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L’heure verte

Monster-WG
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04.03.2018
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L’heure verte

Martine zog zweimal an der Leine und ließ los, sobald sich die Fracht ruckartig in Bewegung setzte. Begleitet von Luftblasen aus der Atemmaske trat der Netzbeutel mit seiner Fracht die Reise zur Oberfläche an. Flirrende Sonnenstrahlen blitzten durch die grünen Flaschen, bevor sie im Schatten des Bootes verschwanden.
Zwei der fünf Flaschen waren noch verkorkt und mit Wachs versiegelt. Martine fragte sich, ob der Inhalt die Jahre unter Wasser unbeschadet überstanden hatte. Die Etiketten waren schon lange verschwunden und das Glas hatte weder einen Stempel, noch eine charakteristische Form, die auf den Inhalt schließen ließ. Dennoch hatte Martine eine Idee.
Nach einem Blick auf ihren Tauchcomputer stieg sie langsam in fünfzehn Meter Tiefe auf und hielt sich am Seil fest. Sie war knapp vor Reserve, doch es würde ausreichen.
Von hier oben war das schmale Wrack auf dem Meeresboden noch schemenhaft zu erkennen. Die Überreste einiger Querspanten ragten aus dem grauen Schlick und deuteten vage die Kontur des klassischen Seglers an. Wie ein eingedrückter Brustkorb, dachte Martine. Dort im Innern, wo sie gebuddelt hatte, türmte sich noch der Schlamm zu kleinen Haufen. Wenige Gezeiten später würde alles wieder glatt sein.

Was steckte hinter dem Kentern des Boots? Die Gewässer um Chatvert waren nicht sonderlich rau oder gefährlich. In den Seekarten war kein Riff verzeichnet. Zudem hatte sich dieser Bootstyp bewährt und wurde in abgeänderter Form auch heute noch gebaut. Der Untergang würde wohl ein Rätsel bleiben.
Routiniert flipperte sie am Seil hoch, hielt in fünf Metern Tiefe erneut und nahm die Zeit. Drei Minuten, bevor sie endgültig auftauchen durfte. Durch einen kurzen Ruck an der Leine signalisierte sie John, dass unten bei ihr alles in Ordnung war.
Dennoch beschlich Martine eine leichte Unruhe. Was war das? Vorfreude oder gar Euphorie? Nein, die war Minuten nach ihrem Fund schon verflogen. Vielmehr spürte sie erneut Verunsicherung, dieses merkwürdige Bauchgefühl, das sie beim Freilegen der Flaschen im Schlick überkommen hatte. Als habe sie außer Schlamm noch etwas aufgewühlt. Etwas, das unter Schlick besser aufgehoben war als im Sonnenlicht.

Erleichtert stieß sie durch die Oberfläche. Sie hatte es eilig, aus dem Wasser zu kommen. John reichte ihr die Hand und zog sie an Deck. Als sie saß, half er ihr, die Scuba-Flasche abzulegen. Wie üblich ragte der Rest einer Kippe aus seinem wuchernden Bart und auch wenn sie es nicht zeigen würde, sie freute sich jedes Mal, ihn zu sehen.
Die vollen Lippen, die abstehenden Ohren und seine braunen Glubschaugen waren - einzeln betrachtet - beinahe abstoßend und gaben ihm etwas von einem Fisch, doch sobald er anfing, zu reden und sein Gesicht in Bewegung geriet, änderte sich das. Dann lag seine Seele auf der Zunge und er brauchte nur wenige Worte, um den Kern der Dinge zu erfassen. Das imponierte Martine.
Nicht zuletzt fühlte sie sich von ihm gesehen, auf eine stille, selbstgenügsame Art.
Doch in den letzten Tagen war da noch mehr. Sie meinte, ein stilles Begehren in seinem Blick auszumachen. Und auch, wenn sie es zu ignorieren versuchte, fühlte sie sich mehr und mehr zu ihm hingezogen, zu seinem klugen Blick im gegerbten, unförmigen Gesicht. Der Halunke durfte es nur nicht wissen!

»Was haben wir?«, fragte Martine.
»Och, einen Haufen ganz toller Sachen: extraordinäres Altglas, ein paar kaputte Teller und dazu noch einen zerfressenen Löffel.« John schwenkte ihn wie einen Degen und imitierte Fechtbewegungen in ihre Richtung. Martine brauchte nur eine Sekunde, bevor sie parierte.
»Noch nie gesehen, he? Das ist ein Absinthlöffel, du Oberschlaumeier. Aber davon habt ihr Inselaffen natürlich keine Ahnung!«
Sie erntete ein gutmütiges Lachen. John ergab sich mit erhobenen Händen und legte den Löffel zurück. Mit gespielter Empörung wandte sich Martine ab und schälte sich aus dem Neoprenanzug. John schaute ihr dabei zu. Sie spürte seine Blicke im Rücken. Auch wenn sie es nicht zeigen würde, sie mochte die Art, wie er sie ansah. Mit provozierender Langsamkeit zögerte sie die Prozedur hinaus. Zwischendurch zischte sie ein »Erbsenfresser« in seine Richtung, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.

Martine hatte die Nase voll von gutaussehenden Skippern, ihren aufgepumpten Muskeln und ihrem angestrengten Geschwätz in Strandbars. John war anders, so wohltuend anders. Deshalb hatte sie ihn zu Beginn des Sommers gebucht. Und deshalb wohnte sie in einem Zimmer bei ihm im alten Leuchtturm.
Sie hatte schon auf der ganzen Welt getaucht, doch hier war es speziell. Irgendetwas zog sie an diesen Fleck und ließ sie nicht mehr gehen. Und das war nicht nur ihre Liebe zum Wasser oder die Nähe von John. Es war das zwingende Bedürfnis, auf dem Meeresboden zu suchen, gepaart mit einer eigentümlichen Vorahnung, dort etwas zu finden.
Martine verschwand zum Umziehen unter Deck. Sie hörte, wie John sich am Anker zu schaffen machte und das Großsegel setzte. Ächzend krängte das Boot und drehte in den Wind.
Als sie die Stufenleiter wieder hochstieg, trug sie ein geknotetes rotes Top und eine passende Bikini-Hose. Ganz ungeniert schaute John auf ihre braungebrannten Beine, bevor der Blick höher wanderte. Er stieß einen bewundernden Pfiff aus, der Martine bei jedem anderen Mann gestört hätte. Sie wusste, er schätzte, was er sah, und sie genoss das Gefühl, begehrt zu werden. Dennoch schnitt sie eine Grimasse und blaffte ihn an. »Glotz woanders hin, Bajazzo!«
Doch John lachte nur unbeeindruckt. Wie so oft hatte er sie durchschaut.

Es versprach, ein schöner Abend zu werden. Sie würden essen, danach lange auf der Terrasse vor dem Leuchtturm sitzen und zusehen, wie das Meer die Sommersonne verschluckte. Und danach – Ende offen, dachte Martine mit einem Lächeln und genoss das Kribbeln in ihrem Bauch.
Nach dem Einlaufen in die Marina von La Saline vertäute John das Boot am Anleger. Martine deponierte den Anzug unter Deck und nahm die Wechselflasche mit zum Auto. Neben ihr klemmte John den Wäschekorb mit den geborgenen Schätzen vor seinen Bauch und jonglierte mit seiner Zunge die Kippe in den anderen Mundwinkel, wo ihm der Rauch nicht so sehr in die Nase stieg. Martine lachte laut, sie konnte nicht anders, der Anblick war zu komisch. Doch John war niemand, der ein Lachen übelnahm. Vielmehr quittierte er es mit einem Zwinkern, hob seine buschigen Augenbrauen und kaute weiter auf der Zigarette.

Zurück im Leuchtturm am Ende der Klippen deckte Martine klappernd den Tisch und legte das Sommeliermesser bereit. Für später. Vielleicht. John zauberte in der Küche einen seiner Sommersalate. Er war ein wahrer Künstler im Umgang mit Olivenöl, Balsamico, frischen Kräutern und dem, was auf der Insel an Grünzeug verfügbar war.
Martine setzte sich in den Deckchair und zog mit der Ferse den Korb mit den Fundstücken herüber. Auf den Tellern lag immer noch der Löffel. Ein angelaufenes, verklumptes Stück Messing mit elegantem Griff. Als sie ihn vorsichtig zwischen den Fingern rieb, lösten sich die Krusten.
Das Blatt wies symmetrische Ausstanzungen und Schlitze auf. Woher sie wusste, wofür sie da waren – sie hatte keine Ahnung. Gedankenverloren legte sie den Löffel auf den Tisch und stellte eine der verkorkten Flaschen daneben.
Johns Sandalen schlurften über den steinernen Küchenboden. Ab und an klapperte er mit dem Salatbesteck. Dabei pfiff er frei improvisierend ein altes Gitarrensolo von Santana mit, das gerade im Inselradio lief. Es konnte noch eine Weile dauern. John hatte wie immer Zeit.

Martine ließ den Blick durch die Bucht gleiten hinüber zur Marina. Das unruhige Wasser war gespickt mit verblichenen Bojen und bunt gefleckten Segeln. Dazwischen hüpften weiße Wellenkämme um die Wette. Am wolkenlosen Himmel rangen Horden von Möwen zappelnd um den besten Wind. Ihr entferntes Gekreische klang für sie wie Musik.
Martine hielt die grüne Flasche vor die Sonne. Wieder machte sich dieses merkwürdige Gefühl in ihrem Bauch breit. Sie nahm das Sommeliermesser und kratzte das Wachssiegel auf. Entgegen ihrer Erwartung bot der Korken wenig Widerstand. Sie ließ ihn auf der Metallspirale stecken und roch vorsichtig daran. Ein stechender Duft nach Anis und Kräutern zog ihr in die Nase. Absinth, wie sie erwartet hatte.
Mit ruhiger Hand schenkte sie einen Schluck in das Wasserglas. Martine schwenkte die tiefgrüne Flüssigkeit vor ihren Augen, schnupperte daran und schloss die Augen. Der Geruch war betörend. Für einen Moment übernahm er das Kommando. Ihre Hand führte das Glas an die Lippen, die es dankbar aufnahmen. Als das grüne Feuer ihren Hals hinabrann, erhob sich über dem Möwengeschrei ätherisches Feengelächter.

Jemand klopfte ihr mit der flachen Hand auf die Wange. Nicht besonders schmerzhaft, nur gerade so fest, dass sie davon wach wurde. »John, lass das.«
Als sie die Augen öffnete, verflog ihr Ärger blitzartig. Sie sah in das Gesicht einer unbekannten Frau mit Hochsteck-Frisur und übertrieben geschminkten Lippen. Die Frau ergriff mit einem schwarzen Samthandschuh ihr Kinn und redete lebhaft auf sie ein.
Martine hörte nicht zu. Sie konnte nicht, denn sie hatte das Gefühl, zu ersticken, weil der Sauerstoff nicht reichte. Nicht für sie. Sie schlug die Hand weg und schnappte nach Luft. Zwang sich, ruhig zu atmen. Ein. Aus. Wie beim Tauchen. Ein. Aus.
Was geht hier vor? Was hat der Skipper vom Leuchtturm mit mir gemacht?, dachte Martine, als der Kopf wieder funktionierte. Ruckartig setzte sie sich auf und schaute an sich herab. Ihre Hände raschelten über ein Seidenkleid. In einem tiefen opalgrün. Größer konnte der Kontrast nicht sein zu dem weinroten Sofa, auf dem sie lag. Unten war das Kleid gerafft und mit einem aufgeplusterten, weißen Unterrock ausstaffiert. Gerade noch ragten die Spitzen ihrer blanken, schwarzen Lederstiefeletten hervor. Durch die Lücke zwischen ihnen sah sie einen klein gewachsenen, schlecht rasierten Mann mit vollen Lippen, der sie über seine Brille hinweg musterte. Mit runden, warmen Augen unter dichten Brauen.
Er trug ein weißes Hemd und darüber eine zugeknöpfte Weste. Die Melone auf seinem Kopf tanzte, wenn er sich bewegte, fiel jedoch nicht herunter. Das verhinderten die abstehenden Ohren.
Noch auffälliger als seine gedrungene Hässlichkeit waren Kohlestift und Block, die er in den Händen hielt.
»Madame Loreen, bitte wieder hinlegen und schön den Kopf auf den Arm ...«
Martine ignorierte ihn und ließ den Blick schweifen. Dicke schwülstige Vorhänge, florale Wandmalerei, goldene Säulen an jeder Ecke, die Männer mit Frack und Hut, die Frauen leicht bekleidet. Sie war in einem Salon des Fin de Siècle. Welch ein schöner Traum.
»Loreen, Lulu, mon amour, du schaust dich ja um, als wärst du zum ersten Mal hier.« Der Maler hielt die Hände jetzt vorwurfsvoll ausgebreitet und hob die Schultern. Dazu ein heiseres Auflachen, das ihr bekannt vorkam.

Martine kam nicht dazu, zu antworten, denn ein Garçon schritt in die Mitte des Raumes und nahm mit seinen weißen Handschuhen eine bestielte Glocke von einem ovalen Silbertablett. Dreimal ließ er sie schellen und näselte manieriert: »L'heure verte au Chat vert est arrivée.«
Jubel brandete auf, Hüte flogen durch die Luft und hektisch versammelten sich die Gäste an den runden Tischen. Martine wurde von dem kleinen Maler zu einem der Tische gezogen und fand sich in Gesellschaft ihrer unbekannten Freundin vom roten Sofa wieder. Sie hatte das Reden eingestellt und linste sie mit einem säuerlichen Lächeln von der Seite her an.
Eine Karawane von Bediensteten brachte Wasserspender, Gläsertabletts, Zuckertöpfe und grün befüllte Flaschen, die Martine sehr bekannt vorkamen. Von der Decke herab schwebten rote Hängelampen mit goldfarbenen, verdrillten Fransen. Die gläsernen Wasserspender, in denen dicke Eisbrocken schwammen, wurden direkt darunter platziert. Mit dem Rest wurden akribisch die Plätze eingedeckt.
Der Maler stellte ein Glas in Tulpenform unter einen der Hahnauslässe und seine knubbelige Hand balancierte einen spatelförmigen, geschlitzten Löffel quer auf den Rand. Ein Stück Zucker landete auf dem Metall und die Samthand ihrer Stuhlnachbarin öffnete den Hahn. Tropfen für Tropfen rann das Eiswasser über den Zucker in den grünen Bodensatz und zog Schlieren in einem milchigen Türkis durch das Gemisch. "Louche", murmelte jemand hinter ihr.
Reihum taten es ihr die anderen Gäste gleich, öffneten die Hahnauslässe und der frische, wermutbittere Duft vertrieb die Rauchschwaden aus ihren Nasen.

Der Maler, der von allen nur Henri genannt wurde, hatte sich zum Nachbartisch umgedreht. Dort war er in ein angeregtes Gespräch mit einem hohlwangigen Typ vertieft, von dessen linkem Ohr ein Stück fehlte. Als sie dessen irren Blick spürte, schaute sie schnell zur anderen Seite.
Ihre Freundin, deren Namen sie nicht kannte, amüsierte sich mit einem bärtigen Kapitän. Fetzen eines Gesprächs über Segelschiffe und karge Inseln vor der französischen Atlantikküste flogen zu ihr herüber.
Martine tippte dem Maler auf den Arm, bis er sich mit ruckelnder Melone umwandte. "Oui?"
»Kann ich das Bild mal sehen?«, fragte sie in den allgemeinen Lärm hinein. Dunkle runde Augen nahmen sie fragend in den Fokus. »Loreen, chérie, du weißt doch, das ist nur die Vorskizze.«
Sollte ihr das etwas sagen?
»Kannst du es mir trotzdem zeigen, s´il te plaît? Bitte, Henri, mir zuliebe ...« Sie fabulierte ins Blaue, aber es wirkte. Wortlos zog der Maler seinen Block hervor und schlug das Deckblatt nach hinten. Er zögerte einen Moment, dann hielt er ihr die Zeichnung hin.
Martine sah zwei Frauen auf dem Sofa liegen. Die Pose war lässig bis nonchalant. Martine erschrak, als sie sich erkannte. Der Maler hatte ihr Gesicht sehr gut getroffen und hatte etwas eingefangen, was genau so flüchtig war wie der Absinthdunst, in dem sie saßen. Sie schaute in einen Spiegel ihrer Seele.
Ihr einst kindlicher Trotz, der mit den Jahren zu der Chuzpe wuchs, die sie ihr Leben ertragen ließ, war auf Papier gebannt. Und das hatte er mit nur wenigen entlarvenden Kohlestrichen geschafft. Jeder von ihnen saß. Alles war da. Nichts hätte man weglassen dürfen und nur wenig mehr hinzufügen. Martine fühlte sich überwältigt, erschrocken, entblößt.
»Lulu, wie sie leibt und lebt.« In Henris Stimme schwang warme Zuwendung mit, wenn nicht mehr. Er nahm sein milchiggrünes Glas und hob es zur Decke. Mit fester Stimme rief er: »Santé, meine grüne Fee …«, und ihre Tischgenossen taten es ihm gleich. »Chin-chin, Loreen.«
Martine spürte, wie ihre Wangen rot anliefen. Verschämt nahm sie ihr mittlerweile halb gefülltes Glas und nahm einen tiefen Schluck. Der Lärm verebbte, machte Platz für ein ätherisches Lachen. Ein grüner Vorhang schob sich vor ihren Verstand.

Ich stehe vorne im Bug und schleudere es hinaus in den Sturm, mein ungezähmtes Lachen, schrill und scharf. Die Gewalt des Wassers ist nicht aufzuhalten von morschen Planken oder einem Kapitän, der verzweifelt am Ruder reißt. Der hilflos versucht, das Unheil abzuwenden für die Drei, die sich an Seile krallen. Ich sehe mit Genugtuung: Nasse Samthandschuhe sind dabei. Höre nicht auf, zu lachen. Meine Waffe. Je lauter ich lache, desto wilder antwortet der Ozean. Will mich mit hohen Wellen ohrfeigen. Der Sturm heult, der Ozean tobt, dass uns die Seele schlottert. Begräbt uns unter Wassermassen, bis das Boot aufgibt und sich zur Seite neigt. Ich lache weiter. Nie gebe ich auf, nie, nie, nie. Hohle Augen flehen mich an. Dahinter schüttelt der Kapitän seine Faust und schreit so laut, dass ich es durch den Sturm verstehe: »Verflucht sollst du sein, grüne Hexe.«

»Martine ..., wach auf, Martine.«
Als sie die Augen aufschlug, sah sie wieder die vollen Lippen und den warmen Blick aus braunen Bärenaugen. Die Ruhe war verflogen, Sorgenfalten furchten die Stirn vor ihr.
»Ich heiße Loreen, junger Mann.« Sie hatte geredet, ohne nachzudenken. Schwer waren ihre Lippen. Sie lag noch immer in dem Deckchair und der erste Versuch aufzustehen, scheiterte. Wie ein Mehlsack plumpste sie zurück auf das Lattengestell.
John griff nach seinem Telefon: »Ich rufe einen Arzt.«
»Warum brauchst du einen Arzt, Henri?« Martine drehte sich zur Seite und legte ihren Kopf auf den Unterarm. Nach wenigen Atemzügen war sie eingeschlafen.
John zögerte. Mit dem Telefon am Ohr trat er von einem Fuß auf den anderen. Der Inselarzt meldete sich nicht. Zu der Zeit war er meistens schon unpässlich.
Ungläubig murmelte er: »Wie kann jemand von einem winzigen Schluck Alkohol so betrunken sein?« Es war nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern aufrichtig erstaunt.

Der Horizont schluckte das letzte Sonnenrot und langsam senkte sich abendliche Kühle herab. Vielleicht genügt ein langer Schlaf und am nächsten Morgen ist alles wieder im Lot, dachte John. Mit etwas Glück ...
John nahm die schlafende Martine auf die Arme, trug sie in ihr Zimmer und legte sie vorsichtig auf dem Bett ab. Martines Augen blieben geschlossen, ihre Atemzüge waren gleichmäßig. Nichts wies auf etwas anderes hin als einen Rausch.
Mit einem Kuss auf die heiße Stirn deckte er sie zu. In ihren Haaren roch er Rauch. Unmöglich von ihm, denn er passte immer auf, dass sie nichts abbekam. Ungläubig runzelte er die Stirn und schaute auf Martine hinab. Hier war irgendetwas im Gange, das er nicht verstand. Dieses verdammte Gift!
Er trat zum Luftholen auf die Terrasse und spuckte bittere Galle ins Gras. Dann griff er wütend die offene Flasche vom Tisch, nahm Anlauf und schleuderte sie in hohem Bogen in die Dunkelheit, wo sie auf den Klippen zerschellte.

Beißende Sonnenstrahlen fanden ihren Weg durch die schmalen Ritzen der Holzjalousie und einer davon traf Martines Augenlid. Zugleich zog der Duft von frisch gebrühtem Café in ihre Nase. Sofort rauschten die Bilder des gestrigen Abends durch ihren Kopf. Das Wrack, der Beutel mit den grünen Flaschen, das Sommeliermesser mit dem grünlichen Korken, das rote Sofa, der Maler mit dem warmen Blick und dann das Boot und sie im Bug, wie sie dem Sturm die Stirn bot. Ihr Magen schlug einen Salto.
Was davon war wahr, was erträumt? Verdammt, sie brauchte John! Martine schwang die Füße aus dem Bett und sprang auf die Beine. Sofort drückte sie der Schwindel zurück in die Kissen. Sternchen drehten vor ihrem Blickfeld Kreise. Sie hatte einen veritablen Kater. Dieser Teil der Geschichte musste also stimmen.

»John, was ist gestern passiert?« Ihre Stimme war kratzig und rau. Kein Wunder, bei der rauchgeschwängerten Luft im Salon.
»Ich habe keine Ahnung, Martine. Das Einzige, was ich dir sagen kann, ist Folgendes: Du hast diese Flasche geöffnet, einen Schluck von dem grünen Zeug genommen und warst für zwanzig Minuten völlig weggetreten.« Die Sorgen waren in seinem Gesicht noch abzulesen. »Als du aufgewacht bist, warst du total betrunken. Frag mich nicht, wie das sein kann …«
Zwanzig Minuten? So weit so gut. Bis auf die Dauer ihrer Bewusstlosigkeit konnte sie die Scherben zusammensetzen. Doch was war mit dem Rest? War die rauschende Nacht im Salon 'Le Chat Vert' nur erträumt? Und der Untergang des Boots vor Chatvert? Eine Ausgeburt ihrer Phantasie? So oder so, John war nicht dabei gewesen. Oder vielleicht doch? Er wirkte so völlig ahnungslos.

»Bist du so weit okay? Dann würde ich kurz ins Dorf fahren und ein paar Sachen einkaufen. Für ein Frühstück reicht es nicht mehr.« Der Schlüssel vom Pickup klimperte schon in seiner Hand. Sein Blick erinnerte sie an die besorgten Augen ihrer Mutter – früher. Sie hatte es auch immer mit Essen versucht.
Martine nickte und schenkte ihm ein tapferes Lächeln. John war der Beste. Konkurrenzlos. Trotzdem konnte er ihr nicht helfen und so war sie froh, jetzt alleine zu sein. Als sie die Tür schlagen hörte, nahm sie Café und Laptop und schlich zum Deckchair auf der Terrasse. Ein frischer, salziger Wind umspielte ihre Nase. Mit einer Note Seekiefer vom nahen Hain. Bojen und Segel schaukelten um die Wette. Weiter links reflektierten grüne Scherben das Sonnenlicht.

Martine tippte 'Henri Bilder' in die Suchmaschine ein und erhielt sofort einige Treffer. Sie klickte die Seite an und eine bunte Bildergalerie öffnete sich. Vorwiegend gemalte Momentaufnahmen aus Pariser Etablissements zur Jahrhundertwende. Gespannt ließ sie die rechteckigen Kästchen immer weiter nach oben wandern. Doch dann wurde es ihr abwechselnd heiß und kalt.
Dort auf dem weinroten Sofa lagen zwei Frauen. Die im Vordergrund trug ein opalgrünes Kleid. Als Martine die Worte unter dem Bild las, wurde ihr speiübel. Dort stand in einer winzigen Infozeile: 'Laureen, die grüne Fee', Anno 1896, Ort: unbekannt.
Sie spürte, wie etwas tief aus ihrem Hals aufstieg, etwas wenig Bekanntes. Es kletterte an ihrer Zunge empor und als es an die Zähne stieß, zwang es sie auseinander und entwischte an die frische Luft. Dort entfaltete es sich zu einem glucksenden Lachen, das weit über die Bucht schallte.
Die sich auftürmenden Wellenkämme spiegelten sich in Martines grünen Augen.

 

Hi linktofink,

ich mag deine Geschichte sehr, vor allem nach der Überarbeitung, nachdem du John hässlich gemacht hast und mit dem Einschub auf dem sinkenden Schiff.
Deine Moor-Geschichte fand ich auch sehr gut, aber die hier noch mehr.
Einzig das Ende, die letzten sechs Absätze, als Martine wieder in der Realität – obwohl, ist das die Realität? – angelangt ist, die empfinde ich entschieden zu lang. Da passiert ja nichts mehr, außer, dass sie sich fragen, was das war, und John sich Sorgen macht, spannend ist natürlich dann das Googeln - aber insgesamt ist das für meinen Geschmack viel zu lang, das zerstört das Vorangegangene so ziemlich, was ich sehr schade finde. Vielleicht kannst du ja nochmal überlegen, den letzten Teil auf die Hälfte oder so einzudampfen?
Ich schätze allerdings, du bist mehr oder weniger schon fertig, aber nun bekommst du trotzdem noch einen Kommentar. Mach damit, was du willst. ;)

Alles, was jetzt kommt, ist Kleinkram. Und weil das aber eine ganze Menge ist, spare ich mir, zu zitieren, was mir alles gefällt, bzw. kannst du es ja so sehen: Der ganze tolle Rest.

Dennoch hatte Martine durch das, was sie sonst noch gefunden hatte, eine Idee.
Da ich an der Stelle nicht erfahre, was sie sonst noch gefunden hat, brauche ich den Einschub nicht. Du willst es rätselhaft haben - dann bist du doch gut dabei, Martine einfach eine Idee haben zu lassen, egal warum.

Sie erntete ein offenes Lachen.
Das offen finde ich nicht so treffend an der Stelle, vllt. gutmütig

schälte sich aus dem Halbtrockenanzug.
Stimmt, du bist ja der mit den Details ... ;) Da ich nicht tauche, kann ich mit Halbtrockenanzug nix verbinden, macht es aber auch nicht authentischer irgendwie. Ich habe da eher Assoziationen zu Wein. Einfach Neoprenanzug, das kennt jeder, und so extrem wichtig ist das ja an der Stelle nicht.

Kommentarlos schaute ihr John dabei zu, sie spürte seine Blicke im Rücken.
Kommentarlos passt für mich eigentlich eher dann, wenn man erwartet, dass jemand etwas erwidern sollte, aber ist da ja nicht der Fall. Er sagt halt nix, während er sie anglotzt, das brauchst du mMn gar nicht extra zu betonen.

Auch wenn sie es nie zugeben würde, sie mochte die Art, wie er sie ansah.
Das Fette braucht es nicht. So ähnlich hast du es weiter oben ja schon gesagt, und vor sich selbst gibt sie es ja schon zu. Einfach „Sie mochte ….“?

Und deshalb wohnte sie bei ihm im alten Leuchtturm, in einem Zimmer im Anbau. John selbst wohnte im Turm.
Vorher haben die noch nicht im Leuchtturm gewohnt, oder? Finde ich aber schön so. Nur stört mich das Detaillierte hier. Klar, du willst natürlich sagen, dass sie nicht in einem Zimmer wohnen, kein Paar sind, aber das geht sicher eleganter, zB: „und deshalb hatte sie ein kleines Zimmer bei ihm im alten Leuchtturm.“ Das kann im Anbau sein oder im Turm selbst, das ist ja Wurscht, sie hat das Zimmer.

Sie würden essen, danach lange auf der Terrasse vor dem Ferienhaus sitzen
Welches Ferienhaus btw, der Leuchtturm?

Das Blatt wies symmetrische Ausstanzungen und Schlitze auf, sie wusste wofür. Woher, konnte sie nicht sagen.
Das Rätselhafte zerstörst du hier mMn durch die Satzstellung, besser wäre vielleicht so etwas: „Das Blatt wies symmetrische Ausstanzungen und Schlitze auf. Woher sie wusste, wofür sie da waren – sie hatte keine Ahnung.“

Johns Sandalen schlurften über den Steinboden der Kitchenette. Ab und an stocherte er in der Schüssel.
Weiter oben war es eine Küche. Und vorher ist John ein wahrer Künstler beim Salatzubereiten, und nun lässt du ihn ab und an stochern! Nein - das wird ihm nicht gerecht! :hmm: Das klingt, als würde ein kleines Kind Kochen spielen und mit einem Löffel in einer leeren Schüssel herumklopfen …

Sie sah in das Gesicht einer unbekannten Frau mit Hochsteck-Frisur und übertrieben geschminkten Lippen, weniger als eine Armlänge über ihr.
Detailalarm!!! Das Fette würde ich entfernen. Im nächsten Satz greift sie ja schon nach Martines Kinn, da ist das mit „weniger als eine Armlänge“ ja spätestens klar. Und sie schaut ihr ins Gesicht und sieht die übertrieben geschminkten Lippen, da ist auch klar, dass sie nah beieinander sind. Und das „über mir“ hat mich auch extra noch rausgebracht, habe mir die Frau erst irgendwie in einem Stockbett in der oberen Etage vorgestellt oder sowas, Hängematte vielleicht – sinnlose Gedanken, die man gar nicht haben müsste, eigentlich.

ein opalgrünes Seidenkleid. Größer konnte der Kontrast nicht sein zu dem weinroten Sofa
Der Kontrast könnte wohl größer sein, Weiß zum Beispiel ... :Pfeif:
Vllt.: „Ein schöner Kontrast zu ….“

Auf seinem Kopf ruhte eine Melone, die hin und her tanzte, wenn er den Kopf bewegte, jedoch nicht herunterfiel.
Erst ruht sie, dann tanzt sie – hm, weiß nicht, ist komisch. Du wolltest nicht schon wieder „trug“ schreiben, schon klar, aber vllt. „Die Melone auf seinem Kopf tanzte ….“

Noch auffälliger als seine gedrungene Hässlichkeit waren Kohlestift und Block, die er in den Händen hielt.
Der Vergleich, bzw. die Gegenüberstellung von Hässlichkeit und Malerutensilien passt für mich nicht so richtig, den Satz finde ich nicht gelungen.

nahm mit seinen weißen Handschuhen eine faustgroße, bestielte Glocke von einem ovalen Silbertablett.
Zu den vielen Adjektiven will ich mich eigentlich nicht auch noch äußern, zumal sie mich in dieser Geschichte gar nicht stören und es oft sehr gut passt, gerade um die Atmosphäre im Salon zu beschreiben, aber hier ist es mir doch zu viel des Guten. „Faustgroße“ insbesondere könnte mMn weg. Da er die bestielte Glocke mit seiner weißbehandschuhten Hand fassen kann, ist die Größe ja doch eh limitiert. Vllt. kannst du btw auch nochmal durchgehen und überprüfen, wie oft irgendwas mit behandschuhten Händen angefasst wird - vllt. irre ich mich und es ist gar nicht so viel, kam mir aber so vor.

Tropfen für Tropfen rann das Eiswasser über den Zucker in den grünen Bodensatz und zog Schlieren in einem milchigen Türkis durch das Gemisch. Hinter ihr murmelte jemand "louche".
Hier fände ich es schöner, wenn du den letzten Satz umstellen würdest: Louche, murmelte jemand hinter ihr.

Der Maler, der von allen nur 'Henri' genannt wurde
Die Anführungsstriche könnten doch weg, oder? Er wird so genannt, so heißt er, alles gut eigentlich. Und das „nur“ braucht es auch nicht – sie sprechen ihn halt mit seinem Vornamen an, weil sie vertraut miteinander sind.

angeregtes Gespräch mit einem hohlwangigen Typ mit irrem Blick vertieft
Vllt. kannst du ein „mit“ ersetzten, auf die Schnelle fällt mit jetzt nichts ein, geht aber bestimmt …

Verschämt nahm sie ihr mittlerweile halb gefülltes Glas und nahm einen tiefen Schluck.
„mittlerweile halb gefüllt“ soll was genau aussagen? Dass sie die Hälfte bereits getrunken hat? Dass sie ihr so langsam einschenken, dass es immer noch nicht voll ist? Also entweder „ihr mittlerweile nur noch halb gefülltes Glas“ oder „nahm sie einen weiteren tiefen Schluck …“

Ach, Linktofink, das sieht jetzt aber nach viel Gemecker aus, soll es aber gar nicht sein - mir gefällt deine Geschichte wirklich.
Aber bei den letzten Absätzen gehe ich nicht ins Detail, weil du die ja vielleicht noch etwas schrumpfst? ;)

Liebe Grüße von Raindog

 

Hallo wieder Nichtgeburtstagskind,

Bei der ersten Version dachte ich es gäbe einen Grund für Martines Zögern, jetzt kommt es mir vor wie ein Spielchen. Wieso tut sie so, als ob sie nichts von ihm wolle, und weiß doch dass er sie durchschaut? Wenn das so ein Spielchen sein soll, finde ich es unsymphatisch. Ich finde es schön, wenn man Menschen einfach sagt, dass man sie mag.
Ich sehe Martine als Person, die aus Selbstschutz immer eine Restdistanz wahrt, vielleicht, weil sie spürt, was in ihr schlummert ...

Irgendetwas zog sie hierhin. Sie konnte es spüren.
Zeit für Kopfkino, lieber John, dachte Martine
Die Stelle hast du geändert oder? Ich finde, das Kopfkino passt nicht mehr zu dem Satz davor. Es wirkt als würde das Kino etwas mit dem diffusem Gefühl zu tun haben und nicht um etwas sexuelles gehen.
Jo, das habe ich beim Ändern auch so empfunden, habe es aber gestern erst gestrichen und umgeschrieben, weil ich drüber hinweg gekommen war.

Nicht aufzuhalten von morschen Planken oder einem Kapitän, der verzweifelt am Ruder reißt
Was ist nicht aufzuhalten? Das Lachen?
geändert, jetzt ist es die Gewalt des Wassers.

Martine ist Loreen ist die grüne Fee, die Macht über das Meer hat und über die der Absinth Macht hat? Die Stelle mit dem Untergang des Bootes gefällt mir, das ist schön irre. Ich finde aber es wäre glaubwürdiger, wenn Martine auch eine besondere Verbindung zum Meer spüren würde, irgendwas Übernatürliches und nicht nur die Liebe zum Meer, das haben ja viele.
Habe ich jetzt so versucht, mit Andeutungen:
"Sie hatte schon auf der ganzen Welt getaucht, doch hier war es speziell. Irgendetwas zog sie an diesen Fleck und ließ sie nicht mehr gehen. Und das war nicht nur ihre Liebe zum Wasser oder die Nähe zu John. Es war das Verlangen, auf dem Meeresboden zu suchen, gepaart mit einer eigentümlichen Sicherheit, dort etwas zu finden." … und mit dem Schlussabsatz.

Sorgenfalten ,wie in Stein gemeißelt, furchten die Stirn vor ihr.
Das Leerzeichen ist falsch gesetzt, aber ich würde den Einschub „wie in Stein gemeißelt“ weglassen. Das ist zu viel und stört den Lesefluss.
Yes, ist weg.

einen Rausch.Alles wird wieder gut
Leerzeichen fehlt.
korrigiert.

Also ich finde es jetzt schon sehr viel runder, an manchen Zusammenhängen könntest du noch was schleifen, da merkt man die nachträglichen Änderungen dem Text an.
Jo, das werde ich in den nächsten tagen immer mal wieder durchsehen.

Danke fürs erneute Lesen und Kommentieren, Peace, linktofink

Hej Charly1406,

Sie hatten schon auf der ganzen Welt getaucht ...
Klingt irgendwie falsch, müsste es nicht sie waren schon auf der ganzen Welt getaucht? Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich falsch ist, klingt aber komisch.
hab ein "Sie hatte schon auf der ganzen Welt getaucht" daraus gemacht.

Einen Fingerhut voll ...
Klingt als hätte sie tatsächlich einen, wovon ich nicht ausgehe. Einen kleinen Schluck oder so fände ich besser.
angenommen

Jetzt habe ich das mit den Knopfaugen verstanden. Entschuldige ich schreibe beim Lesen mit.
Mich stören die Knopfaugen. Menschen haben keine. Tiere oder Kuscheltiere oder Puppen.
Wenn du John warme braune Augen geben würdest, könntest du hier schreiben, seine warmen, braunen Augen musterten sie über die Brille hinweg, so in der Art weißt du. Der Satz mit runden, warmen Knopfaugen wirkt so angehangen und verloren.
jo, war keine gute Idee, ist weg. Jetzt sind die Augen schlicht braun, einmal Bärenaugen und die Augenbrauen buschig.

Akribisch wurde alles auf den Tischen angeordnet. Über den Tischen ...
Finde ich ungünstig, du hast zwei Sätze vorher auch noch mal Tisch. Daher dreimal kurz hintereinander. Hier könntest du ausweichen, vielleicht über ihren Köpfen schwebten oder hingen so etwa.
Habe den Absatz umgeschrieben, danke für den Hinweis.

Sein Blick erinnerte sie an die besorgten Blicke ihrer Mutter ..
Zweimal Blick ist nicht so schön.
auch geändert.

Lauter Kleinkram, vielleicht kannst du ja was damit anfangen.
Immer her damit

Ich dank dir nochmal,
Peace, linktofink

 
Zuletzt bearbeitet:

Friedrichard,

hallo Friedel, danke für dein Vorbeischneien im Sommerloch,

deine Anmerkungen habe ich zu 90% umgesetzt, die anderen 10% habe ich nicht verstanden, oder fand sie gut so, wie sie sind.

Danke auch für Rimbauds trunkenes Schiff.

aber die Verhältnisse in den letzten Tagen und Wochen – als könnte es irgendwas wichtigeres geben als Literatur …
Jo, Treffer, seit heute weiß ich, wenn ich in die Bredouille gerate, muss ich nur lügen, ich hätte ein Wort vergessen und alles wäre genau anders herum gemeint gewesen. Und alle, die mich nicht verstanden haben, sind zu blöd. Dazu setze ich mir ein Meerschweinchen auf die Stirn und glotze wie ein Testosteronfass.

Peace, Linktofink

Hej Raindog,

vielen Dank für deinen Besuch, hat mich sehr gefreut.

ich mag deine Geschichte sehr, vor allem nach der Überarbeitung, nachdem du John hässlich gemacht hast und mit dem Einschub auf dem sinkenden Schiff.
Oh danke, die Geschichte scheint dadurch besser geworden zu sein, dann hat sich die viele Arbeit ja gelohnt.
Einzig das Ende, die letzten sechs Absätze, als Martine wieder in der Realität – obwohl, ist das die Realität? – angelangt ist, die empfinde ich entschieden zu lang. Da passiert ja nichts mehr, außer, dass sie sich fragen, was das war, und John sich Sorgen macht, spannend ist natürlich dann das Googeln - aber insgesamt ist das für meinen Geschmack viel zu lang, das zerstört das Vorangegangene so ziemlich, was ich sehr schade finde. Vielleicht kannst du ja nochmal überlegen, den letzten Teil auf die Hälfte oder so einzudampfen?
Jo, das selbe Gefühl hatte ich nach der letzten Überarbeitungsrunde auch. Zum Schnipseln brauche ich allerdings Zeit, damit es kein Verstümmeln wird. Also am WE.

Ich schätze allerdings, du bist mehr oder weniger schon fertig, aber nun bekommst du trotzdem noch einen Kommentar. Mach damit, was du willst.
Ich bin nie so fertig mit einer Geschichte, dass ich Verbesserungen nicht noch mit reinnehmen würde. Abgesehen davon freue ich mich über jeden konstruktiven Kommentar, der das Ganze positiv nach vorne bewegt, statt geschmäcklerische Rumkrittelei.

Dennoch hatte Martine durch das, was sie sonst noch gefunden hatte, eine Idee.
Da ich an der Stelle nicht erfahre, was sie sonst noch gefunden hat, brauche ich den Einschub nicht. Du willst es rätselhaft haben - dann bist du doch gut dabei, Martine einfach eine Idee haben zu lassen, egal warum.
Da denke ich nochmal drüber nach, weil ich später ja zeige, woraus das "sonst so" besteht.

Sie erntete ein offenes Lachen.
Das offen finde ich nicht so treffend an der Stelle, vllt. gutmütig
done

schälte sich aus dem Halbtrockenanzug.
Stimmt, du bist ja der mit den Details ... Da ich nicht tauche, kann ich mit Halbtrockenanzug nix verbinden, macht es aber auch nicht authentischer irgendwie. Ich habe da eher Assoziationen zu Wein. Einfach Neoprenanzug, das kennt jeder, und so extrem wichtig ist das ja an der Stelle nicht.
Gebe dir recht, ist geändert zu Neoprenanzug.

Kommentarlos schaute ihr John dabei zu, sie spürte seine Blicke im Rücken.
Kommentarlos passt für mich eigentlich eher dann, wenn man erwartet, dass jemand etwas erwidern sollte, aber ist da ja nicht der Fall. Er sagt halt nix, während er sie anglotzt, das brauchst du mMn gar nicht extra zu betonen.
Ist weg.

Auch wenn sie es nie zugeben würde, sie mochte die Art, wie er sie ansah.
Das Fette braucht es nicht. So ähnlich hast du es weiter oben ja schon gesagt, und vor sich selbst gibt sie es ja schon zu. Einfach „Sie mochte ….“?
habe aus dem zugeben ein zeigen gemacht. Finde das okay.

Und deshalb wohnte sie bei ihm im alten Leuchtturm, in einem Zimmer im Anbau. John selbst wohnte im Turm.
Vorher haben die noch nicht im Leuchtturm gewohnt, oder? Finde ich aber schön so. Nur stört mich das Detaillierte hier. Klar, du willst natürlich sagen, dass sie nicht in einem Zimmer wohnen, kein Paar sind, aber das geht sicher eleganter, zB: „und deshalb hatte sie ein kleines Zimmer bei ihm im alten Leuchtturm.“ Das kann im Anbau sein oder im Turm selbst, das ist ja Wurscht, sie hat das Zimmer.
Stimmt, sie sind erst mit der Neufassung in den Leuchtturm gezogen, das mit dem Zimmer habe ich gemäß deinem Vorschlag geändert, finde ich auch besser so.

Sie würden essen, danach lange auf der Terrasse vor dem Ferienhaus sitzen
Welches Ferienhaus btw, der Leuchtturm?
Yes, überlesene Altlast, done.

Das Blatt wies symmetrische Ausstanzungen und Schlitze auf, sie wusste wofür. Woher, konnte sie nicht sagen.
Das Rätselhafte zerstörst du hier mMn durch die Satzstellung, besser wäre vielleicht so etwas: „Das Blatt wies symmetrische Ausstanzungen und Schlitze auf. Woher sie wusste, wofür sie da waren – sie hatte keine Ahnung.“
Hab ich so übernommen, vielen Dank.

Johns Sandalen schlurften über den Steinboden der Kitchenette. Ab und an stocherte er in der Schüssel.
Weiter oben war es eine Küche. Und vorher ist John ein wahrer Künstler beim Salatzubereiten, und nun lässt du ihn ab und an stochern! Nein - das wird ihm nicht gerecht! Das klingt, als würde ein kleines Kind Kochen spielen und mit einem Löffel in einer leeren Schüssel herumklopfen …
Auch das: Küche, klappern

Sie sah in das Gesicht einer unbekannten Frau mit Hochsteck-Frisur und übertrieben geschminkten Lippen, weniger als eine Armlänge über ihr.
Detailalarm!!! Das Fette würde ich entfernen.
Einverstanden.

ein opalgrünes Seidenkleid. Größer konnte der Kontrast nicht sein zu dem weinroten Sofa
Der Kontrast könnte wohl größer sein, Weiß zum Beispiel ...
Vllt.: „Ein schöner Kontrast zu ….“
Das lasse ich jetzt mal drin, weil Grün/Rot als Komplementärkontrast schon stärker knallt als Grün/Weiß.

Auf seinem Kopf ruhte eine Melone, die hin und her tanzte, wenn er den Kopf bewegte, jedoch nicht herunterfiel.
Erst ruht sie, dann tanzt sie – hm, weiß nicht, ist komisch. Du wolltest nicht schon wieder „trug“ schreiben, schon klar, aber vllt. „Die Melone auf seinem Kopf tanzte ….“
Jetzt heißt es: "Die Melone auf seinem Kopf tanzte, wenn er sich bewegte, fiel jedoch nicht herunter, denn das verhinderten die abstehenden Ohren."

nahm mit seinen weißen Handschuhen eine faustgroße, bestielte Glocke von einem ovalen Silbertablett.
„Faustgroße“ insbesondere könnte mMn weg.
done

Der Maler, der von allen nur 'Henri' genannt wurde
Die Anführungsstriche könnten doch weg, oder?
gemacht

angeregtes Gespräch mit einem hohlwangigen Typ mit irrem Blick vertieft
Vllt. kannst du ein „mit“ ersetzten, auf die Schnelle fällt mit jetzt nichts ein, geht aber bestimmt …
Habe ich durch Umstellen entfusselt.

Verschämt nahm sie ihr mittlerweile halb gefülltes Glas und nahm einen tiefen Schluck.
„mittlerweile halb gefüllt“ soll was genau aussagen? Dass sie die Hälfte bereits getrunken hat? Dass sie ihr so langsam einschenken, dass es immer noch nicht voll ist? Also entweder „ihr mittlerweile nur noch halb gefülltes Glas“ oder „nahm sie einen weiteren tiefen Schluck …“
Das Wasser rinnt ja langsam über den Zuckerwürfel auf dem Löffel. Deshalb ist das Glas erst halb gefüllt.

Ach, Linktofink, das sieht jetzt aber nach viel Gemecker aus, soll es aber gar nicht sein - mir gefällt deine Geschichte wirklich.
Aber bei den letzten Absätzen gehe ich nicht ins Detail, weil du die ja vielleicht noch etwas schrumpfst?
Nö, alles gut, wie du siehst, habe ich das Allermeiste eingebaut und wenn du Textkram hast, her damit. Das heißt ja nicht, dass es dir nicht gefällt. ;)
Die letzten Absätze muss ich wirklich noch entschlacken, kannst ja dann weitermachen, wenn du magst …

Peace und Danke für alles, linktofink

 

Hallo @linktofink,

ich hab deine Geschichte schon gelesen kurz nachdem du sie eingestellt hast, bin aber nicht zum Kommentieren gekommen. Jetzt habe ich sie ein zweites Mal gelesen. Was folgt, sind die Anmerkungen, die ich mir dabei gemacht habe. Nimm dir davon raus, was du gebrauchen kannst.

Was steckte hinter dem Kentern des Boots? Die Gewässer um Chatvert waren nicht sonderlich rau oder gefährlich. In den Seekarten war kein Riff verzeichnet. Zudem hatte sich dieser Bootstyp bewährt und wurde in abgeänderter Form auch heute noch gebaut. Der Untergang würde wohl ein Rätsel bleiben.

Das ist mir zu erklärend. Und auch zu unnötig. Manchmal sinken Schiffe halt. Ohne diese Zeilen hätte ich mir als Leser gar keine Gedanken darüber gemacht, warum das Schiff gekentert ist.

Dennoch beschlich Martine eine leichte Unruhe. Was war das? Vorfreude oder gar Euphorie? Nein, die war Minuten nach ihrem Fund schon verflogen. Vielmehr spürte sie erneut Verunsicherung, dieses merkwürdige Bauchgefühl, das sie beim Freilegen der Flaschen im Schlick überkommen hatte. Als habe sie außer Schlamm noch etwas aufgewühlt. Etwas, das unter Schlick besser aufgehoben war als im Sonnenlicht.

Das Bergen der Flaschen klingt irgendwie interessanter als die eigentliche Handlung in dem Moment. Martine wartet hier ja im Prinzip nur ab, steigt hin und wieder mal ein paar Meter auf. Ich glaube, wärest du direkt mit dem Ausbuddeln der Flaschen in die Geschichte gestartet, wäre der Anfang der Geschicht etwas interessanter/spannender ausgefallen. Den Aufstieg zur Oberfläche hättest du ja dann überspringen können.

Die vollen Lippen, die abstehenden Ohren und seine braunen Glubschaugen waren - einzeln betrachtet - beinahe abstoßend und gaben ihm etwas von einem Fisch, doch sobald er anfing, zu reden und sein Gesicht in Bewegung geriet, änderte sich das. Dann lag seine Seele auf der Zunge und er brauchte nur wenige Worte, um den Kern der Dinge zu erfassen. Das imponierte Martine.
Nicht zuletzt fühlte sie sich von ihm gesehen, auf eine stille, selbstgenügsame Art.
Doch in den letzten Tagen war da noch mehr. Sie meinte, ein stilles Begehren in seinem Blick auszumachen. Und auch, wenn sie es zu ignorieren versuchte, fühlte sie sich mehr und mehr zu ihm hingezogen, zu seinem klugen Blick im gegerbten, unförmigen Gesicht. Der Halunke durfte es nur nicht wissen!

Sehr expositorisch das ganze. Du wirfst es uns hin und jetzt wissen wir, was zwischen den beiden läuft. Kann man machen. Allerdings frage ich mich, ob es nicht spannender für mich als Leser gewesen wäre, das Verhältnis zwischen den beiden selbst zu ergründen. Ich denke, ich hätte es angenehmer gefunden, wären die hier ausgelegten Fakten im Verlaufe des Texts innerhalb der Interaktionen der beiden Figuren nach und nach zum Vorschein gekommen.

John schwenkte ihn wie einen Degen und imitierte Fechtbewegungen in ihre Richtung. Martine brauchte nur eine Sekunde, bevor sie parierte.

Ist das nicht ziemlich langsam? Zumindest wenn gemeint ist, dass sie die Fechtbewegungen pariert. Bin mir nicht sicher, ob nicht eher das Verbale gemeint ist.

Auch wenn sie es nicht zeigen würde, sie mochte die Art, wie er sie ansah.

Der Satz ist eigentlich ganz schön, aber eben redundant, weil du uns ja weiter oben diesen Expositionsblock gegeben hast, in dem du schon ausführlich erklärst, wie Martine John gegenüber fühlt. Dort steht sogar effektiv das gleiche wie hier: "Der Halunke durfte es nur nicht wissen!" Du könntest den obigen Satz natürlich einfach streichen, aber ich würde mir eher Gedanken machen, ob du nicht stattdessen lieber den Expositionsblock loswerden willst.

Mit provozierender Langsamkeit zögerte sie die Prozedur hinaus. Zwischendurch zischte sie ein »Erbsenfresser« in seine Richtung, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.

Es ist klar, dass ihre Beleidigungen scherzhaft gemeint sind. Deswegen irritiert mich der Gegensatz, der in dem markierten Nebensatz kreiert wird. Mein Vorschlag wäre: "... und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen." Alternativ könntest du den Nebensatz auch einfach streichen, denn, wie gesagt, es ist eigentlich klar, dass ihre Bemerkungen Spaß sind. Da ist das Lächeln ja impliziert.

John selbst bewohnte die ober Etage.

Der Satz kommt mir überflüssig vor. Dadurch ist nichts gewonnen.

Sie hatte schon auf der ganzen Welt getaucht, doch hier war es speziell. Irgendetwas zog sie an diesen Fleck und ließ sie nicht mehr gehen. Und das war nicht nur ihre Liebe zum Wasser oder die Nähe von John. Es war das zwingende Bedürfnis, auf dem Meeresboden zu suchen, gepaart mit einer eigentümlichen Vorahnung, dort etwas zu finden.

Diese Erklärung finde ich merkwürdig. Zunächst einmal: Natürlich kann ihre Liebe zum Wasser nicht das sein, was diesen Ort speziell macht. Denn Wasser gibt es ja auch an allen anderen Orten, an denen sie schon getaucht hat. Und dann kommt das "zwingende Bedürfnis, auf dem Meeresboden zu suchen". Da bin ich mir jetzt halt nicht sicher. Ist das hier jetzt das erste Mal, dass sie auf Schatzsuche geht? Wenn ja, könnte ich nachvollziehen, weshalb dieses Bedürfnis ein Faktor dabei ist, diesen Ort als speziell zu bezeichnen. Wenn nicht, dann nicht, denn dann wäre das ja wiederum kein Alleinstellungsmerkmal.

Er stieß einen bewundernden Pfiff aus, der Martine bei jedem anderen Mann gestört hätte – nicht so bei John.

Das Fettmarkierte kannst du getrost streichen.

Martine setzte sich in den Deckchair und zog mit der Ferse den Korb mit den Mitbringseln herüber.

Das klingt nicht besonders geschmeidig. Vielleicht kannst du dir ein anderes Wort für Mitbringsel überlegen und statt "mit der Ferse" könntest du sowas schreiben wie: "... nutzte ihre Ferse, um den Korb heranzuziehen."

Ein angelaufenes, verkrustetes Stück Messing mit elegantem Griff. Als sie ihn vorsichtig zwischen den Fingern rieb, lösten sich die Krusten.

doppeltgemoppelt

Johns Sandalen schlurften über den steinernen Küchenboden.

Ungenau. Die Sandalen schlurfen ja nicht von allein.

Martine schwenkte die tiefgrüne Flüssigkeit vor ihren Augen, roch daran und schloss die Augen. Der Geruch war betörend.

Auch wieder doppeltgemoppelt. "roch daran" könnte im Prinzip einfach weg. Oder statt vor die Augen, könnte sie das Glas auch "unter ihre Nase" halten.

Ihre Hand führte das Glas an die Lippen, die es dankbar aufnahmen.

So klingt es, als würde die Flüssigkeit in die Lippen eindringen. Aber du meinst ja, dass der Mund die Flüssigkeit aufnimmt.

Ruckartig setzte sie sich auf und schaute an sich herab

hinab

Von der Decke herab schwebten rote Hängelampe mit goldfarbenen, verdrillten Fransen.

Hängelampen

Ungläubig murmelte er: »Wie kann jemand von einem winzigen Schluck Alkohol so betrunken sein?« Es war nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern aufrichtig erstaunt.

Die Erklärung finde ich überflüssig. Wenn du es richtig machst, brauchst du sie nicht. Dann wird auch so klar, wie John seine Worte meint.

Vielleicht genügte ein langer Schlaf und am nächsten Morgen ist alles wieder im Lot
, dachte John.

genügt

John nahm die schlafende Martine auf die Arme, trug sie in ihr Zimmer und legte sie auf dem Bett ab, als wäre sie zerbrechlich.

Den Zusatz finde ich ebenfalls überflüssig. Zumal ich nicht verstehe, was er ausdrücken soll. Also, ich meine, ich erahne es. Er legt sie vermutlich ganz vorsichtig ab. Aber dieser Zusatz hängt da irgendwie so kontextlos rum, scheint eher zu bedeuten, dass jemand oder etwas, der/das zerbrechlich ist, generell auf ein Bett gelegt werden müsste.

Mit einem Kuss auf die heiße Stirn deckte er sie zu.

Das klingt so, als würde der Kuss sie zudecken. Wohl kaum.

Unmöglich von ihm, denn er immer auf, dass sie nichts abbekam.

Da fehlt ein Wort.

Allgemein hat mir der Text gut gefallen, aber meiner Meinung nach gibt es durchaus noch ein paar Baustellen. Sprachlich ist die Geschichte nicht immer einwandfrei. Der Einstieg hätte einnehmender sein können.

Die anderen Kommentare habe ich mir nicht durchgelesen, aber einige derjenigen, die auf der ersten Seite zu finden sind, habe ich, kurz nachdem sie eingegangen waren, überflogen und ich meine mich zu erinnern, dass der Gebrauch von Adjektiven kritisiert wurde. Ich kann nicht beurteilen, in wie weit du den Text in der Hinsicht bereits überarbeitet hast, allgemein muss ich aber sagen, dass dies ein Punkt ist, der mich nicht gestört hat. Gerade in der Traumsequenz nutzt du aussagekräftige Adjektive, die dabei helfen, eine mysteriöse und rauchige Atmosphäre zu schaffen. Nur im Einzelnen sind mir ein paar Momente aufgefallen, in denen du Adjektive hättest streichen können. Ein Beispiel wäre:

»Kann ich das Bild mal sehen?«, fragte sie in den allgemeinen Lärm hinein.

Das Adjektiv kann hier auch einfach weg und es würde nichts fehlen. Im Gegenteil, es würde den Satz besser machen. Auf solche Stellen würde ich achten, aber ich bin nicht der Meinung, dass es davon übermäßig viele gibt.

Den Plot fand ich vorhersehbar, aber nicht unangenehm. Zuerst fühlt sich Martine beim Bergen der Flaschen irgendwie merkwürdig, dann trinkt sie was von dem Zeug und hat einen komischen Traum, dann findet sie heraus, dass ihr Traum womöglich mehr zu bedeuten hat als ihr lieb ist. Der letzte Teil war im Prinzip mit Beginn des Traums klar. Er muss noch irgendeine Konsequenz für ihr reales Leben haben. Also ja, vorhersehbar alles, aber der Sache durchaus dienlich. Ich denke, dein Hauptaugenmerk lag auf dem Traum selbst und der Stimmung, die du dabei vermitteln wolltest. In der Hinsicht würde ich sagen: Mission accomplished.

Du könntest noch darüber nachdenken, ob es wirklich notwendig ist, nach dem Traum für kurze Zeit in Johns Perspektive zu schlüpfen. Außer dass wir mitkriegen, wie er die alte Flasche wegwirft, wird dadurch nichts gewonnen. Zumindest nichts, das ich erkennen kann. Vielleicht wäre es ja auch ganz interessant, wenn Martine die zerbrochene Flasche bewusst wahrnimmt, ohne dass sie oder wir als Leser mitbekommen hätten, wie die Flasche dort gelandet ist?

Also ja, ich sehe durchaus noch Verbesserungspotential, aber im Allgemeinen hat mir der Text gefallen. Gerne gelesen.

Liebe Grüße
Mix

 

Hallo @Mix,
mal schauen, was du so schreibst.

Was steckte hinter dem Kentern des Boots? Die Gewässer um Chatvert waren nicht sonderlich rau oder gefährlich. In den Seekarten war kein Riff verzeichnet. Zudem hatte sich dieser Bootstyp bewährt und wurde in abgeänderter Form auch heute noch gebaut. Der Untergang würde wohl ein Rätsel bleiben.
Das ist mir zu erklärend. Und auch zu unnötig. Manchmal sinken Schiffe halt. Ohne diese Zeilen hätte ich mir als Leser gar keine Gedanken darüber gemacht, warum das Schiff gekentert ist.
Jo, dann wäre aber der Traumeinschub mit Martines Lachen gegen den Sturm nicht eingebettet. So wird die Andeutung als Tschechows Gewehr (danke Novak!) später abgefeuert.

Das Bergen der Flaschen klingt irgendwie interessanter als die eigentliche Handlung in dem Moment. Martine wartet hier ja im Prinzip nur ab, steigt hin und wieder mal ein paar Meter auf. Ich glaube, wärest du direkt mit dem Ausbuddeln der Flaschen in die Geschichte gestartet, wäre der Anfang der Geschicht etwas interessanter/spannender ausgefallen. Den Aufstieg zur Oberfläche hättest du ja dann überspringen können.
Mir geht es um die Gedanken und Betrachtungen, die sie dabei hat und um ihre unerklärliche Unruhe.

Sehr expositorisch das ganze. Du wirfst es uns hin und jetzt wissen wir, was zwischen den beiden läuft. Kann man machen. Allerdings frage ich mich, ob es nicht spannender für mich als Leser gewesen wäre, das Verhältnis zwischen den beiden selbst zu ergründen. Ich denke, ich hätte es angenehmer gefunden, wären die hier ausgelegten Fakten im Verlaufe des Texts innerhalb der Interaktionen der beiden Figuren nach und nach zum Vorschein gekommen.
Okay, das würde auch gehen, ich bin aber sehr froh, dass das Verhältnis der Beiden in der überarbeiteten Fassung halbwegs plausibel ist, deshalb werde ich wohl an der Stelle das Schnippseln lassen.

John schwenkte ihn wie einen Degen und imitierte Fechtbewegungen in ihre Richtung. Martine brauchte nur eine Sekunde, bevor sie parierte.
Ist das nicht ziemlich langsam? Zumindest wenn gemeint ist, dass sie die Fechtbewegungen pariert. Bin mir nicht sicher, ob nicht eher das Verbale gemeint ist.
Sie ist ja überrascht und muss erst mal verstehen was sie sieht und dann schnell reagieren.
Beim Autofahren beträgt die Zeit vom Wahrnehmen des Hindernisses bis zum Einleiten des Bremsvorgangs ungefähr eine Sekunde. Deshalb finde ich die Zeit hier passend, egal, ob sie pariert oder eine verbale Riposte (so meinte ich es) gemeint ist.

Mit provozierender Langsamkeit zögerte sie die Prozedur hinaus. Zwischendurch zischte sie ein »Erbsenfresser« in seine Richtung, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.
Es ist klar, dass ihre Beleidigungen scherzhaft gemeint sind. Deswegen irritiert mich der Gegensatz, der in dem markierten Nebensatz kreiert wird. Mein Vorschlag wäre: "... und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen." Alternativ könntest du den Nebensatz auch einfach streichen, denn, wie gesagt, es ist eigentlich klar, dass ihre Bemerkungen Spaß sind. Da ist das Lächeln ja impliziert.
Habe ich ausprobiert, gefällt mir aber nicht, sorry.


John selbst bewohnte die ober Etage.
Der Satz kommt mir überflüssig vor. Dadurch ist nichts gewonnen.
Gebe dir recht, er ist weg.

Sie hatte schon auf der ganzen Welt getaucht, doch hier war es speziell. Irgendetwas zog sie an diesen Fleck und ließ sie nicht mehr gehen. Und das war nicht nur ihre Liebe zum Wasser oder die Nähe von John. Es war das zwingende Bedürfnis, auf dem Meeresboden zu suchen, gepaart mit einer eigentümlichen Vorahnung, dort etwas zu finden.
Diese Erklärung finde ich merkwürdig. Zunächst einmal: Natürlich kann ihre Liebe zum Wasser nicht das sein, was diesen Ort speziell macht. Denn Wasser gibt es ja auch an allen anderen Orten, an denen sie schon getaucht hat. Und dann kommt das "zwingende Bedürfnis, auf dem Meeresboden zu suchen". Da bin ich mir jetzt halt nicht sicher. Ist das hier jetzt das erste Mal, dass sie auf Schatzsuche geht? Wenn ja, könnte ich nachvollziehen, weshalb dieses Bedürfnis ein Faktor dabei ist, diesen Ort als speziell zu bezeichnen. Wenn nicht, dann nicht, denn dann wäre das ja wiederum kein Alleinstellungsmerkmal.
Das ist die Vorbereitung auf das Kommende. Wenn die Traumsequenz im Salon, sprich der Blick in ihre Vergangenheit, nicht angedeutet und eingebunden wird, wirkt es willkürlich. In manchen Filmen oder Games bricht der Prot dann in den Boden ein und befindet sich schwupps in einer neuen Welt. Finde das immer unbefriedigend, weil es zu einfach ist.

Er stieß einen bewundernden Pfiff aus, der Martine bei jedem anderen Mann gestört hätte – nicht so bei John.
Das Fettmarkierte kannst du getrost streichen.
Okay, getan.

Martine setzte sich in den Deckchair und zog mit der Ferse den Korb mit den Mitbringseln herüber.
Das klingt nicht besonders geschmeidig. Vielleicht kannst du dir ein anderes Wort für Mitbringsel überlegen und statt "mit der Ferse" könntest du sowas schreiben wie: "... nutzte ihre Ferse, um den Korb heranzuziehen."
Hab Fundstücke aus den Mitbringseln gemacht.

Ein angelaufenes, verkrustetes Stück Messing mit elegantem Griff. Als sie ihn vorsichtig zwischen den Fingern rieb, lösten sich die Krusten.
doppeltgemoppelt
jo, geändert.

Martine schwenkte die tiefgrüne Flüssigkeit vor ihren Augen, roch daran und schloss die Augen. Der Geruch war betörend.
Auch wieder doppeltgemoppelt. "roch daran" könnte im Prinzip einfach weg. Oder statt vor die Augen, könnte sie das Glas auch "unter ihre Nase" halten.
aus dem ersten roch ist schnupperte geworden. Vom Rhythmus her will ich es so lassen.

Ihre Hand führte das Glas an die Lippen, die es dankbar aufnahmen.
So klingt es, als würde die Flüssigkeit in die Lippen eindringen. Aber du meinst ja, dass der Mund die Flüssigkeit aufnimmt.
Nee du, die Lippen nehmen nur das Glas auf. Dass die Lippen die Flüssigkeit nicht aufnehmen ist mMn klar.

Ruckartig setzte sie sich auf und schaute an sich herab
Was ist falsch an herab?

Von der Decke herab schwebten rote Hängelampe mit goldfarbenen, verdrillten Fransen.
Hängelampen
Yes

Vielleicht genügte ein langer Schlaf und am nächsten Morgen ist alles wieder im Lot, dachte John.
genügt
Yes

John nahm die schlafende Martine auf die Arme, trug sie in ihr Zimmer und legte sie auf dem Bett ab, als wäre sie zerbrechlich.
Den Zusatz finde ich ebenfalls überflüssig. Zumal ich nicht verstehe, was er ausdrücken soll. Also, ich meine, ich erahne es. Er legt sie vermutlich ganz vorsichtig ab. Aber dieser Zusatz hängt da irgendwie so kontextlos rum, scheint eher zu bedeuten, dass jemand oder etwas, der/das zerbrechlich ist, generell auf ein Bett gelegt werden müsste.
Yes

Unmöglich von ihm, denn er immer auf, dass sie nichts abbekam.
Da fehlt ein Wort.
Ja, das "passte" ist beim Schnippseln verlorengegangen. Ist wieder da.

Die anderen Kommentare habe ich mir nicht durchgelesen, aber einige derjenigen, die auf der ersten Seite zu finden sind, habe ich, kurz nachdem sie eingegangen waren, überflogen und ich meine mich zu erinnern, dass der Gebrauch von Adjektiven kritisiert wurde. Ich kann nicht beurteilen, in wie weit du den Text in der Hinsicht bereits überarbeitet hast, allgemein muss ich aber sagen, dass dies ein Punkt ist, der mich nicht gestört hat. Gerade in der Traumsequenz nutzt du aussagekräftige Adjektive, die dabei helfen, eine mysteriöse und rauchige Atmosphäre zu schaffen. Nur im Einzelnen sind mir ein paar Momente aufgefallen, in denen du Adjektive hättest streichen können.
Bei allen meinen Geschichten bekomme ich negative Rückmeldungen zu den Adjektiven. Da mir die hohe Schule der Schreibkonventionen egal ist, lasse ich mich aber nicht von meiner Art zu schreiben abbringen. Denn es gibt zum Glück genügend Leser, denen es so gefällt und ich müsste mich zwingen, es anders zu machen, was ich nicht will.

Den Plot fand ich vorhersehbar, aber nicht unangenehm. Zuerst fühlt sich Martine beim Bergen der Flaschen irgendwie merkwürdig, dann trinkt sie was von dem Zeug und hat einen komischen Traum, dann findet sie heraus, dass ihr Traum womöglich mehr zu bedeuten hat als ihr lieb ist. Der letzte Teil war im Prinzip mit Beginn des Traums klar. Er muss noch irgendeine Konsequenz für ihr reales Leben haben. Also ja, vorhersehbar alles, aber der Sache durchaus dienlich. Ich denke, dein Hauptaugenmerk lag auf dem Traum selbst und der Stimmung, die du dabei vermitteln wolltest. In der Hinsicht würde ich sagen: Mission accomplished.
Mich beschleicht der Verdacht, dass du den aktuellsten Schluss und den zuletzt hinzugefügten Sturm-Einschub noch nicht gelesen hast? ;) Denn gerade mit dem neuen Schluss ist klar, dass sie und ihr Leben sich nach dem Traum verändern werden.

Danke, Mix, für deinen Leseeindruck und deine intensive Textarbeit, auch wenn ich nicht alles genommen habe, hat mich das Nachdenken darüber weitergebracht.

Peace, Linktofink

 

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