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Instinkt

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10.07.2003
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Instinkt

Es hätte ein schöner, ruhiger Samstagnachmittag werden können. Vor dem Fenster tanzten die Schneeflocken und an den Bäumen wuchsen Eiszapfen, aber im Haus herrschte eine angenehme, schläfrigmachende Wärme, der voll aufgedrehten Heizung sei Dank. Als Melinda plötzlich angefangen hatte zu kreischen, wusste Owen, dass es mit dem geruhsamen Samstagnachmittag vorbei war. Er dachte zuerst, dass es endlich so weit sei, dass er jetzt gleich die gepackten Koffer aus dem Schlafzimmer holen und Melinda ins Krankenhaus fahren könnte, aber da hatte er sich wohl verfrüht Hoffnungen gemacht. Als er Sekunden später den Grund für Melindas Gekreische sah, wünschte er sich, sie hätte ihr Nachmittagsschläfchen gehalten und nicht gesehen welchen neuen Mitbewohner sie da hatten.

„Ich kann das nicht, verdammt noch mal, du meinst wohl mir ekelt es vor gar nichts, oder?“, empörte sich Owen und schaute seine Frau anklagend an.

Er fragte sich immer wieder, wie Melinda diese Tiere entdeckte. Sie schien manchmal in ihrer eigenen kleinen Welt zu leben, in der es nicht viel gab außer Modezeitschriften, den Fernseher und das Telefon. Wahrscheinlich würde sie es nicht mal bemerken, wenn vor ihrer Nase ein Ufo landen würde, aber wenn es um Kleinigkeiten ging wie eine Spinne oder einen Käfer, der sich in die Wohnung verirrt hatte....ja, DA hatte sie Augen wie ein Adler. Owen hatte nichts gegen Spinnen, okay, sie waren nicht gerade die Art von Tieren die er gerne anfassen würde, geschweige denn eine davon in seinen Schuhen oder in seiner Jacke vorfinden wollte, aber solange sie in sicherer Entfernung in einer Zimmerecke saßen interessierten sie ihn nicht. Nun gut, in diesem Fall war es natürlich schon ein wenig anders.

„Jetzt mach schon, bitte, schnell bevor sie hinter den Schrank krabbelt“, flüsterte Melinda, als hätte sie Angst die Spinne könnte sie hören und schnell das Weite suchen.

„Ja, ja, ist ja gut“, fasste sich Owen ein Herz. Was tut man nicht alles für seine Frau. Vor allem wenn sie hochschwanger war. Es war nicht gut wenn sie sich so aufregte. „Leg dich wieder hin, ich mach das schon, okay Schatz?“, sagte er einfühlsam und führte sie zurück zur Couch. Das Baby konnte jederzeit kommen, der Arzt meinte, dass es maximal noch sieben Tage dauern würde, es aber auch schon in 48 Stunden so weit sein könnte, je nachdem wie eilig es das Baby habe aus seiner Mutter herauszupurzeln. Ihr Bauch war so dick das es aussah als hätte sie einen Medizinball unter ihr Nachthemd gestopft und auch sonst gab es einige weniger schöne Dinge an einer schwangeren Frau, dennoch war Owen geduldig und tat sein Bestes um sie zu unterstützen und ihr Mut zuzusprechen. Es war ihrer beiden erstes Kind und Owen bereute seine Entscheidung Vater zu werden keine Sekunde lang. Im Gegenteil, er freute sich fast mehr als seine Frau auf das Kind, was wahrscheinlich auch daran lag, dass er mit der Entbindung wenig zu tun hatte und keine Wehen ertragen musste.

„Wir haben doch dieses Spray im Badezimmer, schau mal ob du es findest“, sagte Melinda.

„Du meinst diese chemische Keule? Nein, das wird hier drinnen auf keinen Fall benutzt, ich lass nicht irgendwelche Gifte an deinen Körper, klar?“, erwiderte Owen und ging zurück zu dem Blumenstock, aus dem die Spinne anscheinend gekrochen war.

„Woher ist dieser Stock hier, sagtest du?“ Es war ein ganz normaler Blumenstock, eine Art Palme. Bestimmt gab es einen Fachbegriff dafür, aber Owen interessierte sich nicht für so etwas.

„Was weiß ich, Afrika oder so, keine Ahnung, ist mir auch scheißegal, ich will nur das dieses Vieh endlich weg ist, okay?“. Ihr schönes aber normalerweise sehr bleiches Gesicht war stark gerötet und sie schien jetzt ernsthaft sauer zu sein. Die Spinne saß noch immer dort wo Melinda sie entdeckt hatte, zusammengekauert in einer Ecke des Wohnzimmers, anscheinend wusste sie, dass sie in der Falle saß. Langsam und vorsichtig näherte sich Owen, ein gewisser Sicherheitsabstand konnte bestimmt nicht schaden. Außerdem brauchte er gar nicht allzu nahe hingehen, das Tier war auch aus zwei Metern Abstand noch sehr gut zu erkennen. Er hatte so was noch nie gesehen, das heißt mit Ausnahme vom Fernsehen, in irgendwelchen Reportagen und auch im Zoo. Nur waren sie dort hinter bruchsicherem Glas eingesperrt und hockten nicht direkt vor deinen Füßen, wo sie dir jederzeit das Hosenbein hinaufkrabbeln können.

Die Spinne war ungefähr so groß wie ein Handteller, so groß wie sein Handteller und Owen hatte sehr große Hände. Die Hände eines Basketballspielers wie Melinda immer sagte. Jedes der acht Beine war ungefähr so dick wie ein kleiner Finger und so behaart wie eine Katze. Fast hätte Owen geglaubt, dass dieses Tier, das unmöglich in seiner Wohnung sein konnte, schließlich leben solche Tiere im Urwald und nicht mitten in der Großstadt, nichtwahr, dass dieses Tier ein übler Streich Melindas sei, nur eine Gummispinne, ein Scherzartikel den man zu Halloween an die Decke hängt, als das Tier anfing sich zu bewegen, und es war schnell, oh ja, es war sogar SEHR schnell. „Shit“, schrie Owen erschrocken auf, als die Spinne einen Satz auf ihn zumachte, als wolle es ihn anfallen. Die Beine des Tiers verursachten sogar Geräusche auf dem Linoleumboden, ein leises Tapsen, wie von einer Maus. Die Strecke zwischen ihnen hatte sich von zwei Metern auf gerade mal dreißig Zentimeter verkleinert und jetzt saß sie einfach wieder nur da, saß da und schien auf eine Reaktion von Owen zu warten. Er sah, dass ihr fetter Körper pulsierte, sich hob und senkte wie ein schlagendes Herz. Und er konnte doch tatsächlich die Augen dieses Tieres sehen, jedes so groß wie ein Stecknadelkopf und so schwarz wie die Knopfaugen eines Teddybären. Er mochte es sich einbilden, aber er hatte das Gefühl das diese Augen ihn anblinzelten, als wollte die Spinne sagen „warum setzt ihr euch nicht wieder und vergeßt einfach, dass ich hier bin?“.

„Owen, verdammt noch mal, tritt drauf, oder schnapp dir eine Zeitung und erschlag sie, bevor sie noch näher an mich rankommt“. Melinda saß mit hochgezogen Beinen, so gut das mit ihrem Bauch ging, auf der Couch und war anscheinend knapp davor die Nerven zu verlieren.

Wie heißen dieses Tiere eigentlich, fragte sich Owen. Vogelspinne, Tarantel? Er kannte sich mit solchen Sachen zu wenig aus um die Spinne einordnen zu können, mit Sicherheit aber war sie gefährlich. Eine Spinne die so groß war musste einfach gefährlich sein. Giftig, ja, das war sie bestimmt, hochgiftig, wahrscheinlich würde ein Biss von ihr mich innerhalb von ein paar Stunden töten. Melinda sagte, das Ding sei aus dem Blumenstock gekrochen. Owen hatte den Stock vorige Woche auf dem Nachhauseweg gekauft um ihr eine Freude zu machen. Melinda liebte Blumen und Pflanzen, man konnte ihr nie genug davon schenken. Natürlich war es ihm aufgefallen, dass der Stock sich manchmal bewegt hatte, ein leichtes Schaukeln der Blätter, aber er hatte es immer für einen Luftzug gehalten und dem nicht weiter Beachtung geschenkt. Okay, genug jetzt, das war immer noch sein Samstagnachmittag, er konnte dieses Insekt jetzt schnell erledigen und sich dann wieder auf die Couch kuscheln und den Sportteil der Zeitung lesen.

Er sah sich nach irgendetwas Brauchbarem um, entweder etwas mit dem er das Tier erschlagen konnte, oder etwas mit dem er das Tier einfangen und DANN erschlagen konnte. Der Aschenbecher auf dem Wohnzimmertisch ist nah genug um ihn zu nehmen ohne mich bewegen zu müssen, dachte er erfreut, enttäuschte sich dann aber selbst, als ihm klar wurde, dass diese Spinne zu groß war um unter den Aschenbecher zu passen. Ihr Körper würde vielleicht darunter passen, aber nicht die haarigen Beine. Außerdem könnte sie mit ihren Beinen durch eine der Ausbuchtungen stochern und dich berühren, kreischte sein Verstand fast vor Ekel.

„Melinda? Würdest du mir bitte deinen Joghurtbecher geben?“, versuchte er in ruhigem Tonfall zu fragen. Es gelang ihm jedoch nicht ganz und er war selbst erschrocken wie ängstlich sich seine Stimme anhörte. Verdammt, das ist doch nur eine Spinne, schalt er sich selbst. Ja, aber keine gewöhnliche, warf ein anderer Teil seines Verstandes ein. Wortlos reichte Melinda ihm den Becher, oder eher gesagt den Eimer, denn der Joghurtbecher war so groß wie der Sandeimer eines Kindes. Familienpackung, stand darauf. Er nahm den Löffel aus dem leeren Becher und näherte sich der Spinne. Sie hatte sich seit ihrem kurzen Spaziergang nicht mehr bewegt, nur ihr Leib pulsierte und pumpte das Blut durch den Körper. Und das Gift, hörst du, ihr Körper ist voller Gift. Nicht auf seinen wimmernden Verstand achtend machte er noch einen kleinen Schritt auf sie zu. Er war jetzt nah genug um den Becher über die Spinne zu stülpen. Er bückte sich, hatte den Eimer bereits in Position über der Spinne, wenn sie jetzt springt, trifft sie dich genau im Gesicht!!! Aber sie sprang nicht, sie blieb einfach sitzen und glotzte Owen aus ihren schwarzen Augen an. Der Becher war über ihr, es war geschafft. „Geschafft!!“, jubelte Owen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Na endlich. Jetzt schaff dieses eklige Ding bitte hier raus, okay?“. Auch Melinda schien sehr erleichtert zu sein, obwohl sie diesen Horror eben gar nicht durchmachen mußte, ärgerte sich Owen. Die Spinne bewegte sich. Er konnte ihren Schatten durch den Becher hindurch sehen. Sie bewegte sich nicht nur, nein, sie schien zu toben und zu springen wie ein eingesperrter Schimpanse. Plötzlich schlitterte der Becher über den glatten Boden. Dieses Miststück schafft es tatsächlich samt diesem Becher zu laufen, wie eine Schildkröte in ihrem Panzer, dachte Owen erschrocken. Bevor sie den Teppich erreichen (und damit vielleicht den Becher umschmeißen und sein Hosenbein raufkrabbeln konnte) stellte er einen Fuß darauf.

„Schaffst du sie jetzt bitte raus?“ nörgelte Melinda gelangweilt. Für SIE war die Sache erledigt. Spinne gefangen, alles wieder gut. Sie hatte das Tier anscheinend nicht näher betrachtet und nicht bemerkt wie groß das Ding in Wirklichkeit war. Außerdem war es kein Weberknecht, sondern eine Tarantel. Ja, Tarantel oder Vogelspinne, irgend so was. „Meinst du ich will sie mir als Haustier halten?“ fuhr Owen sie an. Seine Nerven waren wirklich am Ende, er schwitzte, mußte dringend auf die Toilette und sein ganzer Körper juckte, so wie es einen nun mal juckt wenn man mit ekligen Insekten zu tun hatte. Er war keine 16 mehr, sein Job war es, den Leuten Lebensversicherungen zu verkaufen und seine Vorstellung von Nervenkitzel bestand darin, nicht zu wissen was es abends zum Essen gab und nicht sich als Großwildjäger zu betätigen.

„Meinst du wir sollten jemanden anrufen, die Leute vom Zoo vielleicht, damit sie das Ding abholen?“, fragte er Melinda, obwohl er die Antwort schon kannte.

„Bist du verrückt? Ich bekomme ein Baby, Owen. Und ich will das Haus nicht voll fremder Leute haben. Jetzt hol das Spray und Schluss damit.“

Vermutlich hatte sie Recht. Im Grunde war es doch nur eine Spinne, ein riesiges Prachtexemplar einer Spinne, das sich nur zufällig den Blumenstock als Nistplatz ausgesucht hat, den Owen gekauft hatte. Irgendwie hatte er sogar Mitleid mit dem Tier, das jetzt gefangen in einem Joghurtbecher saß, dort wo es eigentlich gar nicht hingehörte, anstatt irgendwo in Afrika in einer Bananenpalme zu hocken. Er hatte ein gewisses Interesse entwickelt, schließlich hatte man nicht jeden Tag so etwas in seinem Wohnzimmer, oder? Trotzdem hatte er diese stecknadelkopfgroßen Augen nicht vergessen, die ihn böse anzufunkeln schienen. Das Telefon klingelte. Vermutlich war es Melindas Mutter, die sich nach dem Zustand ihrer Tochter und ihres zukünftigen Enkels erkundigen wollte.

„Hey“, sagte sie sanft, „das hast du gut gemacht“ und lächelte ihn mit ihren geröteten Wangen an, bevor sie nach dem Telefon tastete, das griffbereit auf dem Wohnzimmertisch neben der Couch lag. Immer noch nervös und sich selbst kratzend lächelte er matt zurück und starrte dann wieder auf den Schatten unter dem Joghurtbecher. „Ma? Du weißt gar nicht was hier gerade los war. Ich schaue gera...“.

Owen verfolgte nicht länger das Telefongespräch, sondern überlegte wie er die Spinne am Besten wegschaffen könnte. Das Spray kam nicht in Frage, es war eins von den billigen, nicht mal der Hersteller stand darauf, nur „Insektenspray, vernichtet jedes Insekt in Sekunden“ und Owen wollte lieber nicht wissen aus welchen Giftstoffen es bestand. „Und wenn du sie einfach mit deinem Fuß zermanscht? Einfach auf sie drauftrampelst und dir vorstellst es sei nur eine Zigarette die du da austrittst?“, versuchte der mutige Teil in ihm ihn zu überreden. Sie wäre zu schnell, würde mir das Bein hochklettern und mir ihre kleinen Beißerchen reinrammen noch bevor ich sie abschütteln könnte.

Als er so dastand und ratlos seinen Blick durch den Raum schweifen ließ, fiel sein Blick auch aus dem Fenster und erleichtert lächelte er. Kein Spray, keine Schuhe an denen eine zermatschte Spinne klebte. Es ging viel einfacher. Es war Februar, es hatte den ganzen Tag über geschneit und auch wenn man nicht gleich Frostbeulen bekam, so hatte es doch mindestens fünf Grad Minus, genug um eine Spinne (die sicher das tropische Klima des Urwalds bevorzugte) in einen Eisklumpen zu verwandeln. Er würde sie einfach samt ihrem Joghurtbecher raus ins Freie verfrachten und morgen würde sie Spinne am Stiel sein. Fast so als hätte sie seine Gedanken lesen können, begann die Spinne wieder, unruhig wie ein Tiger im Käfig, in ihrem Gefängnis herumzukrabbeln. Immer noch mit einem Fuß auf dem Becher beugte sich Owen mit dem Oberkörper ein bisschen zur Seite, und ja, tatsächlich, er erreichte mit einer Hand den Kalender der an der Wand hing. Es war ein Kalender mit Hundemotiven und im Februar lächelte ihm ein Bernhardinerwelpe entgegen. Er riß den Pappdeckel der Rückseite herunter, so hatte er etwas, das er unter den Becher schieben und ihn dann gefahrlos (samt Boris the Spider) auf die Terrasse verfrachten konnte. Nervös leckte er sich über die Lippe und ging dann in die Hocke um seinen Plan in die Tat umzusetzen. Den Fuß hatte er vom Becher genommen und preßte nun seine Hand dagegen. Du mußt den Joghurtbecher nur ein ganz klein wenig hochheben, den Pappdeckel darunter schieben und schon hast du das Biest, dachte er. Bevor der feige Teil seiner Persönlichkeit (derselbe Teil der ihn dazu brachte rückwärts aus dem Keller zu gehen, aus Angst jemand könnte dort im Dunkeln hinter der Tür lauern und ihn zurück in den düsteren Kellerraum ziehen) wieder die Oberhand ergreifen konnte, nahm er seinen Mut zusammen, überwand seinen Ekel so gut es ging und hob den Plastikbecher ein klein wenig an, gerade soweit das man ein Blatt Papier (oder ein Stück Pappe) darunterschieben konnte. Doch die Spinne bewegte sich keinen Millimeter. Bevor sie auch nur versuchen konnte durch den kleinen Spalt zu schlüpfen, hatte Owen schon den Pappdeckel daruntergeschoben, und wieder seine Hand auf den Becher gepresst. Verdammt, er hatte richtige Schweißperlen auf der Stirn und seine Knie fühlten sich an als wären sie aus Wackelpudding, aber er war ein Held. Wer konnte schon von sich behaupten eine ausgewachsene Vogelspinne (Tarantel?) gefangen zu haben? Als er sich zuletzt so mutig, so frei und so.....lebendig gefühlt hatte, war während ihrer Flitterwochen als Melinda ihn zu einem Bungie-Jump überredet hatte. Allerdings lag das auch schon knappe elf Jahre zurück.

Seine Frau telefonierte immer noch und hatte von seinem kleinen Nervenkitzel, den er sich gerade selbst versetzt hatte, nichts mitbekommen. Sachte hob er den Becher samt seinem schaurigen Inhalt hoch und öffnete die Terrassentür. Sofort wehte ihm der kalte Februarwind entgegen und verschaffte seiner schwitzenden Stirn eine wohltuende Abkühlung. Die Schneeflocken tanzten noch immer ihren Walzer und einige verirrten sich auch in das Wohnzimmer, deshalb machte er nur einen schnellen Schritt raus auf die Terrasse (die leer war, denn die Gartenmöbel würden dort erst wohl wieder in drei Monaten stehen) und stellte den Becher auf dem von Eis überzogenen Boden ab. Die Spinne hatte ihren kleinen Standortwechsel anscheinend nicht bemerkt, denn sie hatte sich weder bewegt, noch hatte sie wieder angefangen wie ein Gummiball in ihrem Behälter auf und ab zu springen. Vielleicht ist sie in einer Art Starre, der Schock vielleicht. Er würde einfach morgen noch mal nachsehen und ihren erfrorenen Körper in der Biotonne entsorgen. Das war wohl das Beste.

„Owen?“. Melinda hatte aufgehört zu telefonieren. „Komme schon“. Er ging wieder zurück in das einladend warme Wohnzimmer und schloss dann die Terrassentür hinter sich. Er warf noch einen letzten Blick auf den Joghurtbecher, der jetzt ein Spinnenterrarium war und einen Augenblick, ja nur einen kleinen Augenblick dachte er die schwarzen, stecknadelkopfgroßen Augen der Spinne unter dem Becher hervorlugen zu sehen. Er blinzelte kurz, doch der Becher stand ganz genauso wie er ihn abgestellt hatte.

„Ist sie tot?“, fragte Melinda gutgelaunt. Die schwarzen, böse funkelnden Augen, die kurz hervorzublinzeln schienen, als wollte sie schauen ob die Luft rein ist. „Ja, das ist sie. Kann keiner Fliege mehr was zu Leide tun“, sagte er und grinste über seinen eigenen kleinen Scherz.

Schon lange bevor Owen wieder mit seiner Samstagszeitung auf der Couch, neben seiner schwangeren Frau, lag und den Sportteil studierte, hatte sich die Spinne aus ihrem Gefängnis befreit. Es war ihr leicht gefallen mit einem ihrer Beine unter den Becherrand zu stochern und sich herauszuwinden. Die Terrasse war leer und bot keine guten Schlupfwinkel, abgesehen von einer alten Plastikplane die Owen normalerweise benutzte, um im Sommer den Grill abzudecken. Er hatte sich schon lange vorgenommen die angetrockneten Vogelhaufen mit dem Gartenschlauch abzuspritzen, hatte es jedoch ein ums andere Mal vergessen.

Diese Nacht schlief Owen sehr unruhig, er wälzte sich von einer Seite auf die andere und hätte er sich selbst im Schlaf beobachten können, hätte er gehört wie er leise „Bananenpalmen, sie leben in Bananenpalmen“ vor sich hin murmelte. Und während er im Traum vor einem riesigen Schatten flüchtete und im Dunkel seines Traumes nur rot glühende Augen vor sich sah, hatte die Spinne einen neuen Nistplatz gefunden. Das Fenster in ihrem Schlafzimmer war immer gekippt. Egal wie kalt es draußen war. Owen wusste nicht, ob Melinda sich dies einbildete oder es der Wahrheit entsprach, aber sie sagte immer, sie bekäme keine Luft, wenn das Fenster geschlossen war. Er hatte seinen Alptraum überstanden und drehte sich noch mal leise schnarchend auf die andere Seite, dennoch bemerkte er die Spinne nicht, die durch das Fenster und mittlerweile auf ihr Bett (das direkt unter dem Fenster stand) gekrabbelt war. Owen hatte nur teilweise Recht gehabt. Sie war tatsächlich eine Tarantel, jedoch lebte sie nicht in einer Bananenpalme, sondern liebte es, sich in kleinen Löchern im Boden zu verbuddeln, wo sie die Wärme des Erdbodens spüren konnte. Hier in diesem ziemlich kalten Schlafzimmer fehlte ihr jedoch ein Platz zum eingraben und so folgte sie dem Instinkt eines Tieres und suchte sich das, was einem warmen Loch im Boden am nahesten kam.

Melinda schlief schon immer mit halbgeöffnetem Mund. Owen hatte (wenn er noch ein Buch las und sie schon schlief) schon oft darüber lächeln müssen. Und vielleicht stimmte es ja sogar, dass sie durch die Nase schlecht atmen konnte. Die Spinne war schnell und stoppte nur einmal kurz, als Melinda mit dem Mundwinkel zuckte, weil eines der Beine ihre Nase kitzelte.

Es war 6.32 Uhr als Owen geweckt wurde. Melinda klopfte ihm energisch auf die Schulter und schien starke Schmerzen zu haben, ihrem verzerrtem Gesicht nach zu urteilen.

„Ich glaube es ist soweit“, presste sie durch die zusammengebissenen Zähne.

„Das Baby?“, fragte er noch schlaftrunken. Sie nickte nur stumm und schon war Owen hellwach. Sie waren diese Situation in der Theorie schon tausendmal durchgegangen und er hatte vor, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Die Alpträume der vergangenen Nacht waren längst vergessen und zehn Minuten später saß er am Steuer seines Wagens, Melinda auf der Rückbank. „Beeil dich bitte, ich glaube es kommt jede Minute“, keuchte sie. „Ruhig ein- und ausatmen, wir schaffen das schon“, sagte er ernst, konnte es innerlich aber kaum erwarten. Mein Sohn, ich werde heute noch meinen Sohn in den Armen halten, jubellierte er innerlich.

Nur eine Stunde später war der große Augenblick gekommen, auf den sie beide so lange warten mussten. Er hatte kurz überlegt, ob er noch mal nach Hause fahren und seine Videokamera holen sollte, sich es dann aber anders überlegt, als die Wehen im Abstand von fünf Minuten kamen. Der Arzt war bereits bei ihr und befahl ihr ruhig zu atmen und zu pressen. Ruhig atmen UND pressen? Owen konnte sich beim Besten Willen nicht vorstellen wie das funktionieren sollte. Melindas Gesicht hatte mittlerweile die dunkelrote Farbe eines Dachziegels angenommen und wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte er gesagt sie sähe aus wie jemand der da ein ganz großes Geschäft verrichtete. „Pressen, pressen, immer weiter pressen. Gleich haben wir es geschafft.“ Der Arzt war zwischen Melindas Schenkeln gebückt und sah aus wie eine Katze die vor einem Mauseloch lauerte. „Sie sind sehr tapfer, Melinda und wissen sie was.....da kommt er auch schon. Ich kann den Kopf bereits sehen. Jetzt ganz fest pressen, nehmen sie ihre ganze Kraft zusammen.“

Und tatsächlich, der Kopf war schon halb heraußen. Aber Moment, irgendwas sah falsch daran aus, soviel Blut und soviel.....Haare? Konnten das Haare sein?

Melinda schrie ein letztes Mal laut auf und Owen wusste nicht, ob er es sich einbildete oder ob er wirklich ein Plopp hörte, wie ein Korken der aus einer Flasche geschütteltem Champagner schoss. Das Baby, sein Baby, flutschte heraus und direkt in die Arme des Arztes, die Nabelschnur hing wie ein Stück lang gezogener Kaugummi zwischen Melinda und dem Kind. Haare, das konnten doch noch keine Haare sein, dachte Owen verwirrt. Und noch bevor jemand anderes es sah, wusste Owen um was es sich handelte. Er trat ein Stück näher heran, merkte nicht das der Arzt mit einem lauten, entsetzen Aufschrei seinen toten Sohn fallen ließ. Er merkte auch nicht, dass die assistierende Schwester sich kreischend die Hand vor den Mund hielt und Melinda immer wieder „was ist los, was ist mit meinem Baby“, stammelte. Das einzige das er noch sah, bevor er sich über seinen weißen Kittel erbrach und ihm schwarz vor Augen wurde, war die Spinne, die sich an dem Gesicht seines Sohnes festgesaugt, festgebissen hatte. Wie eines dieser Aliens aus dem Film, dachte er fassungslos. Ihr Körper pulsierte noch immer und schwarze, stecknadelkopfgroße Augen funkelten ihm von dort entgegen wo das Gesicht seines Babys hätte sein sollen.

 

Hallo!

Ich weiß, ich weiß, man sollte seine Geschichte nicht "verteidigen", bevor sie überhaupt jemand anders gelesen hat, aber in diesem Fall bleibt mir leider nichts anderes übrig.

Ich habe "Instinkt" im Oktober 2002 geschrieben, zu dieser Zeit wusste ich noch gar nichts von Kurgeschichten.de

Vor ein paar Tagen hab ich hier jedoch irgendwas von einer Geschichte (oder Buch?) "Die Spinne aus der Yucca-Palme" gelesen. Ich schwöre bei allem was mir heilig ist (meine Bücher und meine Beatles-Sammlung), daß ich dieses Buch oder diese Geschichte noch nie gelesen bzw etwas davon gehört habe! Nicht das hier der Vorwurf von wegen Plagiat oder so kommt ;-)

Auf die Idee zu "Instinkt" bin ich durch einen Artikel in irgendeiner Zeitschrift gekommen, wo es hieß, daß jeder Mensch pro Jahr ca. 15 Spinnen im Schlaf unabsichtlich verschluckt. Mir ist schlecht geworden bei dem Gedanken, aber gleichzeitig kam mir auch diese Idee.

Okay, das war's. Jetzt könnt ihr genüsslich über die Story herfallen und sie in ihre Einzelteile zerfetzen :-)

Gruß
Mike

 

Hi Mike!

Schön, dass Du Dich jetzt (nach king.de) auch in dieses Forum verirrt hast. ;-)

Zu Deiner Geschichte: Sprachlich solide und schön flüssig zu lesen, inhaltlich eher Durchschnitt. Die Wertung "Durchschnitt" liegt an der Vorhersehbarkeit, denn wie Du bereits in Deinem Nachwort angemerkt hast gibt es die allseits bekannte "Urban Legend" von der Spinne in der Yucca-Palme und wer die kennt, der wird von Deiner Story kaum überrascht sein. Dass Du diese Legende nicht kennst glaub ich Dir (so wie bei mir und "Darkness Falls" ;-), es ist ja leicht auf so eine eklige Idee zu kommen. Ein Freund meines Bruders hat vor Jahren mal erzählt, dass man pro Jahr vier Spinnen verschlucke - schon das fand ich furchtbar und jetzt sollen es sogar 15 sein? :sick:

Der Stil ist gut, allerdings fielen mir mehrmals überlange Sätze auf, die man locker unterteilen könnte. Sie waren zwar fehlerfrei, aber bei zu langen Konstruktionen leidet die Aufmerksamkeit des Lesers ... mich hat's ein bisschen gestört, vielleicht ist da bei anderen nicht so. Aus

Owen hatte nichts gegen Spinnen, okay, sie waren nicht gerade die Art von Tieren die er gerne anfassen würde, geschweige denn eine davon in seinen Schuhen oder in seiner Jacke vorfinden wollte, aber solange sie in sicherer Entfernung in einer Zimmerecke saßen interessierten sie ihn nicht.
würde ich z.B. mindestens zwei Sätze machen und mit dem "Okay" einen neuen beginnen.
Zweimal sind mir das/dass-Fehler aufgefallen:
Er dachte zuerst dass es endlich so weit sei, dass er jetzt
Ihr Bauch war so dick dass es aussah als hätte
Allerdings lag das auch schon knappe 11 Jahre zurück.
Der besseren Lesbarkeit würde ich niedrige Zahlen ausschreiben, ebenso wie hier:
deshalb machte er nur einen schnellen Schritt raus auf die Terrasse (die leer war, denn die Gartenmöbel würden dort erst wohl wieder in 3 Monaten stehen)
Hier finde ich außerdem, den Nachsatz in der Klammer überflüssig. Ob sich Gartenmöbel auf der Terrasse befinden oder nicht ist doch für die Geschichte ohne Belang, oder?
Nur waren sie dort hinter bruchsicherem Glas eingesperrt und hockten nicht direkt vor deinen Füßen, wo sie dir jederzeit das Hosenbein hinaufkrabbeln können, dachte er schockiert.
"Schockiert" finde ich hier eher unpassend. Damit verbinde ich etwas plötzliches, das denjenigen trifft, aber er betrachtet die Spinne ja schon eine Weile, als er das denkt. Treffender fände ich wenn er "mulmige Gefühle" hat, oder irgendsoetwas in der Art.

Trotz der Kritik betone ich nochmal, dass ich die Story gut finde - es ist halt Pech, dass ich vornerein damit gerechnet habe, dass die Spinne sich "rächen"und es in einem Zusammenhang mit der schwangeren Frau stehen wird. Das war einfach vorauszusehen.
Aber trotzdem hat es Spaß gemacht, sie zu lesen.

Ginny

 

Hach,
ich liebe diese klassischen Ideen bei Horrorstorys. Vom Stil her (und auch insgesamt) hat mir diese Story deutlich besser gefallen als die "Abschlussfeier".

...und seine Vorstellung von Nervenkitzel bestand darin, nicht zu wissen was es abends zum Essen gab und nicht sich als Großwildjäger zu betätigen.

Weiss nicht genau warum, aber den Satz fand ich irgendwie witzig.


Insgesamt hast du echt eine gute, flüssige Schreibe. Der Ausgang der Geschichte ließ sich zwar erahnen (obwohl ich zuerst dachte, seine Frau würde jetzt eine Riesenspinne zur Welt bringen, was sich aber gottseidank nicht bewahrheitete), aber das ist schon okay. Muss ja nicht immer eine Überraschung am Schluss stehen.

Mich würde allerdings auch einmal etwas neues von dir interessieren. Du erwähnst immer, wie alt deine Geschichten schon sind. Schreibst du jetzt nichts mehr?


Viele Grüße

Cerberus

 

Hallo zusammen,

Wie immer vorab die Danksagungen, diesmal herzliches Dankeschön an Ginny und Cerberus. Übrigens Ginny: ja, ich hab meine Aktivitäten jetzt auf KG.de verlagert. Hier kann man sich einfach besser austoben und man ist unter "Gleichgesinnten". King.de wird ja nur am Rande von Hobbyautoren benutzt.

Zur Sache mit der Vorhersehbarkeit: ich setze es mir nicht unbedingt immer als Ziel, den Leser am Ende eine Überraschung aufdrücken zu müssen. Wenn es sich im Laufe der Geschichte so entwickelt, dann ist das schön und überrascht mich selbst oft am meisten. Muß aber nicht sein. Bei "Instinkt" war ja vorher schon klar (und auch beabsichtigt) was passieren wird. Der Leser sollte sich eigentlich mehr ekeln als erschrecken...und vielleicht ab sofort vor dem Schlafengehen nach Spinnen Ausschau halten. Hoffe dies ist mir teilweise gelungen.

Und das es sowas schon mal gibt...Pech, aber nicht tragisch, da ich keinen großen Wert auf diese Story lege.

Zur Frage von dir, Cerberus:
Natürlich schreibe ich immer noch wie ein Besessener. Aus einer Art "Selbstschutz" stell ich aber erstmal ein paar ältere Storys hier rein. Erhalte ich darauf schon vernichtende Kritiken, wäre dies ein guter Grund meinen Schreibstil zu überdenken.

Wie ich bei King.de schon im Forum geschrieben habe:

Ein Zauberer zeigt seine besten Tricks schließlich auch erst zum Schluß, deshalb könnt ihr mit noch mehr Storys von mir rechnen. :-)

Eure Meinungen sind mir sehr wichtig, deshalb spart nicht mit Kritik. Vorallem interessiert mich eure Meinung zum Aufbau und zum Schreibstil meiner Storys.

Ideen kann man viele verbraten, an denen sollte es nicht scheitern. Aber wenn der Schreibstil schon schlecht (milde ausgedrückt) ist, dann wird es schwer...

Wenn mir zum Beispiel jemand sagt, daß ich es in keiner Story schaffe, glaubwürdige Charaktere zu kreieren, dann sollte einem das zu denken geben.

Deshalb bin ich ganz versessen auf viele Meinungen von unterschiedlichen Usern :-)

Dank und Gruß
Mike

 

Hallo Mike,

pfui ich hasse Spinnen. Ich fand die Story gut, flüssig zu lesen.
Das die Spinne am Schluß auf dem Gesicht des Babys sitzt finde ich genial.
Bildliche Vorstellungen sind Dir hervorragend gelunge.

Nur eins hat mich gestört: das die Spinne, bevor sie in Melinda`s Mund ging, nicht dem Mann noch eine gewischt hat. :)

Gruß Christine

 

Hi Christine!

Danke für die Blumen! Rein technisch funktioniert das gar nicht, mit der Spinne und dem Baby (glaub ich zumindest), aber da ist mir nichts besseres eingefallen.

Hm ... langsam hab ich da eine Theorie über dich, wenn ich mir deine Geschichten und deine Kommentare ansehe *g* kann es sein, daß du ein klitzekleines bisschen männerfeindlich bist? Ständig willst du die Männer leiden sehen und alle sind megaböse *ggg*

Nicht ernst nehmen, war nur ein kleiner Scherz und noch dazu offtopic.

Viele Grüße
Mike

 

Die Geschichte hat mir sehr gefallen,naja wie gesagt nur schade das die Spannung ein wenig genommen wurde,dadurch das mann sich denken konnte was passiert.

aber auf jeden fall eine überdurchschnittlich gute kg die sich flott und angenehm lesen lässt!

 

Tag, Mike!

Schon wieder ne Geschichte, in der ein Kind stirbt – Mann, hab ich heute n Scheißtag.

Zitat:
»Er fragte sich immer wieder, wie Melinda diese Tiere entdeckte. Sie schien manchmal in ihrer eigenen kleinen Welt zu leben, in der es nicht viel gab außer Modezeitschriften, den Fernseher und das Telefon, und wahrscheinlich würde sie es nicht mal bemerken, wenn vor ihrer Nase ein Ufo landen würde, aber wenn es um Kleinigkeiten ging wie eine Spinne oder einen Käfer, der sich in die Wohnung verirrt hatte....ja, DA hatte sie Augen wie ein Adler. «

Sehr gut beobachtet!

Zitat:
»Es war ihrer beiden erstes Kind und Owen bereute seine Entscheidung Vater zu werden keine Sekunde lang. Im Gegenteil, er freute sich fast mehr als seine Frau auf das Kind, was wahrscheinlich auch daran lag, dass er mit der Entbindung wenig zu tun hatte und keine Wehen zu ertragen hatte.«
Nochmals – sehr gut! Stimmt ja auch....

Zitat:
»Jedes der acht Beine war ungefähr so dick wie ein kleiner Finger und so behaart wie eine Katze.«
Gute Beschreibung.

Zitat:» Er würde sie einfach samt ihrem Joghurtbecher raus ins Freie verfrachten und morgen würde sie Spinne am Stiel sein.«
Astrein!

Überhaupt- die inneren Dialoge des Prot (den ich Versicherungen verkaufen, aber nicht andrehen lassen würde: Klischeealarm) sind absolut super und nachvollziehbar, von den Dialogen ganz zu schweigen - richtig gut.
Jedesmal wenn ich dachte »Jetzt trägt er aber dick auf«, hast du die Kurve gekriegt und mich mit nem guten Dialog zum Schweigen gebracht.

Dinge, die ich nicht so toll fand:
Zitat:» Mein Sohn, ich werde heute noch meinen Sohn in Händen halten, jubellierte er innerlich.«
Das klingt schräg, so wie: Mein Porsche, noch heute werde ich den Schlüssel in den Händen halten!
»In den Armen« wäre wohl etwas weniger handwerkermäßig. J

Du hast übrigens die Pointe verschenkt; die Sache mit der warmen Mulde hätte ich als allerletzten Satz zurechtgeschustert, die komplette »Wir beaobachten die Spinne beim Eindringen über die Veranda« - Episode weggelassen.

Trotzdem extrem gut geschrieben, unterhaltsam und für Männer gut nachvollziehbar!

Cu

J.

 

@Zaffback

Vielen Dank für dein Lob. Jo, man könnte mehr aus der Story rausholen. Hinterher ist man immer schlauer :-)

@Jack
Mein Lieblingsautor hier auf KG.de schreibt mir eine positive Kritik, juhuuu *g* ne im Ernst, vielen Dank!

Deinen Schluß wollte ich ursprünglich auch so machen, aber dann dachte ich mir "ne, lieber nicht, sonst meckert wieder jeder über das offene Ende" :-)

Thx und Gruß
Mike

 

Hi Mike,

auch dir soll mein professionelles Kritikertum zuteil werden :D

Also, was dich wohl zunächst mal interessieren wird: Mir hat die Story gut gefallen. Überwiegend sehr flüssig geschrieben, an einigen Stellen hakelt es allerdings nach meinem Empfinden formulierungstechnisch ein wenig, meist – und das hat Ginny ja bereits erwähnt – aufgrund zu langer Sätze. Nicht, daß ich diese in Bausch und Bogen ablehne, aber du verhedderst dich da stellenweise im Satzbau.

Thema/Inhalt: Ja, gut, ich kenne diese Urban Legend natürlich auch, hat mich aber weiter nicht gestört. Denn wenn Spinnen in einer Story auftauchen, ist ja eh klar, daß sie für irgendwas schon nützlich sein werden. Ich war gespannt, wie es ausgeht, und siehe da, die Idee mit dem warmen Nest hat mir echt gefallen :)

Detailanmerkungen:

Sie schien manchmal in ihrer eigenen kleinen Welt zu leben... ja, DA hatte sie Augen wie ein Adler.

Hat Jack schon aufgespürt, aber macht ja nix: Ein recht langer Satz – ein sehr gelungener Satz! :thumbsup:

„Ja, ja, ist ja gut“, fasste sich Owen ein Herz. Was tut man nicht alles für seine Frau. Vor allem wenn sie hochschwanger war, so wie Melinda.

Mir scheint das Anhängsel „...so wie Melinda“ überflüssig. Dialog/Gedanken beziehen sich auf Owen, klar, daß da Melinda gemeint ist.

Er hatte so was noch nie gesehen, das heißt mit Ausnahme vom Fernsehen, in irgendwelchen Reportagen und auch im Zoo hatte er solch riesige Spinnen schon gesehen.

Diese Satzkonstruktion ist etwas holprig.
Vorschlag auf die Schnelle: „Er hatte so was noch nie gesehen, das heißt mit Ausnahme vom Fernsehen, in irgendwelchen Reportagen und/oder im Zoo.“

Nur waren sie dort hinter bruchsicherem Glas eingesperrt und hockten nicht direkt vor deinen Füßen, wo sie dir jederzeit das Hosenbein hinaufkrabbeln können, dachte er schockiert.

Nun, viele Dinge sind natürlich subjektiv, aber das ist objektiv ein „Patzer“. Du schreibst Gedankengänge in Kursivschrift, daher gehört „dachte er schockiert.“ in den Mülli. Denn daß er denkt, ist klar, und daß er schockiert ist, ist zu diesem Zeitpunkt ebenfalls sonnenklar.

Er mochte es sich einbilden, aber er hatte das Gefühl das diese Augen ihn anblinzelten, als wollte die Spinne sagen „warum setzt ihr euch nicht wieder und vergeßt einfach, dass ich hier bin?“.

Diese Formulierung hat mir sehr gut gefallen!

Außerdem könnte sie mit ihren Beinen durch eine der Ausbuchtungen stochern und dich berühren, kreischte sein Verstand fast vor Ekel.

Da es sein Verstand ist, der da kreischt, gehört die Passage eigentlich nach rechts geneigt. Kreischen und Ekelgefühl würde ich dann gleich miteditieren, sprich... jag sie vom Hof :)
Also, ungefähr so: Außerdem könnte sie mit ihren Beinen durch eine der Ausbuchtungen stochern und dich berühren.

...und sein ganzer Körper juckte, so wie es einen nun mal juckt wenn man mit ekligen Insekten zu tun hatte.

Keine Metapher gefunden? :D
Egal, ausgezeichnet formuliert!

Im Grunde war es doch nur eine Spinne, ein riesiges Prachtexemplar einer Spinne, das sich nur zufällig den Blumenstock als Nistplatz ausgesucht hat, den Owen gekauft hatte. Im Grunde hatte er...

Es gibt tausend gute Gründe, auf dieses Land stolz zu sein... Hier würde Campino dir aber wohl auch sagen: Im Grunde reicht ein Grund.

Es war ein Kalender mit Hundemotiven und im Februar lächelte ihm ein Bernhardinerwelpe entgegen.

Ich mag solche kleinen Nebensächlichkeiten.
Btw: ist das Cujo?

Vielleicht ist sie in einer Art Starre, der Schock vielleicht, dachte Owen.

Kursivstellung ist eindeutig – es sind Gedankengänge. Schick „dachte Owen“ zu den anderen Gesellen.

die durch das Fenster und mittlerweile auf ihr Bett (das direkt unter dem Fenster stand) gekrabbelt war.

Der Klammereinschub ist wie die Geschichte mit den Gartenmöbeln nicht so gut. Das hat was von Diplomarbeiten – erklärende Zusätze als Fußnote ergänzen. Integriere es lieber in den Fließtext, das ist eleganter.
Vorschlag: „die durch das Fenster auf ihr darunterstehendes Bett gekrabbelt war“
Na, auch nicht das Gelbe vom Ei, aber die Klammern sind wenigstens verduftet...

und so folgte sie dem Instinkt eines Tieres und suchte sich das, was einem warmen Loch im Boden am nahesten kam.

:eek:
Hier ahnte ich, was geschehen würde...

Melinda schrie ein letztes Mal laut auf und Owen wusste nicht, ob er es sich einbildete oder ob er wirklich ein Plopp hörte, wie ein Korken der aus einer Flasche geschütteltem Champagner schoss.

Ich war ja noch nie dabei, aber macht es tatsächlich Plopp? Bin darüber gestolpert.


So, das soll reichen.
Fleißig weiterschreiben.
Gebühren für´s Lektorat an die bekannte Bankverbindung überweisen.

Grüße,
Somebody

 

Hi Somebody,

vielen Dank, Geld ist unterwegs :-)

Werde mich im Laufe des Tages an die Story machen und die von dir angesprochenen Mängel beseitigen. Die Sätze sind teilweise wirklich arg lang und verschachtelt.

Jo, das ist der gute Cujo. Noch ganz klein und zahm und ohne Schaum vorm Mund :-)

Mit dem Plop: ich war (zum Glück) auch noch nie dabei. Aber vorstellen könnte ich es mir. Vorallem wenn der Inhalt größer ist als die Öffnung. Nun ja *räusper* lassen wir das :D

Thx nochmal

Gruß
Mike

 

Hallo Mike!

Gut, dass diese tolle Story wiedermal oben auftaucht. Ich hatte sie schon vor ziemlich langer Zeit gelesen und auch eine relativ lange Kritik geschrieben - diese ging aber verloren und dann war ich zu faul...:D

Geständnis: Ich habe sie nicht nochmals gelesen, nur Stellenweise

Sie hat mir, wie den anderen, gefallen. Ist spannend auch mit den vielen 'Neben der Handlung Sätzen' (gemeint sind Cujo und co.)
Der Titel ist übrigens auch cool(, um noch etwas zu sagen, woran die anderen nicht schon gedacht haben :D!)

Nun, das einzige, was mir nicht so gefallen hat, ist die von dir selbst auch erwähnte, technische Unmöglichkeit: Eine Spinne, die fingergrosse Beine hat und auch sonst einfach ein prachtexemplar ist, wird kaum in einen halbgeöffneten Mund reinkriechen können, erst recht nicht unbemerkt (wie wäre es, wenn Melinda kurz aufwächt und das Gefühl hat, im Schlaf eine Fliege geschluckt zu haben und dann wieder einschläft?, okay vielleicht ein bisschen zu markaber...) Nun, in den Mund schafft es die Spinne vielleicht ja tatsächlich, aber bis zum Baby müsste sie sich regelrecht durch den Körper fressen...
Nun, schlimm ist das aber nicht, die Idee mit dem Babykopf war einfach grossartig und dafür etwas unwahrscheinliches in Kauf zu nehmen.

:D
Ich kann leider im Gegensatz zu Somebody nichts für meine Kritik verlangen, ich bin noch zu Jung und vielleicht würde man mich wegen rastloser 'Kinderarbeit' anklagen, wenn ich dir ein bedeutungsloses Blatt Papier schicke, mit einem bedeutungsvollen Betrag darauf. *g*

Nun, viele Grüsse Van:)
(der leider noch nicht immer so gut schreibt, weil er während dem Schreiben immer Angst haben muss, dass ihn die Jugendarbeitpolizei aufsucht und wegen Überstunden anklagt)


PS1, Off-topic: die Story eines schon eher bekannten Autors mit dem Bernhardinerhund, der Joe Camber und den Alkoholiker und im Verlaufe der Geschichte auch wahrscheinlich viele andere killt. Ich habe die Hälfte gelesen und dann mit Koontz und Barker pausiert, lohnt es die zu Ende zu lesen? Oder ist es eine "schlechtere" King Geschichte?

PS2: Achja, ich gehöre zu den wenigen, die diese Urban Legend oder wie sie heisst nicht kannten. Auch, dass man Nachts Spinnen frisst wusste ich nicht. (*Schreck*, da war doch gestern eine Spinne in meinem Zimmer, die heute nicht mehr zu sehen war [höchstens vielleicht für mein inneres Auge])

Das wär mein blablabla gewesen. Kurz:
-Geschichte gut
-Titel gut
-Urban Legend mir unbekannt
-Cujo gut?

 

Holla Van!

Ups, es ist 22:00 Uhr. Da bist du bestimmt schon im Bett, naja kannst ja morgen lesen :D soviel zum Thema "Kinderarbeit". Natürlich nur Spaß.

Ich bedanke mich für deine aufmunternden Worte! Da schläft es sich gleich viel besser und ich kann von einer großen Karriere als Autor träumen. Und nicht von Spinnen :D

Zu Cujo: für mich eines von Kings schwächeren Werken. Aber manche halten es auch für eins seiner Besten ... Geschmackssache. Man muss dazusagen, daß King sich selbst kaum daran erinnern kann, es geschrieben zu haben. Er hing damals auch an der Flasche :-)

Grüße in die Schweiz!

Mike

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Mike!

Zur zweiten Version:

Das ursprüngliche Ende, das weiter geht, hat mir doch besser gefallen. In der neuen Version nämlich wäre ich - würde ich die erste Version nicht kennen - unsicher, weil unklar ist was mit Melinda geschieht. Was bewirkt die Spinne bei ihr? Stirbt sie, erleidet sie eine Fehl- oder sogar eine Totgeburt, bringt sie eine Spinne zu Welt? Alles möglich und das ließe mich unbefriedigt zurück.

Vielleicht kommen ja noch andere Meinungen. :-)

P.S.: Ich habe mir mal die Freiheit genommen und den Link zu der zweiten Version direkt in Deinen Hinweis hineinzukopieren - mit dieser meiner Antwort befindet sie sich ja nicht mehr "am Ende des Threads" und ein Unwissender würde dann vielleicht versehentlich zuerst meine Antwort statt der neuen Version lesen.

 

Hm, jetzt bin ich auch ratlos. Ich hab mal die Stimmen gezählt und es steht ziemlich unentschieden. Den einen gefällt das Ende mit dem Baby, die anderen würden lieber das offene Ende von Version 2 sehen. Man kann es echt nicht allen Recht machen :-)

Mir persönlich gefällt die ursprüngliche Version auch besser, obwohl ich das natürlich nicht objektiv beurteilen kann. "Kill your darlings" fällt einem nicht gerade leicht :-)

Keine Ahnung, vielleicht will ja noch jemand (am besten unvoreingenommen) etwas dazu sagen?

Gruß
Mike

 

Hey Mike!

Ich bin deinem Aufruf gefolgt und habe deine Story gelesen. Ich kenne die alte Version nicht und habe die anderen Beiträge nur kurz überflogen. Sorry für meine Faulheit. Ich hoffe einfach mal, dass ich nicht irgendetwas wiederhole, was schon vorher gesagt wurde.

Aber nun zum Geschichtelein: Eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu „Abschlussparty“. Das Ganze liest sich angenehm flüssig und ist zudem recht unterhaltsam. Ein Beispiel dafür:

Zitat:
seine Vorstellung von Nervenkitzel bestand darin, nicht zu wissen was es abends zum Essen gab

Ich musste grinsen als ich das gelesen habe.
Auch sonst finde ich die Dialoge und Owens Gedanken sehr lebensnah.

Noch ein paar Kleinigkeiten die ich verbessern würde:

Zitat:
Im Gegenteil, er freute sich fast mehr als seine Frau auf das Kind, was wahrscheinlich auch daran lag, dass er mit der Entbindung wenig zu tun hatte und keine Wehen zu ertragen hatte.

Um das Wörtchen „hatte“ nicht zu wiederholen, würde ich das Erste auslassen. Blöd formuliert, deshalb zur Veranschaulichung:
Im Gegenteil, er freute sich fast mehr als seine Frau auf das Kind, was wahrscheinlich auch daran lag, dass er mit der Entbindung wenig zu tun und keine Wehen zu ertragen hatte.

Zitat:
Fast hätte Owen geglaubt, dass dieses Tier, das unmöglich in seiner Wohnung sein konnte, schließlich leben solche Tiere im Urwald und nicht mitten in der Großstadt, nichtwahr, dass dieses Tier ein übler Streich Melindas sei,

Vielleicht liegt es an mir, aber ich fand „nichtwahr“ irgendwie unpassend und würde es deshalb auslassen.

Zitat:
...wahrscheinlich würde ein Biss von ihr mich innerhalb ein paar Stunden töten.

...mich innerhalb von ein paar Stunden töten.


Noch ein paar Worte zur Geschichte:
Das Ende lässt mich unbefriedigt zurück. Bei mir fehlt der gewisse Schockeffekt. Ich hätte sie zum Beispiel aufwachen lassen und die Spinne verschlucken oder dass sie im Haus Eier legt.
Wie gesagt, ich kenne die ältere Version nicht, habe nur nebenher aus den Beiträgen entnommen, dass du den Schluss verändert hast, aber ich würde noch etwas hinzufügen.

Ansonsten eine der lesenswerten Geschichten hier, die ich gerne gelesen habe. (Finde Spinnen übrigens auch eklig und halte sie deshalb hervorragend für Horrorgeschichten/Filme geeignet.)

So, das wars von mir.
Viele Grüße
gollum

PS: Schau dir den Film "Arachnophobia" an.

 

Das Ende lässt mich unbefriedigt zurück. Bei mir fehlt der gewisse Schockeffekt. Ich hätte sie zum Beispiel aufwachen lassen und die Spinne verschlucken oder dass sie im Haus Eier legt.
Danke gollum, diese Worte sehe ich als Bestätigung für meine Meinung, dass das ursprüngliche Ende besser war.

Ich hab heute auf dem Weg ins Kino mal mit einer Freundin darüber diskutiert und das hat meine Ansicht nur noch vestärkt: Mit dem neuen Ende geht der Horror flöten! - Klar, ich kann mir schönere Dinge vorstellen als eine Spinne zu verschlucken, aber angeblich geschieht das ja tatsächlich und Mirnada merkt es ja nicht mal - und der Leser darf sogar vermuten, dass es keinerleih (negative) Folgen für sie haben wird! Nirgendwo wird, wenn ich mich nicht irre, angedeutet, dass ihr Baby oder sie selber dadurch Schaden nehmen könnte. Eine Frau veschluckt im Schlaf eine Spinne und merkt es nicht - that's it und das ist zwar eklig, aber im Grunde noch nicht einmal eine Geschichte Wert.
Cool wäre allenfalls, wenn der Mann sie dabei beaobchtet und nicht weiß ob er ihr sagen soll was geschehen ist oder ob er zu große Angst vor ihrer entsetzten Reaktion hat ... hey, das wäre doch was! ;-))
Aber in der ersten Version kommt Horror auf - das langersehnte Baby kommt tot zur Welt und alles durch die Schuld der verdammten Spinne - mir ist schleierhaft, wie jemand die zweite Alternative dieser vorziehen kann. :confused:

PS: Schau dir den Film "Arachnophobia" an.
Ja, unbedingt. :cool:

Ginny

 

Hallo!

Habe die Version 2 wieder entfernt, sonst kommt man total durcheinander.

@gollum

Schade, du hast genau die falsche Version gelesen :D Da dir das offene Ende nicht mundet, hättest du die "normale" Version lesen sollen. Die, die jetzt auch bestehen bleibt. Da passiert genau das, was du dir wünschst. Sie verschluckt die Spinne etc.

@Ginny

Hey, du diskutierst mit einer Freundin über meine Geschichte? Das schmeichelt mir :-) Leider sind in meinem Bekanntenkreis nur Banausen, da hab ich niemanden zum diskutieren.

Also die Story bleibt jetzt definitiv so.

Arachnophobia ist cool, auch wenn mir Arac Attack fast besser gefällt.

Danke euch!

Gruß
Mike

 

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