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Kopfgeburt

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09.09.2015
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Kopfgeburt

Schnee knirschte unter meinen schweren Wanderschuhen. Winzige, funkelnde Eiskristalle, die unter dem Druck meines Gewichtes ihre Einzigartigkeit verloren. Der monotone Takt meiner Schritte trug mich tiefer in den Wald hinein.
Ich musste wandern, Kondition und Ausdauer trainieren. Ich hatte mir Großes vorgenommen. Im Frühjahr wollte ich den Camino Frances von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela pilgern. Wo gehörte ich hin, war die Frage, auf die ich mir vom Pilgerweg eine Antwort erhoffte. Es war mir ernst. Und doch lächelte ich in mich hinein, zog die Pudelmütze tiefer in die Stirn und legte einen Zahn zu.

Die erste Weggabelung, ich musste mich entscheiden. Rundweg Kirchberg - zehn Kilometer, der sollte es sein. Den Forstweg kannte ich mittlerweile zur Genüge, jede freie Sekunde war ich in letzter Zeit hier entlang gestapft. Nur die unscheinbare Abzweigung, vielleicht eine Abkürzung, war mir bisher nicht aufgefallen. Einer spontanen Eingebung folgend, bog ich ab.
Mit jedem Meter wurde es düsterer. Mannshohe, dicht stehende Kiefern, die sich gegenseitig Halt gaben, zu beiden Seiten des Weges. Eine unheimliche Stille legte sich über die Welt, es war, als würde der Schnee jeden Laut schlucken. Nur das Geräusch meiner Schritte, ein dumpfes Mahlen, begleitete mich. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Und da kam sie nach oben, die Erinnerung an das Gespräch mit meiner Freundin Anna. Ich hatte versucht, sie zu verdrängen, erfolglos.

„Bist du verrückt? Du läufst allein durch den Wald?“
„Ich habe keine große Auswahl. Bundesstraße oder Waldweg.“
„Und wenn dich jemand überfällt?“
Ich lachte auf. „Wer sollte mich überfallen?“
„Sag mal, bist du wirklich so naiv? Hinter jedem Busch kann ein Irrer lauern.“
Die Richtung, in die die Unterhaltung driftete, gefiel mir nicht. „So ein Blödsinn! Die Verrückten warten nicht im Gebüsch, bis alle Schaltjahre eine Frau vorbeikommt. Dort, wo die Menschen aufeinander hocken, dort findest du die kranken Hirne.“
„Besorg dir wenigstens ein Pfefferspray!“ Anna legte die Stirn in Falten.
„Ich hab’s doch gerade gesagt, so ’nen Quatsch brauch ich nicht.“ Mir war klar, Anna meinte es gut mit mir, und doch ging sie mir gehörig auf die Nerven. „Keiner Menschenseele bin ich bisher begegnet. Lass es gut sein, Anna! Ich bin erwachsen.“
„Gegen deine Sturheit ist kein Kraut gewachsen. Nimm wenigstens dein Handy mit, Dickkopf.“

Ein schneller Griff in meine Jackentasche. Kalt und flach lag das Telefon in meiner Hand. Ein gutes Gefühl. Ich atmete tief durch und ging zügig weiter, doch Annas Worte spukten weiter in meinem Hirn. Wenn dich jemand überfällt.
Es raschelte im Unterholz. Ich blieb stehen. Sah mich um, lauschte. Stille. Überprüfte das Handy. Kein Netz. Drehte mich um die eigene Achse. Vorwärts. Immer einen Fuß vor den anderen setzen. Erst jetzt nahm ich die riesigen Fußabdrücke von groben Profilsohlen im Schnee wahr. Und wenn doch …?
Wieder ein Knacken, als würde ein dürrer Ast brechen. Mein Herz wummerte. Laut und schnell trommelte es in den Ohren. Akribisch suchte ich mit den Augen die Umgebung ab.
Ich konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Nur die Kiefernschonung, die in alten Baumbestand überging. Aufgereiht wie Zinnsoldaten standen hohe, schlanke Nadelbäume mit kahlen Stämmen vor mir. Eine feindliche Armee, die mich stumm anglotzte. Sonst nichts. Ich riss die Wollmütze vom Kopf, ich wollte hören, was um mich herum geschah, keine gefilterten Laute wahrnehmen.
Der Wind frischte auf und die Wipfel der Bäume flüsterten mir zu. Hinter jedem Busch kann ein Irrer lauern. Nichts wie weg hier. Langsam setzte ich mich in Bewegung, wurde schneller und schneller. Rannte blind vor Angst immer weiter. Erst als ich am Ende meiner Kräfte war, blieb ich atemlos stehen. Ich schnappte nach Luft, meine Lunge brannte. Was tat ich da? War ich nun völlig durchgeknallt? Stopp! Ich musste zur Vernunft kommen. Es gibt keine wirkliche Bedrohung. Heute ist nichts anders als sonst. Besorg dir wenigstens ein Pfefferspray! Hier ist niemand außer mir. Ich bin nicht in Gefahr. Bist du verrückt? Nein.
Tief sog ich die klare, frische Waldluft ein. Jeder Atemzug brachte ein Quäntchen mehr Ruhe und Frieden. In einiger Entfernung konnte ich den breiten Wanderweg sehen. Rundweg – Kirchberg, er führte zurück ins Dorf, in die Zivilisation.

Ich zuckte zusammen, erstarrte. Um mich herum ein ohrenbetäubendes Krachen und Knacken, das Bersten von Zweigen und Ästen, ein Waldbeben. Aus dem Unterholz brachen drei Rehe und sprangen vor mir über den Pfad. Wunderschöne, elegante Wesen, die mit anmutigen Sprüngen das Weite suchten. Sie waren längst aus meinem Blickfeld verschwunden, als ich ihnen immer noch versonnen nachschaute. Fluchttiere.

Die Hände tief in den Jackentaschen vergraben, die Schultern bis an die Ohren hochgezogen, machte ich mich auf den Heimweg.
Ein letzter Blick zurück, und da sah ich sie, die Angst. An den Stamm einer Fichte gelehnt, grinste sie mir ins Gesicht. Ich werde zurückkommen. Dann wird sich zeigen, ob sie auf mich gewartet hat.

 
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Liebe peregrina,

dieser Text hat mir gefallen. Nicht zuletzt, weil ich genau diese Situationen, die du hier beschreibst, sehr genau kenne. Du machst das sehr gut und ich kann fast jede Szene miterleben und nachvollziehen.
Ich laufe seit einigen Jahren fast an jedem Tag durch den Wald und hatte am Anfang sehr ähnliche Gefühle, zumal ich dort auch kein Festnetz habe. Diese Atmosphäre des Waldes sensibilisiert. Man nimmt die einzelnen Geräusche wahr, unterscheidet sie irgendwann und erlebt auch die Stille, besonders, wenn sich im Juli die Vögel verabschiedet haben. Und eben auch im Winter bei Schnee. Das alles beschreibst du super.
Und dann das plötzliche Einbrechen der Rehe in diese Stille. Auch das kenne ich sehr genau.

Mir gefällt auch, wie du die Angst beschreibst, die sich fast wie ein Ausgeliefertsein anfühlt, wenn man erst tief genug im Wald ist. Dazu passt der allegorische Schluss. Das gibt der ganzen Sache Tiefe.
Die letzten beiden Sätze stören mich ein wenig, weil sie zu erklärend sind. Hier bin ich mir aber nicht so sicher. Irgendwie nehmen sie dem allegorischen Bild die Kraft.

Auch nicht ganz sicher bin ich mir mit dem Gespräch. Es ist natürlich wichtig, weil es die Begründung für die Angst liefert. Und doch kommt es mir in deinem Text wie ein Fremdkörper vor. Vielleicht hätte es mir in einer indirekteren Wiedergabe-Form besser gefallen?

Aber das sind nur kleine Kritikpunkte an einem Text, der mich sehr angesprochen hat.

Was ich mir noch notiert habe:

Winzige, funkelnde Eiskristalle, die unter dem Druck meines Gewichtes ihre Einzigartigkeit verloren. Der monotone Takt meiner Schritte trug mich tiefer in den Wald hinein.
sehr schön

Mannshohe, ineinander verschlungene Kiefern zu beiden Seiten des Weges.
Das kann ich mir nicht vorstellen. Wie du später schreibst, wachsen Kiefern in die Höhe und stehen für sich.

Eine unheimliche Stille legte sich über die Welt, es war, als würde der Schnee jeden Laut schlucken. Nur das Geräusch meiner Schritte, ein dumpfes Mahlen, begleitete mich
Sehr gut nachempfunden

Gänsehaut lief mir über den Rücken. Und da kam sie nach oben, die Erinnerung an das Gespräch mit meiner Freundin Anna. Ich hatte versucht, sie zu verdrängen, erfolglos.
Ich bin nicht sicher, ob sich die Gänsehaut über den Rücken legt. Vielleicht solltest du dieses Gefühl anders umschreiben.
Hast du das Gespräch oder die Freundin verdrängt?

Sie existiert nur zwischen den Ohren.
Ich kenne diese Formulierung. Ein englischer Freund von mir benutzt sie sehr häufig. Hier finde ich sie vom Stil her nicht so gut, weil es ja eine sehr umgangssprachliche ist.

Jeder Atemzug brachte ein Quäntchen mehr Ruhe und Frieden und Unaufgeregtsein.
Das ‚Unaufgeregtsein’ passt für mein Empfinden hier nicht zu Ruhe und Frieden. Diesen Gedanken würde ich in einem neuen Satz formulieren.

peregrina, was glaubst du, was ich jetzt tun werde? Mein Hund wartet schon. Ist ein bisschen spät geworden. Aber der Kommentar war mir wichtiger.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo peregrina,

ich habe vor drei Wochen mein diesjähriges Joggingprogramm angefangen und laufe regelmäßig durch ein kleines Waldgebiet. Mein Glück, dass da immer viele andere Leute umherlaufen, ansonsten ginge es mir wohl ähnlich, wie deiner Protagonistin. Ich frage mich oft, woher das kommt. Von ganz früher, den Märchen, die man als Kind erzählt bekommen hat? Oder von den Horrorfilmen, die manche (ja, auch ich) sich später dann freiwillig reinziehen? Diese seltsamen Gefühle, die man in Wäldern, überhaupt in wilder Natur empfindet, die sind schon ganz schön bescheuerte Gefährten. Ich schwanke immer zwischen Faszination über die Schönheit und gleichzeitig ist da etwas Dunkles, das mir ein mulmiges Bauchgefühl verpasst. Lange Rede, kurzer Sinn: Du hast dieses mulmige Gefühl sehr gut beschrieben. Dieses sich Hineinsteigern in eine unbestimmte Angst. Die Sensibilität für Geräusche, wenn man mal nicht von der lauten Welt abgelenkt wird. Das fand ich super erzählt!

Bei deinem Ende bin ich mir nicht so sicher. Ich persönlich finde diese Sätze hier top:
Ein letzter Blick zurück, und da sah ich sie, die Angst. An den Stamm einer Fichte gelehnt, grinste sie mir ins Gesicht. Übermorgen würde ich zurückkommen. Dann würde ich sehen, ob sie auf mich gewartet hatte.

Aber die zwei Sätze, die dann danach noch kommen, sind mir zu erklärend, wiederholen nur, was oben schon erwähnt wurde, und nehmen den Sätzen davor ihren Zauber. Die würde ich weglassen.

Gerne gelesen von
RinaWu

 

Hallo peregrina,

ich habe Deine kleine Geschichte in eins gelesen. Santiago - Pilgern - Kirchberg-Rundweg - vertraute Begriffe. Vor vielen Jahren bin ich mit einem Studienkollegen eine Woche durch die Göhrde gewandert - ohne Probleme, auch in der Nacht. Aber alleine im Wald, besonders wenn es düster ist - da kommen Ängste hoch, denn welcher Zivilisationsmensch weiß genau, was in den Wald gehört und wie es klingt.

Die letzten beiden Sätze würde ich auch streichen und den dann letzten Satz ein wenig umformulieren in Richtung: ob sie noch/weiter auf mich gewartet hatte.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo peregrina,

ich bin viele Jahre regelmäßig durch kleine Wäldchen gejoggt. Wenn es Auenwäldchen waren, habe ich mich wohlgefühlt, auch wenn ich allein unterwegs war. Das war dann mehr so ein "Auenland-Feeling", besonders, wenn die Sonne ihre schrägen Strahlen durch das Laub schickte. Ganz anders jedoch in den dunklen Fichtenwäldern. Davon gibt es im Schwarzwald ja reichlich. Da schaute ich, dass ich bei Einbruch der Dämmerung aus dem Wald kam; hinter jedem Stamm vermutete ich etwas Unheimliches. Ich habe mal gelesen, die Deutschen und ihr Wald, das sei eine besondere Beziehung. Etwas Magisches. Schlimm wird es natürlich, wenn die Bedrohung durch Menschen reale Formen annimmt.

Dein Text hat mir gut gefallen und , wie du siehst, eine ganze Menge Erinnerungen aktiviert.

Gruß wieselmaus

 

Hallo peregrina,

eine Frage bleibt nach dem Lesen deiner Geschichte offen:

Im Frühjahr wollte ich den Camino Frances von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela pilgern. Den Spuren Kerkelings folgen, allerdings besser vorbereitet sein als dieser Spaßvogel, sowohl körperlich als auch mental. Es war mir ernst. Noch nie in meinem Leben hatte ich eine Sache mit solch einer verbissenen Konsequenz verfolgt.
Warum, will sie auf diesen Pilgerpfad gehen? Meist steckt da ja ein tieferer Gedanke dahinter. Ich finde, das fehlt in deiner Geschichte, wenn du so herausstellst, wie verbissen deine Protagonisten sich auf diese Wanderung vorbereitet.

Ansonsten hat mir der Text ganz gut gefallen.

 

Liebe barnhelm,

danke für die Ausführlichkeit, mit der du dich meiner kleinen Studie gewidmet hast.
Hoffentlich hatte dein Hund Verständnis für die Verschiebung der heutigen Wanderung.

Die letzten beiden Sätze stören mich ein wenig, weil sie zu erklärend sind.
Absolut korrekt. Andere Kommentatoren nach dir haben das ebenfalls bemängelt. Und jetzt, da ihr es sagt, sehe ich es selber klar und deutlich: viel zu erklärend, fast belehrend.
Irgendwie nehmen sie dem allegorischen Bild die Kraft.
Weg mit den beiden.

Auch nicht ganz sicher bin ich mir mit dem Gespräch. Es ist natürlich wichtig, weil es die Begründung für die Angst liefert. Und doch kommt es mir in deinem Text wie ein Fremdkörper vor. Vielleicht hätte es mir in einer indirekteren Wiedergabe-Form besser gefallen?
Das ist eine interessante Frage. Im Moment würde ich diesen Part gerne so stehen lassen. Möglicherweise ist gerade dieses Fremdartige ein passendes Stilmittel, um das Gespräch als Grenze zwischen dem unbeschwerten Vorher und dem angstvollen Danach besonders hervorzuheben. Ist nur so ein Gedanke.

Mannshohe, ineinander verschlungene Kiefern zu beiden Seiten des Weges.
Das kann ich mir nicht vorstellen. Wie du später schreibst, wachsen Kiefern in die Höhe und stehen für sich.
Ich dachte an junge Bäume, die dicht an dicht stehen, bevor sie gelichtet werden, oder wie nennt man das? Die Beschreibung werde ich etwas verändern.
Vielleicht. Mannshohe, dicht stehende Kiefern, die sich gegenseitig Halt gaben.

Die ´Gänsehaut´ werde ich durch den ´Schauer´ ersetzen, wie JoGy vorschlägt, (aber in unserer Region lief die Gänsehaut umgangssprachlich über den Rücken) und damit ist die Verwirrung, wen oder was meine Prota verdrängen wollte, beseitigt.

Sie existiert nur zwischen den Ohren.
Ich kenne diese Formulierung. Hier finde ich sie vom Stil her nicht so gut, weil es ja eine sehr umgangssprachliche ist.
Zuerst hatte ich ´im Kopf stehen´, erschien mir zu belehrend. Dieser Satz kann im Prinzip ganz verschwinden. Wo sonst, als im Kopf, sollte sich wohl Angst abspielen.

Ja, und noch so ein Beispiel für misslungene Originalität. Das ´Unaufgeregtsein´ habe ich dem Satz schnell noch aufgepfropft, weil mir ´Ruhe und Frieden´ allein so banal und abgenutzt erschienen. Ich werde die Eigenkreation ersatzlos streichen.

Danke für die klugen Gedanken und die lobenden Worte.

Liebe Grüße peregrina

Liebe Wortkrieger,
natürlich werde ich eure Komms einzeln beantworten, nur brauche ich ein wenig Zeit dafür.

 

Hallo peregrina,
Ich glaube jeder, der einmal allein durch den Wald getigert ist, kennt diese Situation, die du beschreibst. Ich finde sie sehr gut beschrieben. Als Leser ist man sofort drin, kann den Aufbau der Angst, das Zweifeln und dann die Erleichterung wunderbar nachempfinden.
Das einzige, wo ich kurz mal hängen geblieben bin: schaut man nach so einem Schrecken den Rehen tatsächlich "versonnen" hinterher oder doch eher erleichtert?
Ansonsten Daumen hoch.
LG
KonfuziFen

 
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Hallo RinaWu,

danke, dass du in meinen Text geschaut hast.

Dieses sich Hineinsteigern in eine unbestimmte Angst. Die Sensibilität für Geräusche, wenn man mal nicht von der lauten Welt abgelenkt wird. Das fand ich super erzählt!
Wie du dir denken kannst, freue ich mich, dass für dich das Angstgefühl der Prota greifbar
war. Vor allem deshalb, weil es ja meine Absicht war, in erster Linie zu zeigen, wie sich diffuse Angst anfühlt und wie sie sich ausdrückt. Natürlich auch, wie einfach es sein kann, einen Gedanken von außen in das Hirn einzupflanzen, der unser Denken und Handeln verändert.
Aber die zwei Sätze, die dann danach noch kommen, sind mir zu erklärend, wiederholen nur, was oben schon erwähnt wurde, und nehmen den Sätzen davor ihren Zauber.
Die beiden sind schon verschwunden. Für mich ist es interessant zu beobachten, wie blind wir den eigenen Texten und ihren offensichtlichen Schwachstellen gegenüberstehen. Da hab ich wieder mal den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen.
Ich frage mich oft, woher das kommt?
Archaisches Erbe, Anerzogenes, Erfahrungen, eine Mischung aus allem. Da die Angst letztendlich eine Schutzfunktion hat, sollten wir uns nicht weiter den Kopf zerbrechen, sondern froh sein, dass wir sie spüren, natürlich im gesunden Maße.

Danke für deinen Komm und weiterhin angstfreies Joggen.
Lieben Gruß peregrina

Hi JoGy,

auch dir vielen Dank für deinen Komm.

Gänsehaut bildet sich und läuft nicht über den Rücken, oder?
Hast du gut erkannt, der gute alte kalte Schauer ist die elegantere Formulierung.
Wobei, ich hab’s an anderer Stelle schon erwähnt, da gibt es sicherlich auch territoriale Unterschiede, abhängig von der Mundart. Ich glaube mich erinnern zu können, dass bei uns zu Hause die Gänsehaut laufen konnte.
´Das Mädchen´ von King kenne ich nicht. Nach ´Christine´ und ´Carrie´ hab ich mich von ihm abgewandt, war mir stellenweise zu schaurig, da marschiere ich lieber durch düstere Wälder.:lol:
Ich freue mich, dass dir die Miniaturgeschichte gefallen hat, und habe mir vorgenommen, dich bald in deiner KG zu besuchen.
Bis dahin alles Gute
peregrina

 

„' … so sollen auch (bei aufläufen) in den feuerpfannen auf den gassen
und an den eckhäusern von den einwohnern derselbigen, so balde sich
diszfalls bei nächtlicher weile ichtwas erreget, pechkränze, kühn* oder
ander holz angezündet werden.' Leipz. Stadtordnungen 1701 ...“
Grimmsches Wörterbuch, Bd. 11, Sp. 683 - * kühn = kien​

Schöne Geschichte über die Angst (= Enge; Beklemmung) und schon die alten Römer, die noch nix von der German angst wissen konnten, müssten sich wieder von den rechtsrheinischen Urwäldern bedroht fühlen, besonders ab dieser Formulierung
Mit jedem Meter wurde es düsterer. Mannshohe, dicht stehende Kiefern, die sich gegenseitig Halt gaben zu beiden Seiten des Weges.
(es gibt übrigens auch Sträucher unter den Kiefern).

Warum,

liebe peregrina?

Dir ist schon da – wahrscheinlich unbewusst – ein verschwiegener Hinweis geglückt im Zusammenhang mit aktuellen Ängsten (klingt nicht umsonst wie der Superlativ des Adj. „enge“), wenn dem Wort „Kiefer“, eine Verkürzung des ursprünglichen Wortes „Kienföhre“, eine besondere Bedeutung zufällt.

„Kien“ bezeichnet das „fette“ (weil harzige) Kiefernholz, dessen Späne heute noch als Feueranzünder dienen.

Da sieht man mit Bedauern, dass der Kopfgeburt heutigentags eine andere Bedeutung zukommt als zu Zeiten der Mutter unserer Zivilisation mit der Geburt der Athene. Als "Pallas"/"Parthenos" (Mädchen/Jungfrau) blieb sie unberührt. Sie symbolisierte Weisheit und Kunst, Handfertigkeit und Ackerbau. Die Abzeichen Helm, Schild und Lanze standen für ihre Wehrhaftigkeit.

An der Geschichte gibt's nix zu mäkeln. Bis auf diese Stelle, wo m. E. ein Komma zwischen gleichrangige Adjektive gesetzt werden sollte

Wunderschöne elegante Wesen, die mit anmutigen Sprüngen das Weite suchten.
und die Ersatzprobe „Wunderschöne und elegante Wesen ...“ nicht dagegenspricht ...

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hola peregrina,

Deine Geschichte gefällt mir sehr. Ich bin mit dabei, wenn es im Unterholz knackt. Und auch wenn der Text länger wäre, würde ich als Leser dranbleiben – Du hast einen sehr angenehmen Schreibstil, und ich glaube, dass da viel Arbeit drinsteckt. Hier zum Beispiel:

Winzige, funkelnde Eiskristalle, die unter dem Druck meines Gewichtes ihre Einzigartigkeit verloren.
Oder hier:
Ich lachte auf. „Wer sollte mich überfallen?“
Bei dem ‚lachte auf’ höre ich verhaltene Angst, ein in der Tonlage etwas zu hohes Lachen, bisschen spitz, um nicht zu sagen beinahe hysterisch. Griffig und wirkungsvoll geschrieben!
Bravo!
Fluchttiere.
Eine sehr intelligente Randbemerkung. Mit Blick auf die Prota ziemlich sarkastisch:).
Ich riss die Wollmütze vom Kopf, ich wollte hören, was um mich herum geschah, keine gefilterten Laute wahrnehmen.
Das ist fmG. wirklich gut (fmG. = für meinen Geschmack). Deshalb kann ich nur mit ausgeschaltetem Radio Auto fahren (und selbst dann noch nicht einmal besonders gut).
Aber ‚ungefiltert’ ist schon klasse.
So, wie Du jetzt schreibst, hast Du den Leser an der (leger geführten) Leine. Deine Zielstrebigkeit hat gelohnt. Glückwunsch!


Hier sollte mein Kommentar sein Ende finden. Nur aus der Tatsache heraus, Dich überhaupt nicht leiden zu können, motze ich noch ein wenig herum.
Kleine Unebenheiten verspüre ich hier:

Den Spuren Kerkelings folgen, allerdings besser vorbereitet sein als dieser Spaßvogel, sowohl körperlich als auch mental. Es war mir ernst. Noch nie in meinem Leben hatte ich eine Sache mit solch einer verbissenen Konsequenz verfolgt.
‚Den Spuren Kerkelings folgen, ... Noch nie in meinem Leben hatte ich eine Sache mit solch einer verbissenen Konsequenz verfolgt.’ – Wenn das der Hape liest, macht er einen Purzelbaum rückwärts, trotz seiner Figur:shy:.
Mich macht’s traurig. Gab’s wirklich keine anderen Idole, Ziele, Pläne – was weiß ich? Oder ist die Prota gerade erst achtzehn?

„Bist du verrückt? Du läufst allein ...
Bist du verrückt? Heute ist nichts anders ...
Bist du verrückt? Nein.
Um das Befinden der Prota darzustellen, wäre es als Stilmittel denkbar – obwohl dreimal viel ist.

... spukten weiter in meinem Hirn. Besorg dir wenigstens ein Pfefferspray!
... nichts anders als sonst. Besorg dir wenigstens ein Pfefferspray!
„Besorg dir wenigstens ein Pfefferspray!“ Anna legte die Stirn in Falten.
... dort findest du die kranken Hirne.“ „Besorg dir wenigstens ein Pfefferspray!“

Ich hab schon gesehen, dass kursiv wiederholt, doch beim Lesen höre ich Bekanntes mehrmals.


Um mich herum ein ohrenbetäubendes Krachen und Knacken, das Bersten von Zweigen und Ästen, ein Waldbeben.
Ausgelöst von drei zarten Rehen?
Rehe sind verletzlich, die umgehen jedes Hindernis elegant.
Bist Du sicher, dass es keine Wildschweine waren? Keiler, Sauen und Frischies wären robuster.

... Kirchberg, er führte zurück ins Dorf, in die Zivilisation.

Ob nun der Trimm-dich-Parcours soweit ab führte von der Zivilisation, ist wohl eher gefühlt als vorzeigbar, denn viele Entbehrungen hat sie nicht hinnehmen müssen.

Du hast das Walderlebnis meisterlich beschrieben. Den Schluss finde ich klasse. Der gelungene Cocktail von gutem Handwerk, Sensibilität und Lebensnähe. Und Fleiß!

Von mir zehn Punkte!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo peregrina,


ich habe deine kleine Geschichte gerne gelesen. Ist schon interessant mit der Angst, die ansteckend wie ein Virus von Mensch zu Mensch wandern kann.
Die winterliche Waldstimmung hast du gut eingefangen, rufst zahlreiche Erinnerungen in mir wach; Bilder und Geräusche, die je nach Stimmung friedlich oder bedrohlich wirken können, das ist dir gut gelungen. Überhaupt, wann und warum empfinden wir Bedrohungen ohne ersichtlichen Grund. Da passt natürlich auch der Titel, wenngleich er die beschriebene Angst natürlich im Vornherein relativiert. Lass das doch offen (bzgl. Titel), dann fragt sich der Leser womöglich längere Zeit selbst, ob es sich um eine reale Bedrohung handeln könnte, die du da aufzeigst. Kopfgeburt, hm, finde ich auch so nicht wirklich ansprechend. Kannst ja mal darüber nachdenken, wenn du möchtest.

Du hast eine unaufdringliche Sprache gewählt, die gut zum Text passt - liest sich alles flüssig -, dennoch sind mir ein paar stilistische Dinge aufgefallen, die du m. E. ändern könntest, wenn du willst.


Schnee knirschte unter meinen schweren Wanderschuhen. Winzige, funkelnde Eiskristalle, die unter dem Druck meines Gewichtes ihre Einzigartigkeit verloren. Der monotone Takt meiner Schritte trug mich tiefer in den Wald hinein.
Ich musste wandern, meine Kondition verbessern, meine Ausdauer trainieren.

Du verwendest unheimlich viele Possessivpronomen im ersten Abschnitt, die sich natürlich zudem wiederholen - ich finde du könntest da mehr variieren, mehr Nomen ins Zusammenspiel einbauen. Nur mal so zum Vergleich:

Schnee knirschte unter meinen schweren Wanderschuhen. Winzige, funkelnde Eiskristalle, die unter dem Druck des Körpergewichtes ihre Einzigartigkeit verloren. Der monotone Takt der Schritte trug mich tiefer in den Wald hinein.
Ich musste wandern, die Kondition verbessern, Ausdauer trainieren.


Ich hatte mir Großes vorgenommen. Im Frühjahr wollte ich den Camino Frances von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela pilgern. Den Spuren Kerkelings folgen, allerdings besser vorbereitet sein als dieser Spaßvogel, sowohl körperlich als auch mental. Es war mir ernst. Noch nie in meinem im Leben hatte ich eine Sache mit solch einer verbissenen Konsequenz verfolgt.
Also, den Kerkeling würde ich rausnehmen, klingt viel ernsthafter und authentischer ohne, finde ich. Lies doch mal selbst. Den braucht es nicht in deinem Text.


Ich lächelte in mich hinein, zog meine die Pudelmütze tiefer in die Stirn und legte einen Zahn zu.

Letzter Vorschlag bzgl. Pronomen - Nomen.


Den breiten Forstweg kannte ich mittlerweile zur Genüge ...

Da Forstwege in der Regel breit sind, könntest du das Adjektiv rausnehmen.


„Bist du verrückt? Du läufst allein durch den Wald?“ „Ich habe keine große Auswahl. Bundesstraße oder Waldweg.“
„Und wenn dich jemand überfällt?“
Ich lachte auf. „Wer sollte mich überfallen?“ „Sag mal, bist du wirklich so naiv? Hinter jedem Busch kann ein Irrer lauern.“ Die Richtung, in die die Unterhaltung driftete, gefiel mir nicht. „So ein Blödsinn! Die Verrückten warten nicht im Gebüsch, bis alle Schaltjahre eine Frau vorbeikommt.

Der Übersicht halber, solltest du nach Sprecherwechseln auch eine neue Zeile nutzen.

„Bist du verrückt? Du läufst allein durch den Wald?“
„Ich habe keine große Auswahl. Bundesstraße oder Waldweg.“
„Und wenn dich jemand überfällt?“
Ich lachte auf. „Wer sollte mich überfallen?“
„Sag mal, bist du wirklich so naiv? Hinter jedem Busch kann ein Irrer lauern.“
Die Richtung, in die die Unterhaltung driftete, gefiel mir nicht. „So ein Blödsinn! Die Verrückten warten nicht im Gebüsch, bis alle Schaltjahre eine Frau vorbeikommt.

Usw.


Mir war klar, Anna meinte es gut mit mir, und doch konnte ich meinen Ärger nur mühsam unterdrücken.
Über Ärger bin ich irgendwie gestolpert (warum auch immer), ich hätte wohl geschrieben: ... und doch nervte sie mich.


Erst jetzt nahm ich die riesigen Fußabdrücke von groben Profilsohlen im Schnee wahr.

Riesige Fußabdrücke ist mir too much; ließe sich verlustfrei und gewinnend streichen für mich.


Was tat ich da? War ich nun völlig durchgeknallt? Stopp! Ich musste zur Vernunft kommen. Immer weiter redete ich auf mich ein: "Es gibt keine wirkliche Bedrohung. Bist du verrückt? Heute ist nichts anders als sonst. Besorg dir wenigstens ein Pfefferspray! Hier ist niemand außer mir. Ich bin nicht in Gefahr. Bist du verrückt? Nein."

Die Eingebungen der Freundin würde ich kursiv setzen, und den Doppelpunktsatz streichen, ist auch ohne klar, dass sie einen inneren Monolog führt, zudem nimmt der Satz Fahrt raus, finde ich.


Übermorgen würde ich zurückkommen. Dann würde ich sehen, ob sie auf mich gewartet hatte.

Unschöne Würde-würde-Kombination.
Auch das Übermorgen, hm, braucht es diese Zeitangabe?
Wie wäre es mit:
Ich werde zurückkommen. Dann wird sich zeigen, ob sie auf mich gewartet hat.


Insgesamt - wie bereits erwähnt - gefällt mir der Text. Ein paar Dinge könntest du noch ändern, mMn würde die Geschichte v. a. stilistisch noch besser werden. Zumindest für meinen Geschmack.


Danke fürs Hochladen


hell

 

Hallo jobär,

Ich habe deine Geschichte in eins gelesen.
Na klar doch, es ist ja auch eine superkurze Kurzgeschichte.
Aber alleine im Wald, besonders wenn es düster ist, da kommen Ängste hoch, denn welcher Zivilisationsmensch weiß genau, was in den Wald gehört und wie es klingt.
Ja, Ängste, die man kaum benennen kann. Besonders, wenn man sich fremdes Gedankengut zu Eigen macht und dies bis zu Panikanfällen führt.

Lieber jobär, die letzten Sätze habe ich gelöscht. Selten, dass sich die WK in einem Kritikpunkt so einig sind. Da fällt der Eingriff nicht schwer.

Danke für deine Zeit und die Rückmeldung.
Ein inspiriertes Wochenende wünscht
peregrina

Hallo wieselmaus,

das ist prima, meine KG hat Erinnerungen wach gerufen. Was will man mehr als Hobbyautor, außer vielleicht dem Leser etwas Angst einjagen.:shy:
Am Feedback der WK merke ich, dass Wandern und Joggen durch Feld und Wald neben dem KG-Schreiben beliebte Freizeitbeschäftigungen sind.

Ich habe mal gelesen, die Deutschen und ihr Wald, das sei eine besondere Beziehung. Etwas Magisches.
Das könnte schon sein. Bei dem breiten Angebot; Schwarzwald, Bayerischer Wald, Thüringer Wald, Göhrde. Ich sage nur: Und ewig singen die Wälder …
Schlimm wird es natürlich, wenn die Bedrohung durch Menschen reale Formen annimmt.
Das war in meiner KG zum Glück nicht der Fall, reines Kopfkino, bloße Einbildung.

Auch dir ein herzliches Dankeschön
und ein herrliches Wochenende im Schwarzwald.


Hallo hell,

nur ganz kurz. Etwas stimmt wohl mit deiner Formatierung nicht. Auf meinem Schirm sind sowohl die Sprecherwechsel durch Zeilenumbrüche deutlich gekennzeichnet als auch die eingestreuten Aussagen der Freundin kursiv geschrieben. Kann das überhaupt möglich sein? Kenn mich jetzt mit dem technischen Kram nicht gut aus.
Auf deine übrigen Anmerkungen werde ich später eingehen, vorerst vielen Dank für deine Hinweise.

Gruß peregrina

 

Hallo peregrina,

hm ... ja, stimmt, sorry, dann sind die Anmerkungen dazu natürlich hinfällig. Dumm von mir, den kopierten Text nicht nochmals am Bildschirm abzugleichen. Ich schiebe das jetzt mal der späten Stunde in die Schuhe, die kann sich schließlich nicht dagegen wehren.

VG

hell

 

eine Frage bleibt nach dem Lesen deiner Geschichte offen: Warum will sie auf diesen Pilgerpfad gehen?
Hallo Henrik Sturmbluth,

mit diesem Einwurf habe ich gerechnet, weil ich mir vor und während des Schreibens auch die grundsätzliche Frage gestellt habe: Gehört die Motivation der Prota wirklich in diesen kurzen Text, der ja tatsächlich nur ein Schlaglicht ist, hinein?
Die Antwort lautet: Nein. Der Beweggrund spielt für die Art Geschichte (argloses Herangehen - Beeinflussung durch andere - Ergebnis: Angstgefühl) keine Rolle.

Ich finde, das fehlt in deiner Geschichte, wenn du so herausstellst, wie verbissen deine Protagonistin sich auf diese Wanderung vorbereitet.
Interessante Sichtweise, die du gewinnst. Vielleicht habe ich wirklich mit diesem Satz zu dick aufgetragen: „Noch nie in meinem Leben hatte ich eine Sache mit solch einer verbissenen Konsequenz verfolgt.“
Dabei wollte ich nur vorbeugen, damit hier niemand einwerfen kann: Wie doof ist die denn? Läuft durch den Wald, obwohl sie sich gruselt?

Wie ich die Sache sehe, habe ich zwei Möglichkeiten. Entweder ich entschärfe die Aussage, indem ich diese Eindringlichkeit, dieses Unbedingte, wegnehme oder ich gebe die Warum-Information, mehr oder weniger so nebenbei. Da muss ich noch nachdenken.
Da möglicherweise bei dieser Passage der Rotstift zum Einsatz kommt (Anmerkungen von joséfelipe und hell bezüglich Kerkeling), könnte ich das in einem Schritt tun.

Hat jetzt nichts mit Beratungsresistenz zu tun, ehe mit Zeit brauchen. Hast du ja schon mitgekriegt. Oder?
Auf jeden Fall danke ich dir für dein Interesse an der KG und die Anregung.

Gruß,
peregrina


Liebe KonfuziFen,

danke für dein Lob, das geht runter wie Öl.
Zumal ich mir absolut nicht sicher war, ob ich den Leser mit meinem Text erreichen würde.
Ich denke über deine Frage nach:

Schaut man nach so einem Schrecken tatsächlich „versonnen“ hinterher oder doch eher erleichtert?
Ergebnis: Erst spürt man die Erleichterung und dann kann man durchaus ´versonnen´ nachschauen. Das Wort ´erleichtert´ kann ich nicht einsetzten, weil damit die Beziehung zum Nachfolgegedanken ´Fluchttiere´ gestört wäre. Allenfalls könnte ich ´versonnen´ durch ´nachdenklich´ ersetzen, damit würde ich aber deinem Impuls nicht entsprechen.

Also doch beratungsresistent? Nein, ganz und gar nicht. Ich nehme Vorschläge gerne entgegen und danke dir für dein Feedback.
Übrigens, ich habe deine Geschichten überflogen, etwas unter Zeitdruck zwar, aber ich muss sagen, sehr flüssig zu lesen, Haben mir gut gefallen.

Bis demnächst mal, Grüße,
peregrina

 

Hej peregrina,

anhand deiner Geschichte habe ich viel gelernt. Zum einen, daß sie tatsächlich kurz sein darf und dennoch kompakt und spannend ist, zum anderen, daß auch wirklich nichts "Dolles" passieren muss. Weder eine Erkenntnis oder Sinneswandel, noch Mord und Totschlag ;), nicht mal einen Namen braucht die Protagonistin.

Sie war wunderbar zu lesen und hat mich in den Schneewald mit allen Sinnen entführt (ok, gefroren hab ich jetzt nicht). Ich mag die Stelle am liebsten, an der sie sich die Mütze vom Kopf zieht, um das Gefühl zu haben, mehr mitzubekommen. Das ist wohl auch mehr ihrem Unruhezustand beizumessen (ich mach beim Einparken immer das Radio aus :D)

Und außerdem sag' ich immer: wenn gar nichts mehr hilft, dann einfach weiter atmen. :lol:

Danke für die Geschichte und ein schönes restliches Wochenende, Kanji

 
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Wie ich die Sache sehe, habe ich zwei Möglichkeiten. Entweder ich entschärfe die Aussage, indem ich diese Eindringlichkeit, dieses Unbedingte, wegnehme oder ich gebe die Warum-Information, mehr oder weniger so nebenbei. Da muss ich noch nachdenken.
Da möglicherweise bei dieser Passage der Rotstift zum Einsatz kommt (Anmerkungen von joséfelipe und hell bezüglich Kerkeling), könnte ich das in einem Schritt tun.
Wie du damit umgehst ist natürlich deine eigene Sache. Ich bin auch nicht böse, wenn du gar nichts änderst, oder so.

Ich möchte dir aber gerne erklären, warum ich diesen Punkt so herausgestellt habe. Jeder Leser geht mit einer gewissen Erwartungshaltung an Geschichten. Das fängt mit dem Genre an. Auch der Titel weckt meist Erwartungen. Als ich eben die Stelle gelesen habe, in der du rausstellst, dass ihr diese Pilgerreise so wichtig ist, hast du bei mir auch eine Erwartungshaltung geweckt: nämlich, dass sie ein Problem hat, das sie mit dieser Reise aus der Welt schaffen will. Aber die Geschichte geht ja um etwas ganz anderes. D.h. meine Erwartungshaltung wurde nicht erfüllt.

Das ist jetzt natürlich auch erstmal nicht schlimm. Das klingt viel schlimmer, als ich es meine, "meine Erwartungshaltung wurde nicht erfüllt". Pfft, ich liege ja hier nicht am Boden und heule ;-) Ist kein Problem für mich.

Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und wenn man falsche Erwartungshaltungen weckt, oder das zu oft tut, dann kann das den Leser verärgern. Genauso kann es ihn natürlich überraschen, aber ich denke, dann muss man das fein aufeinander abstimmen.

Hoffe, dass dir meine Gedanken dazu weiter helfen.

 

Hallo peregrina,

deine Geschichte hat tatsächlich bei mir Heimweh erzeugt. Der Wald mit seinen ganz eigenen, unverwechselbaren Gerüchen. Das Rascheln im Unterholz, das sanfte Schaukeln der letzten Blätter im Wind. Das knirschen des Schnees und das einzigartige Zusammenspiel zwischen Licht und Dunkelheit. Kein Park der Großstadt kann einen gescheiten Wald, vor der eigenen Haustüre, ersetzen!

Aber mal zu deiner Geschichte. Kurz, präzise, die Geschichte laufen lassen. So soll es sein. Sehr, sehr gerne gelesen und das ganze kommt mir natürlich sehr bekannt vor. Danke für deine Geschichte! =)

Grüße,

schwarze sonne

 

Lieber Friedrichard,

du bist unglaublich. Für mich immer wieder beeindruckend, welche Schätze an Wissenswertem du zu Tage förderst und mit Liebe zum Detail genau an der richtigen Stelle unserer Geschichten platzierst. Es wird wohl nicht einfach sein, genau das passende Nachschlagewerk in deiner umfangreichen Privatbibliothek zu finden.
Und sofort habe ich eine neue Erkenntnis gewonnen: Unsere Vorfahren waren uns in Sachen Rechtschreibereform einen Schritt voraus. Substantive klein, geht doch.

Dir ist schon da – wahrscheinlich unbewusst – ein verschwiegener Hinweis geglückt im Zusammenhang mit aktuellen Ängsten, …
Du hast mich durchschaut.Gerne würde ich antworten, dass ich den fetten Baum bewusst gewählt habe, aber diese Verlinkung gibt es in meinem Gehirn nicht.
Seine Chancen standen fifty-fifty. Die Sträucher habe ich unerwähnt gelassen, da die Kiefern noch an den unteren Ästen ihr volles Nadelkleid tragen und sich somit schön aneinander kuscheln können.

Und wie soll ich finden, dass Göttervater Zeus für die Titelfindung Pate gestanden hat?
Ja, doch, ich mag die Idee. Das ist wie ein Streicheln der Seele, wenn die Kopfgeburt Athene als Symbol für „Weisheit und Kunst“ steht.

Nicht zu vergessen, trotz der längeren Wandertour ist die Erzählerin über keinen Konjunktiv gestolpert. Nur über ein fehlendes Komma, das wird sie selbstredend nachtragen.
Eine kleine Geschichte, umzingelt von sympathischen Zufällen, was braucht der Mensch mehr?

Ich danke dir für die Zeit, die du dir genommen und die Mühe, die du aufgewendet hast. Einen schönen Sonntag wünscht
peregrina

 
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Lieber joséfelipe,

ein herzliches Dankeschön fürs Kommentieren und das Lob:

Du hast einen angenehmen Schreibstil, und ich glaube, dass da viel Arbeit drinsteckt.
Ich will jetzt die KG nicht noch kleiner reden, als sie ist, aber es gibt tatsächlich einige Sätze, die haben im Laufe ihres kurzen Lebens mehrere Entwicklungsstadien hinter sich.
So wie du jetzt schreibst, hast Du den Leser an der (leger geführten) Leine. Deine Zielstrebigkeit hat gelohnt. Glückwunsch!
Danke. Nachdem ich fünf Monate von dem Leitmotiv: zeigen, nicht erzählen, verfolgt wurde, habe ich’s mal ausprobiert. Verzetteln wollte ich mich nicht und da habe ich den Zustand der Angst skizziert. Der Ursprungsgedanke war eigentlich, wie unkompliziert eine Schnapsidee in unsere Köpfe implementiert werden kann, wie beeinflussbar wir letztendlich sind. Konnte ich wohl nicht so deutlich vermitteln.

Lass uns über Unebenheiten fachsimpeln!
Wenn das der Hape liest, macht er einen Purzelbaum rückwärts, trotz seiner Figur.
Ja, und der endet dann in einem Salto mortale.
Natürlich wollte ich keine Hommage an Hape abliefern. Aber es ist nun mal so, dass sein Buch genau diesem Camino zu unwahrscheinlicher Popularität verholfen hat, im deutschen Sprachraum. Es sollte ein Querverweis sein. Da wollte ich dem Leser mehr Infos geben als notwendig.

Gab’s wirklich keine anderen Idole, Ziele, Pläne – was weiß ich?
Ich weiß nicht, welche Idole meine Prota anhimmelt, ich hab’ keine. Oder doch? Wenn ich’s mir recht überlege: Der Sprachstil eines gewissen joséfelipe nötigt mir immer Ehrfurcht ab.
Ich werde den Abschnitt überarbeiten.

Bist du verrückt? ...
Um das Befinden der Prota darzustellen, wäre es als Stilmittel denkbar – obwohl, dreimal ist viel.
Hier und auch beim Pfefferspray kann leicht Abhilfe geschaffen werden.

Um mich herum ein ohrenbetäubendes Krachen und Knacken …
Ausgelöst von drei zarten Rehen?
Einspruch Euer Ehren. Das ist ja das Interessante, Die Prota nimmt diese Geräusche im Pegelbereich eines Bebens wahr. Ist dir auch klar, muss so bleiben.
Rehe sind verletzlich, die umgehen jedes Hindernis elegant.
Sicher bin ich mir nicht, habe jetzt kein Fachgespräch mit einem Wildhüter geführt, aber die Rehe haben doch so etwas wie feste Rennstrecken, immer gleiche Schneisen. Also mir sind diese zarten Tiere sowohl direkt vor die Füße als auch vors Auto gesprungen.
Bist du sicher, dass es keine Wildschweine waren?
Ganz sicher. Kaum hat sich das zarte Pflänzchen Selbstwertgefühl aufgerichtet, sich zum Licht gereckt, da lass ich es mir bestimmt nicht von einer Rotte wilder Schweine niedertrampeln.

Ob nun der Trimm-dich-Parcours soweit ab führte von der Zivisilation, ist wohl eher gefühlt als vorzeigbar, denn viele Entbehrungen hat sie nicht hinnehmen müssen.
Natürlich, gefühlt. Dass du dich mit deinem sensiblen Sprachempfinden daran stößt, leuchtet mir ein. Zivilisation, Waldbeben - das sind genau die Momente, in denen sich die Erzählerin vor die Prota schiebt. Ist so ein Wesenszug von mir, der Einsatz von Ironie oder Sarkasmus. Wenn das ´Elend´ am größten ist, schnell eine dumme Bemerkung, ein unpassender Kalauer, um dem Ganzen negative Energie zu entziehen. Das ist eine Schwachstelle der KG. Vielleicht kann ich demnächst Sorge tragen, dass diese dominante Tante im Hintergrund bleibt. Ich arbeite daran, vorerst sollen die Textstellen so bleiben.

Der gelungene Cocktail von gutem Handwerk, Sensibilität und Lebensnähe. Und Fleiß!
Erst Sprachlosigkeit, dann die relativierende Bemerkung meinerseits: plus etwas Glück und Zufall.

Lieber José, vielen Dank dafür, dass du an mich glaubst, und das ist nicht nur so in die Tastatur getrommelt, das Gefühl der Dankbarkeit wärmt mich richtig.
Genug Gefühlsduselei, wir werden uns nicht aus den Augen verlieren.
Herzlichen Gruß,
peregrina

 

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