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Kinderspiel

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31.01.2016
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Kinderspiel

Unter der Akazie genoss er Schatten, den süßlichen Duft der roten Blüten und vor allem Ruhe.
Verschwitzt, das Hemd unter den Achseln durchnässt, breitete Ben die Arme auf der Rückenlehne der Bank aus, auch um es zu trocknen. Kleine Vögel gruppierten sich vor seinen Füßen, pickten hier und da Krumen auf, einige von ihnen rührten sich kaum und spreizten nur die Flügel leicht vom Körper ab. Wie kleine Angeber, dachte Ben.
„Hey, wir tragen die gleichen Hemden“, sagte er, sah dabei an seinem sandfarbenen hinunter, das locker über den Bund der Hose fiel. Sein Blick wanderte weiter zu den Füßen, die in Sandalen steckten, fiel auf die Zehen und er wackelte mit ihnen wie zum Gruß, beschloss für später eine Nagelpflege.

Zuvor hatte Ben vertrocknetes Laub von der Grabstelle genommen. Im Stein aus Marmor war der Name seiner Frau eingraviert. Als hätte sie ihn selbst unterschrieben. Ben wusste gar nicht mehr, wer auf diese absurde Idee gekommen war. Er würde sich nie daran gewöhnen, wenigstens ließ sich seinerzeit ein Foto von ihr auf dem Stein verhindern. Während er mit langsamen Bewegungen Blatt für Blatt vom weißen Kies einsammelte, sprach er mit Rahel.

„Frau Roth aus der ersten Etage, du erinnerst dich sicher, die senkt noch immer den Kopf, bevor sie mich im Treppenhaus mit ihrer traurigsten Miene grüßt. Stell dir das mal vor. Nach all den Jahren. Sie murmelt jedes Mal etwas, das sich wie , ein Jammer, so ein Jammer aber auch ‘“ anhört.
Er stieß Luft durch die Nase aus.
„Sonst war nichts weiter los. Ja, ja, ich weiß, da ich niemanden besuche, kommt eben auch niemand zu mir.“ Ben zog die Schultern zu den Ohren.
„Du brauchst gar nicht die Augenbraue in die Höhe zu ziehen – das war deine Aufgabe, Rahel. Menschen zusammenzubringen. Apropos, da fällt mir ein, Sumaya hat gekündigt. Sie meint, sie wäre zu alt für den mühsamen Grenzgang und überhaupt zu alt für so Manches. Ich hab sie nicht zu überreden versucht. Sie hat ja recht. Das bisschen Haushalt für mich alleine krieg ich schon hin. Aber ja, ich hab ihr einen Kranz überreicht für viele Jahre treuer Dienste und Stillschweigen wegen der Zigarettenfilter überall. Natürlich in bar, wofür hältst du mich?“
Ben richtete sich auf und stützte eine Hand auf die Hüfte.
„Nur der Ischias. Mach dir keine Sorgen. Ich sitze zu viel und bewege mich zu wenig. Weiß ich selbst. Izzy ist jetzt an der Grenze stationiert, aber das weißt du schon. Sie hat zum Glück nur selten Einsätze drüben. Und auch bloß der Schmuggler wegen.“
Er winkte ab und beim Absenken des Armes, wischte er mit der Hand über den kahlen Kopf.
„Dass ihr nächster Urlaub bevorsteht habe ich aber noch nicht erwähnt. Dafür hab ich das Kinderzimmer hergerichtet. Naja, es lagen eben Zeitungen und einige Bücher – ja, auch Zigarettenfilter – herum.“
Mit einer Hand machte er eine ausladende Bewegung, um den gesamten Raum anzudeuten, verdrehte die Augen zum farblosen Himmel.
„In manchen Nächten halte ich es im Schlafzimmer eben einfach nicht aus. – Lach nicht! Die Luft bleibt mir dann weg und die Hände beginnen zu zittern. Kannst du dir das nicht vorstellen?“
Er starrte auf den Namen in goldener Schrift und seine Augen funkelten kurz erregt auf, bevor er leise hinzufügte: „Wie auch. - In Izzys Zimmer beruhige ich mich jedenfalls schneller. Irgendwann, meist wenn die Sonne hinter dem Hügel schon aufgeht, schlaf ich ein.“
Die Sonne stand jetzt hoch und der Friedhof lag ungeschützt in der weißen Hitze.
Ob er schon erwähnt hätte, dass auf ihrem Nachttisch noch immer das Buch läge, in dem sie zuletzt las. Das über eine Kindheit in Frankreich. Sie hätte es nicht beendet.
„Ich bringe es einfach nicht fertig, das Buch ins Regal zu sortieren, Rahel. Ich hab es versucht und immer wieder zurück an dein Bett gelegt. Außerdem hat es einen so hübschen Einband. Die Frau mit dem Hut, die am Flussufer sitzt. Ich bilde mir oft ein, wenn ich spät abends auf meiner Bettseite sitze, im Licht der Leselampe, die du mir zum Geburtstag geschenkt hast, erinnerst du dich, sie blendet überhaupt nicht, dann stell ich mir vor, du kämst gleich aus dem Bad, würdest dich in deinem luftigen Nachthemd unter deine Decke strecken, das Buch nehmen, mir einen Kuss geben und lesen. Für einen Moment meine ich sogar, den Duft deiner Nachtcreme zu riechen.“

Er schluckte trocken und scharrte mit dem Schuh im Kies, dass es staubte. Er habe nun also all sein Zeug aus Izzys Zimmer geräumt, Staub gewischt und wünschte, sie würde ihm raten können, was er noch bedenken müsse.
„Blumen, richtig", sagte er erleichtert, als er den Kunstblumenstrauß mit den verblichenen Nelken auf dem Nachbargrab entdeckte. Er würde Wiesenblumen auf ihren Schreibtisch stellen. Es gäbe ja so wenig, was er noch tun könne. Rahel liebte die wilden Korn- und Mohnblumen, die im Garten wuchsen. Sie war dagegen Zierpflanzen zu setzen, die Pflege benötigten und ihr Zeit rauben würden. Als hätte sie eine Ahnung gehabt von der Zeit.

Und während Ben auf der Bank unter der Akazie saß und abkühlte, erinnerte er sich an Izzy als kleines Mädchen. Sie spielte am liebsten Verstecken. Cache-cache, rief Rahel, während die Kleine eilig durch den Garten lief und einen sicheren Platz suchte. Dann hockte sie meist unter dem Zitronenbaum und wiederholte die wenigen Zahlen, die sie kannte. Die runden Hände hielt sie dabei vor die Augen. Ein Lächeln huschte über Bens Gesicht, als würde er sie gerade dabei beobachten. Rahel schlenderte, einen großen Strohhut auf dem dunklen Haar, mit ausladenden Gesten und langen Beinen barfuß über das vertrocknete Gras, wie zu einer Melodie, die nur sie hörte. Sie zupfte hier und da ein Blättchen von den Pflanzen, betrachtete es, roch daran und sagte Sätze wie ‚Wo ist nur ma petit puce geblieben? Wo mag sich der kleine Floh nur versteckt haben? Ich werde nicht aufhören zu suchen, bevor ich meine Kleine gefunden habe. Dann kann sie was erleben. Und das wird etwas ganz besonders Schönes sein.‘
Rahel ließ sich Zeit und genoss die Suche nach ihrer Tochter, den Garten, posierte für Ben, der sie mit der Kamera im Auge behielt.
Izzy ließ sich nicht locken. Stur hockte sie und harrte so lange mäuschenstill in ihrem Versteck aus, bis sich Rahel erbarmte und sie ‚fand'. Dann nahm sie das Kind in die Arme und sah aus, als hielte sie reines Glück. Ben hatte viele Aufnahmen von diesen Momenten gemacht. Sie standen gerahmt überall in der Wohnung.
Izzys fünften Geburtstag verbrachten sie schon ohne Rahel.
Sie war eins von den vierzehn Opfern, die an der Haltestelle, keine hundert Meter von ihrer Wohnung entfernt, auf den Bus gewartet hatte; an einem ganz gewöhnlichen Dienstagmorgen.

Bens Telefon spielte eine leise Melodie und holte ihn aus den Erinnerungen. Die Sonne stand nun am höchsten und einige Strahlen drängten sich durch das Laub des Akazienbaumes, tanzten auf seinem Kopf. Unwillkürlich erhob er sich von seinem Sitzplatz. Die Vögel flatterten auf, landeten einige Schritte entfernt wieder im Schatten des Baumes. Ben hielt das Telefon mit ausgestrecktem Arm von sich, um die Nummer besser lesen zu können. Izzy.
Mit einem Lächeln, das sämtliche Augenfalten bündelte, nahm er das Gespräch an.
„Kleines. Eben habe ich an dich … Hallo? – Wie … ? Was gibt … ? Warum sprichst du so leise? Ich kann dich ganz schlecht verstehen“, rief er.
Ben verzog die Lippen zu einem schmalen Strich, setzte sich erneut auf die Bank, diesmal aufrecht und runzelte die Stirn, in der wirren Hoffnung, er würde sie so besser verstehen können. Unruhig beugte er sich vornüber und starrte auf seine Füße.
„Wieso wenig Zeit ... Liebes? Warum rufst du … ? Was – ?“ Ben stand wieder auf, ging einige Schritte und trieb die Vögel weiter vor sich her.
„Ich soll dir eine Geschichte erzählen? Welche Geschichte? Aber … Na gut. Ist ja gut, bitte beruhige dich. Ich erzähle sie dir.“
Und Ben begann zu erzählen, einen Arm legte er auf der Rückenlehne der Bank ab, nur um sich gleich wieder mit der Hand über die Augen zu wischen.
„In einem fernen Land traf ein junger, einfältiger Mann auf eine junge, leichtlebige Frau …“ , Ben atmete tief, räusperte sich und sprach leise weiter, rieb mit der freien Hand über den heißen Kopf, „… inmitten einer herrlichen Landschaft, mit Weinbergen so weit das Auge reichte, durchzogen von einem Fluss, auf dem majestätisch die Schaluppen vorbeizogen.“
An Bens Ohr dröhnte aus dem Telefon ein lauter Knall. Er hörte einen Schuss, aufgeregtes Stimmengewirr.
Dann nichts mehr.
Ben senkte die Hand. Das Telefon fiel zu seinen Füßen in den Staub, verscheuchte die Vogelschar.
„Dort am Ufer küsste der glückliche Mann … die beinahe durchsichtige Frau … unvermittelt und herzhaft, dass sie von da an gar nicht genug von seinen Küssen bekommen konnte …“

 

Hey Kanji,

an deiner Geschichte wird mir gerade mal wieder bewusst, wie lange ich schon in diesem Forum mitlese, vor allem, wie viel da in den Jahren zusammengekommen ist. Das ist nämlich eine von diesen Geschichten, die man - vom Aufbau her - also, ich kenne diese Art von Geschichten schon recht gut. Das ist jetzt aber so ein Punkt, dafür kann deine Geschichte ja nix, niemand erfindet das Rad täglich neu (Wozu auch?) und auch das klassische Drama wiederholt sich wieder und wieder. Also, ich will hier gerade ganz umständlich erklären, warum mich deine kleine Geschichte nicht mit Gänsehaut und einem flauen Magengefühl zurückgelassen hat wie Bas. Aber sehr schön zu lesen ist sie allemal. Doch, für das was der Text will, macht er sehr viel, sehr gut. Und wenn ich mich erst gestern hier angemeldet hätte, dann wäre ich sicher ganz begeistert gewesen.


Unter der Akazie genoss er Schatten und vor allem Ruhe, den süßlichen Duft der roten Blüten. (In den Mittagsstunden hielten sich die meisten Menschen lieber in klimatisierten Räumen auf.) Verschwitzt, das Hemd unter den Achseln durchnässt, ...

Brauchst Du den zweiten Satz wirklich? Ich war dadurch gleich in irgendeinem Haus drin - also wieder weg von der Akazie und der folgende Satz musste mich erst mal wieder zurückholen. Ich finde den Satz wirklich auch überflüssig. Der bringt gar nix. Das es heiß ist, sagen ja dann die Schweißflecken und ruhig ist es auf Friedhöfen meistens, dazu braucht es keine Klimaanlagen.

„Hey, wir tragen die gleichen Hemden“, sagte er, sah dabei an seinem sandfarbenen hinunter, das locker über den Bund der Hose fiel, weiter zu den Füßen, die in Sandalen steckten.

Das Hemd fällt bis zu den Füßen? Ich hatte da gleicht so ein Jesusgewand vor Augen, aber wozu dann die Hosen?
Weiß schon, Du beziehst es auf das sah,er sah - und dann sah er weiter, aber das funktioniert bei mir nicht so richtig.

... beschloß (beschloss) für später eine Nagelpflege.

Als hätte sie ihn selbst unterschrieben. Ben wusste gar nicht mehr, wer auf diese absurde Idee gekommen war. Er würde sich nie daran gewöhnen, zumindest ließ sich seinerzeit ein Foto von ihr auf dem Stein verhindern.

Gefällt mir gut. Und auch, wie er ihr dann alles so erzählt. Ja, so machen wir Menschen das. Ich werde sicher auch mal so. Ganz bestimmt.

Sie meint, sie wäre zu alt für den mühsamen Grenzgang und überhaupt zu alt für so Manches.

Und jetzt machst Du mit Grenzgang ein Thema auf, stellst das da so in den Satz, für später, aber ich behielt das halt mir großen Fragezeichen im Hinterkopf, und am Ende habe ich mich gefragt, wenn es an der Grenze so gefährlich ist, wie kann die alte Frau dann täglich hin und her? Und warum tut sie das. Also, da das Verhalten Frau im Widerspruch zum Erleben der Tochter steht, weiß nicht - ich brauch die Themeneinführung an dieser Stelle nicht wirklich.

Izzy ist jetzt an der Grenze stationiert, aber das weißt du schon. Sie hat zum Glück nur selten Einsätze drüben. Und auch bloß der Schmuggler wegen.“

Hier reicht auch völlig zu.

Naja, es lagen eben Zeitungen und einige Bücher – ja, auch Zigarettenfilter – herum.“*

vergessen wegzumachen

.. im Licht der Leselampe, die du mir zum Geburtstag geschenkt hast, erinnerst du dich, sie blendet überhaupt nicht,

sehr hübsches Detail

Er würde Wiesenblumen auf ihren Schreibtisch stellen. Es gäbe ja so wenig, was er noch tun könne.

Das mochte ich auch.

Am Ende hofft man natürlich, ihr Versteckspiel würde ebenso aufgehen wie in der Kindheit, aber natürlich tut es das nicht, man weiß es auch, und trotzdem, ach, diese Geschichte erinnert mich doch wieder einmal daran, wie gut das wir es haben, in diesem Zeitalter und an diesem Ort geboren zu sein. Frieden ist gar nicht so selbstverständlich, wie es sich anfühlt.

Schöner kleiner Text.
Liebe Grüße, Fliege

 

Hej Bas,

tatsächlich finde ich auch, dass es viel zu wenig Sachen in Tuben gibt. Käse zum Beispiel gibt es schon darin. Und Leberwurst für Hunde auch. Cremes sowieso.

Deine Idee ist bemerkenswert und sehr freundlich gedacht und du hättest mich nicht verschonen müssen, denn du quatscht ja gar nicht. Ich bin doch auf Leseeindrücke angewiesen, auch wenn oder gerade weil sie so etwas verursachen können wie Gänsehaut.
Ich kann mich gut erinnern, dass du das bereits bei deinem ersten Kommentar zu einer meiner Geschichten erwähntest. Ich persönlich mag Gänsehaut ja nicht so gerne. :shy:

Danke für deine Offenheit und lieber grüß, Kanji


Hej Fliege,

und unermüdlich wie es sich für eine Fliege gehört, schwirrst du eben nach all den Jahren immer noch hier umher und hinterlässt Eindruck und Kommentare, die helfen, Geschichten zu entwickeln.
Guck, nach meinen bemühten Geschichten hier, habe ich es jetzt zum Prädikat schöner kleiner Text geschafft. Wenn das nix ist. ;)

Doch, für das was der Text will, macht er sehr viel, sehr gut. Und wenn ich mich erst gestern hier angemeldet hätte, dann wäre ich sicher ganz begeistert gewesen.

Da hab ich aweng Pech gehabt mim timing, sag ich mal. Aber ich stelle mir einfach vor, wie du dich vor rund neun Jahren begeistert haben könntest. Phantasie hab ich.

Brauchst Du den zweiten Satz wirklich? Ich war dadurch gleich in irgendeinem Haus drin - also wieder weg von der Akazie und der folgende Satz musste mich erst mal wieder zurückholen. Ich finde den Satz wirklich auch überflüssig. Der bringt gar nix. Das es heiß ist, sagen ja dann die Schweißflecken und ruhig ist es auf Friedhöfen meistens, dazu braucht es keine Klimaanlagen.

Achse, nee, hin und her ist doof. Dann nehme ich Zusatz weg.

Das Hemd fällt bis zu den Füßen? Ich hatte da gleicht so ein Jesusgewand vor Augen, aber wozu dann die Hosen?
Weiß schon, Du beziehst es auf das sah,er sah - und dann sah er weiter, aber das funktioniert bei mir nicht so richtig.

Nä, wie ungeschickt, da hatte ich den Blick im Kopf - ich bastle das zurecht.

Und auch, wie er ihr dann alles so erzählt. Ja, so machen wir Menschen das. Ich werde sicher auch mal so. Ganz bestimmt.

Ich liebe ja Selbstgespräche. Auch sie zu belauschen. :shy:

Sie meint, sie wäre zu alt für den mühsamen Grenzgang und überhaupt zu alt für so Manches.

Und jetzt machst Du mit Grenzgang ein Thema auf, stellst das da so in den Satz, für später, aber ich behielt das halt mir großen Fragezeichen im Hinterkopf, und am Ende habe ich mich gefragt, wenn es an der Grenze so gefährlich ist, wie kann die alte Frau dann täglich hin und her? Und warum tut sie das. Also, da das Verhalten Frau im Widerspruch zum Erleben der Tochter steht, weiß nicht - ich brauch die Themeneinführung an dieser Stelle nicht wirklich


Nja, ist sicher auch so zu sehen, ich wollte aber zeigen, wie normal eine eigentlich schwierige Grenzsituation im Laufe von Zeit werden kann, wie man sich einrichtet und sich vermeintlich in Sicherheit wiegt, weil zum Beispiel arbeitenden Menschen sie passieren, aber sie eben doch trennen soll und somit Probleme bereitet, auch mit Schmugglern. Ich warte mal ab.

Naja, es lagen eben Zeitungen und einige Bücher – ja, auch Zigarettenfilter – herum.“*

vergessen wegzumachen


Wo nur plötzlich all der Sternenstaub herkam?:hmm:

.. im Licht der Leselampe, die du mir zum Geburtstag geschenkt hast, erinnerst du dich, sie blendet überhaupt nicht,

sehr hübsches Detail


Ich mag die kleinen Dinge sehr.

Am Ende hofft man natürlich, ihr Versteckspiel würde ebenso aufgehen wie in der Kindheit, aber natürlich tut es das nicht, man weiß es auch, und trotzdem, ach, diese Geschichte erinnert mich doch wieder einmal daran, wie gut das wir es haben, in diesem Zeitalter und an diesem Ort geboren zu sein. Frieden ist gar nicht so selbstverständlich, wie es sich anfühlt.

Man weiß es nicht. Izzy ist eine Kämpferin und sie beherrscht das Spiel Hide an Seek sehr gut. Und es gehe da mit dir gemeinsam: ich bin sehr glücklich, hier leben zu dürfen.

Danke, dass du weiter machst und mir (und all den anderen) weiterhin behilflich bist, besserer Texte zu schreiben.

Lieber Gruß, Kanji

Hej felixreiner,

danke, dass du mir deinen Eindruck auf den neuen Text hinterlässt.

Beide gefallen mir ganz gut: nachdenklich und eindrucksvolle Bilder. Als ich die ersten Texte hier einstellte, waren die so voller Lücken, dass die Leser sich einen eigenen Text ausdenken mussten und mittelschwer genervt waren. Da ich aber Andeutungen und Aussparungen gerne lese, schreibe ich eben so und bin damit ziemlich glücklich, wenn ich mich wohl verbessert habe.

Dass ich dich eingefangen habe mit meinem löchrigen Netz, fasse ich mal frech als Kompliment auf und freue mich ne kleine Weile damit.

Freundlicher Gruß, Kanji

 
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Hallo Kanji!

Verschwitzt, das Hemd unter den Achseln durchnässt, breitete Ben die Arme auf der Rückenlehne der Bank aus, auch um es zu trocknen. Eine Gruppe winziger Vögel bewegte sich langsam vor seinen Füßen, pickte hier und da kleine Krumen auf,
Ein ziemlich daneben gegangener erster Satz: Das "es" ist zu weit vom "Hemd" entfernt - deswegen klingt das komisch, das doppelte Partizip Perfekt gefällt mir auch nicht (Verschwitzt, durchnässt), "durchnässt" klingt eher nach Wolkenbruch als nach Schweiß. Mein Vorschlag wäre: Verschwitzt und unter den Achseln nass breitete Ben die Arme auf der Rückenlehne der Bank aus, um sein Hemd zu trocknen.
Hast du jemals winzige Vögel gesehen, die sich "langsam" bewegen? Ich nicht. Aber vielleicht gibt es solche in dem Land, in dem diese Geschichte spielt. Die Gruppe Vögel als sozusagen ein Ganzes picken zu lassen, finde ich auch nicht schön, warum nicht einfach: Vögel hüpften (oder etwas Ähnliches) vor seinen Füßen herum, pickten hier und da kleine Krumen auf.
„Hey, wir tragen die gleichen Hemden“, sagte er, sah dabei an seinem sandfarbenen hinunter, das locker über den Bund der Hose fiel, weiter zu den Füßen, die in Sandalen steckten.
Ja, das klingt tatsächlich so, als würde das Hemd bis auf die Füße fallen.
beschloß für später eine Nagelpflege.
beschloss
Sie war dagegen Zierpflanzen zu setzen, die Pflege benötigten und ihr Zeit rauben würden. Als hätte sie eine Ahnung gehabt von der Zeit.
Vorzeitigkeit: Sie war dagegen ... gewesen. Ich weiß, was du hier mit der Zeit meinst, aber es klingt so, mit dem bestimmten Artikel, als hätte sie gewusst, was DIE Zeit ist. Aber du meintest doch, sie hätte Ahnung gehabt, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb.
Ein Lächeln huschte über Bens Gesicht, als würde er sie gerade dabei beobachten.
das Unterstrichene kann weg, weil es selbstverständlich ist, dass er sich das vergegenwärtigt.
Rahel schlenderte, einen großen Strohhut auf dem dunklen Haar, mit ausladenden Gesten und langen Beinen barfuß über das vertrocknete Gras, wie zu einer Melodie, die nur sie hörte.
das ist schön
Wo ist nur ma petit puce geblieben. Wo mag sich der kleine Floh nur versteckt haben.
Fragezeichen fehlen
Rahel ließ sich Zeit und genoß die Suche nach ihrer Tochter, den Garten, posierte für Ben, der sie mit der Kamera im Auge behielt.
genoss - du kannst das ruhig wiederholen: genoss die Suche nach ihrer Tochter, genoss den Garten - das ist viel deutlicher, und das mit der Kamera: Willst du damit sagen, dass er nur durch den Sucher geschaut hat und sie so beobachtet hat? Keine Fotos gemacht? Doch, hat er, wie aus dem nächsten Absatz hervorgeht und deswegen würde ich das hier klar auch so sagen.
Mit einem Lächeln, das sämtliche Augenfalten zusammenführte, nahm er das Gespräch an
"zusammenführte" passt nicht

Ja, ich weiß nicht, das ist mir zu rührselig und ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, dass genau, als der Mann am Grab seiner Frau sitzt, die durch eine Bombe umgekommen ist, seine Tochter anruft und sie in eben dem Moment auch durch Gewalt umkommt (oder verletzt wird, man weiß es ja nicht, vielleicht passiert ihr ja auch gar nichts, aber er glaubt, dass da was passiert ist). Und dabei erzählt er die Geschichte des ersten Kennenlernens zwischen Rahel und sich. Das ist mir echt zu viel auf die Tränendrüse gedrückt. Das Gewalttätige des Terrors steht hier wie ein einsames Monument in der Geschichte, damit auseinandersetzen tut sie sich nicht. Genauso gut hätte Rahel zu früh an Krebs sterben können und die Tochter gesteht ihm am Telefon, dass sie auch an Krebs erkrankt sei - am Rest der Geschichte hätte man nichts ändern müssen. Auch ist die Idee, dass ein Mann am Grab seiner Frau ein Zwiegespräch mit ihr führt, nicht sehr innovativ. Die Szene im Garten ist sehr hübsch, das ist die einzige Stelle, die etwas Besonderes hat, in der Art, wie du Rahel beschreibst und wie sie mit ihrer Tochter umgeht.

Gruß
Andrea

 
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" Und es geschah, als ihr die Seele entschwand, weil sie am Sterben war,
da gab sie ihm den Namen Benoni; sein Vater aber nannte ihn Benjamin."
1.Mo 35,18​

Alles schon gesagt? Glaub, eher nicht. Also erst mal ein erster Gedanke und kleiner Trivialitäten.

Muss einem bei der Wahl der Namen nicht schon schaudern? Da schwingt die Geschichte des Gelobten Landes mit, das immer Schauplatz großer Auseinandersetzungen war, von den Philistern bis zu den Arabern heute, vom mosaischen Exodus bis zum modernen, der Grenzziehung mit dem Lineal durch Siegermächte und der Geschichte des modernen Israel.

Rahel, die Frau, für die Jakob jahrelang arbeitete und zuvor doch die ältere Schwester heiraten musste, Rahel, die Mutter Josephs, Lieblingssohn Jakobs und deshalb von den älteren Brüdern nach Ägypten verkauft. Die Geschichte von Auf- und Abstieg Josephs ist bekannt.

Blieben die Namen Bens (s. o.), des jüngsten Sohnes Jakobs und der Rahel, Benoni, Sohn des Schmerzes und der Not, aus dem ein Benjamin wird, ein Glückskind, das den Joseph ersetzt und zur rechten Hand Jakobs wird,

liebe Kanji,

und wenn man die Städte im Stammesgebiet Benjamins kennt, weiß man, dass fürs Haus Israel auch Krieg bedeuten: Da ist zunächst Jericho mit seinen Posaunen, die Stadt, die von Josua als erste eingenommen wird im Land der Erzväter, und Jerusalem, Hauptstadt des Reiches zu seiner größten Ausdehnung unter David, dem die Einigung der zwölf Stämme gelang und die Salomo 40 Jahre nach David wieder verspielte.

Triviales

Bissken Flüchtigkeit

Sein Blick fiel auf die Zehen und er wackelte mit ihnen wie zum Gruß, beschlo[ss] für später eine Nagelpflege.

Ein Sternchen ist wohl von einigen mehr übriggeblieben
Naja, es lagen eben Zeitungen und einige Bücher – ja, auch Zigarettenfilter – herum.“*

Rahel ließ sich Zeit und geno[ss] die Suche nach ihrer Tochter, ...

Für einen Moment meine ich sogar[,] den Duft deiner Nachtcreme zu riechen.“

„… inmitten einer herrlichen Landschaft, mit Weinbergen so[...]weit das Auge reichte, durchzogen von einem Fluss, auf dem majestätisch die Schaluppen vorbeizogen.“

Und hier
In den Stein aus Marmor war der Vorname seiner Frau eingraviert.
So, wie der Satz da steht, vermein ich eher Dativ (der Name ist in den Stein eingraviert worden, nun ist er im Stein eingraviert). Ich vermute aber, Du wolltest sagen, dass der Name "in Stein gehauen sei " im Sinne eines "unveränderlich und unverrückbar" auf immer. Lass den Artikel einfach weg, die Redensart macht es vor ..., so kommt keiner auf so einen dummen Gedanken wie ich.

So, jetzt denk ich über den Titel nach ...

Bis bald

Friedel

 

Hej @ Andrea H.,

glaub es oder nicht, aber ich sitze jetzt schon eine geraume Zeit hier (eine Stunde wenigstens) und lese deinen Kommentar und grüble und wäge ab und bin hin- und hergerissen, weil ich nicht weiß, wie ich reagieren soll und weil ich nach all der Grübelei nicht nichts schreiben will, schreibe ich erst mal das hier und schlafe eine Nacht drüber und hoffe, es fällt mir morgen leichter.

Freundlicher Gruß, Kanji


Hej lieber Friedrichard,

auch bei dir gehe ich nach der Nachtruhe noch einmal in mich, aber weil ich mich hier heute Abend so herumgetrieben und deinen Kommentar gelesen und mich über deine Aufmerksamkeit freue, habe ich zumindest die Trivialitäten korrigiert.

Es ist wirklich eine Krux. Da zweifle ich tatsächlich das erste Mal so richtig mit meinem Titel, habe schweren Herzens den "Originaltitel" nach langem Abwägen gegen einen anderen ausgetauscht und ... zack ... fällt der auf und wird überdacht.
Das sagt Einiges aus, denkst du nicht auch? Ich bin äußerst gespannt und dankbar was du dazu noch sagen wirst

und der felixreiner auch.

Gute Nacht und vielen Dank für deine Zeit und Informationen sowie Korrekturen, Kanji

 

Als hätte sie eine Ahnung gehabt von der Zeit.

Hat die irgendjemand?

Huhu Kanji,

hach, die Kanji kann‘s ... Hat mir gut gefallen, deine Geschichte! Ich bin gerade nur viel zu müde, um einen richtigen Kommentar zu schreiben und Textstellen auseinanderzuschrauben.

Sein Blick wanderte weiter zu den Füßen, die in Sandalen steckten, fiel auf die Zehen und er wackelte mit ihnen wie zum Gruß, beschloss für später eine Nagelpflege.

So was ist cool, wenn der Satz einigermaßen ernsthaft beginnt und dann sozusagen ‚im Abgang‘ ironisch wird.

Überhaupt, da sind sooo viele kleine hübsche Beschreibungen drin in deiner Geschichte: die Vögel als kleine Angeber; die weiße Hitze; der Fluss, auf dem majestätisch die Schaluppen vorbeiziehen. :herz:

Ja. Doch. Ich bin begeistert und bedanke mich.

Liebe Grüße und gute Nacht!
Anne

 

Liebe Kanji,

deine Geschichte, wie ich sie lese: Ein Mann sitzt trauernd am Grab seiner durch einen Anschlag umgekommenen Frau, führt ein Zwiegespräch mit ihr, erinnert sich an seine Ehe, die Zeit mit der kleinen Tochter und an das alles verändernde Drama. In dieser Situation erreicht ihn ein Anruf seiner jetzt erwachsenen Tochter, die sich in einer ähnlichen Situation wie die Mutter befindet und den Vater (verzweifelt/sterbend?) bittet, ihr eine Geschichte zu erzählen. Dann fällt ein Schuss.

Liebe Kanji, es gibt sehr schöne Stellen in deiner Geschichte, die du wie immer sprachlich und inhaltlich phantasievoll ausgestaltet hast. Das ist deine Stärke und davon leben deine Texte.

Probleme habe ich mit der Gesamtkonzeption deiner Geschichte, besonders mit ihrem zweiten Teil. So berührend auch dieser Teil gestaltet ist, wird es mir mit ihm doch zuviel. Ich habe das Gefühl, dass du der Wirkung deines ersten Teils nicht getraut hast, dass da noch etwas kommen musste, um sicher zu gehen, dass dein Text deine Leser auch wirklich erschüttert. Du entwickelst in ihm eine zusätzliche Geschichte: Wieder ereignet sich ein Attentat. Diesmal ist es die Tochter. Im Mittelpunkt steht nun aber das ‚Erzähl-mir-eine-Geschichte-im-Angesicht-des-Todes-Motiv’. Im Zusammenhang des vorhergehenden Textes wirkt dieser Teil auf mich wie angehängt, ergibt sich nicht aus dem ersten Teil, rundet ihn auch nicht ab. Während der Mann zufällig am Grab seiner durch ein Attentat umgekommenen Frau sitzt, gerät seine Tochter in eine ähnliche Situation. Solche, sich wiederholende Tragödien gibt es natürlich. Aber um sie glaubhaft rüberzubringen, braucht eine Geschichte mMn viel mehr Raum. Diese Duplizität der Ereignisse könnte ich mir in einem Roman vorstellen, der das Schicksal einer Familie in einem längeren historischen Zusammenhang zeigt. Eine recht knapp gehaltene Kurzgeschichte kann dagegen nur selten zwei Schwerpunkte verkraften. Das geht auf Kosten der Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit. Außerdem verschiebt sich durch dieses ‚Anhängsel’ auch der Fokus deiner Geschichte.

Fazit: Sprachlich und was die schönen Bilder angeht, hat mir deine Geschichte gefallen. Nur hätte ich es besser gefunden, wenn du lediglich einen Handlungsstrang verfolgt und den Rahmen der Friedhofsszene genommen hättest, um in der Erinnerung des Mannes das Attentat und den damit verbundenen tragischen Einbruch in das Leben der drei Menschen gegenwärtig werden zu lassen. Das ist zwar ein bekanntes Muster, was deine 'Neufassung' aber durchaus lesenswert rüberbringt. Vielleicht könnte ja das ‚Erzähl-mir-eine-Geschichte-Motiv’ des zweiten Teils in der Erinnerung des Mannes an das erste Attentat seinen Platz finden. Dann brauchtest du das ‚Tochter-Anhängsel’ nicht und könntest auch diese Idee in einem klareren Handlungsschema unterbringen.

Noch etwas zum Titel: Ich kann ihn leider nicht mit deiner Geschichte in Verbindung bringen. Du reißt eine Assoziation an, die für mein Empfinden in einen anderen Zusammenhang gehört: Kinder, die beim Spielen zufällig auf Minen treten und so unschuldige Opfer von militärischen Auseinandersetzungen werden. Diesen Zusammenhang gibt deine Geschichte für mich nicht her, die Opfer sind beide erwachsene Menschen, keine Kinder. Und was die im Hintergrund gedachte politische Situation angeht, so handelt es sich um Macht-, nicht um Kinderspiele.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Ich schon wieder,

liebe Kanji,

was einem so während des Frühstücks und Zeitunglesens so alles einfällt ...

Warum trifft der Titel "Kinderspiel" zu?

Offensichtlich, die Erinnerung an das Versteckspiel der höchstens fünfjährigen Izzy

Und während Ben auf der Bank unter der Akazie saß und abkühlte, erinnerte er sich an Izzy als kleines Mädchen. Sie spielte am liebsten Verstecken. Cache-cache, rief Rahel, während die Kleine eilig durch den Garten lief und einen sicheren Platz suchte.
...
Rahel ließ sich Zeit und genoss die Suche nach ihrer Tochter, den Garten, posierte für Ben, der sie mit der Kamera im Auge behielt.
...
Izzys fünften Geburtstag verbrachten sie schon ohne Rahel.

Weniger auffällig, dass Ben nicht mehr im eigenen Schlafzimmer, sondern im Kinderzimmer Izzys schläft.
„In manchen Nächten halte ich es im Schlafzimmer eben einfach nicht aus. – Lach nicht! Die Luft bleibt mir dann weg und die Hände beginnen zu zittern. Kannst du dir das nicht vorstellen?“
Er starrte auf den Namen in goldener Schrift und seine Augen funkelten kurz erregt auf, bevor er leise hinzufügte: „Wie auch. - In Izzys Zimmer beruhige ich mich jedenfalls schneller. Irgendwann, meist wenn die Sonne hinter dem Hügel schon aufgeht, schlaf ich ein.“

und in der verdrängten wirklichen Gefahr zur Verniedlichung
Izzy ist jetzt an der Grenze stationiert, aber das weißt du schon. Sie hat zum Glück nur selten Einsätze drüben. Und auch bloß der Schmuggler wegen.“

Alles klar zu lesen, zu sehn und verstehn.

Aber der wirkliche Grund ist das Auftauchen frühester Formen der Religion, wobei ich jetzt arg aushol: wenn der Troglodyt - der keinen Deut dümmer war als wir Heutigen, die sich was auf ihr technologisch höheres Niveau einbilden, was so weit geht, dass man den Körpergeruch eines Menschen mit dem der industriellen Produkte verwechselt, hinter denen man glaubt, sich verstecken zu müssen. Und doch blickt man verächtlich auf die hygienischen Methoden des Barock zurück. Und noch verächtlicher auf den Ahnenkult, wenn der frühe Mensch in Verbindung mit den Vorfahren trat, wohlwissend, dass er selbst eines Tages ein solcher werde (eine Vorform der Auferstehung und des Weiterlebens nach dem Tod) und wenn mit der Kultur - nix anderes als bearbeiteter Natur - der Glaube institutionalisiert wird, indem die weise Frau oder der Schamane nicht nur mit den Ahnen, die vielleicht schon zu Göttern mutiert sind, sondern auch mit allem Lebendigen kommuniziert.

Nix anderes ist es, einen Namen in Stein zu hauen, ein Fotoalbum anzulegen oder auch einen inneren Monolog dem/der Toten vorzutragen. Überbleibsel der Kinderstuben der Menschheit.

Hm, ich hab natürlich im vorbeifliegen Barnhelms Einwand der Strenge, pardon, Stränge wegen gesehn und fand beim ersten Lesen reichlich Kolportage. Aber selbst was man fntasiert ist nicht so unwahrscheinlich, dass es unmöglich wird, wenn der alte Jakob schon immer in einem verfluchten Dreieck steckte, erst Lea - nicht die aus barnhelms wundervollen Andasusien - heiraten zu müssen, um Rahel zu erhalten, den Tod Rahels hinzunehmen, um Ben... zu erhalten, den älteren Rahel Sohn Josef zu verlieren (wenigstens einstweilen bis zum Exodus ins Land Gosen, dem Nildelta, und ihn in sicheren Verhältnissen wiederzugewinnen.

Tschüss und schönes Wochenende vom

Friedel

 

Hej Andrea H. und guten Morgen,

so 'n Freitagabend ist nichts für mich. Da sammelt sich die ganze Woche und staut sich an diesem Abend zusammen ... macht mich platt.

Das Wochenende ist noch jung und da ich nun mal diese Geschichte zur Diskussion gestellt habe, reden wir darüber. Ganz simpel.

Verschwitzt, das Hemd unter den Achseln durchnässt, breitete Ben die Arme auf der Rückenlehne der Bank aus, auch um es zu trocknen. Eine Gruppe winziger Vögel bewegte sich langsam vor seinen Füßen, pickte hier und da kleine Krumen auf,

Ein ziemlich daneben gegangener erster Satz: Das "es" ist zu weit vom "Hemd" entfernt - deswegen klingt das komisch, das doppelte Partizip Perfekt gefällt mir auch nicht (Verschwitzt, durchnässt), "durchnässt" klingt eher nach Wolkenbruch als nach Schweiß. Mein Vorschlag wäre: Verschwitzt und unter den Achseln nass breitete Ben die Arme auf der Rückenlehne der Bank aus, um sein Hemd zu trocknen.


Genau genommen ist ja der erste Satz, den du bemängelst ja bereits der zweite:

Unter der Akazie genoss er Schatten und vor allem Ruhe, den süßlichen Duft der roten Blüten.

Verschwitzt, das Hemd unter den Achseln durchnässt, breitete Ben die Arme auf der Rückenlehne der Bank aus, auch um es zu trocknen.


Ich empfinde den Bezug zum Hemd dann von hier aus schon gar nicht mehr so weit entfernt, zumal Ben natürlich nicht bewusst die Arme, bzw. das Hemd zum Trocknen auf die Rückenlehne legt - das wäre strange - das Trocknen kommt seiner entspannten Haltung, seinem Wunsch auszuruhen, bloß entgegen.

Verschwitzt und durchnässt, in diesem Fall regional unter den Achseln erscheint mir nicht ungewöhnlich. Auch der Gebrauch des Partizips nicht. Klar ginge auch nass. Aber der Stoff unter den Achseln darf sowohl durchnässt als auch nass sein; klingt für in meinen Ohren nicht weniger nach Feuchtigkeit.

Eine Gruppe winziger Vögel bewegte sich langsam vor seinen Füßen, pickte hier und da kleine Krumen auf, einige von ihnen standen still und spreizten die Flügel leicht vom Körper ab.

An dieser Stelle ist vielleicht der Nebensatz untergegangen, denn nicht die gesamte Gruppe Gruppe pickt hier und da, einige stehen und kühlen sich mit abgespreizten Flügeln (und geöffneten Schnäbeln). Möglicherweise abwechselnd. Es herrscht durchaus eine geringe Dynamik innerhalb der Gruppe.

Hast du jemals winzige Vögel gesehen, die sich "langsam" bewegen? Ich nicht. Aber vielleicht gibt es solche in dem Land, in dem diese Geschichte spielt. Die Gruppe Vögel als sozusagen ein Ganzes picken zu lassen, finde ich auch nicht schön, warum nicht einfach: Vögel hüpften (oder etwas Ähnliches) vor seinen Füßen herum, pickten hier und da kleine Krumen auf.

Langsame Bewegungen von kleinen Vögeln sind echt schwer vorzustellen - hüpfen erschien mir zu aktiv. Selbst in diesem Land ist eine Zeitlupenbewegung nicht möglich. Ich nehme das auf jeden Fall noch einmal vor. Bezüglich der Gruppendynamik s.o.

„Hey, wir tragen die gleichen Hemden“, sagte er, sah dabei an seinem sandfarbenen hinunter, das locker über den Bund der Hose fiel, weiter zu den Füßen, die in Sandalen steckten.

Ja, das klingt tatsächlich so, als würde das Hemd bis auf die Füße fallen.


Ungewollt komisch. Habs jetzt korrigiert.

beschloß für später eine Nagelpflege.

beschloss


Danke. Habe das spätere genoss gleich mitkorrigiert.

Sie war dagegen Zierpflanzen zu setzen, die Pflege benötigten und ihr Zeit rauben würden. Als hätte sie eine Ahnung gehabt von der Zeit.

Vorzeitigkeit: Sie war dagegen ... gewesen. Ich weiß, was du hier mit der Zeit meinst, aber es klingt so, mit dem bestimmten Artikel, als hätte sie gewusst, was DIE Zeit ist. Aber du meintest doch, sie hätte Ahnung gehabt, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb.


Hach ja, aber da tönt mir der Friedel im Kopf und der Bezug vom Verwesen und seitdem meide ich es wo ich kann.

Die Zeit steht bewusst mehrdeutig. Ben verklärt sowohl Erinnerungen als auch Rahel.

Ein Lächeln huschte über Bens Gesicht, als würde er sie gerade dabei beobachten.

das Unterstrichene kann weg, weil es selbstverständlich ist, dass er sich das vergegenwärtigt


Ich hatte schon den Eindruck, man könnte das Lächeln auf die damalige Szene beziehen.

Rahel schlenderte, einen großen Strohhut auf dem dunklen Haar, mit ausladenden Gesten und langen Beinen barfuß über das vertrocknete Gras, wie zu einer Melodie, die nur sie hörte.

das ist schön


Das ist schön. Dabei fällt mir auf, dass ich sehr gerne mal meine weiblichen Figuren durch die Natur scharwenzeln lasse oder durch Räume. Sollte mir zukünftig mal einen erweiterten Bereich überlegen.

Wo ist nur ma petit puce geblieben. Wo mag sich der kleine Floh nur versteckt haben.
Fragezeichen fehlen

Natürlich. Trage ich nach.

Rahel ließ sich Zeit und genoß die Suche nach ihrer Tochter, den Garten, posierte für Ben, der sie mit der Kamera im Auge behielt.

genoss - du kannst das ruhig wiederholen: genoss die Suche nach ihrer Tochter, genoss den Garten - das ist viel deutlicher, und das mit der Kamera: Willst du damit sagen, dass er nur durch den Sucher geschaut hat und sie so beobachtet hat? Keine Fotos gemacht? Doch, hat er, wie aus dem nächsten Absatz hervorgeht und deswegen würde ich das hier klar auch so sagen.


Du meinst, das würde verdeutlichen, wie sehr sie geniesst, nicht wahr. Ich denke darüber nach, obwohl es in meinen Ohren doppelt hart klingt.

Ich habe mir Ben tatsächlich dabei so vorgestellt, dass er in diesem Moment Rahel nur mit dem Sucher folgt, um keine 'perfekte' Ausnahme zu verpassen. Auch ihm war unterbewusst klar, diese Zeit ist begrenzt (schon alleine weil im nächsten Jahr das Kind keine Lust mehr auf dieses Spiel haben könnte).
Und dass daraus durchaus auch Fotos entstanden sind, folgt ja auch.

Mit einem Lächeln, das sämtliche Augenfalten zusammenführte, nahm er das Gespräch an

"zusammenführte" passt nicht


Zufrieden bin ich auch nicht damit. Leider führst du ausgerechnet hier keine Wahlbeispiele an - so ein Pech. Ich werde auf jeden Fall noch darüber grübeln und es ausbessern. So kann es nicht stehenbleiben.

Ja, ich weiß nicht, das ist mir zu rührselig und ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, dass genau, als der Mann am Grab seiner Frau sitzt, die durch eine Bombe umgekommen ist, seine Tochter anruft und sie in eben dem Moment auch durch Gewalt umkommt (oder verletzt wird, man weiß es ja nicht, vielleicht passiert ihr ja auch gar nichts, aber er glaubt, dass da was passiert ist). Und dabei erzählt er die Geschichte des ersten Kennenlernens zwischen Rahel und sich. Das ist mir echt zu viel auf die Tränendrüse gedrückt. Das Gewalttätige des Terrors steht hier wie ein einsames Monument in der Geschichte, damit auseinandersetzen tut sie sich nicht. Genauso gut hätte Rahel zu früh an Krebs sterben können und die Tochter gesteht ihm am Telefon, dass sie auch an Krebs erkrankt sei - am Rest der Geschichte hätte man nichts ändern müssen. Auch ist die Idee, dass ein Mann am Grab seiner Frau ein Zwiegespräch mit ihr führt, nicht sehr innovativ. Die Szene im Garten ist sehr hübsch, das ist die einzige Stelle, die etwas Besonderes hat, in der Art, wie du Rahel beschreibst und wie sie mit ihrer Tochter umgeht.

Dein Empfinden kann ich gut respektieren. Wobei rührselig in Kombination mit Terror schon etwas gewagt ist.
Was du an den Haaren herbei gezogen nennst, ist für mich die einzige Motivation beim Schreiben von Geschichten. Mir liegt es fern, eine reale zu schreiben. Mich treibt "was wäre wenn". Das sind so Auslöser für mich. Dabei nehme ich realitätsbezogene Situation zum Anlass.
Wenn ich eine über Doppel-Krebs hätte schreiben wollen, dann sicher nicht in einem Land, wo seit Jahrzehnten der Terror Alltag ist (obwohl ja auch dort Menschen an Krebs erkranken).
Natürlich hätte Ben das Telefonat (sie telefonieren täglich, seitdem Izzy Wehrdienst hat) auch auf dem Rückweg vom Friedhof (er bekommt es ja nicht direkt am Grab, sondern später beim relaxen im Schatten), z.B. im Supermarkt entgegen nehmen können, im Auto oder auch wieder im Garten. Mir erschien es aber dramaturgisch 'gewitzter' und auch in diesem kurzen Rahmen machbarer, das Gespräch direkt dort anzunehmen, wo er sich zuvor in Sicherheit gewägt hatte (heißt das so?). You know?
Ein Selbstgespräch mag nicht innovativ sein, ersparte mir aber einen weiteren Charakter. Ich wollte diese Szene knapp halten.
Am Ende freut es mich, dass du eine Szene gefunden hast, die dir gefällt.

Hab herzlichen Dank für deine Auseinandersetzung mit diesem Text und deine Zeit.

Freundlicher Gruß, Kanji


Hej Anne49,

guten Morgen. Es ist Wochenende. ;) Da hast du als müde noch mal schnell einen Kommentar geschrieben. Respekt.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Als hätte sie eine Ahnung gehabt von der Zeit.

Hat die irgendjemand?


Eine Ahnung davon bekommt man schon mal hier und da, oder nicht?

Hat mir gut gefallen, deine Geschichte!

Ja. Doch. Ich bin begeistert und bedanke mich.

Das hört sich schön an für mich. Damit komm ich gut klar (wer nicht?)

So was ist cool, wenn der Satz einigermaßen ernsthaft beginnt und dann sozusagen ‚im Abgang‘ ironisch wird.

Das hab ich hier gelernt (ich glaube Fliege hat mir das mal vorgeschlagen, also zumindest, eine Situation lange zu denken, auszudehnen und dann ... so was wie einen Bruch anzufügen - so habe ich das zumindest verstanden)

Danke für deinen Besuch und netten Worte.

Lieber Gruß, Kanji


Hej liebe barnhelm,

du bist eine verlässliche Größe hier für mich geworden und voller Respekt lese ich deine Kommentare und deine (raren) Geschichten.

Es ist immer ein Risiko, sich einem Thema mit diesem Format nähern zu wollen. Selten wird man ihm gerecht, nicht mal der Autor möglicherweise sich selbst. Aber ein Versuch ist es immer wert. Und weil ich mir meiner kleinen Möglichkeiten und Kompetenzen bewusst bin, halte ich möglichst den Rahmen klein. (Neuerdings zumindest).
Und weil ich selbst meine eigene strenge Kritikerin bin, möchte ich erst einmal deine lobende Worte außer Acht lassen.

Eine recht knapp gehaltene Kurzgeschichte kann dagegen nur selten zwei Schwerpunkte verkraften.

Ich habe im Kommentar zu Andrea H. bereits versucht darzulegen, welche Motivation ich habe, wenn ich eine Geschichte schreiben möchte. Die ist immer emotionaler Natur und oft geht eine kleine Begebenheit voraus. Ich habe niemals den Wunsch, die Realität zu beschreiben. Mir geht immer 'Was wäre wenn, ... durch den Kopf. Realitätsbezogen. Nicht mehr. Auch weil ich mir bewusst bin, dass mehr in diesem Format Kurzgeschichte mit meinen Mitteln nicht möglich ist.

Nur hätte ich es besser gefunden, wenn du lediglich einen Handlungsstrang verfolgt und den Rahmen der Friedhofsszene genommen hättest, um in der Erinnerung des Mannes das Attentat und den damit verbundenen tragischen Einbruch in das Leben der drei Menschen gegenwärtig werden zu lassen. Das ist zwar ein bekanntes Muster, was deine 'Neufassung' aber durchaus lesenswert rüberbringt. Vielleicht könnte ja das ‚Erzähl-mir-eine-Geschichte-Motiv’ des zweiten Teils in der Erinnerung des Mannes an das erste Attentat seinen Platz finden. Dann brauchtest du das ‚Tochter-Anhängsel’ nicht und könntest auch diese Idee in einem klareren Handlungsschema unterbringen.

Natürlich wäre es realistischer, wenn Ben nicht in diesem Moment der Erinnerungen auf dem Friedhof das Telefonat mit seiner sich durch in Gefahr befindenden Tochter führen würde.
Aber diese Geschichte wollte ich nicht erzählen.
Zum anderen, das hast du möglicherweise nicht wahrgenommen, befindet sich die Tochter nicht zufällig in derselben Gefahr wie einst die Mutter, sie leistet in dem Land, in dem Terror allgegenwärtig ist, Wehrdienst. Sie ist, auch als Frau, in diesem Land dazu verpflichtet. Sie ist ihm also eine zeitlang direkt ausgesetzt. Ich habe bewusst "nur" Schmuggler gewählt und nicht eine bekannte Organisation.

Ich finde es auch eigentlich gar nicht so abwegig. :shy: Izzy "kümmert" sich an der Grenze innerhalb ihres Wehrdienstes um dort aktive Schmuggler. Ein ganz reales (menschliches) Problem in einen Land, in dem es Grenzen gibt. Alltag für Izzy und Ben.
Sie, eng verbunden mit Ben, wohl auch durch den frühen Verlust der Mutter, telefoniert täglich mit ihm. Der Anruf hätte Ben auch später oder früher erreichen können. Was wäre aber wenn er genau in diesem Moment seiner schönen Erinnerungen eintreffen würde, in einem Augenblick, in dem er sich in Sicherheit wägt, in dem es ihm gut geht dort in der Nähe seiner Frau, im kühlen Schatten mit friedlichen Kreaturen, wie der Vogelschar, die friedlich picken und sich kühlen, in diesem Moment, wo Katastrophen oft einschlagen. Auch Realität, nicht wahr?

Ich stellte mir Izzy vor als kleines Mädchen. Sie versteckt sich vor dem Terror, möglicherweise hockt sie starr vor Angst in einem Raum, in einem Gebüsch und alles was sie jetzt will, ist die Stimme ihres Vaters, der ihr die Geschichte erzählt, mit er sie erinnert und beruhigt. Warum nicht? Mobiltelefone machen es möglich. So hockt sie dort und flüstert, weint und hofft, dass sie niemand findet.

Noch etwas zum Titel: Ich kann ihn leider nicht mit deiner Geschichte in Verbindung bringen. Du reißt eine Assoziation an, die für mein Empfinden in einen anderen Zusammenhang gehört: Kinder, die beim Spielen zufällig auf Minen treten und so unschuldige Opfer von militärischen Auseinandersetzungen werden. Diesen Zusammenhang gibt deine Geschichte für mich nicht her, die Opfer sind beide erwachsene Menschen, keine Kinder. Und was die im Hintergrund gedachte politische Situation angeht, so handelt es sich um Macht-, nicht um Kinderspiele.

Aus deiner Sicht verständlich. Aus meiner passt es eben gut. Ursprünglich sollte der Titel "Hide and Seek heißen, aber der war so ... englisch. Versteckspiel so deutsch und hart.
Dann kam mir diesem Kinderspiel der Gedanke an die andere Bedeutung, nämlich, dass ja so gesehen das alles und das Leben an und für sich eben kein Kinderspiel ist.

Mag jetzt wieder nicht soooo innovativ sein, aber mehr war nicht zu holen.

Liebe barnhelm, es ist immer wundervoll, dir zuzuhören und mich an deiner Sicht zu bereichern.

Herzlich, Kanji

 
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Kanji schrieb:
Wenn ich eine über Doppel-Krebs hätte schreiben wollen, dann sicher nicht in einem Land, wo seit Jahrzehnten der Terror Alltag ist (obwohl ja auch dort Menschen an Krebs erkranken).

Hey Kanji,

na ja, aber eine Geschichte über den Terror schreibst Du ja nun auch nicht. Auch nicht über den Alltag darin. Versteckspiel und Friedhofsbesuch - das könnte auch alles hier und jetzt in Deutschland stattfinden. Du benutzt ihn, um zwei Menschen das Leben zu nehmen (oder es zu gefährden) - und ja, das kann auch der Krebs oder sonst was. Menschen sterben an allerlei Dingen. Deine Geschichte dreht sich um den Verlust geliebter Menschen, allein darauf liegt der Fokus. Der Mann auf dem Friedhof, seine Erinnerungen und sein Unvermögen, das Buch vom Nachttisch zu nehmen. Das wäre genau so, wäre die Frau nicht dem Terror zum Opfer gefallen, sondern ein LKW hätte sie vom Fahrrad gerissen. Und das kann der Tochter genau so gut zustoßen. Wie sie auch Krebs bekommen kann, wie sie überhaupt an den gleichen Dingen sterben könnte, wie ihre Mutter. Für den Mann auf dem Friedhof ändert die Todesursache gar nichts.

Das nur kurz in die Diskussion gestreut ;).

Liebe Grüße, Fliege

 

Hej Fliege,

na ja, aber eine Geschichte über den Terror schreibst Du ja nun auch nicht.

Doch, genau das tu ich. Und zwar genau in dem Alltag, in dem auch andere Gründe zum Tode führen können. Hier ist der Terror und der Wehrdienst von Frauen und die Grenze und der Schmuggel Alltag aber wird nicht in den Focus gestellt.
Ich erschaffe eine Situation drumherum. Ich meide das Draufhalten und den direkten Blick, das aber bewusst.

Das geht schon durch, oder nicht?

(Dabei will ich mich gar nicht rechtfertigen, bzw. diese Geschichte :hmm:)

Lieber Gruß, Kanji

 
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Liebe Kanji,

Hier ist der Terror und der Wehrdienst von Frauen und die Grenze und der Schmuggel Alltag aber wird nicht in den Focus gestellt.
Ich erschaffe eine Situation drumherum. Ich meide das Draufhalten und den direkten Blick, das aber bewusst.

Dagegen:

Doch, genau das tu ich.

Was denn nun? Schreibst Du drüber oder nicht? Etwas lediglich anzutippen, Schlagwörter zu benutzen, kann man jetzt nicht wirklich Auseinandersetzung mit einem Thema nennen, oder?

Ich finde die Verlustgeschichte von dir ja schön. Ein Mann trauert um seine Frau. Seine Tochter ist jetzt in der gleichen dramatischen Situation. Das ist ja durchaus eine erzählenswerte Sache, die Du für mein Empfinden auch gut umgesetzt hast. Nur den "Vorwurf" - als dramatisch überhöhendes Mittel hier mit dem Schlagwort Terror zu kommen, Nachrichtenbilder beim Leser abzurufen, denn zu mehr kommt es im Text ja nicht, der kommt nicht so ganz aus der hohlen Hand. Für mich hätte der Text jedenfalls genau so (ohne Abstriche) mit einer anderen Todesart funktioniert. Es hätte in der Wirkung auf mich, überhaupt keinen Unterschied gemacht. Jetzt bin ich still und lese hier interessiert an den Leseempfindungen weiter mit.

:anstoss: Fliege

 

Ach Fliege,

ich will mich damit innerhalb dieser Geschichte auch gar nicht auseinandersetzen. Das verlange ich gar nicht von ihr und dennoch schreibe ich darüber. Ja, ich bloß tippe an und jeder Leser darf das Drumherum erstellen oder nur von der Trauerarbeit lesen. Wies behagt.

Ich habe natürlich das böse Wort Terror gleich auch mal im Text gemieden, Füchsin, die ich sein will, aber allgegenwärtig ist er nun mal. Dort und überall.

Was die Wirkung angeht, habe ich das ja eh nie in der Hand. Der eine so, der andere so. :shy:

Aber mal was anderes, mich in dieser Form hier auseinanderzusetzen und dein Einsatz freut mich riesig.

Zum Wohl, Kanji

 
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Hey Kanji

Ich finde die Diskussion spannend, sie kreist um ein Thema, das auch mich umtreibt. Vielleicht kann ich etwas Konstruktives beitragen.

Ich erschaffe eine Situation drumherum. Ich meide das Draufhalten und den direkten Blick, das aber bewusst.

Das finde ich eine sehr gute Herangehensweise. Aber ich denke, du meidest auch den indirekten Blick, und das ist dann nicht mehr so gut. Der Terror, der politische Kontext sickert für meinen Geschmack zu wenig in die Geschichte ein, durchtränkt sie nicht, färbt sie nicht. Wenn man den Alltag / das Leben von Menschen in einem bestimmten politischen, sozialen, landschaftlichen Setting zeigt, dann kann es helfen, die Auswirkungen dieses Settings auf die Figuren zu zeigen. Jemand hat mir mal bezüglich eines landschaftlichen Settings geschrieben, das sei blosse Kulisse. Das lag daran, dass die Landschaft keinen Einfluss auf das Verhalten der Figuren hatte. Es war heiss, aber die Figuren haben nicht geschwitzt. In deiner Geschichte müsste in irgendeiner Form sichtbar werden, was die besondere Situation mit den Figuren macht, wie sie die Menschen prägt, bis hinein in die Gestik. (Ich kenne jemanden, der zusammenzuckt und sich wegduckt, wenn er unerwartet berührt wird. Einmal hat er sich entschuldigt und gesagt, das sei so, weil er im Gefängnis gesessen habe. Das hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt.)

Das besondere Setting sollte sich also im Handeln der Figuren in irgendeiner Form auf besondere Weise manifestieren. Ich finde das Kriterium der Austauschbarkeit, das Fliege angewendet hat, sehr hilfreich, um das zu überprüfen. Idealerweise funktioniert eine Geschichte nur genau in dem Setting, in das sie eingebettet ist.
Du musst also nicht draufhalten, aber könntest zeigen, wie sich der Terror ins Leben, in die Gesten frisst, wie fein verästlet seine Auswirkungen sind. Das ist sicher keine leichte Aufgabe. In der vorliegenden Form habe ich den Text aber ähnlich wahrgenommen wie Fliege und Andrea. Du zeigst nämlich sehr gut, was Rahels Tod mit Ben macht / gemacht hat. Aber dieser Tod könnte auch eine andere Ursache haben, diese Ursache ist austauschbar. Wenn du beides thematisieren willst - den Umgang mit Rahels Tod und die Gewalt, die dazu geführt hast, dann reicht es, glaube ich, nicht aus, sich auf die Ursachenkette zu verlassen. Du müsstest also einen Weg finden, die Gewalt, bzw. deren Omnipräsenz auch direkt auf Ben wirken zu lassen, ohne den Umweg über Rahels (und Izzys) Tod. Das könnte sich subjekt in Gedanken äussern, in Sorgen und Ängste, in Gesten und unwillkürlichen Reaktionen. Oder auch objektiv, z.B. durch eine Sicherheitskontrolle, die er über sich ergehen lassen musste, als er den Bus zum Friedhof nahm (keine Ahnung, ob das plausibel ist, ist auch nicht besonders originell, soll nur die Richtung anzeigen.)

Ich hoffe, du empfindest meinen Kommentar nicht als unnötiges Bohren in der Wunde, als Draufhauen, sondern kannst etwas Nützliches daraus ziehen.

Liebe Grüsse
Peeperkorn

 

"It's all one song", Neil Young 11.08.1996
Meadows Music Theater, Hartford, CT, USA​

Peepekorn sagt durchaus berechtigt:
Der Terror, der politische Kontext sickert für meinen Geschmack zu wenig in die Geschichte ein, durchtränkt sie nicht, färbt sie nicht. Wenn man den Alltag / das Leben von Menschen in einem bestimmten politischen, sozialen, landschaftlichen Setting zeigt, dann kann es helfen, die Auswirkungen dieses Settings auf die Figuren zu zeigen.
Dem ich ein kleines Aber entgegensetze,

liebe Kanji,

denn was auf einer Theaterbühne jedem offensichtlich ist, ist auf einem weitläufigen Friedhof als gepflegter Parklandschaft nicht schnell zu erkennen: Die Reduktion Deiner Geschichte auf eine Grabstelle und eine Person (Ben) macht "Kinderspiel" zu einem Kammerspiel, dessen "Umwelt" schon durch die Namen verortet wird (nun gut, es könnte auch ein jüdischer Friedhof in deutschen Landen sein, aber die sind m. W. inzwischen alle umzäunt, und das nicht grundlos) in das die Außenwelt als Erinnerung - an Rahel - und einem Telefonat einfließt - und selbst wenn die Todesursache Rahels - ob Verkehr oder Haushalt, übrigens eine Gefahrenquelle unermesslichen Ausmaßes incl. der Erkenntnis, dass es im dunklen Wald weniger Mordsgefahren gibt als in der eigenen Wohnung - offen bleibt, spätestens mit dem Telefonat sollte sich das Thema der Todesursache von selbst erledigt haben.

Ein "Kinderspie"l sozusagen, eine einfache Sache - wie heutzutage Leute in Verruf zu bringen, zu ruinieren oder gar umzubringen. Der Terror instrumentalisiert Kinder, wie seine Ideologie auch Kindsköpfe braucht. Wie gerne zeigen sich die Großen dieser Welt mit einem Kind auf dem Arm.

Tschüss und schönen Sonntag wünscht der

Friedel

 

Sie war dagegen Zierpflanzen zu setzen, die Pflege benötigten und ihr Zeit rauben würden. Als hätte sie eine Ahnung gehabt von der Zeit.
Vorzeitigkeit: Sie war dagegen ... gewesen.
Hach ja, aber da tönt mir der Friedel im Kopf und der Bezug vom Verwesen und seitdem meide ich es wo ich kann.

Was ist denn das für ein Unsinn?:hmm:

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Peeperkorn,

gleich vorab: Danke für deine Zeit für mich, bzw. den Text.

Deine Ausführung und Erklärung hab auch ich jetzt verstanden und somit auch (endlich) den Kritikpunkt von Fliege und Andrea H., was den Bezug der Figuren und er Handlung zum Umfeld betrifft.
Es ist sinnvoll und logisch und richtig.
Auf den Text bezogen und anzuwenden ist es eben schwieriger, da gebe ich dir auch recht.

Und weil es ja auch durchaus Hinweise im Text zum setting gibt (und wann weiß ich, ob es genügend sind), bin ich etwas ratlos. Es wäre sicher möglich, noch einen oder anderen Hinweis hinzuzufügen, aber für die Leser, die immer wieder daran denken müssen, herrje, das könnte jetzt alles bedeuten und überall sein (das war übrigens auch ein Gedanke, nicht direkt zu verorten), es denen Lesern einfacher zu machen, müsste der text wohl von vornherein anders aufgebaut werden.

Damit wäre ich jetzt erstens überfordert und zweitens wäre es ein gänzlich anderer.

Ich werde mir dennoch natürlich Gedanken machen, um Ben herum, etwas zu errichten, das verdeutlicht, worum es geht. Du hast freundlicherweise Beispiele gegeben, wie Gesten, Gedanken. Wenn es einzig daran liegen sollte, dass es beim Leser einen Unterschied macht, ob Bens Frau an einem Unfall oder am Terror starb, bleibt abzuwarten.

Ich hoffe, du empfindest meinen Kommentar nicht als unnötiges Bohren in der Wunde, als Draufhauen, sondern kannst etwas Nützliches daraus ziehen.

Auf gar keinen Fall und schon gar nicht mit deinem Einfühlungsvermögen. Ich hätte ja sonst das Prinzip dieser Werkstatt missverstanden.
Du hast mir äußerst feinfühlig geholfen und das ist wohl mehr als man hier erwarten kann. Und dann noch ohne Gegenleistung. Aber wer weiß ... ;)

Ich wünsche dir einen schönen Sonntag, Kanji

Lieber Friedrichard,

dein Einsatz ist nicht mit Gold oder was gerade benötigt wird, aufzuwiegen. Du springst immer da ein, wo ich mich selbst am wenigsten verstehe und öffnest Tor und Tür und auch meine Augen.

Dass ich nicht direkt und nicht mal indirekt genügend auf das von mir ausgesuchte Thema eingegangen bin, liegt möglicherweise eben auch daran, dass ich mir diesen kleinen Rahmen geschaffen habe, ihn mag und beibehalten möchte.
Ich mag die Bank, auf der Ben eine gefühlsmäßige Achterbahn fährt, ich mag die fehlenden Personen, ich mag die direkten Selbstgespräche, die indirekte Rede, die Möglichkeit der direkten im Telefonat. Besser hab ich es alleine nicht hingekriegt. Deshalb steht der text hier, damit er innerhalb dieses Rahmens wachsen kann.

Du bist eine große Stütze. Danke und auch dir einen schönen Sonntag, Kanji

edit: Deine Frühstücksgedanken habe ich ganz vergessen zu erwähnen.:shy:
Es tut so gut, wenn es einen Leser gibt, wie dich und mich nicht unentwegt zweifeln lässt. Du hast den Titel betreffend im Text herausgelesen und aufgeführt, vielen Dank, weswegen er, auf mE, gut geeignet ist. Und an und für sich ist das Leben so insgesamt auch kein Kinderspiel. Ursprünglich sollte er Hide an seek heißen, aber erstens gibt es einen Thriller mit dem Titel und zweitens wäre ein englischer Titel in diesem Text extrem verwirrend.
Dass du mir dann noch wertvolle Informationen Religion-wissensschaflticher Natur mitgibst, Kommnunikation mit Ahnen, nehme ich die gerne mit und deren 'Konservierung' in Stein oder Papier.
Deine leise Zustimmung frei nach 'alles ist möglich' interpretiere ich zudem für meine 'phantastischen' Zufälle.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej maria.meerhaba,

liebe Maria, du bist schon eine Süße, auch wenn du es abstreiten würdest.

Ich weiß deine müden Samthandschuhe sehr zu schätzen und auch deine offene Art der Kritik.

Aber außer dass dir diese Geschichte (wieder mal ;)) nicht gefällt und ich gar nichts dagegen tun kann und dich ja auch nicht mit ihr verärgern wollte, weiß ich gar nichts zu sagen.

Sie ist wie sie ist. :hmm:

Um dich zu schützen, solltest du keine Geschichten mehr lesen, auf denen Kanji steht. Es könnten üble Großmütter oder andere alte Leute drin vorkommen, unerwartete Taten, unberechenbare Charaktere und Männer, die mit Toten reden, unrealistische Handlungen.

So ist sie eben, die Kanji.

Dennoch gebe ich nicht auf und warte, eines Tages werde ich eine Geschichte schreiben, die du gerne gelesen hast, die du vielleicht sogar lieben kannst und dir in Erinnerung bleibt. (Oje, da hängtse jetzt, die Kanji, ausm Fenster).

Bis dahin erstmal vielen Dank für deine Zeit und guten Worten, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kanji,

Apropos, da fällt mir ein, Sumaya hat gekündigt. Sie meint, sie wäre zu alt für den mühsamen Grenzgang
Plus der Name Rahel, da fielen die Groschen und der Schauplatz flog mit mir an einen für uns fernen, doch bekannten Ort.


Unter der Akazie genoss er Schatten und vor allem Ruhe, den süßlichen Duft der roten Blüten.
Der Satz funktioniert mMn in dieser Form nicht. Du willst einen Knallereinstiegssatz bringen, machst es dir und dem Leser aber zu schwer damit.
Unter der Akazie genoss er Schatten, die Ruhe und den süßlichen Duft der roten Blüten.
War dir wohl zu lahm. ;)


Im Stein aus Marmor war der Vorname seiner Frau eingraviert.
Nur der Vorname? Ist das ortsüblich? Rahel steht dort sicher öfters.


Sie murmelt jedes Mal etwas, das sich wie ,ein Jammer, so ein Jammer aber auch‘ anhört.“
Leerzeichen hinter das Komma. Anhört nicht kursiv.


Naja, es lagen eben Zeitungen und einige Bücher – ja, auch Zigarettenfilter – herum.
Irgendwie rührend, wie er ihr seine Sünden und Verfehlungen gesteht. :shy:


Und während Ben auf der Bank unter der Akazie saß und abkühlte,
Stand er nicht schon wieder, wegen dem schmerzenden Ischias? Habe ich das Setzen überlesen?


An einem gewöhnlichen Tag, Rahel stand an der Bushaltestelle, wie jeden Morgen, um zur Arbeit zu kommen, detonierte die Bombe.
Das hatte ich kommen sehen, weshalb es für mich ruhig subtiler eingebaut werden könnte. Ähnlich dem Schluss der Geschichte.


Mit einem Lächeln, das sämtliche Augenfalten bündelte,
Das ist echt schön. :)


Der Schluss ist schrecklich anschaulich, obwohl du ja eigentlich gar nicht viel sagst. Da läuft es mir kalt den Rücken herab.
Für mich könntest du noch ein zwei Besonderheiten aus Bens Alltag im Grenzgebiet einbauen, um das Bild abzurunden, z.B. Häufige Kontrollen auf der Straße, Güterknappheit, ähnliche Verluste bei Nachbarn und Freunden. Eine Geschichte, die mich traurig und irgendwie auch ein bisschen schwerfällig zurücklässt. Toll geschrieben.

Viele Grüße
wegen

 

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