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Innenverkehr. Grünphase.

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15.03.2008
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Innenverkehr. Grünphase.

Trixi glaubte spüren zu können, wie der Körper auf Fettverbrennung umschaltete und ihre mageren Energiereserven zu verzehren begann. Mit dem Hunger ging die Wut aufs schwache Fleisch, das seinen banalen Forderungen so wirksam Nachdruck verliehen hat. Irgendwas musste an die Stelle des Verschwundenen getreten sein. Sie hat noch keinen Namen dafür gefunden. Noch keine Benennung gesucht. Sie war eh nur halb da, wo immer sie war. Was sind schon Orte? Worte, denen ein Buchstabe fehlt.

Ihr Blick erforschte eine der Skulpturen: Ein Clown im Anzug, der brennende Dollarzeichen jonglierte. Beim Formen hatte sie gedacht, er würde vor Schmerz schreien; jetzt überlegte sie, ob es nicht wahnsinnige Begeisterung war. Verrücktsein, diese dauerhafte Standpunktveränderung. Vierter Tag der gedrosselten Nahrungsaufnahme. Der Grad von Losgelöstheit ist die Größe von Freiheit ist das Maß von Haltlosigkeit. Nichtessen, das war mal ein interessanter Ort.
Sie hatte dem Clown die Züge ihres Vaters gegeben und dem Vater das Objekt gezeigt. Der hatte es eine Weile angeschaut, einen fachmännischen Ausdruck aufgesetzt und verschiedenes gelobt. Das war Musik in ihren Ohren - irgendwas zuckersüß Dissonantes. Die Skulptur hatte sie Business-Kasper genannt.
Bob Marley wehte durch das halb offene Panoramafenster. Trixi schnipste mit den Fingern, riss sich aus dem Geträume und tippelte zu ihrem Kühlsystem von amerikanischen Ausmaßen. Retro. Das hatte sie aus Stylegründen angeschafft. Wegen der Ausmaße. Oder sie kommentierte damit ihre Essgewohnheiten. Das hatte sie mal überlegt, aber eigentlich spielte der Grund keine Rolle.
Drin lagen Salat in einer Plastikbox und eine Büchse türkischen Biers. Essen? Nein. Nur ein leerer Reflex. Mal kucken, was im Kühlschrank ist. Sie lächelte matt und legte sich zurück in die Hängematte, betrachtete die begonnenen Installationen, Bilder und Skulpturen. Bis auf den Business-Kasper war nichts fertig. Alles in unterschiedlichen Stadien stehengeblieben.

Sie driftete weg und hörte nach den Geräuschen von draußen. Bob Marley verschwand und tauchte wieder auf. Trixi stellte sich einen Straßenkreuzer vor, mit einer Rückbank aus Boxen, dessen Besitzer durch die sommerlichen Straßen cruiste. Innenverkehr. Grünphase. Sie ließ los und sank noch ein Stück tiefer. Zwanzig Minuten später war sie mit einem Mal voll da, Zoom auf ihr Gesicht: feuchte Strähnen, elektrisiertes Leuchten in den Augen, kein Lidschlag. Trixi wusste jetzt, was mit dem Unfertigen geschehen sollte. Sie besorgte die stärkste Säure, die sie kriegen konnte. Kippte die zersetzende Flüssigkeit und ihren Kunstkrempel in die Badewanne. Stellte eine Videokamera auf und filmte die Auflösung. In den nächsten Tagen schöpfte sie ab und an Rückstände vom Wannenboden in einen Stahleimer und legte Kunst nach. Die unauflöslichen Bestandteile stellte sie auf die Dachterrasse und legte ein Laken darüber, das sie mit kleinen Steinen beschwerte.

Danach, kurz

Eine Hand umfasste die Brüstung, mit festem Griff um den Backstein; eine zweite, die suchend gegen die metallene Aufhängung des Blumenkastens stieß und solange tastete, bis ein freier Platz gefunden war. Kurz darauf ein Ruck und das Gesicht zu den Händen, vor Schweiß glänzende Schultern, die den restlichen Körper in einer Anspannung von Strängen und Sehnen in Sicht brachten. Der Besucher sprang auf die Terasse und sah sich um.
Ob der echt ist. In welchem Stock war sie gleich? Sechster oder siebter, ein altes Backsteinhaus, das früher Lagerhaus für ein Kontor gewesen war und abgerissen werden sollte, wenn die Eigentumsverhältnisse geklärt waren. Daddy hatte ihr die oberste Etage besorgt, der baute große Häuser und hatte Beziehungen und war froh, seiner normalerweise bedürfnislosen Tochter einen Wunsch aus den Rippen geleiert zu haben. "Ich brauche Platz, Daddy! Viel Platz. Um mich verwirklichen und endlich mein wahres Selbst finden zu können!" Trixis Imitation des Prinzessinnen-Klischees. Die hatte sie als Antwort probiert auf Daddys Trieb, für die Tochter Lebensglück kaufen zu wollen. Daddy war voll drauf eingestiegen und hatte ihr ein paar Tage später dieses Objekt gezeigt. Sie hatte Lachen müssen und beschlossen, dass es cool wäre, hier eine Weile zu wohnen. Im herbeigeredeten Klischee. Loft und so. Künstlerin und so.
Ihr Besuch sah sich auf der Terrasse um. Ein Blick in die Runde, über Blumen und das weiße Laken. Auf der angelehnten Tür blieb er hängen. Sie glaubte ihn denken hören zu können, spürte seine Neugier. Trixi wollte nicht, dass er verschwände, ohne dass sie ein Wort mit ihm gesprochen hätte. Ob er jetzt eine Vorstellung war oder von festerer Konsistenz.
Mit federnden Schritten war sie beim Ausgang zu der Terrasse, die Hand am Rahmen, sah sie ihn an. "Hi."
Sam lächelte. "Du?"
"Denke schon", sagte sie. "Kennen wir uns?"
"Wir sind ab und zu Banknachbarn." Sie musterte ihn. Turnschuhe, graue Sporthose, Unterhemd mit Schweißfleck und roten Flecken vom Backstein. Das Gesicht.
"Oh", sagte sie. "Du ... bist der Anzugmensch. Ist der in der Reinigung?"
"Freizeitlook", sagte er. Sie wusste nichts mehr zu sagen.
"Möchtest du etwas trinken?", fragte sie. "Ich habe nur Efes Pilsener."
Sam zuckte die Achseln. "Danke", sagte er. "Ich will weiter."
Sie ging ins Innere des Lofts und winkte ihm, ihr zu folgen. Trixi zeigte auf die Tür am anderen Ende des Raumes. "Zurück kannst du den legalen Weg nehmen. Kennste einen mehr." Sam sagte bis bald oder machs gut.
Über dem Ausgang hingen zwei Röhrenbildschirme. Nebeneinander flackerten Bilder von Menschenmassen zwischen Begeisterung und Hysterie. Flaggen wurden hochgehalten, Strohpuppen mit den Gesichtern von Diktatoren oder Präsidenten verbrannt. Leute schossen mit einem Gesichtsausdruck in die Luft, als würden sie ein Brot schmieren, und riefen die bevorzugte Gottheit an. Jeder Fernseher zeigte eine andere Welt. Zustand von Straßen und Häusern, die Verschiedenheiten von parkenden Wagen und den Klamotten der Interviewten. Die Gesichter der Demonstranten ähnelten sich in ihrem Ausdruck von Überzeugtheit oder Fanatismus. Die Gemeinsamkeiten, der dünne Anstrich. Nach zwei Minuten wechselten die Weltausschnitte. Der Orient wanderte auf den linken Flimmerkasten und Amerika nahm seine Stelle auf dem anderen ein. "Könntest du dazu was sagen?", fragte er. "Wahrscheinlich, was", sagte Trixi.
Er hob den Arm in einer Abschiedsgeste und trabte die Stufen hinunter.

Ohneort

"Hiroshimastille? Das Schweigen ringsum, den ganzen Tag hörte ich noch kein Mensch oder Tier. Und dieses Unlicht, als wären alle Farbspektren herausgefiltert. Wie das Restphosphorizieren vor kurzem verendeter Tiefseetiere. Man weiß nicht mal mehr, wo man sich gerade befindet. Wer redet - du mit mir, ich mit dir. Was ich sage, könntest ebenso gut du sagen. Diese Austauschbarkeit. Man sitzt irgendwo und redet über irgendetwas. Du willst ausruhen, auf einer vertrauten Fassade vielleicht oder in einer alten Eichenkrone. Doch überall gleitet der Blick ab, von immergleichen Filialen, von gestutzten Zöglingen der Baumschulen; selbst die Asozialen sehen sich immer ähnlicher, als würden sogar Penner und Punks von einer geheimnisvollen Macht entindividualisiert. Es ist schon fast unnötig, einen Ort anzugeben; man geht in eine American-Coffee-Filiale und sieht sich auf dem davorliegenden Platz um; und nichts bietet dem Blick einen Halt, all die überbekannten Bilder werden gescannt und rauschen im gleichen Moment durch. Du setzt dich und fällst durch den Stuhl."
"Würde ich nicht sagen", sagte er. "Komm, lächel mal." Sam tat als fotografiere er sie.
"Nicht, nein. Keine Fotos." Sie hielt die Hand zwischen imaginäre Linse und ihr Gesicht. "Die Indianer hatten Recht mit dem Seelenraub."
"Die konnten das Feuerwasser nicht ab. Das ist ihnen zu Kopf gestiegen. Die haben fantasiert. Oder werden fantasiert. Der unverdorbene Naturgeist als Geigerzähler für das Seelenraubpotential unserer Errungenschaften. Was so kitschig ist, kann nicht echt sein."
"Was redest du. Diese Imitation von Argumentation. Als wolltest du beweisen dass. Als könnte man beweisen dass. Ich weiß nicht, was willst du beweisen. Dagegen reden ist genauso sinnvoll wie dafür, warum also."
"Knips!" Sam tat als drücke er den Auslöser seiner imaginären Kamera. "Hab dich. Deine Seele auf Bitmap. Siehst gar nicht verdoppelt aus, nur wie ein Bild, fast real. Tatsächlich", sagte er und kuckte auf den vorgestellten Bildschirm."Etwas müde ..."

 

Hallo Kubus,

Trixi löste sich auf. In den weichen Schatten des Bambus-Rouleaus, das vom Sommerwind bewegt wurde. In mattgoldene Lichtschlieren und den harten Schatten einer Zimmerpflanze.

Also für mich ist das kein guter Anfang.
Sich auflösen ist etwas sehr Unbestimmtes. Dann hast du zwei Mal Schatten, ein mal Lichtschlieren, ein Mal Bambus-Rouleaus und ein Mal mattgolden, ein prätentiöser Oxymoron, der so tut, als würde er nicht glitzern, obwohl er viel mehr Bling trägt als golden.

Klar, du willst hier irgendwie ein Verschwommenes Bild erzeugen, und das Sommerfeeling kommt ein wenig durch, aber gleich zu Beginn.. weiß nicht.

Außerdem geht es danach doch viel klarer weiter..


Die konnten das Feuerwasser nicht ab. Das ist ihnen zu Kopf gestiegen. Die haben fantasiert. Oder werden fantasiert. Der unverdorbene Naturgeist als Geigerzähler für das Seelenraubpotential unserer Errungenschaften. Was so kitschig ist, kann nicht echt sein."

das gefällt mir gut.


"Ich brauche Platz, Daddy! Viel Platz. Um mich verwirklichen und endlich mein wahres Selbst finden zu können!" Trixis Imitation des Prinzessinnen-Klischees. Die hatte sie als Antwort probiert auf Daddys Trieb, für die Tochter Lebensglück kaufen zu wollen. Daddy war voll drauf eingestiegen und hatte ihr ein paar Tage später dieses Objekt gezeigt. Sie hatte Lachen müssen und beschlossen, dass es cool wäre, hier eine Weile zu wohnen. Im herbeigeredeten Klischee. Loft und so. Künstlerin und so.

ist auch ein starker Absatz


Bob Marley ist immer gut. Trixi ist auch ein guter Name.


Der Titel ist mir noch immer schleierhaft, aber insgesamt konnte ich viel mehr mit dieser Geschichte anfangen als mit deiner letzten. Trixi ist auch irgendwie eine interessante Figur, es hätte mir nichts ausgemacht, mehr von ihr zu lesen, sie kommt fast zu kurz.
Dieses "Auflösen", oder "Abdriften" ist ein Pseudonym für die Sinnlosigkeit, die von Trixi romantisiert wird, von den mattgoldenen Schlieren und so weiter.

Diese Imitation von Argumentation. Als wolltest du beweisen dass. Als könnte man beweisen dass. Ich weiß nicht, was willst du beweisen. Dagegen reden ist genauso sinnvoll wie dafür, warum also.

Der Titel ist ja auch irgendwie pseudo-sinnlos.
Pseudo-Sinnlos. Das triffts vielleicht am besten.

Trixi, die reiche Pseudo-Künstlerin, die unbeschwert leben kann, aber sich langweilt. So als Metapher für unsere Zeit, oder für unsere Generation oder irgendwie so ..

Ist so die Intelligenz, die nicht weiß wohin. Das IQ-Männchen, das alles durchschaut, und trotzdem keinen Plan hat.

Habs schon gern gelesen.

MfG,

JuJu


.

 

Hallo Kubus

Mit dem Hunger ging die Wut aufs schwache Fleisch, das seinen banalen Forderungen so wirksam Nachdruck verliehen hat.

Ist es nun ein Weibchen (ihren) oder ein Männchen (seinen) oder gar der knurrende Magen (seinem), die/der das schwache Fleisch im Hungerdelirium sublimierte?

Seit ich bei Pipilotti Rist mal ausrutschte, bekunde ich etwas Mühe ihre wiederaufgebauten Installationen und Performanceteile richtig zu verstehen. Momentan stecke ich wahrscheinlich etwas in der Nachwehenphase. Bei Trixi – ist es die, die ich mal kannte? Nee, die muss inzwischen ein altes Mädchen sein. – geht es mir wie bei Pipilotti, ich schaue nicht klar durch.

Oder doch. Ich habe es mir erneut vorgenommen, diesmal mit Pipilotti-Inspiration quergelesen, und siehe da, es entblätterte sich, Suche nach Sinn, die sich hier in einer Performance offenlegt.

Aber die imaginäre Kamera, die hat Sam geklaut, da bin ich mir fast sicher. Sie gehörte doch Torben, es war Carlas Idee, und nun verwendet Sam sie plötzlich bei Trixi.

Also ich weiss nicht so recht, aber es wirkte mir installiert-amüsant.

Gruss

Anakreon

 

Sie hielt die Hand zwischen imaginäre Linse und ihr Gesicht -
hab ich Halluzinationen oder ist das nun mehr ein Mantra oder Rosenkranz,

lieber Kubus,

oder käme auch beim

Sam tatKOMMA als drücke er den Auslöser seiner imaginären Kamera
eine Verweigerungshaltung?
Womit wir schon beim Thema sind: Substantivierungen beherrschen diesen Nachfolger Deiner Pixel-Orgie und des m. E. gelungenen Carla-Textes:
Verrücktsein, diese dauerhafte Standpunktveränderung.
Auweia: Verrücktsein vs. Standpunktveränderung, im Folgesatz noch
Nahrungsaufnahme
- verdienstu Dein tägl. Brot mit Formulierungen für Rechtsverordnungen oder in einer andern Bürokratie? Drei Substantivierungen, von denen die zwote schlimmer als die beiden andern wirkt. Wäre da nicht von gleicher Aussagekraft – wenn auch mit weniger amtlichem Schein – ein einfaches „Verrrückt, diese dauernd geänderten Standpunkte“ oder so ähnlich.
Immerhin wird die Bürokratie durch schöne, kleine W-Ortspiele aufgehoben:
Was sind schon Orte? Worte, denen ein Buchstabe fehlt,
wenn auch Essen ein Bedürfnis und im Norden auch ein Bad und ein Willebadessen ein geradezu orientalisch anmutender Name ist gegen
Nichtessen, das war mal ein interessanter Ort
und kriegen ein Lieblingsverb
..., die sie kriegen konnte.

Eher am Rande:

schnippste
Ein p entbehrlich (kömmt von Schnipsel), dafür
Dachterasse / Terasse(n)
wäre noch je’n r zu gönnen.

Nun aber ab und in den Himmel gefahren!

Gruß

Friedel

 

Hey Kubus,

der Stil verlangt vom Leser Einiges ab, was nicht schlecht ist. Im Gegenteil, man liest zwei Mal und genauer, man nimmt sich mehr Zeit für die Bilder, besonders bei den "Wortschöpfungen" hält man an und denkt darüber nach, was es aussagen soll. Ich find's gut. Dieses Poetische geht oft in die Hose, aber, ich finde, dass es hier klappt. Du hast den Inhalt auf das Minimum reduziert, was immer noch sehr aussagekräftig ist.

Ich musste auch an Quinns Gewinner-Ich denken? Hat er dich vomThema her inspiriert?

Im Einzelnen:

Trixi löste sich auf.
Ich kann mich mit dem Namen einfach nicht anfreunden. Das ist einfach zu gewollt künstlerisch, wäre es denn so schlimm, wenn sie einfach nur Sarah, Laura, Klara, Mara heißen würde? :P Wobei die Figuren nur posen, nicht nur Trixi.
Heute morgen hatte es aufgehört. Kein Hunger mehr, dafür ein fiebriger Energieschub. Sie glaubte spüren zu können, wie ihr Körper auf Fettverbrennung umschaltete und ihre mageren Energiereserven zu verzehren begann. Mit dem Hunger ging die Wut aufs schwache Fleisch, das seinen banalen Forderungen so wirksam Nachdruck verliehen hat. Irgendwas musste an die Stelle des Verschwundenen getreten sein. Sie hat noch keinen Namen dafür gefunden. Keine Benennung gesucht. Sie war eh nur halb da, wo immer sie war. Was sind schon Orte? Worte, denen ein Buchstabe fehlt.
Ich find das gut, obwohl ich nicht weiß, ob die jetzt zu fett oder zu dünn ist. Die scheint entweder essgestört zu sein oder jemand, der zu viel Wert auf das Aussehen legt und sich dadurch abquält. Und das ist das Schlimme daran, wann hört Normalität auf und wann fängt Wahnsinn an.

Außerdem find ich die Komposition gut, erst konzentrierst du dich nur auf deine Figur, auf ihren Körper, dann zoomst du nach draußen, zu dem Clown, man erfährt was über ihre Beziehung zu dem Vater (zwar Klischee, aber immer noch sehr ironisch gehalten, dass es nicht nervt), dann kommt eine dritte Figur dazu und anschließend mithilfe der Bildschirme die ganze Welt und auch die Geschichte (Indianer).
Als "Innenverkehr" verstehe ich das, was in ihrem Inneren so abgeht, auch das Chaos, was in ihr ist, hervorgerufen durch das Chaos der Außenwelt.
Und die Grünphase? Keine Ahnung.

Als semi-literarischer Text gefällt's mir. Als Geschichte eher nicht.
Damit mir der Text als Geschichte gefällt, muss noch ein äußerer, greifbarer Konflikt gegeben sein.

JoBlack

 
Zuletzt bearbeitet:

Jo,

Damit mir der Text als Geschichte gefällt, muss noch ein äußerer, greifbarer Konflikt gegeben sein.

Im Hochsommer poste ich ne Geschichte mit Vatersohnthema, die in der verschneiten Provinz spielt. Da mach ich ein Extrapost 'mit Konflikt' drunter, damit das entsprechend gewürdigt wird!

Als "Innenverkehr" verstehe ich das, was in ihrem Inneren so abgeht, ...
Und die Grünphase? Keine Ahnung.

Verstehe ich ebenfalls so. Rotphase wäre, wenn in ihr nichts vorgeht.

Ich find das gut, obwohl ich nicht weiß, ob die jetzt zu fett oder zu dünn ist. Die scheint entweder essgestört zu sein oder jemand, der zu viel Wert auf das Aussehen legt und sich dadurch abquält. Und das ist das Schlimme daran, wann hört Normalität auf und wann fängt Wahnsinn an.

Ist ne gute Frage. Dass man in Trixi so ein Essproblem hineinlesen kann, ist ein Problem. Da habe ich dann zu viel gekürzt. Original stand da so was wie, Mensch, *scharf nachdenk* 'Sie hatte in den letzten Tagen einen niedrigschwelligen Widerwillen gegen Essen bekommen und keinen Impuls der dagegen ankam' Also ich habe mir da eher gedacht, dass sie so leise verschwindet, einfach nichts mehr essen, immer weniger werden. Keine krasse Problematik. Ursprünglich sollte die Geschichte auch Schwinden oder Auflösung heißen. Aber das war mir nicht literarisch genug.

wäre es denn so schlimm, wenn sie einfach nur Sarah, Laura, Klara, Mara heißen würde

Da hast du aber auch schöne Beispiele rausgesucht. Und die Jungs nenn ich dann Kevin und Oliver und Horst. Ich versuche nach Möglichkeit Namen zu finden, die nicht oder kaum belegt sind. Hat aber auch mit dem Setting zu tun. In einer Geschichte, die in der Alltags-Realität vorstellbar sein soll, würde ich die Jungs auch mal Robert oder Markus nennen. Mädchen weiß ich grad nicht.

Ich musste auch an Quinns Gewinner-Ich denken? Hat er dich vomThema her inspiriert?

Hä, was denn? Klischee und Imitation? Also ich weiß nicht, wann die Geschichte hier fertig war, die hab ich parallel zu Carlas Idee geschrieben. Kann sein, dass ich zwischendurch Quinns Text gelesen habe und da was reingeflossen ist. Ein wenig mehr Einfluss dürfte dieser Herr gehabt haben: http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Baudrillard Von dem steckt schon was in Leerstellen drin. So wie ich es verstanden habe wenigstens. Prinzipiell sind gute Texte aber immer inspirierend.

Freut mich, dass du diesem Stoff trotz Konfliktarmut was abgewinnen konntest!

Friedel,

eine Verweigerungshaltung?

Genau, das ist alles in Stein gemeißelt jetzt. Bitte keine Sätze mit imaginären Kameras verändern wollen, dann noch lieber mich in eine Themenschublade stecken.

- verdienstu Dein tägl. Brot mit Formulierungen für Rechtsverordnungen oder in einer andern Bürokratie?

Du nimmst den Text gar nicht ernst! Es geht dir nur darum, was über mich rauszukriegen.

ein einfaches „Verrrückt, diese dauernd geänderten Standpunkte“ oder so ähnlich.

Oder so ähnlich ist aber doch irgendwie anders. Das weißt du ganz genau, du stellst mich auf die Probe.

schnippsen
Ein p entbehrlich (kömmt von Schnipsel), dafür

Aber wenn man schnippsen sagt, sagt man es mit doppel-p. Oder ist das wie knipsen bspw? Ja, da kann man sparen. Das mach ich gleich. Die nächste Krise kommt bestimmt.

Dachterasse / Terasse(n)
wäre noch je’n r zu gönnen.

Ich kuck nochmal rüber, aber wieso sollte da irgendwo Plural stehen? Wenn die Terrasse sich mal nicht selbstständig kopiert haben wird!

Ich finde unsere deutschen Wortungetüme grandios. Inaugenscheinnahme, Inbetriebnahme, Hausbaugenehmigungsprotokollbogen. Witzig, sehr.

Anakreon,

Oder doch. Ich habe es mir erneut vorgenommen, diesmal mit Pipilotti-Inspiration quergelesen, und siehe da, es entblätterte sich, Suche nach Sinn, die sich hier in einer Performance offenlegt.

Immer wieder gern. Das bleibt ja auch Thema, von Wachturm bis Brigitte wird das stets aufs Neue durchexerziert, die machen das bestimmt Hand in Hand mit Marktforschung. Es ist ja so komisch einfach, man muss sinnstiftende Dinge tun, dann bekommen die Dinge einen Sinn. Aber Trixi ist das ja nicht so richtig bewusst, ich würde auch drauf tippen, dass sie das nicht besonders interessiert. Muss ja nicht überall Sinn drübergestülpt werden! Ansonsten ist da noch zaghafte Gesellschaftskritik drin. Das wollte ich mal probieren, weil man damit mglw mal Geld verdienen könnte.

Aber die imaginäre Kamera, die hat Sam geklaut, da bin ich mir fast sicher. Sie gehörte doch Torben, es war Carlas Idee, und nun verwendet Sam sie plötzlich bei Trixi.

Also ich weiss nicht so recht, aber es wirkte mir installiert-amüsant.


Ich klau bei meinen eigenen Geschichten. Rechtlich könnte man mir also nichts, Kritik redet in solchen Fällen gern mal von bereits verwendeten Versatzstücken, dass dem Autor nichts anderes eingefallen wäre. Wie geschrieben, die beiden Stories sind fast gleichzeitig entstanden und ich fand die Eigenschaft des Bildes der imaginären Kamera interessant, auch weil es sich beim Drübernachdenken entzieht.

installiert-amüsant find ich klasse! Find ich auch, ist ja so eine herbeigeredete Problematik. Man könnte ja gut ohne Leben und würde wahrscheinlich gar nicht merken, dass die Wirklichkeit seit der Postmoderne verschwunden ist. Ist ja mittlerweile schon paar Tage her, vllt ist sie auch wieder zurückgekommen.

Juju,

die ersten beiden Sätze sind nicht gut. Ich sehe das genauso. Aber ich weiß nicht, was tun. Du schreibst ja, dass ich eine Atmosphäre rüberbringen will. Trixis Wegdriften. Das ist der Punkt. Aber so funktioniert das nicht besonders, ist so hölzern. Doch mir fällt nichts ein, einfach weglassen ist keine Alternative.

Bob Marley ist immer gut. Trixi ist auch ein guter Name.

Sehr gut! ;)

aber insgesamt konnte ich viel mehr mit dieser Geschichte anfangen als mit deiner letzten. Trixi ist auch irgendwie eine interessante Figur, es hätte mir nichts ausgemacht, mehr von ihr zu lesen, sie kommt fast zu kurz.
Dieses "Auflösen", oder "Abdriften" ist ein Pseudonym für die Sinnlosigkeit, die von Trixi romantisiert wird, von den mattgoldenen Schlieren und so weiter.

Deswegen habe ich die so kurz danach gepostet, weil ich den Eindruck hatte, dass die beiden Geschichten sich ähnlich sind und viel von dem, was an Carlas Idee kritisiert wurde, bei Trixi und Sam anders ist. Auflösung hätte sie fast geheißen. Dass Trixi interessant ist, freut mich sehr!

Der Titel ist ja auch irgendwie pseudo-sinnlos.
Pseudo-Sinnlos. Das triffts vielleicht am besten.

Trixi, die reiche Pseudo-Künstlerin, die unbeschwert leben kann, aber sich langweilt. So als Metapher für unsere Zeit, oder für unsere Generation oder irgendwie so ..


Was ist pseudo-sinnlos? Das wäre dann ja schon wieder sinnvoll. Gefällt mir, diese Kreation. Gibt schon ne Menge Wohlstandsschicksen dieser Tage, obwohl ich Trixi gar nicht negativ verstehen würde oder als Beispiel für einen Typus ausgeben.
Oder so, irgendwie, das sind ja auch so Wendungen unserer Zeit, mit denen man sich bloß auf nichts festlegen will, alle Möglichkeiten offenhalten, mit jedem oder so wird der relativierende Mensch waschlappiger ... oder so, irgendwie. War ja schon bei Holden Caulfield so. Da kommt das her, glaub ich.

Find ich gut, dass du mit der mehr anfangen konntest, als ich dir unter Carlas Idee antwortete, habe ich dran denken müssen, dass die hier vllt eher was wär.

Vielen Dank in die Runde fürs Feedback und Tschüss!

Kubus

 
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Darf ich? :D

Trixi löste sich auf. In mattgoldene Lichtschlieren und harte Schatten einer Zimmerpflanze. Heute morgen hatte es aufgehört: kein Hunger mehr, dafür ein fiebriger Energieschub. Sie glaubte spüren zu können, wie ihr Körper auf Fettverbrennung umschaltete und ihre Energiereserven zu verzehren begann. Mit dem Hunger (ver)ging die Wut aufs schwache Fleisch. Irgendwas musste an die Stelle (anstelle?) des Verschwundenen getreten sein. Sie hat noch keinen Namen dafür gefunden. Noch keine Benennung gesucht.
1. Zu viel und nicht alles schön
2. Ich finde, es ist unideal, in einem Satz eine Beschreibung mit Artikel und eine ohne zu haben - so wie hier wäre es angeglichen.
Rest: Da kommt sehr viel doppelt, teils fast WW, Adjektiv / Substantiv. Das macht ungeduldig, weil es gleich am Anfang nur ein Gefuehl beschreibt, rein Inneres, das nicht so wahnsinnig neu ist und aus Dokus / Artikeln bekannt. Und eben deshalb klingt es mir auch zu referierend. Verkuerzt Du das, wird es persönlicher.

Eigentlich mag ich dieses Probeumschreiben nicht, es soll auch weniger ein Vorschlag sein, als eine andere Leseweise des Inhalts zu zeigen. Vllt fällt Dir darueber ja eine dritte Variante ein.

Gleiches gilt auch fuer andere Stellen - das mit dem Photo und den Indianern, das eigentlich eine Idee referiert, die schöner rein beschrieben wäre. Auch wenn Du - hab schon kapiert - damit was ueber Deine Prots sagst, die ja immer Schnipsel aus der Popethnologie und -kultur rausgreifen und draus Weisheiten machen. Aber Vorsicht: das sollte der Erzähler nicht uebernehmen, damit wird das gedoppelt und wirkt nicht mehr so elegant und individuell.

Insgesamt gefällt mir auch hier der Text im letzten Abschnitt am besten, auch wenn mich die Unterueberschrift blöderweise an 'Keinohrhasen* erinnert - ein bissl gewollt, aber ich denke, da wird man es als Autor drauf ankommen lassen muessen, das ist nix, was auch nur annähernd objektiv wäre. Die Idee solcher Wortschöpfungen an sich liebe ich.

Feine Sache ueberigens mit der titelgebenden Szene, das fand ich witzig.

Das nur in Kuerze, liebe Gruesse,
Katla

 
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Guten Tag,

Das macht ungeduldig, weil es gleich am Anfang nur ein Gefuehl beschreibt, rein Inneres, das nicht so wahnsinnig neu ist und aus Dokus / Artikeln bekannt. Und eben deshalb klingt es mir auch zu referierend. Verkuerzt Du das, wird es persönlicher.

Ja, das ist die Faktenlage. Ist wirklich nicht spannend, der Anfang ist aber vor allem mit den ersten Sätzen misslungen. Juju sprach das ja schon an. Dieses Auflösen in Schatten und Lichtschlieren, also was immer ich damit sagen wollte: Das geht literarisch nicht, das ist Quark.
Zuviel Innenleben von Trixi will ich hier nicht drin haben, lieber sie von außen zeigen, was sie für Installationen produziert etc. Habe jetzt einfach mal gekürzt - der Leser wird nun mitten in die Szene gestoßen.

Gleiches gilt auch fuer andere Stellen - das mit dem Photo und den Indianern, das eigentlich eine Idee referiert, die schöner rein beschrieben wäre. Auch wenn Du - hab schon kapiert - damit was ueber Deine Prots sagst, die ja immer Schnipsel aus der Popethnologie und -kultur rausgreifen und draus Weisheiten machen. Aber Vorsicht: das sollte der Erzähler nicht uebernehmen, damit wird das gedoppelt und wirkt nicht mehr so elegant und individuell.

Das habe ich doch den Figuren in den Mund gelegt. :hmm: Mein Vater wollte mit mir letztens über einen Haufen Filme reden, die ich nie gesehen habe. Aber niemand spricht mit mir über Metropolis. Keinohrhasen! Das kann einen schon ein bisschen fertigmachen. Vielen Dank fürs Feedback und Grüße!

Kubus

Darf ich?

Äh, nein? ;)

 

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