Was ist neu

in der anderen

Seniors
Beitritt
08.11.2001
Beiträge
2.833

in der anderen

in der anderen

irgendwo in der anderen sprach jemand zu ihr. Aber Lucie ließ sich fallen. Sie ruderte mit den Armen. Es fiel ihr schwer. Wie Schwimmen in bitterem Honig. Je tiefer sie hineinfiel, desto weniger schmeckte es bitter. Und nach einer Strecke, die in der anderen vermutlich in Metern gemessen wurde, war die Masse weniger zäh.
Die Stimme aus der anderen reichte nicht mehr hindurch und endlich konnte sie sich konzentrieren. Auf das weiche Rauschen, das unter der zähen Oberfläche lag. Es hüllte sie vollständig ein. Sie trieb jetzt quer zur Fallrichtung. Jedenfalls noch so lange, wie es Richtungen gab. Danach war sie nur noch in Bewegung. Von irgendwo aus, nirgendwo hin. In der eigentlichen hatte sie darauf keinen Einfluß.
Sie schloß die Augen um für eine Weile, die hier nicht in Sekunden gemessen wurde, nicht in das satte Grün zu sehen. In der eigentlichen konnte man nie wissen, welche Farbe alles hatte, bevor man dort war. In der eigentlichen war alles irgendwie. Alles war. Weiter nichts. Nachdem sie die Augen wieder öffnete. Langsam und eigentlich treibend. Hatte das Grün einen Purzelbaum geschlagen und glitzerte ihr blau entgegen.
In der anderen lag eine Hand auf ihrem Arm, als sie vor der neuen Farbe zurückzuckte. In der anderen konnte er nicht verstehen, fragte aber nicht.
Weit unten in der eigentlichen konnte sie seine Nähe fühlen, während das Blau in grelles Orange umschlug und Flammen schlug. Wieder schloß sie die Augen. Ließ sich tiefer fallen. Tiefer hinein in die eigentliche. Weg von Nähen und Farben. An einen Ort ohne Maße und Fragen. Aber heute wollte es nicht gelingen. Niemals tief genug. Sie ruderte hilflos durch die zähe Masse und fühlte sich zu nah an der Oberfläche. In der anderen sprach er zu ihr. Und sie spürte seine Hände.
Dann wird sie hinuntergezogen. Viel zu tief und zu schnell. Sie fällt durch die Oberfläche der eigentlichen und will schreien, kurz vor dem Aufprall. Sie wird aufschlagen und zerspringen wie ein Stück Glas. Irgendwo in der anderen. Dort wo es mehr als eine Zahl geben wird, wird sie zu tausend Teilen zersplittern.
Er steht auf und löscht das Licht. "Sag’s nicht Mama", flüstert er, bevor er die Tür schließt. Eins der tausend Teile weint eine langsame Träne. Nur eine heut nacht.

[Beitrag editiert von: arc en ciel am 13.03.2002 um 09:10]

 

Hi Mark!
*entschuldigungheisch*
ich hätte schwören können, ich hab Dir schon geantwortet... sorry!

Danke für Deine Erklärung. Also wird aus dem Text schon klar, worum es gehen soll, ja? ich denke auch, daß Du den Schlüsselsatz schon richtig gesehen hast. Ob man es schon davor verstehen kann, da bin ich mir nicht so sicher...
Aber ich denke, was man vorher schon verstehen kann, ist ein innerer Rückzug, eine Spaltung / Gespaltetheit... Ein psychisches Problem.
Der Schlüsselsatz erklärt dann nur, warum das passiert. Also erst Wirkung, dann Ursache!

Lieben Gruß,
Frauke

 

Der letzte Satz ließ schon eine Kinderschänder-Situation vor dem inneren Auge entstehen. Aber die Sätze darüber waren für mich zu weit von diesem Thema entfernt, so dass ich diese Möglichkeit ausschloß. Die -wie du schreibst- innere Welt des Kindes hast du so weit sich zurückziehen lassen, bis wir hier in der eigentlichen Welt deshalb auch keinen Zugang mehr zu ihr haben.

schätze, da war ich wohl zu wage, oder kann hier irgendjemand zu meiner Ehrrettung beitragen und mir sagen, daß das Sinn macht?
Zu deiner Ehrenrettung kann ich sagen, dass du sehr gute andere Geschichten geschrieben hast. ...aber hier :thumpsdown: (den smilie hab ich erfunden, das Bild muss noch vom Moderator gemalt werden)

ach ja, du warst zu vage

gruß vom querkopp

[Beitrag editiert von: querkopp am 29.03.2002 um 14:04]

 

bis wir hier in der eigentlichen Welt deshalb auch keinen Zugang mehr zu ihr haben.

WOW! so eine Kritik laß ich mir gefallen!!
ich denke ich war wirklich zu vage ( Waage bin ich aber auch ;) )... ich "konnte" nur in diesem Text nich weniger indirekt / abstrakt sein, weil ich die Sichtweise so gewählt hatte. Wenn ich aus ihrer Sicht schreibe ( was mich gereizt hatte ), dann muß ich mich auch zum Teil in diese Welt zurückziehen.
Nur scheine ich das "zu gut" ;) getan zu haben.
Gut, ich komme dann mal in die andere zurück, lasse die eigentliche mal eine Weile ruhen und widme mich den Kritiken zu meinen besser aufgenommenen Texten. ;) :D

Lieben Dank,
Frauke

[Beitrag editiert von: arc en ciel am 29.03.2002 um 14:09]

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom