Was ist neu

Kind sein

Mitglied
Beitritt
02.03.2004
Beiträge
26

Kind sein

Kind sein

Die salzigen Tränen rinnen meine geröteten Backen hinunter in meinen Mund – das zerflockte Pumuckl Kissen fest ans Gesicht gedrückt, sitze ich da – weiß gar nicht wohin mit meinen Händen – zuerst auf die Ohren oder aufs Gesicht? Schließlich nehme ich das riesige Kissen und vergrabe alles darunter. Unter heftigem Schluchzen versuche ich die Schreie auszusperren, das Klirren von Geschirr, der dumpfe Aufschlag eines Gegenstandes, der umgefallen ist. Wenn mein Schluchzen kurz stoppt, höre ich alles wieder, durch die geschlossene Zimmertür mit dem Hundebabyposter dran. Manchmal aber schmeiße ich meinen kleinen weißen Teddy mit aller Kraft ans Bett und wenn die Glasaugen das Bett treffen, gibt es einen Knall. Manchmal nehme ich auch einfach Stupsi aus ihrem Käfig, presse sie gegen Brust und Hals, doch nicht zu fest, aus Angst sie zu verletzen. Dann bin ich ganz still, lausche den schreienden Stimmen und zittere. Wenn die Haustür dann mit einem Ruck zugeschmissen wird, klettere ich in mein Bett, mit Kleidern, vergrabe mich unter der Decke und versuche zu schlafen.
Dieses zerflockte Pumuckl Kissen besitze ich heute immer noch, es liegt auf meinem Bett.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lynn,

manchmal fällt es mir schwer, eine Erzählung zu kritisieren, die für den Schreiber bestimmt eine immense Bedeutung hat. Denn wie soll man Kriterien einer Kurzgeschichte mit dem Gefühl vergleichen, das sich zwischen deinen Zeilen findet?

Ich versuche es trotzdem:
Die Protagonistin ist mittlerweile erwachsen, hat aber immer noch jenes Pumukl-Kissen aus der Kinderzeit, das für Sie damals Schutz und Trost bedeutete und heute wie eine Brücke zur Vergangenheit wirkt.
Wenn sie das Kissen betrachtet, so wandern die Gedanken darüber wieder in jene Zeit, wo sie hilflos im Zimmer den Streit der Eltern miterleben musste. Über diese Brücke kommen all die Bilder und Emotionen wieder nach oben und manifestieren sich für eine gewisse Zeit in der Gegenwart.
Die erwachsene Protagonistin kann entweder oder will gar nicht vergessen, weshalb sie auch nicht auf den Gedanken kommt, mit der Entfernung des Kissen auch den Abstand zur Vergangenheit zu bekommen.
Täte sie dies, so würden die Bilder vielleicht endlich den verdienten Schlaf finden.
Das zur ersten Art der Interpretation.

Zur Analyse:
Die Erzählung ist im klassischen Sinne keine Kurzgeschichte. Eine treffendere Bezeichnung wäre Stimmungsbild. Auch ist fraglich, ob sie in die Kategorie "Gesellschaft" passt. Über eine Verlegung in "Alltag" oder "Sonstige" kann nachgedacht werden.
Thematisiert werden traumatische Kindheitserinnerungen, die durch einen Gegenstand, hier das Pumukl-Kissen, wieder ins Bewusstsein der wohl weiblichen Protagonistin treten. Sie erlebt sehr sinnlich und somit intensiv ein Streitgespräch der Eltern, das in körperlicher Gewalt eskaliert.
Wie es dazu gekommen ist, ob dies eine Ausnahme oder die Regel ist, wird nicht beschrieben.
Der Schwerpunkt liegt auf den Empfindungen im Kinderzimmer:
Diese werden im Präsens und in plastischen Bildern erzählt, wenngleich in der Art der Sprache deutlich wird, dass sie nicht die eines Kindes sein kann. Die Sätze sind grammatikalisch zu dicht und vom Ablauf her zu ausgefeilt geschrieben.

Dies beginnt bereits im ersten Satz:

Die salzigen Tränen rinnen meine geröteten Backen hinunter in meinen Mund – das zerflockte Pumuckl Kissen fest ans Gesicht gedrückt, sitze ich da – weiß gar nicht wohin mit meinen Händen – zuerst auf die Ohren oder aufs Gesicht?
Für ein Kind in der im Präsens beschriebenen Situation ist dieser Satz beiweitem zu reflektiv, soll heißen: es ist sich selbst ZU bewusst, obwohl ihm ja das Streitgespräch im Ohr liegt und es zugleich "ausschalten" möchte.
Die Kette der Empfindungen - also das die Tränen SALZIG sind und über GERÖTETE Backen RINNEN - wirkt in dieser Situation nicht authentisch. Ein Kind weint einfach und es ist sich dann nicht des salzigen Geschmackes bewusst, bevor die Tränen nicht im Mund sind. Es hat auch keinen Spiegel dabei, in dem es die geröteten Backen sieht. Du verstehst hoffentlich, was ich hier in wohl viel zu komplizierten Erläuterungen sagen möchte.

Weiter im Satz: "weiß gar nicht, wohin mit meinen Händen..."
In der Tat "weiß" das Kind es nicht, weil die Handbewegung eines Kindes nicht bewusst abläuft. Ein Kind wird sich nicht die entscheidende Frage stellen: "Zuerst auf die Ohren oder aufs Gesicht?"
Es wird eine Bewegung machen, und zwar intuitiv, niemals reflektiv.
Du hast versucht, die Zerissenheit und zugleich die Hilflosigkeit des Kindes zu beschreiben: Welche Sinnesorgane sollen durch die Hände abgeschottet werden? Ohren oder das Gesicht?
Logisch ist hier das Ohr, denn das Kind will ja die Schreie und Geräusche nicht mehr hören. Die Augen aber können getrost offen bleiben, denn das Kissen anzuschauen spendet Trost.
Du siehst also, dass der Einstieg anders geschrieben werden könnte, wenn du Wert auf eine authentisch wirkende Kindersprache legst. Die Sprache, die du nämlich aktuell verwendet hast, ist die einer erwachsenen Frau, welche kindlich erzählen will.

Keine Angst: Ich zerlege die Geschichte nicht komplett in ihre Einzelteile. Aber ich hoffe, dass ich dir an diesem Beispiel gezeigt habe, wie eine solche Geschichte auf zweierlei Weise kommentiert werden kann.
Es liegt an dir, was du draus machst! :)

LG
Jan

 

Mich kann die Rechtschreibung mal...
Natuerlich sollte es so gut wie moeglich geschrieben werden, jedoch ist dies alles noch nicht gedruckt und wenn da Interresse daran besteht, muss es halt überarbeitet werden.Hier ist ja leider kein Word Programm zur Grammatikakontrolle drin.

Iynn!
Du hast ein ergreifende kleine Geschichte geschrieben :thumbsup:

Man muss in der Tat nicht so auf die Satzbauweise schauen, wie diese nach Rechtschreibregeln zusammengesetzt sind, sonder auf den Inhalt und was dahinter steckt, also am wichtigsten sind eher die unausgesprochenen Worte.

Falls man nicht versteht, was der Autor oder die Autorin damit meint, fragt man eben offen aber nett nach.

Kritisieren ist wirklich leicht, mit Schulung oder Ohne.
Aber zugegeben ein schweres Fach.

Geht mal auf Euer Gefühl ab, Menschen oder träumt mal wieder im Wachen, da nehmen wir uns heute viel zu wenig Zeit zu, ist aber nötig für ein gutes Wirken des Menschen an sich.

Das zuviel an auseinanderpflücken einer Geschichte auf und unter allen möglichen Gesichtspunkten macht mehr kaputt wie gut (allgemeine Äusserung).

 

Der einzige, der von Rechtschreibung schreibt, bist du.
Anyway...
Jeder hat eigene Ansätze. Wäre ja auch schade, wenn alle dasselbe schreiben würden, nicht?

 

Hi!

jan, ich muss dir vollkommen Recht geben, die Sprache ist wirklich nicht angemessen und dass ihr meine Geschichte eher als eine Szene betrachtet hat auch was wahres. Habe ehrlich gesagt beim posten nicht drüber nachgedacht, in wie fern "kind sein" auf kurgeschichten.de passt...
danke für eure Kritiken!

ciao lynn

 

:) Danke jbk
Habe da wohl eher was aus einem anderen Thema 'rein geschmissen, wo
es eben über alte und neue Rechtschreibung ging.

So ausführlich ein hier gepostetes Thema zu durchleuchten, ist mir nicht gegeben.Bei Kritik zu üben, geht es neben neutral bewerten eben um so viel mehr Dinge.

Um einen Anfang zu machen gehe ich eher gefühlsmässig vor, d.h. etwas gefällt mir oder eben nicht. :Pfeif: ziemlich einfache Regelung um eine Sache anzuschauen und so kurz sind dann die Kommentare auch, erst bei einer grösseren Kenntniss über die Kurzgeschichten.de werde ich auch in der Lage sein, etwas vernünftiges zu schreiben. Wobei es mir hier vor allem um die Zuordnung eines Thema's zu einer bestimmten Geschichtengruppe geht, habe die Erläuterungen zwar gelesen aber noch :confused: . Die Zeit wird es zeigen.

 

No problem.

Meine "kritisieren" nicht im negativ konnotierten Sinne, sondern wie du: neutral bleiben.
Gehe ja auch gefühlsmäßig an Geschichten ran; macht wohl der Großteil der Leser. Wenn ich dann eine ausführlichere Kritik schreibe, soll sie konstruktiv sein; soll heißen: helfen, sich mit den eigenen Texten auseinander zu setzen.
Ich glaube, lynn hat das auch verstanden. Man tauscht sich aus und kann vom anderen Denkanstöße bekommen für weitere Geschichten. Ein gutes Prinzip, wenn ich denn mal bewerten darf... ;)

LG
Jan

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom