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Lendenstolz

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08.01.2002
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Lendenstolz

Lendenstolz

"One Night Stands sind nicht meine Sache", sagte ich vollmundig und ahnte nicht, wie nah ich an der Lüge war. Wenn ich eine Geliebte habe, dann möchte ich sie nicht nur für ein einziges Mal: das soll schon länger halten. Außerdem geht es mir nicht ausschließlich um Sex. Sie ist mir wichtig, ihre Art muss mir gefallen, ich muss mich geistig an ihr reiben können.
Ich würde es nicht mit jeder Frau tun. Da gibt es eine Menge Killerfaktoren, die mich davon abhalten. Zum Beispiel jegliche Form von Verklemmtheit, Unsicherheit, Unaufrichtigkeit. Das törnt mich rasch ab. Sie soll so freizügig sein wie ich und schamlos.
Schamlosigkeit törnt mich an.

Zwei Monate war ich ohne.
Dann traf ich sie im Internet, und schon bald spürte ich freudige Erregung, wenn eine Mail von ihr ankam. Nicht, dass wir uns nur Erotisches schrieben, auch sachliche Themen - halt das Übliche, was man sich schreibt, um den anderen kennen zu lernen. Doch da war Etwas, was mich deutlich anmachte.
Und schon nach unserem ersten Telefonat war für mich beschlossene Sache, dass ich sie unbedingt treffen wollte.

Der Zufall verhalf uns schnell zu einer Begegnung, wir verabredeten uns in einer Hotelbar. Mit Vergnügen stellte ich fest, dass sie mir auf Anhieb gefiel. Ich begehrte sie. Nicht, dass mich ihre Figur umgehauen hätte - doch es war etwas an ihr, was mich anmachte. Ich wollte sie, und sie wollte mich.
Also nahmen wir uns ein Hotelzimmer.
Nachdem wir eine Weile über Gott und die Welt, meinen Job - ich bekleide einen nicht ganz unbedeutenden - und schließlich über uns geredet hatten, rückte sie ganz nah an mich heran. Kein Zweifel, sie wollte geküsst werden.
Ich zog sie stürmisch an mich und erwiderte ihre vielen kleinen Küsse. Meine Zunge vergrub sich begehrend tief in ihren Mund und sie erwiderte mein Eindringen, indem sie an meiner Zunge sog, was mich erregte.
Was für ein Prachtweib, das mir ohne Scham zeigte, dass es will! Sie reagierte auf all meine Handlungen.
Ließ sich streicheln, erwiderte dies heftig, ließ sich ausziehen, zog mich aus, drückte sich an mich, während ich mich an ihr rieb und schließlich landeten wir im Bett. Atemlos küssend, miteinander verwoben, ein Knäuel aus unseren Händen, Lippen, Zungen, heißer Atem.

Sie tastete an meiner Hose, legte ihre Hand auf die Wölbung, löste sich von meinem Mund und sagte mir anerkennend und in die Augen blickend: "Wow, mir scheint, ich finde da ein Prachtexemplar vor."
Und dann fing sie an, mir die Hose auszuziehen. Diese Direktheit! Ich war hingerissen von ihr.
Ich wusste; meine Stattlichkeit würde ihr gefallen.
"Hm", raunte sie anerkennend, als ihre Hand meine volle Entfaltung umschloss.


Ich küsste sie heftig, und sie erwiderte mit einer Aufdringlichkeit, die mir ausnehmend gut gefiel.
Sie gab mir das Gefühl, dass sie eigentlich nur auf mich gewartet hatte, ausgehungert war, bereit, nur für mich.
Welch ein Genuss, so eine Frau zu beglücken. Welch lockende, glänzende Feuchte, Wärme strömte mir entgegen. Ich brachte sie mit meiner Zunge zum Stöhnen.
Sie bäumte sich auf, drückte sich gegen mich, und ich wusste: ich war auf dem richtigen Weg. Welch Geschmack!
Ich war wie von Sinnen, jede Faser meines Körpers begehrte sie.

"Ich möchte dich in mir spüren", flüsterte sie, und ich ließ mir das nicht zweimal sagen. Die Kondome hatte ich in der Hosentasche, eilig zog ich eines heraus, und während wir beide uns küssten, zog ich das Gummi über, drückte sie auf den Rücken und kniete mich hin, um in sie einzudringen.
In ihr empfing mich eine Glut, hitzige Feuchte, bereit, meine Stöße zu empfangen. Voll praller Lust, fast bis zum Bersten, stieß ich in sie hinein. Ihr Körper drängte sich mir entgegen. Ich zog ihre Beine zu mir hoch, um noch tiefer eindringen zu können. Sie stöhnte lustvoll und ich gab ihr ebenfalls zu verstehen wie erregend, nein, wie wahnsinnig es mich machte.

Wenn ich so weitermachte, dann käme ich gleich.
Dann geschah das, wovor ich mich schon lange fürchtete: meine Erektion ließ nach.
Erst war es kaum zu merken, meine Erregung, in ihr zu sein, ihre Hitze, ihr Verlangen zu spüren, überdeckte alles. Aber es wurde zur Gewißheit, und ich kniff meine Augen fest zusammen, hob meinen Kopf an und versuchte mich zu konzentrieren, auf die Erregung, den nächsten Stoß, der mich wieder auf den festen Boden zurückbringen würde.

Hinter meinen fest geschlossenen Augen raste aus der Ferne ein Zug auf mich zu. Unaufhaltsam. Und als sei ich bewegungslos an die Schienen gekettet, polterte er durch meinen Kopf. Waggon für Waggon krachte durch mein Gehirn. Und während sie noch unter mir mit weit geöffneten Beinen lag und meine sanfter werdenden Bewegungen mit leichtem Stöhnen begleitete, überfielen mich diese Bilder: meine Untreue, jeder Waggon ein anderer Name, ein Waggon voll dröhnendem schlechten Gewissen folgte, meine Frau verhüllt im Nebel der Ahnungslosigkeit, unsicher schwankend, beinahe aus dem Waggon stürzend, der Waggon der rasenden Enttäuschung, versagt, versagt, ratterte es durch meinen Kopf und am Ende sah ich den Waggon meiner Lächerlichkeit, mit grell bunten Fratzen bemalt.

Meine Bewegungen wurden langsamer, ich stemmte mich hoch, um sie besser anblicken zu können und lächelte verlegen auf sie herab. Sie glühte noch immer vor Erregung, und ihr ahnungloses Strahlen machte mir klar, dass ich es ihr sagen musste.
Das sei doch kein Problem, meinte sie, und lächelte sanft.

Nein, für sie war es kein Problem, aber für mich. Ich löste mich von ihr, und gleichzeitig setzte sie sich auf und blickte auf meinen geschrumpften mit einer lächerlich faltigen Gummihaut versehenen Stummel. Und als sei die Schmach nicht schon deutlich genug, zog sie mir das Gummi ab und warf es neben das Bett. Dann umarmte sie mich. Ich entwand mich.

"Das nagt an mir", sagte ich, "ich stecke das nicht so ohne weiteres weg. Es passiert nicht häufig, aber wenn es mir passiert, kenne ich mich, dann möchte ich allein sein, um darüber wegzukommen."
Sie blickte verständnislos und machte mich damit ungehalten, hatte sie denn kein Gefühl dafür, wie es mir ging?
"Ich versteh das ehrlich nicht", klang sie vorwurfsvoll, "es ist doch kein Drama, wenn...schau mal, wenn ich mal nicht zum Höhepunkt komme, dann ist das für mich kein Thema." "Ich werde jetzt gehen," warf ich schnell ein und griff nach meiner Unterhose.
Ich wollte ihr nicht mehr zuhören, jeder weitere Satz hätte sich nur tiefer in meine Haut geritzt. Sie wollte nicht verstehen, suhlte sich in meiner Pein, und noch bevor sie Salz in meine Wunden streuen konnte, sagte ich mit fester Stimme: "Ich muss jetzt allein sein, es tut mir Leid, wirklich, es tut mir Leid," und zog mich rasch weiter an. "Was sollte dir Leid tun?", mit krauser Stirn spielte sie weiterhin die Rolle der Verständnislosen. Ich musste der Hölle dieser Gefühllosigkeit so schnell wie möglich entkommen. Mir war, als erstickte ich an ihrer Anwesenheit.
Luft! Ich musste hier raus. Ich zog mich an, beeilte mich. Nachdem sie regungslos auf der Bettkante gesessen hatte und ich mich dabei fühlte, als brenne es unter meinen Füßen, stand sie abrupt auf und ergriff hastig ein Kleidungsstück, um sich ebenfalls anzuziehen. Ich schaute sie nicht an, sie war gewiss wütend oder entsetzlich irritiert oder traurig oder auch nur ignorant. Irgendwas von dem. Ich musste da einfach raus, wollte das nicht durchstehen. Ihre Nähe konnte ich auf einmal nicht mehr ertragen.

Als ich das Hotel verließ, beschloss ich, alles so schnell wie möglich hinter mir zu lassen.

"One Night Stands sind nicht meine Sache.", hatte ich ihr gesagt. Aber wer von uns konnte schon in die Zukunft sehen?

 

"Lendenstolz" ist genauso falsch erzählt wie "Kalter Kuss" von lakita.
Mensch, joLepies, Du mußt Dir das so vorstellen:
Lakita hat eine Handpuppe, das ist der Protagonist, und den zieht sie sich über ihre Hand und spielt damit und mit den anderen Handpuppen ein PuppenKurzgeschichtentheater. lakita ist deshalb aber noch lange keine Handpuppe.

 

Hi Elvira,

vielleicht könntest du einige der Kommentare nach "Satire" verschieben lassen, ich glaube, dort sind sie besser aufgehoben:lol:

Alleine dieser Satz

joLepies schrieb:
Und ich muss es noch einmal sagen: Eine autobiografische Erzählerin kann nicht in einen Mann schlüpfen und von da aus weiter in der ersten Person berichten. Denn ihr Ich ist nach wie vor weiblich. Egal wo sie eingestiegen ist.
hat unglaublich viele satirische Aspekte. Obwohl... wenn ich mir vorstelle, wo sie überall in den Mann eingestiegen sein könnte. :susp: Vielleicht doch eher etwas für die Horrorecke?

Dieser Abschnitt jedoch ist wieder Satire pur

joLepies schrieb:
Bis dann plötzlich die „Wölbung“ an der Hose auftaucht. Hier sah ich zum ersten Male ein riesengroßes Fragezeichen vor mir und empfand den ersten Vorschock.
Wow! Eine Wölbung taucht aus der Hose auf und entpuppt sich als Fragezeichen :eek:
Besser kann man Satire doch gar nicht hinbekommen. Also: Ich plädiere für Verschiebung. Nach Satire. Oder doch Horror? Egal. Hauptsache Verschieben.


Liebe Grüße
George

 

:lol:
Zitat: George Goodnight

Obwohl... wenn ich mir vorstelle, wo sie überall in den Mann eingestiegen sein könnte.

Also richtig Platz wäre ja wohl nur im Kopf eines Mannes oder? :D In seiner Hose ist eh meist Raumnot.

Aber mal Spass beiseite.

Ich muss gestehen, dass mich joLepies Kommentare irritiert haben, denn er hat deutlich gemacht, dass er mit dem in die falschen Rollen schlüpfen so seine Probleme hat und das wiederum nehme ich schon ernst, immerhin ist er ein Leser und ich will mit meinen Geschichten den Leser erreichen, nicht vergrätzen.

Irritiert hat mich dabei, dass ich dachte, diese Sorte Mann ist schon lange ausgestorben und ich müsste mich damit nicht mehr befassen.
Aus manchen der Bemerkungen joLepies strömt mir deutlich der Hauch der Zeit in die Nase, in welcher Vorstreiterinnen, nämlich die Suffragetten dafür demonstrieren und protestieren mussten, dass sie unter anderem auch die Hosen anhaben dürfen. ;)

Ich betrachte joLepies Ansicht als auslaufmodellige Mindermeinung und gedenke nicht, deswegen in Hosenkleidern gegen ihn anzutreten und hoffe insoweit auf das Verständnis der Leser und mir hochgeschätzten Kritiker.

Es gibt hier auf kg noch so unendlich viel zu tun, an Geschichten zu verbessern, zu kritisieren, zu loben und vorzuschlagen, dass ich mich freuen würde, wenn wir die Aufmerksamkeit wieder auf all die auf unsere Augen wartenden guten Geschichten richten. :)

 

lakita schrieb:
Es gibt hier auf kg noch so unendlich viel zu tun, an Geschichten zu verbessern, zu kritisieren, zu loben und vorzuschlagen, dass ich mich freuen würde, wenn wir die Aufmerksamkeit wieder auf all die auf unsere Augen wartenden guten Geschichten richten. :)

Okay, das sehe ich genauso.

LG
George

 

Waggon für Waggon krachte durch mein Gehirn. Und während sie noch unter mir mit weit geöffneten Beinen lag und meine sanfter werdenden Bewegungen mit leichtem Stöhnen begleitete, überfielen mich diese Bilder: meine Untreue, jeder Waggon ein anderer Name, ein Waggon voll dröhnendem schlechten Gewissen folgte, meine Frau verhüllt im Nebel der Ahnungslosigkeit, unsicher schwankend, beinahe aus dem Waggon stürzend, der Waggon der rasenden Enttäuschung, versagt, versagt, ratterte es durch meinen Kopf und am Ende sah ich den Waggon meiner Lächerlichkeit, mit grell bunten Fratzen bemalt.

Meine Bewegungen wurden langsamer, ich stemmte mich hoch, um sie besser anblicken zu können und lächelte verlegen auf sie herab. Sie glühte noch immer vor Erregung, und ihr ahnungloses Strahlen machte mir klar, dass ich es ihr sagen musste.
Das sei doch kein Problem, meinte sie, und lächelte sanft.


Die Darstellung weiblicher Sexualität kann ich sofort nachvollziehen, beim Mann bin ich nicht ganz sicher, ob es ihn so in der Realität gibt.

Untreue löst bei Männern meiner Ansicht nach typischerweise keine Schuldgefühle aus bzw. diejenigen Männer, die so gestrickt wären, würden ziemlich wahrscheinlich erst gar nicht in die Situation geraten, bin da aber sicherlich kein Fachmann dafür. Vorstellbar wären eher Schuldgefühle nach dem Akt. Männer schmeicheln sich damit, mehr als eine Frau verfügbar zu haben bei der Untreue. Es gefällt ihnen, der Akt bei der Untreue ist ein Egoding und in der Regel unreflektiert im Moment in dem es geschieht.

Das Frauen nicht zwingend einen Orgasmus erwarten oder fordern beim Sex, kann gut sein. Das ein Mann mit derselben Situation (nicht gekommen zu sein) schlecht umgehen kann, ist auch wahrscheinlich. Da liegt ein wenig Wettbewerb mit drin vermutlich. Das Rollenverhalten ist da geschlechtsspezifisch.

Aber wie gesagt, kein Fachmann und vermutlich sind auch Männer unterschiedlich. :)

 

Hallo tammtamm,

danke für dein Feedback.

Ich lese daraus, dass du auf jeden Fall nicht kopfschüttelnd dagesessen hast, weil die Geschichte dir völlig quer liegt.
Ich glaube, dass es nicht DEN Mann gibt, auch wenn wir in der Literatur manchmal genau das vorgaukeln, um es uns einfacher zu machen, aber auch, um eine wohltuende Abgrenzung zum Leser vorzutäuschen, der sich darin wohlfühlen kann, garantiert nicht so zu sein, wie es in der Geschichte dargestellt wird. Dieses "Ich bin nicht so wie der"-Gefühl trägt so manchen Roman mehr als man sich das wirklich zugestehen mag. ;)

Mich beruhigt, dass du nicht als erstes geschrieben hast, dass dir die Gedanken des Protogonisten völlig fremdartig vorkommen.

Das reicht mir schon. :D

Lieben Dank und lieben Gruß

lakita

 

Ich lese daraus, dass du auf jeden Fall nicht kopfschüttelnd dagesessen hast, weil die Geschichte dir völlig quer liegt.
Ich glaube, dass es nicht DEN Mann gibt, auch wenn wir in der Literatur manchmal genau das vorgaukeln, um es uns einfacher zu machen, aber auch, um eine wohltuende Abgrenzung zum Leser vorzutäuschen, der sich darin wohlfühlen kann, garantiert nicht so zu sein, wie es in der Geschichte dargestellt wird. Dieses "Ich bin nicht so wie der"-Gefühl trägt so manchen Roman mehr als man sich das wirklich zugestehen mag. ;)

Ja, die Identifikation mit der Romanfigur, im Guten wie im Bösen... immerhin, wenn ein Text Emotion weckt, Irritation, Wut, Ratlosigkeit gehört auch dazu, dann ist er im Kopf angekommen und hat funktioniert.

Bei diesem Text hier von Dir glaube ich allerdings auch an eine Idealisierung des Mannes- er ist so wie die Autorin einen Mann vielleicht gerne hätte: Zwar ist er untreu, aber wenigstens leidet er dabei.

Umgekehrt kommt das in der Literatur dauernd vor, in Geschichten, die Männer schreiben, sind Frauen oft stark stilisiert und klischeehaft abgebildet, dabei wenig realistisch. Entweder Schlampe oder Heilige.

Eines der Probleme beim Schreiben ist, dass eine feingezeichnete, realistische Figur und Geschichte auf den ersten Blick nicht lesenswert erscheinen mag. Der Alltag in seiner Banalität führt zu einfachen, wenig pointierten Geschichten. Der Schreiber hat Angst davor, die Sensationslust des Lesers nicht zu bedienen.

Hier in Deiner Geschichte glaube ich, dass ein Mann mit Neigung zu solchen Schuldgefühlen den Akt nicht vollzogen hätte. Er wäre bereits vorher aus der Situation ausgestiegen denke ich, hätte sich nicht drauf eingelassen. Wenn dieser spezielle, in seiner Substanz zur Treue neigende Mann sich auf einen ONS einlässt, dann wäre das im Vorfeld des Aktes schon ein sehr interessanter Vorgang, eine Überwindung, ein heftiger innerlicher Konflikt- der eine Darstellung sicherlich auch wert wäre in seiner starken Ambivalenz. Ob man da dann nicht schnell in einem neuen Klischee landen würde, nämlich der Schilderung der Frau als "Schuldigen" als Femme Fatale, die den Mann entgegen seiner eigenen Wertvorstellungen ins Bett manipuliert? Ich weiss es nicht.

 

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