du reingeschaut hast. Danke dafür.
Ganz ehrlich, ich habe wirklich versucht, diesen Text in unsere Kultur zu übertragen.
Sie hießen Heike und Heiko. :hmm: Eine junge deutsche Witwe, die sich bescheiden und zurückhaltend mit sich und ihrer kleinen Welt begnügt, auf Glöckchen lauscht und den Wind, wurde nach und nach immer seltsamer und am Ende wirkte sie recht minderbemittelt. Der deutsche Koch, davon mal ganz abgesehen, dass mir hier niemand abkaufen würde, dass er die Witwe täglich mit Salzkartoffeln und Braten, Eisberg- und Obstsalat beliefert, verkam zum Jammerlappen und als ich es mit einer "lustigen Witwe" und einem Italiener versuchte, verkam sie zur "Eroberten" und er zum liebestollen "Casanova", die ständig Pizza und Pasta konsumierten. Kurzum, es wollte mir einfach nicht gelingen.
Die von mir favorisierten Eigenschaften konnte ich nur nach Japan transportieren. :shy:

Dessen bewusst und damit der Text nicht zu befremdlich wird, habe ich darauf verzichtet, auffällige japanische Namen zu wählen, wörtliche Hinweise auf Japan zu geben und die Speisen schlicht mit deutschen Zutaten gehalten (ok, Lotus wird hier eher nicht gegessen). Es geht ja um die drei Menschen.

Der Hinweis mit der Titeländerung wird umgesetzt, sofern ich es kann.
(Anfangs erschienen mir drei Buchstaben als Anreiz zu wenig. Aber im Grunde passt es zur gesamten Geschichte.)

Lieber Gruß, Kanji

Hej barnhelm,

es ist so wunderbar, dass du dich mit meinem Text auseinandergesetzt (zusammen geschrieben:shy:) hast, sowohl inhaltlich als auch grammatikalisch, bzw. orthographisch. Es macht so viel Spaß, hier zu lernen.
Und weil ich bisher noch keinen gut verständlichen Text zustande gebracht habe, dachte ich, es ist eine gute Idee, mich an einer bestehenden zu orientieren, damit ich mich erst einmal auf meinen Stil konzentrieren kann.:shy: Denn tatsächlich inspirierte mich "lunchbox". :D

Ich habe alle markierten Stellen ausgemerzt. Die inhaltlichen Unstimmigkeiten, möchte ich vorerst erklären, aber sobald noch Leser darüber stolpern sollten, werde ich nachbessern.

Die Gerüche, die sie stets wahrnimmt, sind intensiv. Eine frisch geduschte Frau, die in einem kleinen, leicht gebauten Haus auf dem Balkon raucht, nimmt man darunter wahr. Auch ohne Wind.
Ich dachte, das wiederholen zu müssen, weil es Assoziationen weckt, die mit dem Altwerden zusammenhängen. Ebenso verhält es sich mit ihrem letzten Brief: der Blick in den Spiegel, die Gerüche der Zigarette (Mimi ist Kettenraucherin :D), die auch durch das Badezimmerfenster zieht, in Kombination
mit ihrer eigenen Seife, die wohl auch schon ihre Großmutter benutzte, machten ihr quasi schlagartig bewusst: hej Mai, du bist alt, auch wenn du dich gerade so jung fühlst.

Und was das getäuschte Alter von Kai betrifft: Mai lässt sich beeindrucken von all den neuen Gefühlen und Eindrücken. Sie ist keine "toughe" Frau, die kühl beobachtet, sie wagt nur Seitenblicke und selbst beim Rausgehen, war für sie der "Fall" ja schon erledigt und sie wagte nicht mehr, ihn anzusehen.
Möglich isses, oder?

Der Titel wird gerne umgeändert.

Lieber Gruß, Kanji

 

„Seht jene Kraniche in großem Bogen!
[...]
Wohin ihr? - Nirgend hin. Von wem davon? - Von allen.
Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen?
Seit kurzem. - Und wann werden sie sich trennen? - Bald.
So scheint die Liebe Liebenden ein Halt.“
Brecht​

Man – wenn ich das Pronomen überhaupt einleitend verwenden darf -,

liebe Kanji -

und bevor's weitergeht noch ein herzlich' Willkommen hierorts, sind wir uns bisher doch eher flüchtig in Kommentaren begegnet,

also: Man, da bekommt ja der Leser Hunger, da muss mich ja der Appetit überkommen!, einem der bis auf Akira Kurosawa eigentlich wenig bisher mit japanischer Kultur zu tun hatte (sehn wir mal von ab, dass in D'dorf eine große Kolonie Japaner zu finden ist und gelegentlich sich beim Chinesen auch Japanisches einschleicht. Wobei mich K., insbesondere Rashomon schon in jungen Jahren überwältigt und bis heute beeinflusst hat – vielleicht eine Ursache, keine geradlinigen Geschichten zu schreiben, obwohl ich's könnte. Aber wie zur Bestätigung, dass Mai aus einer Verwaltung kommt, wird oft substantiviert, wo's gar nicht brauchte, was an einem kurzen Satz nur dargestellt werden soll.

Mir bleibt dann aber das Gießen der Kräuter erspart
das sich doch einfach re-verbalisieren ließe zu „mir bleibt dann aber Kräuter zu gießen erspart“ (der Infinitiv ginge auch ohne das übliche "zu", brächte dann aber das Verb wieder zu nahe an sein Substantiv, dass womöglich die Zusammensetzung "Kräutergießen" hineingelesen werden könnte - man, bin ich heut wieder der Drexler!)

Kann sein, dass jetzt einiges schon genannt wurde (barnhelm ist da ein geradezu fleißiges Lieschen)
Mit der Zeichensetzung stehstu ein wenig auf Kriegsfuß (mit dem ß übrigens auch, kommen wir gleich drauf). Direkt zu Anfang könnte gar ein Komma wegfallen

Dann folgt die "goldene Zeit" und ich könnte dann den Garten im Hof kultivieren, oder schon früh am Morgen am Meer spazieren gehen.
Weil die Konjunktion „oder“ die trennende Rolle des Kommas hervorragend ersetzt und gleichrangige Satzteile verbindet.

Am späten Abend, wenn es ruhiger wird, lausche ich dem Plätschern vom Wasserspiel, dem Frosch, der seine Liebste ruft[,] und freue mich über die kleinen Glöckchen an der Schnur, die ich im Herbst neben den Bambusstrauch aufgehängt habe[,] und die leise im Wind klimpern.
(Hier geht’s weniger ums Plätschern, als um's Ende der Relativsätze, die allein dem Frosch und hernach der Schnur gelten)

Sie kümmert sich um ihren bettlägerigen Mann[,] so gut es geht.
(Die wahrscheinlichste Begründung fürs Komma - „so“ wird hier als Konjunktion verwendet, die das Komma eben nicht ersetzt - kommt nachher bei vergleichenden Konjunktionen noch mal vor -
genauso wichtig: Es ist eine nähere Bestimmung, genaugenommen: Einschränkung zum sich kümmern, ein nachgeschobenes Attribut sozusagen.)

Flüchtigkeiten

Ich achte auf die aufgebrachten Brillenvögel[...], …
Ich bin geradezu ungeduldig und neugierig. Dann besinne [ich] mich, decke erst einmal den Tisch und rufe meiner Nachbarin zu:

... und rufe erneut:" Mimi! Ist alles in Ordnung?"
(hier solltestu die Leerstelle zwischen „“*Mimi ...“ korrigieren, ein […] von mir hätte vielleicht eher Verwirrung gestiftet als das auffälligere Sternchen)

Ja, und über eine Flüchtigkeit

… wie ein zu füllendes, schönes Po[r]zellangefäß …
kommt nun heraus, dass Du doch eine teutsche Tastatur verwendest. Einige doppel-s solltestu Dir darum noch mal anschauen, wie direkt zu Anfang etwa „siebenunddreissig“, korrekter „...dreißig“.

Hier nahezu ohne Kommentar

… und als ich mir noch einmal die Hände mit der Lotusblütenseife wäscht, …
(hattestu vllt. In einem ersten Durchgang die Ich-Perspektive gemieden?)

..., weil ich ziemlich angespannt bin und bemerke ihn sofort[,] als er den Raum betritt.
Ich saß an einem Tisch und habe ie beobachtet.

Ich war eine junge Witwe. Fünfundvierzig Jahre alt[,] als mein Mann starb.
Ich habe keinen Appetit, auch nicht das Bedürfnis[,] Mimi zu sprechen.
(die Infinitivgruppe ist vom Substantiv abhängig, darum Komma! Grundsätzlich ist der Infinitiv in dem Reförmchen, das übriggeblieben ist, vom Komma freigestellt - man kann und darf es verwenden, aber braucht es nicht mehr - mit einer Vielzahl von Ausnahmen, wie etwa der Abhhängigkeit vom Substantiv eben)

Ich empfinde eine neue Leere, eine[,] die nicht zu füllen ist und alles ...
Ich schalte den Fernsehapparat ein und blicke daran vorbei[,] als es an der Tür klingelt.
(die vergleichende Konjunktion leitet in den aufgeführten Fällen immer einen vollständigen Satz ein, ersetzt aber – im Gegensatz zu und oder oder – s. o. - eben nicht das Komma)

Ja, ich weiß wie's einem ergeht, wenn man sich auf einmal wieder verknallt - wie bei mir in eine wesentlich jüngere Person geschehn - und bis zur Unkenntlichkeit hierorts niedergelegt und doch kann jedermann den Ort auf 14 km in Nord-Süd- und sieben Kilometer in ost- westlicher Richtung genau bestimmen, wo's geknallt hat. Aber das ist halt eine gänzlich andere Geschichte ...

Sicherlich nicht der letzte Besuch vom

Friedel

 

Lieber Friedrichard,

so halte ich es weiter mit der japanischen Höflichkeit und bedanke mich sehr herzlich für deinen Besuch in meinem Text. Es ist mir tatsächlich eine große Ehre, dass du hier vorbeischaust, dein wachsames Auge auf die kleinen Kommatar, die mal hier mal dort herumschwirren, legst und mir die Augen öffnest für unsere Sprache. Echt ein Vergnügen.

Ich habe mich daraufhin nochmals durchgearbeitet, um alles zu berichtigen und tatsächlich habe ich den Text erstmals in der dritten Person verfasst, aber ich kann das nie durchhalten, ohne auktorial zu werden. Die Fokalisierung wechselt dauernd - ich hab's nicht unter Kontrolle. Aber große Lust und deshalb bastle ich derzeit an einer heterodiegetischen Erzählung. Schau'n wa mal, dann seh'n wa schon. :D

Die Filme des Regisseurs sind mir bisher nicht untergekommen, obwohl die deutsche Übersetzung reizvoll klingt ;)

Ich hoffe, deine Liebesgeschichte hatte auch ein happy ending.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

deine Geschichte hat mich entzückt. Das Wort benutze ich selten, aber hier passt es einfach super. Mai mit ihrer besonnenen Art war mir sofort sympathisch. Es ist doch zwischendrin auch mal schön von jemandem zu lesen, der einfach ein guter und netter Mensch ist. Der sich in seinem Leben eingerichtet hat, rücksichtsvoll ist und irgendwie eine innere Ruhe ausstrahlt.

Umso besser hast du es dann geschafft, diese Ruhe zu erschüttern. Die Styroporkiste. Also das ist wirklich eine schöne Idee. Mir lief richtig das Wasser im Mund zusammen. Ich liebe essen. Ich esse auch unfassbar langsam, weil ich es genieße. Bin immer die letzte am Tisch :shy: Du hast toll beschrieben, wie Mai durch den Genuss dieser Speisen zur Kommunikation verleitet wird, das hat mich echt beeindruckt. Deine Geschichte hat etwas ganz Ruhiges, Schmunzelndes, manchmal auch Melancholisches.

Als Mai Kai dann in der Bar sieht und einfach geht, als die Styroporkiste nicht mehr vor der Tür steht, da konnte ich ihren Schmerz verstehen. Wie sehr sie der Verlust dieser Abwechslung von ihrem Alltag aus der Bahn wirft. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass Kai nicht einfach aufgegeben hat. Solche Männer braucht das Land!

Sehr gerne gelesen!
RinaWu

 

Hej RinaWu,

es scheint mit dem Näherkommen an die Protagonisten tatsächlich besser zu funktionieren, wenn ich die Ich-Perspektive wähle. Nachdem es mir in den vorangegangenen Geschichten nur bedingt gelungen ist, dass man als Leser gleich mitfühlen konnte, ist es hier scheinbar besser gelungen. Naja. Vermutlich liegt es auch an der Langsamkeit, dies das. :shy:

Es freut mich jedenfalls, dass du Freude mit dem Text und der netten Mai hattest.

Danke für das Lesen und die Mitteilung. Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo, Kanji, kleiner Nachtrag: von Kenzaburō Ōe fand ich der stumme Schrei und das Werk über die Veränderung seines Lebens durch die Geburt des behinderten Sohnes am stärksten. die Erzählung im Leichenhaus - mE sein Erstling - gefiel mir auch und ist von den Büchern, die ich kenne, am eingängigsten. Kubus

 

Hey Kanji,
mir hat die Geschichte gut gefallen. Besonders die leckere Überraschung nach Feierabend hat es mir angetan. Bei den asiatischen Speisen hatte ich weniger Japan im Sinn, als vielmehr ein "hippes" Viertel irgendwo in Bremen oder Hamburg. Durch die Kommentare hier erfuhr ich erst, wo das alles wirklich statt findet. Ich las die Geschichte dann ein zweites Mal und mag es gerne immer noch hier bei uns haben. ;-)

Wie schön, dass Kai nicht aufgegeben hat. Die alte Mimi war GottSeiDank zur Stelle als es brenzlig wurde. Herrlich, diese etwas ruppige und zugleich herzliche Art. Bestimmt hat sie noch einen Nachtisch im Korb gefunden. Jetzt, wo doch ihr alter Mann gegangen war und sie alleine ist.

Das allerbeste jedoch war für mich der letzte Satz. Kai konnte nun doch noch zu Mai aufschließen.


Bunte Grüße
Märchentroll

 

Hallo Kanji,

das ist eine sehr schöne und auch sehr schön und mit Herz erzählte Geschichte, die mich dennoch mit einer Frage zurücklässt. Wer hat bei Kai die Essenlieferung an Mai beauftragt? Ich hatte Mimi in Verdacht. Ist das so? Kann sein, dass dazu etwas in den anderen Kommentaren steht, ich habe sie noch nicht gelesen.
Deine Geschichte beginnt leise und sanft und man vermutet noch gar nicht, dass überhaupt ein Konflikt auftauchen und Spannung entstehen könnte, und es ist auch vollkommen egal, denn du nimmst mich als Leser einfach mit. Und das auf eine sehr angenehme Art.
Dann kommt das erste Essen. Man freut sich mit Mai und dann kommt die Spannung. Wer schickt das Essen? Ist es eine Verwechslung? Dann die Briefe. Du hast das sehr gut gemacht, die Briefe nicht vorzuenthalten. Mai vergisst in dem Moment, dass sie in wenigen Wochen oder Monaten in den Ruhestand gehen wird. Sie begreift, dass sie sich zwar wohl fühlt, aber doch einsam ist und sich wieder nach Nähe sehnt. Kai und sie verabreden sich, und sie verschätzt sich im Alter und flieht vor einem Desaster, wenn er nämlich zu jung für sie wäre. Doch Kai ist hartnäckig. Und das ist gut. Die Geschichte hat sicher ein Happy End. Da bin ich mir sicher.

Ich habe paar Kleinigkeiten gefunden:

Seit siebenunddreißig Jahren arbeite ich in diesem Büro und bemühe mich gewissenhaft und zuverlässig, Texte zu bearbeiten.

Komma fehlt, Infinitiv mit zu

Mir bleibt es dann aber erspart, das die vielen Kräutertöpfe zu gießen.

Der Satz ist verwurschtelt. Da ist bestimmt was von vor einer Änderung übrig?

Ich ziehe es aber vor, weiterhin für mich selbst Speisen zuzubereiten.

Völlig korrekt, aber für mich klänge besser ... weiterhin für mich selbst zu kochen.

Ich fühle mich regelrecht beschwingt und unternehmungslustig, als hätte ich ein Glas Bier getrunken, und entschließe mich noch zu einem kleinen Spaziergang vor dem Schlafengehen.

als hätte ich ein Glas Bier getrunken ist ein eingeschlossener Nebensatz, der muss mit Komma vorn und hinten abgegrenzt werden.

Ausserdem ein Gemüsesalat mit Sesamdressing, etwas Reis mit gegrilltem Thunfisch und Honigmelone in Kugeln gestochen.

Außerdem

Es fehlt mir buchstäblich Bodenhaftung und das flatterhafte Ding in meiner Brust ist kaum zu bändigen.

Sehr schön!

Kanji, da ist dir eine wirklich schöne Geschichte gelungen.

Schönen Gruß
khnebel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej khnebel,

ich habe auch diese verirrten Kommatar eingefangen, die Verwurschtelungen geglättet, auch die hochtrabenden zubereiteten Speisen geerdet und die Doppel-s verpackt.

Danke für die Hinweise.

Ich muss außerdem zugeben, dass ich mich ganz besonders darüber freue, wenn einem Mann das Herz bei den Beschreibungen aufgeht. Da bin ich altmodisch. :shy:

Zur Essensbestellung habe ich mir überlegt, dass es anfangs tatsächlich ein Versehen gewesen ist, Kai aber so dankbar über das Lob war, dass er auf eigene Kosten, Mai beliefert hat. Könnte er doch investieren, oder?

Herzlicher Gruß und lieben Dank für das Lesen meines Textes, Kanji

Hej Maerchentroll,

Hab's nicht so mit der Reihenfolge. Entschuldige.
Eigentlich wollte ich wirklich mogeln und dachte, ach, vielleicht merkt ja keiner, dass die Geschichte in Japan spielt. :D Du wärst fast reingefallen. Sorry.

Danke, dass du den Text gelesen und gemocht hast. Ich denke, man wird sich weiter um Mimi und sie sich um sich selbst kümmern.

Lieber Gruß, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Kanji,

Du bist eine gute Erzählerin, ich habe Deinen Text sehr gern gelesen.
Das ist souverän, schön langsam erzählt, passt gut zu einer Handlung im (ländlichen) Japan. Diese stille Zeit habe ich dort vor einem halben Jahrhundert noch selbst erlebt, und es galt als unschicklich, in Eile zu sein.
Mein Komm zu Deiner Geschichte war lang, doch ich hab ihn etwas liegen lassen – und nun haben alle Kommentatoren das gesagt, was ich (ungefähr) auch sagen wollte. Ich habe nun das meiste gestrichen; hier ist der Rest mit wenigen Punkten, die vielleicht noch nicht erwähnt wurden:

Ich achte auf die aufgebrachten Brillenvögel, die sich im Hof am Teich scharen, wenn sie etwas Abkühlung benötigen.
Mai sitzt auf dem Balkon, die Vögel sind am Teich. Bei dieser Entfernung muss sie mMn nicht auf die Vögel ‚achten’ in Sinne von ‚dass ihnen nichts geschieht’.
‚Achten’ verstehe ich als aufpassen. Aber Mai sieht sie, nimmt sie wahr, erfreut sich an ihnen.

... ich liebe es, das Gemüse zu verarbeiten, es je nach ihrer Garzeit in verschieden große Teile zu schneiden, ...,
Vielleicht: ..., die Gemüse ... ... je nach ihrer
oder
das Gemüse zu verarbeiten...es wegen seiner unterschiedlichen Garzeit ...

...und entschließe, mich noch zu einem kleinen ...
ohne Komma

Dann besinne sie mich, ...

... recht fidel und vorlaut ...
Ist ‚vorlaut’ die beste Möglichkeit? Immerhin ist Mimi zwanzig Jahre älter als Mai.

Ich habe das Gefühl, nur noch für sein Essen zu leben.
Hin und wieder bin ich auch schon gelobt worden – aber das hat noch niemand zu mir gesagt!

Fünfundvierzig Jahre alt K als mein Mann starb.
Es kommt keine Nachricht mehr von Kai.
Aber wie hat der den Brief von Mai bekommen?

Kleinkarierter Kram. Mir hat es gefallen und ich recke beide Daumen nach oben.

Schöne Grüße!
José

 

Hej Josefelipe,

auch über deinen Besuch in meinem Text freue ich mich sehr. Danke dafür. Dass du gleich mit einem fettgedruckten Lob beginnst, ist sehr nett von dir.

Ich fürchte, diese Langsamkeit beim Erzählen einer Geschichte, kann ich kaum ablegen und ich fürchte zusätzlich, sie passt nicht zu allem, was ich erzählen möchte. Möglich, dass ich zukünftig sämtliche Texte nach Japan verlegen muss. Ich suche förmlich nach Geschichten, die mich zwingen, genau hinzusehen. Ich freue mich dann doppelt und dreifach, sie zu lesen.

Wenn Neid nicht so eine fürchterlich unsympathische Eigenschaft wäre, würde ich sagen, ich beneide dich dafür, vor all den Jahren in Japan gewesen zu sein. Und ich hoffe, du hast nur gute Erinnerungen daran.

Zu deinen Verbesserungsvorschlägen: ich habe Mai sich jetzt über die Brillenvögel amüsieren lassen, habe beim Gemüse vollständig auf Artikel verzichtet, habe Relikte aus dem Entwurf der 3. Person entfernt und verirrte Kommata eingefangen.

Als ich über Mimi nachgedacht habe, kam sie mir kindlich vor, deswegen habe ich wohl "vorlaut" verwendet. Du hast aber völlig recht und deswegen habe ich mich jetzt für "resolut" entschieden.

Dass du für andere kochst ist wundervoll und ich vermute, es liegt nicht an deiner Zubereitung, dass bisher nicht mehr als ein Lob dabei herauskam, sondern eher daran, dass man hierzulande Mahlzeiten und das Zubereiten nicht so schwer bewertet. Du weißt, welchen Stellenwert das Essen in Japan hat. Zudem hat Mai ja nicht so entsetzlich viele Higlights am Tag.

Ja, wie hat Kai den Abschiedsbrief von Mai bekommen? Mist. Gute Frage. Also entweder war das Essen für Mai auch schon ein Dauerauftrag :D oder sie hat einen Lieferboten abgefangen, die im Laubengang andere Boxen abholten. :hmm:

Habe vielen Dank für all deine Hinweise und Bemerkungen.

Herzlicher Gruß, Kanji

 

Hej maria.meerhaba

ich sag' das jetzt mal so, weil du so nett bist.

Zum anderen empfinde ich es als Ehre, dass du dich derart mit meinem Text auseindersetzt, zumal du dich größtenteils gelangweilt hast und da ist es nur recht und billig, dass ich Rede und Antwort stehe.

Dass du mit einem positiven Aspekt angefangen hast, rechne ich dir hoch an.
Es ist tatsächlich so, dass ich fast nichts anderes mehr tue, als lesen und schreiben.
Es ist wunderbar hier tatkräftig unterstützt zu werden und ich lerne total viel.

Nun zum Text, falls du Lust hast, falls nicht, scroll' einfach weiter. :shy:.
Ich hatte mich ja nach längerem Hin und Her entschieden, die Geschichte in Japan spielen zu lassen. Da gab es einiges zu beachten, dazu gehörte das Verhalten der Angestellten am Arbeitsplatz, insbesondere die Hierarchie und der entsprechende Respekt. Ich wollte das nur kurz anzeigen.

Der Absatz, er ihren Alltag und Charakter aufzeigen sollte, ist wohl wirklich nicht jedermanns Sache, sollte aber ihrem japanischen Lebensstil angepasst wirken. Sorry.

Deine Bedenken wegen des Öffnens der fremden Kiste, hätte ich wirklich zögerlicher wirken lassen können, entspräche auch eher ihrem Charakter. Aber es wäre schade um die Speisen gewesen und neugierig ist sie ja, die süße Maus. :lol: Außerdem ist es auch mal schön, die "Macht des Autors" zu spüren.

Ich glaube nicht, dass Kai absichtlich mit der Kiste auf der Pirsch ist. Es war ein Versehen. Irgendein Praktikant hat geträumt und Mist gebaut. :D Später, nach Mais erstem Brief, hat Kai dann "investiert".

Es macht mich froh, dich zum Schmunzeln gebracht zu haben. Dein "toll gemacht" ebenso.

Wenn man einen Ehemann jahrelang pflegt, der quasi gar nicht mehr mit einem kommuniziert, das bestimme ich mal so (kann mich dran gewöhnen;)), dann ist man im ersten Moment sehr wahrscheinlich erst einmal erleichtert. Sie muss sich nicht kümmern, wickeln, füttern, dies das. Sie fühlt sich befreit. Die Trauer kommt später.

Beim "Seniorentreff" bin ich dir voraus, maria, ich sehen die beiden mit Anfang sechzig, zart und drahtig, weil gut ernährt. Dann geht's wieder und ich benötige keine Welpen. ;)

Ich hätte persönlich auch kein Problem mit einem jüngeren Mann, aber Mai schon, so wie sie drauf ist.

Mit deiner letzten Frage hast du mich etwas verunsichert. Willst du's wirklich wissen? :hmm:

Der Titel "Im Mai" soll in "Mai" verändert werden und gewieft, wie ich nun mal bin, steht Mai eben für den Monat (ach was), der Sommer steht bevor (s. Text), die Protagonistin (echt?) und die Möglichkeit für den Frühling im Herzen, auch wenn man kurz vor dem Herbst steht. Wat schön. :lol:

Vielen lieben Dank, ich fühle mich gar nicht mal so schlecht, nachdem du mich durch die Mängel genommen hast.

Lieber Gruß , Kanji

 

Hallo Kanji

eins vornewege: ich mag den Text, obwohl ich an manchen Stellen weitergescrollt bin. Die Situation hat was Rührendes, was Sehnsüchtiges. Da steckt viel zwischen den Zeilen.
Dafür braucht es etwas Länge, weniger wäre dennoch mehr gewesen für meinen Geschmack. Auch das Wortspiel "Mai" und "Kai" fand ich eher gewollt.
Sprachlich hat es mir gut gefallen, dir gelingt ein eigener Ton, das ist vielversprechend.

Mal schauen was ich im Text finde:

Seit siebenunddreißig Jahren arbeite ich in diesem Büro und bemühe mich gewissenhaft und zuverlässig, Texte zu bearbeiten.
hier gibst du gleich am Anfang Info, verortest den Charakter, nur Texte bearbeiten, das könnte genauer sein oder poetischer oder?

am liebsten aber den Geräuschen, die die Natur mit sich bringt, etwa dem Rauschen der Blätter in der Buche, die ich vom Balkon aus mit den Händen erreichen könnte, wenn der Wind einige Zweige herüber wehte.
wie muss ich mir das vorstellen? eine Stadtwohnung mitten im Wald, so klingt es jedenfalls...

Wir hatten es uns aber auch nicht vorgenommen. Ich selbst mache mir nicht viel aus Bildern im Fernsehgerät.
könntest du weglassen, schwingt mir...

Es entspannt mich nach der Arbeit im Büro und ich liebe es, Gemüse zu verarbeiten, es je nach Garzeit in verschieden große Teile zu schneiden, bevor ich sie in einer großen Pfanne kurz brate. Früher bereitete ich mehrmals in der Woche Fisch zu.
klingt sehr technisch...

Ein Spargel-Lachs-Salat, eines mit gefüllter Eierrolle, es könnten Spinat und Pilze sein, frittierter Tofu, Hühnerspiesse und kalte Nudeln.
lecker: wow

als hätte ich ein Glas Bier getrunken
komischer Vergleich, beschwingt nach schnödem Bier? übrigens passt zu asiatischem Essen Wein besser: Gewürztraminer (riecht nach Litschi)

Die Alte ist trotz aller Umstände recht fidel und resolut. [/QUOTE] ich mag beide Wörter nicht...

Die, auf denen Kraniche getuscht sind, die wir zur Hochzeit von meinen Eltern bekommen haben.
ich habe mir vor gar nicht langer Zeit ein altes Service in England gekauft: Kutani Crane (Wedgwood), erinnert mich total dran...

Und schon beim Aufstehen kann ich an nichts anderes mehr denken, als an den Moment, indem ich die Schachteln öffne, die köstlich zubereiteten Lebensmittel verspeise und seine Zettel lese.
eine romantische Art, sich zu verlieben :)

Seine Haare sind ziemlich lang und er ist vermutlich frisch geduscht und rasiert. Ich stehe auf und verlasse die Bar, ohne ihn anzusehen.
sie duscht, er duscht, beide frisch, das ist zu viel...

Es kommt keine Nachricht mehr von Kai.
eigentlich ist Kai ein Arsch, sie erklärt ihm so sehnsüchtig und ehrlich ihr Leben und dann kommt erst Mal nichts mehr...

Als ich sie öffne, steht Kai schon schüchtern lächelnd davor.
Ich habe mich geirrt. Er ist viel älter, als ich annahm.
gutes Ende, obwohl irgendwas fehlt, kann es aber nicht genau sagen, was.

Schöne, wehmütige Geschichte
hat mir gefallen
viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Kanji,
ich mochte deine Geschichte auch sehr gerne. Der Stil hat mich angesprochen und nie gelangweilt. Ich fand den Plot gut, aber auf eine bestimmt Art, würde mir die Geschichte ohne Happy End besser gefallen. Warum weiß ich nicht. Vielleicht hätte es mich mehr zum Nachdenken angeregt. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und gefallen hat sie mir allemal.
Danke
F.A.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Isegrims,

schön, dass du reinschaust. Danke.

Ich freue mich, Empfindungen geweckt zu haben. Das ist doch mal n Anfang.

Wenn ich jetzt auf die kritischen Punkte eingehe, dann deswegen, weil ich verunsichert bin.

Dafür braucht es etwas Länge, weniger wäre dennoch mehr gewesen für meinen Geschmack.
Wie habe ich mir das praktisch vorzustellen? Wovon mehr, wovon weniger?

hier gibst du gleich am Anfang Info, verortest den Charakter,
Ist das jetzt okay oder geht's so nicht?

Wenn du in der Umgebung als Leser orientierungslos bist, heißt das: mehr Informationen? Zum Beispiel dachte ich, es reicht, wenn ich von kleinen Etagenwohnungen, einem Hof und einer Buche vor dem Balkon schreibe, um einen Eindruck zu vermitteln. Nein?

Den letzten Satz im zweiten Absatz, in dem sie meint, sie würde sich nichts aus Fernsehen machen, habe ich gestrichen. Du hast recht.

Die Stelle mit dem Gemüse schnippeln sollte eigentlich Hingabe vermitteln :D

Dass Mai nicht trinkfest ist, ist anzunehmen, desweiteren vertragen die meisten Asiaten eben keinen Alkohol, hier reicht eben ein Bier, um sich beschwingt zu fühlen. Wein ist importiert zu teuer für viele Japaner, auf jeden Fall für Mai. ;)

Cutani crane ist sehr hübsch. Sehr englisch, trotz der asiatischen Symbole. Mais Schälchen sind schlichter.

Ausserdem kommen jetzt beide ungeduscht zur Verabredung.

Und iwo, Isegrims, Kai ist kein Arsch. Der wurde versetzt, weiß jetzt ja auch, was das alles bedeuten soll. Der denkt halt ein bisschen länger. ;)

Und schon, am Ende habe ich auch lange gegrübelt, ob der Schlusssatz ausreicht. Ich grüble noch mal etwas weiter.

Herzliche Dank für deine Unterstützung , Kanji


Hej Frans Anders,

Es freut mich, dass du reingeguckt und dich nicht gelangweilt hast.
Du hast recht, ein offenes Ende kam auch in Betracht, aber mir war dann doch nach einem happy ending. ;)

Freundlicher Gruß, Kanji

 

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