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Labor 3

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21.01.2016
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Labor 3

Eisiger Nachtwind trieb Emmet Tränen in die Augen. Hastig schritt er auf die gläserne Fassade des Forschungsinstitutes zu und konnte schon aus der Ferne den Wachmann in der hell erleuchteten Empfangshalle erkennen. Ungeduldig presste Emmet seinen Daumen auf den Abdruck-Scanner der Eingangstür und ging in die Empfangshalle. Der Uniformierte hinter dem Tisch mit den Monitoren blickte von seiner Zeitung auf.
„Guten Abend, Doktor Langdon“, leierte er gelangweilt.
„Guten Abend, Yuri.“ Emmet verharrte für einen Augenblick. „Sind noch andere anwesend?“
Yuri beugte sich vor und tippte auf das Bedienfeld eines Monitors. „Zwei weitere Personen sind noch im Gebäude. Doktor Walsh und Mister Byron.“
„Danke, Yuri.“ Emmet nickte in Gedanken versunken und ging weiter zum Labor im Untergeschoss. Als Ingenieur konnte Byron sich überall im Gebäude aufhalten. Samatha dagegen würde ein Problem werden.
Er hatte gehofft, dass ihm mehr Zeit bliebe. Die Maschine war alles andere als ausgereift und die bescheidenen Erfolge bei den Zeitexperimenten gaben ihm nur eine zweifelhafte Hoffnung, dass sein Vorhaben gelingen könnte. Zum Glück hatte er noch rechtzeitig erfahren, dass das Projekt vom Militär übernommen wurde. Sie würden, vielleicht schon in den Morgenstunden, sämtliche Geräte abbauen, einpacken und in eine geheime Anlage in irgendeiner Wüste verfrachten. Diese unerwartete Wendung hätte das Ende seiner Träume zur Folge. Die vielen Jahre, die er mit verbissener Arbeit verbracht hatte, der vollkommene Verzicht auf ein auch nur ansatzweise erfülltes Privatleben, das sollte nun alles vergebens sein? Er war entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen und die zunehmende Erregung presste ihm den Schweiss aus den Poren.

Zutritt nur für autorisiertes Personal stand in roten Lettern auf der Metalltür, darüber: Labor 3. Emmet tippte den Zugangscode in die Tastatur neben der Tür, die geräuschlos zur Seite glitt. Wie in Trance blickte er auf den Ort, der die letzten zehn Jahre seines Lebens bestimmt hatte. Der bis an die Hallendecke reichende Großrechner, die verstreuten Arbeitsplätze der Wissenschaftler und an den Wänden übergroße Kreidetafeln, überzogen mit Zeichnungen und mathematischen Formeln. Schneeweiße Trennvorhänge zogen sich durch die Mitte der Halle. Dahinter verbarg sich der Grund seines nächtlichen Erscheinens, die Maschinen und das Kernstück der Anlage, der Ringtransporter.
Er sah Samantha, die mit dem Rücken zu ihm klackernd auf eine dieser Tafeln kritzelte. Sie überarbeitete eine Gleichung, welche das Verhalten von Quantenobjekten unter extremer Gravitation berechnete.
„Macht das noch Sinn?“ fragte Emmet und trat näher an sie heran.
Samantha blickte sich mit erhobenem Arm um und schaute ihn erstaunt an.
„Für uns hat sich das Projekt erledigt, Sam. Oder haben sie dir ein Übernahmeangebot gemacht?“
Samantha verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf.
„Nein, aber ich hätte es ohne zu Zögern angenommen.“ Sie senkte den Arm und schaute erneut auf die Tafel. „Es interessiert mich einfach, wo diese verdammte Kiste geblieben ist. Was hat bewirkt, dass sie beim dritten Mal nicht zurückgekommen ist? “
Grübelnd schob Emmet die Zungenspitze unter die Oberlippe. Alles deutete zunächst tatsächlich darauf hin, dass es nur eine Zeitlinie gab und die Natur Eingriffe in die Zeit nicht erlaubte. Auch Teleportation hatte er in Erwägung gezogen, als der rote Metallkasten wieder an seinem ursprünglichen Platz erschienen war. Aber Teleportation durch ein rotierendes schwarzes Loch?
„Wir hatten die Rotation erhöht. Sie ist vielleicht weiter in der Zeit zurückgereist, als wir annehmen. Damit wäre sie unter Umständen nicht mehr an diesem Ort vorhanden.“
„Weiter als die sechs Monate, in der die Kiste hier bereits stand?“ Samantha verzog die Lippen. "Die mitgeschickten Instrumente bestätigten uns dreißig und zweiundsechzig Minuten, warum jetzt so erheblich mehr." Sie starrte auf die Gleichung an der Tafel.
„Unser Verständnis der Raumzeitkrümmung aufgrund der Erfahrungsdaten lässt nur eine sehr vage Interpretation zu. Wir wissen nicht genau, wie weit sie gereist ist.“
Nachdenklich nickte Samantha mit dem Kopf.
„Nehmen wir an, sie ist vor zwölf Monaten in irgendeinem Lager neben sich selbst materialisiert ...“, spekulierte sie.
„Dann haben wir unsere ursprüngliche Kiste gekauft und die ist nun weg. Die andere existiert aber noch irgendwo. Wir hätten die gesprungene Kiste aber gar nicht erwerben können, denn in unserem Zeitablauf existierte sie noch nicht.“
„Das ist verrückt.“
„Ich weiß. Hast du eine bessere Erklärung?“
Samantha stülpte die Unterlippe vor.
„Was machst du überhaupt hier? Deinen Schreibtisch leerräumen um ein Uhr Nachts?“ fragte sie.
Emmet zuckte mit den Schultern.
„Ich konnte nicht schlafen. Warum nicht.“ Er wendete sich ab und ging zu seinem Arbeitsplatz, der abgeschieden hinter dem Großrechner lag. Emmet setzte sich und nahm das Bild von Katherine und Julia in die Hand. Seine Kollegen betrachteten ihn als verhärmten und einsamen Mann, der sich nicht von der Vergangenheit lösen konnte, an dem das Leben vorbeizog wie ein Schatten an einer Wand, das wusste er. Auch, dass sie ihm seine Erschöpfung ansehen konnten. Die tiefen Falten entlang seiner Nase, die Schatten unter seinen Augen, es blieb ihm nicht verborgen. Er konnte sich nicht einmal erinnern, wann er zuletzt mit wirklicher Freude gelacht hatte. Aber was würde geschehen, wenn er den Unfall verhindern könnte? Langsam glitt Emmet mit den Fingern über das Glas, unter dem ihn die geliebten Menschen lachend anblickten. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und wischte die Tränen aus seinen Augen. Was würde geschehen? In diese Gedanken konnte er keine endgültige Klarheit bringen.

Wenn er den Auffahrunfall verhinderte und die Zeitlinie veränderte, dann würde der jüngere Emmet Langdon mit seiner Familie weiterleben, als hätte es die letzten zehn Jahre nicht gegeben. Das erschien plausibel. Er selbst würde dann niemals existieren. Wenn er aber nicht existierte, wie könnte er den Unfall jemals verhindern. Ein Paradoxon, auf das er keine Antwort wusste.
Oder würde er gar in der anderen Zeit weiterexistieren und sein anderes Ich und seine Familie nur betrachten können? Was würde es ihm bringen, wenn es zwei Emmet Langdons geben würde, die dann scheinbar auch zwei unterschiedliche Personen sind?
Und was, wenn er es nicht vermochte, den Unfall zu verhindern? Dann konnte er bestenfalls mit dem anderen Emmet Langdon zusammenarbeiten, um noch einen Sprung in die Vergangenheit auszuführen, sonst würde er in einer Zeitschleife festsitzen.
Emmet seufzte und legte das Bild beiseite. Er machte sich auf den Weg zum Ringtransporter. Samantha stand immer noch vor der Tafel und schien ihn nicht zu bemerken, als er durch die Trennvorhänge schlüpfte. Er fuhr die Maschine hoch, steckte seinen Stick mit den Berechnungen in den Computer und startete die Sequenz. Der drei Meter hohe, wulstige Ring glänzte wie polierter Chrom. Hinter ihm befand sich eine größere, bläulich metallisch schimmernde Kugel, die das Gravitationsfeld erzeugte. Boden und Luft begannen zu vibrieren.
„Was machst du da?“ Samantha hatte den Vorhang beiseite geschlagen und blickte ihn empört an.
„Ich will etwas überprüfen.“ Was hätte er sonst sagen können?
„Du bist wohl irre.“ Sie bewegte sich auf die Bedienkonsole zu und langte nach der Notabschaltung.
Emmet sprang erschreckt auf sie zu und schlug mit der Faust in ihr Gesicht. Sie sackte auf die Knie und stützte sich auf ihre Arme. Mit geöffnetem Mund schaute sie benommen zu Boden. Verstört trat Emmet einen Schritt zurück. Das hatte er nicht gewollt. Er mochte Sam, aber der Impuls hatte ihn überrollt. Nun war es jedoch geschehen und er bedauerte es, aber es gab für ihn kein Zurück mehr.
In dem Ring knisterten Funken und ein tiefes Brummen erfüllte den Raum. In wenigen Sekunden ist dies vielleicht niemals geschehen, beruhigte er sich. Wie gebannt starrte Emmet auf die Mitte des Ringes, hinter dem sich ein schwarzes Loch bildete, das sich bis zur Kugel ausdehnte. Von einem Moment auf den anderen herrschte vollkommene Stille. Das Gravitationsfeld hatte sich etabliert. Emmet schluckte und biss die Zähne zusammen. Was, wenn er die Daten über die Zeitkrümmung vollends falsch interpretiert hatte? Er verdrängte die Gedanken und sprang durch den Ring.

Ein entsetzlicher Schmerz traf ihn mit unerwarteter Wucht. Als würden seine Fasern zerreißen, seine Zellen zerplatzen und ihm Milliarden Moleküle aus dem Leib herausgerissen werden. Er sah nichts, hörte nichts, wand sich in einer Qual, die alles Existierende zu sein schien. Plötzlich stand er gekrümmt vor einer Tür. Emmet wankte rückwärts und stieß an die Flurwand. Etwas schien an seinen Gliedern zu zerren, um sie ihm auszureißen. Vor seinen Augen tanzten züngelnde Entladungen. Er hob den Blick und schaute verdutzt auf die Beschriftung der Tür.
Zutritt nur für autorisiertes Personal stand in roten Lettern auf der Metalltür, darüber: Labor 3.
Hier hatte er schon unzählige Male gestanden, es besagte zunächst nichts. Er hätte zwanzig Minuten überbrückt haben können oder auch zehn Jahre. Emmet schaute den Flur entlang. Er sah aus wie immer, Kunstharzboden, nackte Wände, Kaltlicht. Mürrisch verzog Emmet den Mund. Was hatte er erwartet? Mit zitternden Fingern tippte er den Zugangscode in die Tastatur neben der Tür, die lautlos zur Seite glitt. Er sah Samantha, die mit dem Rücken zu ihm klackernd auf eine der Kreidetafeln kritzelte. Emmet streckte den Kopf vor und fixierte die Zeichen der Gleichung. Es war die selbe, an der Samantha vor zwanzig Minuten gearbeitet hatte. Mit schnellen Schritten lief er zu seinem Arbeitsplatz, aktivierte das Display und klickte auf die Datumsanzeige.
Fünfundzwanzig Minuten, dachte er. Nicht mehr als verdammte fünfundzwanzig Minuten. Er hatte sich bei den Berechnungen vollkommmen verspekuliert. Er hatte die unterschiedliche Masse zwischen sich und der Kiste nicht bedacht. Und auch die Rotation hatte er unterschätzt. Aber er wusste nun, dass es möglich war. Seine Lippen formten ein kurzes Lächeln, das sogleich von Ernüchterung eingeholt wurde. Er war in der Zeit zurückgereist und noch am Leben. Das gab ihm Zuversicht.
Der Gedanke an sein jüngeres Ich in der Zeitlinie schreckte ihn auf. Hätte er nicht längst erscheinen müssen? Emmet sprang auf und hastete hinter dem Großrechner hervor. Seine jüngere Version war nicht zu entdecken und Samantha kratze immer noch auf der Tafel.

War er zwanzig Minuten in der Zeitlinie zurück und in seinen eigenen, jüngeren Körper gesprungen? Ließ die Zeit keine Doppellungen zu? Könnte er vielleicht in den Körper des zehn Jahre jüngeren Emmet springen, ohne sein Wissen über die Zukunft zu verlieren? Der Gedanke versetzte ihn in Erregung. Ein Umstand, der ihm sehr zusagen würde. Aber sein nächster Sprung war kaum mehr kalkulierbar. Er würde die Rotation des schwarzen Loches fast nach dem Gefühl erhöhen müssen, um die Krümmung der Zeit an einen weiter zurückliegenden Punkt zu führen. Emmet ging auf die weißen Vorhänge zu. Samantha blickte sich zu ihm um.
„Lass mich in Ruhe“, blaffte er.
Er schritt durch einen Spalt zwischen zwei Trennvorhängen, fuhr die Maschine hoch und setzte sich an das Computerterminal, um die Einstellungen neu zu konfigurieren. Dann startete er die Sequenz.
„Was machst du da?“ Samantha hatte den Vorhang beiseite geschlagen und blickte ihn empört an.
„Ich will etwas überprüfen.“ Fast hätte er gelacht. Er fühlte sich euphorisch, aber doch unsicher.
„Du bist wohl irre.“ Sie bewegte sich auf die Bedienkonsole mit der Notabschaltung zu.
Emmet sprang ihr entgegen und schlug mit der Faust in ihr Gesicht. Sie sackte auf die Knie und stützte sich auf ihre Arme. Mit geöffnetem Mund schaute sie benommen zu Boden. Emmet trat einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. Er hoffte, diese Unannehmlichkeit würde nicht ein weiteres Mal passieren. Er blickte auf das etablierte schwarze Loch und atmete stöhnend aus. Egal, wo er landete, sein Leben konnte nicht schlechter werden als es bereits ist. Es war die einzige und letzte Möglichkeit, zu seiner Familie zu kommen. Wie versteinert blickte Emmet auf das schwarze Loch. Was nun folgen würde kostete ihn beträchtliche Überwindung. Er sog die Luft tief ein und drückte den Atemzug durch gespitze Lippen wieder heraus. Mit geschlossenen Augen sprang er durch den glänzenden Ring.

Emmet tauchte in einen glühenden Wirbel aus purer Qual. Sein Körper schien in Atome zu zerspringen, die sich spalteten und explodierten. Allein unsägliche Tortur existierte wie eine nicht enden wollende Entladung von Schmerz. Dann stand er krampfend auf einer freien Fläche. Emmet rang nach Atem und schmeckte einen bitteren Gestank auf der Zunge. Er blickte mit tränengefüllten Augen auf eine staubige Steinlandschaft, an deren Horizont die Sterne funkelten. Ein stechendes Brennen fraß sich durch seinen Brustkorb. Röchelnd sog er die Luft ein, die seine Lungen zu zerschneiden schien. Seine Sicht begann zu flimmern und sich nebelhaft zu trüben. Benommen fiel er die Knie und spuckte hustend Blut. Vor sich im Staub erkannte er einen roten Metallkasten.

 

Hallo wegen, hallo TeddyMaria, hallo Geschichtenwerker, hallo Nichtgeburtstagskind,

ich muss eure umfassenden Informationen erst mal verarbeiten, das kann etwas dauern. Ich habe mich an ein logisch schwieriges Thema gewagt, aber, wie es nun durch eure Kommentare klar wird, war das Konzept noch nicht ausgereift.
Ich überarbeite die Geschichte komplett und bin durch die ganzen Überlegungen durch eure Anmerkungen auch recht optimistisch, dass da noch was draus wird. Antworten auf eure Kommentare stelle ich dann mit ein.

Vielen Dank an euch für das ausführliche Kommentieren. Es hat mir schreibtechnisch neue Erkenntnisse gebracht und auch darüber, wie überlegt und vorbereitet man an eine Geschichte herangehen sollte. Aber ich glaube, ihr kennt das auch: wenn man eine Idee hat, dann juckt es in den Fingern.

Liebe Grüße

Rainr Hohn

 

Hallo Rainer :D

Na dann, ich stürze mich mal in den Text:

Emmet spürte den kalten Nachtwind auf seinem Gesicht.
Es ist zwar schön, dass du gleich am Anfang mit Sinnen spielst, aber dieser erste Satz scheint mir zu "normal" zu sein. So kann ja fast jede Geschichte anfangen.

Zügig schritt er auf die gläserne Fassade des Institutes zu und konnte den Wachmann in der hell erleuchteten Empfangshalle schon aus der Ferne erkennen.
Beim zweiten Satz ist es genau andersherum. Das macht jetzt Spannung auf die Handlung, aber hier spielst du nicht mit den Sinnen, sondern erzählst einfach "Emmet sah das und das". Es ist vermutlich etwas persönliches, aber ich mag es mehr, wenn man sehr nah am Geschehen erzählst, also wenn man etwas schreibt wie "Jetzt muss er zügig über die Glasfassade vom Institut schreiten. Dort hinten steht schon der Wachmann."

Er hatte gehofft, dass ihm mehr Zeit bliebe.
Schön, dass du schon hier das Thema aufgreifst. Ich würde jedoch das "gehofft" rauslassen und irgendetwas direkteres schreiben wie "Hätte er doch nur mehr Zeit gehabt."

Diese unerwartete Wendung
Da "unerwartete" kann raus. Das weiß der Leser schon.

Schneeweiße Trennvorhänge
Warum denkt dein Prot bei der Farbe von den Vorhängen an Schnee? Zum Ort würde doch viel besser so etwas wie ein "steriles Weiß" oder so passen.

und wischte die Tränen aus seinen Augen.
Weinen ist ein sehr emotionales Verhalten. Ich hatte aber bis jetzt persönlich eher das Gefühl, dass dein Prot eher eine kühle Figur ist. Du könntest ihn von Anfang an als gefühlvoll darstellen, indem du ihn zum Beispiel schon vorher ... keine Ahnung, indem du ihm zum Beispiel bei der Szene am Anfang das Bedürfnis gibst, sich zu verstecken. So etwas wie "Er versteckte seine Hände in die Jackentaschen. Da war schon der Wachmann. Und schon wanderte Emmets Blick auf den Boden."

Ein maßloser Schmerz traf ihn mit unerwarteter Wucht. Als würden seine Fasern zerreißen, seine Zellen zerplatzen und ihm Milliarden Moleküle aus dem Leib herausgerissen werden.
Der erste Satz kann raus. Du beschreibst ja dann den Schmerz. Da ist es unnötig, anzumerken, dass es Schmerz gibt.

Der Gedanke versetzte ihn in Erregung. Ein Umstand, der ihm sehr zusagen würde.
Gleicher Fall. Du beschreibst ja im nächsten Satz seine Erregung.

Benommen fiel er die Knie und spuckte hustend Blut. Vor sich im Staub erkannte er einen roten Metallkasten.
Das Ende hat mich verwirrt.

So, das war jetzt meine Korrektur.
Bye,
Alexei

 

Hej Rainer Hohn,

ich entschuldige mich lieber gleich zu Beginn, denn meine Gründe, deine Geschichte zu lesen, sind nicht so ehrenwert. Es geht mir so, wie an manchen Tagen, wenn ich zu viel Schokolade hatte, dann brauche ich ganz schnell Oliven, sehr schwarz und scharf. :shy:
Und nach all den Tagen der tags mit Alltag und Romantik und Philosophisches, brauche ich ... so was hier vielleicht. Ich habe ihn aber gewählt, weil ich so im Vorbeischauen bei den Kommentaren, etwas von Qualität mitbekommen habe.
Ich sag das aber auch, weil ich vermutlich keine ernstzunehmende Kritikerin bin und du vorgewarnt bist.

Ich fang einfach mal an.

Gleich die erste Szene beschreibst du in der Form, wie selbst ich sie schon kenne. Ich verfüge über ein passendes Bild, das ich dazu aufrufen kann. Einerseits gefällt mir das, weil ich weiterlesen kann und nicht zurückfalle wegen Unverständnis, andererseits bin ich auch enttäuscht, weil ich es eben kenne.
So gehts dann weiter. Es ist als würde ich diese Geschichte kennen. Und während ich einerseits enttäuscht bin und andererseits mich ermahne, denn irgendwie kennt man ja den Grundtenor einer jeden Geschichte, lese ich von einer Zeitmaschine für einen guten Zweck, einen Helden, der etwas im Nachhinein verhindern möchte, weil er leidet. Na, wenn's geht, why not.

Er wendete sich ab und ging zu seinem Arbeitsplatz, der abgeschieden hinter dem Großrechner lag. Emmet setzte sich und nahm das Bild von Katherine und Julia in die Hand. Seine Kollegen betrachteten ihn als verhärmten und einsamen Mann, der sich nicht von der Vergangenheit lösen konnte, an dem das Leben vorbeizog wie ein Schatten an einer Wand, das wusste er. Auch, dass sie ihm seine Erschöpfung ansehen konnten. Die tiefen Falten entlang seiner Nase, die Schatten unter seinen Augen, es blieb ihm nicht verborgen. Er konnte sich nicht einmal erinnern, wann er zuletzt mit wirklicher Freude gelacht hatte.

Diese Einspielung gefällt mir. ich lerne eine Seite des Wissenschafters kennen.

Wenn er den Auffahrunfall verhinderte und die Zeitlinie veränderte, dann würde der jüngere Emmet Langdon mit seiner Familie weiterleben, als hätte es die letzten zehn Jahre nicht gegeben. Das erschien plausibel. Er selbst würde dann niemals existieren. Wenn er aber nicht existierte, wie könnte er den Unfall jemals verhindern. Ein Paradoxon, auf das er keine Antwort wusste.

Lustig, denn das ist immer der Moment, wo ich aufhöre darüber nachzudenken, mir eine Zeitmaschine zu wünschen, weil es zu verwirrend ist, was sich drumherum eben noch alles verändern würde.

Emmet ging ihr erschreckt entgegen und schlug mit der Faust in ihr Gesicht.

Das habe ich allerdings nicht vorhergesehen, Emmet nicht zugetraut. Sounds like Hollywood. :sealed:

Nun war es jedoch geschehen und er bedauerte es, aber es gab für ihn kein Zurück mehr.

Na, okay.

Ein maßloser Schmerz traf ihn mit unerwarteter Wucht. Als würden seine Fasern zerreißen, seine Zellen zerplatzen und ihm Milliarden Moleküle aus dem Leib herausgerissen werden. Er sah nichts, hörte nichts, wand sich in einer Qual, die alles Existierende zu sein schien.

Das ist interessant, denn da ich lediglich in Filmen diese Szene sah, konnte ich mir nie vorstellen, was die Probanden wohl dabei empfinden mochten.
Schmerz wegen zerplatzter Zellen ... :hmm: Milliarden Moleküle ... ich merk schon, es bringt nichts mit mir.

Emmet sprang ihr entgegen und schlug mit der Faust in ihr Gesicht.

Ich habe es ihm geglaubt, dass er es bedauerte :(

Emmet tauchte in einen glühenden Wirbel aus Qual.

Was immer das bedeuten mag.

Emmet blickte mit tränengefüllten Augen auf eine staubige Steinlandschaft, an deren Horizont die Sterne funkelten. Ein stechendes Brennen fraß sich durch seinen Brustkorb. Röchelnd sog er die Luft ein, die seine Lungen zu zerschneiden schien. Seine Sicht begann zu flimmern und sich nebelhaft zu trüben. Benommen fiel er die Knie und spuckte hustend Blut. Vor sich im Staub erkannte er einen roten Metallkasten.

Also irgendwo in einer Wüste. Um welche Zeit es sich handelt, weiß sicher bloß ich nicht. :shy:
jedenfalls funktioniert dieser Ring und irgendwie gehts ja immer weiter. :D

Das muss man erst mal zusammenschreiben und ich habe Respekt davor.

Diese Abwechslung tat mir gut und ich hoffe, du hast auch in irgendeiner Weise Vergnügen amLeseeindruck einer Romantikerin.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Nichtgeburtstagskind,

Aber egal welche Welt und welche Regeln man kreiert, das Geschehen dort drin muss für den Leser insgesamt schlüssig sein.

Hier hast du vollkomen recht. Und eure Eindrücke sind richtig und nachvollziehbar. An irgendeiner Stelle ging die Logik hopps und das wirkte sich dann auf den gesamten Text aus. Ich denke, ich hoffe, es ist nun schlüssig.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo TeddyMaria,

Dadurch haben sich schon viele meiner Fragen geklärt - schön wäre es natürlich, sie wären nicht notwendig gewesen, sondern würden aus der Geschichte hervorgehen.

Das stimmt. Die Logik hat sich im Nachhinein als schwieriger herausgestellt, als ich erwartet hatte. Dabei habe ich dann wohl einiges übersehen, das nachgefügt werden musste. Und trotzdem ist an einer Stelle da noch ein Wurm drin, habe ich erst nach dem uploaden gemerkt.

Woher wissen die Forscher, dass der Metallkasten eine halbe Stunde zurückgereist ist?

Sie wissen nur, dass er zurückgereist ist. Sie haben ihn von seinem Platz genommen, in den Ring geworfen. Er ist weg und er stand plötzlich wieder da, weil er vorher in der Zeit wieder aufgetaucht ist. Die Zeit dazwischen ist für die Prots aber bereits durchlebt, sonst hätten sie zwei Kästen gesehen. Mit Logik wird das nicht wirklich was, man muss auch ein wenig glauben im Fantasie, oder?

Deine Forscher brauchen eine Möglichkeit zu messen, wie weit er zurückgereist ist

Die Idee ist gut. Vielleicht eine Uhr oder Messgeräte reinlegen oder eine Markierung an der Kiste. Ich habe jetzt leider erst eine neue Version eingesetzt, ohne die Kommentare zu lesen. Hatte in den letzten Tagen keine richtige Lust. Aber das bearbeite ich noch.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

Hallo Geschichtenwerker,

Natürlich seziert der Leser den Text nicht, aber man merkt intuitiv beim Lesen, dass etwas nicht stimmt. Hier im Forum liest Du dann oft, dass der Text ruckelt, nicht flüssig ist, irgendwie nicht passt, etc. Oftmals stecken da genau solche Kamerafahrt-Probleme dahinter

Grundsätzlich glaube ich, dass du richtig liegst. Ich habe das an der Stelle gemerkt, wo Emmet in die Halle schaut. Aus seiner Perspektive wird der Text glatter und ich nehme das in meine Betrachtungsweise beim Schreiben auf. Auf der anderen Seite kann man sich aber auch Gedanken darüber machen, ob wir hier nicht auf bestimmte Sachen fixiert sind und sie uns deshalb auffallen. Ich denke hier an viele Dinge, zum Beispiel den Anfang eines historischen Romanes, wo jemand von einem Hügel aus Rom betrachtet, ein – zwei Seiten lang. Hier würden wir sagen, das ist Infodump pur. Es überzeugt aber durch hohe sprachliche Qualität. Ich versuche, da etwas offener zu sein und eher den durchschnittlichen Leser zu betrachten, denn beim Analysieren von Texten kann ich unter diesen Betrachtungsweisen oft nur den Kopf schütteln. Trotzdem verkauft sich das.

Es ist extrem schwierig, halbwegs plausible Zeitreisen-Szenarien zu entwerfen, weil es eben nach derzeitigem Kenntnisstand nicht geht

Ich hatte recht umfassend recherchiert und mir dann genau das gesagt. Ich nehme einfach etwas an und stelle es in den Raum, es ist Fantasie. Es gab darin sicher noch Lücken, aber muss man es analysieren? Dann wird es schwierig, logisch über Zeitreisen zu schreiben.

Ich würde mal mit einer Uhr in der Metallkiste anfangen, die anzeigt, wie weit in der Zeit gereist wird, so wird das immer in entsprechenden Filmen gelöst

Diese Idee ist logisch, man will ja Daten. Ich bin dem Schreiben des neuen Textes jetzt aber den Kommentaren zuvorgekommen. Aber das füge ich noch ein.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo, Rainer Hohn

Ich habe Deine Geschichte nochmal gelesen.

„Dann haben wir unsere ursprüngliche Kiste gekauft und die ist nun weg. Die andere existiert aber noch irgendwo. Wir hätten die gesprungene Kiste aber gar nicht erwerben können, denn in unserem Zeitablauf existierte sie noch nicht.“
„Das ist verrückt.“
„Ich weiß. Hast du eine bessere Erklärung?“

Ich finde es gut, dass Du eingearbeitet hast, dass die Forscher selbst nicht so genau wissen, was geschehen ist. Das lässt mehr Raum für Interpretationen, und so fällt es mir leichter, es zu glauben - weil ich eben weniger Stellen finde, die mir abwegig erscheinen.

Die Zeit dazwischen ist für die Prots aber bereits durchlebt, sonst hätten sie zwei Kästen gesehen. Mit Logik wird das nicht wirklich was, man muss auch ein wenig glauben im Fantasie, oder?

Na ja ... Mein Problem ist, dass ich Deiner Geschichte das eben nicht glaube. Von Zeitreisegeschichten bin ich es gewöhnt, dass sie mit kaum zu durchdringenden physikalischen Phänomenen spielen, für die die Autoren aufwendig recherchiert haben. Dass das Ganze irgendwie logisch ist, ist eine Voraussetzung dafür. Meiner Meinung nach. Aber da scheinen unsere Meinungen über das Thema auseinanderzugehen. Mir fehlt hier einfach das "Science" in der Fiction, wenn Du verstehst.

Ich glaube, schwierig ist hier, dass Du ein Konzept aufbringst - sich selbst in der Vergangenheit ersetzen -, von dem ich noch nie gehört habe, obwohl ich mir schon viele Geschichten über Zeitreisen zu Gemüte geführt habe. Da werden einfach meine Erwartungen enttäuscht.

Aber das Ganze könnte funktionieren. Ich habe wie angekündigt mal das Thema bei jemandem aufs Tapet gebracht, der sich ein wenig mit Physik auskennt. Er hat auch die Uhr im Kasten vorgeschlagen. Einen interessanten Denkanstoß habe ich aber aus diesem Gespräch für Dich mitgebracht: Es gibt eigentlich keinen Grund, aus dem Emmet nicht auch sehr weit in der Vergangenheit in seine damalige Form zurückkehren sollte. Teile seines Körpers bestanden schließlich schon vor Jahrmillionen. Soll heißen: Warum zerstreut er sich nicht weit in der Vergangenheit in Form einzelner Atome im gesamten Universum? Dann hättest Du Dein Konzept von Zeitreise konsistent und konsequent durchgesetzt. Ansonsten hast Du eine seltsame Ausnahme geschaffen, über die mein Gesprächspartner sehr erstaunt war.

Ich als Schreiberin weiß allerdings, warum: Es wäre unmöglich darzustellen. Und da Dein Prot in der aktuellen Version einfach überhaupt nicht mehr weiß, was vor sich geht, könnte ich jede Erklärung akzeptieren. Deine aktuelle Version gefällt mir insofern, als dass praktisch jede Erklärung möglich ist, weil Deine Figuren selbst keine Ahnung haben. Das erscheint mir schon besser. Befriedigender wäre es natürlich, Du könntest ein konsistentes Erklärungsmodell stricken. Aber, wie ich beim ersten Mal schon geschrieben habe:

In Wahrheit wissen wir eben kaum etwas über Zeitreisen. Von daher wäre es vielleicht vermessen, jetzt nach einer Erklärung zu suchen.

Ich bleibe im Übrigen dabei, dass ich die Geschichte generell sehr schön finde. Ich finde sie nach wie vor spannend, und ich konnte mich in Emmet gut hineinversetzen. Du triffst mit Deinen Geschichten eigentlich genau meinen Geschmack. Wir hören uns auf jeden Fall wieder.

Viele Grüße,
Maria

 

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