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Jesus und Satan, die Versager
„Was, du hier?“ raunzte Jesus nicht eben erfreut. „Was hast du denn ausgerechnet hier zu suchen?“.
„Dasselbe könnte ich dich fragen“ dröhnte der Teufel. „Man stellt doch immer wieder fest wie klein die Welt ist! Wusste gar nicht dass du wieder drauf bist, hahaha! Spaß beiseite. Schon länger in der Stadt?“ fragte er neugierig.
„Hm, na ja, sozusagen“. Jesus starrte verlegen auf seine Sandalen. „So etwa ein halbes Jahr“ druckste er herum.
„Und, was treibst du so? Genauso erfolgreich wie ich?“ fragte Satan in einem selbstgefälligem Tonfall weiter.
„Na ja, im Moment arbeite ich als Programmierer für irgend so ne kleine Softwarefirma...“
Der Teufel unterbrach ihn mit dröhnendem Gelächter.
„Hahaha, hast du nichts besseres zu tun? Du kommst auf die Erde, um hier als Computerprogrammierer zu arbeiten?“
„Na und, irgendwie muss ich doch über die Runden kommen! Geld liegt schließlich heutzutage auch nicht mehr auf der Straße rum!“ meinte Jesus trotzig.
„Seit wann kannst du überhaupt Computer programmieren?“. Der Teufel schien sichtlich belustigt bei der Vorstellung, wie Jesus ratlos auf einer Tastatur hackte.
„Ich bin der Sohn Gottes, schon vergessen, du Idiot? Ich weiß alles!“ blaffte Jesus.
„Und wieso arbeitest du dann noch?“ hakte der Teufel nach.
„Verdammt, es geht dich zwar nichts an, aber falls es dir weiterhilft, ich war vier Monate lang zuerst in der Klapsmühle und dann im Knast, und seit ich da raus bin habe ich mir geschworen dass mir das nicht noch mal passiert!“
„In der Klapsmühle? Du???“ wieherte Satan. „Was zum Teufel hast du angestellt?“
„Na, was würdest du denn als Polizist machen, wenn auf der Straße ein Mann ohne Geld und Ausweis im Lendenschurz steht und brüllt ‚Lasset die Kindlein zu mir kommen’? Dazu kamen rumgammeln auf der Straße, nicht genehmigte Demo, und woher ich die 5000 Brote hatte konnte ich denen auch nicht erklären. Als ich ihnen auf der Wache erklärt habe was ihnen demnächst blüht wenn sie mich nicht gehen lassen haben sie mich in die Forensische Klinik nach Bonn eingeliefert. Ich konnte froh sein dass die mich als mindergefährlich eingestuft und mich bald wieder rausgelassen haben!“. Es war Jesus sichtlich unangenehm seine Erlebnisse zu berichten. „Aber jetzt verrat du mir gefälligst auch mal warum du so lange unerkannt hier rumlaufen konntest“ wollte er wissen.
„Na, schön wär’s“ grummelte Satan. „Wenn man drei Meter hoch ist und im Park Kinder anspricht hat man’s bei der Polizei auch nicht einfach. Dass ich ihnen erklärt habe ich wollte ihnen doch gar nichts tun sondern diese unschuldigen Seelen nur verführen hat mir auch nicht viel geholfen sondern mir ne Menge blaue Flecke eingebracht. Dass ich ihnen befohlen habe im Staub vor mir zu kriechen hat mir drei Wochen U-Haft eingebracht, und jetzt schlaf ich erst mal am Rhein hinter so nem Container bis ich was Richtiges gefunden habe...“ bei diesen Worten wurde er noch roter als man als Teufel eigentlich werden kann.
Jesus konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. "Weisst du was wir sind?" begann er mit einem irren Lachen. "Wir sind die totalen VErsager! Auf zwei solche Deppen wie uns hat die Welt grade noch gewartet! Ein Heini in Badelatschen und ein Ochse ohne Haare, die in Parks rumlaufen und Kinder anquatschen, zwei richtige Gammler und Schreihälse! Wen soll man mit so ner Affenshow heutzutage noch beeindrucken? Alles was wir damit erreichen ist im Knast oder auf der Straße zu landen!"
Der Teufel schluckte. "Unser Konzept ist gescheitert, glaub ich" resignierte er. "Die Leute sind weder in der Lage noch daran interessiert unser Programm zu verstehen! Ich habs satt, wenn du mich fragst, du kannst es ja gerne weiter versuchen, aber ich hau ab!"
Und mit einem stinkenden Rauchschwall verschwand er. Jesus stand noch eine Weile am Bahnhof herum, blinzelte in die Sonne und holte sich noch einen Döner "Er hat Recht, die Welt is auch nich mehr das was sie mal war" dachte Jesus sich und verschwand. Seitdem hat niemand mehr etwas von den beiden gehört.
[ 30.06.2002, 18:30: Beitrag editiert von: Edward Humm ]