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Kreative Nullstelle

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08.11.2001
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Kreative Nullstelle

Kreative Nullstelle

Nein, nein, aufgeben werde ich nicht. Dafür ist mir die ganze Sache zu wichtig. Und ich weiß ja auch, dass ich es erreichen kann. Schon erreicht habe. Dutzende Male. Nur in letzter Zeit, da klappt es nicht mehr so gut. Da finde ich sie einfach nicht mehr. Finde mich nicht mehr? Ach, wer weiß. Ich jedenfalls weiß es nicht. Und deshalb bin ich auf der Suche. Auf der permanenten Suche.
Nach der kreativen Nullstelle in meinem Leben. Ich will sie finden. Dann denke ich in einem Augenblick, in einem ganz banalen, alltäglichen und schrecklich flüchtigen Augenblick: Da, da ist sie, halt sie fest. Jetzt schwingst Du endlich im Takt. Jetzt fließt es. Alles fließt. Und dann, dann ist dieser Moment wieder verschollen. Und ich kann es noch nicht mal in Worte fassen. Denn diese Fähigkeit ist mit ihm versickert. Eingesunken in meinen Alltag. Unter die Oberfläche geraten.
Die Kurve geht auf und ab. Mal mehr, mal weniger, von Zeit zu Zeit schneidet sie eben diesen Energiestrahl, von dem aus sich alles entwickelt. Ich will mich hineinwerfen, will hinausgezogen werden, in die kreative Atmosphäre, das Gedankennirvana. Aber etwas hält mich zurück. Dinge bremsen mich. Pflichten, Termine, Sorgen, das Leben an sich. Aber Schreiben ist mein Leben. Ich ersticke.
Ich werde weiterhin suchen. Aber langsam schleicht die Verzweiflung hinter mir her. Bringe nichts mehr zustande, trinke zu viel, und finde nicht mal im Rausch noch diesen Moment. Sie alle haben getrunken, die großen Geister der Vergangenheit, der Geschichte. Sie haben im Rausch geschrieben. Und seht, was sie geschaffen haben! Nur mir will es nicht gelingen. Der erste Whiskey kratzt im Hals, der zweite beruhigt, und dann irgendwann kommt der Punkt, an dem die Sorgen heraufkriechen und die Gedanken, die ich verscheuchen will, mich erobern. Chancenlos verkrieche ich mich in mir und sie dringen tiefer ein. Bis ich das Denken verliere. Bis mir am nächsten Morgen die Nacht fehlt und das Karussell von vorn beginnt, sich um das Nichts zu drehen.
Nur einmal noch, auf meine alten Tage, nur ein Buch noch. Dann kann ich sagen, ich hab zu den Großen gehört. Und nicht schlimm, dass ich trinke, das haben sie alle getan. Die kreative Nullstelle muss irgendwo sein, ein Stück weiter da draußen. Ich gieß mir noch einen ein. Vielleicht wird es diesmal gelingen.

 

hi frauke!

Wer kennt das nicht, was du da beschreibst (auch wenn es bei mir ohne Whiskey abläuft :D )? Krampfhaft versuchen wir eine Geschichte zu schreiben, zermartern unser Gehirn und doch bekommen wir nix hin. Du hast es geschafft, diese Gedanken, die uns da durch den Kopf gehen, in Worte zu fassen. Kompliment.

Zudem hast du einen schönen Schreibstil, der eine passende Atmosphäre heraufbeschwört, die zugelcih sanft, aber auch ungeduldig auf mich einwirkt.

Hat mir gefallen, schade, dass es so kurz war! :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:

cu_christoph

 

danke, Christoph!
ja, genau diese Szene, die jeder Schreiberling irgendwannerlebt, hab ich einfangen wollen.
Bei mir geht das auch ohne Alk, aber bei vielen ( auch berühmten Vorbildern ) ging allesmögliche wohl nur im Rausch..
und ich denke, daß ein Haufen Schriftsteller Alkoholiker geworden sind/ist ...( blöd zu formulieren ) ...

ich wollte hier ein wenig die Umsetzung des "Schreibblockade-Threads" liefern.
You are not alone.. ;)

@Mirko: ich wünsche mir einen Smilie mit Noten drum rum. Einen, der Musik ausdrückt! oder die Noten einzeln!!! DANKE! ( *malhonigumbartschmier* )

Freut mich, wenn Du den Text zu kurz findest! dann hab ich ja nix falsch gemacht! :D

Frauke

 

Hallo Frauke,

mir gefällt die Geschichte wirklich sehr sehr gut. Ich kann mich stark in ihr wiederfinden - bis auf das Alkoholproblem ;-) - Schreibblockaden im globaleren Sinne (z.B. beim Komponieren von Musik, Schreiben von Drehbüchern oder Songtexten) und der Traum "zu den Großen" zu gehören. Sprachlich finde ich sie meisterhaft! Besonders das Bild des Karussels finde ich hervorragend - es passt auch so schön zum Alkohol-Rausch und drückt die sich mehrfach wiederholende unwillkürliche Rückkehr zum Anfangspunkt aus - einem Teufelskreis sozusagen, dem man nicht entrinnen kann. Wirklich erste Klasse Deine Geschichte!

Und vielen "alten" Schriftstellern sagt man ja tatsächlich oft eine Alkohol- oder sonstige Sucht nach (was weiß ich... z.B. E.A.Poe -> Opiumsucht..., er soll ja die meisten seiner hervorragenden Kurzgeschichten im Rauschzustand geschrieben haben.)

Weiter so und die liebsten Grüße,
Marco.

 

Jetzt bin ich dran mit aufdemschlauchstehen.
Vielleicht erinnere ich mich da jetzt falsch, aber ist eine Nullstelle nicht jene, an der die Kurve an die x-Achse kommt? Damit assoziiere ich eigentlich mehr den absoluten Tiefpunkt. In Deinem Text ist dies allerdings das, was das Ich erstrebt. Dialektik? Nihilismus?
Vielleicht zu mathematisch:
Futz

 

Hi Futz,

jetzt, wo Du´s erwähnst, kommt mir das mit dem Nullpunkt auch komisch vor. Hast Recht, hört sich tatsächlich eher wie so ziemlich das Negativste für den Schreiber an - also echt der absolute Nullpunkt.

Jetzt bin ich verwirrt... Bin leider auch nicht der Mathematiker vor dem Herrn. Bin echt mal gespannt auf Fraukes Erklärung zu dem Thema!

Gruß,
Marco.

 

huuuch!
jetzt kann ich Euch mit Mathe verwirren?
Klar, Ihr habt Recht, die Nullstelle ist der Schnettpunkt der Kurve mit der X-Achse. Genau. Bei einer Kurve, die nur im I. Quadranten wäre, dann wäre das schlecht, ja.
Aber im Leben gibt es doch Oben und Unten - und die X-Achse ist mitten dazwischen.( so, wie zB eine Sinus-Kurve, nur sicher nicht so gleichmäßig )
Also ist diese Nullstelle da, wo es ihm ausgeglichen gut geht. Da ist er also nicht down, aber auch nicht überschwenglich glücklich. Kennt Ihr den Effekt, daß man nicht kreativ ist, wenn alles toll läuft - dann hat man besseres zu tun, oder einfach keine "tiefschürfenden" Ideen.
Also sucht er die Nullstelle. Den Punkt, an dem alles auf einem defnierten Maß ist. Macht das Sinn für Euch?

Ausgegangen ist die Idee der kreativen Nullstelle davon, daß ich versucht habe ( neulich in der Straßenbahn ) einen Begriff für den Zustand zu finden, in dem die Ideen sprudeln. "Die große Null im Hirn" oder "Kreativer Leerlauf" ... und dann hat sich das eben in ein Mathe-Bild entwickelt.

Hoffe, ich habe aufgeklärt?
Frauke

 

Zum Inhalt der Geschichte kann ich leider nicht viel sagen, da ich so etwas wie eine "Schreibblockade" nicht kenne und auch nicht nachvollziehen kann.

Wenn ich schreibe, dann kommt die Idee eigentich spontan, aus einer Alltagssituation heraus. Wenn mir länger mal nichts einfallen will, nehme ich das auch nicht tragisch, denn im Gegensatz zu deiner Protagonistin will ich nicht unbedingt berühmt werden. Dagegen passiert es mir öfter, dass eine Geschichte, an der ich zu lange herumbasteln muss, zum Schluss gar nicht mehr mag und sie endlich einfach lösche, weil ich sie nicht mehr sehen kann. Denn je mehr ich murksen und feilen muss, desto mehr vergesse ich, was mich am Anfang an der Idee eigentlich so fasziniert hat. Sprich: Wenn's zu bierernst wird, bleibt der Spass auf der Strecke und die Begeisterung für das Projekt geht futsch.

Insofern bestätigt mir diese Story wieder mal die Aussage, dass man Dinge weiter von sich wegtreibt, je krampfhafter man sie zu erreichen versucht.

[ 17.05.2002, 11:08: Beitrag editiert von: Pipilasovskaya ]

 

hi Pip!
Du Glückliche! Ich kenne leider Zeiten, zu denen ich - warum auch immer - gern schreiben wollte, aber nix zustande gebracht habe.
Naja, so, wie der Figur in meinem Text ging es mir auch nie. Aber ich kann mir vorstellen, daß man in solche Probleme auch eher dann bekommt, wenn man zB mit dem Schreiben sein Geld verdient.. dann ist man darauf angewiesen.
Ich hatte im Grunde nur mal ne Flaute-Phase. Und jetzt läuft es ja wieder. Im Schreib-Zustand bin ich glücklicher.

Insofern bestätigt mir diese Story wieder mal die Aussage, dass Dinge, die man um jeden Preis erreichen will, oft weiter von sich wegtreibt.
genau das kann ich unterstützen. Mit seinem Trinken treibt er sich von der Kreativität weg.

Ich bin übrigens von einem Mann ausgegangen. Erkennt man das?

Frauke

 

Hallo Frauke,

also ich bin eigentlich von einer ProtagonistIN ausgegangen. Warum...mhhh..lass mich mal suchen.... Vielleicht hat mich die Beschreibung, dass der erste Whiskey im Hals kratzt, das denken lassen. Whiskey selbst hätte ich zwar ursprünglich einem Mann zugeordnet, aber die Tatsache, der er im Hals gekratzt hat, ließ mich vermuten, dass es sich vielleicht um eine Frau handelt, die vorher eventuell noch keinen Wiskey getrunken hat (wohl andere, vielleicht leichtere Alkoholica...) und nun etwas "härtere Drogen" versucht. Einen Mann mit einem gewissen Alkoholproblem hätte ich persönlich jetzt etwas "abgehärteter" beschrieben.

 

naja, ich weiß natürlich nicht, wie Whiskey bei Männern wirkt ;) naja,jedenfalls nicht, ob er kratzt..
Aber ich denke, daß das schon sein kann, oder?
Tja, vielleicht ist auch eine Ich-Erzähler KG von mir der Grund, warum? muß nicht sein. ;)

Lieben Gruß,
Frauke

PS: Statistik: mehr Männer sind Alkoholiker! und die greifen auch eher zu den "härteren" Sachen.

 

Hallo Frauke,

hast Recht, ich denke, der Grund anzunehmen, es handele sich bei Deiner KG-Person um eine Frau, könnte in erster Linie tatsächlich daher stammen, dass Du die Geschichte eben in der Ich-Form geschrieben hast, und ich das Bild eines weibl. ICH im Hinterkopf hatte!

Ich denke auch, das Whiskey erstmal grundsätzlich erstmal bei Frauen und Männern gleichermaßen "brennt". (Wir Männer haben ja keine Hornhaut an den Geschmacksnerven :p ) Aber einem Gewohnheitstrinker in Sachen Whiskey dürfte vermutlich auch der erste Schluck nicht viel ausmachen, sondern eher eine Art Wohltat sein. Aber ist ja auch alles nicht so wichtig - will mich auch nicht daran hochziehen ;)

Lieben Gruß,
Marco

 

hi Marco!
hast den Link mal nachgeschlagen? :D
Da ich kein Gewohnheitstrinker bin, weiß ich nicht genau, wie sich dann Whiseky schmeckt / wirkt.
Ich weiß nur, daß mir mal ein Vieltrinker gesagt hat, bei ihm sei der erste Schluck ( allerdings Wodka ) jedesmal die Hölle... das hatte ich dabei im Hinterkopf, denke ich. Und das macht es für mich - bei vielen Alkoholikern - noch unverständlicher bzw verdrehter, wenn jemand trinkt, obwohl es noch nicht mal schmeckt ...

Lieben Gruß,
Frauke

 

Hi arc,

das, mit dem Trinken kann ich gut nachvollziehen, das mit dem Schreiben weniger. ;)

Nein, Spaß beiseite, natürlich kommt beides nachvollziehbar rüber. Allerdings habe ich ein ganz anderes "Problem". Mir drängt sich das Bild eines Alkoholikers auf und ich kann es nicht in Einklang bringen mit jemandem, der sich solche, für ihn essentielle, Gedanken macht und das in mathematische Metaphern "umdenkt". Diese Denkweise scheint mir zu intelektuell, ein Alkoholiker befindet sich nicht (mehr) auf solch einem Level.

Ansonsten geht es mir persönlich wie pip, deren Kritik komplett von mir hätte stammen können.

Gruß
Maris

 

hi querkopp!
ich denke schon, daß es Alkoholiker gibt, die logisch und / oder abgehoben denken. Gerade diejenigen, die Trinken, weil sie sich für sehr schlau halten.
Außerdem finde ich, daß er hier erst am Anfang des Absturzes steht - eben weil er noch logisch denkt.

Schön, daß mein Text zum Nachdenken motiviert. Und wenn er den ein oder anderen Autor vor der Alkohol-Sucht bewahrt.. dann möchte ich einen Orden dafür ;) :D

Lieben Gruß,
Frauke

 

@Frauke,

welchen "Link" meinst Du, den ich nachgeschlagen haben soll ??? :confused:

Lieben Gruß,
Marco.

 

das blaue "muß", das ich da oben reingeschrieben habe.
Farben haben wir hier nicht zum Schreiben. Immer, wenn was blau ist, darf man gefahrlos klicken und mal sehen, was draus wird ;)

LG,
Frauke

 

Hallo Frauke,
die anderen Kritiken ganz dreist unbeachtet lassend, widme ich dir und deiner Story meinen 200ten Beitrag.
Schade dass es keinen Feuerwerk- Smilie gibt.

Die angewandten Bilder sind schön, atmosphärisch, und ein paar sogar hervorragend ( z.B. das Karussel ).
Ein wenig überarbeitungswert die Sprache, sie hinkt stellenweise vom Ausdruck her hinterher.
Ist mir zuviel "da", "dann", zuviele Wortwiederholungen hintereinander.

Inhaltlich weiß man, worum es geht, du hast dir den mut genommen, diese Stimmung zu beschreiben, und bist sicher nicht gescheitert. Allerdings steckt darin eine weitere Schwäche: Der "Kreative Nullpunkt" ist eine Stimmungsbeschreibung, keine klassische Kurzgeschichte, und so bleibt die Pointe mehr oder minder auf der Strecke.
Hab doch ein wenig die Meinung der anderen überflogen: die kreative Nullstelle ist m.E. auch ein kleines Problem, aber da ich mir seit dem Mathematikstudium meiner Schwester ( ach Quatsch, schon davor !) um solche Dinge einen Dreck schehre( wie schreibt man des? ), sag ich gar nichts dazu und überlasse den Vortritt den Naturwissenschaftlern und Logikern unter uns.

Zum 200ten,
para

 

hi Steffen!

Danke für Deine Kritik. Dann werd ich mich mit der Sprache nochmal beschäftigen und ein paar der Wiederhoolungen rausnehmen. Es sollte zwar eine gewisse Monotonie eintreten, aber keine so plumpe.
Daß ein wenig die Handlung fehlt, ist mir schon klar. Aber etwas Handlung ist ja schon drin - der Wandel des Autors ( also des Protagonisten ;o) ), die Situation des Umkippens, die natürlich nicht auf den Moment der Geschichte reduziert ist, aber die für die Figur stattfindet - ist sozusagen als Momentaufnahme aus eine Lebens-Wandel-Situation entstanden. ( Gott sei Dank ist das nicht mein Lebenswandel )

Ich danke dafür, daß Du jetzt meinetwegen der Sucht anheimgefallen bist, :D

Lieben Gruß,
Frauke

 

Hi!

Erstmal danke für deine Kommentare bei meiner "Asphalt"-Geschichte. Ich habe ne Antwort darunter geschrieben.

Alkohol... das letzte Mal bis zum absoluten Absturz betrunken war ich vor circa einem Jahr, und ich muss sagen, dass es mir nicht zu größerer Kreativität verholfen hat, dass aber die extrem unwirkliche Stimmung, in der ich dann war, doch das Bedürfnis hervorgerufen hat, sie auszudrücken. Stimmungen - sind immer der Auslöser, wenn ich etwas schreibe, und alles, was eine Stimmung auslöst, ist prinzipiell erstmal gut. Zumal ich einmal gefühlte Stimmungen aus dem Gedächtnis ganz gut wiederherstellen kann und somit nicht zum Alkoholiker mutieren muss...

Diese Null-Linie erinnert mich an Biorhythmen, du weißt schon, diese Darstellung von bestimmten physischen und psychischen... Parametern eines Menschen mittels einer mathematischen Kurve abhängig vom aktuellen und vom Geburtsdatum. Wenn die Durchschnittskurve die 0-Marke erreicht hat, ist es... halt durchschnittlich... wenn alles ganz unten ist, gehen manche Leute gar nicht erst aus dem Haus. Angeblich. Und wenn alles oben ist, muss die Kreativität ja ungeahnte Höhen erreichen.

Sprachlich gab es wieder nix auszusetzen.

Gruß, Mario

 

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