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Kaputte Gelenke

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13.01.2012
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Kaputte Gelenke

Da ist ein Anwachsen der Wut, die von unten die Luft nach oben drückt bis zum Schrei, der an die geschlossenen Lippen drängt. Der Wunsch begann zu gären, erst leise, dann immer lauter. Er bricht aus, schwebt noch eine Weile, mächtiger werdend, durch die Luft, und dann.
Im Rücken, unsichtbar, begann der Aufstand, dehnte sich aus bis in die Magengegend als ausgiebiges, erregendes Gefühl, und wurde in der Hirngegend organisiert. Aus der Masse hervortretend zerriss die Wut den Schein.
Filterdurchbruchstellen von enormer Größe verharrten saugend am Netzwerk der Synapsen, dann schossen sie Utopia aus den Läufen von Maschinengewehren.
Es zerbrach die Gewalt. Die Glocke Demokratie wurde geschlagen.
Nabil, der in Al-Mansura in seinem Gewürzladen sitzt, sagt: "Jetzt brauchen wir Ruhe, dann wird alles gut." Dabei unterdrückt er Tränen beim Gedanken, dass er Frau und Kind verloren hat.
Ich sitze mit Nabil in seinem kleinen Geschäft, in das seit einigen Monaten kein Tourist mehr gekommen ist. Es duftet nach Thymian, trockenem Holz und frischen Oliven. Die Sonne steht im Zenit, es ist ein brütend heißer, fast windstiller Mittag, und nur gelegentlich wirbelt ein sanfter Luftzug vereinzelte Sandkörner zu einer Staubmasse auf. Ebenfalls anwesend ist der Puppendoktor, trägt stets Zylinder und Frack.
Wenn wir wie heute zusammensitzen, ein Kartenspiel auf dem runden, wackligen Tisch, gleitet manchmal ein sehnsuchtsvoller und nostalgisch-stolzer Blick in die Ferne zum Nil, wo wir damals viele Fracht- und Kreuzfahrtschiffe herannahen sahen. Heute ist da nichts. Nur ödes, weites Blau und surrende, schweigende Hitze, in der noch die Angriffe nachhallen.
Während Nabil und ich belanglos plaudern, bläst der Puppendoktor scheinbar unbeteiligt den Rauch einer Zigarre aus und nimmt einen großen Schluck Arak, konzentriert sich wieder aufs Spiel. Es ist Poker. Er ist ein recht guter Spieler.
Nabil ist kein so guter Spieler. Seine Mine verrät zu viel. Er merkt es selbst, räuspert sich dann, schenkt sich und uns nach oder erwähnt aus dem Nichts heraus eine Anekdote. Meist geht es dann um Marik, seinen jüngsten. Was Marik nun schon alles sagen kann. Dass Marik mit Sicherheit mal ein großer Fußballstar werden wird, so lebhaft wie er durchs Haus krabbelt. Dass er manchmal nach seiner Schwester fragt. Das auch.
Ich denke, Nabil ist sich seiner mittelmäßigen Pokerkunst bewusst, verbleibt dennoch optimistisch, so ist überhaupt sein Gemüt. "Brauchen nur etwas Ruhe," sagt er, "dann werden bald wieder dreihundertvierzig Schiffe über den Nil fahren und nicht bloß vierzig."
Der Puppendoktor gewinnt vermutlich meistens deshalb, weil er sich wirklich mit dem Kartenspiel befasst. Weniger mit der Politik oder Nabils Kleinstem. Er sagt, er habe jeden Tag genug damit zu tun, kaputte Gelenke zu reparieren. Ich bin zuversichtlich, dieses Spiel zu gewinnen. Ich lege einen Straight Flush auf den Tisch und warte ab, was passiert.

 

Hallo yleae,

erstmal eine allgemeinen Hinweis: Warte doch erstmal die Kommentare zu einer Geschichte ab, anstatt gleich mehrere einzustellen. Das wirkt leicht, als wäre dir Textarbeit nicht wichtig und du wolltest nur ein paar Meinungen abgreifen. Weniger ist hier mehr.

Da ist ein Anwachsen der Wut, die von unten die Luft nach oben drückt bis zum Schrei, der an die geschlossenen Lippen drängt
Statt doppeltem Relativsatz: "bis der Schrei an die geschlossenen Lippen drängt."

Der Wunsch begann zu gären, erst leise, dann immer lauter.
Das Bild finde ich schief. Gären ist, meines Wissens, ein ruhiger Vorgang, vorallem ein lautloser.

Allgemein zum ersten Absatz: Für mich kann der raus, deine Geschichte fängt erst danach an. Vorher ist alles abstrakt, danach wird es menschlich.

Ebenfalls anwesend ist der Puppendoktor, trägt stets Zylinder und Frack.
Ich mag den Puppendoktor.

Ich denke, Nabil ist sich seiner mittelmäßigen Pokerkunst bewusst
Das hast du eigentlich schon gesagt und auf solche Kürze wirken Wiederholungen recht auffällig.

Ich lege einen Straight Flush auf den Tisch und warte ab, was passiert.
Reine Geschmackssache, aber mir würde es besser gefallen, du schriebest nicht genau, was er hinlegt, sprich "Ich lege meine Karten ...".


Insgesamt: Du beschreibst Probleme Ägyptens nach der Revolution. Eine Hübsche Aufnahme von Stillstand und Erinnerung. Nett zu lesen. Für mehr, fehlt die Länge bzw. Tiefe. Aber gut zu lesen auf jeden Fall. Und für die Kürze hübsche Charaktere.

Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

danke für den Kommentar. Deine Anregungen würde ich alle aufnehmen, bis auf den Vorschlag, der die Einleitung betrifft. Das soll ja so ein wenig abstrus sein und ich weiß nicht, ob man schräge Bilder generell nicht benutzen "darf"? - Also in Bezug auf das "Gären".

"Für mehr, fehlt die Länge bzw. Tiefe."

Frage mich, was dieses "mehr" sein sollte...

Es kommt mir schon auf Textarbeit an. Habe andere Gründe, weshalb ich gleich mehrere Texte eingestellt habe. Würd mich freuen, wenn trotzdem gefeedbackt würde.

Gruß,y

 

Hallo nochmal.

Das soll ja so ein wenig abstrus sein und ich weiß nicht, ob man schräge Bilder generell nicht benutzen "darf"?
Einfach gesagt, du darfst alles. Ich sage dir nur, was ich sehe. Was du daraus machst, ist deinen Sache.:)

Frage mich, was dieses "mehr" sein sollte...
Das erreichen abgöttisch genialer Höhen des Literaturgenuss.
Wollte damit sagen, ist gehobenes Mittelmaß, aber nichts, was mich jetzt vom Hocker haut. (Hört sich jetzt wieder negativer an als gemeint.)

Würd mich freuen, wenn trotzdem gefeedbackt würde.
Der Anfang ist ja wohl gemacht.;)

Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo nochmal,

"das Erreichen abgöttisch genialer Höhen des Literaturgenuss."

Tja. In den Gefilden bewegte ich mich kaum in ein Forum, um mich über Relativsätze aufklären zu lassen ^^

"Einfach gesagt, du darfst alles. Ich sage dir nur, was ich sehe. Was du daraus machst, ist deinen Sache."

Schon klar. Und ich frage zurück, was ich mich frage. Schließlich hat man eine Meinung. Und für die Meinung meist eine Begründung und die ist meist interessanter als die Meinung. Oder so. Zumindest denk ich so. Und das ist ja auch interessant und wirklich eine Frage: Wie logisch/stimmig müssen Bilder sein? Ist nicht manchmal ein totales Abweichen von jeder Logik oder bildlichen Nachvollziehbarkeit interessant?

"Wollte damit sagen, ist gehobenes Mittelmaß, aber nichts, was mich jetzt vom Hocker haut. (Hört sich jetzt wieder negativer an als gemeint.)"

Mir irgendwie wirklich unsymphathisch ist der wertend vergleichende Aspekt dieser Aussage. Der ist ja auch nicht unbedingt nötig bei "Textarbeit".

Der Anfang ist gemacht, yep, thanks.

 

Hallo nochmal.

Und für die Meinung meist eine Begründung
In diesem Fall leider nicht. Ich kann dir nur sagen, für mich funktioniert das Bild so nicht wirklich - nicht so schlimm, dass ich rausfliege, aber wirklich gefallen will es mir auch nicht. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
Und ja, unlogische/surrealle Bilder können funktionieren. Aber ob der Einzelfall funktioniert, dafür gibt es keine Regel, da hilft nur ausprobieren und Meinungen abholen.

Mir irgendwie wirklich unsymphathisch ist der wertend vergleichende Aspekt dieser Aussage. Der ist ja auch nicht unbedingt nötig bei "Textarbeit".
Nötig nicht - werde demnach bei jetzt darauf verzichten.

Gruß,
Kew

 

Hallo yleae,

und Willkommen bei KG.de.

Der ganze Anfang liest sich schon mühsam, finde ich. Und bevor ich aus der Geschichte ausgestiegen bin, hast Du dann doch angefangen zu erzählen und da wurde es eigentlich ganz hübsch.

Da ist ein Anwachsen der Wut, die von unten die Luft nach oben drückt bis zum Schrei, der an die geschlossenen Lippen drängt. Der Wunsch begann zu gären, erst leise, dann immer lauter. Er bricht aus, schwebt noch eine Weile, mächtiger werdend, durch die Luft, und dann.
Im Rücken, unsichtbar, begann der Aufstand, dehnte sich aus bis in die Magengegend als ausgiebiges, erregendes Gefühl, und wurde in der Hirngegend organisiert. Aus der Masse hervortretend zerriss die Wut den Schein.
Filterdurchbruchstellen von enormer Größe verharrten saugend am Netzwerk der Synapsen, dann schossen sie Utopia aus den Läufen von Maschinengewehren.
Es zerbrach die Gewalt. Die Glocke Demokratie wurde geschlagen.
Nabil, der in Al-Mansura in seinem Gewürzladen sitzt, sagt: "Jetzt brauchen wir Ruhe, dann wird alles gut." Dabei unterdrückt er Tränen beim Gedanken, dass er Frau und Kind verloren hat.

Ganz ehrlich - ich würde drauf verzichten. Das ist weder stilistisch schön, noch irgendwie dazu geeignet die Leser mit den Figuren bekannt zu machen. Da kommt kein Interesse auf, da will doch keiner wissen, wie es weiter geht, weil man keine Beziehung zu irgendwas entwickeln kann - da hört man schon eher auf zu lesen. Das ist die Gefahr, die in solchen Anfängen steckt.

Der Wunsch begann zu gären, erst leise, dann immer lauter.

Es kann also laut gären? Ich kenne ein gemächliches Blub - aber laut?

Er bricht aus, schwebt noch eine Weile, mächtiger werdend, durch die Luft, und dann.

Und dann was? Der Satz ist unvollständig.

Filterdurchbruchstellen von enormer Größe verharrten saugend am Netzwerk der Synapsen,

Wie groß sind denn so Deine Synapsen, dass sie von enormer Größe Durchbruchstellen entwickeln können?

Also, hier will A, was B nicht kann - das funktioniert nicht, Bilder müssen in sich stimmig sein, sonst kauft der Leser sie nicht. Wenn sie nicht aufgehen, sind es schlicht Worthülsen.

Ich sitze mit Nabil in seinem kleinen Geschäft, in das seit einigen Monaten kein Tourist mehr gekommen ist. Es duftet nach Thymian, trockenem Holz und frischen Oliven.

Das ist ein guten Anfang. Hier bin ich eingestiegen in den Text, ab hier hat er mich zu interessieren begonnen. Aber die Bilder bleiben schief ;)

... nur gelegentlich wirbelt ein sanfter Luftzug vereinzelte Sandkörner zu einer Staubmasse auf.

Ein sanfter Luftzug, ja? Ein sanfter Luftzug wirbelt Staubmassen auf - oha.

Nur ödes, weites Blau und surrende, schweigende Hitze, in der noch die Angriffe nachhallen.

surrend oder schweigend?

Mal ab von den Bildern, ist mir diese Szene zu kurz. Hübsch, aber sehr kurz. Da hätte ich gern etwas mehr über die Drei, über ihr Leben vor und während der Unruhen erfahren. Und wie sie sich jetzt eben so fügen, in die neue Situation. Da ist der Konflikt, und den tust Du ja irgendwie nur benennen, aber nicht ausführen. Schade.

Beste Grüße Fliege

 

Okay, ich werd mir das merken und auf die Stimmigkeit von Bildern achten;-)

Danke und Gruß,
y

 
Zuletzt bearbeitet:

Okay, ich werd mir das merken und auf die Stimmigkeit von Bildern achten;-)

Bitte nicht!

Das soll ja so ein wenig abstrus sein und ich weiß nicht, ob man schräge Bilder generell nicht benutzen "darf"?

Du darfst das nicht nur, Du solltest es auch weiterhin tun. Ob Du in einem Forum wie diesem hier ankommst, sollte nicht das wichtigste Kriterium Deiner Entwicklung sein.

Wenn Du Dich darauf einlässt, was hier gedacht und gemeint wird, besteht die Géfahr, dass Du Dich an einem, gelegentlich sehr vom Mainstream beeinflussten "Standard" orientierst.

Das ist erlaubt, ich fände es aber schade, weil ich bei Dir Talent und erhebliches Können sehe. Mich würde es freuen, mehr von Dir zu lesen, aber schreib für Dich, nicht für mich oder andere.

Deine Sachen sind formell und stilistisch ungewöhnlich. Du schaffst mit wenigen Worten Bilder im Kopf, die andere in seitenlanger Schilderung nicht schaffen bei mir. Wenn Du das mal in Druck gibst, gib Bescheid- den ersten Käufer hast Du.

Was ich nicht so mochte:

Filterdurchbruchstellen von enormer Größe

Das enorme Größe dürfte ruhig wegbleiben, es wirkt hilflos. Du pusht da einen Eindruck, der ohnehin schon besteht bei mir. An der Stelle (es gab zwei drei andere) war ich traurig weil es mir so schien, als seist Du da unsicher gewesen. Es ist ein wenig ungelenk in der Formulierung, ein "riesiges Loch im Filter" wäre mir näher zum Beispiel.

 

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