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L’heure verte

Monster-WG
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04.03.2018
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L’heure verte

Martine zog zweimal an der Leine und ließ los, sobald sich die Fracht ruckartig in Bewegung setzte. Begleitet von Luftblasen aus der Atemmaske trat der Netzbeutel mit seiner Fracht die Reise zur Oberfläche an. Flirrende Sonnenstrahlen blitzten durch die grünen Flaschen, bevor sie im Schatten des Bootes verschwanden.
Zwei der fünf Flaschen waren noch verkorkt und mit Wachs versiegelt. Martine fragte sich, ob der Inhalt die Jahre unter Wasser unbeschadet überstanden hatte. Die Etiketten waren schon lange verschwunden und das Glas hatte weder einen Stempel, noch eine charakteristische Form, die auf den Inhalt schließen ließ. Dennoch hatte Martine eine Idee.
Nach einem Blick auf ihren Tauchcomputer stieg sie langsam in fünfzehn Meter Tiefe auf und hielt sich am Seil fest. Sie war knapp vor Reserve, doch es würde ausreichen.
Von hier oben war das schmale Wrack auf dem Meeresboden noch schemenhaft zu erkennen. Die Überreste einiger Querspanten ragten aus dem grauen Schlick und deuteten vage die Kontur des klassischen Seglers an. Wie ein eingedrückter Brustkorb, dachte Martine. Dort im Innern, wo sie gebuddelt hatte, türmte sich noch der Schlamm zu kleinen Haufen. Wenige Gezeiten später würde alles wieder glatt sein.

Was steckte hinter dem Kentern des Boots? Die Gewässer um Chatvert waren nicht sonderlich rau oder gefährlich. In den Seekarten war kein Riff verzeichnet. Zudem hatte sich dieser Bootstyp bewährt und wurde in abgeänderter Form auch heute noch gebaut. Der Untergang würde wohl ein Rätsel bleiben.
Routiniert flipperte sie am Seil hoch, hielt in fünf Metern Tiefe erneut und nahm die Zeit. Drei Minuten, bevor sie endgültig auftauchen durfte. Durch einen kurzen Ruck an der Leine signalisierte sie John, dass unten bei ihr alles in Ordnung war.
Dennoch beschlich Martine eine leichte Unruhe. Was war das? Vorfreude oder gar Euphorie? Nein, die war Minuten nach ihrem Fund schon verflogen. Vielmehr spürte sie erneut Verunsicherung, dieses merkwürdige Bauchgefühl, das sie beim Freilegen der Flaschen im Schlick überkommen hatte. Als habe sie außer Schlamm noch etwas aufgewühlt. Etwas, das unter Schlick besser aufgehoben war als im Sonnenlicht.

Erleichtert stieß sie durch die Oberfläche. Sie hatte es eilig, aus dem Wasser zu kommen. John reichte ihr die Hand und zog sie an Deck. Als sie saß, half er ihr, die Scuba-Flasche abzulegen. Wie üblich ragte der Rest einer Kippe aus seinem wuchernden Bart und auch wenn sie es nicht zeigen würde, sie freute sich jedes Mal, ihn zu sehen.
Die vollen Lippen, die abstehenden Ohren und seine braunen Glubschaugen waren - einzeln betrachtet - beinahe abstoßend und gaben ihm etwas von einem Fisch, doch sobald er anfing, zu reden und sein Gesicht in Bewegung geriet, änderte sich das. Dann lag seine Seele auf der Zunge und er brauchte nur wenige Worte, um den Kern der Dinge zu erfassen. Das imponierte Martine.
Nicht zuletzt fühlte sie sich von ihm gesehen, auf eine stille, selbstgenügsame Art.
Doch in den letzten Tagen war da noch mehr. Sie meinte, ein stilles Begehren in seinem Blick auszumachen. Und auch, wenn sie es zu ignorieren versuchte, fühlte sie sich mehr und mehr zu ihm hingezogen, zu seinem klugen Blick im gegerbten, unförmigen Gesicht. Der Halunke durfte es nur nicht wissen!

»Was haben wir?«, fragte Martine.
»Och, einen Haufen ganz toller Sachen: extraordinäres Altglas, ein paar kaputte Teller und dazu noch einen zerfressenen Löffel.« John schwenkte ihn wie einen Degen und imitierte Fechtbewegungen in ihre Richtung. Martine brauchte nur eine Sekunde, bevor sie parierte.
»Noch nie gesehen, he? Das ist ein Absinthlöffel, du Oberschlaumeier. Aber davon habt ihr Inselaffen natürlich keine Ahnung!«
Sie erntete ein gutmütiges Lachen. John ergab sich mit erhobenen Händen und legte den Löffel zurück. Mit gespielter Empörung wandte sich Martine ab und schälte sich aus dem Neoprenanzug. John schaute ihr dabei zu. Sie spürte seine Blicke im Rücken. Auch wenn sie es nicht zeigen würde, sie mochte die Art, wie er sie ansah. Mit provozierender Langsamkeit zögerte sie die Prozedur hinaus. Zwischendurch zischte sie ein »Erbsenfresser« in seine Richtung, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.

Martine hatte die Nase voll von gutaussehenden Skippern, ihren aufgepumpten Muskeln und ihrem angestrengten Geschwätz in Strandbars. John war anders, so wohltuend anders. Deshalb hatte sie ihn zu Beginn des Sommers gebucht. Und deshalb wohnte sie in einem Zimmer bei ihm im alten Leuchtturm.
Sie hatte schon auf der ganzen Welt getaucht, doch hier war es speziell. Irgendetwas zog sie an diesen Fleck und ließ sie nicht mehr gehen. Und das war nicht nur ihre Liebe zum Wasser oder die Nähe von John. Es war das zwingende Bedürfnis, auf dem Meeresboden zu suchen, gepaart mit einer eigentümlichen Vorahnung, dort etwas zu finden.
Martine verschwand zum Umziehen unter Deck. Sie hörte, wie John sich am Anker zu schaffen machte und das Großsegel setzte. Ächzend krängte das Boot und drehte in den Wind.
Als sie die Stufenleiter wieder hochstieg, trug sie ein geknotetes rotes Top und eine passende Bikini-Hose. Ganz ungeniert schaute John auf ihre braungebrannten Beine, bevor der Blick höher wanderte. Er stieß einen bewundernden Pfiff aus, der Martine bei jedem anderen Mann gestört hätte. Sie wusste, er schätzte, was er sah, und sie genoss das Gefühl, begehrt zu werden. Dennoch schnitt sie eine Grimasse und blaffte ihn an. »Glotz woanders hin, Bajazzo!«
Doch John lachte nur unbeeindruckt. Wie so oft hatte er sie durchschaut.

Es versprach, ein schöner Abend zu werden. Sie würden essen, danach lange auf der Terrasse vor dem Leuchtturm sitzen und zusehen, wie das Meer die Sommersonne verschluckte. Und danach – Ende offen, dachte Martine mit einem Lächeln und genoss das Kribbeln in ihrem Bauch.
Nach dem Einlaufen in die Marina von La Saline vertäute John das Boot am Anleger. Martine deponierte den Anzug unter Deck und nahm die Wechselflasche mit zum Auto. Neben ihr klemmte John den Wäschekorb mit den geborgenen Schätzen vor seinen Bauch und jonglierte mit seiner Zunge die Kippe in den anderen Mundwinkel, wo ihm der Rauch nicht so sehr in die Nase stieg. Martine lachte laut, sie konnte nicht anders, der Anblick war zu komisch. Doch John war niemand, der ein Lachen übelnahm. Vielmehr quittierte er es mit einem Zwinkern, hob seine buschigen Augenbrauen und kaute weiter auf der Zigarette.

Zurück im Leuchtturm am Ende der Klippen deckte Martine klappernd den Tisch und legte das Sommeliermesser bereit. Für später. Vielleicht. John zauberte in der Küche einen seiner Sommersalate. Er war ein wahrer Künstler im Umgang mit Olivenöl, Balsamico, frischen Kräutern und dem, was auf der Insel an Grünzeug verfügbar war.
Martine setzte sich in den Deckchair und zog mit der Ferse den Korb mit den Fundstücken herüber. Auf den Tellern lag immer noch der Löffel. Ein angelaufenes, verklumptes Stück Messing mit elegantem Griff. Als sie ihn vorsichtig zwischen den Fingern rieb, lösten sich die Krusten.
Das Blatt wies symmetrische Ausstanzungen und Schlitze auf. Woher sie wusste, wofür sie da waren – sie hatte keine Ahnung. Gedankenverloren legte sie den Löffel auf den Tisch und stellte eine der verkorkten Flaschen daneben.
Johns Sandalen schlurften über den steinernen Küchenboden. Ab und an klapperte er mit dem Salatbesteck. Dabei pfiff er frei improvisierend ein altes Gitarrensolo von Santana mit, das gerade im Inselradio lief. Es konnte noch eine Weile dauern. John hatte wie immer Zeit.

Martine ließ den Blick durch die Bucht gleiten hinüber zur Marina. Das unruhige Wasser war gespickt mit verblichenen Bojen und bunt gefleckten Segeln. Dazwischen hüpften weiße Wellenkämme um die Wette. Am wolkenlosen Himmel rangen Horden von Möwen zappelnd um den besten Wind. Ihr entferntes Gekreische klang für sie wie Musik.
Martine hielt die grüne Flasche vor die Sonne. Wieder machte sich dieses merkwürdige Gefühl in ihrem Bauch breit. Sie nahm das Sommeliermesser und kratzte das Wachssiegel auf. Entgegen ihrer Erwartung bot der Korken wenig Widerstand. Sie ließ ihn auf der Metallspirale stecken und roch vorsichtig daran. Ein stechender Duft nach Anis und Kräutern zog ihr in die Nase. Absinth, wie sie erwartet hatte.
Mit ruhiger Hand schenkte sie einen Schluck in das Wasserglas. Martine schwenkte die tiefgrüne Flüssigkeit vor ihren Augen, schnupperte daran und schloss die Augen. Der Geruch war betörend. Für einen Moment übernahm er das Kommando. Ihre Hand führte das Glas an die Lippen, die es dankbar aufnahmen. Als das grüne Feuer ihren Hals hinabrann, erhob sich über dem Möwengeschrei ätherisches Feengelächter.

Jemand klopfte ihr mit der flachen Hand auf die Wange. Nicht besonders schmerzhaft, nur gerade so fest, dass sie davon wach wurde. »John, lass das.«
Als sie die Augen öffnete, verflog ihr Ärger blitzartig. Sie sah in das Gesicht einer unbekannten Frau mit Hochsteck-Frisur und übertrieben geschminkten Lippen. Die Frau ergriff mit einem schwarzen Samthandschuh ihr Kinn und redete lebhaft auf sie ein.
Martine hörte nicht zu. Sie konnte nicht, denn sie hatte das Gefühl, zu ersticken, weil der Sauerstoff nicht reichte. Nicht für sie. Sie schlug die Hand weg und schnappte nach Luft. Zwang sich, ruhig zu atmen. Ein. Aus. Wie beim Tauchen. Ein. Aus.
Was geht hier vor? Was hat der Skipper vom Leuchtturm mit mir gemacht?, dachte Martine, als der Kopf wieder funktionierte. Ruckartig setzte sie sich auf und schaute an sich herab. Ihre Hände raschelten über ein Seidenkleid. In einem tiefen opalgrün. Größer konnte der Kontrast nicht sein zu dem weinroten Sofa, auf dem sie lag. Unten war das Kleid gerafft und mit einem aufgeplusterten, weißen Unterrock ausstaffiert. Gerade noch ragten die Spitzen ihrer blanken, schwarzen Lederstiefeletten hervor. Durch die Lücke zwischen ihnen sah sie einen klein gewachsenen, schlecht rasierten Mann mit vollen Lippen, der sie über seine Brille hinweg musterte. Mit runden, warmen Augen unter dichten Brauen.
Er trug ein weißes Hemd und darüber eine zugeknöpfte Weste. Die Melone auf seinem Kopf tanzte, wenn er sich bewegte, fiel jedoch nicht herunter. Das verhinderten die abstehenden Ohren.
Noch auffälliger als seine gedrungene Hässlichkeit waren Kohlestift und Block, die er in den Händen hielt.
»Madame Loreen, bitte wieder hinlegen und schön den Kopf auf den Arm ...«
Martine ignorierte ihn und ließ den Blick schweifen. Dicke schwülstige Vorhänge, florale Wandmalerei, goldene Säulen an jeder Ecke, die Männer mit Frack und Hut, die Frauen leicht bekleidet. Sie war in einem Salon des Fin de Siècle. Welch ein schöner Traum.
»Loreen, Lulu, mon amour, du schaust dich ja um, als wärst du zum ersten Mal hier.« Der Maler hielt die Hände jetzt vorwurfsvoll ausgebreitet und hob die Schultern. Dazu ein heiseres Auflachen, das ihr bekannt vorkam.

Martine kam nicht dazu, zu antworten, denn ein Garçon schritt in die Mitte des Raumes und nahm mit seinen weißen Handschuhen eine bestielte Glocke von einem ovalen Silbertablett. Dreimal ließ er sie schellen und näselte manieriert: »L'heure verte au Chat vert est arrivée.«
Jubel brandete auf, Hüte flogen durch die Luft und hektisch versammelten sich die Gäste an den runden Tischen. Martine wurde von dem kleinen Maler zu einem der Tische gezogen und fand sich in Gesellschaft ihrer unbekannten Freundin vom roten Sofa wieder. Sie hatte das Reden eingestellt und linste sie mit einem säuerlichen Lächeln von der Seite her an.
Eine Karawane von Bediensteten brachte Wasserspender, Gläsertabletts, Zuckertöpfe und grün befüllte Flaschen, die Martine sehr bekannt vorkamen. Von der Decke herab schwebten rote Hängelampen mit goldfarbenen, verdrillten Fransen. Die gläsernen Wasserspender, in denen dicke Eisbrocken schwammen, wurden direkt darunter platziert. Mit dem Rest wurden akribisch die Plätze eingedeckt.
Der Maler stellte ein Glas in Tulpenform unter einen der Hahnauslässe und seine knubbelige Hand balancierte einen spatelförmigen, geschlitzten Löffel quer auf den Rand. Ein Stück Zucker landete auf dem Metall und die Samthand ihrer Stuhlnachbarin öffnete den Hahn. Tropfen für Tropfen rann das Eiswasser über den Zucker in den grünen Bodensatz und zog Schlieren in einem milchigen Türkis durch das Gemisch. "Louche", murmelte jemand hinter ihr.
Reihum taten es ihr die anderen Gäste gleich, öffneten die Hahnauslässe und der frische, wermutbittere Duft vertrieb die Rauchschwaden aus ihren Nasen.

Der Maler, der von allen nur Henri genannt wurde, hatte sich zum Nachbartisch umgedreht. Dort war er in ein angeregtes Gespräch mit einem hohlwangigen Typ vertieft, von dessen linkem Ohr ein Stück fehlte. Als sie dessen irren Blick spürte, schaute sie schnell zur anderen Seite.
Ihre Freundin, deren Namen sie nicht kannte, amüsierte sich mit einem bärtigen Kapitän. Fetzen eines Gesprächs über Segelschiffe und karge Inseln vor der französischen Atlantikküste flogen zu ihr herüber.
Martine tippte dem Maler auf den Arm, bis er sich mit ruckelnder Melone umwandte. "Oui?"
»Kann ich das Bild mal sehen?«, fragte sie in den allgemeinen Lärm hinein. Dunkle runde Augen nahmen sie fragend in den Fokus. »Loreen, chérie, du weißt doch, das ist nur die Vorskizze.«
Sollte ihr das etwas sagen?
»Kannst du es mir trotzdem zeigen, s´il te plaît? Bitte, Henri, mir zuliebe ...« Sie fabulierte ins Blaue, aber es wirkte. Wortlos zog der Maler seinen Block hervor und schlug das Deckblatt nach hinten. Er zögerte einen Moment, dann hielt er ihr die Zeichnung hin.
Martine sah zwei Frauen auf dem Sofa liegen. Die Pose war lässig bis nonchalant. Martine erschrak, als sie sich erkannte. Der Maler hatte ihr Gesicht sehr gut getroffen und hatte etwas eingefangen, was genau so flüchtig war wie der Absinthdunst, in dem sie saßen. Sie schaute in einen Spiegel ihrer Seele.
Ihr einst kindlicher Trotz, der mit den Jahren zu der Chuzpe wuchs, die sie ihr Leben ertragen ließ, war auf Papier gebannt. Und das hatte er mit nur wenigen entlarvenden Kohlestrichen geschafft. Jeder von ihnen saß. Alles war da. Nichts hätte man weglassen dürfen und nur wenig mehr hinzufügen. Martine fühlte sich überwältigt, erschrocken, entblößt.
»Lulu, wie sie leibt und lebt.« In Henris Stimme schwang warme Zuwendung mit, wenn nicht mehr. Er nahm sein milchiggrünes Glas und hob es zur Decke. Mit fester Stimme rief er: »Santé, meine grüne Fee …«, und ihre Tischgenossen taten es ihm gleich. »Chin-chin, Loreen.«
Martine spürte, wie ihre Wangen rot anliefen. Verschämt nahm sie ihr mittlerweile halb gefülltes Glas und nahm einen tiefen Schluck. Der Lärm verebbte, machte Platz für ein ätherisches Lachen. Ein grüner Vorhang schob sich vor ihren Verstand.

Ich stehe vorne im Bug und schleudere es hinaus in den Sturm, mein ungezähmtes Lachen, schrill und scharf. Die Gewalt des Wassers ist nicht aufzuhalten von morschen Planken oder einem Kapitän, der verzweifelt am Ruder reißt. Der hilflos versucht, das Unheil abzuwenden für die Drei, die sich an Seile krallen. Ich sehe mit Genugtuung: Nasse Samthandschuhe sind dabei. Höre nicht auf, zu lachen. Meine Waffe. Je lauter ich lache, desto wilder antwortet der Ozean. Will mich mit hohen Wellen ohrfeigen. Der Sturm heult, der Ozean tobt, dass uns die Seele schlottert. Begräbt uns unter Wassermassen, bis das Boot aufgibt und sich zur Seite neigt. Ich lache weiter. Nie gebe ich auf, nie, nie, nie. Hohle Augen flehen mich an. Dahinter schüttelt der Kapitän seine Faust und schreit so laut, dass ich es durch den Sturm verstehe: »Verflucht sollst du sein, grüne Hexe.«

»Martine ..., wach auf, Martine.«
Als sie die Augen aufschlug, sah sie wieder die vollen Lippen und den warmen Blick aus braunen Bärenaugen. Die Ruhe war verflogen, Sorgenfalten furchten die Stirn vor ihr.
»Ich heiße Loreen, junger Mann.« Sie hatte geredet, ohne nachzudenken. Schwer waren ihre Lippen. Sie lag noch immer in dem Deckchair und der erste Versuch aufzustehen, scheiterte. Wie ein Mehlsack plumpste sie zurück auf das Lattengestell.
John griff nach seinem Telefon: »Ich rufe einen Arzt.«
»Warum brauchst du einen Arzt, Henri?« Martine drehte sich zur Seite und legte ihren Kopf auf den Unterarm. Nach wenigen Atemzügen war sie eingeschlafen.
John zögerte. Mit dem Telefon am Ohr trat er von einem Fuß auf den anderen. Der Inselarzt meldete sich nicht. Zu der Zeit war er meistens schon unpässlich.
Ungläubig murmelte er: »Wie kann jemand von einem winzigen Schluck Alkohol so betrunken sein?« Es war nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern aufrichtig erstaunt.

Der Horizont schluckte das letzte Sonnenrot und langsam senkte sich abendliche Kühle herab. Vielleicht genügt ein langer Schlaf und am nächsten Morgen ist alles wieder im Lot, dachte John. Mit etwas Glück ...
John nahm die schlafende Martine auf die Arme, trug sie in ihr Zimmer und legte sie vorsichtig auf dem Bett ab. Martines Augen blieben geschlossen, ihre Atemzüge waren gleichmäßig. Nichts wies auf etwas anderes hin als einen Rausch.
Mit einem Kuss auf die heiße Stirn deckte er sie zu. In ihren Haaren roch er Rauch. Unmöglich von ihm, denn er passte immer auf, dass sie nichts abbekam. Ungläubig runzelte er die Stirn und schaute auf Martine hinab. Hier war irgendetwas im Gange, das er nicht verstand. Dieses verdammte Gift!
Er trat zum Luftholen auf die Terrasse und spuckte bittere Galle ins Gras. Dann griff er wütend die offene Flasche vom Tisch, nahm Anlauf und schleuderte sie in hohem Bogen in die Dunkelheit, wo sie auf den Klippen zerschellte.

Beißende Sonnenstrahlen fanden ihren Weg durch die schmalen Ritzen der Holzjalousie und einer davon traf Martines Augenlid. Zugleich zog der Duft von frisch gebrühtem Café in ihre Nase. Sofort rauschten die Bilder des gestrigen Abends durch ihren Kopf. Das Wrack, der Beutel mit den grünen Flaschen, das Sommeliermesser mit dem grünlichen Korken, das rote Sofa, der Maler mit dem warmen Blick und dann das Boot und sie im Bug, wie sie dem Sturm die Stirn bot. Ihr Magen schlug einen Salto.
Was davon war wahr, was erträumt? Verdammt, sie brauchte John! Martine schwang die Füße aus dem Bett und sprang auf die Beine. Sofort drückte sie der Schwindel zurück in die Kissen. Sternchen drehten vor ihrem Blickfeld Kreise. Sie hatte einen veritablen Kater. Dieser Teil der Geschichte musste also stimmen.

»John, was ist gestern passiert?« Ihre Stimme war kratzig und rau. Kein Wunder, bei der rauchgeschwängerten Luft im Salon.
»Ich habe keine Ahnung, Martine. Das Einzige, was ich dir sagen kann, ist Folgendes: Du hast diese Flasche geöffnet, einen Schluck von dem grünen Zeug genommen und warst für zwanzig Minuten völlig weggetreten.« Die Sorgen waren in seinem Gesicht noch abzulesen. »Als du aufgewacht bist, warst du total betrunken. Frag mich nicht, wie das sein kann …«
Zwanzig Minuten? So weit so gut. Bis auf die Dauer ihrer Bewusstlosigkeit konnte sie die Scherben zusammensetzen. Doch was war mit dem Rest? War die rauschende Nacht im Salon 'Le Chat Vert' nur erträumt? Und der Untergang des Boots vor Chatvert? Eine Ausgeburt ihrer Phantasie? So oder so, John war nicht dabei gewesen. Oder vielleicht doch? Er wirkte so völlig ahnungslos.

»Bist du so weit okay? Dann würde ich kurz ins Dorf fahren und ein paar Sachen einkaufen. Für ein Frühstück reicht es nicht mehr.« Der Schlüssel vom Pickup klimperte schon in seiner Hand. Sein Blick erinnerte sie an die besorgten Augen ihrer Mutter – früher. Sie hatte es auch immer mit Essen versucht.
Martine nickte und schenkte ihm ein tapferes Lächeln. John war der Beste. Konkurrenzlos. Trotzdem konnte er ihr nicht helfen und so war sie froh, jetzt alleine zu sein. Als sie die Tür schlagen hörte, nahm sie Café und Laptop und schlich zum Deckchair auf der Terrasse. Ein frischer, salziger Wind umspielte ihre Nase. Mit einer Note Seekiefer vom nahen Hain. Bojen und Segel schaukelten um die Wette. Weiter links reflektierten grüne Scherben das Sonnenlicht.

Martine tippte 'Henri Bilder' in die Suchmaschine ein und erhielt sofort einige Treffer. Sie klickte die Seite an und eine bunte Bildergalerie öffnete sich. Vorwiegend gemalte Momentaufnahmen aus Pariser Etablissements zur Jahrhundertwende. Gespannt ließ sie die rechteckigen Kästchen immer weiter nach oben wandern. Doch dann wurde es ihr abwechselnd heiß und kalt.
Dort auf dem weinroten Sofa lagen zwei Frauen. Die im Vordergrund trug ein opalgrünes Kleid. Als Martine die Worte unter dem Bild las, wurde ihr speiübel. Dort stand in einer winzigen Infozeile: 'Laureen, die grüne Fee', Anno 1896, Ort: unbekannt.
Sie spürte, wie etwas tief aus ihrem Hals aufstieg, etwas wenig Bekanntes. Es kletterte an ihrer Zunge empor und als es an die Zähne stieß, zwang es sie auseinander und entwischte an die frische Luft. Dort entfaltete es sich zu einem glucksenden Lachen, das weit über die Bucht schallte.
Die sich auftürmenden Wellenkämme spiegelten sich in Martines grünen Augen.

 

Hallo linktofink,

ich schreibe dir erstmal auf, was mir sprachlich aufgefallen ist.

Sie war knapp vor Reserve, doch es würde noch locker ausreichen.
- "noch locker" würde ich streichen, das klingt mir irgendwie zu "hingeworfen"

Wie ein eingedrückter Brustkorb, dachte Martine.
- ihre Gedanken würde ich kursiv setzen, um sie abzugrenzen

Welche Geschichte verband sich wohl mit dem Kentern des hochseetauglichen Boots?
- das klingt fast ein bisschen umständlich. Wie wäre es mit sowas wie: Was steckte hinter dem Kentern des Boots? Kurz und knackig. Dass es hochseetauglich ist, brauchst du - für mein Empfinden - nicht extra erwähnen, das wirkt so erklärend

Als würde sie außer Schlamm noch irgendetwas anderes aufwühlen.
Das gefällt mir, hier legst du eine Fährte.

Wie üblich hing der Rest einer Kippe schief in seinem Fünftagebart
- das Bild passt nicht so recht. Eine Kippe hängt doch nicht im Bart ... Sie hängt im Mundwinkel. So, wie es im Moment dasteht, liest sich das, als hätte er einen Rauschebart und in diesem Bart steckt noch ein Kippenstummel, den er mal irgendwann da drin vergessen hat ;)

'Was ging hier vor? Was hatte John mit ihr gemacht?', dachte Martine.
- weshalb setzt du ihre Gedanken hier in Anführungszeichen und in die Vergangenheit? Mach es doch kontinuierlich so wie am Anfang, bleibe im Präsens, das klingt besser, und zur besseren Abgrenzung könntest du die Gedanken kursiv stellen:
Was ist hier los? Was hat John mit mir gemacht?, dachte Martine.

Jäh riss sie die Augen auf. Jäh riss sie die Augen auf.
- doppelt gemoppelt ;)

'Welch ein schöner Traum', dachte Martine.
- auch hier: kursiv setzen? Ich finde das immer schöner, als die "einteiligen" Anführungszeichen. Aber das ist natürlich deine Entscheidung.

»L´heure verte aux le Chat verte est arrivé.«
- da muss ich kurz klugscheißen :Pfeif: Meiner Meinung nach wäre der korrekte französische Satz hier: "L'heure verte au Chat vert est arrivée."

Genauso weiter unten:

War die rauschende Nacht im Salon 'Le Chat Verte' nur erträumt?
- Le Chat vert, könntest du auch einfach kursiv setzen, da Eigenname.

So, das sind jetzt mal die Dinge, die mir beim ersten Lesen aufgefallen sind. Insgesamt erinnert mich deine Geschichte an Erzählungen aus der Zeit von Edgar Allen Poe. Vor allem mit dieser Auflösung am Schluss, die man natürlich ahnt, weil so - gerade in diesen klassischen mysteriösen Geschichten - oft aufgelöst wurde. Macht aber nichts, erzählt fand ich es trotzdem ganz gut. Es ist nicht wirklich spannend (für mich), aber dennoch hat natürlich diese Künstlerwelt damals, dieses von Absinth umnebelte, ja, der Absinth an sich, eben etwas Geheimnisvolles, ein bisschen Unheimliches. Das ist für mich so der Kern der Geschichte.

Ich finde, die Teile zwischen Martine und John kannst du drastisch kürzen. Dafür, dass es am Ende nicht auf eine Liebesgeschichte oder was auch immer mit eben diesen beiden Personen hinausläuft, kannst du da knapper und straffer erzählen, dass etwas zwischen ihnen ist. Da können ganze Absätze raus für mein Empfinden. Dann würde man auch schneller dahin kommen, dass sie den Schluck Absinth nimmt und wegdriftet (in ein früheres Leben?). Was ich auch nicht ganz verstehe, ist die Art, wie sie ihn behandelt. Ziemlich unsympathisch. Wolltest du damit ein Necken andeuten? Auf mich wirkt Martine nämlich eher von oben herab, als neckisch ... Aber vielleicht wolltest du sie auch so zeichnen, so nach dem Motto, das verwöhnte Blut aus dem früheren Leben steckt noch in ihr. Oder so. Du siehst, ich versuche, es mir zu erklären ;)

Alles in allem denke ich, deine Geschichte würde viel gewinnen, wenn du ganz strikt kürzt und staffer erzählst, bis man als Leser dann in der anderen Epoche landet.

So viel mal von mir.
Viele Grüße
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber linktofink,

eine interessante Idee hast du hier verwirklicht: Zwei Urlauber, die beim Tauchen eine alte Absinth-Flasche finden, aus der die Frau einen kleinen Schluck nimmt und bewusstlos in die Welt des Toulouse Lautrec versinkt.

Gefallen hat mir besonders der erste Absatz deiner Geschichte, allerdings tauchten dann schon gleich ein paar Ungenauigkeiten auf. Ich gehe mal durch den Text und zeige dir ein paar Stellen, an denen ich gestutzt habe:

die Flaschen hatten weder einen Glasstempel, noch eine charakteristische Form, die auf den Inhalt schließen ließen (ließ?). Dennoch hatte sie durch das, was sie sonst noch gefunden hatten, eine Idee.

Das Subjekt des Satzes vorher sind die Flaschen. Du meinst aber hier mit dem „sie“ Martine.

Wie üblich hing der Rest einer Kippe schief in seinem Fünftagebart

Wirklich in seinem Bart?

Martine mochte den Anblick dieses dunkel gegerbten, von braunen Locken umrahmten Gesichts, aus dem die meerblauen Augen sie anfunkelten.

Ein Skipper, der jedem Klischee gerecht wird:D.

Später schreibst du aber:

Sie hatte die Nase voll von gutaussehenden Skippern ...

und dazu noch einen zerfressenen Löffel.« Triumphierend schwenkte ihn John wie ein Samurai Schwert durch die Augustluft

Kann man einen Löffel wirklich wie ein Samurai-Schwert durch Luft schwenken? Das Bild stimmt für mein Empfinden nicht.

sie spürte seine unverhohlenen Blicke in ihrem Rücken.
in?

und jonglierte mit seiner Zunge die Kippe in den anderen Mundwinkel, wo ihm der Rauch nicht in die Nase stieg.

im anderen Mundwinkel steigt ihm der Rauch nicht in die Nase?

Sie hörte John weiter in der Kitchenette werkeln und in der Schüssel stochern.

Das ist kein schöner Satz: „werkeln“ ist hier Oberbegriff, der das „in der Schüssel stochern“ beinhaltet.

Ihre Hand schenkte einen winzigen Schluck in das Wasserglas.
Ihre Hand schenkte?

Wie Feuer rann der kleine Schluck ihren Hals hinab. Martine erschlaffte augenblicklich und noch bevor das Glas auf dem Boden aufschlug, war sie in tiefe Bewusstlosigkeit gefallen.
Das ging aber schnell.

Als sie die Augen öffnete, verflog ihr Ärger blitzartig und machte anderen Gefühlen Platz.
Welchen?

Durch die Schuhe hindurchgepeilt, sah sie einen klein gewachsenen, schlecht rasierten Mann mit vollen Lippen, der sie über seine Brille hinweg musterte.
„Durch die Schuhe hindurchgepeilt“ Kein schöner Ausdruck an dieser Stelle.

Auf seinem Kopf ruhte eine Melone, die lustig hin und her tanzte, wenn er den Kopf bewegte.
Wie soll ich mir das vorstellen? Fiel die Melone bei diesem Tanzen nicht runter?

Es war ein Salon des Fin de Siècle, eines dieser herrlich zwielichtigen Etablissements.

Wer bewertet hier? Martine oder der Erzähler? Überhaupt wechselst du hin und wieder die Perspektive: Mal erlebe ich alles aus der Sicht Martines, dann aus der Sicht Johns, dann mischt sich der Erzähler ein.
Außerdem habe ich hier – wie an einigen anderen Stellen das Gefühl – dass mir der Autor Wissen verkaufen möchte.

und seine andere kohleschwarze Hand
Sie sieht ja nicht die Innenseite der Hand. War Henris Hand auch oben kohleschwarz?

Martine tippte den (dem) Maler auf den Arm, bis die schwarze Melone sich umwandte.
Nur die Melone?

Ihr Gesicht war sehr gut getroffen und er hatte etwas eingefangen, was genau so flüchtig war, wie der Absinthdunst, in dem sie saßen.

Der Dunst ist auf jeden Fall so wenig flüchtig, dass sie länger darin sitzen können. Insofern kein gutes Bild.

Sorgenfalten wie aus Stein gemeißelt.
Dein Vergleich meint „tiefe“ Sorgenfalten. Üblich ist er mit "in" und besagt dann, dass da etwas unverrückbar ist.

Nach wenigen Atemzügen war sie (wieder) eingeschlafen.

Es war nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern aufrichtig erstaunt. Vergleichbar mit dem mundoffenen Staunen, das einen beim Anblick der Pyramiden überfällt oder beim ersten Hüpfer auf dem Mond. Dieses 'Das ist also auch möglich'-Gefühl. Oder war beim Tauchen irgendetwas schiefgelaufen?

Wer reflektiert hier eigentlich? John oder der Erzähler?

und legte sie so vorsichtig auf dem Bett ab, als wäre sie aus Glas.
ziemlich abgegriffener Vergleich

Der Duft von frisch gebrühtem Café zog unwiderstehlich in ihre Nase.
Ich glaube Café sagt man nur, wenn man den Ort meint oder eine bestimmte Spezialität.

Der Louche Effekt, wenn Wasser in den Absinth rinnt.
Den hättest du wunderbar beschreiben können. So verkaufst du hier nur Google-Wissen.

In ihrer Tasse steckte ein Löffel für den Hauch von Zucker, den John bei ihr nie vergaß. Eines seiner Alleinstellungsmerkmale.
Vergaß John wirklich den „Hauch“ niemals. Und das „Alleinstellungsmerkmal“ passt mMn überhaupt nicht in so eine Geschichte.

Doch was war mit dem Rest? War die rauschende Nacht im Salon 'Le Chat Verte' nur erträumt? Eine irreale Geburt ihrer Phantasie?

Ist das nicht ein bisschen doppelt gemoppelt?

Am Ende deiner Geschichte habe ich mich gefragt, ob mir die Gestaltung deiner Idee gefallen hat. Und ich muss leider sagen, dass sie mich nicht ganz überzeugt hat. Irgendwie fehlt mir durchgängig das Atmosphärische. Das, was sich zwischen Martine und John abspielt, geht über ein bisschen klischeehaftes Geplänkel nicht hinaus. Da wird keine besondere Beziehung spürbar. Dieser Teil ist natürlich nur der Rahmen. Aber du gestaltest den Anfang so, als wäre auch die Beziehung der beiden zueinander wichtig für den weiteren Verlauf der Geschichte. Das erfüllt sie dann aber leider nicht.

Die traumhafte Sequenz hat mir gefallen, weil du diese Lautrec-Welt sehr gut beschrieben hast. Du setzt natürlich auf den hohen Wiedererkennungswert, beziehst dich auf bekannte Bilder. Das funktioniert, obwohl du inhaltlich kaum die eher deskriptive Ebene verlässt. Da entwickelt sich nichts Eigenständiges, kein Konflikt, kein besonderes Erlebnis.

So laufen da zwei Handlungen nebeneinander her, die für mich beide keinen richtigen Spannungsbogen enthalten. Außer, dass Martine von einem Schluck Absinth ohnmächtig wird, im Traum in die Welt des Lautrec gerät, wieder aufwacht und feststellt, dass es wirklich ein Bild L.s gibt, das sie im Traum gesehen hat, geschieht nicht viel. Deine Geschichte schafft es für mich leider nicht, das Mysteriöse des Geschehens auf eine schwebende Ebene zu transportieren. Da steht die reale Situation beinahe ebenso real neben der dargestellten Lautrec-Welt, da zerfließt nichts ineinander, berührt das eine das andere nicht, da hat der Traum wie irgendein anderer Traum nichts mit dem Alltag der beiden zu tun. "l'heure verte" bleibt Martines Traum und nicht mehr.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo linktofink,

diese Art von Seltsamkeit in Geschichten mag ich ganz gern. Sollte sie die Flaschen finden und einen Blick in die Vergangenheit erfahren? Vielleicht in ein früheres Leben, oder fand da unten ein Geist keine Ruhe? Was ist geschehen mit der Frau im grünen Kleid? Tja, vielleicht gibt das Dinge zwischen Himmel und Erde die wir nicht verstehen, wer weiß.
Ich fand das interessant und habe das gerne gelesen.

Am Anfang der Geschichte hatte ich den Eindruck, du brauchtest bisschen um reinzukommen. Da holpert es. Ich hätte auch gern erfahren, in welchem Bezug Martine und John zueinander stehen. War für mich nicht so klar ersichtlich. Sind sie ein Paar in Urlaub? Oder arbeiten sie da zusammen?

" ... doch es würde noch locker ausreichen.
Ich würde locker streichen, klingt irgendwie besser.

Im ersten Absatz häuft sich hatte, hatte, hatten...

Flipperte passt irgendwie gar nicht.

Das dachte Martine im ersten Absatz, würde ich auch lassen. Geht auch so. Klingt so indirekt.

"Mit zum Auto, mit den geborgenen Schätzen " direkt hintereinander.

"Hindurchgepeilt"
Passt nicht so zur Sprache deiner Geschichte.

"Jäh riss sie die Augen auf"
Hast du versehentlich zwei mal hintereinander geschrieben.

Die knubbelige Hand, die schwarze Hand sind bissel wiederholende.

Die Freundin deren Namen sie "noch" nicht wusste.
Sie erfährt ihn ja später auch nicht.

Der Vorhang vor dem Verstand gefällt mir gut.

Das mit den Pyramiden und dem Mond ist okay, dieses das ist also auch möglich Gefühl würde ich dann aber weglassen, du hast es genug geschrieben.

Mit einem Kuss auf die Stirn deckte er sie zu ... love it :)

Jäh riss sie die Augen auf, hast du genau so schon mal.

Die Beschreibung mit dem Wind im letzten Absatz war mir zu viel. Bräuchte es meiner Ansicht nach nicht und lenkt mich ab.

Schöne Geschichte, hat mir gefallen. ;)

Liebe Grüße
Charly

 

Hallo, linktofink

Ich finde ja, Du hast eine beneidenswert blühende Fantasie. Von Dir kommt immer etwas, und immer ist es etwas anderes. Ich weiß nie genau, was als nächstes passiert.

Ich denke aber auch, inzwischen hast Du Deinen Stil gefunden, und … er gefällt mir nicht. Alles ist voller Adjektive und Adverbien, jedes kleinste Fitzelchen jeder allerkleinsten Handlung wird allerdetailliertst (ein normaler Superlativ reicht dafür nicht) beschrieben. Das strengt mich erst an, und dann langweilt es mich. Ich glaube, Du hast Dir viele wuchtige Bilder vorgestellt, aber weil Du an keiner Stelle meine Fantasie forderst, sondern mich nur dazu zwingst, Deine Gedankengänge und Vorstellungen genaustens nachzuvollziehen, wirken diese Bilder leider nicht auf mich.

Das finde ich schade, zumal ich das Gefühl habe, dass Du für jede Deiner Geschichten umfassend recherchierst. Es wäre wahrscheinlich besser, ich hätte dieses Gefühl nicht. Du weißt so wahnsinnig viel Kram und überhäufst mich damit. Ich möchte (wieder mal) sagen, dass weniger manchmal mehr ist. Wenn wir in meinem Territorium, bei der Sci-Fi wären, würde ich sagen: Du verschreckst einen Großteil Deiner Leser/innen damit, wenn Du sie mit technischen Details nervst, von denen sie keine Ahnung haben. Ich vertrete ja die These, dass Sci-Fi nicht von Nerds, sondern nur mit Nerds geschrieben werden kann. Wenn ich eine Sci-Fi-Geschichte schreibe, dann präsentiere ich sie danach meinem Freund, und der fragt mich, ob ich nicht noch einen richtig großen Zug mit supercooler Technik drin einbauen könnte. Und wenn man ein Nerd ist wie mein Freund oder Du und ganz viel weiß oder ganz viel recherchiert hat über den Gegenstand, von dem man schreibt, dann muss man auch mal einen winzigen Schritt zurücktreten und sich fragen: Können Leser/innen, die nicht so viel wissen, damit was anfangen? Sind diese ganzen technischen Details wirklich notwendig? Klar, Du sagst sicher gleich wieder, Du hast ganz viele Anhaltspunkte für Recherchen geboten. Und diesmal habe ich auch wirklich die ganze Zeit nebenher gegoogelt. Aber hilft das der Atmosphäre Deiner Geschichte oder der Spannung? Kein Stück.

Wahrscheinlich wirst Du nicht auf mich hören, weil es Dir nun einmal so gefällt, deshalb werde ich im Folgenden nur noch auf offensichtliche Fehler und extrem tellige Stellen hinweisen, die mich wirklich massiv gestört haben.

Triumphierend schwenkte ihn John wie ein Samurai Schwert durch die Augustluft zwischen ihnen und grinste schief.

„Samurai-Schwert“ oder „Samuraischwert“, würde ich sagen. Wenn man im Deutschen zwei Nomen zusammenpackt, ist es (anders als im Englischen) nicht üblich, sie auseinanderzuschreiben. Diesmal habe ich, weil ich mich bei „Hot Dog“ schon mal geirrt habe (diese bekloppten Anglizismen), im Duden nachgeschlagen, der diese Kombination explizit nicht zu kennen scheint, aber Dinge wie „Daklomesschwert“ vorschlägt. Also nehme ich mal an, dass das so passt. Andererseits weiß ich auch gar nicht, ob man eine … Katana, ne? … so anders schwingt als ein normales Schwert, also vielleicht braucht man den Samurai auch nicht.

Sie schwenkte die tiefgrüne Flüssigkeit vor ihren Augen, roch noch einmal daran und dann, wie in Trance setzte sie das Glas an die Lippen und nippte.

Hier schneidest Du das „wie in Trance“ ab. Das muss nicht sein, ich fände es aber okay, wenn nach „Trance“ wieder ein Komma käme. So trennst Du den ganzen Satz vom „dann“, und das ergibt für mich sprachlich keinen Sinn. Wenn jemand so exotische Kommata setzt, versuche ich immer, den Satzrhythmus zu verstehen, der dem Autor dabei vorschwebte. Aber hier … Nee. Ich würde es verstehen, wenn nach „Trance“ noch ein Komma käme. So ergibt es für mich vom Duktus her gar keinen Sinn.

Als sie die Augen öffnete, verflog ihr Ärger blitzartig und machte anderen Gefühlen Platz.

Das ist mir viel zu tellig. Was für Gefühle sollen das denn sein? Übelkeit? Trauer? Entsetzen? Furcht? Glück? Sag es mir nicht. Zeig es einfach. Und verzichte besser auf solche zusammenfassenden Sätze. Damit nimmst Du mir nur Arbeit ab und wirst dabei furchtbar schwammig.

Jäh riss sie die Augen auf. Jäh riss sie die Augen auf.

Zweimal hintereinander?

»L´heure verte aux le Chat verte est arrivé.«

Das ist aber kein guter Französisch. „Chat“ ist männlich, deshalb muss „vert“ auch männlich sein. Ohne „e“. Ich habe jetzt kurz angegoogelt, ob das vielleicht ein wirklich existierendes Etablissement ist, konnte aber nichts finden, deshalb nehme ich an, dass dies ein Fehler ist, der dem Autor durch die Lappen gegangen ist. Nebenbei bin ich mir auch bei der Präposition nicht sicher, ist „aux“ nicht die Präposition für männlich Plural (wodurch dann auch der Artikel wegfallen würde, also "aux chats verts")? Mein Französisch ist etwas eingerostet (obgleich ich versucht habe, es für die Fußball-WM wiederzubeleben (Allez, les bleus!)), vielleicht gibt’s da Cracks, die was dazu sagen. Oder bist Du selbst ein Crack? (Ah, RinaWu ist auch meiner Meinung. Très bien.)

Ihr Gesicht war sehr gut getroffen und er hatte etwas eingefangen, was genau so flüchtig war, wie der Absinthdunst, in dem sie saßen.

Komma weg vor „wie“.

John zögerte.

Hier wechselst Du mitten im Absatz die Perspektive. Da würde ich lieber vorher einen Absatz machen.

Seine Selbstsicherheit war wie weggeblasen.

Auch total tellig. Woher soll ich das wissen? Ich muss Dir das jetzt einfach glauben. Das könntest Du schöner machen, sodass ich selbst darauf komme.

Der Duft von frisch gebrühtem Café zog unwiderstehlich in ihre Nase.

Muss man ein Café anzünden, um es zu brühen? Oder muss die Feuerwehr mit Schläuchen voller heißem Wasser anrücken? Und kocht so ein Haus irgendwann? Es heißt „Kaffee“. ;)

Der Louche Effekt, wenn Wasser in den Absinth rinnt.

Das konnte ich sogar recherchieren, anders als das „Samurai-Schwert“. Es heißt natürlich „Louche-Effekt“. Und das ist z.B. so eine Detailsache. Ohne Recherche habe ich keine Ahnung, wie das aussehen soll. Dabei versuchst Du hier doch, Stimmung zu erzeugen.

John kam mit zwei dampfenden Tassen köstlichen Cafés aus der Kitchenette und legte sich neben sie.

Ganz schön stark, der Typ. Und ganz schön große Tassen. „Kaffees“. :p

'Le Chat Verte'

„Vert“. Da bin ich mir aber wirklich hundertprozentig sicher.

Als sie die Tür schlagen hörte, nahm sie ihren Café und setzte sich mit Laptop auf Schoß in den Deckchair auf der Terrasse.

*räusper*

Martine tippte 'Henri Bilder' in die Suchmaschine ein und schon auf der ersten Seite erschien ein Treffer.
Sie klickte die Seite an und eine bunte Bildergalerie öffnete sich. Vorwiegend gemalte Momentaufnahmen aus Pariser Etablissements zur Jahrhundertwende. Gespannt ließ sie die rechteckigen Kästchen immer weiter nach oben wandern. Doch dann mit einem Mal wurde es ihr abwechselnd heiß und kalt.
Das Bild, das sie dort sah, ließ ihr Gesicht einfrieren. Dort auf dem roten Sofa lagen zwei Frauen. Die Frau im Vordergrund trug ein opalgrünes Kleid. Hätte es noch einer Bestätigung bedurft, unter dem Bild war sie zu finden. Als Martine die Worte las, wurde ihr speiübel. Dort stand in einer winzigen Infozeile: 'Laureen, die grüne Fee', Anno 1896, Ort unbekannt.

Ich liebe es, wenn die Google-Suche auch im RL funktioniert. Ist zwar schwierig, weil die Google-Algorithmen dafür sorgen, dass jeder von uns andere Ergebnisse bekommt. Martines Weg konnte ich leider nicht nachverfolgen, aber ich habe tolle Bilder zur grünen Fee gefunden, die alle was mit Absinth zu tun haben. Aha! I like.

Das Ende hat es dann für mich ein wenig gerettet, das fand ich hübsch poetisch. Davor, diese ganze Szene im Chat Vert, da musste ich mich wirklich quälen. Wie gesagt, das liegt an Deiner unglaublichen Detailverliebtheit. Und ich sage noch einmal, dass ich das schade finde, weil Deine Fantasie und Dein Ideenreichtum wirklich bewundernswert sind. Ich wünschte nur, Du würdest mir Raum für meine eigenen Fantasien lassen, weniger naturalistische Bilder malen.

Tatsächlich fand ich interessant, was Du Zwischenmenschliches zu erzählen hattest. Die Beziehung zwischen Martine und John, da war ich total bei Dir. Die Details über das Trinken von Absinth und die Zubereitung von Salat haben mich dann leider rausgerissen. Das nur so als Inspiration, falls Du doch mal Lust hast, nochmal den Pfad zu verlassen, auf dem Du wandelst. ;) Aber wie gesagt, muss nicht. Jeder hat so seinen Kram, und ich bewundere Dich auch dafür, dass Du einen Stil findest. Dass das so ist, haben wir ja beim Maskenball alle gespürt. Ein linktofink ist ein linktofink ist ein linktofink. Ich muss aber sagen, ich denke gerade ein bisschen wehmütig an „Der Riss“ und „Transluscent“, wobei letzteres schon extrem viele Details hatte, sich aber noch auf das Zwischenmenschliche konzentriert hat, was Du auch so gut kannst. :cry:

Aber das Leben und Schreiben, sie gehen weiter. So viel also von mir.

Detailverliebte Grüße,
Maria

 

Hallo linktofink,

ich habe deine Geschichte gerne gelesen! Adjektive und Jargon haben mich (bis auf vereinzelte Ausnahmen) nicht gestört. Genau dadurch schaffst du eine dichte Atmosphäre, wie sie auch oft in historischen Romanen anzutreffen ist. Gepflegte Unterhaltung, dagegen ist nichts einzuwenden.

Die Gewässer um Chatverte waren nicht sonderlich rau oder gefährlich

Ich denke, es müsste Chatvert heißen (ohne E am Ende), da es im Französischen le chat heißt, chat also maskulinum ist. Das kommt später nochmal im Namen des Salons. Der fehlerhafte französische Satz wurde dir schon korrigiert. Da würde ich wirklich überlegen, den doch auf Deutsch zu bringen, um der lieben Leserlein willen, die der französischen Sprache nicht mächtig sind. Du bringst auch so schon viel schöne französische Atmosphäre, z. B. mit dem Café, der mir persönlich gut gefällt. (Unsere Ferienwohnung an der Nordsee ist wunderschön, sie hat nur einen einzigen Mangel: Die Espressomaschine fehlt. Ich könnte gerade töten für einen Cappuccino …)

und auch wenn sie es nie zeigen würde, sie freute sich jedes Mal, ihn zu sehen

Wie wäre es hier mit Inversion: Freute sie sich jedes Mal …

Anders als andere Männer hatte John diese natürliche Männlichkeit, die ihn wahnsinnig anziehend machte.

Dünnes Eis, ganz dünnes Eis. Mir gefällt sehr gut, wie du John zeichnest und das Knistern zwischen den beiden beschreibst. Aber das hier … ist kurz vor Groschenheftchen oder Illustrierte. :Pfeif:

Als sie wieder die steile Treppe hochstieg, trug sie ein geknotetes rotes Top und eine passende Bikini-Hose. Ganz ungeniert schaute John auf ihre braungebrannten Beine und ihre nackten Füße.

Ich glaub, der guckt etwas höher. :lol:

Nach dem Einlaufen in die Marina von 'La Saline' vertäute John die ESPERANZA am Anleger.

Warum schreibst du die beiden Schiffchen so unterschiedlich? Ich wäre für ganz einfach: Ohne Anführungszeichen und nur mit großen Anfangsbuchstaben.

Ihre Hand schenkte einen winzigen Schluck in das Wasserglas.

Aaaaah, komm! Ihre Hand oder sie?

Dennoch blinzelte diese ihr zu und redete lebhaft gestikulierend mit Händen und Füßen auf sie ein.

Ist mir zu viel. Ansonsten würde ich zumindest die Syntax nochmal auf den Prüfstand stellen.

Es war ein Salon des Fin de Siècle, eines dieser herrlich zwielichtigen Etablissements.

Bei „herrlich“ glaube ich, den Autor herauszuhören und nicht Martine.

Die Sonne lag in den letzten Zügen

Echt jetzt? (Schiefes Bild.)

Der Duft von frisch gebrühtem Café

Wie gesagt: Ich mag die französiche Schreibweise!

Eines seiner Alleinstellungsmerkmale.

Der Satz könnte für mein Empfinden weg. Stimmungskiller.

Eine irreale Geburt ihrer Phantasie?

Oder eher: Ausgeburt?

und setzte sich mit Laptop auf Schoß in den Deckchair

Da fehlt ein Artikel, oder?

Nordische Grüße
Anne (die nachher zum Abendessen ein grünes Waldmeister-Alsterwasser :bier: ...)

P.S. Du schreibst sicher eine Fortsetzung mit Lovestory zwischen John und Martine? ;) :shy:

 

Erst mal ein überraschtes Hallo an alle. Ich dachte, es wäre Sommerflaute? ;)

Kurze Info: Die Story habe ich letztes Jahr geschrieben als Beitrag für diese Ausschreibung: http://artskriptphantastik.de/absinth.html. Hab´s leider nicht in die Anthologie geschafft. :(
Jetzt hab ich sie nochmal rausgekramt und will schauen, was ich besser machen kann. Gestern hab ich die Story nochmal zwischengenommen, aber anscheinend nicht gründlich genug ...

RinaWu,

ein herzliches Danke für deine Rückmeldung und ein noch größerer Dank für deine (Neu-)Modtätigkeit. (Schön gebastelt, oder? Hihi)

Ohne die jetzt alle einzeln aufzuführen, habe ich deine Textanmerkungen samt und sonders umgesetzt. Da ist mir ja doch einiges durchgegangen. Danke für deine Mühe.

Insgesamt erinnert mich deine Geschichte an Erzählungen aus der Zeit von Edgar Allen Poe. Vor allem mit dieser Auflösung am Schluss, die man natürlich ahnt, weil so - gerade in diesen klassischen mysteriösen Geschichten - oft aufgelöst wurde. Macht aber nichts, erzählt fand ich es trotzdem ganz gut. Es ist nicht wirklich spannend (für mich), aber dennoch hat natürlich diese Künstlerwelt damals, dieses von Absinth umnebelte, ja, der Absinth an sich, eben etwas Geheimnisvolles, ein bisschen Unheimliches. Das ist für mich so der Kern der Geschichte.
Ich wünschte, ich könnte das Mysteriöse besser, denn spooky mag ich sehr. Hast du einen Tipp, wie es spannender werden könnte?

Ich finde, die Teile zwischen Martine und John kannst du drastisch kürzen. Dafür, dass es am Ende nicht auf eine Liebesgeschichte oder was auch immer mit eben diesen beiden Personen hinausläuft, kannst du da knapper und straffer erzählen, dass etwas zwischen ihnen ist. Da können ganze Absätze raus für mein Empfinden. Dann würde man auch schneller dahin kommen, dass sie den Schluck Absinth nimmt und wegdriftet (in ein früheres Leben?). Was ich auch nicht ganz verstehe, ist die Art, wie sie ihn behandelt. Ziemlich unsympathisch. Wolltest du damit ein Necken andeuten? Auf mich wirkt Martine nämlich eher von oben herab, als neckisch ... Aber vielleicht wolltest du sie auch so zeichnen, so nach dem Motto, das verwöhnte Blut aus dem früheren Leben steckt noch in ihr. Oder so. Du siehst, ich versuche, es mir zu erklären
Martine ist schon ´ne Zicke (soll sie auch sein), ich würde es als Ringen um die Dominanz in der Beziehung sehen, halt: Alpha Woman meets zäher Knochen.

Alles in allem denke ich, deine Geschichte würde viel gewinnen, wenn du ganz strikt kürzt und staffer erzählst, bis man als Leser dann in der anderen Epoche landet.
Hmm, ich mag diese Rahmenstory eigentlich sehr, weil sie slow und dennoch (im besten Fall) intensiv daherkommt, während die Zeitreise für mich eine kurze Achterbahnfahrt ist, der etwas Anekdotenhaftes innewohnt?
Bevor ich da eingreife, muss ich mal nachdenken.

Danke für deinen Komm, hat mich sehr gefreut,

Peace, Linktofink


barnhelm,

auch bei dir: Mission Textkram erfüllt, bis auf Folgendes:

sie spürte seine unverhohlenen Blicke in ihrem Rücken.
Yes, so kenne ich das, man spürt den Blick im Rücken.

Ihr Gesicht war sehr gut getroffen und er hatte etwas eingefangen, was genau so flüchtig war, wie der Absinthdunst, in dem sie saßen.
Der Dunst ist auf jeden Fall so wenig flüchtig, dass sie länger darin sitzen können. Insofern kein gutes Bild.
Na ja, Absinth hat bis zu 70% reinen Alkohol in sich, da passt flüchtig für mich ganz gut.

Martine mochte den Anblick dieses dunkel gegerbten, von braunen Locken umrahmten Gesichts, aus dem die meerblauen Augen sie anfunkelten.
Ein Skipper, der jedem Klischee gerecht wird.
Später schreibst du aber:
Sie hatte die Nase voll von gutaussehenden Skippern ...
Er ist nicht ihr Skipper, sondern ihr Lover. ;)

und jonglierte mit seiner Zunge die Kippe in den anderen Mundwinkel, wo ihm der Rauch nicht in die Nase stieg.
im anderen Mundwinkel steigt ihm der Rauch nicht in die Nase?
Da die Brise immer von einer Seite kommt (vom Meer), würde ich sagen nein.

Der Duft von frisch gebrühtem Café zog unwiderstehlich in ihre Nase.
Ich glaube Café sagt man nur, wenn man den Ort meint oder eine bestimmte Spezialität.
Non, so heißt er in Frankreich.

und seine andere kohleschwarze Hand
Sie sieht ja nicht die Innenseite der Hand. War Henris Hand auch oben kohleschwarz?
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wenn du mit Kohle zeichnest ist die Hand einfach black, und nicht nur innen.

Am Ende deiner Geschichte habe ich mich gefragt, ob mir die Gestaltung deiner Idee gefallen hat. Und ich muss leider sagen, dass sie mich nicht ganz überzeugt hat. Irgendwie fehlt mir durchgängig das Atmosphärische. Das, was sich zwischen Martine und John abspielt, geht über ein bisschen klischeehaftes Geplänkel nicht hinaus. Da wird keine besondere Beziehung spürbar. Dieser Teil ist natürlich nur der Rahmen. Aber du gestaltest den Anfang so, als wäre auch die Beziehung der beiden zueinander wichtig für den weiteren Verlauf der Geschichte. Das erfüllt sie dann aber leider nicht.
Ok, das hat auch RinaWu so ähnlich angemerkt. Muss wohl noch was in Richtung Liebesbeziehung tun und an dem Miteinander der beiden arbeiten.

So laufen da zwei Handlungen nebeneinander her, die für mich beide keinen richtigen Spannungsbogen enthalten. Außer, dass Martine von einem Schluck Absinth ohnmächtig wird, im Traum in die Welt des Lautrec gerät, wieder aufwacht und feststellt, dass es wirklich ein Bild L.s gibt, das sie im Traum gesehen hat, geschieht nicht viel. Deine Geschichte schafft es für mich leider nicht, das Mysteriöse des Geschehens auf eine schwebende Ebene zu transportieren. Da steht die reale Situation beinahe ebenso real neben der dargestellten Lautrec-Welt, da zerfließt nichts ineinander, berührt das eine das andere nicht, da hat der Traum wie irgendein anderer Traum nichts mit dem Alltag der beiden zu tun. "l'heure verte" bleibt Martines Traum und nicht mehr.
Ok, was du am Schluss schreibst, ist für mich ein wichtiger Hinweis. Tatsächlich sehe ich es genauso, die beiden Welten stehen eher nebeneinander ohne große Übersprungeffekte. Daraus könnte sich etwas reizvolles entwickeln. Mal schauen, ob ich da ein Pack-An finde.

Vielen Dank für deine Beschäftigung mit meinem Text.

Hab übrigens gerade erst geschnallt, dass du nicht männlich bist. Manchmal hilft ein Blick auf die Profilseite … ich Dummbratz. :lol:
Aber dein Nick war für mich so eindeutig maskulin, dass ich nicht weiter überlegt habe.

Peace, Linktofink


morgen geht´s weiter ...

 

Hallo linktofink,

auf dich ist auch im Sommerloch Verlass! Sehr schön.

Heure Verte
Du stehst schon so ein bisschen auf Überschriften, die kein Mensch versteht oder? Naja außer die, die französisch sprechen ... :p Mir gefällt das nicht. Warum nennst du es nicht einfach „Grüne Stunde“?
Wenn ich danach google, entdecke ich dass es sich dabei um so etwas wie eingeflügeltes Wort handelt. Allerdings finde ich es nur mit Artikel also „L’heure verte“ und wenn ich mich recht entsinne gibt es im Französischen eigentlich keine Formulierungen ohne Artikel, ob bestimmt oder unbestimmt.

Ich muss sagen, dass ich diesmal ziemlich gut in deine Geschichte reinkomme. Die Diskussion über zu viele Adjektive lasse ich diesmal beiseite.

Flirrende Sonnenstrahlen blitzten durch die grünen Flaschen, bevor sie unter dem Schatten des Bootes verschwanden.
Das Bild gefällt mir eigentlich ganz gut, aber das „sie“ ist nicht ganz eindeutig, irgendwie sinds bei mir die Sonnenstrahlen, was ja keinen Sinn macht.

Welche Geschichte verband sich wohl mit dem Kentern des hochseetauglichen Boots
Darauf gehst du nachher gar nicht mehr ein. Ich frage mich ob du diesen Absatz brauchst.

Vielmehr spürte sie dieselbe leichte Verunsicherung, dasselbe merkwürdige Bauchgefühl, das sie beim Freilegen der Flaschen im fauligen Schlick überkam.
überkommen hatte

Als würde sie außer Schlamm noch irgendetwas anderes aufwühlen.
Als hätte sie ...

Der Halunke durfte es nur nicht wissen!
Warum nicht? Wenn er ihr gefällt, warum will/ darf sie ihn dann nicht?

und dazu noch einen zerfressenen Löffel
.
Ich habe grade mal nach Absinthlöffel gegoogelt weil ich die Dinger auch nicht kannte. Ich finde die meisten sehen nicht wie ein Löffel aus, eher wie ein löchriger Tortenheber. Meinst du John hätte es als Löffel bezeichnet ohne zu wissen, was es ist?

durch die Augustluft
Augustluft finde ich gestelzt. Eher Sommerluft. Oder Meeresluft, schwüle Luft?

Martine brauchte nur eine Sekunde, bevor sie zurückschoss.
Der Satz kann weg, der sagt doch gar nichts aus.

Doch John war niemand, der ein Lachen übelnahm.
Schmalzalarm

Vielmehr quittierte er es mit einem souveränen Zwinkern und kaute weiter auf seiner Zigarette.
Ich persönlich finde ja eine Zigarette das unerotischste was es gibt ... Ich denke nicht, dass Rauchen in Geschichten noch verwendet werden sollte, schon gar nicht positiv besetzt.

So ich jetzt hat Martine den Schluck getrunken und wacht in einer anderen Zeit als eine andere Person auf. Bis hierher lies es sich ganz gut lesen, auch wenn es teilweise wirklich arg schmalzig und detailliert ist. Aber heute komme ich damit klar, keine Ahnung was los ist. ;)

Ja, und dann war Martine weg und ich auch. Ich starte jetzt einen neuen Versuch. Eigentlich super spannend, sie wacht in einer fremde Umgebung auf - und was machst du? Du beschreibst.
Und die Situation in der sie aufwacht ist auch nicht grade spannend, sie liegt da und wird gemalt. Da kann sie ja nicht viel falsch machen.

Ich finde mit dieser Mal und Absinthtrinkszene verschenkst du so viel Potential. Es passiert einfach nichts.

Und was ist aus dem Untergang des Bootes geworden? Und was aus dem Kribbeln zwischen John und Martine?

Wie gesagt gefallen mir die Szenen am Boot und in dem Häuschen ganz gut, du schaffst eine schöne Atmosphäre. Es ist Urlaub, aber da ist auch was Besonderes, etwas Geheimnisvolles.
Du lässt dir Zeit bis du Martine den Absinth trinken lässt und baust dabei zwei Rätsel auf. Warum ist das Boot untergegangen? Was geht da zwischen John und Martine? Beides beantwortest du nicht. Das mag ich nicht.
Diese Malszene soll nur dazu dienen , damit sie nachher das Bild ergooglen kann? Finde ich zu lasch.
Warum wacht sie nicht auf dem Boot auf als es untergeht? Alle sind schon benebelt vom Absinth, ein Sturm kommt auf, das Schiff geht unter, sie wird gerettet, verliert aber ihre wertvolle Kette, die sich noch in einem Geheimfach befindet. Das findet sie dann natürlich auf einem erneuten Tauchgang als Martine.
Achja, und während des Tripps in die Vergangenheit kommt es zu ner heißen Szene mit nem Mann, der aussieht wie John, der aber der Mann ihrer Schwester ist ...
Klar, das ist jetzt auch nicht das Gelbe vom Ei und auch nicht grade überraschendes, aber das würde mir mehr Zusammenhänge geben, würde das Bild abrunden. Verstehst du was ich sagen will?

So viel von mir.

Liebe Grüße,
NGK

 

linktofink,

da hat Nichtgeburtstagskind vollkommen recht:

Allerdings finde ich es nur mit Artikel also „L’heure verte“ und wenn ich mich recht entsinne gibt es im Französischen eigentlich keine Formulierungen ohne Artikel, ob bestimmt oder unbestimmt.
L'heure verte ist grammatikalisch korrekt.

Du fragst, wie man die Spannung steigern könnte. Nun, das kann man natürlich nicht so pauschal beantworten. Üben üben üben. Selbst viel Spannungsliteratur lesen, darauf achten, wann man selbst etwas spannend findet und sich dann ansehen, wie es geschrieben ist. Aber grundsätzlich habe ich dir ja schon ein paar Tipps gegeben: Straffen, sich auf das Wesentliche konzentrieren, das Tempo anziehen. Du schreibst, du stehst eigentlich auf dieses vor sich hin tröpfelnde Intermezzo zwischen Martine und John. Gut, das ist natürlich dein Text und du entscheidest, was dir darin wichtig ist und was nicht. Ich sage dir aber, für mein Empfinden schmälert dieses zu lange und viel zu detaillierte Geplänkel jegliche Spannung.

Du solltest dich fragen: Was genau möchte ich erzählen? Möchtest du die Geschichte der beiden Turteltauben erzählen, wie sie sich anzicken, wie sich umeinander herumtänzeln, ihr "Machtspielchen", wie du es unten nennst? Oder ist es dir wichtig, Martines Sturz in diese Zwischenwelt, in ein früheres Leben zu erzählen und mysteriös zu gestalten? Irgendwo muss der Schwerpunkt liegen. Im Moment kann man den noch nicht so recht erkennen, deshalb leidet darunter eben auch die Spannung ein wenig.

Lass das mal ein paar Tage sacken, auch all die hilfreichen Kommentare hier, vielleicht kristallisiert sich in deinem Kopf dann heraus, worauf du genau hinauswillst.

Viele Grüße
RinaWu

 

Hej linktofink,

ich denke es ist dieses “Alles", was mich nicht erreichen konnte.
Ich mag die Geschichte, den Plot, die Absurdität. Was für mein Empfinden nicht passt und überfrachtet ist das Schöne. Und zum ersten Mal erachte ich die Adjektive, die plakativen Beschreibungen der Protagonisten als zu viel. Mein Augenmerk will es im setting schön haben, in der Szene mit Henri, mit dem Zeitensprung, ich brauche keine hübschen Protagonisten, keine angedachten Liebesbeziehung.
Du willst es spannend. Solange ich von draußen auf alles blicke, ist es das nicht. Du bleibst oberflächlich, selbst bei den Empfindungen. Es ist zu seicht und lieb.
Ich bräuchte sie nicht spannend, aber ich hätte die beiden gerne spezieller, weniger gelockt, weniger blauäugig, weniger sanft und beschrieben.
Stärkere Charaktere, weniger ihres Außen. Ich will wissen, warum sie ihn will aber nicht jetzt, ich will wissen, wieso er aufmerksam ist und dennoch zurückhaltend, ich will wissen, warum es ihr möglich ist, abzutauchen ;) Aber ich will nicht, dass du es mir sagst, ih will es nachfühlen. So wie ich sie jetzt sehe, ist sie nichts Besonderes. Ich will nicht mal wissen, ob der Schnaps ihre Halluzinationen abgelöst und das Geheimnis des Wracks ist mir auch schnuppe, obwohl du eingangs den Eindruck vermittelt hattest, es spielte eine Rolle.
So könnte ich von mir denken: ich will weniger bunt, außer in der Halluzination, bzw. in der Ohnmacht, weniger love-story, aber mehr Dubioses, auch in den Charakteren.
Zum anderen ist mir manches zu wenig, so kann ich mit einer merkwürdigen Frisur wenig anfangen, gerade wenn es wichtig wird, mir ihre Vorstellung vor Augen zu führen.
Ich wünschte, du würdest da noch einmal rangehen und ausloten, denn es ist eine gute Geschichte.

Vielen Dank für diese Inspiration und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hi,
ich finde deine Geschichte interessant, wobei mich das drumherum sehr neugierig gemacht hat. Ich habe weder Bezug zum tauchen noch zum französischen und deine Beschreibungen, zeigen mir auf was ich alles noch nicht kennengelernt habe. Zu Anfang habe ich gedacht es dreht sich um eine Liebegeschichte zwischen einen "Aufreißer" und einer "stolzen Frau". Ich ordne das kribbeln im Bauch die ganze Zeit, der Spannung zwischen den zwei Hauptcharakteren zu. Bis dann irgendwann offensichtlich wird, dass es um die Beiden nicht so wirklich geht. Ich finde es nicht schlimm, muss aber sagen dass ich eine so etwas wie einen weiterführenden, bissigen Schlagabtausch zwischen den Beiden erwartet und nicht bekommen habe. Macht mich ein bisschen traurig ;) . Ich sehe ein, dass man sich für etwas entscheiden muss und das hast du dann. Wie und ob man das taktisch besser angeht weiß ich nicht aber da gibt es ja noch andere Kommentare zu. Weglassen würde ich es nicht, da es ja wiederspiegelt warum John sich Sorgen macht, wobei ich dann nicht so ganz verstehe warum er es unterlässt den Arzt zu holen.

Etwas schwieriger fand ich, einige Begriffe bzw. französische Sätze zu verstehen. Ich habe keine Ahnung was mit flippern gemeint ist und google hat mir beim verstehen des französischen Satzes leider auch nicht weitergeholfen. Ich habe eine ungefähre Ahnung auf was das alles anspielen sollen aber eventuell hilft es hier und da noch einen ergänzenden, erklärenden Satz hinzuzufügen. Wie bereits erwähnt habe ich damit bisher einfach keine Berührungspunkte und stehe dann mit kleinen, nicht zwingend störenden Fragezeichen da.

Trotzdem würde ich jetzt gern in den Urlaub, ins Warme. Reinversetzen konnte ich mich in die Umgebung sehr gut. Das machst du wirklich gut, denke ich.

Also kurzum, ich habe die Geschichte gern gelessen, etwas anderes bekommen als anfangs erwartet. Was nicht schlimm ist und weiß noch etwas mehr über meine Wissenslücken :)

 

Hallo linktofink,

beim Durchschnuppern der WK-Seite ist mein feines Näschen auf den Geruch der Grünen Fee in deiner Geschichte gestossen.

Deine Antwort

Na ja, Absinth hat bis zu 70% reinen Alkohol in sich, da passt flüchtig für mich ganz gut.
muss ich - der Absinth-Großmeister in Person (ach, davon erzähle ich dir bei unserem Niederrhein-Stammtisch) - in Gedanken wohl ein wenig zu laut ausgesprochen haben, denn plötzlich klopften der 77,7- und der 85-prozentige Absinth in meinem Barschrank an die Scheibe und schüttelten verärgert den (Flaschen)Kopf.

Flirrende Sonnenstrahlen blitzten durch die grünen Flaschen, bevor sie unter dem Schatten des Bootes verschwanden.
Die flirrenden Sonnenstrahlen verschwinden unter dem Boot?
Hat der Erzähler zu viel Absinth getrunken oder vorher kommt dieser Eindruck? :-)

Martine fragte sich, ob der Inhalt die Jahre unter Wasser unbeschadet hatte überstehen können. Die Etiketten waren schon lange verschwunden und die Flaschen hatten weder einen Glasstempel, noch eine charakteristische Form, die auf den Inhalt schließen ließ. Dennoch hatte Martine durch das, was sie sonst noch gefunden hatten, eine Idee.
Zu viel "hatte".
Vorschlag:

Martine fragte sich, ob der Inhalt die Jahre unter Wasser unbeschadet hatte überstehen können. Die Etiketten waren schon lange verschwunden und die Flaschen wiesen weder Glasstempel, noch eine charakteristische Form auf, die auf den Inhalt schließen konnten. Dennoch bekam Martine durch ihren Fund eine Idee.

Von hier oben war das schmale Wrack auf dem Meeresboden schemenhaft zu erkennen. Die Überreste einiger Querspanten ragten aus dem grauen Schlick und deuteten vage die Kontur des klassischen Seglers an.
"nur noch schemenhaft zu erkennen", denn vorher war es sicher besser zu erkennen.

Wie ein eingedrückter Brustkorb, dachte Martine. Dort im Innern, wo sie gebuddelt hatte, türmte sich noch der Schlamm zu kleinen Haufen.
im fauligen Schlick überkam. Als würde sie außer Schlamm
Buddeln, Schlamm, Haufen, fauliger Schlick, Schlamm ...
Das wiederholt sich. Kürzungspotential.

Wie üblich ragte der Rest einer Kippe schief aus seinem Fünftagebart
Kippe im Bart?

»Och, einen Haufen ganz toller Sachen: extraordinäres Altglas, ein paar kaputte Teller und dazu noch einen zerfressenen Löffel.« Triumphierend schwenkte ihn John wie einen Degen durch die Augustluft zwischen ihnen und grinste schief.
Da du den Haufen zuerst erwähnst und dann die Dinge einzeln, klingt es hier, als schwenkte er den Haufen durch die Luft.
Warum hier August? Warum zuvor Scuba, dann Halbtrockenanzug (wobei du später nur "Taucheranzug" sagst), Großsegel?
Wofür die ganzen Details? Sollte es ursprünglich ein Roman werden?

Anders als andere Männer hatte John diese natürliche Männlichkeit, die sie verrückt machte.
Abgegriffen, wie aus einem Groschenroman. :Pfeif:

Als sie wieder die steile Treppe hochstieg,
Auch hier: Wofür "steil"? Ist doch egal.

John war anders, wohltuend anders.
Es versprach, ein schöner Abend zu werden.
Hier nur reine Behauptungen ohne Beleg.

Nach dem Einlaufen in die Marina von 'La Saline' vertäute John die ESPERANZA am Anleger.
Puh, was für ein Satz, wie in verschiedenen Farben geschrieben. Warum die drei Eigenbegriffe alle unterschiedlich formatiert (ohne, Hochkommata, groß)?
Ist Marina ein Hafen/Anlegeplatz? Wenn ja, das schreib das doch einfach so.
Mir kommt es fast so vor, als sei die Zielgruppe deiner Story ein Haufen Seeleute :D

und jonglierte mit seiner Zunge die Kippe in den anderen Mundwinkel,
Wärest du konsequent, müsstest du schreiben:
und jonglierte mit seiner Zunge die Kippe in den anderen Bartwinkel :)

Doch John war niemand, der ein Lachen übelnahm. Vielmehr quittierte er es mit einem souveränen Zwinkern und kaute weiter auf seiner Zigarette.
Zu viel Erklärung. Dass er souverän zwinkert, sagt doch schon, dass er es nicht übelnahm.
Ich als Leser möchte nicht alles vorgekaut bekommen, sondern selbst denken und Schlüsse ziehen.

John stand noch in der Küche und zauberte einen seiner köstlichen Sommersalate.
Hier klingt es, als seien sie ein altes Paar. Was für eine Beziehung haben sie eigentlich?

verkrustetes Stück Messing
salzverkrusteten Bojen
Würde eines ersetzen.

Mit ruhiger Hand schenkte sie einen winzigen Schluck in das Wasserglas. Martine schwenkte die tiefgrüne Flüssigkeit vor ihren Augen, roch noch einmal daran und dann, wie in Trance setzte sie das Glas an die Lippen und nippte.
sie, Martine, sie
Ist ein wenig unrund, weil da mittendrin ein Name erscheint. Würde ich in Martine, sie, sie ändern.

Als sie die Augen öffnete, verflog ihr Ärger blitzartig und machte Verwirrung Platz.
Den Ärger und die Verwirrung könntest du zeigen, anstatt zu erzählen.

Einer Frau mit merkwürdiger Frisur und übertrieben rot geschminkten Lippen, weniger als eine Armlänge von ihr entfernt. Dennoch blinzelte diese ihr zu und redete lebhaft gestikulierend mit Händen und Füßen auf sie ein. Sie hörte nicht zu.
Was geht hier vor? Was hat John mit mir gemacht?, dachte Martine. Ruckartig setzte sie sich auf und schaute an sich herab. Ihre Hände raschelten über ein opalgrünes Seidenkleid. Größer konnte der Kontrast nicht sein zu dem dunkelroten Sofa, auf dem sie lag. Unten war das Kleid gerafft und mit einem aufgeplusterten, weißen Unterrock ausstaffiert. Gerade noch konnte sie die Spitzen ihrer blanken, schwarzen Lederstiefeletten sehen. Durch die Lücke dazwischen sah sie einen klein gewachsenen, schlecht rasierten Mann mit vollen Lippen, der sie über seine Brille hinweg musterte. Er trug ein weißes Hemd und darüber eine zugeknöpfte, dunkle Weste. Auf seinem Kopf ruhte eine Melone, die lustig hin und her tanzte, wenn er den Kopf bewegte, jedoch nicht herunterfiel.
Ich wollte eigenlich nichts mehr zu den vielen Beschreibungen sagen, aber hier ist es m.E. wirklich extrem übertrieben.
Ich muss ehrlich sagen: Hätte der Text so angefangen, wäre ich sofort ausgestiegen. :hmm:

Der Maler hielt die Hände jetzt vorwurfsvoll ausgebreitet und hob die Schultern.
Wie? Maler? Später ist er gar ein kleiner Maler ...? Was geht da ab?
Gut, ich merke sofort, dass sie die Zeit verlassen hat, habe ich das Gefühl doch auch immer nach einem Gläschen Grüne Fee ... :wein:

Eine Karawane von Bediensteten brachte Wasserspender, Gläsertabletts, Zuckertöpfe und grün befüllte Flaschen, die Martine sehr bekannt vorkamen.
Stilecht wäre der Behälter mit dem kleinen Hahn gewesen, wo es ganz langsam heraustropft ... oder meinst du das mit "Wasserspender"?

stellte ein tulpenförmiges Glas unter einen der Hahnauslässe
Da kommt es ja. :thumbsup:

Die kleine, knubbelige Hand des Malers stellte ein tulpenförmiges Glas unter einen der Hahnauslässe und seine andere kohleschwarze Hand legte einen spatelförmigen, geschlitzten Löffel quer über den dünnen Rand.
7 in einen Satz. (Sorry. Ich bin schon ruhig. Aber das lenkt mich total ab.)

von dessen linkem Ohr ein Stück fehlte.
Jetzt hat auch noch van Gogh seinen Auftritt ...

»Kannst du es mir trotzdem zeigen, s´il te plaît?« – »Bitte, Henri, mir zu liebe.« Sie fabulierte ins Blaue
Wofür der Bindestrich und warum nicht zusammen in eine wörtliche Rede? Oder sprechen da zwei verschiedene?

Wortlos zog der Maler seinen Block hervor und schlug das Deckblatt nach hinten. Dann hielt er ihr die Zeichnung hin und sie sah sich auf dem Sofa liegen.
Das könntest du viel spannender machen. Lass dir mehr Zeit. Z.B.:
Dann hielt er ihr die Zeichnung hin. Martines Herzschlag raste/Martine zuckte zusammen. Blinzelnd starrte sie aufs Gemälde. ...

diese unbeschreiblich blauen Augen.
Ein Autor sollte nie unbeschreiblich sagen! Es ist die Aufgabe des Autors, Sinne beim Leser zu wecken. :teach:

Mit einem Kuss auf die heiße Stirn deckte er sie zu.
Deckte er sie mit einem Kuss zu oder mit einer Decke? :Pfeif:

Dass Martine am Ende auf das Gemälde trifft, war für mich absehbar.

Viele Dinge sind m.E. überflüssig: dass das Ferienhaus auf Klippen steht und das ganze Seemanns-/Tauchzeugs.
Dann: Adjektive, Adverbien. Streichen, streichen!
Die Kunst liegt darin, Atmosphäre zu schaffen, ohne übereifrig Adjektive und Adverbien einzusetzen. Meine Meinung.
Schau dir mal die 10 Tipps von Andreas Eschbach an.

Hat mit gefallen.
Wünsche dir noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo Charly1406,

diese Art von Seltsamkeit in Geschichten mag ich ganz gern. Sollte sie die Flaschen finden und einen Blick in die Vergangenheit erfahren? Vielleicht in ein früheres Leben, oder fand da unten ein Geist keine Ruhe? Was ist geschehen mit der Frau im grünen Kleid? Tja, vielleicht gibt das Dinge zwischen Himmel und Erde die wir nicht verstehen, wer weiß.
Ich fand das interessant und habe das gerne gelesen.
Freut mich, dass die Idee dich anspricht. Da sind noch einige Seitenwege gangbar.

Am Anfang der Geschichte hatte ich den Eindruck, du brauchtest bisschen um reinzukommen. Da holpert es. Ich hätte auch gern erfahren, in welchem Bezug Martine und John zueinander stehen. War für mich nicht so klar ersichtlich. Sind sie ein Paar in Urlaub? Oder arbeiten sie da zusammen?
Jo, das wurde auch von anderen bemängelt. An dem Miteinander der beiden muss ich noch feilen.

" ... doch es würde noch locker ausreichen.
Ich würde locker streichen, klingt irgendwie besser.
gemacht

Flipperte passt irgendwie gar nicht.
sorry, das muss ich drinlassen ;)

"Hindurchgepeilt"
Passt nicht so zur Sprache deiner Geschichte.
geändert

"Jäh riss sie die Augen auf"
Hast du versehentlich zwei mal hintereinander geschrieben.
dito

Die Freundin deren Namen sie "noch" nicht wusste.
Sie erfährt ihn ja später auch nicht.
jo, auch

Jäh riss sie die Augen auf, hast du genau so schon mal.
ist weg

Schöne Geschichte, hat mir gefallen.
Danke, aber sie kommt nochmal auf den Seziertisch.

Peace, linktofink

 
Zuletzt bearbeitet:

TeddyMaria,

Huh liebe Maria,

Ich denke aber auch, inzwischen hast Du Deinen Stil gefunden, und … er gefällt mir nicht. Alles ist voller Adjektive und Adverbien, jedes kleinste Fitzelchen jeder allerkleinsten Handlung wird allerdetailliertst (ein normaler Superlativ reicht dafür nicht) beschrieben.
Ja das mit dem Stil ist so eine Sache. Die einen mögen es, andere nicht. José schrieb dazu im Kommentar zu "Im Moor":
Viele – auch ich – haben sich ziemlich schnell an Deinen Stil gewöhnt, da ist es einfach, bei Deinem Nick zu nicken oder den Kopf zu schütteln.
Ich kann deinen Leseeindruck nicht mit dir diskutieren, ich kann ihn nur als das nehmen und respektieren, was er ist: deine subjektive Einschätzung. Daneben stehen subjektive Einschätzungen anderer Leser, die es genauso mögen, wie ich es mache und bei denen einfach viel ankommt. Deshalb tue ich mich schwer damit, zu konstatieren, dass dieser Weg zu schreiben falsch sei. Ich sehe meine Art zu schreiben sicher noch in der Entwicklung und da wird noch einiges passieren, doch ich werde wohl nie nüchterne Stories ohne Emotionen schreiben. Dazu ist mir selbst vieles, was ich hier und andernorts lese, zu betulich und lässt mich kalt, weil in mir keine Bilder entstehen, die mich fesseln.
Ich mag es lieber bunt, mit Verve und manchmal halt auch voll auf die Zwölf. Dass du das als allerdetaillierst empfindest und dich gegängelt fühlst, finde ich schade. MMn liefere ich gerade genug Anhaltspunkte, um ein Bild entstehen zu lassen, das nicht beliebig ist, sondern so wie ich es gemalt habe. Manche zeichnen gerne schemenhaft mit dünnem Bleistift, andere tunken den Pinsel in satte Farben und klatschen die Farbe auf die Leinwand. Aber wie gesagt, vermutlich ist das sinnlos zu diskutieren, weil das jeder anders empfindet.

Den Textkram habe ich mittlerweile abgearbeitet, danke dafür!

Tatsächlich fand ich interessant, was Du Zwischenmenschliches zu erzählen hattest. Die Beziehung zwischen Martine und John, da war ich total bei Dir. Die Details über das Trinken von Absinth und die Zubereitung von Salat haben mich dann leider rausgerissen. Das nur so als Inspiration, falls Du doch mal Lust hast, nochmal den Pfad zu verlassen, auf dem Du wandelst. Aber wie gesagt, muss nicht. Jeder hat so seinen Kram, und ich bewundere Dich auch dafür, dass Du einen Stil findest. Dass das so ist, haben wir ja beim Maskenball alle gespürt. Ein linktofink ist ein linktofink ist ein linktofink. Ich muss aber sagen, ich denke gerade ein bisschen wehmütig an „Der Riss“ und „Transluscent“, wobei letzteres schon extrem viele Details hatte, sich aber noch auf das Zwischenmenschliche konzentriert hat, was Du auch so gut kannst.
Ok, danke für die Rückmeldung. Da fehlt in der aktuellen Story noch was, die Rückmeldung bekam ich jetzt öfter.
Ich hab auch die Idee, das Kentern des Schiffs noch mit reinzunehmen, was bedeuten würde, den Text noch mal umzustricken. Ich schau mal, vielleicht gebe ich dem Ding nochmal einen anderen Drive.

Peace, Linktofink

Hola Anne49,

wie bei jedem Text, den ich schreibe, gibt es im Anschluss die Diskussion um den Stil. Du schreibst dazu:

ich habe deine Geschichte gerne gelesen! Adjektive und Jargon haben mich (bis auf vereinzelte Ausnahmen) nicht gestört. Genau dadurch schaffst du eine dichte Atmosphäre, wie sie auch oft in historischen Romanen anzutreffen ist. Gepflegte Unterhaltung, dagegen ist nichts einzuwenden.
Es ist wirklich schwer für mich, die eigene Position zu finden und zu behaupten, da so viele unterschiedliche und teils widersprüchliche Statements auf mich einprasseln. Immer wieder stelle ich alles auf den Prüfstand. Deshalb ist es schön zu lesen, dass du im Großen und Ganzen mit meinem Stil klar kommst.

Deine hilfreichen Anmerkungen zum Text habe ich samt und sonders umgesetzt, vielen Dank.

P.S. Du schreibst sicher eine Fortsetzung mit Lovestory zwischen John und Martine?
Mal sehen, ob ich noch Lust habe ...;)
Vielleicht geht´s auch in Richtung Todeskampf auf offenem Meer.

Peace und schönen Urlaub noch (immer eine Handbreit Waldmeister-Alsterwasser unterm Kiel und einen Cappuccino, wenn man ihn braucht),

Linktofink

Nichtgeburtstagskind,

Liebe NGK,

schön, dass du nicht aufgibst!

Überschrift ist geändert, shame on me …

Ich muss sagen, dass ich diesmal ziemlich gut in deine Geschichte reinkomme. Die Diskussion über zu viele Adjektive lasse ich diesmal beiseite.
Hej, das sind good news aus deinem Munde.

Ich habe grade mal nach Absinthlöffel gegoogelt weil ich die Dinger auch nicht kannte. Ich finde die meisten sehen nicht wie ein Löffel aus, eher wie ein löchriger Tortenheber. Meinst du John hätte es als Löffel bezeichnet ohne zu wissen, was es ist?
guter Punkt, war mir beim Schreiben auch aufgefallen, deshalb habe ich einen in Blattform reingenommen, der wirklich nach Löffel aussieht.

Ich persönlich finde ja eine Zigarette das unerotischste was es gibt ... Ich denke nicht, dass Rauchen in Geschichten noch verwendet werden sollte, schon gar nicht positiv besetzt.
Hast natürlich recht, ist mir durch deine Anmerkung erst aufgefallen, dass ich das in beinahe jeder KG tue.

Ich finde mit dieser Mal und Absinthtrinkszene verschenkst du so viel Potential. Es passiert einfach nichts.

Und was ist aus dem Untergang des Bootes geworden? Und was aus dem Kribbeln zwischen John und Martine?

Da merke ich deinen Hang zur Fantasy und verstehe das als Rüffel, den "Show"-Anteil zu erhöhen. Tatsächlich denke ich darüber nach, den Untergang des Boots mit reinzunehmen, quasi als zweite Traumsequenz.

Wie gesagt gefallen mir die Szenen am Boot und in dem Häuschen ganz gut, du schaffst eine schöne Atmosphäre. Es ist Urlaub, aber da ist auch was Besonderes, etwas Geheimnisvolles.
Und das aus deinem Munde ;)

Du lässt dir Zeit bis du Martine den Absinth trinken lässt und baust dabei zwei Rätsel auf. Warum ist das Boot untergegangen? Was geht da zwischen John und Martine? Beides beantwortest du nicht. Das mag ich nicht.
Da deckst du zwei Mängel auf, die ich beheben sollte.

Warum wacht sie nicht auf dem Boot auf als es untergeht? Alle sind schon benebelt vom Absinth, ein Sturm kommt auf, das Schiff geht unter, sie wird gerettet, verliert aber ihre wertvolle Kette, die sich noch in einem Geheimfach befindet. Das findet sie dann natürlich auf einem erneuten Tauchgang als Martine.
Achja, und während des Tripps in die Vergangenheit kommt es zu ner heißen Szene mit nem Mann, der aussieht wie John, der aber der Mann ihrer Schwester ist ...
Habe eine Co-Autorenschaft anzubieten :lol:

Verstehst du was ich sagen will?
Yes, angekommen.

Peace und Danke, linktofink

 

Hallo peacefruediger linktofink,

eigentlich kommentiere ich nicht mehr, wenn schon viele vor mir kommentiert haben, komm mir dann iwie überflüssig vor, aber jetzt will ich doch.

Erst mal zu deinen Veränderungen: Ich finde das sehr gut gelöst, wie du den Anfang jetzt gestaltest. Vorher war es so, da hatte ich erst recht spät mitbekommen, dass sie unter Wasser ist und mich dann über manche Beschreibung gewundert. Klar, im Nachhinein, ergab das alles seinen Sinn, aber ist halt immer blöd, wenn man sich so ein bisschen fragt, ob das denn sein kann, dass eine Fracht nach oben steigt. Entspringt ja nicht unbedingt den Naturgesetzen, wennman sich auf dem Boden befindet und was anderes als einen Luftballon in der Hand hält. Jetzt hab ich gleich im zweiten Satz eine räumliche Orientierung, weiß als Leser, wo ich bin und kann einem spannenden Fund beim Lesen folgen.
Auch, dass du den Titel geändert hast finde ich extrem gut, Ich lerne zwar gerade Französisch und trotzdem oder vielleicht gerade deswegen hatte es vorher sehr sehr lange gedauert, bis ich gerafft hatte, dass das Französisch sein sollte. Ich glaub, ich hab den Artikel vermisst, weil im Franz. immer irgendeine Artikelform vor dem Nomen steht, und wenn das dieser komische Teilungsartikel ist. Ich hab mich also im Holländischen gewähnt oder einer Fantasiesprache.
Naja, vielleicht trotzdem ein bisschen begriffsstutzig. Wurschtegal, so ist es jedenfalls besser.
Ähnliches galt für die grüne Katz, da hatten Nomen und Adjektiv nicht ganz gepasst, also hab ich wieder begriffstutzig gedacht, nee, doch kein Französisch. Naja, und wenn man die ganze Zeit so rumdenkt, hats die Geschichte schwer. Das hast du alles ausgebügelt und wunderbar.

Eine andere Sache aber lässt mich nicht los. Wie hast du das Ende gemeint? Ich habe es von Anfang an so gelesen dass das Gesicht auf dem Bild, das Martine dann googelt, ihres ist. Dass also sie und Loreen identisch sind. So haben es ja auch die meisten verstanden. Warum betonst du das aber nicht ein ganz kleines bisschen mehr, dieses sich Wiedererkennen im Gesicht? Wären nur ein zwei Wörter, aber du würdest damit den Fokus auf eine Sache legen, die in deinem Plot ja angelegt ist. Martine sieht in der Malerszene, dass sie von Henri "erkannt" wird, der legt die tieferen, inneren Schichten ihres Gesichtes, ihrer Seele frei. Diesen Henri sucht sie auch sofort, wenn sie aus dem Betäubungsschlaf erwacht. Warum machst du das nicht zu deinem Hauptkonflikt? Eine Frau auf der Suche nach ihrer Identität?, Die sie in einem vergangenen Jahrhundert entdeckt, bei einem Mann, der schon längst vergangen ist, ebenso wie sie selbst. Das ist alles alles alles schon bei dir angelegt, ihre Oberflächlichkeit, ihre Flirterei mit John, der zwar anziehend ist für sie, aber trotzdem auch wieder nicht. Dann hättest du auch eine viel größere Verzahnung zwischen den beiden Geschichtenteilen. Wie gesagt, es ist ja alles angelegt, du müsstest lediglich an ein paar Stellschrauben drehen, um das Hauptthema, Identitätssuche, die Suche nach dem ganz eigenen Gesicht herauszuschälen, so dass alle Elemente der Geschichte verknüpfter sind. Nur den Untergang des Bootes hättest du nicht drin. Aber wenn du sie nicht ganz so lange darüber sinnieren ließest, würde das Boot auch nicht wie ein nicht benutztes Tscheschowsches Gewehr wirken. Falls du dich fragst, was ich damit meine, ich verlinke mal hierzu, dann muss ich nicht so viel erklären.
tvtropes-Tschechows Gewehr

Den "eingedrückten Brustkorb", den du Martine denken lässt, den würde ich trotzdem behalten, der ist echt wunderbar. Ein sehr atmosphärisches Vorandeuten einer kommenden Gefahr, einer Beklemmung. Nur arbeitst du die Beklemmung nicht so wirklich aus, ihr Unwohlsein, zum Beispiel, bevor sie den Schluck nimmt. Hat sie denn da gar keine Schiss, dass das Zeug sonstwohin gekippt ist und sie tendenziell vergiftet? In der Szene mit Henri könntest du auch größere Angst verarbeiten, der Traum ist ja völlig selbstverständlich für sie, einfach völlig futrchtfrei. u fragst, wie du mehr Spannung erzeugen könntest. Jedenfalls nicht dadurch, dass Leute alle Situationen, auf die sie treffen, die völlig ungewohnt sind, als völlig selbstverständlich nehmen. Ob ihr da in dieser fremden Traumwelt nun Böses widerfährt, oder nur bemerkt, dass jemand, den es lang nicht mehr gint, sie als einiziger erkennt hat, da ist doch beklemmend, bedrängend, fremd, furchteinflößend, du musst bloß mal den Mut haben, da reinzuhenen. Stell dir mal vor, sie erkennt, dass sie mit dem Maler schon geschlafen hat und in dem Traum sich fragen muss, woher sie das eigentlich weiß, und stell dir vor, es ist das, was sie immer vermisst hat bei der Männersuche. Etwas, was sie in John zu finden hofft und nicht findet oder vielleicht doch. Ach ich weiß nicht, ich fantasiere jetzt so vor mich hin, keine Ahnung, in welche Richtungen das alles laufen könnte, wenn man ihre Identitätssuche mehr in den Vordergrund stellt. Jedenfalls läuft die Suche nach eignen Gesicht, nach dem Erkannt werden nicht so konfliktfrei ab wie in deiner Malerszene. Und ansonsten fand ich halt ebenso wie einige andere, dass das Verhältnis zu Henri nicht genügend mit der restlichen Geschichte verzahnt ist. Du könntest es aber viel jedenfalls stärker verzahnen durch das Motiv ihrer Identitätssuche.

Und zum Schluss wollte ich noch was zu deinem Stil sagen. Nicht, weil er so falsch ist, sondern weil ich dich ein wenig stützen wollte in dem, was du tust, und vielleicht noch paar Überlegungen mitgeben, die ich mir gemacht habe zu deinem Stil

Es ist wirklich schwer für mich, die eigene Position zu finden und zu behaupten, da so viele unterschiedliche und teils widersprüchliche Statements auf mich einprasseln. Immer wieder stelle ich alles auf den Prüfstand.
Das schreibst du in einer Antwort. Das klingt ein wenig zweifelnd. Ich denke mir, es gibt sehr viele Wege um zu Ziel zu kommen. warum soll man dann nicht seinen eigenen Weg gehen und das schreiben, was einem selbst gefällt. Und auch schreiben, wie es einem gefällt? Schreibratgeber sind wichtige Instrumente, ich frage mich aber auch manchmal, wie wohl ein Schreibratgeber zu den Novellen von früher geschrieben worden wäre? Wenn dich jemand kommentiert, der seinen persönlichen Weg des Schreibens gefunden hat, dann wird er/sie dich immer von seiner Sicht überzeugen wollen, vielleicht sie auch für die einzig richtige halten. Ich finde das oft sehr charmant, und wichtig, weil man dadurch eben unterschiedliche Facetten zum Beurteilen der eigenen Geschichte erhält, Offenheit zeigt zum Durchdenken, aber es ist eben auch immer sehr wichtig, sich seine eigenen Vorlieben und Wege bewusst zu machen.

So - jetzt kommen die eigentlicheIch mag zum Glück beides. Knappste, verdichtete Sprache mit rein neutraler Kamera, und genauso gut liebe ich eine kraftvolle Sprache, atmospärische Beschreibungen, wilde, leidenschaftliche Bilder. Also zum Beispiel deinem Maskenballtext konnte ich einiges abgewinnen. Und genauso auch hier. Nicht immer und überall, aber dem Sinn, dem Gedanken dahinter schon.
Ich mach mal ein Beispiel:

Flirrende Sonnenstrahlen blitzten durch die grünen Flaschen, bevor sie unter dem Schatten des Bootes verschwanden.
Jemand hatte geschrieben, Schatten des Bootes würde nicht gehen, ich verstehe es nicht. Sondern finde das ein schönes Bild. Ebeneso die flirrenden Sonnenstrahlen, also das Adjektiv, obwohl es im Verb natürlich in gewisser Weise "blttzten" schon enthalten ist. Ich finde diesen Satz, obwohl er bestimmt eine Menge falsch macht, weiß schon, in so einem Regelsinn, trotzdem sehr schön. Er macht auch viel richtig. Zum Beispiel durch die Nennung der Farbe. Dieser Grünkram zieht sich ja durch die Geschichte. Weiß ich gleich, okay, mit den Flaschen geht gleich was ab, die sind grün, die Biester. Dann kommt hier für mich noch was anderes rein, das ist nämlich eine Art der Lautgestaltung. Anfangs die Betonung auf den "i"s in blitzen und flirrend, da wird der schnelle wechselnde Tanz des Lichtes auf dem Wasser betont, dann wechselt die Lautgestaltung zum a in Schatten und verschwanden. Erzeugt eine Abrundung dieser Bewegung der Flaschen. Gut, das ist für das Prosaschreiben bestimmt nicht so wichtig, aber ich überlege mir sowas eben auch mal, wenn mir ein Satz einfach gefällt, weil er in sich eine Bewegung erzeugt. Dann darfs auch mal ein Adjektiv zu viel sein, wenns halt passt. Aber wie gesagt, alles Geschmackssache.

Martine mochte den Anblick dieses dunkel gegerbten, von braunen Locken umrahmten Gesichts, aus dem die meerblauen Augen sie anfunkelten.
Da ist es mir zu viel, aber nicht wegen ein paar Adjektiven zu viel, sondern weil das halt so ein Parademann ist, lass mal zehn Leute den typischen Seebären beschreiben. Da trifft vielleicht die braune Haarfarbe nicht die Mehrheitsbeschreibung. Der Rest dürfte so ziemlich häufig auftauchen. Du hast also ein Stereotyp beschrieben. Ist ja einerseits auch nicht schlimm, denn gegerbt dürfte die Haut von Seglern schon sein und zerzust sind die bestimmt auch immer. Aber warum denkst du dir nicht iwas ganz Besonderes, etwas Einzigartiges an diesem Mann, etwa, das eben aus der Stereotypie rausknallt?

Dann hielt er ihr die Zeichnung hin und sie sah sich auf dem Sofa liegen. Ihr Gesicht war sehr gut getroffen und er hatte etwas eingefangen, was genau so flüchtig war wie der Absinthdunst, in dem sie saßen. Sie schaute in einen Spiegel ihrer Seele. Und das hatte er mit nur wenigen Kohlestrichen geschafft. Jeder von ihnen saß. Nichts hätte man weglassen dürfen und nur wenig mehr hinzufügen.
Hier ist es so, dass du ruhig mehr hättest showen können. Vor allem vor dem Hintergrund, wenn man ihre Identitätssuche ein wenig mehr in den Vordergrund rücken will. Spannend wäre halt gewesen, was sie sieht. Spiegel ihrer Seele ist ein Ersatz,dafür, den ich gar nicht missen will, aber es ist halt eine Autorenbehauptung, die durch nichts belegt ist, da seh ich das Gesicht halt nicht.

John zögerte. Perplex und völlig ratlos. Mit dem Telefon in der Hand trat er von einem Fuß auf den anderen. Leise murmelte er ungläubig: »Wie kann jemand von einem winzigen Schluck Alkohol so betrunken sein?«
Es war nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern aufrichtig erstaunt. Vergleichbar mit dem mundoffenen Staunen, das einen beim Anblick der Pyramiden überfällt oder beim ersten Hüpfer auf dem Mond. Dieses 'Das ist also auch möglich'-Gefühl. Oder war beim Tauchen irgendetwas schiefgelaufen?
Ab da hast du dann die Perspektive gewechselt, was ich nicht schlimm finde, war nur überraschend. Aber was mich da extrem gestört hat, das war die Fülle an Vergleichen, die du alle bemüht hast, um seine Art des Blickes zu beschreiben. FÜNF Weisen, seine Erstauntheit auszudrücken: aufrichtig erstaunt/mundoffenes Staunen/beim Anblick von Pyramiden/erster Hüpfer auf dem Mond/also auch möglich Gefühl. Leider wirken sie tw zum einen unfreiwillig komisch, der erste Hüpfer auf dem Mond zum Beispiel. Aber es wirkt auch, als würdest du deiner eigenen Beschreibung überhaupt nicht trauen.Als müsstest, wolltest du die mangelhafte Einzelbeschreibung durch die Masse kompensieren. Das bedeutet aber auch, dass das einzelne Bild überhaupt nicht mehr wirken kann. Also da bin ich mir einfach handwerklich sicher, ohne jetzt jede Geschmacksfrage, dass so ein Masseschuss nach hinten losgeht.

Ja, stimmungsvolle schöne Geschichte, die noch ein paar Nachjustierungen bräuchte, dann wäre die klasse stimmungsvoll und rund. Vielleicht nicht neu oder superoriginell, vielleicht trotzdem vorhersehbar, aber scheiß doch der Hund drauf, es wäre jedenfalls eine Sache, mit der du total zufrieden sein könntest. Kannst du jetzt auch schon, aber bisserl verzahnter, bisserl auf irgendein Hauptmotiv zugeschnittener könntst schon noch sein.

Freundliche Grüße vom Morgenkaffee, der mittlerweile zum Mittagskaffee geworden ist.

Novak

Ein

 

Vorab möchte ich erklären, warum es diesmal so lange dauert mit der Antwort auf eure Kommentare:
Ich habe den Großteil des gestrigen Tags damit verbracht, eure Anregungen und konstruktiven Kritiken zu beherzigen und die Geschichte dementsprechend umzustricken.

Die Beziehung zwischen John und Martine ist jetzt geklärt, deshalb sind Teile der (meiner) Komms zuvor hinfällig.


Nichtgeburtstagskind,

hallo, ich nochmal.

Du lässt dir Zeit bis du Martine den Absinth trinken lässt und baust dabei zwei Rätsel auf. Warum ist das Boot untergegangen? Was geht da zwischen John und Martine? Beides beantwortest du nicht. Das mag ich nicht.
Ich schrieb dazu ja schon, dass du zwei Mängel aufdeckst, die ich beheben sollte. Ich habe mir das sehr zu Herzen genommen und hoffe auch entsprechend behoben. ;)


RinaWu,

den Titel hat GoMusic schnell für mich geändert, danke dafür.

Aus deinem Komm:

Du schreibst, du stehst eigentlich auf dieses vor sich hin tröpfelnde Intermezzo zwischen Martine und John. Gut, das ist natürlich dein Text und du entscheidest, was dir darin wichtig ist und was nicht. Ich sage dir aber, für mein Empfinden schmälert dieses zu lange und viel zu detaillierte Geplänkel jegliche Spannung.
Das Geplänkel hat jetzt durch geänderte Grundvoraussetzungen eine andere Farbe bekommen. Mich würde interessieren, ob du jetzt eine Art von Spannung darin findest?

Du solltest dich fragen: Was genau möchte ich erzählen? Möchtest du die Geschichte der beiden Turteltauben erzählen, wie sie sich anzicken, wie sich umeinander herumtänzeln, ihr "Machtspielchen", wie du es unten nennst? Oder ist es dir wichtig, Martines Sturz in diese Zwischenwelt, in ein früheres Leben zu erzählen und mysteriös zu gestalten? Irgendwo muss der Schwerpunkt liegen. Im Moment kann man den noch nicht so recht erkennen, deshalb leidet darunter eben auch die Spannung ein wenig.
Ich habe die KG jetzt so verändert, dass beide Schwerpunkte enger verbunden sind und sich aufeinander beziehen. Ich wollte nicht einen Schwerpunkt opfern, sonst hätte mir der andere gefehlt. Ich hoffe, es funktioniert jetzt besser.

Danke für deinen erneuten Besuch.


Kanji,

ich denke es ist dieses “Alles", was mich nicht erreichen konnte.
Ich mag die Geschichte, den Plot, die Absurdität. Was für mein Empfinden nicht passt und überfrachtet ist das Schöne. Und zum ersten Mal erachte ich die Adjektive, die plakativen Beschreibungen der Protagonisten als zu viel. Mein Augenmerk will es im setting schön haben, in der Szene mit Henri, mit dem Zeitensprung, ich brauche keine hübschen Protagonisten, keine angedachten Liebesbeziehung.
Das war ein wichtiger Hinweis, danke hierfür. Jetzt ist John nicht mehr schön, sondern hässlich und ähnelt dem Maler, was noch ganz andere Denkwege öffnet. Auch die Liebesbeziehung ist keine vollstreckte mehr, sondern eine (hoffentlich) kribbelnde, sich anbahnende.

Du willst es spannend. Solange ich von draußen auf alles blicke, ist es das nicht. Du bleibst oberflächlich, selbst bei den Empfindungen. Es ist zu seicht und lieb.
Ich bräuchte sie nicht spannend, aber ich hätte die beiden gerne spezieller, weniger gelockt, weniger blauäugig, weniger sanft und beschrieben.
Ich denke beide Prots haben in der neuen Version an Profil gewonnen, hoffentlich auch an nachvollziehbarem Innenleben.

Stärkere Charaktere, weniger ihres Außen. Ich will wissen, warum sie ihn will aber nicht jetzt, ich will wissen, wieso er aufmerksam ist und dennoch zurückhaltend, ich will wissen, warum es ihr möglich ist, abzutauchen Aber ich will nicht, dass du es mir sagst, ih will es nachfühlen. So wie ich sie jetzt sehe, ist sie nichts Besonderes. Ich will nicht mal wissen, ob der Schnaps ihre Halluzinationen abgelöst und das Geheimnis des Wracks ist mir auch schnuppe, obwohl du eingangs den Eindruck vermittelt hattest, es spielte eine Rolle.
So könnte ich von mir denken: ich will weniger bunt, außer in der Halluzination, bzw. in der Ohnmacht, weniger love-story, aber mehr Dubioses, auch in den Charakteren.
Ich hoffe, die Beziehung der beiden ist so klarer und Sie als Prota hat eine Vor-Vergangenheit, die bis in die Gegenwart strahlt? Mich würde interessieren, ob die Charakterdarstellung und die Bindung der einzelnen Story-Elemente jetzt für dich besser funktionieren und die Dosis an Dubiosem nun stimmt?
Wenn nicht, bin ich dankbar für weitere Hinweise.

Freundlichen, peacevollen Gruß zurück. ;)


gretPump,

aus deinem Komm:

Ich ordne das kribbeln im Bauch die ganze Zeit, der Spannung zwischen den zwei Hauptcharakteren zu. Bis dann irgendwann offensichtlich wird, dass es um die Beiden nicht so wirklich geht. Ich finde es nicht schlimm, muss aber sagen dass ich eine so etwas wie einen weiterführenden, bissigen Schlagabtausch zwischen den Beiden erwartet und nicht bekommen habe. Macht mich ein bisschen traurig
einen bissigen Schlagabtausch kann ich leider nicht liefern, aber ich hoffe, das was du in der neuen Version bekommst, ist auch ok? Ich habe mich bemüht, die Rahmenhandlung enger mit dem Mysteriösen zu verweben, damit es beim Lesen nicht wie zwei Blöcke wahrgenommen wird.

Weglassen würde ich es nicht, da es ja wiederspiegelt warum John sich Sorgen macht, wobei ich dann nicht so ganz verstehe warum er es unterlässt den Arzt zu holen.
Danke für den Hinweis, jetzt versucht er es wenigstens.

Etwas schwieriger fand ich, einige Begriffe bzw. französische Sätze zu verstehen.
Jo, da gebe ich dir recht, doch auf deutsch klingt der Satz ("Die grüne Stunde in der grünen Katze ist gekommen") leider bei weitem nicht so atmosphärisch.

Danke für deinen Leseeindruck. Wenn ich etwas Urlaubsatmo geweckt habe, umso besser ...


GoMusic,

muss ich - der Absinth-Großmeister in Person (ach, davon erzähle ich dir bei unserem Niederrhein-Stammtisch) - in Gedanken wohl ein wenig zu laut ausgesprochen haben, denn plötzlich klopften der 77,7- und der 85-prozentige Absinth in meinem Barschrank an die Scheibe und schüttelten verärgert den (Flaschen)Kopf.
Lass das Zeugs bloß zuhause, sonst macht noch einer ´ne unfreiwillige Reise … :lol:

Die flirrenden Sonnenstrahlen verschwinden unter dem Boot?
Hat der Erzähler zu viel Absinth getrunken oder vorher kommt dieser Eindruck?
Caipirinha

Martine fragte sich, ob der Inhalt die Jahre unter Wasser unbeschadet hatte überstehen können. Die Etiketten waren schon lange verschwunden und die Flaschen wiesen weder Glasstempel, noch eine charakteristische Form auf, die auf den Inhalt schließen konnten. Dennoch bekam Martine durch ihren Fund eine Idee.
Yes, ist bis auf zwei Stück runtergesäbelt.

"nur noch schemenhaft zu erkennen", denn vorher war es sicher besser zu erkennen.
:thumbsup:

Buddeln, Schlamm, Haufen, fauliger Schlick, Schlamm ...
Das wiederholt sich. Kürzungspotential.
Jo, der Schlamm ist nun etwas geglättet.

Warum hier August? Warum zuvor Scuba, dann Halbtrockenanzug (wobei du später nur "Taucheranzug" sagst), Großsegel?
Wofür die ganzen Details? Sollte es ursprünglich ein Roman werden?
Der August ist weg, den Rest brauche ich für die Atmo.

Anders als andere Männer hatte John diese natürliche Männlichkeit, die sie verrückt machte.
Abgegriffen, wie aus einem Groschenroman.
Pfui Deibel, :D, ist weg.

Als sie wieder die steile Treppe hochstieg,
Auch hier: Wofür "steil"? Ist doch egal.
dito

ohn war anders, wohltuend anders.
Es versprach, ein schöner Abend zu werden.
Hier nur reine Behauptungen ohne Beleg.
Ich hoffe, das ist nun ausreichend unterfüttert.

Nach dem Einlaufen in die Marina von 'La Saline' vertäute John die ESPERANZA am Anleger.
Puh, was für ein Satz, wie in verschiedenen Farben geschrieben. Warum die drei Eigenbegriffe alle unterschiedlich formatiert (ohne, Hochkommata, groß)?
Ist Marina ein Hafen/Anlegeplatz? Wenn ja, das schreib das doch einfach so.
Mir kommt es fast so vor, als sei die Zielgruppe deiner Story ein Haufen Seeleute
Die ESPERANZA is fott, Marina heißt einfach Yachthafen, oder Hafen für Segelschiffe, bleibt auch wegen der Atmo, denn John und Martine wissen das.

John stand noch in der Küche und zauberte einen seiner köstlichen Sommersalate.
Hier klingt es, als seien sie ein altes Paar. Was für eine Beziehung haben sie eigentlich?
Die Irritation dürfte jetzt nicht mehr entstehen.

verkrustetes Stück Messing
salzverkrusteten Bojen
Würde eines ersetzen.
ist geschehen

Mit ruhiger Hand schenkte sie einen winzigen Schluck in das Wasserglas. Martine schwenkte die tiefgrüne Flüssigkeit vor ihren Augen, roch noch einmal daran und dann, wie in Trance setzte sie das Glas an die Lippen und nippte.
sie, Martine, sie
Ist ein wenig unrund, weil da mittendrin ein Name erscheint. Würde ich in Martine, sie, sie ändern.
ist obsolet, da jetzt die Fee ihre Hand führt …

Einer Frau mit merkwürdiger Frisur und übertrieben rot geschminkten Lippen, weniger als eine Armlänge von ihr entfernt. Dennoch blinzelte diese ihr zu und redete lebhaft gestikulierend mit Händen und Füßen auf sie ein. Sie hörte nicht zu.
Was geht hier vor? Was hat John mit mir gemacht?, dachte Martine. Ruckartig setzte sie sich auf und schaute an sich herab. Ihre Hände raschelten über ein opalgrünes Seidenkleid. Größer konnte der Kontrast nicht sein zu dem dunkelroten Sofa, auf dem sie lag. Unten war das Kleid gerafft und mit einem aufgeplusterten, weißen Unterrock ausstaffiert. Gerade noch konnte sie die Spitzen ihrer blanken, schwarzen Lederstiefeletten sehen. Durch die Lücke dazwischen sah sie einen klein gewachsenen, schlecht rasierten Mann mit vollen Lippen, der sie über seine Brille hinweg musterte. Er trug ein weißes Hemd und darüber eine zugeknöpfte, dunkle Weste. Auf seinem Kopf ruhte eine Melone, die lustig hin und her tanzte, wenn er den Kopf bewegte, jedoch nicht herunterfiel.
Ich wollte eigenlich nichts mehr zu den vielen Beschreibungen sagen, aber hier ist es m.E. wirklich extrem übertrieben.
Ich muss ehrlich sagen: Hätte der Text so angefangen, wäre ich sofort ausgestiegen.
Da sind wir an dem Punkt, wo manche nicken und andere mit dem Kopf schütteln. Ich habe das so geschrieben, um das Überwältigende der neuen Situation erlebbar zu machen. Die vielen unsortierten Sinnenseindrücke, die auf sie draufschwappen, sind einfach too much, für Martine und für den Leser.

Das wiederum:

Die kleine, knubbelige Hand des Malers stellte ein tulpenförmiges Glas unter einen der Hahnauslässe und seine andere kohleschwarze Hand legte einen spatelförmigen, geschlitzten Löffel quer über den dünnen Rand.
7 in einen Satz. (Sorry. Ich bin schon ruhig. Aber das lenkt mich total ab.)
habe ich entschlackt.

»Kannst du es mir trotzdem zeigen, s´il te plaît?« – »Bitte, Henri, mir zu liebe.« Sie fabulierte ins Blaue
Wofür der Bindestrich und warum nicht zusammen in eine wörtliche Rede? Oder sprechen da zwei verschiedene?
geändert!

von dessen linkem Ohr ein Stück fehlte.
Jetzt hat auch noch van Gogh seinen Auftritt ...
:lol:

Wortlos zog der Maler seinen Block hervor und schlug das Deckblatt nach hinten. Dann hielt er ihr die Zeichnung hin und sie sah sich auf dem Sofa liegen.
Das könntest du viel spannender machen. Lass dir mehr Zeit. Z.B.:
Dann hielt er ihr die Zeichnung hin. Martines Herzschlag raste/Martine zuckte zusammen. Blinzelnd starrte sie aufs Gemälde. ...
Da habe ich Innensicht hinzugefügt. Jetzt ist die Wirkung auf Martine eine stärkere.

Viele Dinge sind m.E. überflüssig: dass das Ferienhaus auf Klippen steht und das ganze Seemanns-/Tauchzeugs.
Dann: Adjektive, Adverbien. Streichen, streichen!
Die Kunst liegt darin, Atmosphäre zu schaffen, ohne übereifrig Adjektive und Adverbien einzusetzen. Meine Meinung.
Schau dir mal die 10 Tipps von Andreas Eschbach an.
Habe ich getan und den Text entlang der Tipps durchforstet. Ich muss dir allerdings gestehen, dass Nr. 3-10 für mich irrelevant sind, da sie im Text nicht problematisch sind. Weder Blähwörter, gehäufte Dialogauszeichnungen, Passivkonstruktionen, lange Dialoge oder Sätze, Doppelungen oder zu viele indirekte Wahrnehmungen.
Bleiben die Adverbien und die Adjektive. Beides habe ich auf den Prüfstand gestellt und das gestrichen, was mir möglich war. Ich fühle mich jedoch bei dieser Kritik immer wie ein Maler, dem der Pinsel aus der Hand genommen wird und der stattdessen mit einem Bleistift weitermalen soll.
Nicht böse sein, aber wir kommen wieder zur Frage des persönlichen Geschmacks.

Aber, da du am Schluss "hat mir gefallen" schreibst, kannst du wohl irgendwie (hoffentlich) damit leben.

Danke für deine intensive Textarbeit und deine Kritik. Sie war ein Baustein für eine ausgiebige Überarbeitung.

Peace und schönen Sonntag ...


felixreiner

Wasser, Glas - beides kann grün scheinen, und Grün zieht sich leitmotivisch bis hin zu den Getränken und der "Fee" durch Deinen Text.
Auch kann man sich darin spiegeln, versuchen, zu erkennen, wer man ist. Ein altes Motiv der Literatur seit Narziss. Dass hier etwas zu bergen, offen- oder bloßzulegen wäre, erkennt man früh, spätestens als Martine das Freilegen der Flaschen im fauligen Schlick reflektiert. Anstatt nun konsequent weiter zu erzählen, verliert der Text Faden und Halt. Was zunächst an Patricia Highsmith und ihren "talentierten Mr. Ripley" erinnert, klingt, vor allem in den Dialogen, nach Sascha Hehn.
Ok, die Dialoge sind weitgehend geändert, ebenso die Handlungsteile. Es wird tatsächlich etwas offengelegt aus Martines Innenleben und Vergangenheit.

Warum, zum Beispiel, würde Martine nie zugeben, dass sie sich jedes Mal freute, ihn zu sehen? Warum würde sie nie zugeben, dass sie die Art mochte, wie er sie ansah? Worin besteht "diese natürliche Männlichkeit, die ihn wahnsinnig anziehend machte"? Da sie nicht wirkt wie ein pubertierender Backfisch, sondern wie eine junge Frau, verliert die Figur an Glaubwürdigkeit.
Ich denke durch die Neuaufstellung der "Beziehung" haben sich diese Punkte erledigt.

Das gilt auch - teilweise - für den Text. Die Sonnenstrahlen (erster Abschnitt) verschwinden nicht unter dem Schatten des Bootes, eher im Schatten. Feuer rinnt nicht (Wie Feuer rann der kleine Schluck ihren Hals hinab.) und (Eine irreale Geburt ihrer Phantasie?) eine Geburt der Phantasie ist irreal per se. Und nun die Traumepisode - die Imagination des Montmartre ist kaum geeignet, um die erkennbaren erotischen Phantasien Martines zu spiegeln. Der Montmartre war ein hartes Geschäft mit rosafarbenem Fleisch - und nicht für alle Beteiligten ein Vergnügen.
Dagegen gibt es eine Passage in Deinem Text, die anschaulich macht, wie es hätte gehen können und - vor allem - dass Du es auch ohne Toulouse-Lautréc und Santana kannst: "Auf den Tellern lag der Löffel. Ein angelaufenes, verkrustetes Stück Messing mit elegantem Griff. Als sie ihn vorsichtig zwischen den Fingern rieb, lösten sich die Krusten. Das Blatt wies symmetrische Ausstanzungen und Schlitze auf, sie wusste wofür." Dieses "Wofür" über die oben bereits angeführten Klischees hinaus zu beschreiben, wäre eine spannende Herausforderung gewesen. Ebenso wie die Frage, was Narziss (Martine), abgesehen von der Maske seines Gesichtes, gesehen hat, als er in den (Wasser)-Spiegel sah?
Naja, mit der Unglaubwürdigkeitsdebatte haust du ein bisschen auf die Kacke. Andere Leser haben genau diesen Satz mit den Sonnenstrahlen gelobt. Spätestens seit "Feuerwasser" haben sich die Diskussionen, ob (flüssiger) Alkohol wie Feuer rinnen kann erledigt, oder? Das "irreal" ist schon geixt und in einem Fantasie-Rückblick die Prostitution am Montmartre zu problematisieren, finde ich, sorry, völlig unpassend.
Ich denke, das "Wofür" ist ausreichend beschrieben und Martine sieht in der neuen Version viel ihrer Seele und ihrer Vergangenheit. Eine andere Geschichte möchte ich gar nicht erzählen.

Danke für deinen Leseeindruck, Peace.

 

Hallo Novak,

eigentlich kommentiere ich nicht mehr, wenn schon viele vor mir kommentiert haben, komm mir dann iwie überflüssig vor, aber jetzt will ich doch.
Ich bin sehr froh, dass du es dir anders überlegt hast, denn ich hatte es gestern Morgen echt satt. Und dein Komm. war für mich wie eine ausgestreckte Hand, die mich zurückgeholt hat. Vielen Dank dafür, das war sehr nett von dir und vor allem hilfreich.

Zum Französisch: Ich bin Lateiner (leider) und kann nur ein paar Brocken, weil ich zwölf Jahre mit einem Franzosen als Kompagnon selbständig war. Die Häppchen für den Text habe ich mir selbst zusammengepuzzelt und einen Freund aus der Schweiz drüberschauen lassen, der die Fehler aber gut und gerne überlesen hat. Insofern bin ich dankbar für jede (richtige) Korrektur. ;)
Für die Ausschreibung war es mir wichtig, auch mit der Sprachfarbe etwas Atmo zu schaffen. Tut mir leid, wenn ich jemand damit verärgert habe.

Eine andere Sache aber lässt mich nicht los. Wie hast du das Ende gemeint? Ich habe es von Anfang an so gelesen dass das Gesicht auf dem Bild, das Martine dann googelt, ihres ist. Dass also sie und Loreen identisch sind. So haben es ja auch die meisten verstanden. Warum betonst du das aber nicht ein ganz kleines bisschen mehr, dieses sich Wiedererkennen im Gesicht?
Ich habe deinen Vorschlag aufgegriffen und ihre Reaktion auf das Bild ausgeweitet. Von anderen wurde bemängelt, dass ihr Innenleben so wenig rüberkommt. Ich hoffe, da kommt jetzt mehr und eindeutiger an.

Die Identitätssuche, die du danach ins Spiel bringst, finde ich als Hinweis ausgesprochen konstruktiv und vor allem passend zum Text. Ich habe versucht, das umzusetzen, habe der Beziehung zu John und ihrer Vergangenheit/ ihrem früheren Leben neue Aspekte angedichtet, bin mir jedoch nicht sicher bezgl. des Gelingens.

Da kommt auch Tschechows Gewehr ins Spiel, denn es gibt jetzt eine Auflösung der Boot-Szene, zu der ich ebenfalls auf Rückmeldung hoffe, ob das alles so noch nachvollziehbar ist.

Den "eingedrückten Brustkorb", den du Martine denken lässt, den würde ich trotzdem behalten, der ist echt wunderbar. Ein sehr atmosphärisches Vorandeuten einer kommenden Gefahr, einer Beklemmung. Nur arbeitst du die Beklemmung nicht so wirklich aus, ihr Unwohlsein, zum Beispiel, bevor sie den Schluck nimmt. Hat sie denn da gar keine Schiss, dass das Zeug sonstwohin gekippt ist und sie tendenziell vergiftet?
Wie schön, dass du das Bild des Brustkorbs wunderbar findest, denn ich war echt froh, als die Idee kam, weil ich ebenfalls das Bild so stark fand.
Zu dem Schluck: Dein Einwand ist total berechtigt und ich selbst hatte auch eine unterschwellige Skepsis. Deshalb habe ich nun das Feengelächter mit reingenommen, um Martine quasi die bewusste Entscheidung aus der Hand zu schreiben.

In der Szene mit Henri könntest du auch größere Angst verarbeiten, der Traum ist ja völlig selbstverständlich für sie, einfach völlig futrchtfrei. u fragst, wie du mehr Spannung erzeugen könntest.
Wieder berechtigt, dein Einwand und wieder habe ich es geändert.

Und ansonsten fand ich halt ebenso wie einige andere, dass das Verhältnis zu Henri nicht genügend mit der restlichen Geschichte verzahnt ist. Du könntest es aber viel jedenfalls stärker verzahnen durch das Motiv ihrer Identitätssuche.
Das habe ich noch nicht geschafft, da überlege ich noch wie.

Ich denke mir, es gibt sehr viele Wege um zu Ziel zu kommen. warum soll man dann nicht seinen eigenen Weg gehen und das schreiben, was einem selbst gefällt. Und auch schreiben, wie es einem gefällt? Schreibratgeber sind wichtige Instrumente, ich frage mich aber auch manchmal, wie wohl ein Schreibratgeber zu den Novellen von früher geschrieben worden wäre? Wenn dich jemand kommentiert, der seinen persönlichen Weg des Schreibens gefunden hat, dann wird er/sie dich immer von seiner Sicht überzeugen wollen, vielleicht sie auch für die einzig richtige halten. Ich finde das oft sehr charmant, und wichtig, weil man dadurch eben unterschiedliche Facetten zum Beurteilen der eigenen Geschichte erhält, Offenheit zeigt zum Durchdenken, aber es ist eben auch immer sehr wichtig, sich seine eigenen Vorlieben und Wege bewusst zu machen.
Danke für dein Statement, Novak. Das meinte ich mit der Hand, die du ausstreckst. Manchmal fällt es mir schwer, die Komms. neutral zu betrachten, ihren konstruktive Essenz herauszufiltern und trotzdem meinen Weg (reflektiert) weiter zu verfolgen. Bin halt auch ein sehr emotionaler Mensch und lasse das nah an mich ran.

So - jetzt kommen die eigentlicheIch mag zum Glück beides. Knappste, verdichtete Sprache mit rein neutraler Kamera, und genauso gut liebe ich eine kraftvolle Sprache, atmospärische Beschreibungen, wilde, leidenschaftliche Bilder. Also zum Beispiel deinem Maskenballtext konnte ich einiges abgewinnen. Und genauso auch hier. Nicht immer und überall, aber dem Sinn, dem Gedanken dahinter schon.
Dazu sage ich nur: Danke, das hast du schön gesagt.

Jemand hatte geschrieben, Schatten des Bootes würde nicht gehen, ich verstehe es nicht. Sondern finde das ein schönes Bild. Ebeneso die flirrenden Sonnenstrahlen, also das Adjektiv, obwohl es im Verb natürlich in gewisser Weise "blttzten" schon enthalten ist. Ich finde diesen Satz, obwohl er bestimmt eine Menge falsch macht, weiß schon, in so einem Regelsinn, trotzdem sehr schön. Er macht auch viel richtig. Zum Beispiel durch die Nennung der Farbe. Dieser Grünkram zieht sich ja durch die Geschichte. Weiß ich gleich, okay, mit den Flaschen geht gleich was ab, die sind grün, die Biester. Dann kommt hier für mich noch was anderes rein, das ist nämlich eine Art der Lautgestaltung. Anfangs die Betonung auf den "i"s in blitzen und flirrend, da wird der schnelle wechselnde Tanz des Lichtes auf dem Wasser betont, dann wechselt die Lautgestaltung zum a in Schatten und verschwanden. Erzeugt eine Abrundung dieser Bewegung der Flaschen. Gut, das ist für das Prosaschreiben bestimmt nicht so wichtig, aber ich überlege mir sowas eben auch mal, wenn mir ein Satz einfach gefällt, weil er in sich eine Bewegung erzeugt. Dann darfs auch mal ein Adjektiv zu viel sein, wenns halt passt. Aber wie gesagt, alles Geschmackssache.
Das mit den is und as finde ich sehr interessant, weil es mir selbst gar nicht aufgefallen ist. Ich lese die Texte laut und achte dabei schon auch auf den Rhythmus, und wie ich schon schrieb: Manchmal liebe ich es "voll auf die Zwölf". Das ist, wie du sagst Geschmacksache. Ich höre je nach Stimmung ganz unterschiedliche Musik und was Härteres ist halt auch dabei.

Martine mochte den Anblick dieses dunkel gegerbten, von braunen Locken umrahmten Gesichts, aus dem die meerblauen Augen sie anfunkelten.
Da ist es mir zu viel, aber nicht wegen ein paar Adjektiven zu viel, sondern weil das halt so ein Parademann ist, lass mal zehn Leute den typischen Seebären beschreiben. Da trifft vielleicht die braune Haarfarbe nicht die Mehrheitsbeschreibung. Der Rest dürfte so ziemlich häufig auftauchen. Du hast also ein Stereotyp beschrieben. Ist ja einerseits auch nicht schlimm, denn gegerbt dürfte die Haut von Seglern schon sein und zerzust sind die bestimmt auch immer. Aber warum denkst du dir nicht iwas ganz Besonderes, etwas Einzigartiges an diesem Mann, etwa, das eben aus der Stereotypie rausknallt?
Das haben auch Andere bemängelt (bis hin zum Sascha Hehn-Vergleich) und ich habe das Stereotyp hoffentlich gekillt. Ich habe ihn Henri ähnlich gemacht, indem John mit wenigen Worten den Kern erfasst, was Henri mit wenigen Kohlestrichen gelingt. Hoffe, das geht irgendwie auf.

Hier ist es so, dass du ruhig mehr hättest showen können. Vor allem vor dem Hintergrund, wenn man ihre Identitätssuche ein wenig mehr in den Vordergrund rücken will. Spannend wäre halt gewesen, was sie sieht. Spiegel ihrer Seele ist ein Ersatz,dafür, den ich gar nicht missen will, aber es ist halt eine Autorenbehauptung, die durch nichts belegt ist, da seh ich das Gesicht halt nicht.
Ich weiß nicht, ob das "showen" in der neuen Version ausreicht, sonst lege ich nochmal nach.

Ab da hast du dann die Perspektive gewechselt, was ich nicht schlimm finde, war nur überraschend. Aber was mich da extrem gestört hat, das war die Fülle an Vergleichen, die du alle bemüht hast, um seine Art des Blickes zu beschreiben. FÜNF Weisen, seine Erstauntheit auszudrücken: aufrichtig erstaunt/mundoffenes Staunen/beim Anblick von Pyramiden/erster Hüpfer auf dem Mond/also auch möglich Gefühl. Leider wirken sie tw zum einen unfreiwillig komisch, der erste Hüpfer auf dem Mond zum Beispiel. Aber es wirkt auch, als würdest du deiner eigenen Beschreibung überhaupt nicht trauen.Als müsstest, wolltest du die mangelhafte Einzelbeschreibung durch die Masse kompensieren. Das bedeutet aber auch, dass das einzelne Bild überhaupt nicht mehr wirken kann. Also da bin ich mir einfach handwerklich sicher, ohne jetzt jede Geschmacksfrage, dass so ein Masseschuss nach hinten losgeht.
Wieder ein Volltreffer, ich habe das komplett ge-ixt, da du mir mit deiner Rückmeldung, es kommt so an, als würde ich der einzelnen Beschreibung nicht trauen, das Problem gut vor Augen geführt hast.

Ja, stimmungsvolle schöne Geschichte, die noch ein paar Nachjustierungen bräuchte, dann wäre die klasse stimmungsvoll und rund. Vielleicht nicht neu oder superoriginell, vielleicht trotzdem vorhersehbar, aber scheiß doch der Hund drauf, es wäre jedenfalls eine Sache, mit der du total zufrieden sein könntest. Kannst du jetzt auch schon, aber bisserl verzahnter, bisserl auf irgendein Hauptmotiv zugeschnittener könntst schon noch sein.
Die Verzahnung war für mich der wesentliche Hinweis für die Überarbeitung und genau das habe ich versucht. Mir wurde ja auch gesagt, ich solle mich auf einen Schwerpunkt konzentrieren und den Rest zurücktreten lassen. Da mir aber Rahmenhandlung und die Fantasiesequenz wichtig sind, sehe ich das Hauptmotiv in Martine und ihrer Identitätssuche, die alles durchzieht. Da bin ich auch noch nicht durch, aber auf dem Weg.


Danke für dein intensives Einsteigen und für die Zeit, die du mir und meinem Text geschenkt hast.

Peace, linktofink

 

Hi linktofink,

dann schau wir mal. :)

Der Halunke durfte es nur nicht wissen!
Wenn ich das richtig verstehe sind die beiden noch in der Kennenlernphase und flirten miteinandner, fühlen sich zueinander hingezogen, vertrauen einander.
Bei der ersten Version dachte ich es gäbe einen Grund für Martines Zögern, jetzt kommt es mir vor wie ein Spielchen. Wieso tut sie so, als ob sie nichts von ihm wolle, und weiß doch dass er sie durchschaut? Wenn das so ein Spielchen sein soll, finde ich es unsymphatisch. Ich finde es schön, wenn man Menschen einfach sagt, dass man sie mag.

Irgendetwas zog sie hierhin. Sie konnte es spüren.
Zeit für Kopfkino, lieber John, dachte Martine
Die Stelle hast du geändert oder? Ich finde, das Kopfkino passt nicht mehr zu dem Satz davor. Es wirkt als würde das Kino etwas mit dem diffusem Gefühl zu tun haben und nicht um etwas sexuelles gehen.

Mit runden warmen Knopfaugen. ... Das verhinderten die abstehenden Ohren.
Ah, der Maler sieht also aus wie John? Ihre Zurückhaltung erklärt das aber nicht, ihre Zuneigung vielleicht schon.

Nicht aufzuhalten von morschen Planken oder einem Kapitän, der verzweifelt am Ruder reißt
Was ist nicht aufzuhalten? Das Lachen?

Martine ist Loreen ist die grüne Fee, die Macht über das Meer hat und über die der Absinth Macht hat? Die Stelle mit dem Untergang des Bootes gefällt mir, das ist schön irre. Ich finde aber es wäre glaubwürdiger, wenn Martine auch eine besondere Verbindung zum Meer spüren würde, irgendwas Übernatürliches und nicht nur die Liebe zum Meer, das haben ja viele.

Sorgenfalten ,wie in Stein gemeißelt, furchten die Stirn vor ihr.
Das Leerzeichen ist falsch gesetzt, aber ich würde den Einschub „wie in Stein gemeißelt“ weglassen. Das ist zu viel und stört den Lesefluss.

einen Rausch.Alles wird wieder gut
Leerzeichen fehlt.

Also ich finde es jetzt schon sehr viel runder, an manchen Zusammenhängen könntest du noch was schleifen, da merkt man die nachträglichen Änderungen dem Text an.

Liebe Grüße und lass dich nicht unterkriegen!

NGK

 

Hey linktofink,

hat sich ja was getan bei dir. Obwohl ich deine Geschichte ja ohnehin von vornherein mochte. :)

Flipperte ist ja doch weg ... ;)

Im ersten Absatz könntest du evtl. irgendwo noch mal sie anstatt Martine schreiben.

Als sie saß, half er ihr ...
Könntest du mit dem Satz davor zusammen fassen und das als sie saß rauslassen, stört irgendwie und ist auch nicht wichtig, oder?

Knopfaugen ... hm ... weiß nicht.

Sie hatten schon auf der ganzen Welt getaucht ...
Klingt irgendwie falsch, müsste es nicht sie waren schon auf der ganzen Welt getaucht? Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich falsch ist, klingt aber komisch.

Und danach-Ende offen ...
Hier hast du im Anschlusssatz wieder und. Du könntest hier und weglassen und vielleicht so...
Danach ... Ende offen.

Vielleicht voll geborgener Schätze? Dann hättest du nicht zweimal hintereinander mit. (mit seiner Zunge jonglierte ...)

Einen Fingerhut voll ...
Klingt als hätte sie tatsächlich einen, wovon ich nicht ausgehe. Einen kleinen Schluck oder so fände ich besser.

Setzte es an, neigte es. Brauchst du das wirklich?

Mit runden, warmen Knopfaugen würde ich streichen.

Jetzt habe ich das mit den Knopfaugen verstanden. Entschuldige ich schreibe beim Lesen mit.
Mich stören die Knopfaugen. Menschen haben keine. Tiere oder Kuscheltiere oder Puppen.
Wenn du John warme braune Augen geben würdest, könntest du hier schreiben, seine warmen, braunen Augen musterten sie über die Brille hinweg, so in der Art weißt du. Der Satz mit runden, warmen Knopfaugen wirkt so angehangen und verloren.

Akribisch wurde alles auf den Tischen angeordnet. Über den Tischen ...
Finde ich ungünstig, du hast zwei Sätze vorher auch noch mal Tisch. Daher dreimal kurz hintereinander. Hier könntest du ausweichen, vielleicht über ihren Köpfen schwebten oder hingen so etwa.

Sein Blick erinnerte sie an die besorgten Blicke ihrer Mutter ..
Zweimal Blick ist nicht so schön.

Den Absatz über den Untergang des Schiffes finde ich super!

Lauter Kleinkram, vielleicht kannst du ja was damit anfangen.

Liebe Grüße
Charly

 

„…

Plus douce qu'aux enfants la chair des pommes sûres,
L'eau verte pénétra ma coque de sapin
Et des taches de vins bleus et des vomissures
Me lava, dispersant gouvernail et grappin.

...“ aus Rimbauds „Le Bateau Ivre“*​


Hab Dich nicht übersehn,

lieber linktofink,

aber die Verhältnisse in den letzten Tagen und Wochen – als könnte es irgendwas wichtigeres geben als Literatur … Und sollte sich einer, der selbst schon das feine Gesöff genießen durfte (es schmeckt halt im Gegensatz zu Strohrum, durch das das Zäpfchen ans tanzen kommt – besonders, wenn man nicht weiß, welches Wässerchen da im Pinneken lauert). Aber ich bin nicht hier, von eigenen Drogenerfahrungen zu plaudern, denn es ist noch einiges zu korrigieren, wie bereits hier, wenn es heißt

Martine fragte sich, ob der Inhalt die Jahre unter Wasser unbeschadet überstanden hatte,
wo ich weniger den Indikativ als den Konjunktiv – je nach Grad des Zweifels Martines – vermutet hätte – wie sich im Gegensatz dazu hier
Sie war knapp vor Reserve, doch es würde reichen
wo das einfache Futur doch genügte, ist doch die Zukunft offen und immer öfter unvorhersehbar genug.

Vorfreude, oder gar Euphorie?
Warum das Komma – wenn „oder“ doch jedes Komma sogar amtlich beglaubigt ersetzt? Aber ich glaub, Du willst den zwoten Teil der Ellipse hervorheben – warum dann nicht gleich ein Gedankenstrich!?

Vielmehr spürte sie erneut Verunsicherung, dieses merkwürdige Bauchgefühl, das sie beim Freilegen der Flaschen im Schlick überkommen hatte.
Warum das Hilfsverb und zusammengesetzte Zeit, wenn schon im „erneut“ das „vorzeitige“ (blödsinniges Wort, als käme da was aus dem Vor-Anthropozän!) des Gefühls angezeigt wird? Ist ja nicht falsch. Aber schöner wird Sprache gewiss nicht unter amtlich beglaubigter Schulgrammatik.

Warum hier den ersten Satz im Konj.,

Als hätte sie außer Schlamm noch etwas aufgewühlt. Etwas, das unter Schlick besser aufgehoben war, als im Sonnenlicht.
Nicht aber den zwoten? Und warum das Komma vorm Vergleich?

Doch in letzter Zeit war da noch mehr, sie meinte[,] ein stilles Begehren in seinem Blick auszumachen.
Sie wusste, er schätzte, was er sah[,] und sie genoss das Gefühl, begehrt zu werden.
Relativsatz zu Ende


Möwen kreischten und standen flügelwackelnd im wolkenlosen Himmel.
Hm, in Lindgrens Michel aus L. gibts „wackelnde“ (schwankende, bestrunkene) Hühner – aber wackeln Flügel? Die Bros. Grimm bieten „der vogel regt, versucht, hebt, breitet, spreitet, wiegt, schwingt, schlägt, schränkt, schmuckt, hängt die flügel; der hahn schlägt die flügel ...“

Kleine Flüchtigkeiten

Drei Minuten, bevor sie endgültig auftauch[...]en durfte.
Nichts wies auf etwas anderes, als einen Rausch.[...]Alles wird wieder gut – ganz bestimmt, dachte John.
Ihre Stimme war kratzig und rau[...]
So weit[,] so gut.
»Bist du so[...]weit ok?
„OK“ = Oklahoma, ok vielleicht ein Oklahomachen; okay = o. k.

So viel oder wenig für heute vom

Friedel,
der bestimmt noch mal vorbeischaut ...

*

„…
süß-grünes apfelfleisch für kinder, süßer
drang grüner schwall in meinen kieferleib,
blauweinbekotzt, geläutert auch von dieser
flut, die anker und steuer - ein zeitvertreib.
...“ aus der Übersetzung „das trunkenen schiffs“ des dieter koller​

 

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