Ein schlammiger Gruß, liebe Wortkrieger,
puh, das waren zehn harte Tage in der Fangopackung aus verordnetem Phlegma, gepaart mit stillschweigender Freude über das Lesen eurer tollen Komms.
Zunächst mal vorab:
Ursprung des Ganzen war ein Song von „The Smiths“ aus dem Jahr 1983, der sich damals in mein jugendliches Hirn bohrte und seitdem dort verweilte. „Suffer little Children” heißt dat Dingen und beginnt so:
“Over the moor, take me to the moor
Dig a shallow grave
And I'll lay me down”
Und später:
“Fresh lilaced moorland fields
Cannot hide the stolid stench of death.”
Vor kurzem ploppte das wieder an die Oberfläche und das war der Ursprung der Moorstory.
Mein Versuch war, die Atmosphäre, das Setting durch die Sprache so dicht zu stricken, dass der Leser das Versinken im Moor, diese unglaubliche Schwere, die Trägheit und die Abwesenheit von Hoffnung nachempfindet.
Danke Nichtgeburtstagskind für deinen Eisbrecher-Komm.
Und schwupps, war ich schneller enttarnt, als ich „piep“ sagen konnte!
Bitte mit einem Augenzwinkern um Verzeihung für die Adjektivdusche.
Du schreibst:
Ich könnte noch weiter durch den Text gehen, aber ich denke meine Kommentare würden ähnlich sein. Das ist einfach nicht mein Text. Ich finde, es anstrengend zu lesen, weil du sehr viel beschreibst, die Atmosphäre, die Geräusche, die Umgebung, alles beschreibst, aber kaum etwas passiert.
Jo, das deckt sich mit dem, wie ich es angelegt habe.
Vielen Dank für deine Rückmeldung, auch wenn es nix für dich war.
Oye TeddyMaria,
haha, mich im Discord auf die Maske hinweisen, hmmmm? Schon klar!!!
Neben dem üblichen Textgemecker ist vor allem dein Spoiler für mich sehr interessant:
Ha, Nichtgeburtstagskind, GENAU das habe ich auch gedacht. Hier:
Fackeln tunken sandige Grasinseln in flackerndes Licht, holen sie einen Moment aus der trüben Schwärze, bevor sie sie zurücksinken lassen in den schlammigen Orkus.
Da dachte ich: Das kommt mir bekannt vor. Und dann dachte ich: linktofink. Danach habe ich den ganzen Text als linktofink gelesen, kriege jetzt auch keine/n andere/n Autoren/Autorin vors innere Auge. Nee. Totaler linktofink. Wenn dem wirklich so ist, und was anderes will mir nicht einfallen, dann weißt Du ja, es gibt Dinge an Deinen Geschichten, mit denen ich in der Vergangenheit leben musste, ohne sie zu mögen. Und vermutlich, wenn ich nicht die ganze Zeit an Dich gedacht hätte, hätte ich dieses Bildergemetzel nicht so toleriert. So weiß ich oder glaube ich zu wissen, dass das eben voll Dein Ding ist. Und ich fand das schon recht atmosphärisch, habe alles in schwarzweiß gesehen.
Bestimmt liege ich gerade richtig daneben und jemand anderes amüsiert sich total. Na ja. Ich kriege meine Gedanken aber nicht mehr davon weg.
Natürlich lagst du goldrichtig (wie so oft) und natürlich freut mich das ungemein, dass du dich trotz der Adjektiv- und Assoziationsschwemme darauf eingelassen hast und final dem Ganzen doch etwas abgewinnen konntest. Das nenne ich wahre Kameradschaft.
Schlammige Grüße zurück, sésata
Ronja,
auch du hast in deinem letzten Komm. richtig vermutet, also noch einmal liebe Grüße aus dem Moor zur Endstation.
Mit scharfem Gerassel und aufgeregtem Gebrüll kommt die Gefolgschaft des Landvogts zum Stehen, doch bis die Pferde auf dem schmalen Weg gewendet sind, bin ich längst abgetaucht.
Hier gefällt mir, dass die Anfangsbuchstaben identisch sind, das gibt dem Satz eine schöne Melodie. Davon gibt es mehrere Beispiele im Text.
Jo, die Alliterationen sollen dem Text einen bestimmten Rhythmus verleihen. Eine kurzzeitige Beschleunigung.
Zu deinem "es bricht die Hölle los". Du hast recht, da werde ich nach einem Austauschpartner suchen. Alexei hat es auch bemängelt.
Insgesamt schließe ich mich den Vorkommentatoren an. Ich finde auch, dass weniger mehr ist. Du hast originelle Bilder kreiert. Dafür hast du ein Händchen. Aber sparsamer eingesetzt, wirken sie mMn mehr. Dies gilt auch für die Adjektive. Aber sicher Anssichtssache. Sprachlich schimmert für mich viel Kreativität durch ...
Merci, ich bin nicht ganz sicher, ob ich darauf verzichten kann (/will), denn die Anhäufung der Adjektive trägt wesentlich bei zu dem Sog des Moors, der hoffentlich spürbar wird.
Deinen noch nicht erwähnten Textvorschläge stehe ich unentschlossen gegenüber. Da erbitte ich mir Bedenkzeit.
alexei,
Wie kann Schilf zahnig sein?
Schilfblätter sind etwas gezackt/gezahnt, wodurch sie ins Fleisch schneiden können.
Ich finde, dass "rosig" hier nicht passt. Wirkt klischeehaft.
Jo, da hast du vermutlich recht.
Es bricht die Hölle los.
Dieser Satz ist sehr klischeehaft und du kannst das ruhig rauslassen.
Hat auch schon Ronja angemerkt, da muss ich mal den Wortgenerator anwerfen.
Der Text ist sehr verwirrend und dir scheint offensichtlich der Fokus eher auf der Sprache zu liegen als auf der Handlung.
Die Sprache soll die Handlung eindicken und verlangsamen, wie Schlamm.
Auch du hast mich enttarnt … Für mich ist das erstaunlich - und schön.
Lieber zigga,
Wenn du mich als Probeleser nimmst, ist mein subjektiver Eindruck: Einerseits finde ich die Langsamkeit und Wucht deiner Bilder, die Intensität wirklich stark und hat mich wirklich eingenommen. Ich finde die Dosierung der Adjektive, Beschreibungen usw. auch auf einer Seite passend, mir kam der Text so vor, als ob da jemand ist, der weiß, was er mit seiner Sprache tut, als ob da jedes Wort an der richtigen Stelle sitzt.
WOW, das nehme ich dankend auf. Da ich viel dran geschnitzt habe, freu es mich, wenn die Spracharbeit durchschimmert.
Andererseits bin ich als Leser gezwungen, sehr langsam zu lesen, Wort für Wort, weil da sehr vieles auf mich einprasselt. Das ist auch in Ordnung für die Länge. Aber, und das ist jetzt die Kehrseite, ich kann mich dadurch schlecht auf den Plot konzentrieren. Ich habe mich ungefähr in der Mitte des Textes auch gefragt: Um was geht es hier eigentlich?, und musste mich dann parallel praktisch auf Handlungsebene und gleichzeitig das Dechiffrieren der pompösen Sprache konzentrieren, und das nahm mir etwas den Drive beim Lesen: Es ist zu viel - zumindest für mich, der sicher nicht er elitärste Leser ist.
Ähnliches schriebst du schon bei Nacimiento del Mal, auch dort hatte der Text für dich bei der Gewichtung Sprache/ Plot Schlagseite. Bei beiden Texten ist das auch so, ganz eindeutig. Ausgehend von dem Sumpf, den ich zeigen will, finde ich das in dem Fall jedoch adäquat - abgesehen davon, dass ich grundsätzlich dazu neige.
Aber entweder - und das ist mein persönlicher Leseeindruck - kann ich mich auf die krasse Sprache einlassen, oder auf einen mir verschachtelt scheibenweise gelüfteten Plot. Zumindest ist das hier so, und das ist ein Schwachpunkt, den ich beim Text sehe. Aber, zu guter Letzt, die Sprache ist schon krass intensiv, Hut ab dafür.
Ich sehe den Schwachpunkt, nehme ihn in kauf und freue mich dennoch extrem über dein Lob der Sprache.
Auch wenn du danebenlagst, ehrt mich dein Spoiler sehr:
Ich tippe auf @Katla. Die Sprache, die Art des Entlüftens des Plots hat mich stark an seinen Schwarzen Schnee erinnert. Da hatte ich ein sehr ähnliches Leseerlebnis.
Katla ist z.Z. leider (immer noch?) auf hoher See und fernab jedes Internets. Ich vermisse ihre eindringlichen Kommentare mit Augenmaß und feiere gerade deinen (unbeabsichtigten) Vergleich.
Hej maria.meerhaba,
vielen Dank für deinen ehrlichen Geradeaus-Komm. Da war einiges Erhellendes dabei.
Ich habe nachgesehen, wie lang der Text ist. Kein gutes Zeichen. Schon nach dem dritten, vierten Satz kommt mir jeder Satz überladen vor, als wollte es nicht nur ein Bild zeichnen, sondern jede Menge, und damit komme ich nicht klar. Für eine schreckliche Leserin wie mich stoßen mich die Bilder eher ab, bauen keine Nähe auf, ich habe immer noch keine Ahnung, was hier abgeht und dabei habe ich schon die Hälfte durch. Es überreizt mein inneres Auge, so dass ich die Handbremse ziehen musste und jetzt weigert sich in mir alles, die Geschichte weiterzulesen.
Oha, ich sag mal, bei dir war es knapp! Aber ich habe ja zum Glück deinen Komm auch weitergelesen! (Meine Nerven …)
Es hat einen Klang, einen Rhythmus, einen Stil, der sicherlich für andere funktioniert, aber bei der kaputten Maria geht das einfach nicht. Trotzdem: Einatmen und weiter.
Danke fürs Durchhalten!
Ich muss es jetzt erwähnen, obwohl ich weitergelesen habe und fast durch bin, aber wenn ich es nicht loswerde, will ich nicht weiterlesen: Sobald du der Wut ein Gesicht gibst, sobald du der Geschichte einen Sinn verleihst, sehe ich sie plötzlich in einem anderen Bild. Lass es mich anders formulieren: Davor habe ich nur einen wütenden Mann gesehen, der unbedingt irgendwen morden wollte, und er war mir so ziemlich scheißegal. Ich war weit weg, saß auf meinem Sofa, trank meinen Kaffee und sah immer wieder aus dem Fenster und dachte mir nur, wann der Scheiß endlich ein Ende findet. Aber sobald du den Grund erwähnst, sobald du sagst, dass er nicht in so einer Welt leben möchte, das die erste Nacht mit seiner Geliebten für sich beansprucht, damit irgendein Lord die Jungfrau öffnen kann, da habe ich ihn verstanden, da habe ich seine Wut nachvollziehen können und wurde Feuer und Flamme mit ihm. Erst hier entfaltet sich der Effekt (anders kann ich es nicht nennen, aber für mich ist das jetzt kein negativer Effekt, sondern ein funktionierender) und der Mörder wird mir sympathisch, ich verstehe seine Motive, ich werde zu seinem Mittäter, der den Typen die Kehle aufschlitzen und zusehen möchte, wie sie an ihrem Blut ertrinken.
Puh, geschafft, Maria ist im Boot!
Und wieso behauptet die Maria, dass das Ende gut ist? Von der poetischen Sicht ist es auch, der letzte Absatz echt stark, das zeugt ein schönes Bild, das Moor wird zu seinem Freund, der ihn umschließt und es funktioniert und schließt die Geschichte auch schön ab. Aber der Moment eben, in der dein Prot ihn angreift, ruiniert für mich einfach die gesamte Vorarbeit. Sogar der Effekt mit dem Motiv verliert jegliche Kraft, nachdem er den Typen wie eine Fliege umnietet. Ein Schlag und weg issa. Neee, sorry, aber du vergeudest einfach das Potential dieser Wut, der mir deinen Prot so schnell sympathisch gemacht hat.
OK, ich verstehe deinen Punkt. Sei mir nicht böse, wenn ich das anders sehe. Für mich rein persönlich ist Gewalt, die aus dem Nichts kommt und erfolgreich ins Ziel findet, viel schockierender, als ein Kampf auf Augenhöhe.
Die Geschichte, die sich langsam verschachtelt aufbaut - beinahe zähflüssig - findet in diesem schnellen und brutalen Akt ein jähes Ende. Die Sense schnappt einmal zu, wie eine Mausfalle, und: Prot hin, Story aus, game over, Ruhe im Moor. Mir gefällt das Unausweichliche. Das ist wie der schmale Pfad durch das Moor, es gibt keine Seitenwege oder Nebenschauplätze.
Danke für deinen Komm., ich denke weiter darüber nach.
Liebe Leute, ich brauch ne Pause …
Bis bald, Peace
Ok, weiter geht´s
Hej Kanji,
du rührst mich zu Tränen und dass, obwohl du das ruhige Tempo, die gewählte Wortwahl, die schöne, klare unaufgeregte Sprache bis zuletzt beibehältst.
Wow, ich bin völlig geplättet von deiner durchweg positiven Rückmeldung. Ich hätte nicht gedacht, dass sich jemand so berührt fühlt. Das finde ich schön und es macht mich glücklich.
Du schaffst eine atmosphärische Dichte, die mich vom ersten bis zum letzten Satz gefangen hält, du drängst mir nichts auf, ich bin frei und lausche dieser Geschichte, muss nichts denken.
Der tragische Held berührt mich mit seinem festen Charakter, mit seiner Intelligenz, seiner Ruhe und seiner romantischen Melancholie.
Und du bist die Erste (Einzige?), die sich nicht an der Sprache reibt, die nicht gegen Widerstände ankämpfen muss, um der Geschichte bis zum Ende zu folgen, die nicht über Adjektivballungen und Sprachlastigkeit stolpert. Besonders freut mich dein Eindruck, du seist frei und lauschst, denn genau das hat der Song in mir zum Schwingen gebracht.
Was musste und muss dieser arme Mann durchstehen. Ich habe nichts, rein gar nichts an deinem Text auszusetzen. Ich will nicht mehr aber auch nicht weniger wissen.
Ich brauche gar nichts. Eben auch wegen des Endes. Mit seinem Tod ist alles andere unwichtig geworden. Mich interessiert nicht, wer sie war, die das berühmte Fass zum Überlaufen brachte, will nicht wissen, wer er war, will nicht wissen, wann und wo sich dieses Moor auftut.
Ich habe viel Zeit in diese KG gesteckt und es scheint sich dahingehend auszuzahlen, dass die Geschichte tatsächlich funktioniert. Ich hätte jedoch nie damit gerechnet, dass jemand so ganz und gar nichts zu meckern hat. Das ist mir beinahe unheimlich.
Wäre sie nicht so tragisch, wäre sie wundervoll.
Vielen lieben Dank von Herzen.
Hallo ernst offshore,
danke für deine "last minute"-Intervention.
Wir hatten glaube ich noch keinen Kontakt außer im Befindlichkeitsthread?
Umso schöner finde ich die Gelegenheit, die sich jetzt - mehr zufällig (gibt es Zufälle?) - ergibt.
Ich könnte den Text natürlich auch abfällig einen adjektivischen Amoklauf nennen
bin ich froh, dass du es nicht tust …
aber ich muss zugeben, dass mich der Stil, also wie da sprachlich aus dem Vollen geschöpft wird, beim Lesen mehr und mehr vereinnahmt hat. Der wuchtige Stil passt einfach zur Atmosphäre des Settings, bzw. erschafft überhaupt erst diese Atmosphäre.
Das ist wohl absolut Geschmacksache und könnte unterschiedlicher nicht sein. Die Rezeptionen der Sprache reichen von "schöne, klare unaufgeregte Sprache" (Kanji), "pompöse Sprache"(zigga), "bildhaftes Gedöns"(TeddyMaria) bis zu (teils) abstoßende Bilder(Maria.meerhaba). Mir tut es gut, dass Sprache, Stil und Setting für dich als Einheit daherkommen und einander bedingen.
Allein nur diese auffällig häufige Verwendung von sch-Lauten, stellenweise sogar alliterativ, scheint mir nicht zufällig zu sein, zieht sie sich für mein Gefühl doch durch den gesamten Text. Und dass sich durch diesen phonetischen Kunstgriff automatisch Assoziationen zu Schmerz (und Schlimmerem) einstellen wollen, lag wohl in deiner Absicht.
Aber egal, ob Absicht oder nicht, mir hat das Lesen echt getaugt. Du schaffst da stellenweise wirklich tolle Formulierungen und Sprachbilder, also man spürt da schon, dass du genau gewusst hast, wie die Sprache klingen soll.
schön seziert, die sch-Anfänge taugen anscheinend gut für die Beschreibung intensiver Wahrnehmungen: scheiße, schön, schmachten, schrecklich, schlau, usw.. Ist mir vorher auch nicht klar gewesen.
Na ja, und die Handlung? Ist halt so ein Sumpf-und-Moor-Exploitationding, der radikale Gegenentwurf quasi zur idyllischen Naturbeschreibung.
Kann man mögen. Muss man aber nicht. In diesem Fall mag ich es.
Jo, ist nicht für jeden, das sehe ich auch so, deshalb freut es mich um so mehr, dass du dabei bist.
Zu deinem Spoiler:
Wäre er noch im Forum, hätte ich wohl auf Bas getippt.
Natürlich könnte es auch von @Katla sein. Die scheißt sich bei der Wahl ihrer Sujets in aller Regel ja auch so ziemlich nix. Und auch stilistisch wäre ihr das durchaus zuzutrauen.
Da hältst du es mit zigga, der auch Katla im Verdacht hatte. Erneut ehrt und bestärkt mich deine (unrichtige
) Annahme.
Danke euch allen für eure kostbaren Kommentare. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, ob das Ding nach hinten losgeht und bin beruhigt, dass es das nicht bei allen tat.
Schönes Restwochenende in Peace, linktofink