Krisen
Schon immer war ihm die Karriere wichtig, wenngleich er sich insgeheim mehr erhofft hatte. Doch mit Frau und Kind geht es eben nicht unendlich hoch hinaus. Das musste einem klar sein. Nichtsdestotrotz hatte er in einem mittelgroßen Unternehmen eine hohe Position inne. Zudem Verantwortung und Untergebene und er wurde gut bezahlt, was auch sein großes Auto zeigte. Der Arbeitstag war sehr lang und nicht minder hart, doch abends gemütlich bei einem guten Buch und einem wohl noch besseren Glas Wein den Feierabend zu genießen, hatte dadurch nur noch größeren Wert.
Im Büro konnte niemand schlecht über ihn reden – zugegeben: Er war hart und forderte viel, aber er war auch fair und brachte Lob an, wo es angemessen war. Alles in Allem also ein angenehmer Zeitgenosse, den Freunde darüber hinaus als erfrischend intellektuell bezeichneten. Er tat dies zwar immer ab, freute sich aber innerlich doch über diese Einschätzung. Bildung nämlich stellte für ihn ein hohes Gut dar und er tat alles daran, seinen Geist zu fordern und zu fördern. Belletristik, Populärwissenschaftliches, aber auch Fachliteratur – ja sogar Dokumentationen auf dem TV-Gerät. Doch nicht nur berufliche und geistige Leistung waren für ihn von Interesse, sondern auch der Sport. Am Wochenende verbrachte er viel Zeit im Fitnessstudio und ein Abend in der Woche war für Handballtraining reserviert. Das alles nannte er sein Rundum-Sorglos-Paket, weil er dadurch auch bis ins hohe Alter fit und gesund zu bleiben hoffte.
Und sorglos konnte er ja auch sein, denn das Unternehmen, in dem er tätig war, stand prächtig da. Mit guten Gewinnen in einer noch besseren wirtschaftlichen Situation. Ein Börsengang sollte in Kürze vollzogen werden. –
„Bevor Sie jetzt noch länger nachdenken, trage ich jetzt einfach folgendes ein: früherer Beruf – leitender Angestellter eines mittelgroßen Unternehmens.“