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Krachen lassen

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10.09.2014
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Krachen lassen

Pischta verscheucht den Hahn von den Zaunspitzen, die Farbe ist noch frisch.
Bis zum großen Tag ist noch viel zu tun - da will er zeigen, was er drauf hat. ‚Ich werd’s so richtig krachen lassen’, nimmt er sich vor. Dass es teuer wird, weiß er.
Das letzte Fest gab es vor elf Jahren, zu Mikschas Konfirmation. Seitdem herrscht Stille im Haus. Damals wollte keine rechte Stimmung aufkommen, das hatte Pischta mächtig geärgert – aber nun sind die grummeligen Alten tot.

Die Jahreszeiten bestimmen, was er tun muss, und die Jahre, wie lange er es noch tun wird. Aber egal, wenigstens dieses eine Mal muss sein, und wenn der Himmel einstürzt! Was hat er denn schon gehabt bis jetzt? Rund ums Jahr nur Arbeit, einmal Kirchweih, und Weihnachten. Große Reisen machen die anderen.
Er kann hier nicht weg, auch wenn in Wahrheit Edith die Fäden in der Hand hält. Irgendwas geht immer zu Bruch, der Fuchs besucht die Hühner, nachts ferkelt die Sau. Und Harcos’ Arbeit muss er auch machen. Den hatten ihm durchziehende Zigeuner als Wachhund angedreht, und er hatte keine Ahnung, dass Huskys nicht bellen. Jetzt muss Pischta selbst auf die Werkstatt aufpassen. So nennt er seine Schwarzdestille.
Diesen unscheinbaren Anbau lässt er bewusst verlottern: Kein Inspektor, kein Dieb soll auf die Idee kommen, hier könnten sich Schätze verbergen. Der Putz fällt vom Mauerwerk, die Fenster sind fast zugewachsen mit Efeu und Glyzinien.
Hier ist Pischtas zentraler Punkt, sein Lebenswerk; mit jedem Jahr wird es ihm wichtiger. Dabei fügt sich alles ganz von selbst, ohne dass er viel planen müsste.
Wenn er im Herbst über die Wiesen stapft, jammert’s ihn um all die schönen Früchte, die verrotten würden, wenn sich niemand erbarmte, sie zu Marmeladen und Gelees zu veredeln. Oder zu destillieren.

Schubkarrenweise bringt er diese Kostbarkeiten in seine Werkstatt, vermaischt sie und brennt daraus die herrlichsten Schnäpse.
Viel und oft muss probiert werden; es gibt eine bequeme, wenn auch durchgelegene Couch in der Werkstatt, Geräuchertes hängt am Haken. Alles so, wie es sein soll.
Doch es gibt ein Problem: Destillieren ohne Lizenz ist strafbar. Kann auch tödlich sein – viele Ertappte haben den Strick genommen, weil sie die horrenden Strafen nicht zahlen konnten.

Alkohol verdirbt nicht, ganz im Gegenteil – im Eichenfass wird er immer besser. Die Natur ist freigiebig, jedes Jahr aufs Neue. Pischta ist stolz, aber auch besorgt über das stete Anwachsen seiner Bestände.
Er mag sich nicht ausdenken, was er zum Ende seines Lebens mit all den feinen Bränden tun soll. Sein Eigenbedarf ist im Verhältnis zur Menge winzig. Verkaufen ist unmöglich, allzu ärgerlich wären die Fragen nach dem Woher. In die Ukraine zu schmuggeln, ist riskant.
Doch im Moment muss er an die Hochzeit seines Sohnes denken – und an die Kosten.

Sophia wird er verkaufen, die hat das richtige Schlachtgewicht. Bisher hat er immer selbst gewurstet, aber seine Hausärztin hat gesagt, das alles dürfe er nicht mehr essen, wegen der Gicht. Ein harter Schlag. Oder es ist ein schicksalhafter Fingerzeig: Verkaufe die Sau und erfülle deinen Traum!

Pischta legt den Pinsel beiseite, zweierlei Grün mit weißen Spitzen – eine Pracht.
Der verdammte Hahn ist schon wieder im Anflug.

Edith schiebt die ausgewaschenen Schubladen in die Fächer zurück, morgen sind die Lampen dran. Jetzt gibt’s Abendbrot. Wie immer streckt sie die zwei geschlagenen Eier mit etwas Milch und serviert ihrem Mann das Rührei.
„Wie viele Eier hast’n genommen?“, will Pischta wissen.
„Drei, wie immer.“
„Sieht so weißlich aus.“
„Die Dotter waren blass.“
Pischta streut noch Paprika darüber, nimmt reichlich Brot und ein paar saure Gurken. „Hast kein’ Hunger?“, fragt er seine Frau.
„Nicht so richtig, hab noch bisschen Suppe vom Mittag, das reicht mir.“
Edith wird die eingesparten Eier auf dem Markt verkaufen. Zwar hält sie die Idee ihres Mannes für verrückt, doch sie hat immer zu ihm gehalten – und dieses Mal erst recht, etwas Glanz wird auch auf sie fallen.

Anfang August soll Mikschas Hochzeit sein, mit Enikö, der schlanken Schwarzgelockten vom Nachbardorf. Hier, im Elternhaus des Bräutigams, soll gefeiert werden.
Die lange Gästeliste hat Edith über die Küchenbank gehängt – drei Spalten voller Namen, ungefähr siebzig Leute. Das kostet.
Aber es ist üblich, dass die Gäste dem Brautpaar ein Kuvert überreichen. Meist ist das gut bestückt, weil so nicht nur der Name des Gebers, sondern auch der Betrag in Erinnerung bleibt. Unterm Strich rechnet sich die Festlichkeit – meist bleibt noch etwas übrig als Grundstock fürs neue Haus des Brautpaars.

Pischta und Edith haben die Toilette erneuern lassen, das Bad wurde jadegrün gefliest, auch neue Gardinen waren nötig und unendlich viele Kleinigkeiten mehr. Jetzt, Mitte Juli, ist das meiste geschafft. Sogar eine Auffahrt für Tante Adéls Rollstuhl haben sie gezimmert.
Pischta hat draußen alles verschönert. Im Hof steht ein neues Wasserbecken mit Adler, aus dessen Schnabel eine kleine Fontäne schießt. War gar nicht so teuer, weißer Schaumstoff. Ringsherum hat er Geranien aufgestellt. Das hat schon was.

Er liegt gut in der Zeit. Und das muss er auch – nächste Woche fährt er nach Polen. Dort sind die Sachen viel billiger als daheim.

Beim Ausladen erstaunt ihn die Menge der Kartons. Die kommen von weit her – China, Thailand, Pyro. Seine Gedanken schweifen in die Ferne, doch er muss sich auf sein Vorhaben konzentrieren. Er hat es sich einfacher vorgestellt. Recht oft muss er in die Werkstatt, um etwas zu holen, oder auch, um es zurückzubringen.

Der heiße, trockene Sommer wird durch einige gewittrige Tage unterbrochen, es regnet viel, alles Lebende holt tief Luft und kommt wieder auf die Beine. Glücklicherweise scheint am Hochzeitstag die Sonne, das Zelt muss nicht aufgestellt werden, der Umzug durchs Dorf findet ohne Schirme statt.

Die Gesellschaft ist nach der Trauung wieder zurück, der Primas macht eine zackige Verbeugung und das Fest beginnt.
Das Bedienen der Gäste übernehmen die Brautjungfern. Pischta hat einen Riesenhunger, die Teigfleckerlsuppe mit Leberklößen schmeckt ihm gut, doch schon beim ‚gelegten Kraut’ verlässt ihn der Appetit.
Es treibt ihn hinter die Scheune, zu seiner Abschussrampe. Ja, alles in Ordnung, hier kommt keiner hin. Er zieht die Plane wieder über sein geheimes Projekt.
Gerade ist er zurück, da wird schon der dritte Gang aufgetischt – das Schweinspörkölt. Geschmälzte Nockerln gibt’s dazu und Gurkensalat mit Dill und saurer Sahne.

Es dämmert. Die Lichter gehen an, die Mädchen bringen neuen Wein. Ein Tusch ertönt, der Nachtisch wird aufgetragen – Apfel-, Quark- und Mohnstrudel, zubereitet unter der Aufsicht von Tante Adél. Dann beginnt die große Laudatio. Viel wird geredet, gelobt, gewünscht, doch auch das geht vorbei.
Als die Dessertteller abgeräumt sind, wird die Musik temperamentvoller. Jetzt wird getanzt!

Die Musikanten heizen den Gästen ordentlich ein, und die schwofen auf Teufel komm raus. Rote Gesichter, verklebte Locken, dunkle Flecken unter den Achseln.

Es ist Nacht geworden. Pischta muss ein letztes Mal nach dem Rechten schauen, kommt erhitzt zurück und schlägt mit einer Gabel ans Glas. „Liebe Familie, liebe Freunde und Gäste ...“, sagt er, holt weit aus, erzählt so mancherlei, dann verheddert er sich, findet den Faden nicht mehr und greift zum rettenden Weinglas. „Und so trinke ich auf das Wohl unseres Brautpaars und aller Anwesenden. Möge euch ein langes und glückliches Leben beschieden sein ...“ Hier unterbricht er seine Rede, schnäuzt ergriffen in sein akkurat gebügeltes Feiertagstaschentuch und fährt dann fort: „Ich habe mir erlaubt, eine kleine Überraschung vorzubereiten, und hoffe, ihr langweilt euch nicht.“ Wetterleuchten begleitet seine Rede, wieder ein Tusch. Man reckt die Hälse – eine Überraschung? Wie inszeniert rollt ein mächtiges Grummeln über den Himmel. Die ersten zaghaften Sterne sind nicht mehr zu sehen, Pischta verschwindet. Der Mann am Zymbal macht tolle Wirbel, um die Spannung zu erhöhen; der Bass klingt unheilvoll.
Mit einem grünen Schweif düst die erste Rakete wie zu Sputniks Zeiten in den Kosmos. Applaus. Dann zerplatzen rote und weiße Riesenbälle, Ah und Oh! Pischta zündet seine Sensationen ohne Unterbrechung. Es ist der Auftritt seines Lebens, er ist Herr über alle Gewalten des Universums. Die Musiker nehmen die Aufforderung an, steigern Pischtas Schauspiel ins Dramatische. Es kracht gewaltig, der Himmel leuchtet auf, unwirklich, grellweiß im Stakkato, als ob ein nervöser Finger den Lichtschalter betätigte – Blitze zerfetzen die Schwärze über der staunenden Gesellschaft. Wie beim Weltuntergang grollt es. Grelle Farbkaskaden blenden die Gäste, eine eigensinnige Rakete zischt über die Köpfe. Tante Adél knetet ihren Rosenkranz.
Silber und Gold rauschen herab, das Cello wummert. Raketen pfeifen schrill in die Nacht, giftgrün und leuchtend rot. Edith umklammert im bizarren Licht die Brautleute, der Pfarrer hat die Hände gefaltet und redet mit sich selbst. Oder mit Gott.
Es knallt und knattert wie im Krieg, es leuchtet und schillert. Das Zymbal holt die Klänge tief aus der Erde, lässt sie himmelwärts davonjubeln.

Pischta zündet seinen letzten Clou. Mit grässlichem Heulton startet die Rakete kerzengerade, beginnt dann zu eiern, torkelt abwärts und verschwindet im alten Kamin der Werkstatt. Alle halten den Atem an, rücken enger zusammen. Doch nur schwaches Licht scheint durch die Fenster. Langsam lässt die Spannung nach, ist wohl noch mal gut gegangen. Man nascht von den Griebentörtchen und prostet sich zu. Da gellt Adéls Stimme über die Tafel: „Feuer, Feuer, Feuer!“, schreit sie mit zunehmender Heftigkeit und zeigt zur Werkstatt. Dort züngeln schon die Flammen, grell und gleißend – ein gewaltiger Knall sprengt die Tür aus den Angeln. Eine riesige Stichflamme schießt mit infernalischem Getöse in die Höhe und reißt das Dach von den Mauern. Schnapsfässer explodieren reihenweise wie Bomben, die Welt geht unter. Die Hochzeitsgäste erstarren, schauen sich fassungslos an.
Und urplötzlich, wie eine Fortsetzung der Detonationen, vereinen sich hochdroben Blitz und Donner – diesmal ohne Pischtas Zutun. Der Himmel entlädt sich, eine Sintflut stürzt auf die Hochzeitsgesellschaft. Wer nicht ertrinken will, rettet sich unter die Reste von Pischtas Dach.
Der hat eine Flasche Selbstgebrannten in der Hand und nimmt einen Schluck. Er starrt auf das grüne Glas und flüstert: „Dass mich Gott so straft ...“
Die Lampen flackern, dann erlöschen sie. Pischtas Frau hat mit zuckenden Mundwinkeln und traurigen Augen alles herbeigeholt, womit sich ihre Gäste abtrocknen können. Und während sie das tun, halten sie ab und zu inne, heben den Kopf und schnuppern wie Jagdhunde: Durch die rauchige Luft ziehen feinste Aromen von Kirsche und Mirabelle, von Aprikose und Quitte .

 

Hola @Isegrims,

meine Freude, von Dir zu hörenzu lesen, bekommt einen Hieb mit der Keule, denn Du schreibst:

... der Text gibt mir Rätsel auf.

Scheiße. Der Isegrims versteht meinen Text nicht! Was hab ich falsch gemacht?

Aber dann schreibst DU:

Das Thema passt challengemäßig, ...

... und ich muss annehmen, dass Du ihn dennoch verstanden hast.

Aber ja! Punkt für Punkt erzählst Du den Inhalt der Geschichte – und ich frage mich, wo die Rätsel sein könnten, denn besser hätte ich es auch nicht wiedergeben können. War das
... der Text gibt mir Rätsel auf ... nur so daher gesagt?

Isegrims schrieb:
Das ganze dann in Wehmut auslaufen lassen, gut essen und trinken dabei, ein geschmeidiger Stil als Dreingabe. Keine schlechten Voraussetzungen für eine bemerkenswerte Geschichte.

Wie bitte? Demnach hast Du mich auf den Arm genommen, und ich Dämel bin drauf reingefallen. Haha.

Warum zündet der Text (bei mir) dennoch nicht? Ich kann nur mutmaßen, nehme aber an, ich lese zu viel Erwartbares, ...

Das muss ich ernst nehmen, stimmt nämlich. Der Text geht geradlinig auf das Ende zu – da verrät der Titel denn doch zu viel. Vielleicht wäre ‚eine kleine Überraschung’ besser gewesen?

... wünschte mir inhaltlich und sprachlich dieses Kribbeln, Staunen, Fiebern, ein paar magische Elemente, zugespitzte Konflikte, na ja, auch Fantasie.

Ne lange Wunschliste! Die hab ich tatsächlich nicht erfüllt. Tja – was dann?

Aber das sollte sich Pischta fragen, denn mit Deinem Vorschlag (der auch ein fragwürdiges Licht auf die Wortkrieger wirft:hmm:) wird er nicht viel anfangen können:

... würde er sich auf Zirbenschnaps oder wenigstens Single Malt Whiskey verlegen und sich hier bei den Wortkriegern Kunden suchen

Ihm fehlen die Rohstoffe, er hat nur Fallobst. Und Zirbenschnaps taugt ohnehin nur als Gnaden-Dröhnung im letzten Stadium des Suffs. Pfui Deibel, sog i.

Seitdem herrscht Stille im Haus.

... was bedeutet Stille für ihn?

Ehm, nun – ich nehm an, dass es sehr still ist, mucksmäuschenstill sozusagen:rolleyes:.

Isegrims, danke für Deine Zuschrift; ich werde bei meinem nächsten großen literarischen Werk versuchen, Deine Ansprüche zu erfüllen. Wird aber 'ne harte Nuss!

Gruß und Dank!
José

 

Kurz nur @josefelipe ,

(ist ‚herrlich’ ein angemessenes Attribut für ‚Frau’?).

Das wird zunehmend diskutiert. Von beiden Geschlechtern. Manch einer behauptet sogar, die Einteilung in Mann und Frau wäre willkürlich und jeder solle (gefälligst) selbst entscheiden, was er sein wolle). Da hört’s dann aber bei mir auf :cool:. Im Einzelfall gerne zu korrigieren.
Herrlich/fraulich - schon in der Bedeutung nicht vergleichbar, aber ich neige im Falle eines Falles zu einem anderen Adjektiv, wie ein neutrales wundervoll oderso.

Wie bitte? Steuer auf Fallobst? So ein Unsinn widerstrebt ihm zutiefst.

Stimmt, das passt zu deinem Charakter. Und ich will glauben, dass Pischta weiß, wie viel er trinkt und wann und warum. Lass mich, bitte.

Nee, die werden nicht gefesselt, aber mit ein paar Nägeln durch die Schwimmhäute auf einen Balken genagelt.
Ob das Pischtas Erfindung ist, weiß ich nicht.

:dagegen: kannste ihm ruhig sagen

Ich bleib auch dabei: Pischtas Hochzeit seines Sohnes kann gerne ausführlicher, bunter und lauter erzählt werden. Was weiß ich denn schon von Landhochzeiten? Bin doch auf Geschichten angewiesen.

Einen herrlichen ;) Herbsttag (schon wegen der Alliteration), Kanji

 

Hola @ardandwen,

der Anfang Deines Kommentars ist genau richtig für mein Gemüt:

eine feine kleine Geschichte hast du da geschrieben ... ... Ich habe also sehr gerne gelesen
Da freue ich mich natürlich!

... eigentlich ist das ja ein Happy End, denn der Gute wußte ja eh nicht, wohin mit dem ganzen Schnapps.
Ja, dieses Problem ist gelöst. Obwohl ungewöhnlich, wenn der ‚Anteil der Engel’ über das gewohnte Maß der natürlichen Verdunstung so schrill hinausgeht und plötzlich der ganze Himmel alkoholgeschwängert ist.

Oder habe ich das falsch verstanden und das HAUSDACH fliegt auch davon?

Zumindest ein Teil davon – die ‚Werkstatt’ hab ich als Anbau beschrieben. Vielleicht doch mehr End als Happy:shy:?

Hier ist Pischtas zentraler Punkt, sein Lebenswerk, mit jedem Jahr wächst dessen Bedeutung.
Das hier ist … Das ist – bin nicht sicher, ob du das „hier“ räumlich oder psychologisch meinst

Das ‚hier’ meine ich räumlich: hier an diesem Ort. Aber, peinlich, peinlich – zur psychologischen Bedeutung kann ich nichts sagen; für mich deckt dieses ‚hier’ beide Bereiche ab.

Und dessen Bedeutung … die der Schwarzbrennerei? Muss es dann nicht „deren“ heißen?

Na ja – die Schwarzbrennerei taucht ja als Begriff an dieser Textstelle gar nicht auf; doch das kann sich der Leser denken, okay. Aber ich meine, ‚dessen’ passt schon durch die Beziehung auf ‚Lebenswerk’.

Die Jahreszeiten bestimmen, was er tun muss, und die Jahre, wie lange er es noch tun wird.
... weiß ich nicht, ob die Jahre bestimmen, wie langer Pischta etwas noch tun muss. Die „noch kommenden Jahre“ vielleicht, oder die „verfließende Anzahl der Jahre“ vielleicht?

Liebe® Ardandwen, danke für Deine Vorschläge und ja, das wären andere Möglichkeiten. Ich möchte aber die jetzige Fassung unverändert lassen, weil für mein Lesegefühl der Rhythmus ohne zusätzliche Wörter besser klappt.

Er liegt gut in der Zeit. Und das muss er auch – nächste Woche fährt er nach Polen. Dort sind die Sachen viel billiger als daheim.
Beim Ausladen erstaunt ihn die Menge der Kartons

Zeitsprung irritiert mich hier etwas: Vielleicht noch nen Zeitmarker in den Folgeabsatz?


Ist eine schöne Leerzeile nicht auch ein Zeitmarker? Für meinen Geschmack ausreichend, weil ja das Thema fortgeführt wird.

Auf jeden Fall besten Dank für Deine Meinung zum Text, vielleicht laufen wir uns wieder mal über den Weg?

Für heute schöne Grüße!
José


Hola@Kanji,
danke für den Nachtrag. Dachte mir schon, dass Du gegen angenagelte Gänse bist.

Einen herrlichen Herbsttag (schon wegen der Alliteration), Kanji
Dann wünsche ich wohl lieber einen wundervollen Herbsttag.

José

 

Hola @Lem Pala,

das ist ja sehr erfreulich, was Du mir schreibst. Autoren können’s gar nicht oft genug hören, dass ihren Lesern der Text gefallen hat – obwohl: ‚gefallen’ lässt ja immer noch Raum für Mängelrügen:cool::

Lem Pala schrieb:
Die Kombination aus Titel und Schnapsbrennerei haben mich sogleich auf die richtige Fährte geführt.

Hehe. Hab’s schon Isegrims geschrieben:
Der Text geht geradlinig auf das Ende zu – da verrät der Titel denn doch zu viel. Vielleicht wäre ‚eine kleine Überraschung’ besser gewesen?
Vielleicht ändere ich das noch.

Lem Pala schrieb:
Ich habe die Kritiken meiner Vorgänger überflogen und kann verstehen, wenn hier und da auf die fehlende Notwendigkeit von Sätzen oder Textstellen hingewiesen wird. Man sagt ja, schreib keinen Satz der nicht der Handlung dient.

Das höre ich auch immerzu, und die Verfechter der reinen Lehre sollen Recht haben. Ich bin da etwas großzügiger, trotzdem muss ich meinem Hang zum ausführlichen Erzählen die Zügel anlegen. Wenn Du aber schreibst:

Ich empfinde es manchmal aber als reizvoll, zu entdecken, wie Figuren oder Beziehungen an Form gewinnen, wenn Nebensächlichkeiten vermittelt werden.

... dann bin ich selbstverständlich auf Deiner Linie. Hier hätten wir schon ein paar Möglichkeiten:

Lem Pala schrieb:
Vielleicht wäre es ganz interessant die Beziehung der beiden im Hintergrund der Geschichte zu vertiefen. Während Pischta das Fest plant, plant Edith einen ganz anderen Coup (vielleicht ahnt sie schon was und versichert das Haus, oder plant schon lange die Renovierung, oderoderoder

Ja, hier tippst Du auf eine wunde Stelle. So etwas würde die Geschichte noch dichter machen. Hab schon anderen Kommentatoren geschrieben, dass der Text durchaus noch etwas Substanz vertrüge – und obschon das ehrlich ist, drücke ich mich davor: Bei jeder Variante hakelt es bei den Anschlussstellen, oder hier – bei Deinen Vorschlägen – bei der Logik in Bezug auf’s Geld. Sie haben’s nicht so dicke, also werden sie Hochzeit und Renovierung nicht stemmen können. Aber die Idee mit der Versicherung ist gut! Die ist zwar zusammen mit der Hochzeit auch sündteuer ... ach nee, dann stellt sich ja die Frage nicht mehr: Was dann?

Tja, dann soll der Text so bleiben? Ich mach’s mal davon abhängig, ob mich noch ein zündender Gedanken ereilt.

Lieber Lem Pala, Dank für Deinen netten Kommentar
und viele Grüße!
José

 

Hola @AWM,

danke Dir für Deine Meinung zum Text.

da will er zeigen, was er drauf hat.
Finde ich unnötig. Danach schreibst du eh, dass er es krachen lassen wird.

Hast Recht, ist gestrichen.

Dann hab ich’s noch mal gelesen, und siehe: Es wirkt abgehackt. Hab’s wieder rückgängig gemacht – und sehe es als Bestätigung für meine Meinung, dass es immer schwierig ist, in einen laufenden Text einzugreifen. Irgendwo hakt es meistens (manchmal auch im Kopf des Autors:hmm:).

Hier ist Pischtas zentraler Punkt, sein Lebenswerk, mit jedem Jahr wächst dessen Bedeutung.
Ich finde das "dessen" passt nicht so zur restlichen Sprache.

Einverstanden. Jetzt heißt es:
Hier ist Pischtas zentraler Punkt, sein Lebenswerk; mit jedem Jahr wird es ihm wichtiger.

Doch es gibt ein Problem: Destillieren ohne Lizenz ist strafbar. Kann auch tödlich sein – viele Ertappte haben den Strick genommen, weil sie die horrenden Strafen nicht zahlen konnten.

Diese Stelle finde ich total unnötig. Das weiß man ja schon und danach kommt es noch einmal und auch viel geschickter. Nämlich, dass er unangenehme Fragen beantworten müsste etc.

Na ja, mehr so jein. Ein Kommentator (@Kanji) fragte, warum Pischta nicht legal brennt. Das hab ich geantwortet:

Möglich wäre, dass er ... ... klein, für den Eigenbedarf, begonnen hatte und dann so langsam zum Profi avancierte, aber Schiss hatte vor Bürokratie, Kontrollen, Buchführung und Steuerpflicht.

Ich finde es schon wichtig, auf drakonische Strafen hinzuweisen, weil der Leser meinen könnte, das wäre nur ein Kavaliersdelikt. Vielleicht erhöht sich der Reiz verbotenen Tuns für Pischta und macht seine Arbeit prickelnder?

schwofen

Habe ein neues Wort gelernt

Belasse es nicht bei der Theorie! Es gibt Tanzschuppen, da kann man auch heute Polka, Twist und Charleston tanzen. Schwof mal wieder! Und nimm zwei Unter- und Oberhemden zum wechseln mit:cool:.

Na, wie auch immer – größere Komplikationen haben wir nicht, ich freue mich, wenn Du schreibst:

... deine Geschichte gefällt mir gut.
Dann ist alles in Butter.

AWM, sei gegrüßt – und bis demnächst!
José

 

@josefelipe,

ich komme leider etwas spät zu deiner Hochzeitsgesellschaft. Die ganzen Köstlichkeiten sind gegessen, die besten Brände getrunken (oder explodiert), die beschrifteten Umschläge überreicht und der von Gott gestrafte Pischta steht da mit nichts als einem betörenden Duft in der Nase.
Also bleibt mir nur ein wenig Flusenzupfen und dem Ausrichter der Hochzeit zur beeindruckenden Veranstaltung zu gratulieren.

Das letzte Fest gab es vor elf Jahren, zu Mikschas Konfirmation. Seitdem herrscht Stille im Haus.
Und ich denke: Huch, what happened? War die Veranstaltung so schlimm, dass danach jahrelange Stille folgt?

Die Jahreszeiten bestimmen, was er tun muss, und die Jahre, wie lange er es noch tun wird. Aber egal, wenigstens dieses eine Mal muss sein, und wenn der Himmel einstürzt!
Schön! Hiermit stimmst du den Sound der Story an und ich bin bei dir und Pischta.

Viel und oft muss probiert werden; es gibt eine bequeme, wenn auch durchgelegene Couch in der Werkstatt, Geräuchertes hängt am Haken. Eine perfekte Welt.
Das "Eine perfekte Welt" fällt son bissl aus dem Kontext, weil es zu analytisch klingt. Würde Pischta nicht eher denken: "Alles so, wie es sein soll."?

Doch es gibt ein Problem: Destillieren ohne Lizenz ist strafbar. Kann auch tödlich sein – viele Ertappte haben den Strick genommen, weil sie die horrenden Strafen nicht zahlen konnten.
Auch hier würde ich das Übererklärende ersetzen durch Pischtas Sicht: Pischta wusste, was er tat, war gegen das Gesetzt und fast alle, die sie erwischt hatten, bezahlten teuer dafür, manche mit dem Strick.

Pischta legt den Pinsel beiseite, zweierlei Grün mit weißen Spitzen – eine Pracht.
Der verdammte Hahn ist schon wieder im Anflug.
Nice.

Jetzt gibt’s Abendbrot. Wie immer streckt sie die zwei geschlagenen Eier mit etwas Milch und serviert ihrem Mann das Rührei.
„Wie viele Eier hast’n genommen?“, will Pischta wissen.
„Drei, wie immer.“
„Sieht so weißlich aus.“
„Die Dotter waren blass.“
Sehr plastisch, als hätt´stes selbst erlebt. :D

nächste Woche fährt er nach Polen. Dort sind die Sachen viel billiger als daheim.
Wat denn? "die Sachen" würde ich konkretisieren.

Beim Ausladen erstaunt ihn die Menge der Kartons – China, Thailand, Pyro.
Da habt ihr ja schon ausführlich drüber bekakelt, wie man bei uns sagt. Ich find die Idee niedlich, allerdings hatte ich auch meinen Stolperer damit. Könntest du etwas begradigen: Beim Ausladen staunt er über die fremdartigen Wörter auf den Kartons: China, Thailand, Pyro.

Recht oft muss er in die Werkstatt, um etwas zu holen, oder auch, um es zurückzubringen.
Schon klar. :anstoss:

Es treibt ihn hinter die Scheune, zu seiner Abschussrampe. Ja, alles in Ordnung, hier kommt keiner hin. Er zieht die Plane wieder über sein geheimes Projekt.
Durch "Abschussrampe" löst du mMn zu früh auf, du könntest "Vorrichtung" oder "Bastelei" schreiben.

Gerade ist er zurück, da wird schon der dritte Gang aufgetischt – das Schweinspörkölt. Geschmälzte Nockerln gibt’s dazu und Gurkensalat mit Dill und saurer Sahne.
Das ist gemein, ich muss gleich in die Küche ...

Mit einem grünen Schweif düst die erste Rakete wie zu Sputniks Zeiten in den Kosmos. Applaus. Dann zerplatzen rote und weiße Riesenbälle, Ah und Oh! Pischta zündet seine Sensationen ohne Unterbrechung. Es ist der Auftritt seines Lebens, er ist Herr über alle Gewalten des Universums. Die Musiker nehmen die Aufforderung an, steigern Pischtas Schauspiel ins Dramatische. Es kracht gewaltig, der Himmel leuchtet auf, unwirklich, grellweiß im Stakkato, als ob ein nervöser Finger den Lichtschalter betätigte
Das mit dem Herr über die Gewalten des Universums ist schön, denn so fordert er das Wesen da oben heraus, und das antwortet ja auch prompt. Aber hiermit:
Mit grässlichem Heulton startet die Rakete kerzengerade, beginnt dann zu eiern, torkelt abwärts und verschwindet im alten Kamin der Werkstatt
verschenkst du meiner Meinung nach den magischen Moment. Bei mir lief ein anderer Film: Die Rakete steigt in den Himmel, wo sie von einem Blitz getroffen explodiert und die Reste stürzen flammend wie ein Komet in den Kamin. Dann hast du was Metaphysisches drin und ich als Leser hab was zum Kauen.

Dort züngeln schon die Flammen, grell und gleißend – ein gewaltiger Knall sprengt die Tür aus den Angeln. Eine riesige Stichflamme schießt mit infernalischem Getöse in die Höhe und reißt das Dach von den Mauern. Schnapsfässer explodieren reihenweise wie Bomben, die Welt geht unter.
Jo, da lässt du es wirklich krachen. Das nenn ich ein Finale. Daumen hoch.

Durch die rauchige Luft ziehen feinste Aromen von Kirsche und Mirabelle, von Aprikose und Quitte
Dem optischen Feuerwerk folgt ein olfaktorisches. Ich fang an zu sabbern.

Wenn deine Geschichten sich in den Himmel erheben, beginnen wie Djaroolie zu fliegen oder die Fledermaus-Pizza zwischen zwei Türmen durchschießt, dann hast du mich. Schenk dem Ghostwriter das Gutscheinheft, damit er dich in Ruhe lässt.
Eine schöne Story mit reichlich Lokalkolorit und Lebenserfahrung. Danke für den Ausflug nach Ungarn. Viel Glück in der Challenge.

Peace, linktofink

 

Hola @linktofink,

... ich komme leider etwas spät zu deiner Hochzeitsgesellschaft. Die ganzen Köstlichkeiten sind gegessen, ...

Nicht schlimm, hab Dir was vom Pörkölt aufgehoben. Schmeckt aufgewärmt noch besser.

... die besten Brände getrunken (oder explodiert), ...

Nicht alle, Gott sei Dank! Es gibt noch einige nicht explodierte Flaschen, allerdings braucht die Pischta selbst, um über den Kummer hinwegzukommen.

Also bleibt mir nur ... dem Ausrichter der Hochzeit zur beeindruckenden Veranstaltung zu gratulieren.

Da wird er sich freuen. Werd’s ihm ausrichten.

Mich freut’s auch, dass Du Dich mit meinem Text beschäftigst, vielen Dank, linktofink.

Viel und oft muss probiert werden; es gibt eine bequeme, wenn auch durchgelegene Couch in der Werkstatt, Geräuchertes hängt am Haken. Eine perfekte Welt.

Das "Eine perfekte Welt" fällt son bissl aus dem Kontext, weil es zu analytisch klingt. Würde Pischta nicht eher denken: "Alles so, wie es sein soll."?

Stimmt. Hab’s geändert, d.h. wortwörtlich übernommen. Jetzt kannste als Ko-Autor auch Rechte an den Tantiemen einklagen:cool:.

Doch es gibt ein Problem: Destillieren ohne Lizenz ist strafbar. Kann auch tödlich sein – viele Ertappte haben den Strick genommen, weil sie die horrenden Strafen nicht zahlen konnten.
Auch hier würde ich das Übererklärende ersetzen durch Pischtas Sicht: Pischta wusste, was er tat, war gegen das Gesetzt und fast alle, die sie erwischt hatten, bezahlten teuer dafür, manche mit dem Strick.

Hier befürchte ich, dass Leser stutzen könnten: Wieso bezahlen die mit dem Strick?

nächste Woche fährt er nach Polen. Dort sind die Sachen viel billiger als daheim.

Wat denn? "die Sachen" würde ich konkretisieren.

Noch nicht. Ich denke, hier weiß der Leser noch nichts Genaues. Das kommt erst mit Pyro.

Könntest du etwas begradigen: Beim Ausladen staunt er über die fremdartigen Wörter auf den Kartons: China, Thailand, Pyro.

Jein, weil der nächste Kommentator sagt: Wieso sind China und Thailand fremdartig?
Ich hab’s jetzt mal so gemacht, weil Pischta so denkt (Ich kenn ihn gut):

Beim Ausladen erstaunt ihn die Menge der Kartons. Die kommen von weit her – China, Thailand, Pyro. Seine Gedanken schweifen in die Ferne, ...

Es treibt ihn hinter die Scheune, zu seiner Abschussrampe. ....

Durch "Abschussrampe" löst du mMn zu früh auf, du könntest "Vorrichtung" oder "Bastelei" schreiben.

Muss ich knobeln. Weiter oben sagst Du, ich solle ‚die Sachen’ konkretisieren, aber jetzt wird’s zu früh konkret? Trotzdem hast Du recht, ich könnt’s noch ein bisschen schieben. Kleines Problem hab ich mit ‚Vorrichtung’ – klingt behördenmäßig in meinen Ohren / ‚Bastelei’ funzt auch nicht mMn, aber Besseres fällt mir nicht ein.
Vielleicht ist’s gar nicht so schlimm, einige Kommentatoren schrieben, sie hätte schon recht früh „Lunte gerochen“. Auch der Titel verrät es; ‚Eine kleine Überraschung’ wäre wohl besser gewesen.

Bei mir lief ein anderer Film: Die Rakete steigt in den Himmel, wo sie von einem Blitz getroffen explodiert und die Reste stürzen flammend wie ein Komet in den Kamin.

Heißa! Bedenken hab ich allerdings, ob die Leserschaft das kauft: Eine Rakete wird von einem Blitz getroffen! Ich höre sie schon maulen: Arg konstruiert. Okay, bin ein bisschen ängstlich, aber verzeih’s mir, wenn ich zu meiner Variante stehe.

Dem optischen Feuerwerk folgt ein olfaktorisches. Ich fang an zu sabbern.

Jo, man sollte wieder mal ordentlich prüfen, und kräftig was zu Picken dabei!

Wenn deine Geschichten sich in den Himmel erheben, beginnen wie Djaroolie zu fliegen oder die Fledermaus-Pizza zwischen zwei Türmen durchschießt, dann hast du mich.

Du hast ein Gedächtnis wie ein Rathaus! Aber freut mich zu wissen, wie ich Dich kriege.

Schenk dem Ghostwriter das Gutscheinheft, damit er dich in Ruhe lässt.

Mach ich.

Eine schöne Story mit reichlich Lokalkolorit und Lebenserfahrung.
Das hast Du nett gesagt, danke.

Danke für den Ausflug nach Ungarn.
Die Einladung steht noch.

Viel Glück in der Challenge.
Das wünsche ich Dir auch, mein Lieber. Und besten Dank für den Super-Kommentar.

Schöne Grüße!
José

 

Lieber Jose,

ich habe die Kommentare nicht gelesen und steige direkt ein.

Da sind einige Stellen im Text, die gut und routiniert geschrieben sind.
Allerdings überzeugt mich die Geschichte nicht so ganz. Du lässt viel Potenzial ungenutzt, machst es dir an anderen Stellen zu einfach.

Am Anfang sind mir zu viele Rückblicke oder Erzählteile. Er streicht den Zaun und währenddessen wird so viel anderes erzählt, einfach nur des Erzählen willens. Der Hund, das Schwein. Kommt mir alles so ohne großen Bezug vor. Am Ende spielt das alles auch keine wirklich große Rolle ...

Im Einzelnen:

Das letzte Fest gab es vor elf Jahren, zu Mikschas Konfirmation. Seitdem herrscht Stille im Haus.
Gut beschrieben. Man bekommt eine Ahnung über den Prota, seine Familie, sein Leben.

Die Jahreszeiten bestimmen, was er tun muss, und die Jahre, wie lange er es noch tun wird.
Gefällt mir gut.

durchziehende Zigeuner
hier ...
In die Ukraine zu schmuggeln, ist riskant.
... und hier bringst du gut die Gegend ein, wo die Geschichte spielt.
Ich meine auch, an den grünen Fliesen die Siebzigerjahre zu erkennen :D

Jetzt muss Pischta selbst auf seine Werkstatt aufpassen. So nennt er seine Schwarzdestille.
Ja, würde ich an seiner Stelle auch so machen. Einen anderen Namen verwenden, vertuschen, verheimlichen.

„Nicht so richtig, hab noch bisschen Suppe vom Mittag, das reicht mir.“
Edith wird die eingesparten Eier auf dem Markt verkaufen.
Entweder ist Edith geizig oder die beiden sind auf einer Art sparsam oder arm.

Beim Ausladen erstaunt ihn die Menge der Kartons. Die kommen von weit her – China, Thailand, Pyro.
Ist Pyro ein Land? :)
Würde ich so schreiben:
Die kommen von weit her – China, Thailand. Pyro.

„Liebe Familie, liebe Freunde und Gäste ...“, sagt er, holt weit aus, erzählt so mancherlei, dann verheddert er sich, findet den Faden nicht mehr und greift zum rettenden Weinglas. „Und so trinke ich
Sehr geschickt den langweiligen Teil der Rede übersprungen. Routiniert.

der Pfarrer hat die Hände gefaltet und redet mit sich selbst. Oder mit Gott.
Der Pfarrer ... Da verschenkst du ein Riesenpotenzial, denke ich. Dazu später mehr.

Was haben wir? Er destilliert heimlich Schnaps, veranstaltet eine Feier mit Feuerwerk, die Schnapshütte gerät in Brand.

Das ganze Rundherum mit der Hochzeit, dem Brautpaar, den Gästen und Verwandten, Geldgeschenk etc. ist m.E. nur Schmuckwerk.
Was spielt es für eine Rolle, dass geheiratet wird? Genauso gut hätte es der runde Geburtstag seiner Frau sein können, der da gefeiert wird und Anlass für ein Feuerwerk gibt. Oder die Silvesterfeier.

Alles läuft so ab, wie es die Geschichte verlangt. (Siehe oben: "Was haben wir?").
Mir fehlen Überraschungsmomente.

Eingefallen ist mir hier die Idee, dass er einen Mitwisser/Kompagnon hat, der dahinter gekommen ist, der Schweigegeld in Form von Schnaps verlangt. Dies am Anfang nur nebenbei erwähnen und am Ende "die Sau rauslassen".

Was spräche dagegen, der Pfarrer zum Kompagnon zu machen?
Er betet, als die Raketen in die Nähe der Hütte einschlagen, die Hütte Feuer fängt. Vielleicht rennt er sogar rüber und versucht, seinen Anteil zu retten? :D
Nur eine Idee, die ich einbauen würde. Aber ist natürlich deine Geschichte.

Ansonsten, wie gesagt, solide geschrieben.

Schönen Tag noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hola @GoMusic,

besten Dank für Deine Meinung zum Text. Ich nehme sportlich zur Kenntnis, dass Dir einige Stellen nicht gefallen, freue mich auch über Deine Änderungsvorschläge.

Ist immer interessant, zu erfahren, wie andere die Geschichte lesen, und was die daraus machen würden.

Am Anfang sind mir zu viele Rückblicke oder Erzählteile. Er streicht den Zaun und währenddessen wird so viel anderes erzählt, einfach nur des Erzählen willens. Der Hund, das Schwein. Kommt mir alles so ohne großen Bezug vor. Am Ende spielt das alles auch keine wirklich große Rolle ...

Aalso: Den Text will ich nicht verteidigen, schließlich geht es um nichts Großes. Ein kleiner Schwank halt – schnell gelesen, schnell vergessen.
Die ganze Erzählerei zu Beginn ist zur Einstimmung gedacht, zur Erklärung von Pischtas Gemütslage. Obwohl ich den Text wieder und wieder reduziert habe, verstehe ich, dass er Dich ein bisschen langweilt. Landleben halt.

Entweder ist Edith geizig oder die beiden sind auf einer Art sparsam oder arm.

Die müssen schon rechnen, keine Frage. Jetzt aber, bei Pischtas verrückter, teurer Idee, müssen sie messerscharf kalkulieren – der Marktwert eines Dutzends Eier ist gering, der Kaufpreis all der Feuerwerkskörper dagegen happig.

Beim Ausladen erstaunt ihn die Menge der Kartons. Die kommen von weit her – China, Thailand, Pyro.
Würde ich so schreiben:
Die kommen von weit her – China, Thailand. Pyro.

GoMusic, ich kann keinen Unterschied zwischen meiner und Deiner Version ausmachen. Wie oder was ...?

Ist Pyro ein Land:)?

Da muss ich an @Raindog verweisen. Ich weiß nicht, ob sie schon dort war, aber sie kennt Pyronesien.

Der Pfarrer ... Da verschenkst du ein Riesenpotenzial, denke ich. Dazu später mehr.

Du spannst mich auf die Folter.

Was spielt es für eine Rolle, dass geheiratet wird? Genauso gut hätte es der runde Geburtstag seiner Frau sein können, der da gefeiert wird und Anlass für ein Feuerwerk gibt. Oder die Silvesterfeier.

Stimmt. Um mal so richtig auf den Putz zu hauen, ist tatsächlich jeder Anlass recht. Dass es die Hochzeit seines Sohnes ist, hat sich einfach so ergeben.

Alles läuft so ab, wie es die Geschichte verlangt.

Aber ja, ich muss ja auf den großen Krach hinarbeitenschreiben.

Mir fehlen Überraschungsmomente.

Die hab ich auch nicht so dringend gesucht. Ich dachte: Langsam angehen lassen, und dann Rumms! Aber hast schon recht – eine paar Gags (hab ich auch anderen Kommentatoren geschrieben) hätte die Geschichte durchaus noch vertragen können.

Vielleicht sollte ich mir einen Zettelkasten anlegen.
Danke nochmals und schöne Grüße!
José

 

Hola @josefelipe,
ein weiterer netter Kommentar von mir - ich kann's nicht lassen -, denn sie war mal wieder sehr unterhaltsam, deine Geschichte. Und wie immer ist es deine Art zu erzählen, die mich durch die Geschichte trägt, deine Hauptfigur, die sich durchs Leben hangelt, um dann alles zu verlieren.
Was mir oft ein wenig schwer fällt ist ein klares Bild von den anderen Figuren, weil du eben in erster Linie ein Erzähler bist, wenig szenisch, kaum Dialoge. Hier war mir das etwas zu viel Hintergrundinfo, bevor es los geht. Ich weiß, du brauchst das für den Aufbau, damit's dann am Ende auch so richtig kracht. Trotzdem hätte ich mir in der Einleitung die eine oder andere Szene gewünscht, um näher dabei zu sein und dann am Schluss Pischtas Enttäuschung noch besser nachempfinden zu können.

Kleinigkeiten:

Jetzt muss Pischta selbst auf seine Werkstatt aufpassen.
Wieso holt er sich keinen weiteren Hund?

Edith wird die eingesparten Eier auf dem Markt verkaufen. Zwar hält sie die Idee ihres Mannes für verrückt, doch sie hat immer zu ihm gehalten – und dieses Mal erst recht, etwas Glanz wird auch auf sie fallen.
Hier wird mir deren Verhältnis klar. Und wie wenig Geld sie haben. Gut für Pischta, dass er sich immer auf Edith verlassen kann. Ihre Rolle wird dadurch auch klar. Sie opfert sich auf, kann sich - wenn überhaupt - nur in seinem "Ruhm" sonnen.

vermaischt sie
vermischt?

Jo, das war's auch schon. Hab mich, wie gesagt, gut unterhalten gefühlt.

Liebe Grüße nach Ungarn von Chai

 

Lieber josefelipe,
das ist ein ganz wunderschöner farbiger und sinnlicher Text. Ich komme mir eh in vielen deiner Text vor wie in einem Film, der irgendwo im Südosten Europas spielt, wo alle an einer riesigen Tafel versammelt sind und die arme geschlachtete Sophia (na gut, die wird hier verkauft) schmausen - mit den besten Gewürzen versteht sich und saufen und fressen und tanzen. Man hört die sonderbaren Instrumente, lauscht und schnüffelt und schmeckt, bis man selbst direkt in der Geschichte landet und auch einen kleinen Happen nimmt. Und was ich auch so sehr mag, du lässt hier in der Geschichte alles so wunderbar krachen und zusammenbrechen, da erlischt ein Traum und gleichzeitig löst sich auch ein Problem im Sausen der Raketen und Explodieren der Fässer. Das ist wunderbar tragikomisch.
Ein Kaleidoskop schillernder Namen, Figuren, Essenzen und Ingredienzien. Ich finde, wenn man das so auf- und zubereiten kann, dann darf und soll man auch ruhig ein bisschen schwätzen und fabulieren. Wär schad drum, wenn mans nicht lesen dürfte, was dir noch so alles zu Pischta und der bunten Hochzeit einfiel.
Ein kleiner Textdurchgang mit ein paar Anmerkungen, weil ich was nicht verstanden habe oder so, vor allem aber Lieblingsstellen.

Bis zum großen Tag ist noch viel zu tun - da will er zeigen, was er drauf hat. ‚Ich werd’s so richtig krachen lassen’, nimmt er sich vor. Dass es teuer wird, weiß er.
Ist eventuell nur eine Kleinigkeit, aber hier hätte ich liber schneller gewusst, dass er die Hochzeit ausrichtet. Man orientiert sich einfach schneller.

Irgendwas geht immer zu Bruch, der Fuchs besucht die Hühner, nachts ferkelt die Sau. Und Harcos’ Arbeit muss er auch machen. Den hatten ihm durchziehende Zigeuner als Wachhund angedreht, und er hatte keine Ahnung, dass Huskys nicht bellen.
So schön

Viel und oft muss probiert werden; es gibt eine bequeme, wenn auch durchgelegene Couch in der Werkstatt, Geräuchertes hängt am Haken. Alles so, wie es sein soll.
Wie geil. Weiß man gleich, dass da das ein oder andere Schnäpschen in den gefüllten Bauch wandert. Zur Verdauung selbstverständlich. Ist ja alles Medizin gegen zu viel Schweinefleisch.

Doch es gibt ein Problem: Destillieren ohne Lizenz ist strafbar. Kann auch tödlich sein – viele Ertappte haben den Strick genommen, weil sie die horrenden Strafen nicht zahlen konnten.
Das fand ich auch geil. Ich denk zuerst, klar, tödlich, denn beim Brennen kann man bestimmt viel Dummes tun und was Schädlliches herstellen. nein, fehlgedacht, es sind die Strafen, die tödlich sind.

Pischta legt den Pinsel beiseite, zweierlei Grün mit weißen Spitzen – eine Pracht.
Der verdammte Hahn ist schon wieder im Anflug.
Sowas meine ich. Das ist nichts Großartiges, aber es nimmt einen so schön mit in diese Szenerie. Man sieht des weißgrünen Zaun, Pischta, wie er streciht und grübelt und durch die Zähne pfeift und dann rauscht schon wieder der dämliche Gockel an. Ich mags einfach.

Der heiße, trockene Sommer wird durch einige gewittrige Tage unterbrochen, es regnet viel, alles Lebende holt tief Luft und kommt wieder auf die Beine.
schöne Formulierung und Zusammenfassung vergangener zeit

Die Musikanten heizen den Gästen ordentlich ein, und die schwofen auf Teufel komm raus. Rote Gesichter, verklebte Locken, dunkle Flecken unter den Achseln.
So knapp erzählt und alles ist da, man sieht und riecht die alle.

Silber und Gold rauschen herab, das Cello wummert. Raketen pfeifen schrill in die Nacht, giftgrün und leuchtend rot. Edith umklammert im bizarren Licht die Brautleute, der Pfarrer hat die Hände gefaltet und redet mit sich selbst. Oder mit Gott.
Es knallt und knattert wie im Krieg, es leuchtet und schillert. Das Zymbal holt die Klänge tief aus der Erde, lässt sie himmelwärts davonjubeln.
Dieses ganze Feuerwerk, das mochte ich so sehr, weil alles so schön kracht und donnert und knallt und bumst, da nehm ich das hier stellvertretend. Und den Pfarrer mag ich auch.

Der hat eine Flasche Selbstgebrannten in der Hand und nimmt einen Schluck. Er starrt auf das grüne Glas und flüstert: „Dass mich Gott so straft ...“
Naja, wenn der liebe Gott erst aufgeräumt hat, kann er ja wieder neu brennen. Hat auch was Absurdes, diese göttliche Strafaktion. Und dass der Pischta den Selbstgebrannten dabei in den Händen hält, das beruhigt mich irgendwie.

Durch die rauchige Luft ziehen feinste Aromen von Kirsche und Mirabelle, von Aprikose und Quitte .
Wunderbarer Abschluss.

Wirklich gerne gelesen und mit allen Fasern genossen.
Ich freu mich echt über die Vielfalt der Geschichten in dieser Challenge. So viele wunderbar schwere, traurige oder melancholische Geschichten mit viel Tiefgang, so viel Komisches auch und Farbenfrohes. Es würd einfach total was fehlen, wenn dein Pischta sich darauf nicht einen einschenken würde.

Liebe Grüße an dich von Novak

 

Hola @Chai,

ein weiterer netter Kommentar von mir
In der Tat! Vielen Dank.

ich kann's nicht lassen ...
Bewahre diese Zügellosigkeit, mir zuliebe!

Was mir oft ein wenig schwer fällt ist ein klares Bild von den anderen Figuren, ...
Hm, jetzt, wo Du’s sagst – ei ja, da ist was dran. Ohne mich herausreden zu wollen: Denen hab ich nur Statistenrollen gegeben. Außer Pischtas am Rande auftauchenden Ehefrau ist da nix. Wahrscheinlich hab ich mich wie mit Scheuklappen auf den großen Knall konzentriert:schiel:.

... weil du eben in erster Linie ein Erzähler bist,
... und eine große Plaudertasche vor dem Herrn ...

wenig szenisch, kaum Dialoge.
Muss ich mir hinter die Ohren schreiben.

... hätte ich mir in der Einleitung die eine oder andere Szene gewünscht, um näher dabei zu sein und dann am Schluss Pischtas Enttäuschung noch besser nachempfinden zu können.

Das alte Problem: Höchstwahrscheinlich können die meisten Texte immer noch weiter verbessert werden – ich sehe das bei mir, wenn ich die ‚Urform’ einer Kg nochmals überfliege, dann tränen mir oft die Augen (aus unterschiedlichen Gründen:rolleyes:).
‚Erschwerend’ kommt hinzu, dass es diesen einen Punkt gibt, an dem die Geschichte ‚raus muss’. Um nicht an Gehirnverknotung zugrunde zu gehen, muss sie vom Tisch. Feierabend.
Kennst Du das auch?
Jetzt muss Pischta selbst auf seine Werkstatt aufpassen.
Wieso holt er sich keinen weiteren Hund?
Noch ein Fresser mehr. Der muss einen teuren Chip bekommen, muss zum Tierarzt – die haben’s nicht so dicke (mal abgesehen vom Feuerwerk:shy:).
Aber Du siehst es ja auch so:
Hier wird mir deren Verhältnis klar. Und wie wenig Geld sie haben.

vermaischt sie
vermischt?

Nein, Maische besteht aus dem zerkleinerten Obst, das mit etwas Wasser und Zusätzen vergoren und dann gebrannt / destilliert wird. (Zwar würde ich mich gern als Erklärer auch anderer Essen-& Trinken-Themen anbiedern, aber Wiki macht das noch besser. Und das will schon was heißen!).


Liebe Chai, da sind wir schon wieder durch. Mich freut’s, dass Dir die Geschichte weitestgehend gefallen hat und schicke Dir schöne Grüße nach Goa!

José

 

Hola @Novak,

was für einen beglückenden:) Kommentar Du mir schreibst:

... das ist ein ganz wunderschöner farbiger und sinnlicher Text.

Ha! Da schwillt die Brust! Besten Dank, meine Teure.

Ich komme mir eh in vielen deiner Text vor wie in einem Film, der irgendwo im Südosten Europas spielt, ...

Ach ja, beinahe zwanzig Jahre im Lande färben ab. Aber im Grunde geht es mir wie Dir:

Man hört die sonderbaren Instrumente, lauscht und schnüffelt und schmeckt, bis man selbst direkt in der Geschichte landet und auch einen kleinen Happen nimmt.

Mit kleinen Happen fängt es an, danach wird genötigt, dass es eine Lust ist.

Ein Kaleidoskop schillernder Namen, Figuren, Essenzen und Ingredienzien.

Muss sein. Der Leser hat ein Recht auf Lokalkolorit>:teach:;).

Ich finde, wenn man das so auf- und zubereiten kann, dann darf und soll man auch ruhig ein bisschen schwätzen und fabulieren.

Ich beziehe das mal bescheidenerweise auf mich. Muss meine Texte immer durchsuchen, um allzu beredte Stellen zu streichen. Gerade hab ich noch an Chai (... weil du eben in erster Linie ein Erzähler bist, ...) geschrieben:
... und eine große Plaudertasche vor dem Herrn ...

Dieses ganze Feuerwerk, das mochte ich so sehr, weil alles so schön kracht und donnert und knallt und bumst, ...

Freut mich sehr; da hatte ich mir wirklich Mühe gegeben.

Ich freu mich echt über die Vielfalt der Geschichten in dieser Challenge.

Ja, läuft wie geschmiert. Der Anlauf schien mir bisschen schleppend, aber dann kam doch noch ordentlich Bewegung in die Sache. Ist ja auch zu verlockend: Glitzerbuchstabensuppe!

Es würd einfach total was fehlen, wenn dein Pischta sich darauf nicht einen einschenken würde.

Worauf wir uns verlassen können!


Liebes Novak, besten Dank für die lobenden Worte – jawohl, darauf bilde ich mir was ein.
Aber keine Sorge: Ich lass es mir nicht anmerken.


Viele lebkuchenduftende Vorweihnachtsundadventsgrüße*)!

José

*) nach einer Idee von @Isegrims;)

 

Hola @josefelipe,

Um nicht an Gehirnverknotung zugrunde zu gehen, muss sie vom Tisch. Feierabend.
Kennst Du das auch?
Klar. So'ne Gehirnverknotung lässt sich irgendwann nur noch durch Input von außen entwirren. Und wer will schon daran zugrunde gehen?

LG,
Chai

 

Hallo José, Deine Challenge-Geschichte gefällt mir gut, ich finde, das ist inhaltlich und von der Gestaltung her alles schön rund. Passt gut zusammen. Die anfangs erwähnte Destille fliegt dem Helden am Ende um die Ohren. Das ist ein klassischer Geschichtenverlauf, der Spaß beim Lesen macht.

Mir kam dabei allerdings noch ein Gedanke, vielleicht findest Du das für zusätzliche Projekte nützlich: Wenn man Geschichten auf ihren Spannungsgehalt untersucht, kann man in der Theorie zwischen Längs- und Querspannung unterscheiden. Das ist nur so ein Hilfsmittel für die Konstruktion und Analyse von Geschichtenverläufen. Während die Längsspannung etwas ist, das den Leser durch die Geschichte zieht,, weil sie fragen lässt, was als nächstes passiert, geht es bei der Querspannung um den Gegensatz zweier gleichzeitig bestehender Positionen oder Charaktere.

Dieser Aspekt ist noch relativ schwach ausgeprägt in Deiner Geschichte, denn es fehlen deutliche Marker, Wendepunkte oder Signale, die Konflikte, Wendungen oder Überraschungen andeuten. Der Charme Deiner Geschichte basiert auf der Figurenzeichnung und dem Arrangement des Umfeldes. Weil man sich Figur und Umfeld gut vorstellen kann, ist man als Leser bereit dem Ganzen eine Weile lang zu folgen. Das ist natürlich ein Qualitätsmerkmal Deines Schreibens. Dennoch kann man sich eine Steigerung vorstellen:

Klassisch ist die Methode, in einer scheinbar heilen Welt möglichst früh, eine drohende Gefahr anzudeuten. In Deiner Geschichte ist die Welt im Grund bis zum Knall am Ende heil. Der erfahrene Leser ahnt zwar, dass José das Ganze mit einem Rumms enden lassen wird, aber die Spannung würde enorm gesteigert, wenn dieses Ende durch irgend ein Signal bereits zu Beginn angedeutet würde. Das könnte eine Vorahnung sein, eine dunkle Wolke am sonst blauen Himmel oder ähnliches.

Im Grunde verlässt Du Dich jetzt lediglich auf die Anziehungskraft Deines Settings, das Werkzeug des Spannungsaufbaus oder des Konflikts (Querspannung) lässt Du unberührt, dabei gehört es doch auch in den Werkzeugkasten eines Autoren.

Hoffe, der Gedanke ist nützlich für künftige Projekte.

Gruß Achillus

 
Zuletzt bearbeitet:

Offtopic

Weil ich's gerade hier auf der Wk-Seite - einer Seite immerhin, auf der sich vorwiegend Leute herumtreiben, die selber Autoren sind - erschütternd oft lesen muss:

... dabei gehört es doch auch in den Werkzeugkasten eines Autoren.
Also:

Singular
der Autor, des Autors, dem Autor, den Autor
Plural
die Autoren, der Autoren, den Autoren, die Autoren

Gern geschehen :Pfeif:

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Natürlich, @Bea Milana.
Das Indefinitpronomen „jeder“ ist hier vergleichbar mit einem x-beliebigen Adjektiv (z.B.: eines bekannten Autors) und ändert natürlich nix an der Konjugationsform des Substantivs. Und der Genitiv von „der Autor“ lautet nun mal „des Autors“.
Und dass dich dünkt, oftmals "des Autoren" gehört zu haben, liegt wohl daran, dass sehr viele Menschen ein bisschen ... na ja, halt ein bisschen unbedacht mit der Sprache umgehen.
(Und um genau dieser Unbedachtheit entgegenzuwirken, sind wir ja hier, oder? ;))

So, jetzt muss ich wieder an die Werkbank. (Um der Unbedachtheit der Stahlplatten ein bisschen entgegenzuwirken. :rolleyes:)

 

Hallo @josefelipe,
bei dem Einstieg mit dem Hahn musste ich sofort an eine alte Schullektüre denken, an "Die Kunst einen Hahn zu fangen" aus den Geschichten aus Suleyken von Lenz. Um den Hahn geht es dann doch nicht. Aber was mich daran erinnert hat auch im Leseverlauf Deines Textes, war natürlich das Kolorit der Landschaft, des Landlebens, die ausgeprägten Figuren, die sich in dem Setting bewegen und die einen charmanten Reiz haben in ihren schnoddrigen Eigenarten. Das habe ich sehr gern gelesen. Ich habe dann tatsächlich seit Jahren wieder mal die Geschichte von Lenz hergenommen. Man kann es schlecht vergleichen, weil es ganz unterschiedliche Konzepte sind. Aber was mir bei ihm gefallen hat, war, dass er mit der Sache am Thema bleibt und konzentriert eine Episode geschlidert wird. Das Kolorit ist weniger ausstaffiert. Mehr steht eine menschliche Sache im Vordergrund, der Anatol und der Hahn, der von einem Fremden gefangen werden soll. Wie gesagt, ein Vergleich, der gewaltig hinkt. Aber in Deinem Text ist mir die Lokalfarbe etwas zu stark im Vordergrund, die Spanne der Erzählung auch zu weit. Da ist viel Ausstattung dabei. Schöner hätte ich es gefunden, wenn eben wie beim Hahnenfang eine durchgehende Episode Platz gefunden hätte. Klar, die kommt dann auch wunderbar beschrieben, wenn die Brennerei in die Luft fliegt und das bahnt sich ja auch an mit den Paketen aus Polen. Aber das hätte ich mir stärker vorstellen können. Trotzdem ein klares gern gelesen, weil Deine gewitzte Art der Beschreibung natürlich eine so schöne Balance zwischen Zuneigung für Deine Figuren und ironischem Unterton hat.
Herzliche Grüße
rieger

 

Hola @Achillus,

das freut mich sehr, (einen) Post von Dir zu bekommen. Und dann auch noch so wohlwollend!
Aber die Querspannung ist der eigentliche Inhalt.

Mein theoretisches Gerüst reicht nicht für solch eine klare Analyse, ich muss mich mehr auf meinen Bauch verlassen. Und selbstverständlich hast Du recht, diesen Punkt in die Mitte Deines Komms zu rücken.

Mir ist ziemlich klar, dass dieser Text eine Anreicherung durch Q.SP.:) nötig hätte; hab’s auch vielen Kommentatoren geschrieben, dass die Geschichte gut und gerne noch Platz hätte für mehr ...

Ich hatte vieles im Kopf, doch wenn es etwas bringen sollte, dann kann es nicht noch mehr Landleben sein, sondern ein Widersacher müsste her, ein fieser Hund, zumindest ein neidischer, raffiger Nachbar, aber irgendwas störte mich immer, und so hab ich’s gelassen.

Das daraus resultierende Debakel: Der Anmarsch zum Höhepunkt ist zu lang(weilig) – ich hätte kürzen müssen.

Dass ich Zeitdruck spürte wegen der Challenge, wäre Quark. Hätt’s ja auch unter Kurzgeschichten einstellen können, hätt’ nur warten müssen, bis mir was G’scheits einfallt.

Und das ist das Manko meines Textes. Absolut klar. Ich werd’s nicht vergessen:

Achillus schrieb:
... geht es bei der Querspannung um den Gegensatz zweier gleichzeitig bestehender Positionen oder Charaktere ... ... es fehlen deutliche Marker, Wendepunkte oder Signale, die Konflikte, Wendungen oder Überraschungen andeuten.

Lieber Achillus, mit dieser klaren Ansage triffst Du ins Schwarze.

Im Grunde verlässt Du Dich jetzt lediglich auf die Anziehungskraft Deines Settings, ...
Hehe. Erkannt!

Achillus schrieb:
Dennoch kann man sich eine Steigerung vorstellen
Und wie! Denn ‚eigentlich’ wollte ich meinen Texten mehr Substanz geben, hab’s bei ‚Grübchen’ und ‚Blick vom Balkon’ versucht und will das auch so fortführen – ‚eigentlich’ sollte ich frank und frei zugeben, dass ich mir’s ein bisschen einfach gemacht habe mit dem Pischta.

Ich finde das maßgeschneidert, dass Du genau auf diesen leidigen Punkt hinweist, und in die richtige Richtung zielst:

Hoffe, der Gedanke ist nützlich für künftige Projekte.

Das klingt nach dem Rat eines guten Freundes, und als solchen werde ich ihn auch umsetzen.

Vielen Dank, Achillus!

José

 

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