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- 24.01.2006
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Kurzgeschichten.de - Einleitung
„Guten Tag!“
„Grüß Gott, Sie müssen der Neue sein?“
„Ja, der bin ich. Wären Sie so freundlich und würden mir wohl die Umgangsformen in diesem Forum hier erläutern?“
„Gerne. Also prinzipiell gilt: Veröffentlichen Sie alles, was sie schreiben, ob gut ob schlecht. Zusammenhanglose Sätze, simple Personenbeschreibungen sind ebenso erwünscht wie Ihre Doktorarbeit, aber dazu wird es in den Ihrem Fall ohnehin wohl nicht reichen. Nur eines ist wichtig: Behalten Sie stets die Form einer Kurzgeschichte, verpacken heißt das Zauberwort. Wollen Sie Ihren Einkaufszettel der breiten Masse zugänglich machen, müssen Sie diesen umschreiben. Sicherlich können Sie argumentieren, dass dies viel Arbeit sei, und Sie haben auch Recht, aber es wird sich lohnen.
„Tut mir Leid, aber das mit dem Verpacken hab ich leider nicht verstanden“
„Kennen Sie UPS, den Paketdienst.“
„Ja, aber was hat das damit zu tun?“
„Nichts! Kam mir nur gerade in den Sinn. Ich will Ihnen mal ein kleines Beispiel geben:
Ihr Einkaufszettel
10 Möhren
2 kg Kartoffeln
Fleisch
Hundefutter
Stattdessen schreiben Sie:
Mit 10 Möhren durchbohrte er seine Frau, um sie anschließend mit 2 kg Kartoffeln zu erschlagen. Ihre Leiche zerstückelte er und verfütterte sie an den Hund ...
Ach ja, noch eine kleine Anmerkung.
Danach tötet er sich selbst.
Der obligatorische Selbstmord. Darf in keiner Geschichte fehlen. Sonst liest es keine Sau. So haben Sie sich an die Vorgaben gehalten und stellen sicher, dass Ihre Geschichte auch weiterhin Ihre Berechtigung in diesem Forum hier hat.“
„Okay, das leuchtet ein. Aber was ist, wenn ...“
„Dann ist es auch nicht schlimm. Falls es Ihnen partout nicht möglich ist, die Form einer Kurzgeschichte einzuhalten, posten Sie Ihr Werk einfach in der Rubrik Experimente.“
„Sollten Ihnen dagegen die sprachlichen Fähigkeiten zum Verfassen einer Geschichte fehlen ...“
„Was erlauben Sie sich. Ich und kein Sprachlich-Fähigkeit? ... Was ist dann?“
„Dann ändern Sie Ihr Alter einfach auf zwölf. Sie werden dann umsichtiger behandelt. Obwohl Sie totalen Schwachsinn produziert haben, werden Sie nicht ernsthaft kritisiert. Meistens werden sogar Ihre nichtvorhandenen guten Ansätze gelobt.
Möchten Sie ihr Alter nicht verschleihern, erklären Sie alle Rechtschreib- und Grammatikfehler, sowie sämtliche unschöne Formulierungen zum Stilmittel und berufen Sie sich, sollten Sie darauf angesprochen werden, auf künstlerische Freiheit. Zeigen Sie sich in jedem Fall empört über die Frechheit des Kritikers, ihren phänomenalen Schreibstil in Frage zu stellen.“
„Gott sei Dank trifft das auf mich nicht zu. Ich kann schreiben.“
„Wenn Sie schreiben können, schätzen Sie sich glücklich, damit haben Sie schon einmal die grundlegende Vorraussetzung fürs Schreiben erfüllt. Bliebe nur noch das Problem der Thematik. Natürlich können Sie Ihre Exkremente beschreiben, aber sie wollen schließlich möglichst viele Klicks und sollten es daher möglichst detailliert machen. Ansonsten steht Ihnen natürlich auch jedes andere beliebige Thema offen. Wenn Ihnen nichts einfällt, haben Sie keine Skrupel: Klauen Sie einfach!“
„Klauen! Geht klar.“
„Nicht die ganze Geschichte, das würde auffallen. Nur die Idee! Am besten von anderen Internetseiten oder Büchern. Wichtig: Keine Bestseller, das merkt jeder. Ein Extraposting unter Ihrer Geschichte mit dem Wortlaut „Boah, ich musste echt lange überlegen, bis ich darauf gekommen bin“ oder „So ähnlich spukt die Geschichte mir schon seit zwei Jahren im Kopf herum“ erhöhen die Glaubwürdigkeit um ein Vielfaches. Die sicherste Methode ist es allerdings, den ursprünglichen Autor auf Ideenklau zu verklagen.“
„Was muss ich sonst noch beachten?“
„Beim Erstellen nichts mehr. Jedoch sollten Sie auch mit den grundsätzlichen Gepflogenheiten des Kritisierens vertraut sein:
Lesen Sie eine Geschichte nie als Erstes, denn dann müssen Sie interpretieren, Rechtschreibfehler korrigieren, am Ende gar kreativ sein und Lösungsvorschläge aufbieten. Sollten Sie trotz dieses gut gemeinten Rates ein neues Thema beantworten, dann Gnade Ihnen Gott. Für psychologische Betreuung steht Ihnen unsere Service-Hotline 092864 / 1 jederzeit zur Verfügung. Prinzipiell brauchen Sie überhaupt keine Geschichten lesen; wenn, dann höchstens oberflächlich. Im Normalfall empfiehlt es sich die Meinung des Vorredners in verändertem Stil zu wiederholen, alternativ können Sie natürlich auch genau das Gegenteil schreiben, schließlich handelt es sich hier um ein kreatives Forum. Namen, Orte oder die Handlung überhaupt brauchen Sie sich selbstverständlich nicht zu merken. Schreiben Sie hierfür einfach der Prot, im Ort oder zum Schluss. Wenn Sie zu faul zum Rechtschreibfehler korrigieren sind, erklären Sie, dass Ihr Computer im entscheidenden Moment abgeschmiert sei, oder sich im Text lediglich ein paar winzig kleine Fehlerchen befänden. Falls Sie tatsächlich ein oder zwei Fehler entdecken, mahnen Sie den Autor scharf an, dass er endlich einmal die vielen Fehler ausbessern solle, da Sie den Text sonst nicht einmal zu Ende lesen können. Die Geschichte strotz ja nur so von Fehlern ist eine hierfür häufig verwendete und durchaus ihre Berechtigung habende Floskel.“
„Strotz vor Fehlern ... Alles klar. Was ist eigentlich, wenn ich keine Zeit für eine ausführliche Kritik habe?“
„Wenn Ihnen das Verfassen negativer Kritik zu umfangreich ist, und das ist es immer, loben Sie die Geschichte einfach über den grünen Klee. Kein Autor wird fragen, warum oder welche Stelle Sie gut finden. Natürlich müssen Sie schon ein wenig die vorherigen Beiträge beachten, sonst wird Ihr Ruf als ernsthafter Kritiker schneller in Frage gestellt, als Ihnen lieb ist.“
„Soweit eigentlich ganz einfach. Nehmen wir nun einmal an, ich habe meine erste Geschichte veröffentlicht und fleißig andere Geschichten gelesen und kommentiert, irgendwann werde ich doch sicherlich auch mal einen Kommentar für meine Geschichte erhalten, oder?“
„Nicht zwangsläufig. Hierfür gibt es allerdings einen einfachen Trick. Sollten Sie nach einem Tag immer noch keine Kritik erhalten haben, legen Sie sich einfach einen Zweitaccount an und kommentieren Ihre eigene Geschichte. Nicht nur das Sie positives Feedback erhalten, nein, Ihr Text, und das ist für eine Veröffentlichung immer wichtig, steigt in der „neuesten-Beiträge-Liste“ ganz nach oben. Ist er wieder im Begriff zu fallen, halten Sie zwischen den beiden Accounts einfach ein Zwiegespräch, so lange bis Sie die ersten Antworten erhalten. Bei den Kritiken sollten sie wissen, dass eine Kritik stets eine subjektive Meinung ist. Fällt sie jedoch negativ aus, war sie einfach nur großer Schwachsinn und Sie brauchen die Kritik nicht weiter zu beachten. Viele Rezipienten wollen so etwas wie eine Stellungnahme, eine Antwort Ihrerseits. Dabei müssen Sie natürlich die Argumente der Kritiker nicht einfach nur entwerten, nein, Sie sollten sie vernichten. Am einfachsten ist dies, durch Sätze wie: „Ich glaub du hast den Sinn des Textes nicht verstanden“ oder „Du hättest wirklich gründlicher lesen sollen oder „Du bist ja total bekloppt!“ Dabei können Sie ruhig herablassend werden. Bedenken Sie stets: Ein Kritiker ist ein absoluter Vollidiot und hat keine Ahnung, es sei denn: Sie sind der Kritiker. Aber Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel. Generell sollten Sie mit Ihren Lesern nicht freundlich umgehen. Lassen Sie ruhig den Star raushängen, Sie sind schließlich auch einer. Bedenken Sie, dass unter den Blinden der Einäugige König ist, und Sie somit der Kaiser.“
„Ich, der Kaiser! Stark! Wie der Franz meinen Sie oder?“
„Ja, so ähnlich. Nur eben wortgewandter.“
„Sie haben aber bis jetzt nur von negativen Kritiken gesprochen.“
„Eine positive Kritik, und das versteht sich wohl von selbst, ist natürlich keine subjektive Meinung, sondern allgemeingültig. Bestätigen Sie den Schönredner, weisen Sie auf Ihre anderen Geschichten hin und insistieren Sie darauf, wie glücklich er sich schätzen könne, einen Text von Ihnen gelesen haben zu dürfen. Haben Sie sonst noch irgendwelche Fragen?“
"Nein danke, ich mach mich dann mal ans Schreiben."