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Im Tunnel

Monster-WG
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10.09.2014
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Im Tunnel

Schlimm, zum alten Eisen zu gehören. Ein alter Mann, dem beim Husten das Gebiss herausfällt, der beim Bücken nach Luft ringt, die Treppen rückwärts runtergeht, weil so die Knie weniger schmerzen. Und jetzt noch ein Hörgerät.
Ich habe die Schnauze voll.

Aber das Klassentreffen lasse ich mir nicht nehmen.
Die Familie zuckt zusammen. Fünf bieten sich spontan an, mich zu fahren. Würde ihnen gut passen, mal rauszukommen; ohnehin hätten sie in der Stadt etwas zu erledigen – bisschen shoppen vielleicht, Eis essen, Leute gucken, bis ich wieder nach Hause will, kann ruhig spät werden.
Aber danke, nein. Ich fahre selbst.
So lange liegt unsere Fahrt ins Périgord nicht zurück, dass ich den Umgang mit dem Navi schon vergessen hätte.

Auf der Teilnehmerliste habe ich gesehen, dass wir nicht mehr viele sind. Vor acht oder neun Jahren waren wir ein rundes Dutzend, jetzt nur noch ein halbes. Aber okay, ist wohl eh das letzte Mal. Hauptsache, Mia kommt.
Ich fahre von der Autobahn und ordne mich ein. Mit dem Navi geht das wie geschmiert. Jetzt rechts, Unterführung, Kreisverkehr, Altstadt. Na bitte.
Das Hörgerät lege ich ins Handschuhfach; High-Tech und beinahe unsichtbar – auch für Mia. Für sie werde ich es benutzen.
Jetzt noch ins Parkhaus. Bin ganz flattrig. Wenn sie diesmal wirklich kommt, will ich sie um Vergebung bitten, meine letzte Chance.
Unendlich lang liegt das zurück, aber ich krieg’s nicht aus dem Kopf.
Ich war total verliebt, dachte ständig nur an Mia. Immer spürte ich sie, nah bei mir - ganz gleich wo ich war, was ich tat – in meiner Mansarde, unterwegs, beim Sport.
Was musste das für ein toller Kerl sein, der bei ihr einen Fuß in die Tür bekommt? Musiker, Zauberer, Karate-Mann?

Trotzdem habe ich sie rumgekriegt, nach dem Gartenfest, nach der Bowle, in sie hineingerammelt, um ihr zu beweisen – ja was? Das hab ich später nie begriffen. Auch nicht meinen Abgang als feiger Hund.

Rotes Licht, Parkhaus besetzt. Weitersuchen. Noch ein rotes, das dritte steht auf Grün. Also rechte Spur, ich muss auf die rechte Spur. Ich blinke, aber sie lassen mich nicht rein. Vielleicht bin ich zu zögerlich. Hinter mir bildet sich eine Schlange, es wird gehupt. Ich wage nicht, die Spur zu wechseln. Ständig tauchen Fahrzeuge auf, nur darauf bedacht, mir keine Lücke zu lassen. Aggressiv fahren sie an mir vorbei wie ein Endlos-Zug.

Ich schaffe das nicht. Das Hupen hinter mir wird lauter, das kann sogar ich hören. Ich nehme den Blinker zurück und muss auf der falschen Spur weiterfahren. Drüben wäre die Einfahrt zum Parkhaus, aber ich fahre Gott weiß wohin.
‚Industriepark Süd’ – ach du große Scheiße! Dann lieber rechts in den Tunnel. Eine Scheißbeleuchtung. Es ist sowieso alles Scheiße. Schon kommt die nächste Abzweigung: ‚Anlieferung’ und ‚Recycling / Verwertung’. Ich liefere nichts, aber was soll ich bei ‚Recycling’! Was zum Teufel – die Laderampe eines Lkw schiebt sich in meine Spur, ich trete auf die Bremse, dass die Reifen schreien. Ich will rausspringen, nein, das hätte ich früher gemacht, ich hasse es, wenn sich ein Blödian durch seine Stärke Rechte verschafft, die ihm nicht zustehen.
Dieser Idiot setzt die Warnblinker, soll wohl ‚danke’ heißen? Danke für Stress! Ich mache eine böse Geste und umfahre sein verdammtes Hinterteil.
Ich hasse Tunnel. Jetzt ist die zweite Spur verschwunden, ich fahre weiter, habe keine Wahl. Schilder warnen mich, aber wo soll ich hin? Drehen kann ich hier nicht. Prompt kommt mir ein schneeweißer Truck entgegen. Hat Sirenen wie ein Ozeanriese, blendet auf wie ein ganzes Sonnensystem, fletscht die Zähne. Ich verreiße das Steuer und lande in einem noch engeren Tunnel mit Notbeleuchtung, rot und grün. Müllcontainer, Folien, Kartons. Dunkle Leute arbeiten da, verschieben etwas, versperren mir den Weg.
Stopp. Ich kann sie nicht überfahren. Ein mulmiges Gefühl überkommt mich. Sieht aus wie eine Falle. Bevor ich die Zentralverriegelung bedienen kann, öffnet einer die Tür.
Pfefferspray, Pistole, Schlagring – irgendwas sollte ich haben! Er sagt etwas, aber was? Ich wage nicht, ins Handschuhfach zu greifen. Egal, scheiß drauf, es geht nur um das bisschen Leben – paar Monate, paar Jahre – und um die Silberlinge. Was? Kommt jetzt die Bibel ins Spiel, bei mir?
Er redet immer weiter, wirbelt mit den Händen, zeigt nach vorne und zurück. Ich habe keine Chance.
Wahrscheinlich will er, dass ich aussteige. Also tue ich das, drehe meinen Finger um das goldene Kettchen von Doro so lange, bis es reißt. Das soll er nicht haben! Mit dem Fuß schiebe ich es in die Gullyritzen. Dabei erhebe ich die Hände ein bisschen, aber nicht über den Kopf wie im Film. Er sagt etwas, ich verstehe nichts. Er setzt sich auf meinem Platz und startet den Motor. Das habe ich kommen sehen. Die nehmen alles, was sie kriegen können. Doch wozu er mit mir so viele Umstände macht, ist mir unverständlich. Er dreht die Scheibe runter, redet auf mich ein und rudert mit den Armen.
Ich habe mich in mein Schicksal ergeben. Ein anderer kommt näher, wirkt mit dem schwarzen Vollbart noch dunkler. Jetzt kommt das Messer. Achtundsiebzig bin ich geworden. Die Mia muss ich im Himmel treffen. Er drängt mich auf die andere Seite, öffnet die Tür und bugsiert mich in mein eigenes Auto.
Der Mann am Steuer muss nicht wie ich den Kopf nach hinten drehen, schaut nur in die Rückspiegel und fährt forsch hinaus aus der Unterwelt. Er macht einen eleganten Schlenker und die Karre steht in der richtigen Fahrtrichtung. Dann steigt er aus, verbeugt sich schelmisch und lacht dabei.
Was für eine Blamage. Jedenfalls klemme ich mein Hörgerät hinters Ohr und da bleibt es bis zum Ende meiner Tage!

Seit der Périgord-Reise muss ich immer an die Eichenalleen denken, still und würdevoll. Ich möchte lieber dort sein.
Hier hat der Verkehr enorm zugenommen, der Ratten-Test auf der Straße - rücksichtslos und aggressiv. Es wird gedrängelt, dass einem Angst und Bange wird. Nur ungern fädle ich mich wieder ein, vielleicht etwas beherzter als bei der Parkplatzsuche, doch nicht wie in jungen Jahren.
Da taucht die Stadt wieder auf, ich habe noch Zeit zu tanken und für einen Espresso.
Mein Handy lärmt, ‚Summer in the City’. Doro sagt: „Ich bin’s. Du, Artur, hör mal: Da ist ein Brief an dich mit schwarzem Rand. Soll ich den aufmachen oder lieber nicht?“
„Ja“, sage ich, „mach ihn nur auf. Wer ist es denn, ich meine ... doch nicht der ...?“
„Nein, eine ‚sie’! Mia Roeloffs – kennst du die? Absender ist ihre Schwester.“
„Ja, die kenn’ ich. Kannte ich. Eine aus meiner Klasse.“ Mit zuckenden Mundwinkeln zu sprechen ist schwierig. Ich frage noch: „Steht irgendwas dabei – ich meine, vielleicht ... ?“
„Ja, hier:“, unterbricht sie mich, “Beerdigung am – aber das ist ja heute! Heute Nachmittag 16:00 Uhr. Würdest du denn, wenn das Klassentreffen nicht wäre, eventuell dahin ...“
„Ja", sage ich, "das ist mir wichtiger. Ich lass' das Treffen sausen.“
Meine Augäpfel stehen unter Wasser: „Nur eben Tschüss sagen, nur eben so.“

 
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Hej josefelipe,

schwungvoll, direkt und mittenhinein, wie so ein José eben hier funktioniert, cruise ich mit dir durch die (heiße) Stadt und bin voll des Mitgefühls mit dem überlaufenden, alten Mann und gespannt und neugierig.

Und obwohl der erste Absatz auch lustig ist, kann ich mir sehr gut vorstellen, wie man darunter leiden kann, unter den kleinen Gebrechen, dem Verlust von Kraft und körperlicher Unversehrtheit und es ist eine Gemeinheit, wenn das Herz dagegen sich aufführt wie von einem liebestollen, jungen Mann! Ich werde richtig sauer!

Trotzdem habe ich sie rumgekriegt, nach dem Gartenfest, nach der Bowle, in sie hineingerammelt, um ihr zu beweisen – ja was? Das hab ich später nie begriffen. Auch nicht meinen Abgang als feiger Hund.

Du bist bitte was? Hast was beweisen wollen? Und welcher Abgang?
José, das mag schon gehen, kann man machen, weil deine Geschichte eh einen anderen Verlauf nimmt, aber nicht mit mir! :confused:

Ganz konsequent und ohne Hörgerät zerrst du mich hektisch durch all diese Straßen, Umwege, Industrie, Parkhäuser, dass mir schwindelig wird. Klappt sehr gut.

Dieser innere Monolog passt und gefällt mir, auch die Kürze. Selbstverständlich bin mit der Pointe einverstanden, aber nicht zufrieden. Dafür bist du nicht da,schon klar, aber dennoch.
Du hättest hier nicht enden dürfen! Das sage ich mal ganz direkt und unverblümt. Du hättest weitermachen können. Der alte Mann hätte weitermachen müssen, es gibt keinen Grund, aufzuhören, nur weil jemand freundlich ist. Was ist mit Mia? Mit seinen Gefühlen? Was ist mit der Aufklärung? Wieso zeigst du mir die tolle Mia nicht (schöner Name, besonders für ein altes Mädchen), die wahrscheinlich auch verknallt war und gar nicht auf Zauberer und Musiker gewartet hat und sicher sehr sehr traurig war, nachdem er wie ein feiger Hund abgehauen ist.

Lieber José, mir gefallen deine (spontanen) Hirngespinste gut. Sie sind erfrischend und unkonventionell, energetisch und sehr sehr menschlich.

Danke für die Story zum Kaffee und freundlicher Gruß, Kanji

 

Morgen josefelipe,

man kann deinem Hauptcharakter nur wünschen, dass er nach diesem Ereignis zur Abgabe seines Führerscheins überredet wird. Das hört sich ja ganz und gar nicht mehr fahrtüchtig an.
Schmunzeln musste ich darüber, wie er gleich vom Schlimmsten ausgeht, sobald er die schwarzen Arbeiter sieht. Er zweifelt nicht mal eine Sekunde daran, dass sie ihn bestehlen wollen. Da kenne ich leider gleich ein paar solcher Leute, die ähnlich reagieren würden. Schön gemacht, dass der alte Mann am Ende eines Besseren belehrt wurde.

Die textliche Umsetzung fand ich gut und rund zu lesen. Ich bin selten gestolpert, meistens konnte ich den Text einfach so runterlesen.
An folgenden Stellen bin ich eben doch hängen geblieben:

Schlimm, zum alten Eisen zu gehören.
Ich habe die Schnauze voll.
Es ist sowieso alles Scheiße.
Das war mir beim Lesen einfach zu direkt, sodass ich gedacht habe: "Ist ja wieder nur ein verbitterter alter Mann, der mit einer Mischung aus Selbstmitleid und Wut auf alles und jeden im Bauch durchs Leben geht."
Als ich dann zum Ende kam, hab ich überlegt, ob das vielleicht sogar deine Absicht war. Dass ich den Mann auch gar nicht bemitleiden sollte.
So oder so ist es eine sehr direkte Geschichte und von daher betrachtet in sich stimmig. Deswegen finde ich sie gut gemacht.

Liebe Grüße,

Jana

 

Hallo josefelipe,
der direkte Zugriff in die Geschichte hinein gefällt mir sehr gut! Das wirkt auf mich spontan, kopfüber und ist in der Sprache auch kongruent gestaltet. Die affektiven Einwürfe, das Assoziative, das passt und spiegelt, wie ich finde, sehr gut die aus den Fugen geratende Wahrnehmung der alternden Figur wider. Bei der Autofahrt musste ich richtig mitdenken, wo links, rechts, ist, wie die verschiedenen Tunnelvariationen aussehen. Dann die unheimliche Fahrt in die Bronx sozusagen, die gar keine ist. Und da geht es mir so, dass ich das Gewicht dann von Mia, die mich sehr interessiert, zu weit weg gezogen finde. In dem Kontext fällt natürlich das "reingerammelt" raus. Aber es passt dann auch wieder. Aus der Perspektive eines langen Zeitraums hat dieses Ereignis eine starke Bedeutung und die Handlung wird im Licht jugendlicher Unerfahrenheit und gleichzeitig in seniler Faszination über den juvenilen Vitaldrang reflektiert. Das hat schon was. Aber es klingt, ohne Zweifel, brutal. Aber es spielt sich ja auch im Kopf ab. Insofern stimmt es dann für mich auch. Also: Ich wäre sehr gerne Mia begegnet und dann entwickelt sich das dann zu einem Miniroadmovie, was nicht schlecht ist. Aber die Zunge ist nach den aussichtsreichen Anspielungen auf Mia schon recht lang. Und dann bleibt sie halt ein wenig trocken.
Aber, wie gesagt: Eine dennoch schöne, rasante Fahrt, die sprachlich der Geste entspricht und inhaltlich am Schluss zu weit von Mia wegschlenkert. Mia!
Ja: Wenn man ganz konsequent die Geschichte aus der Figurenperspektive heraus denkt, löst sich Mia vor dem Hintergrund der Tunnelbedrohung und der Existenzangst auf. Passt. Als Leser denk ich dennoch an M...
Schöne Grüße
rieger

 
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Hallo josefelipe,

ja, ja, die Tücken des Alters. Ein Glück, dass wir noch weit, weit davon entfernt sind :D. Und Klassentreffen sind so schöne Gelegenheiten zum Vergleichen. Da gibt es schon mal alte Rechnungen zu begleichen.

Mia und die Gewissensbisse. Ich wette, die hättest du gar nicht haben müssen. Schließlich kann man mit siebzehn doch unmöglich die Kenntnisse eines Casanovas haben. Sowas muss erarbeitet werden, da braucht es viel Erfahrung, eine Weltumseglung zum Beispiel.

Leider hast du offengelassen, ob aus dem Klassentreffen noch was geworden ist. Ich stelle mir vor, dass dein Prota auf Umwegen über Landstraßen nach Hause getuckert ist, sich dabei eine gute Geschichte für die family ausgedacht hat. Auf den Tee hat er verzichtet, ausnahmsweise ist es mal ein Glas Tokaier, einer mit besonderer Schwere und Süße. Und um fünf vor Zwölf klingelt das Telefon. Natürlich ist Mia dran, die dir endlich sagen möchte, dass du ihre allerbeste Erfahrung warst. Ach, wär das schön.

Ich schließe mich Kanji an. Deine Geschichten haben immer ein gewisses Etwas. Und das kann man gar nicht verlieren, auch wenn man auf die hundert zugeht ...

Danke fürs Hochladen und
Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo Jose,

Die Idee finde ich sehr schön :). Und der Prot gefällt mir auch gut.

Aber Kritik ist hier auch nötig:

Leute gucken
Hm? Was ist denn Leute gucken?

An sich ist dieser stark subjektive Erzählstil zwar interessant, jedoch finde ich es schade, dass es zum Beispiel keine Dialoge gibt. Dadurch wirkt deine Geschichte nicht so bildhaft, finde ich.

Außerdem finde ich, dass die ganze KG zu kurz ist.

Ich hoffe, meine kurze Kritik konnte dir helfen. Die habe ich jetzt ganz schnell mit dem Handy getippt. :D

LG,
alexei

 

Hola Kanji, Jana Retlow, rieger, wieselmaus, alexei,

für Eure Kommentare meinen besten Dank. Ihr habt mich ja mit Samthandschuhen behandelt – Gott vergelt’s! Jedenfalls ist klar, dass ich mit ‚Mia’ Erwartungen weckte, die ich nicht eingelöst habe.
Ich war stur auf diese begrenzte Szene im Tunnel = Titel fixiert, aber dann schien mir das zu mager für eine KG. Also musste noch etwas (‚Mia’)-Mensch dazu. Und so verlud ich unbewusst meine verehrten Leser auf die falsche Spur. (Ich weiß, wovon ich rede:D).
Eure Enttäuschung konnte somit nicht ausbleiben, und da ich als Verursacher nicht eingelöster Erwartungen nicht leben kann und will:hmm:, beuge ich mich den Erfordernissen und bemühe mich in den nächsten Tagen um ein befriedigendes Ende.
Was? Quatsch, alles Quatsch! Es wird nicht befriedigend sein, eher traurig. Vielleicht sollte man’s gar nicht anklicken.
Ach, noch was: Selbstverständlich beantworte ich jeden Eurer Komms – wie sagt man heute: zeitnah? Im Klartext: recht bald.

Bis dahin. Und vielen Dank!
José

 

Hola hermanito!

Eine interessante Reise, die dein Protagonist hier erlebt - durch seine Vergangenheit, die hektische und rücksichtslose Gegenwart, die sich nicht nur im Straßenverkehr wiederfindet und am Ende die vorurteilsbeladene Vermutung, durch die Hand der "Fremden" einen schrecklichen Tod zu finden.

Ich hatte beim Lesen jedoch immer den Verdacht, du wolltest eine engere Parallele aufzeigen zwischen der Vergangenheit des Prots, seines unehrenhaften Verhaltens gegenüber der berammelten Mia und der Autofahrt mit ihren Irrungen und Verwirrungen. Wenn dir das (noch stärker) gelungen wäre, dann hättest du hier wirklich ein ganz großes - fast schon Hemingway- oder Steinbeck-artiges - Stück Literatur abgeliefert. Bevor du jetzt aber schon die Korken knallen lässt, mein Lieber - vergiss nicht, ich sagte "wäre" und "hätte", also ganz klar Konjunktiv!:D
Denn diese Reise durch die Zeit, Vergangenheit und in die sich abzeichnende Zukunft der langsam aussterbenden Generation des Prots konnte diese Parallele leider in meinen Augen nur anritzen. Stellenweise hatte ich durch die - zugegebener maßen sehr schön detailliert und lebendigen - Beschreibungen der Fahrt fast schon eher eine Satire oder Humoreske im Blick, und keine retrospektive Charakterstudie. Vor allem die letzte Einlage -der Tod durch die Gastarbeiter - hatte schon beinahe etwas von Slapstick. Die Übertreibungen lassen das Ganze wirklich zur Satire werden.
Nicht schlecht, wenns von dir gewollt war!
Sehr schlecht, wenn dieser Effekt unabsichtlich eingetreten ist!

Handwerklich wie immer souverän und routiniert - Kritik ist hier auf hohem Niveau. Ich kann Kanji verstehen, dass sie sich über die hasenartige Begattungsszene ein wenig echauffiert hat - kein Wunder bei dieser derben Holzhammerbeschreibung. Aber ich kenne dich mittlerweile zu gut, um nicht zu wissen, dass das keine zufällig vermurkste Formulierung war, sondern wohldosierte Absicht!:D

Nun denn - ein im Prinzip typisches und gleichzeitig untypisches Opus aus deiner Feder, amigo! Gut geschrieben, unterhaltsam und in Hinblick auf das Lebens-Resümee und Sinieren über die eigene Vergangenheit sehr interessant zu lesen. Was den (unfreiwilligen? Screwball-) Humor angeht, so ist dieser Geschmackssache - ich fand ihn im Gesamtkontext deiner Geschichte jetzt durchaus nicht störend, aber für explizit diese Geschichte ein wenig deplaziert.

Dennoch hast du mich wieder einmal gut unterhalten, und dafür meinen herzlichen Eisenmann'schen Dank - auch wenn ich bei dieser Formulierung hier

Schlimm, zum alten Eisen zu gehören.

schon versucht war, diese persönlich zu nehmen!!:D

Grüße vom noch rostfreien EISENMANN

 

Hola Kanji

Lieber José, mir gefallen deine (spontanen) Hirngespinste gut.
Danke, das freut mich, obwohl – diesmal hat mich das Gespons genervt. Ursprünglich ein längerer Text, dann auf KG getrimmt, aber wie bei einer schlechten Änderungsschneiderei warf der Stoff immer wieder Falten. Vier Wochen hab ich herumgeschnippelt, und trotzdem zu früh eingestellt.
Nach Deinem Kommentar sind noch einige Stellen geändert und das Ende trägt Deinem Einspruch Rechnung:
Selbstverständlich bin mit der Pointe einverstanden, aber nicht zufrieden. Dafür bist du nicht da,schon klar, aber dennoch.
Du hättest hier nicht enden dürfen! Das sage ich mal ganz direkt und unverblümt.
Ich hoffe, Du siehst mir nach, dass es kein Happy End gibt – so was gibt’s nur im Roman:hmm:. Und in der Altersklasse des Prots wäre das eh unwahrscheinlich.

Tja, und dann die wunde Stelle:

José: schrieb:
... in sie hineingerammelt, um ihr zu beweisen – ja was? Das hab ich später nie begriffen. Auch nicht meinen Abgang als feiger Hund.
Kanji: schrieb:
Du bist bitte was? Hast was beweisen wollen? Und welcher Abgang?
Bisschen kompliziert vielleicht: Arturs Kumpel war ‚frühreif’, seine Freundin auch – die fickten aus Spaß an der Sache, aber Artur gehörte zu den Simpeln, die dachten, hart und schnell wäre das Nonplusultra – deshalb dieses hässliche Wort.
Leider blieb diese Stümperei nicht ohne Folgen und Jung-Artur heuerte bei der Hamburg-Amerika-Linie an. Tschüss. Mia drehte den Gashahn auf (eine damals beliebte Methode zur Problembewältigung), wurde aber gerettet. Soll ich noch mehr erzählen?

Liebe Kanji, besten Dank für die Anstöße – die waren wirklich notwendig.

José

 

Lieber josefelipe,

du wirst mir sicher nicht glauben, wie sehr ich mich freue, deine Gewchichte bearbeitet vorzufinden und dass du der armen, verzweifelten Mia etwas mehr Leben einhauchst, wenn auch nur für einen traurigen Moment.

Ich hoffe, Du siehst mir nach, dass es kein Happy End gibt – so was gibt’s nur im Roman. Und in der Altersklasse des Prots wäre das eh unwahrscheinlich.

Leider muss ich dir hier widersprechen. Natürlich gibt es auch in Kurzgeschichten und im wahren Leben jeder Altesklasse ein happy ending. For sure! Aber dein Protagonist war auf seiner Selbstmitleidsschiene eingefahren, festgefahren und kam ja gar nicht mehr selbst heraus. ;)

Aber ich will dich nicht quälen, wenn Mia sterben muss, dann lieber zu dieser Zeit, als mit dem Kopp im Backofen. Und dass er dann "lieber" noch einmal zu ihr als zur Alterstreffen-Challenge, ist mehr als okay.

Leider blieb diese Stümperei nicht ohne Folgen und Jung-Artur heuerte bei der Hamburg-Amerika-Linie an. Tschüss. Mia drehte den Gashahn auf (eine damals beliebte Methode zur Problembewältigung), wurde aber gerettet. Soll ich noch mehr erzählen?

Ich hätte nichts dagegen.

Lieber Gruß an dich, Kanji

 
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Guten Abend, Jose,

Danke für die Story!!!

Das Einzige, womit ich in dieser KG rein gar nicht anfangen kann, ist der Titel!!!

Mir ist nicht ganz klar, welches ereignishaftträchtige Erlebnis der alte Mann dort erlebte, sodass die ganze Geschichte danach genannt wird. Warum nicht "Hörgerät"? Was passiert im Tunnel, dass Du unsere Aufmerksamkeit genau auf diesen Part des Plots zu lenken versuchst?

Dann kam ich nicht mit dieser Schnelligkeit klar, mit diesem klaren Bildwechsel, die der alte Mann während der Fahrt wahrnahm und wiedergab. Die Gedankengänge waren verblüffeln schnell, zusammenhängend, nüchtern, NICHT senil. Dies steht im krasen Kontast zu den Geschehnissen außerhalb der Hirnhaut deines Protagonisten. Ist er so in Gedanken versunken, schreibt er sie gerade "live" als diese Story auf, dass er nicht mehr wahrnimmt, was um ihn passiert, oder nur verzerrt. Also, seine Angst, ausgeraubt zu sein, ist für mich nicht nachvollziehbar: klare zusammenhängende Sätze im Kopf auf einer Seite und volliges MIssverstehen der Arbeiter auf der anderen Seite. Es sei denn, Du willst uns damit sagen, dass alle alte Mensch in Frankreich Angst vor Bauarbeitern haben? Der Alte missversteht voll und ganz ihre Gebärden während dieser peinlichen und zum Glück nicht fatal ausgegangenen Situation, dafür aber vollkommen richtig folgende Szene: "Dann steigt er aus, macht eine schelmische Verbeugung und lacht dabei". So plötzlich geht es also bei dem alten Herrn! Was das absichtlich so gewollt von Dir? Das kann ich nicht verstehen!

Dann... hat der Alte einen guten Sinn für Humor? Er ist absolut fahruntüchtig, durfte ich feststellen, erzählt es aber so, verkauft es uns, seinen Zuhörern, so, als würde es gar nicht wissen oder wahrhaben wollen, was um ihn passierte? Lachte er oder weinte er während des Erzählens dieser GEschichte, oder war er dabei ganz ernst? Das wissen wir, die Leser, nicht. Die meisten Leser setzten voraus, dass er dabei zumindest nicht lachte. Ich kann mir diesen Alten gerade gut an einer Bar vorstellen, wie er seinen Kumpeln laut über seine Fahrt durch den Tunnel beicht, über den Anruf der Tochter und den Brief etc. lachend oder schelmisch grinsend!

Also, ich will sagen, ich sehe da keine Verbindung zwischen geschilderten Geschehnissen und der inneren Welt des Alten. Du zeigst ihn von einer viel zu schönen Seite. Seine innere Welt sprudelt nur so vor Energie und Lebenskraft, oder VItalität - von mir aus. UNd genau das verblüfft mich. Entschuldige, aber es hätte mich wirklich nicht gewundert, wenn er noch während der FAhrt eine Erektion hätte... Auf jeden Fall erinnert mich seine Vitalität, mit der er seine Gedanken, Erlebnisse etc. uns präsentiert, an einer üppige, nicht aufhörende GEdanken-Errektion, Extase!!! Meines Erachtens passt es aber zu einem alten Mann nicht mehr.

Mißverstehe mich bitte nicht falsch: es ist ein Genuss, dieser Errektion zuzuhören, zuzusehen. So zu schreiben würde ich sehr gerne. Allerdings passt dieser Stil nicht in den Kontext.

Also, warum heißt die KG "Im Tunnel"? Ich habe immer noch keine Ahnung...

VIele Grüße
Herr Schuster

 
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Hola Jana Retlow,

danke sehr für Deine Meinung zum Text. Im Nachhinein habe ich noch etwas verändert, aber ich denke, das spielt keine große Rolle. Oder doch - das Ende gefällt mir jetzt besser.

Du sagst, hier hakelt es etwas:

An folgenden Stellen bin ich eben doch hängen geblieben:
Schlimm, zum alten Eisen zu gehören.
Ich habe die Schnauze voll.
Es ist sowieso alles Scheiße.
Das war mir beim Lesen einfach zu direkt, ...
Ja, versteh’ ich. Das müsste nicht wie ein Wahlplakat an der Wand hängen. Nur war ich im Zweifel, ob der Text das indirekt auch schaffen würde – diese gelegentlichen Unbeherrschtheiten, mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen in ohnmächtiger Verzweiflung, in Wut. In der nächsten Sekunde kippt das wieder, vielleicht kommt Weinerlichkeit auf, gar Resignation? Aber gewöhnlich geht das Leben weiter:).
Als ich dann zum Ende kam, hab ich überlegt, ob das vielleicht sogar deine Absicht war. Dass ich den Mann auch gar nicht bemitleiden sollte.
Um einigermaßen gut abzuschneiden, könnte ich das bestätigen – aber ungelogen und ohne Kalkül: Es ist so.
Meine Figuren sollen nie Mitgefühl / Mitleid oder Sympathie auslösen; ich versuche, etwas distanziert zu bleiben und auch ihre schwachen Stellen nicht zu kaschieren (....
wie er gleich vom Schlimmsten ausgeht, sobald er die schwarzen Arbeiter sieht. Er zweifelt nicht mal eine Sekunde daran, dass sie ihn bestehlen wollen.)

Liebe Jana, mit Deiner Einschätzung bin ich sehr zufrieden. Fast ein wenig zu schmeichelhaft – aber das soll kein Vorwurf sein:D.

Viele Grüße!
José


Hola Kanji,

... du wirst mir sicher nicht glauben, wie sehr ich mich freue, deine Gewchichte bearbeitet vorzufinden ...
Doch, das glaube ich. Ich bin ein ganzer ein Fleißiger, früher haben mich die Lehrer deswegen sehr gelobt.
José: schrieb:
Ich hoffe, Du siehst mir nach, dass es kein Happy End gibt – so was gibt’s nur im Roman. Und in der Altersklasse des Prots wäre das eh unwahrscheinlich.
Kanji: schrieb:
Leider muss ich dir hier widersprechen. Natürlich gibt es auch in Kurzgeschichten und im wahren Leben jeder Altesklasse ein happy ending.
Widerspruch zwecklos. Ich seh’s ja auch so. Bin nur ein alter Laberkopp (der sich glücklicherweise selbst nicht zu ernst nimmt).
José: schrieb:
Soll ich noch mehr erzählen?
Kanji: schrieb:
Ich hätte nichts dagegen.
Muss mal überlegen. Da wäre schon noch was, z. B. was diesen Sommer die hippsten Eissorten in Pécs sind: Weizenbiersorbet, Caprese (Tomaten, Basilikum, Mozzarella) und Lavendel (eine Art Seifeneis:shy:).

Viel Sonnenschein!
José

 

Hola Jose,

grundsätzlich hat mir Deine neue Geschichte gut gefallen. Nur war ich eher neugierig auf das Zusammentreffen mit Mia und hatte zunächst gehofft, dass das Erlebnis im Tunnel nur eine kurze Sequenz ist, ahnte aber anhand der Überschrift schon, dass dem nicht so ist. Für mich werden hier zwei verschiedene Geschichten erzählt, einmal die von Artur und Mia, und einmal die von Artur im Tunnel. Das fand ich ein bisschen schade, denn so wirken beide Geschichten nur angerissen auf mich.

Die dritte Ebene ist für mich das Lebensgefühl von Artur, zu dem die Überschrift hervorragend passt. Auch die "Wahlplakate" fand ich gut gelungen. Durch Deinen Schreibstil wirken sie nicht deprimierend auf mich, eher tragisch-komisch.

Das Erlebnis mit den "dunklen Männern" spiegelt zwar die Lebenseinstellung des Prots, aber irgendwie will mir das nicht so recht in Bezug auf die Mia-Geschichte behagen. Ich finde, Du hättest Dich mehr auf einen Strang konzentrieren und den weiter ausbauen können. So sind es, wie gesagt, eher zwei Geschichten für mich.
In einem anderen Kommentar hast Du gesagt, Du wolltest eigentlich nur eine Sache erzählen, brauchtest aber noch eine Rahmenhandlung. (Wortwörtlich geb' ich das jetzt nicht wieder, ich weiß, aber ich hoffe, ich habe es zumindest inhaltlich getroffen.) Ich finde, Du hättest einen der Stränge nebensächlicher gestalten können, damit man (ich) nur an einer Sache dran bleibt. So wirkte alles ein wenig verschwommen auf mich, obwohl ich beide Begegnungen sehr interessant fand.

Dann fiel mir noch auf, dass Artur Mia doch bestimmt schon auf einem anderen Klassentreffen begegnet sein müsste. Oder kam sie da nie?

Insgesamt hab' ich die Geschichte trotz Gemecker gerne gelesen, ich mag Deine Art zu erzählen und Deinen Humor sowieso.

Liebe Grüße von Chai, ( die momentan den kalten deutschen Sommer genießt).

 
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Hola rieger,

vielen Dank für Deinen freundlichen Kommentar. Freue mich stets, von Dir (einen) Post zu bekommen, denn Du bist ja immer – und fairerweise – bemüht, dem Text eine Chance zu geben, bist sehr genau in der Beurteilung und findest oft dort noch Positives, wo andere schon den Daumen senken.
Was ich sagen will: Bei Dir als Kommentator ist man als Autor gut aufgehoben. Ich nehme an, diese gute Eigenschaft hat mit Deinen Bergexkursionen zu tun:).

In dem Kontext fällt natürlich das "reingerammelt" raus. Aber es passt dann auch wieder. Aus der Perspektive eines langen Zeitraums hat dieses Ereignis eine starke Bedeutung und die Handlung wird im Licht jugendlicher Unerfahrenheit ... ... reflektiert. Das hat schon was. Aber es klingt, ohne Zweifel, brutal.
Ja, das tut es. Ich hab’s nicht so sehr mit Kraftausdrücken, aber dieses Wort drückt aus – soll ausdrücken – wie etwas Großartiges durch Mangel an Geist und Erfahrung zu etwas Blödem wird / werden kann.
... und gleichzeitig in seniler Faszination über den juvenilen Vitaldrang
Nein, mein lieber rieger – mein Prota, ein Greis, ist eher entsetzt über die damals nicht wahrgenommene Einmaligkeit dieses Ereignisses, der ‚juvenile Vitaldrang’ treibt ihm eher die Tränen in die Augen. Ich erinnere mich an unser damaliges Weltbild: Das Mädchen, mit dem du geschlafen hast, gehört dir! Aus heutiger Sicht beinahe orientalisch.
Aber es spielt sich ja auch im Kopf ab.
In der Tat. Und wenn der nichts taugt ...
Also: Ich wäre sehr gerne Mia begegnet Aber die Zunge ist nach den aussichtsreichen Anspielungen auf Mia schon recht lang. Und dann bleibt sie halt ein wenig trocken.
Hoppla – nach den ‚aussichtsreichen Anspielungen auf Mia’ wird Dir die Zunge lang?
Und der Herr Schuster muss an Erektionen denken?
Ja, Sapperlot, was schreibe ich eigentlich? Ich werde dem Prota immer ähnlicher, fürchte ich.

... und dann entwickelt sich das dann zu einem Miniroadmovie, was nicht schlecht ist.
Ja. Da sind wir bei der eigentlichen Sache: Verschobene Wahrnehmung. Der Prota ist selbstverständlich nicht in der Lage, seine altersbedingten Unzulänglichkeiten zu erkennen, erkennt aber die Fehler in seiner Jugend. Hihi:D.

Aber, wie gesagt: Eine dennoch schöne, rasante Fahrt, die sprachlich der Geste entspricht ...
Das lasse ich einfach so stehen und freue mich.
Und wenn Du bis an Dein Lebensende der Mia hinterherweinst – es soll mich nicht scheren:
... inhaltlich am Schluss zu weit von Mia wegschlenkert. Mia!
Letztlich zählt:
Ja: Wenn man ganz konsequent die Geschichte aus der Figurenperspektive heraus denkt, löst sich Mia vor dem Hintergrund der Tunnelbedrohung und der Existenzangst auf. Passt.
Ein sehr sympathisches Fazit, danke sehr – obwohl, Du kannst es einfach nicht lassen:
Als Leser denk ich dennoch an M...
Da hast scho recht, war ’n tolles Mädchen! Aber der Wagen, der rollt ...

Ich wähne Dich im Lande der Biergärten – noch eine schöne Sommerzeit!
José

 
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Hola wieselmaus,

ich freue mich über Deinen Kommentar, danke schön.
Das Thema ist uns ja nicht soo fremd, obwohl ich noch nie an einem Klassentreffen teilgenommen habe. Deshalb nahm ich an, da würden sich alle selig in den Armen liegen und nun lese ich ganz bestürzt:

wieselmaus: schrieb:
Klassentreffen sind so schöne Gelegenheiten zum Vergleichen. Da gibt es schon mal alte Rechnungen zu begleichen.
Sieh mal an. Da hab ich vielleicht gar nicht so viel verpasst (obwohl meine Konten immer ausgeglichen waren:shy:.)
wieselmaus: schrieb:
Mia und die Gewissensbisse. Ich wette, die hättest du gar nicht haben müssen. Schließlich kann man mit siebzehn doch unmöglich die Kenntnisse eines Casanovas haben.
Demnach bin ich der Prota? Aber bisschen Autobiographisches ist wohl bei den meisten Geschichten dabei. Na ja, eine schwangere Maid habe ich nicht sitzen gelassen, aber in der Liebe hab ich aus lauter Unsicherheit die Führungsrolle übernommen – wie beim Tanzen. Und beides war schrecklich.
Sowas muss erarbeitet werden, da braucht es viel Erfahrung, eine Weltumseglung zum Beispiel.
Meine Segler waren Dampfschiffe, aber das war längst nicht genug; ich musste noch paar Jahre ranhängen:).

Leider hast du offengelassen, ob aus dem Klassentreffen noch was geworden ist.
Mein Fehler. Nach Deinem Komm habe ich die Geschichte mit Mias Tod zu Ende gebracht, und der Prota ist statt zum Klassentreffen zu ihrer Beerdigung gefahren (bevor er dann hoffentlich den Führerschein abgegeben hat).
Leider passiert mir das manches Mal, dass ich entweder beim Titel oder beim Schluss nachbessern muss. Deine Idee für ein passendes Ende finde ich sehr schön.
Das hätte auch gepasst. Tokajer passt eigentlich immer:cool:.
Ich schließe mich @Kanji an. Deine Geschichten haben immer ein gewisses Etwas.
Oh, das kann ich nicht so richtig einordnen, aber auf jeden Fall klingt es sehr gut. Danke.
Und danke für die Beurteilung meines Textes – ein gutes Gefühl, seine Leser zu erreichen.

Liebe wieselmaus, ein straff durchgedrückter Rücken wird uns auch über die nächsten Jahre helfen!
José

Hola alexei,

danke für’s Reinschauen!

alexei: schrieb:
Aber Kritik ist hier auch nötig: Leute gucken
Hm? Was ist denn Leute gucken?
Ach, das sagen die Leute, die andere Leute begucken – meist lassen sie sich selbst gern begucken, weil sie meinen, sie wären etwas Besonderes.
Aber ernsthaft: Die Leute reden so, auch die in der Familie des Protas. Eine Mischung aus Slang und Einkaufs-Center-Deutsch:D.
alexei: schrieb:
... finde ich es schade, dass es zum Beispiel keine Dialoge gibt.
Stimmt! Ich hatte den Artur alleine auf die Reise geschickt – und wie dann (im Tunnel) geredet wurde, lag sein Hörgerät im Handschuhfach. Er hat’s nicht rausgeholt, weil er an die Krimis denken musste, wo dort immer eine Pistole liegt und die anderen falsche Schlüsse ziehen könnten / würden, wenn er dort hinlangt.
Jedenfalls gibt es jetzt einen kleinen Dialog am (veränderten) Ende zwischen dem Prota und seiner Frau. Bei meiner nächsten Geschichte werde ich daran denken, den Dialogen mehr Raum zu geben.
alexei: schrieb:
Außerdem finde ich, dass die ganze KG zu kurz ist.
Das hat vermutlich mit dem Ende der Erstfassung zu tun. Das wirkte ein bisschen abgehackt, wohl auch abgekürzt. Ich hoffe, dass Dir die jetzige Version besser gefällt.
Ich hoffe, meine kurze Kritik konnte dir helfen. Die habe ich jetzt ganz schnell mit dem Handy getippt.
Ich weiß. Das machst Du immer ganz fix. Hab’s schon anderswo so von Dir gelesen.
Kurze Kritik / ganz schnell? Warum diese Hast? Alles braucht seine Zeit – ich habe mir auch die nötige Zeit genommen, Dir zu antworten.
Slow Down, alexei.
Und schöne Grüße!
José

 

Hallo jose,

Ja, das ist jetzt ein rundes Ende. Schöne Idee. Ich weiß nicht warum, aber schöner fände ich es, wenn der prot zu spät wäre für die Beerdigung.

Kurze Kritik / ganz schnell?*
Weißt du, ich bemühe mich echt darum, lange Kritiken zu schreiben. Nach dem posten gucke ich dann auf meinen Kommentar und bin enttäuscht, weil er so kurz geworden ist. Ich finde es total beneidenswert, wenn Leute zu so kurzen Geschichten richtige Statements verfassen können. Ich denke, dass Wort trifft den Nagel auf den Kopf: beneidenswert.

Naja, sei dir aber bitte sicher, dass meine Kommentare nicht desswegen zu kurz sind, weil ich ganz schnell machen will, sondern weil mir echt kaum etwas einfällt, was ich ergänzen könnte.
Zum Beispiel jetzt da zu deinem neuen Ende: Ich meine, was kann ich denn dazu sagen? Ja, es ist besser als das voherige? xD

Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich dich gerade etwas als Lagerstädte für meinen seelischen Müll missbraucht habe.
LG,
Alexei :D

 
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Hola Eisenmann,

na, das ist doch mal wieder ein Kommentar! Gracias, querido amigo.
Allerdings habe ich eine Nuss zu knacken, die für mich zu hart sein dürfte:

Nicht schlecht, wenns von dir gewollt war!
Sehr schlecht, wenn dieser Effekt unabsichtlich eingetreten ist!
Bei A könnte ich einfach behaupten, es wäre gewollt. Da wär’ ich fein raus.
Bei B sehe ich alt aus, d. h. noch älter:shy:.
Stellenweise hatte ich ... ... fast schon eher eine Satire oder Humoreske im Blick, und keine retrospektive Charakterstudie.
Oha. Nach dem Lesen Deines Komms gerate ich ordentlich ins Grübeln. Und Deine Feststellung
Vor allem die letzte Einlage -der Tod durch die Gastarbeiter - hatte schon beinahe etwas von Slapstick.
macht die Sache auch nicht einfacher.
Die Übertreibungen lassen das Ganze wirklich zur Satire werden.
Peng – jetzt sitz’ ich zwischen den Stühlen. Ganz ehrlich gesagt habe ich mir keine Gedanken gemacht, welches Genre ich bedienen will.
Satire schon, aber nur ein bisschen, denn aus eigener Erfahrung kenne ich die Wetterwendigkeit von Situationen und aufkommenden Gefühlen. Das geht manchmal blitzschnell: zerknirscht (den falschen Schluss gezogen / falsche Entscheidung, aber früher war das so!) – Revision – aha – auch falsch – beim dritten Versuch alles gut (ich habs doch gleich gewusst / das konnte ja nur so sein!) Wie befreit lacht der alte Mensch, findet sein Selbstvertrauen wieder – oder schiebt seinen Fehler aufs Alter und ist stocksauer.
‚Im Tunnel’ ist auch drama-tragisch:cool:. Die Jüngeren haben den 360 Grad-Überblick, die Alten landen peu-à-peu im Tunnel; z. B. mit ihrem ‚Wissen’, dass dunkle Gestalten ihnen stets an den Kragen wollen. Da gibt`s für sie keinen Zweifel, vielleicht auch durch die Nähe zu AfD und Pegida. Ernst und Komik verquirlen sich, und durch seine Unsicherheit fehlt ihm ein klarer Kurs.

Ich kann Kanji verstehen, dass sie sich über die hasenartige Begattungsszene ein wenig echauffiert hat - kein Wunder bei dieser derben Holzhammerbeschreibung.
Dieses Wort ist wirklich nicht erste Wahl – auf den ersten Blick. Leider gibt es kein treffenderes. Damals geisterten Ideen von ‚ein Mädchen / eine Frau erobern’ durch unsere Köpfe – und was man erobert, besitzt man:D. Dieses „hineinrammeln“ steht für Hirn- und Gefühlslosigkeit.
Aber ich kenne dich mittlerweile zu gut, um nicht zu wissen, dass das keine zufällig vermurkste Formulierung war, sondern wohldosierte Absicht!
In diesem Fall eindeutig Ja.
Was den (unfreiwilligen? Screwball-) Humor angeht, so ist dieser Geschmackssache - ich fand ihn im Gesamtkontext deiner Geschichte jetzt durchaus nicht störend, aber für explizit diese Geschichte ein wenig deplaziert.
Lieber Eisenmann, da hast Du sicherlich recht. Eigentlich wollte ich die Situation eines alten Autofahrers darstellen – ernsthaft, aber es war klar, dass da auch komische Momente reinrutschen könnten. Mir war das recht, weil mich manchmal der Hafer sticht.
Übrigens habe ich das Ende anders gestaltet; ich hoffe, Du kannst das abnicken.

Ich freue mich, dass Du den Text einigermaßen amüsant fandest und bin mit Deiner Beurteilung mehr als zufrieden.

Beste Grüße!
José

PS.:

... auch wenn ich bei dieser Formulierung hier
José: schrieb:
Schlimm, zum alten Eisen zu gehören.
schon versucht war, diese persönlich zu nehmen!!
Nein, nein, mein Lieber! Damit lass Dir mal gehörig Zeit. Das ist ganz speziell auf mich gemünzt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo josefelipe,

die Idee für deine Geschichte finde ich sehr gelungen. Es ist tragisch, wenn man wegen seines Alters mit dem Leben nicht mehr zurechtkommt und seine eigenen Fähigkeiten nicht mehr richtig einschätzen kann.

Das passiert aber manchmal auch jüngeren Leuten, man braucht sich bloß mal einige Castingshows anzusehen.

Den Teil mit den Fahrproblemen finde ich etwas zu lang und zu umständlich im Verhältnis zum Rest der Geschichte. Vielleicht könntest du dir da noch etwas mehr einfallen lassen. Da bräuchte die Erzählung noch andere Ausschmückungen.

Und das Ende ist sehr traurig, aber ich finde, das du dies noch etwas ausführlicher beschreiben könntest. Es ist mir viel zu kurz und zu aprupt, im Verhältnis zu der langen Fahrgeschichte.

Es ist jedoch eine sehr schöne Erzählung und vielleicht sollte man ja regelmäßig die Fahrtüchtigkeit prüfen.

Viele Grüße Federstrich

 
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Hola Herr Schuster,

danke bestens für Ihren Kommentar. Erlaube mir aber, Sie ab jetzt mit Du anzusprechen.
Du warst ja richtig fleißig – das muss ich nun abarbeiten:

Herr Schuster: schrieb:
Das Einzige, womit ich in dieser KG rein gar nicht anfangen kann, ist der Titel!!!
Das klingt gut, denn somit bleibt ja noch eine Menge Text übrig:).
Herr Schuster: schrieb:
Was passiert im Tunnel, dass Du unsere Aufmerksamkeit genau auf diesen Part des Plots zu lenken versuchst?
Was im Tunnel passiert? Tja – wie soll ich das erklären? In meiner Geschichte eigentlich all das oder nur das, was ich dem Leser erzähle. Dass der Prota nicht mehr Herr der Lage ist, habe ich wohl deutlich genug dargestellt.
Mein lieber Herr Schuster, ich habe den Eindruck, dass Du Deinen Komm in leicht zerstreuter Befindlichkeit eingestellt hast. Ich könnte mich nun detailliert auf all Deine Bemerkungen einlassen, aber weil alle anderen Kommentatoren mit der Geschichte klargekommen sind, könnten die Schwierigkeiten nicht nur in meinem Text, sondern auch bei Deiner Leseaufmerksamkeit liegen, z. B. wenn Du schreibst:
Herr Schuster: schrieb:
Es sei denn, Du willst uns damit sagen, dass alle alte Mensch in Frankreich Angst vor Bauarbeitern haben?
Das ist natürlich Quark (oder Sto Gramm?), weil die Geschichte außerhalb Frankreichs spielt.
Herr Schuster: schrieb:
... klare zusammenhängende Sätze im Kopf auf einer Seite und volliges MIssverstehen der Arbeiter auf der anderen Seite.
Nicht, weil die französisch sprachen, sondern weil er sein Hörgerät ins Handschuhfach gelegt hatte. Aber ich sehe schon, dass wir zwei nicht unter einen Hut kommen können.
Herr Schuster: schrieb:
... es hätte mich wirklich nicht gewundert, wenn er noch während der FAhrt eine Erektion hätte... Auf jeden Fall erinnert mich seine Vitalität, mit der er seine Gedanken, Erlebnisse etc. uns präsentiert, an einer üppige, nicht aufhörende GEdanken-Errektion, Extase!!!
Hier, Herr Schuster, gebe ich auf. Ich habe keine Lust, mich mit diesen kruden Fantasien auseinanderzusetzen.
Herr Schuster: schrieb:
Meines Erachtens passt es aber zu einem alten Mann nicht mehr.
?? Was Du denkst und schreibst, hat mit meinem Text nichts mehr zu tun. Ich verabschiede mich.

José

 

Sehr, sehr anrührend.

Auch die Hinführung zum Finale, im Sinne des Wortes.

Solche Geschichten vertragen sich bestens mit meinen gelegentlichen Gemütszuständen.

 

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