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Magie der Skulptur

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29.01.2010
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Magie der Skulptur

Das Museum lockte an diesem heissen Sommertag nur wenige Besucher an. Anaïs behagte die Klimatisierung und die Ruhe an diesem Ort. Ausgeprägt war ihr Interesse an bildender Kunst nicht, dennoch waren ihr die Maler der gegenwärtigen Ausstellung weitgehend ein Begriff. Sie war dem Schaffen der Schweizer Maler um die Jahrhundertwende gewidmet, darunter Werke von Augusto Giacometti, Segantini, Rouge, Morach, Klee und Valloton. Ohne rechte Neugierde verweilte sie minutenlang vor manchen der Objekte, die mit unterschiedlichen Stilrichtungen eine Epoche vertraten. Bei Bildern, die ihrer ästhetischen Erwartung entsprachen, erinnerte sie sich meist an weitere Werke der Maler.
Es sind vor allem Farben, die mich ansprechen, wenn sie im Einklang mit Formen eine mir harmonische Komposition bilden. Vielleicht habe ich doch ein wenig von Mamas musischem Geschmack geerbt? Die kleine Sammlung an Impressionisten im Elternhaus mochte sie. Dekorativ und harmonisch fügte sie sich zur Chippendale-Möblierung ein.

Sie wähnte den Rundgang bereits abgeschlossen, als ihr im hinteren Teil des Gebäudes, in einem Zwischengang, eine alte Wendeltreppe auffiel. Zögernd stand sie davor. Ist es der Aufgang zu einem Büro oder zu einer Abstellkammer? Da keine Absperrung angebracht war, stieg sie hoch, der Neugierde folgend. Im turmartigen Obergeschoss befand sich ein Raum, durch schwarze Vorhänge verdunkelt. Eine Skulpturengruppe durch Scheinwerfer beleuchtet in der Mitte. Ihr Atem stockte, Faszination ergriff sie. Unglaublich, wie raffiniert dies inszeniert ist. Wenn sie sich bewegte, erzeugten die Lichtbündel auf den Skulpturen ein Schattenspiel. Die Darstellung gemächlich umkreisend, liess sie das Kunstwerk auf sich einwirken.
In menschlicher Grösse präsentierte es ein Paar. Die Hüften einander zugeneigt ohne sich zu berühren, die Oberkörper nach hinten lehnend, wie in einer Tanzsequenz verharrt. Je länger sie das Paar betrachtete, desto mehr nahm sie Details wahr. Der athletische Körper des Mannes erinnerte sie an Darstellungen aus der griechischen Antike. Die Muskelstränge und Sehnen zeigen vollendet die Spannung, welche sich durch die Körperstellung bedingt. Als würde er sich im nächsten drehen. Die Frau, mit hochgesteckten Haaren, feinen Gliedern und kleinen, festen Brüsten, welche sich aufgrund der Haltung halb nach oben richteten, erschien ihr vertraut. Sie erinnert mich an ein Bildnis der Aphrodite.

Langsam bewegte sie sich vor den Skulpturen, sich auch niederkauernd um neue Perspektiven zu erschliessen, was das Licht- und Schattenspiel auf den Körpern variierend ausreizte. Versuchung kam ihr auf, die Figuren nicht nur zu betrachten, sondern auch zu berühren. Der Gedanke steigerte sich zu unbändigem Verlangen, die einsetzbaren Sinne auszukosten. Die Hand erhebend tippte sie vorsichtig mit den Fingerkuppen an den Körper der Aphrodite. Ein behagliches Gefühl beschlich sie. Kein Alarm, der losröhrte und die Museumsaufsicht in Panik versetzte. Sie liess nun ihre ganze Handfläche über den Stein gleiten, um dann langsam über wohlgeformte Stellen zu streichen. Direkt lustvoll diese Glätte des Marmors. Je länger sie den Stein berührte und den ganzen Körper wie eine Blinde ertastete, verlor er seine Kühle. Vollendet diese Form, fest und zugleich wie leicht nachgebend unter der Berührung. Diese Wahrnehmung überflutete ihre Sinne, sie fühlte sich eins, ja identisch mit Aphrodite.

Das Gesicht ihres Gegenübers wurde plastischer, in seine Augen trat ein dunkler Schimmer, seine Lippen deuteten ein Lächeln an. Sie spürte, wie sich ihre Brust hob und senkte, so tief und stark ging ihr Atem. Die Spannung steigerte sich enorm, nicht mehr nur durch das Gestalterische der Körperhaltungen, das erotisch Anziehende zwischen den beiden Figuren lebte wie eine Aura auf. Ungläubig schaute sie, da die männliche Skulptur aus der Erstarrung zu erwachen schien. An der Muskulatur zeigen sich kaum wahrnehmbare Veränderungen, verursacht durch eine behutsame Bewegung, die ihn erfasste. Der Glanz seiner Pupillen hat sich verstärkt, da er kurz die Augenlider schloss.

Ihm in die Augen schauend, streckte sie ihre Hand der seinen entgegen. Wie Energieübertragung wirkte die Berührung seiner Finger ihr, es zog sie näher zu ihm. Ihr Herzklopfen verstärkte sich, während sie mit der Hand an seinem linken Arm hochfuhr, den kräftigen Körper spürend. Als sie ihre Hand auf seinen Brustkorb legte, fühlte sie einen tiefen Atemzug von ihm, der sich wie ein sanftes Beben auswirkte. Da, wie aus höheren Sphären eindringend, erfüllt sanft ansteigend eine fremde, lyrische Musik den Raum. Mir ist, als ob die Begrenzung von Raum und Zeit sich dehnt, ja aufhebt. Nur er und ich sind noch. Sie begannen sich, in einem Tanz zu wiegen.

Wie lange sie schon traumhaft tanzten, wusste sie nicht, es schien eine Ewigkeit zu sein. Ihre Körper streiften sich, wurden bei einigen Schritten aneinander geschmiegt, strebten auseinander und zogen sich wie magisch wieder an. Seine Bewegungen, seine Hände, jeder seiner Muskeln, die ich spüre, ja sein ganzer Körper, scheinen mir seit jeher vertraut, als ob es nie eine Distanz zwischen uns gegeben hätte. Sie empfand sich unvergleichlich, entrückt dem gewöhnlichen Dasein.

Ein besonders feinfühliges Musikstück hatte eingesetzt, die das sehnsüchtige Spiel ihrer Körper noch mehr herausforderte, sie neue Bewegungen erproben liess, und die Flut an Eindrücken intensivierte. Die gesteigerten Reize liessen ihr Wohlgefühl jubilieren. Berührungen zwischen ihnen traten nicht mehr zufällig auf. Ihre Schenkel strichen aneinander, wenn er sie nach hinten sinken liess, sich über sie beugend. Die Fingerspitzen spielten gezielt auf den Körpern, wie die Körperbewegungen unterstützend. Eine unbezähmbare Erregung stieg in ihr auf, auch bei ihm, mit dem aufstrebenden Phallus an ihrem Körper lockend. Die Musik wurde synchron zu den Bewegungen langsamer, der Sinnesrausch betäubend. In stillem Einklang glitten ihre Körper behutsam zu Boden, die zarten Berührungen und Bewegungen fortsetzend. Die Musik klang nun abgerückt, die Töne dennoch fühlbarer animierend, zu einem Höhepunkt lockend. Über ihnen eröffnete sich ein nächtlicher Himmel, an dem Sternschnuppen ihrer Empfindungen sich kreuzten, um alsdann in ein Feuerwerk überzugehen, das das ganze Firmament zu erleuchten schien. Erschöpft hielten sie sich in den Armen, die Augen geschlossen, um den Genuss und den Nachhall in einem Traum für die Erinnerung einzufangen.

Ein leichter Luftzug, der sie streifte, liess ihr die Wirklichkeit wieder bewusst werden. Oder war es der Ton des Gongs, der in den Räumen des Museums sanft widerhallte?
Eigenartig, die Skulpturengruppe präsentiert sich unverändert. War es einzig meine Sinnesempfindung, die sich in magischer Weise bereicherte, unwirklich und zugleich erfüllend? Sie fasste sich mit der Hand an ihren Halsausschnitt, ihre Haut fühlten sich feucht an, als ob die Sommerhitze hier eingedrungen wäre. Doch das Raumklima war konstant.
Eine Frau der Museumsaufsicht kam die Treppe hoch. «Wir schliessen in drei Minuten. Bitte begeben Sie sich zum Ausgang.»
Noch einmal blickte sie fasziniert auf die Skulpturengruppe, deren Betrachtung ihr eine ungeahnte Dimension des Wahrnehmens eröffnet hatte. Die Scheinwerfer erloschen und eine gewöhnliche Raumbeleuchtung warf nüchtern blasses Licht. Ich muss fantasiert haben, doch die Eindrücke waren mir berauschend schön.
Auf den Ausgang zustrebend, streifte ihr Blick die Wände. Die Dame in Rot auf Vallotons Gemälde schien sie mit einem spöttischen Blick zu verabschieden. An ihr vorbeizukommen, ohne es zu bemerken, war unmöglich. Ist dies eine kleine Bosheit der Kuratorin, die um die Wirkung der Skulpturen auf Betrachter weiss?

 
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So was aber auch, ich dachte, ich hätte diese Geschichte schon im Februar kommentiert und wollte mal gucken, was aus ihr geworden ist. Und nun stelle ich fest, ich hatte meine Anmerkungen sonst wo versteckt. Aber jedenfalls nicht unter deiner Geschichte,

lieber Anakreon,

sie gefällt mir sehr gut, deine kleine amour fou mit gehauenem Stein im Museum.
Sehr stimmungsvoll, sehr poetisch. Ja, wirklich schön. Wie ein eigenartiger, verlorener Tanz. Und wunderschön geschrieben.

Aber im Einzelnen, denn leider gibt es auch wieder den berühmten Wermut.
Aber nur ein kleines bisschen. Den Anfang hast du ja verändert und den find ich auch weitgehend verbessert, du hast wohl ein bisschen konzentriert und gekürzt. Das hat dem Beginn gut getan. Auch die Mischung zwischen Erzählersicht und ihrer Innensicht, die sich jetzt durch den Text durchzieht, (oder war das auch vorher schon?) finde ich gelungen.

Nur das hier stört mich noch:

Bei Bildern, die ihrer ästhetischen Erwartung entsprachen, erinnerte sie sich meist an weitere Werke der Maler.
Es sind vor allem Farben, die mich ansprechen, insbesondere wenn sie im Einklang mit Formen eine mir stimmige Komposition bilden. Diese Vorliebe wurde ihr bewusst. Vielleicht habe ich doch ein wenig von Mamas musischem Geschmack geerbt? Die kleine Sammlung an Impressionisten im Elternhaus mochte sie, wenngleich sie ihr dekorativ erschien, da sie sich harmonisch zur Chippendale-Möblierung einfügte.

Es wirkt auf mich so, als ob du hier zu viel erklären wolltest. Leider weiß ich nicht mehr genau, wie es vorher war oder auf welche Kritik du hier reagiert hast. Ich finde einfach hier etwas doppelt gemoppelt:

1. Diese Vorliebe wurde ihr bewusst unterbricht für mich störend ihren Gedankengang. Und es ist auch gar nicht nötig, das dem Leser mitzuteilen, denn die Idee der jungen Frau, dass sie vielleicht doch etwas musischen Geschmack geerbt hat, das ist doch die Bewusstwerdung.

Und 2.: das wenngleich ist für mich nicht stimmig. Ich weiß, du willst damit darauf hinweisen, dass ein Deko-Aspekt nichts mit Kunstinteresse zu tun hat. Das stimmt ja auch, aber die Konjunktion wirkt zu entgegensetzend. Sie tut so, als stünde beides im Widerspruch zueinander. Was es aber gar nicht tut.

Ab dann ist es sehr schön. Irgendjemand schrieb, die Protagonistin wirke blass, farblos, wenig sympathisch. Klar, das stimmt ja auch, dass sie blass ist, sie kriegt aber wahrlich genug Röte durchs erotische Erleben :D
Die Protagonistin steht bei dir ja auch gar nicht so sehr im Vordergrund, das ist ja gar nicht dein Thema. Dein Vorhaben war, glaube ich, eine kleine Kunstekstase zu zelebrieren, und zwar, was ich sehr nett ironisch finde, ausgerechnet mit einer Frau, die mit Kunst gar nicht so viel am Hut hat. Deine Intention hier ist es, die Wollust an der Kunst zu zeigen. Hast du klasse gemacht. Ich bin richtig begeistert.
Unsympathisch fand ich die Frau bisher übrigens sowieso noch nie. Und jetzt noch weniger, ich finde sie richig goldig, wenn sie durch deinen neuen Schluss so ein wenig gschamig wird. Sehr nett.
Ich glaube, du hast die Wolllustszene noch mehr intensiviert. Ist das so?

Auch das Ende ist neu:

Auf den Ausgang zustrebend, streifte ihr Blick die Wände. Die Dame in Rot auf Vallotons Gemälde schien sie mit einem spöttischen Blick zu verabschieden. Ein Verdacht kam ihr auf. Kann es sein, dass Besucher vermehrt den Skulpturenraum mit derart intensiven Gefühlsregungen verlassen?

Und da muss ich dir leider sagen, dass ich den allerletzten Satz nicht so gut finde, probiere mal selbst aus, wie es wäre, wenn die Dame in Rot nur ihren spöttischer Blick wirft oder gar spöttisch lächelt.
Jedenfalls diese Idee, dass die Arme sich nach ihrer Sinnenlust nun auch noch auslachen muss, den finde ich ausgesprochen liebenswert.
Ihre Überlegung, dass sie eventuell nicht die einzige ist, die sich von der Kunst auf ganz besondere Weise anregen lässt, finde ich auch total cool. Ich sehe schon Schlangen von Frauen anstehen, die Einlass in das Museum begehren. Köstlich. Vielleicht kannst du den letzten Satz als eine andere Frage des selben Inhalts umformulieren? So sticht er für mich ein wenig ab, er wirkt noch unabgeschlossen.

Ja, hat mit großen, großen Spaß gemacht.
Liebe Grüße von der Novak

 

Neeeeiin, war mein stummer Schrei, als ich gestern Abend vor dem Schlafengehen noch einen Blick in die virtuelle Realität der literarischen Welt wagte. Ich wähnte den Text wieder am Absinken in die Tiefen des KG.de-Archivs. Aber der Titel prangte mir entgegen, gleich einem mahnenden Fingerzeig von Vallotons Dame. :D

Liebe Novak

Doch mein Schreck war unbegründet, das Gerüst blieb intakt, die Geschichte nicht arg zerfleddert auf der Strecke! Zwei Passagen, in denen du was zu bekritteln hast, Blessuren, die ich verkraften kann. Umso mehr, da ich umgehend eingestehen musste - darüber zu sinnieren kam ich gar nicht mehr -, dass du recht hast. :Pfeif:

Da ich zu dem Zeitpunkt im Kampf mit einem Virus verwickelt war, die Medikamente taten noch das ihre dazu, musste ich mich zerknautscht darnieder legen. Es blieb mir keine Wahl als die Verarbeitung deiner Auseinandersetzung mit dem musealen Text und deinem Kommentar auf heute zu verschieben. Noch lädiert aber wieder denkfähig wage ich mich nun daran.

sie gefällt mir sehr gut, deine kleine amour fou mit gehauenem Stein im Museum.
Sehr stimmungsvoll, sehr poetisch. Ja, wirklich schön. Wie ein eigenartiger, verlorener Tanz. Und wunderschön geschrieben.

Ha, und ich wollte sie schon in die Verbannung schicken, der Meinung ihre Ästhetik ecke mehr an, als das sie sich in ihrer Sinngebung entfaltet und entschlüsselt werde.
Da waren mir deine Zeilen erquicklich, um mir der eigenen Wertschätzung des Stücks wieder Auftrieb zu geben.

Auch die Mischung zwischen Erzählersicht und ihrer Innensicht, die sich jetzt durch den Text durchzieht, (oder war das auch vorher schon?) finde ich gelungen.

Ja, die Innensicht kam mit der Modifikation, die Unmöglichkeit eines Dialogs kompensierend.

Nur das hier stört mich noch:
1. Diese Vorliebe wurde ihr bewusst unterbricht für mich störend ihren Gedankengang. Und es ist auch gar nicht nötig, das dem Leser mitzuteilen, denn die Idee der jungen Frau, dass sie vielleicht doch etwas musischen Geschmack geerbt hat, das ist doch die Bewusstwerdung.

Da hast du vollkommen recht, das Vorlaute der Erzählstimme ist überflüssig und ist jetzt eliminiert. Manchmal ist man wirklich auf beiden Augen blind.

Und 2.: das wenngleich ist für mich nicht stimmig. Ich weiß, du willst damit darauf hinweisen, dass ein Deko-Aspekt nichts mit Kunstinteresse zu tun hat. Das stimmt ja auch, aber die Konjunktion wirkt zu entgegensetzend. Sie tut so, als stünde beides im Widerspruch zueinander. Was es aber gar nicht tut.

Hm, da hast du mich in meiner Widersprüchlichkeit ertappt. Ich mag Deko nahezu wie Kunst, wenn es Stil hat. Die Protagonistin hat wie dargestellt kein ausgeprägtes Interesse an Kunst, aber durchaus Sinn für Ambiente. Die gezeigte Negierung wäre ihr folglich gar nicht aufgetreten. Ich habe dieses Moment nun harmonisiert.

Die Protagonistin steht bei dir ja auch gar nicht so sehr im Vordergrund, das ist ja gar nicht dein Thema. Dein Vorhaben war, glaube ich, eine kleine Kunstekstase zu zelebrieren, und zwar, was ich sehr nett ironisch finde, ausgerechnet mit einer Frau, die mit Kunst gar nicht so viel am Hut hat.

Das hast du richtig erkannt, die Frau war mir Werkzeug zum eigentlichen Zweck. In der Urfassung hatte sie nicht mal einen Namen, was allerdings zu unpersönlich wirkte. Natürlich ist der Gedanke fantastisch, ein Kunstwerk könnte den Menschen derart vereinnahmen, dass er sich in dessen Anblick völlig verliert. Anderseits stellen sich die menschlichen Träume in Bildern dar. Ein Umkehrschluss über Bilder zu Träumen zu gelangen, in dieser Form vielleicht gewagt aber nicht abwegig, und mit der erotischen Themenwahl beinah realitätsnah.

Unsympathisch fand ich die Frau bisher übrigens sowieso noch nie. Und jetzt noch weniger, ich finde sie richig goldig, wenn sie durch deinen neuen Schluss so ein wenig gschamig wird.

Ich fragte mich, ob es mir gelingt, die Empfindungen der Frau in diesem Stück gerecht zu zeichnen, ohne in ein Klischee zu verfallen. Dass du ihr Bild nie unsympathisch fandst und es durch den neuen Schlusspunkt noch gewann, bestätigt es und freut mich.

Und da muss ich dir leider sagen, dass ich den allerletzten Satz nicht so gut finde, probiere mal selbst aus, wie es wäre, wenn die Dame in Rot nur ihren spöttischer Blick wirft oder gar spöttisch lächelt.

Ja der Satz wirkte mir jetzt auch ungelenk, doch ersatzlos fallen lassen mag ich ihn nicht. Ein ironischer Gedanke zum Abschluss, der sich mit dem Bild von Valloton verbindet, scheint mir doch köstlich. Deine Idee, es umzuformulieren, war von dem her stimmig. Puh, ich habe verschiedenste Möglichkeiten ausprobiert und wieder verworfen. Doch jetzt meine ich, eine Lösung gefunden zu haben. Sollte diese für Betrachterinnen des Kunstwerks haarsträubend sein, schicke mir doch bitte ein „Fäustchen“, ich werde den Hieb dann zum Anlass nehmen, die feminine Psyche in einer solchen Situation nochmals genau zu ergründen, um es anzupassen.

Ja, hat mit großen, großen Spaß gemacht.

Darüber freue ich mich sehr und danke dir für deine intensive Auseinandersetzung mit dem Stoff und die treffenden kritischen Anregungen und die lobenden Worte. Ich werde es in den nächsten Tagen dann zum 1001. Mal lesen. Wenn ich es dann als vollkommen gerundet wahrnehme und stumm schreie, Jaaa, das ist es, mich zufrieden zurücklehnen. :)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon
diese Geschichte habe ich bestimmt schon öfters angelesen, habe aber nicht den Mut aufgebracht durchzuhalten. Die Sprache war mir zu schwer. Nachdem ich heute dein Profil gelesen hatte, war ich neugierig. Denn dein Anliegen, Wahrnehmungen zu erzählen, hat mich gereizt. Welche Wahrnehmung ist denn schon wirklich die rechte? Die Grundidee dieser Geschichte, in ein Kunstwerk einzutauchen und daher in eine andere Dimension zu switchen, ist klassisch. Gerade Kunstwerke sollen den Betrachter animieren, zu erkennen, was sich unter dem Abbild verbirgt. Oft werden wir überrascht, wie blind wir aneinander gegenüber stehen.
Ich bin kein Kunstkenner. Doch lehnt mein Nick einer große Malerin an. Ihre Bilder erkenne ich, ohne auch nur ihre Kunstwerke zu kennen. Ich weiß nicht, warum es so ist, aber ich habe die Autobiografie gelesen und fühle mit ihr. Es ist, als ob die Bilder zu Spiegelbildern ihrer Seele wurden. Sie malte erotisch und ihr Verlangen wurde in den Werken sichtbar. Und genau dieses vermisse ich bei deiner Geschichte. Du bleibst beim Erzählen zu sehr an der Oberfläche haften.
Trotzdem war es ein schöner Ausflug ins Museum für mich. LG GD

 
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Hallo Anakreon!

Dies ist eine Geschichte für höhere Töchter - eine Geschichte, die kunstvoll und erotisch, aber ja nicht schmutzig sein will. Und die Protagonistin ist selbst eine höhere Tochter, aus reichem Hause, etwas gelangweilt, etwas dümmlich ... und sorry, Lichtjahre von einem lebendigen Menschen bzw. einer sinnlich fühlenden Frau entfernt.

Ohne wahrhafte Neugierde verweilte sie minutenlang
findest du, dass "wahrhaft" hier das richtige Wort ist? "rechtes" oder "richiges" schiene mir angemessener
Es sind vor allem Farben, die mich ansprechen, insbesondere wenn sie im Einklang mit Formen eine mir stimmige Komposition bilden.
Was sollte sie denn sonst ansprechen bei Werken der bildenen Kunst? Der Rahmen? "Im Einklang mit Formen eine mir stimmige Komposition" - das ist so eine allgemeine und nichtssagende Small-Talk-Sprache von Vernissagen.
Vielleicht habe ich doch ein wenig von Mamas musischem Geschmack geerbt?
Spricht jemand wirklich so mit sich selbst?
Die kleine Sammlung an Impressionisten im Elternhaus mochte sie. Dekorativ und harmonisch fügte sie sich zur Chippendale-Möblierung ein.
Ab da lehne ich die Protagonistin ab, wahrscheinlich der pure Neid. Es ist alles geordnet im Leben dieser Protagonistin, eins passt zum anderen, alles, auch die Kunst, verkommt zu reiner Dekoration - da stört nichts auf, da ist alles schön und passend. Vielleicht hab ich doch ein wenig von Papaaaas erdigem Geschmack geerbt, aber bei sowas wird mir leicht übel.
Sie wähnte den Rundgang bereits abgeschlossen, als ihr im hinteren Teil des Gebäudes, in einem Zwischengang, eine alte Wendeltreppe auffiel.
Das ist gut, ich mag geheimnisvolle Wendeltreppen.
Die Muskelstränge, Sehnen und auch der Po zeigen vollendet die Spannung, welche sich durch die Körperbiegung bedingt.
Besteht der Po nicht auch aus Muskeln? Also die Nebenreihung stimmt nicht, der Po ist eine andere Kategorie. Und das ist ja auch so eine Nullaussage: Wie sollten die Muskeln usw. denn sonst gespannt werden als durch eine "Körperbiegung". Das klingt alles so gewählt, aber hohl und dadurch gespreizt.
Die Frau, mit hochgesteckten Haaren, feinen Gliedern und kleinen, festen Brüsten, welche sich aufgrund der Haltung halb nach oben richteten, erschien ihr vertraut. Wie einem Bildnis der Aphrodite entstiegen.
Also eine Skulptur von einer Frau, die wiederum einem Bildnis "entstiegen" zu sein scheint. Irgendwie zuviel, oder?
Der Gedanke steigerte sich zu unbändigem Verlangen, alle Sinne auszukosten
Das ist schlicht falsch, denn sie probt auch weiterhin nur den Tastsinn und den Sehsinn an der Skulptur, sie versucht nicht zu riechen, zu schmecken oder zu hören.
Das Gesicht ihres Gegenüber wurde plastischer
Gegenübers
in seinen Augen trat ein dunkler Schimmer,
seine
Die Spannung steigerte sich enorm, nicht mehr nur durch das gestalterische der Körperhaltungen, das erotisch Anziehende zwischen den beiden Figuren lebte auf
groß: Gestalterische ... du stellst nicht dar, was hier passiert, sondern versiehst das Ganze nur mit Etiketten, wo NUR draufsteht, was vor sich geht, bildhaft wird es nicht.
Mir ist, als ob sich die Begrenzung von Raum und Zeit sich dehnt,
da ist ein "sich" zuviel
sie neue Bewegungen erproben liess, und die Flut an Eindrücken intensivierte. Die gesteigerten Reize liessen ihr Wohlgefühl jubilieren. Berührungen zwischen ihnen traten nicht mehr zufällig auf, die Fingerspitzen spielten gezielt auf den Körpern.
was für Bewegungen? was für Eindrücke? welche Reize? was für Berührungen?
In stillem Einklang glitten ihre Körper behutsam zu Boden, die zarten Berührungen und Bewegungen fortsetzend. Die Musik klang nun abgerückt, die Töne dennoch fühlbarer animierend, zu einem Höhepunkt lockend. Über ihnen eröffnete sich ein nächtlicher Himmel, an dem Sternschnuppen ihrer Empfindungen sich kreuzten, um alsdann in ein Feuerwerk überzugehen, das das ganze Firmament zu erleuchten schien. Erschöpft hielten sie sich in den Armen, die Augen geschlossen, um den Genuss und den Nachhall in einem Traum für die Erinnerung einzufangen.
Ja, und schnell einen Schwenk in den Himmel, bevor das BIld zu roh wird. Also es ist alles nur angedeutet, allgemein, ich spüre keine spezielle erotische Energie, es sind halt so die allgemeinen Vorstellungen davon, was erotisch ist. Tanz, Musik, Berührung und der Himmel, in dem sich die Seelen treffen ... genügt das wirklich?
Eigenartig, die Skulpturengruppe präsentiert sich unverändert. War es einzig meine Sinnesempfindung, die sich in magischer Weise bereicherte, unwirklich und zugleich erfüllend?
und ich dachte, er würde jetzt mit ihr nach Hause auf einen Kaffee gehen ...

Ein bekanntes Motiv behandelst du da, und leider kannst du ihm nichts Neues abgewinnen. Warum hast du diese Geschichte geschrieben? Was hat dich daran gereizt? Das Feiern der Kunst an sich, das Zusammenspiel von Erotik, bildender Kunst und Musik? Der Text sagt mir: Alles ist schön, wenn man die Kunst nur lässt ... und das wird aber schnell langweilig, weil es nichts mit dem Leben zu tun hat und nicht berührt.

Auf der Stilebene ist es deine Neigung zum Partizip Präsens, die diesen gehobenen, kunstvollen Ennui erzeugt, der deine Geschichten auszeichnet. Dem Verb wird durch die Umwandlung in ein Partizip das Aktive und Kraftvolle genommen, es verharrt in schöner Ruhe sozusagen. Man spürt ein starkes "Kunstwollen" bei dir, du willst einen "schönen" Text schaffen, aber leider wirkt es leblos, unoriginell und und ja "altbacken".
Das sieht jetzt nach einem harschen Verriss aus, aber ich würde dir raten, dass du weniger "künstlerisch" schreibst und mehr "wahrhaftig".

Gruß
Andrea

 

Hallo Goldene Dame

diese Geschichte habe ich bestimmt schon öfters angelesen, habe aber nicht den Mut aufgebracht durchzuhalten. Die Sprache war mir zu schwer.

Das verstehe ich, da ich den Stoff hier auf einer künstlerisch-ekstatischen Ebene verarbeitete.

Denn dein Anliegen, Wahrnehmungen zu erzählen, hat mich gereizt. Welche Wahrnehmung ist denn schon wirklich die rechte?

Ich muss mal mein Profil einsehen, was ich da aussagte. :confused: Aber es ist stimmig, in meinen Geschichten nehmen Wahrnehmungsformen öfters einen zentralen Stellenwert ein. Weniger gewöhnlich Normierte, als eher mit auffallend subjektiven Anteilen durchsetze. Rechte Wahrnehmung?, nun da müsste man wohl die real sichtbaren Dinge heranziehen, die gemeinhin gleich erfasst werden, etwa ein Ball ist rund. Doch darüber gibt es natürlich das Subjektive bis hin zu Wahrnehmungsverzerrungen oder gar –störungen.

Ich bin kein Kunstkenner. Doch lehnt mein Nick einer große Malerin an. Ihre Bilder erkenne ich, ohne auch nur ihre Kunstwerke zu kennen.

Da dürfte es sich wohl um die Malerin Tamara de Lempicka handeln? Elke Vesper hatte ein Buch über ihr Leben geschrieben, mit dem Titel „Goldene Dame“. Soweit mir fragmentarisch bekannt, hatte die de Lempicka ein etwas unstetes und exzentrisches Leben. Sie ist mir von ihrem Bild „St Moritz“ her seit meiner Kindheit ein Begriff. Ihr künstlerisches Werk finde ich eindrücklich, zugleich aber etwas holzschnittartig, aber gut den Art Déco-Stil verkörpernd.

Sie malte erotisch und ihr Verlangen wurde in den Werken sichtbar. Und genau dieses vermisse ich bei deiner Geschichte. Du bleibst beim Erzählen zu sehr an der Oberfläche haften.

Ihre Bilder sind zu der von mir beschriebenen Skulptur natürlich ein krasser Gegensatz. Einige ihrer Bilder, nicht alle, sind von einer unterkühlten Erotik, die durch die Szenen, klare Striche und die Farben zum Tragen kommt. Ein Vergleich von Bildern mit einem Text ist etwas gewagt. Aber gut, in der Intensität der Darstellung glaube ich durchaus mit meinem Text mitzuhalten und denke, du hast wahrscheinlich die Interpretationen der Vesper im Hinterkopf. Da wir uns hier jedoch auf einer ausgeprägt subjektiven Ebene bewegen, die sich den Betrachtern verschieden ergeben können, muss dies eben ins Feld der Wahrnehmung verschoben werden. :D

Trotzdem war es ein schöner Ausflug ins Museum für mich.

Das freut mich. Ich danke dir für deinen Kommentar und den Vergleich, den ich interessant fand, da beide „Werkinhalte“ in entrückten Welten beheimatet sind.


+


Hallo Andrea

Eben sah ich deinen interessanten und kritischen Kommentar und habe ihn, deine gute Beobachtungsgabe registrierend, schmunzelnd gelesen. Aus Zeitgründen muss ich die Beantwortung hinauszögern, komme aber sobald als möglich darauf zurück.

Schöne Grüsse an euch beide

Anakreon

 

Hallo Andrea

Dies ist eine Geschichte für höhere Töchter - eine Geschichte, die kunstvoll und erotisch, aber ja nicht schmutzig sein will.

Dieses Etikett finde ich keineswegs schlimm, nicht im Trend, aber doch unvoreingenommen solche Leser berücksichtigend.

Und die Protagonistin ist selbst eine höhere Tochter, aus reichem Hause, etwas gelangweilt, etwas dümmlich ... und sorry, Lichtjahre von einem lebendigen Menschen bzw. einer sinnlich fühlenden Frau entfernt.

Nun ja, diese Zielvorgabe habe ich dann verpasst, oder aber die Sinnlichkeit hat vielfältige Gesichter. Aber es ist natürlich so, dass ich die Protagonistin als Mittel zum Zweck benutzte, ihr eine künstliche Rolle zuschob.

findest du, dass "wahrhaft" hier das richtige Wort ist? "rechtes" oder "richiges" schiene mir angemessener

Stimmt schon, wahrhaft gibt hier eine zu starke Akzentuierung. Ich habe es geändert.

Was sollte sie denn sonst ansprechen bei Werken der bildenen Kunst? Der Rahmen? "Im Einklang mit Formen eine mir stimmige Komposition" - das ist so eine allgemeine und nichtssagende Small-Talk-Sprache von Vernissagen.

Da bin ich mit dir nicht einig. Allein schon bei Augusto Giacometti oder Otto Morach finden sich Werke, die farbenfroh oder denn eben eintönig gehalten sind. Bei bildender Kunst allgemein gab es auch viel düstere Werke. Ich will nicht zu weit ausholen, aber so auf die Schnelle, Adolf Frohner kennst du ja bestimmt. Die Prota. nimmt nicht in Anspruch, dass Kunst ihre Leidenschaft ist, ihr Denken bewegt sich diesbezüglich auf einer seichten Ebene. Aber ich werde mir da noch Gedanken machen, vielleicht finde ich da eine Wendung, die es besser einfängt.

Spricht jemand wirklich so mit sich selbst?

Doch ja, eine solche Überlegung wie die Prota. trifft ist nicht abwegig. Es ist sicher von diesem spezifischen Moment bestimmt und auch von der Beziehung zu ihrer Mutter abhängig. Eine rebellische junge Frau verkörpert es natürlich nicht.

Ab da lehne ich die Protagonistin ab, wahrscheinlich der pure Neid. … Vielleicht hab ich doch ein wenig von Papaaaas erdigem Geschmack geerbt, aber bei sowas wird mir leicht übel.

Diese behütete, heile Welt muss ja nicht gleich zur Identifikationsstiftung dienen. Wenn es dadurch den Leser provoziert, finde ich dies schon passend. Ob dann die Gene, die Sozialisation oder schlicht eine Vorurteilsstruktur im Spiel ist, muss der Leser dann für sich selbst entscheiden.
Bei dieser Einrichtung ging ich übrigens von einer realen Erinnerung aus, einem Haus mit drei Töchtern, auf die Möblierung musste sorgsam achtgegeben werden damit diese keinen Fleck oder Kratzer abbekam.

Das ist gut, ich mag geheimnisvolle Wendeltreppen.

Eine solche gab es vor Jahrzehnten etwas versteckt wirklich im alten Anbau des Zürcher Kunsthauses.

Besteht der Po nicht auch aus Muskeln? Also die Nebenreihung stimmt nicht, der Po ist eine andere Kategorie. Und das ist ja auch so eine Nullaussage: Wie sollten die Muskeln usw. denn sonst gespannt werden als durch eine "Körperbiegung".

Ja, da habe ich in ihren Gedanken den Körperbau vereinfacht und den Po unterjubelt. Aber Bodybuilder zeigen, soweit mir bekannt, auch ohne Körperbiegung Muskelspannungen. Eine Nullaussage sehe ich darum nicht, es wäre etwas arg simpel die Erscheinung einfach als muskulöse Figur zu beschreiben. Aber ich werde ihre Gedanken da noch etwas überarbeiten, ihrer Empfindung mehr Plastizität schenken. Doch da muss ich mich noch in Ruhe damit auseinandersetzen. Der Po ist aber mal eliminiert.

Also eine Skulptur von einer Frau, die wiederum einem Bildnis "entstiegen" zu sein scheint. Irgendwie zuviel, oder?

Arg finde ich es nicht, es ist ihr Gedanke, die Erinnerung an ein Bildnis der Aphrodite. Aber gut, es lässt sich anders formulieren, weniger aufdringlich.

Das ist schlicht falsch, denn sie probt auch weiterhin nur den Tastsinn und den Sehsinn an der Skulptur, sie versucht nicht zu riechen, zu schmecken oder zu hören.

Da hast du mich voll ertappt, ich habe dramatisiert obwohl klar ist, dass hierbei nur bestimmte Sinne nutzbar sind. Habe ich angepasst.

groß: Gestalterische ... du stellst nicht dar, was hier passiert, sondern versiehst das Ganze nur mit Etiketten, wo NUR draufsteht, was vor sich geht, bildhaft wird es nicht.

Es kommt in den nachfolgenden Sätzen, die Figuren beleben sich in ihrer Vorstellung. Doch ja dem Satz vorab fehlt etwas. Ich habe ihn nun mit einer Aura versehen, da es einzig eine sinnliche Wahrnehmung anzeigt.

was für Bewegungen? was für Eindrücke? welche Reize? was für Berührungen?

Hier sah ich die Fantasie des Lesers miteinbezogen, dass er sich ein eigenes Bild des Tanzes machen kann, das laszive sich ihm so offeriert, wobei sich Reize und Berührungen dann selbst ergeben. Ich hatte in andern Geschichten gesehen, dass bei Beschreibungen von Tänzen solche Passagen arg kritisiert wurden, wenn es über die Erwähnung hinausging. Aber ich werde da noch nach einer Lösung zwischendurch suchen, die Andeutungen vertiefend.

Also es ist alles nur angedeutet, allgemein, ich spüre keine spezielle erotische Energie, es sind halt so die allgemeinen Vorstellungen davon, was erotisch ist. Tanz, Musik, Berührung und der Himmel, in dem sich die Seelen treffen ... genügt das wirklich?

Was eine solche Geschichte auszudrücken vermag, hängt natürlich von ihrer Besetzung ab. Mir genügte es hier vollauf es im Skizzenhaften zu belassen, da das hervorgehobene Moment der Geschichte die Verschmelzung der Empfindungen der Protagonistin mit den Figuren ist. Mir war also die Objektidentifikation vordergründig, wobei der Text aufgrund der Gegebenheiten doch der Erotik zuzuordnen war. Aber ich verstehe durchaus, dass es enttäuschend wirken kann, wenn man darin eine stärker untermalte erotische Interpretation sehen möchte.

und ich dachte, er würde jetzt mit ihr nach Hause auf einen Kaffee gehen ...

Da klingen deine Worte beinah bitter. Aber so ist es doch auch manchmal bei erotischen Lebensgeschichten, irgendwann platzen die ideellen Seifenblasen, spätestens, wenn sie in der Realität bestehen sollen.

Ein bekanntes Motiv behandelst du da, und leider kannst du ihm nichts Neues abgewinnen. Warum hast du diese Geschichte geschrieben? Was hat dich daran gereizt?

Was mir seinerzeit den Ausschlag gab diese Geschichte aufzuzeichnen, kann ich heute nicht mehr präzis sagen. Aber bei meinen Texten ist es meist so, dass ich die Motive nicht suche, sondern sie treten an mich heran und ich spiele mit ihnen. Wenn es mir gefällt, baue ich es aus, ansonsten lasse ich sie wieder fallen. Heute würde ich die Geschichte wahrscheinlich nicht mehr verfassen, oder wenn, das Motiv in einen völlig anderen Kontext stellen. Dennoch habe ich keine Mühe, auch zu diesem Text zu stehen.

Der Text sagt mir: Alles ist schön, wenn man die Kunst nur lässt ... und das wird aber schnell langweilig, weil es nichts mit dem Leben zu tun hat und nicht berührt.

Wie viel oder wie wenig Kunst mit dem Leben zu tun hat, ist sicherlich sehr individuell. Deine Interpretation konnte ich im Text jedoch nicht spiegeln sehen. Doch es macht nichts, ich habe ja auch volles Verständnis für die Putzequipe, welche den „Fettflecke“ von Joseph Beuys nach dessen Tod wegputzte, da sie darin kein Kunstwerk zu erkennen vermochte. Ich hätte es auch nicht erkannt.

Auf der Stilebene ist es deine Neigung zum Partizip Präsens, die diesen gehobenen, kunstvollen Ennui erzeugt, der deine Geschichten auszeichnet. … Man spürt ein starkes "Kunstwollen" bei dir, du willst einen "schönen" Text schaffen, aber leider wirkt es leblos, unoriginell und und ja "altbacken".

:lol: Altbacken. Wenn ich mich recht erinnere, zitierst du da original yours truly vor zwei Jahren.
Das die Geschichte von dir als leblos wahrgenommen wird sehe ich als berechtigte Kritik. Deine Einschätzung hat aber auch mit dir selbst zu tun, da deine Erwartung an eine erotische Geschichte hier nicht erfüllt wurde. Diese Diskrepanz werde ich in dieser Geschichte kaum auflösen können. Vielleicht gelingt es mir ja mal mit einer anderen, mehr zu bieten.
Und ja die Stilebene, daran arbeite ich.

Das sieht jetzt nach einem harschen Verriss aus, aber ich würde dir raten, dass du weniger "künstlerisch" schreibst und mehr "wahrhaftig".

Ich habe nichts gegen einen harschen Verriss, wenn der Kritiker seine Empfindungen unverstellt offenlegt, was mir entsprechende Rückschlüsse erlaubt, und ich denke, das tatst du. Ich werde versuchen, künftig von der „ästhetischen“ mehr zu einer „natürlichen“ Ebene zu wechseln, oder zumindest die „Besonderen“ unter Verschluss zu halten.

Für deine ausführliche Auseinandersetzung mit dieser etwas besonderen Geschichte, deinen Kommentar und die wertvollen Hinweise danke ich dir herzlich. Einige Dinge habe ich umgehend korrigiert, bei drei Passagen werde ich mir noch in Ruhe Gedanken machen, wie ich sie besser präsentieren könnte.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

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