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Kick

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27.02.2012
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Kick

Es riecht nach Ärger. Ein Martinshorn quäkt. Die Straße leert sich. Polizei, mit Helm und Schild, marschiert an mir vorbei. Ich lege Geld neben die Kaffeetasse, schraube das Weitwinkel auf den Fotoapparat und bin bereit.

Zuerst drücke ich mich sichernd an der Wand entlang, links Einsatzwagen. Ich suche den Blickkontakt zum Einsatzleiter, zeige meine Kamera. Er nickt.

Aus der Ferne Gesänge, ein dissonanter, trunkener Chor aus tausend rauen Kehlen.

Wie ein Heckenschütze beziehe ich Position, hinter einem Stromkasten verschanzt, auf dem Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen. Ich zittere. Die Haare meines Körpers sträuben sich. Ich kriege einen Ständer.

Da kommen sie: Wie ein einziger Leib, zum Tier geworden, zu einem vielköpfigen Gott. Sie jubeln die Reeperbahn herunter, taumelnd, tanzend, schreiend, singend.

Hier ist sie, die Verbrüderung, die Gleichheit, die Freiheit.
Hier und jetzt, sind sie Sieger, sind sie Deutschland.

Alle Dämme brechen. Ich kann nicht anders: Als die Welle über mich wegbrandet, sitze ich schon mitten auf der Fahrbahn, erwarte sie wunschlos, in einem Moment trunkenen Glücks und heule.

Ich hebe die Kamera und verschlinge die tobende Menge, mit meinem liebenden, glasigen Auge.

 

Hallo Annachron. Es wird viel diskutiert im Forum, wann eine Kurzgeschichte sich auch als solche bezeichnen darf. Normalerweise stehe ich auf verdichtete Kurzgeschichten. Aber diese hier ist mir doch nur zu sehr Sequenz. Ich kann mir zwar vorstellen, wie der Erzähler in die Situation geraten ist und finde auch die Überschrift genial, aber außer, wer sich in Gefahr begibt, der ... bleibt bei mir nichts haften. Da ich letzte Woche auch bei einem Fußballspiel HSV gegen Werder Bremen war, kann ich die Stimmung gut nachfühlen, aber nicht die Erregung des Protagonisten. Da muss mehr kommen. LG Goldene Dame

 

Danke für die Nachrichten. Was ist denn eine Kurzgeschichte und was fehlt hier? Es geht gar nicht um Fussball.

 

Es sind schon Fussballfans in der Geschichte, aber um die geht es eigentlich nicht. Es geht um einen Pressefotografen der sich in das Geschehen reinziehen lässt und dann vollkommen unprofessionell wird, Teil der Masse, die er eigentlich dokumentieren wollte. Er lässt sich mitreissen, emotional wie wörtlich.

 

Hallo Annachron,

Stimmungsbilder sind in dieser Rubrik schon möglich, sofern sie noch eine Geschichte erzählen. Wenn Du allerdings die Geschichte komplett in einem späteren Beitrag erklären musst, dann solltest Du Dich fragen, ob Du nicht zu wenig erzählt hast.
Nicht alles muss explizit breitgetreten werden, aber zwischen offenen Andeutungen und Rätselraten besteht ein beträchtlicher Unterschied.

 

Zuerst drücke ich mich sichernd an der Wand entlang, …

Fühlstu Dich,

liebe/ -r/-s Annachron -

([Ch]anna, hebr. „Gnade / Huld“; weibl. Name +
Chron[os], bei den Hellenen noch ein Kerl und der Welturheber, der schon um sein Urheberrecht kämpfen musste und – bekanntermaßen – unterlag, anachronisch könnte man mit zeitwidrig wiedergeben) -

wie eine Waffe?

Klar: Wer den „Heckenschützen“ anruft, könnt trotz aller Unterschiede auch ein Selbstmordattentäter sein, den man durchaus als Waffe ansehen darf.
Da fehlt halt was im Satz – und zwar ums Partizip herum, dass das Verb sichern in ein Adjektiv verwandelt. Die einfachste Lösung brächte die Zeichensetzung: Kommas, die das Sichern als attributiven Einschub kennzeichnen. Ein zweites mich „… mich sichernd …“ ersetzte nicht die Kommas, mag aber die Präzision der Aussage steigern.

Nervenkitzel als Reiz, das gibt es und liegt nahe beim Masochismus:

Ich kriege einen Ständer,
was dann zum Problem des Beinkleides, das einer trägt, werden kann.
Natürlich darfstu Umgangssprache sprechen (und schreiben), dem aber die klangvollen Endungen Deiner Verben widersprächen, schludert Umgangssprache doch eher. Statt kriegen ginge ja auch bekommen, oder?

Da kommen Sie: …
Warum das große S, wen sprichstu da förmlich an? Geht doch nachher ohne … Also eher bissken Flüchtigkeit.
Naja, der Sturm auf die Bastille war auch eher Symbolik.

Ich hebe die Kamera und verschlinge die tobende Menge, mit meinem liebenden, glasigen Auge.
Hätt’er Icherzähler eins aufs Aug' bekommen oder wär er nur müd?
Aber ein schönes Bild vom Schauen.

Tu mich schwer, diesen Text nicht als Geschichte anzusehen wie meine Vorredner, selbst auf die Gefahr hin, als Oppositioneller aus Prinzip angesehen zu werden. Da ist gewiss nix Geheimnisvolles in der Geschichte, schon gar nix Mehrdeutiges, so wenig als bloß Triviales, wenn einer eins aufs Auge bekommt.
Da haben wir hier schon Schlichteres erlebt …

Bin gespannt aufs nächste Werk!

Gruß & schönes Wochenende vom

Friedel

 

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