- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 9
Lebe lieber vegetarisch!
“Ihr Menschen seid zwar ziemlich hässlich, aber verdammt lecker!”
Das Wesen, das dies sagte, war etwa 3,50 m groß, hatte vier lange tentakelartige Arme, einen hübschen dunkelgrünen Teint und zeichnete sich vor allem durch ein riesiges, gefräßiges Maul aus.
“Schade, dass du schon der letzte bist. Nach diesem letzten köstlichen Mahl wird es für mich wohl wieder fasten heißen.”
Wäre die Situation nicht so ernst gewesen hätte Josh wohl laut gelacht. Immerhin saß er in einem Käfig und seine Kameraden waren der Reihe nach verspeist worden. Aber trotzdem ließ sich dieses Ding nicht davon abhalten mit ihm ein wenig zu schwatzen bevor es ihm an den Kragen ging. Das schlimmste war allerdings, dass sich dieser Außerirdische für eine Art Gourmet hielt und andauernd nach Kochtipps fragte.
“Tut mir echt leid, dass nach mir schon Schluss ist, aber wir waren einfach nur zu viert, “ antwortete Josh, im Gegensatz zu dem Wesen ein ganz normaler Mensch Mitte 20, etwa 1,75 groß und ca. 62 kg schwer. Er hatte kurze dunkelbraune Haare, einen Drei-Tage-Bart und trug schwarze Kleidung. Es bleibt wohl noch zu erwähnen, dass seine Jacke entlang der Ärmel rote Streifen hatte.
“Dafür kannst du doch nichts, ist schon okay,” erwiderte das Monster gönnerhaft, während es einen Topf Wasser aufsetzte, “ ich habe mich übrigens dafür entschieden aus dir einen Schmorbraten zu machen.”
Sie hatten nur untersuchen wollen, ob sich der Planet wohl zur Besiedelung eignete und waren zufällig direkt neben der Behausung dieser fremden Kreatur gelandet. Diese hatte zwar ein etwas gewöhnungsbedürftiges äußeres, begrüßte sie aber freundlichst. Dann waren sie plötzlich alle bewusstlos geworden und im Käfig wieder zu sich gekommen. In Josh regte sich vages Interesse und beschloss nachzufragen, bevor er geschmort wurde.
“Wie hast du uns eigentlich betäubt?”
“Ach, das war ganz einfach. Ich bin eine Pflanze, musst du wissen, und ihr habt meinen Betäubungspollen abgekriegt. Toller Trick, was?”
Der Tonfall des Wesens klang so als ob es jetzt echte Begeisterung von ihm erwartete. Fantastisch. Eine fleischfressende Pflanze. Josh schüttelte den Kopf und unterdrückte das Bedürfnis laut zu schreien.
“Und das ausgerechnet mir als Vegetarier!” murmelte er vor sich hin. Das Wesen, welches bis dahin geschäftig in der Küche herumgeeilt war, hielt inne. Hatte zwar keine sichtbaren Ohren, musste aber trotzdem ein außerordentlich gutes Hörvermögen besitzen.
“Was ist ein Vegetarier?” fragte es dann, “ich kenne dieses Wort nicht.”
Eigentlich war das verdammt bizarr. Dieses fleischfressende Gemüse wollte tatsächlich wissen was ein Vegetarier war. Nun, warum auch nicht? Je länger das Gespräch, desto länger die verbleibende Lebenszeit. Er räusperte sich.
“Ein Vegetarier ist jemand, der sich dagegen entschieden hat irgendwelche Leichenteile zu essen.”
Das Monster dachte darüber nach, während es Salz in das inzwischen kochende Wasser gab. Dann fragte es das, was wohl jedes fleischfressende Monster gefragt hätte: “Warum?”
Jetzt dachte Josh kurz nach. Schließlich entschied er sich für ein monstergerechtes Beispiel.
“Weißt du noch gestern, als du Tommy gebraten hast?”
Das Ungetüm nickte und gluckste zufrieden. Tommy hatte ihm ausnehmend gut gemundet. Josh sprach schnell weiter, bevor es noch anfing davon zu schwärmen.
“Tommy war seit kurzem verheiratet und seine Frau erwartet grade ihr erstes Kind.”
Dieser Gedanke war dem Wesen offensichtlich noch nie gekommen. Betroffen, oder so betroffen wie irgend möglich für eine fleischfressende Pflanze, fragte es: “Und die anderen zwei? Hatten die auch Angehörige?”
Ernst nickte Josh und war ziemlich überrascht zu sehen wie betroffen so eine fleischfressende Pflanze sein konnte. Dicke hellgrüne Krokodilstränen kullerten dem Wesen herunter.
“Was musst du nur für einen schrecklichen Eindruck von mir haben?” weinte es, “ich meine, weil ich noch nie selbst daran gedacht habe und...”
Das Ding war wirklich elend anzusehen und während Josh sich fragte wie grotesk irgendeine Situation eigentlich noch sein konnte, hörte er sich selbst das Monster beruhigen.
“Nana, jetzt wein doch nicht gleich so! Ich habe früher auch Fleisch gegessen, das ist doch jetzt kein Beinbruch... nein, das sag ich jetzt nicht nur so, ich meine es doch nur gut. Weißt du was? Draußen in dem Schiff gibt es noch einiges an Vorräten. Wie wäre es, wenn ich dir ein schönes vegetarisches Essen kochen würde?”
“Bestimmt willst du nur flüchten und mit meinem Kummer allein lassen, “ jammerte das Wesen. Damit hatte Josh schon gerechnet, aber in seinem Kopf hatte ohnehin schon ein ganz anderer Plan Gestalt angenommen.
“Quatsch!” sagte er, indem er eine ID-Card aus seiner Jackentasche zog, “siehst du die? Die brauche ich, um das Schiff zu starten.”
Entschlossen warf er die Karte dem Ungetüm zu, was dieses vollends zu beruhigen schien. Es gewann sogar einen Teil seiner alten Fröhlichkeit zurück, als es Josh aus dem Käfig ließ. Es schien sich richtig auf das vegetarische Gericht zu freuen.
Josh hatte kurzerhand alle Vorräte, hauptsächlich Gigakartoffeln vom Mars, auf einmal in den riesigen Kochtopf des Wesens geworfen. Jetzt fehlte nur noch die Spezialzutat. Gab es auf jedem Schiff. Schließlich konnte es dort ziemlich langweilig werden und eigentlich musste immer nur einer wach sein. Er schüttete gleich die ganze Packung hinein.
Das Monster langte ordentlich zu. In kürzester zeit hatte es alles, aber auch wirklich alles verschlungen.
“Das war verdammt gut,” sagte es noch, bevor es umkippte.
Josh holte sich eines der riesigen Küchenmesser. Wenn man es genau bedachte war man als Vegetarier nur verpflichtet kein Fleisch zu essen. Außerdem hatte er seit drei Tagen nichts gegessen und neue Vorräte brauchte er auch. Rache ist angeblich ein Gericht, das am besten kalt serviert wird.
Josh entschied sich für andünsten.