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Im Ehrenamt

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21.12.2015
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Im Ehrenamt

Der Sturm fegt über die Terrasse und schmettert meinen schönsten Keramiktopf auf den Kiesweg. Ärgerlich, aber ich habe keine Zeit, den Schaden zu begutachten. Das Ehrenamt ruft. Punkt zehn muss ich die Tür zum Generationenbüro aufschließen. Im Wetterbericht haben sie vor Straßen mit hohen Bäumen gewarnt und eindrucksvolle Bilder von abgeknickten Laternen und zerbeulten Autos gezeigt. Ungewöhnlich für den September. Meistens nehme ich den Weg durch den Park. Heute muss ich Umwege gehen, an der Hauptstraße entlang. Ich stemme mich gegen den Wind. Wenn er von schräg hinten kommt, treibt er mich fast auf die Fahrbahn. Die Ampeln stehen alle auf Rot, ein Polizist hat alle Hände voll zu tun, den Verkehr zu regeln. Kein leichtes Unterfangen, denn es ist zehn Uhr morgens, am Markttag pulsiert das Leben im Städtchen.
Ich werde zu spät kommen. Vielleicht warten schon zwei oder drei alte Leutchen vor dem Generationenbüro. Hier berate ich als Vorstandsmitglied des Seniorenrats, verteile Adressen und Flyer, zum Beispiel den mit der Oma on demand, sammle Anfragen, Beschwerden und Wünsche. Wir diskutieren und geben das Resultat an die Stadtverwaltung weiter. Das Büro, Teil des Rathauses, liegt wunderbar zentral, in der Passage zum Marktplatz, ebenerdig, man kann von draußen hereinschauen.
Wir vom Vorstandsteam, keiner unter achtundsechzig, sind zukunftsorientiert. Wir sprühen vor Ideen, wie man im Alter in unserer Stadt gut leben kann. Manchmal schießen wir auch übers Ziel hinaus. Dann bläst uns von der Stadt her der Wind ins Gesicht, aber selbst Vorschläge, die allen einleuchten, scheitern an den Finanzen. Immerhin, seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und außen videoüberwacht sind, haben wir deutlich mehr Publikumsverkehr.

Heute steht niemand da, auch nicht mein 'bucklig Weiblein'. Frau Kienzle ist Stammkundin. Sie kommt nur, wenn ich im Büro bin. Ich nenne sie so, weil sie mich an das Kinderlied vom bucklig Männlein erinnert.

Will ich in mein Gärtlein gehen,
will mein Zwiebeln gießen,
steht ein bucklig Männlein da,
fängt gleich an zu nießen …

Das bucklig Männlein taucht überall auf, stellt sich in den Weg, heischt Aufmerksamkeit. So eine ist Frau Kienzle. Ich treffe sie auf dem Markt, beim Apotheker, beim Metzger, am Portal der St. Margaretenkirche.

Wenn ich an mein Bänklein knie,
will ein bißchen beten,
steht ein bucklig Männlein da,
fängt gleich an zu reden:
„Liebes Kindlein, ach, ich bitt,
bet für's bucklig Männlein mit!

Wenn ich im Büro ein Gespräch führe, stellt sie vor der Glastür die geräumige Einkaufstasche ab, schlüpft, sobald der Besucher hinausgeht, wieselflink herein und bleibt erwartungsvoll stehen. Ich hole dann die Tasche, stelle sie auf unseren langen Konferenztisch und rücke zwei Stühle so zusammen, dass wir nahe gegenübersitzen können: zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern. Knie und Augen auf gleicher Höhe.
„Bitte nehmen Sie doch Platz, Frau Kienzle“, sage ich so freundlich, wie ich nur kann. „Was haben Sie denn heute auf dem Herzen?“
„Er hat mir wieder keinen Scheck gegeben. Und die Kontoauszüge auch nicht. Seit drei Monaten hab ich nichts von ihm gekriegt.“
'Er' ist Frau Kienzles amtlich bestellter Betreuer, Herr Holler, ein gelernter Sozialarbeiter. Seitdem ihr Haus abgebrannt ist, wohnt sie in einer Seniorenanlage, die von der Stadt verwaltet wird. Dort hat sie ein kleines Apartment. Mit Geld scheint sie nicht knapp zu sein.
„Und er ist wieder einfach in meine Wohnung gekommen und hat noch zwei Leute mitgeschleppt. Ich will, dass er sich anmeldet. Und er wühlt in meinen Sachen herum. Er lässt auch immer was mitgehen.“
Diese Vorwürfe höre ich nicht zum ersten Mal.
„Sie wissen, Frau Kienzle, dass Ihr Betreuer das Recht hat, Ihre Konten zu verwalten und auch ohne Anmeldung Zutritt zu Ihrer Wohnung hat. Haben Sie denn jetzt mal mit der Heimleitung gesprochen?“
„Ach die ...“, zischt Frau Kienzle und sprüht einen feinen Spuckenebel in meine Richtung, „die stecken doch alle unter einer Decke. Gauner sind das alle, Diebe!“
Ich zucke zurück. Diese Zähne! Sie sind wie … wie die der Hexe im Märchenbuch, aus dem ich früher meinen Enkelkindern vorgelesen habe. Da muss endlich was geschehen. Wieso schickt sie der Betreuer nicht zum Zahnarzt?
Ungefähr nach einer halben Stunde steht sie auf, zupft sich das Halstuch zurecht und legt ein samtweiches, gepolstertes Händchen auf meinen Arm.
„Ach, Frau …“, sie stockt, meinen Namen kann sie sich nicht merken, obwohl ich ihn ihr mehrmals aufgeschrieben habe, „Sie können so gut zuhören. Wenn nur Sie meine Betreuung wären!“
Sie schielt mich mit feuchten Augen an und neigt den Kopf zur Seite wie ein bettelndes Kind.
„Liebe Frau Kienzle, ich hab's Ihnen doch schon erklärt. Es geht nicht. Meine Familie möchte das nicht.“
Das stimmt zwar, aber nur zur Hälfte. Ich selber will es auch nicht. Das Ehrenamt im Seniorenrat reicht mir völlig. Schon einmal habe ich mich emotional stark engagiert, bei Sanela, der jungen Roma-Frau, die mitsamt den Großeltern und dem behinderten Sohn abgeschoben wurde. So schnell vergesse ich ihren verzweifelten Blick nicht, als sie mit dem Bescheid in der Hand am Generationenbüro vorbeistolperte. Manchmal träume ich davon.
„Ja, ja, ich weiß es ja. Es wär halt schön.“ Sie greift sich ihre Tasche und trippelt zielstrebig Richtung Markt. Zweimal dreht sie sich um und winkt. Neulich hat sie mir mit treuherzigem Augenaufschlag erzählt, dass sie schon noch ein paar Märker habe, versteckt auf einem Sparkonto, das auf den Namen ihrer Tochter läuft. Die treibt sich irgendwo in der Weltgeschichte herum.
„Der Holler braucht nichts davon wissen, gell, Sie sagen es ihm doch nicht, oder?“
Natürlich verrate ich sie nicht. Erstens weiß ich ja gar nicht, ob das stimmt mit dem Konto, und zweitens bin ich keine Aufsichtsperson. Im Seniorenrat hilft man, und zwar ehrenamtlich.

Auf dem Markt ist heute Alarmstimmung. Bei mehreren Ständen hat der Sturm die Planen zerrissen und die Regale umgekippt, ausgerechnet die mit den Bioeiern.
Mein einziger Besucher im Büro ist ein Marktplatzveteran. So nennen sich die fünf oder sechs Alten, die sich jeden Mittwoch und Samstag treffen, um die Weltpolitik zu kommentieren. Auf Drängen des Seniorenrats hat die Stadt eine rote Bank spendiert. Sie steht mitten auf dem Platz beim Engelsbrunnen. Sie hat sogar ein Schild: reserviert für die Marktplatzveteranen. Er erzählt mir, dass sie sich heute beinahe in die Haare gekriegt hätten, von wegen Klimawandel. Trump ist ebenfalls ein beliebtes, aber kein kontroverses Thema. Einig sind sie sich auch in der Empörung darüber, dass der Stadtbus zum Krankenhaus auf dem Berg gestrichen wurde.
„Da müsst ihr was machen! Zu Fuß kommt doch da kein Alter mehr hin. Und nicht jeder kann sich ein Taxi leisten.“
„Wir sind bereits dran,“ sage ich schnell, weil ich seinen Zorn spüre. „Wir haben auch schon Ideen.“
„Aber ich tät's ganz gern noch erleben.“
"Da geht's Ihnen wie mir", sage ich und bringe ihn damit zum Grinsen.

Frau Kienzle wird bei dem Wetter heute hoffentlich nicht kommen. Zu gefährlich. Mit Herrn Holler ist sie nach wie vor über Kreuz. Drei Betreuer hat sie schon verschlissen, darunter ihre eigene Schwester, mit der sie jeden Kontakt abgebrochen hat, wie ich von Marga, unserer Vorsitzenden, erfahren habe.
„Ach du lieber Gott, hat sie jetzt dich auserkoren! Du musst nicht alles glauben, was sie dir erzählt. Die Frau ist dement. Ich hab sie auch ein paar Wochen betreut.“
„Wirklich? Dement? Auf mich macht sie eigentlich einen ganz cleveren Eindruck. Und für ihr Alter ist sie ziemlich fit. Sie geht jeden Tag einkaufen. Ich finde, den Vorwürfen gegen ihren Betreuer müsste man schon nachgehen.“
„Herr Holler ist ein alter Routinier. Vielleicht nicht gerade ein Charmebolzen, er kann schon manchmal ruppig daherkommen. Aber glaub mir, er ist hundertprozentig korrekt. Frau Kienzles Kontingent an Betreuern ist übrigens ausgereizt. Das Betreuungsgericht wird da nichts mehr dran ändern.“
Marga ist eine durch und durch engagierte Person, Herausgeberin von Schriften zur Ortsgeschichte, langjähriges Gemeinderatsmitglied, hochangesehen im Städtchen und neuerdings dekoriert mit dem Bundesverdienstkreuz. Für mich die Inkarnation des Ehrenamtes. Wenn ich mit ihr über den Marktplatz gehe, muss ich für die fünfzig Meter anderthalb Stunden rechnen. Ich bin relativ neu in der Ehrenamtsbranche, außerdem immer noch Neubürgerin, auch wenn ich jetzt schon mehr als zehn Jahre hier wohne. Gleich nach dem Einzug stand eine Nachbarin auf der Schwelle. Ob ich Lust hätte, im Stadtseniorenrat mitzumachen.
"Sie sind genau die Richtige dafür."
"Aber wieso denn?"
"Na so halt, Ihr Beruf und überhaupt."
"Woher wissen Sie denn ...?"
"Soziale Kontrolle." Die Nachbarin, deutlich jünger als ich, grinste breit. "Sie werden sich bald dran gewöhnen. Kleinstadt eben."
Ich versprach, darüber nachzudenken. In ein paar Jahren vielleicht. Jetzt müsse ich erst einmal ankommen. Es dauerte acht Jahre.

„Aber es muss doch möglich sein, dass Frau Kienzle ein ordentliches Gebiss kriegt und regelmäßig ihr Geld.“
Marga sieht mir die Zweifel an und verspricht, ein paar Gespräche zu führen.
Und tatsächlich, wenige Wochen später, kommt Frau Kienzle runderneuert ins Büro. Das Gebiss blitzt, sie hat ein lachsfarbenes Jackett über der Rüschenbluse, das ihren kleinen Buckel geschickt kaschiert, und beim Friseur war sie auch. Der hat viele weiße Löckchen auf ihr Haupt gezaubert.
Trotzdem wirkt sie irgendwie niedergeschlagen, fast depressiv.
„Ich halt es im Heim nicht mehr aus“, sagt sie und tastet in der Jacke links und rechts nach einem Taschentuch. Ich reiche ihr ein Tempo. Für Tränen sind wir gerüstet, das kommt öfter vor. „Das ist doch kein Leben, immer nur die Klapperfiguren um mich herum. Ich möcht so gern noch einmal Urlaub machen, irgendwohin, wo es junge Leute gibt. Und Spaß. Mein Mann ist ja nie mit mir in Urlaub gefahren, er hat's nur immer versprochen. Ich würd's auch selber bezahlen. Sie wissen ja ...“
„Ja, ich kann Sie gut verstehen. Woran klemmt's denn?“
„Der Betreuer muss es genehmigen. Und der will nicht. Ich darf nur mit einer Begleitperson. Mit Ihnen tät ich sofort verreisen. An den Bodensee oder nach Baden-Baden.“
„Ist denn niemand im Heim, der mitkäme?“
„Niemand ... Bloß die nicht! Das sind alles Neidhammel, die wollen mich beklauen.“
Frau Kienzle schluchzt und ich reiche ihr frische Tempos. Zwei Leute haben schon neugierig hereingeschaut. Zum Glück sind sie weitergegangen. Ich ziehe den Sichtschutz vor die Tür und nehme Frau Kienzle für fünf Minuten in den Arm.


Wieder einmal brauche ich Margas Rat und erfahre, dass Frau Kienzle sehr wohl „auf Urlaub“ war, mit ihrer Schwester. Allerdings in einer Einrichtung, in der strenge Regeln herrschen, weil dort auch Demenzkranke und Schwerbehinderte zur Erholung untergebracht werden. Nach drei Tagen hatte sie sich mit ihrer Schwester und dem Personal so zerstritten, dass man sie nach Hause schickte. „Nicht integrierbar“ war die Begründung.
„Ich werde wirklich nicht recht schlau aus ihr. Warum braucht sie überhaupt einen Betreuer?“, frage ich Marga, rechne aber damit, dass sie der Schweigepflicht unterliegt.
Marga zögert.
„Du musst mir versprechen, dass du nichts weitererzählst. Ich weiß, du hast deine Zweifel. Aber … Das alte Haus, das sie von ihrem Mann geerbt hat, ist nicht zufällig abgebrannt. Frau Kienzle hat es abgefackelt. Vielleicht vorsätzlich, vielleicht fahrlässig. Sie hatte ihr Badezimmer vollgestopft mit Zeitungen und Plastikmüll. Von dort aus hat sich das Feuer ausgebreitet. Auch andere Räume waren anscheinend zugemüllt. Als die Feuerwehr kam, saß sie, nur mit Hut und Mantel bekleidet, auf der Bank im Vorgarten. Sie war nicht ansprechbar. Bis heute kann sie sich an nichts erinnern.“
Ich schlucke und bekomme eine Gänsehaut. „Und gab's Mitbewohner im Haus?“
„Ja, ihre Tochter. Die war am Tag zuvor ausgezogen. Niemand weiß ihre Adresse. Frau Kienzle spricht nie über sie.
Das ist auch der Grund, warum ihr Apartment jederzeit zugänglich sein muss. Sie ist dement und Messie, eine gefährliche Mischung.“
„Aber ich sehe sie doch immer so akkurat gekleidet.“
„Sie legt ihre Einkaufstüten und Zeitungen auf die Herdplatten, stapelt im Schlafzimmer leere Milchtüten, versteckt Lebensmittel im Wäscheschrank. Sie liegt ständig im Clinch mit dem Putzdienst. Ihre Bankunterlagen, Urkunden, Ausweise, Geldscheine rutschen hinter die Möbel. Ein Brand wäre eine Katastrophe. Für das Heim und für sie selber. Sie würde auf der Straße landen.“
Ich blättere in den Richtlinien für Betreuung. Ziemlich hölzern für meinen Geschmack, aber nicht herzlos. Bin ich als Gutmensch wieder einmal naiv gewesen? Und was kann ich überhaupt bewirken? Reicht es, wenn ich Frau Kienzle einfach zuhöre, ihr Taschentücher zustecke und ihr erlaube, die Träume vom selbstbestimmten Urlaub mit mir zu teilen? Weil sonst niemand da ist?

Der Sturm hat ein wenig nachgelassen, dafür regnet es in Strömen. Es ist kurz vor zwölf, gleich wird die offizielle Marktzeit zu Ende sein und meine "Präsenzpflicht" auch. Nur wenige Händler haben ausgeharrt. Müssen sie jetzt öfter mit solchen Wetterkapriolen rechnen? Ich kämpfe mich durch die Regenwand nach Hause. Den Schirm habe ich weggesteckt, er ist völlig nutzlos. Macht nichts, gleich kann ich mir Tee kochen und Dinkelwaffeln essen. Und nach draußen lauschen, wenn die Kinder aus der Schule kommen und mit ihren Rädern den Kies aufwirbeln. Am Freitag werde ich wieder für sie kochen, mein liebstes Ehrenamt. Und dann ist da auch noch der Blumentopf zu versorgen. Hat keine Eile.
Am Nachmittag klingelt das Telefon.
„Weißt du es schon?“, fragt Marga, wartet die Antwort aber gar nicht ab. „Frau Kienzle ist tot. Sie ist auf dem Weg zum Markt von einer Bö erfasst worden und gegen eine Hauswand geknallt. Der Heimleiter hat gesagt, niemand konnte sie davon abbringen, aus dem Haus zu gehen. Ich wollt's dir nur sagen, damit du Bescheid weißt. Es tut mir so leid.“
Ich lege wortlos auf.

 

Liebe wieselmaus,

deine Protagonistin ist hin- und hergerissen. Einerseits fühlt sie sich verantwortlich für Frau Kienzle und will, dass sie einen schönen Lebensabend hat, vor allem aber (glaube ich) einen würdevollen. So habe ich die Sache mit den Zähnen und ihrem aufgehüpschten Äußeren gedeutet. Gleichzeitig distanziert sich die Prota aber auch von dem Schicksal der älteren Frau, was ja nur gesund ist, auch eine Art Selbstschutz. Ich habe überlegt, ob auch ihre eigene Angst, so zu enden wie Frau Kienzle, eine Rolle spielen könnte.

Ich weiß nicht so recht, was ich von Frau Kienzle halten soll. Irgendwie mochte ich sie, weil sie so eine kleine Querulantin ist. Aber dann dachte ich wieder, sie hat auch etwas Manipulatives. Ihre ganze Person konnte ich nicht so wirklich deuten. Aber vielleicht willst du das auch offen lassen. Ist sie die demente, verwirrte Frau, wie sie von allen anderen, außer deiner Prota, wahrgenommen wird? Oder ist sie viel mehr eine clevere alte Dame, die vom Schicksal getroffen wurde und von niemandem, außer deiner Prota, noch ernst genommen wird. Beides wäre tragisch.

Das Ende gefällt mir gut, auch wenn es natürlich für Frau Kienzle traurig ist. Die Tatsache, dass sie trotz des schlimmen Sturms unbedingt raus will, liegt sicher darin begründet, dass sie sich mal wieder allen entgegen stellen will, die auf sie einreden, selbst wenn sie es gut mit ihr meinen.

Liebe Grüße
RinaWu

 

"Willst Du froh und glücklich leben,
lass kein Ehrenamt dir geben!
Willst du nicht zu früh ins Grab
lehne jedes Amt gleich ab!

Wie viel Mühen, Sorgen, Plagen
wie viel Ärger musst Du tragen;
gibst viel Geld aus, opferst Zeit -
und der Lohn? Undankbarkeit!"
Unbekannt​


Hallo
wieselflink'
wieselmaus,

eigentlich bin ich wenig überrascht, dass irgendwann was übers Ehrenamt mir hier unter die Augen kommt. Denn der neoliberale Staat stiehlt sich aus der Verantwortung, weil schwerlich ein Geschäft damit zu machen ist und die schwarze (nackter Hohn!) Null vorrangiges Ziel des Haushalts sein müsste.

Ich geriet vor drei Jahren dank ...ela in den Sog (vielleicht auch ohne sie, aber dann zeitlich verzögert) der Flüchtlingswelle und durfte in der Anfangsphase, als die Welle auch die Stadt mit dem schrägen O erreichte, in der Gründungsphase von ca. 30 bis 40 Freiwilligen und drei städtischen Sozialarbeitern (zwo Frauen und ein - besser kann man es nicht sagen - einem Männlein - der Leiter Bereich xy und zwo seiner Mitarbeiterinnen), von denen offensichtlich zu erkennen war, dass jeder auf den andern städtischen Mitarbeiter aufpasste, ja nix den städtischen Haushalt überlastendes zum Besten zu geben.

Es dauerte vier Sitzungen, bis die Stadt sich traute, einen einzigen Profi dem gutherzigen Laienstande zuzuordnen. Die staatliche Hierarchie stiehlt sich aus der Verantwortung mitsamt der Unfähigkeit der oberen Etagen (BAMF), verwaltungstechnisch korrekt zu arbeiten.

Aber ähnlich, wenn nicht gar gleich, geht's zu in der Altenbetreuung. Der Ehrenamtler als Reparaturbetrieb staatlicher Sparmaßnahmen.

Bissken Trivialitäten

...: zwei alte Frauen, sie in den Achtzigern, ich in den Siebzigern.
besser "achtzigern" und "siebzigern" (Jahren)

... und neigt den Kopf zu[r] Seite wie ein bettelndes Kind.
zuende sein
"zu Ende"

"Liebes Kindlein, ach, ich bitt,
Bet für's bucklig Männlein mit!"​

Wie immer - gern gelesen
vom nassgewordenen

Friedel

 

Hallo Speedy wieselmaus,

wieder einmal schenkst du uns eine Geschichte mit einem Thema, über das sich wunderbar diskutieren lässt! :)

Interaktiv ist neuerdings das Zauberwort.

Ist nichts falsch an deinem Satz. Falls es dich interessiert, ich hätte eher geschrieben: „Interaktiv heißt das neue Zauberwort.“ Also neu als Adjektiv und nicht als Adverb. Ohne Dings und Bums.

Seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und videoüberwacht sind, haben wir deutlich mehr Publikumsverkehr.

Videoüberwachte Toiletten ... Hm, wie darf ich mir das vorstellen?? In der Firma, in der ich arbeite, hängt das als Witz im WC. Also ..., zumindest vermute ich, dass es ein Witz ist ... OMG :eek:

Bin ich als Gutmensch wieder einmal naiv gewesen?

Ich find das spannend, dass du das so geschrieben hast! Das Wort Gutmensch ist bei mir derart negativ besetzt, dass ich es niemals selbstironisch verwenden würde.

Es gibt sie ja wirklich, diese Gutmenschen. Ich hab es selbst in der Kirchengemeinde erlebt: Menschen, die sich für die gute Sache engagieren und dann so penetrant darüber reden, dass es mir Brechreiz verursacht hat.

(Manchmal denke ich, es ist schwieriger, Hilfe anzunehmen. Dabei nicht rumzujammern, sondern die Hilfe in Würde zu akzeptieren - eine Übung in Demut.)

Okay, ich schweife ab. Bei bezahlter Arbeit liegt in der Bezahlung eine Wertschätzung drin, die einen so manchen Frust ertragen lässt. Das fehlt beim Ehrenamt. Ich tue es für ein Lächeln, für lobende Worte. Ich lerne dazu. Muss lernen, Nein zu sagen. Und irgendwann kam bei mir der Punkt, wo ich einfach nicht mehr konnte. Wo ich gesagt habe, das passt jetzt nicht mehr zu meiner aktuellen Lebenssituation, vielleicht später wieder.

Deine Beschreibung der Frau Kienzle ist dir gut gelungen und dieser Zwiespalt, in dem sich die Protagonistin befindet: Hab ich als Helfer eine realistische Einschätzung oder fehlt mir ein Puzzleteil, werde ich gerade manipuliert oder ausgenutzt? Gar nicht so einfach!

Danke für die Geschichte!

Liebe Grüße,
Anne (der noch gar nichts Rechtes zur Challenge einfällt, seufz, „blutrünstige Harpyien, die vom Himmel stürzen“ wünscht sich Bas von mir, grmpfh ...)

 

Liebe wieselmaus,

diesmal steht für mich nicht dein wie immer gekonnter Sprachstil im Vordergrund der Betrachtung, sondern dein Thema. Du beschreibst an einem Fallbeispiel die Wichtigkeit des Ehrenamtes für den einzelnen, aber auch für die gesamte Gesellschaft. Und je mehr die soziale Versorgung immer mehr dem Diktat der Profitmaximierung unterworfen wird, umso wichtiger sind Menschen, die sagen, ich schenke der Gesellschaft meine Zeit und mein Wissen. Wir fragen an dieser Stelle nicht danach, ob genau dieser Einsatz dann nicht auch dazu führt, dass mit ihm die soziale Verantwort des Staates kaschiert wird. Aber das ist nur ein Randgedanke, den dein Text bei mir ausgelöst hat.

Du beschränkst dich auf deine Frau Kienzle und machst mit ihrer Person die Möglichkeiten und Grenzen des ehrenamtlichen Tuns deutlich. Wie weit kann ich mich kümmern, wo sind meine Grenzen, wo ziehe ich selbst meine Grenze? Gehe ich dem nach, was mit dieser Frau Kienzle wirklich los ist? Mache ich das zu meinem Thema? Wo gerate ich dann hin? Wie beeinflusst das mein persönliches Leben? Damit präsentiert uns deine Geschichte einen Korb an Fragen, auf die nicht gleich und ganz ohne Weiteres Antworten zu finden sind.

Zu den Einzelheiten deiner Geschichte:

Hier berate ich als Vorstandsmitglied des Seniorenrats ältere Bürger, verteile Flyer und Adressen, sammle Anfragen, Beschwerden und Wünsche. Wir diskutieren alles und geben das Resultat an die Stadtverwaltung weiter. Das Büro, Teil des Rathauses, liegt wunderbar zentral, in der Passage zum Marktplatz, ebenerdig, man kann von draußen hereinschauen. An einer der Glaswände findet sich außen ein Bildschirm, an dem sich die Bürger durch Tastendruck informieren können, was die Stadtverwaltung so alles anbietet. Interaktiv ist neuerdings das Zauberwort. Bald soll es möglich sein, dass auch ältere Bürger sich trauen, einen Text einzugeben. Die Technik hakt noch ein wenig, aber der Computerfreak im Vorstand bastelt daran. Wir, das Vorstandsteam, sind zukunftsorientiert. Wir sprühen vor Ideen, wie man im Alter in unserer Stadt gut leben kann. Seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und videoüberwacht sind, haben wir deutlich mehr Publikumsverkehr.
Ich habe mich an dieser Stelle gefragt, welche Informationen für deine Geschichte wirklich nötig und wichtig sind. Einerseits erfahre ich als Leser einiges über die Arbeit dieser Seniorenbetreuer, andererseits sind es Informationen, die mit der eigentlichen Handlung deiner Geschichte nicht viel zu tun haben. Ich würde hier vielleicht verknappen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass du jede Einzelheit für wichtig hältst.

Und auch bei dem eingefügten Gedicht habe ich mich das gefragt. Aber hier bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das deine Frau Kienzle recht interessant charakterisiert und deine Geschichte darüber hinaus auch schmückt.

Sehr gut gefallen hat mir die Ambivalenz, das Vexierbild, das du von deiner Frau Kienzle zeichnest. So etwas passiert uns ja wirklich, dass uns Menschen begegnen, die uns, je nachdem von welcher Warte aus wir sie betrachten, völlig anders erscheinen. Was ist echt, was ist Schauspielerei? Und das wird immer dann besonders kompliziert, wenn es um die Frage geht, ob dieser Mensch unsere Hilfe braucht oder nicht. Das hast du wirklich sehr fein dargestellt. Dass du am Ende die Lösung, wer diese Frau Kienzle nun wirklich gewesen ist, verweigerst, entspricht der Realität, lässt mich als Leser aber ebenso ratlos zurück wie deine Protagonistin, zieht mich auf der anderen Seite aber gleichzeitig in ihre Problematik und ihren Konflikt.

Liebe wieselmaus, dir ist mit deiner kleinen Geschichte die Darsellung einer interessanten Problematik gelungen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo wieselmaus,
Frau Kienzle ist mir sehr vertraut. Ich habe viele Kienzles kennengelernt, ihre Ambivalenz, die man, wenn man bei "gesundem" Menschenverstand ist, nicht nachvollziehen kann. Den Drang, zu horten, aufzuheben, so ein Misstrauen auch oft den Leuten gegenüber, die einem helfen wollen. Das finde ich gut getroffen und schön dargestellt. Es ist jetzt nicht die Geschichte, die einen raushaut in eine ganz andere Sphäre, sondern ein Schlaglicht auf das Alter wirft, ein allgemeines Phänomen, das ja jeden trifft. Insofern schildert es die Realität und bildet sie ab, ja, das ist eine ganz realistische Erzählweise, die ich als ehrlich und ungekünstelt empfinde. Vielleicht ein wenig zu realistisch, wenn ich an die Erklärungen denke, die mir von Beginn an ein wenig zu ausführlich vorkommen.
Und dann ist es letztlich aber dann doch eine andere Sphäre, weil, wenn ich die Beschreibung der Kienzle lese, erinnere ich mich, wie in mir als Kind schon so ein Unbehagen aufkam, dem körperlichen Verfall so genau ins Auge zu sehen, und nicht nur dem Körperlichen. Es ist oft im höchsten Maß befremdlich, was aus Menschen wird, wenn sie alt werden. Dann ist die Geschichte der Kienzle doch wieder eine andere Sphäre, dann ist sie doch eine besondere Art der Metamorphose, eher im Sinn der Sichtbarmachung dessen, was man nicht gerne sieht, wo man nicht gerne hinschaut. Und wahrscheinlich sind solche Geschichten besonders notwendig, weil man davor lieber die Augen zumacht und wegschaut, obwohl es für jeden höchste Relevanz besitzt. Das meine ich nicht im Sinn eines Lehrstücks, dass man verstehen soll, was aus einem werden kann. Eher als Bild im Sinn der Vielfalt, wohin Leben gehen kann. Und da beschreibst Du etwas, woran man nicht gern denkt, aber was man tun sollte.
Manche Passagen schweifen von Frau Kienzle ab. Das finde ich zu weit weg, aber ist nur ne Meinung. Das Gedicht finde ich persönlich auch entbehrlich, weil das eine Stelle ist, die ich lehrhaft empfinde. Eleganter wäre es vielleicht, dass sie eine Zeile dahinsingt und dann bekäme man den Bezug über eine Aktion. So läuft es recht direkt auf eine Info hinaus.
Herzliche Grüße
rieger

 

Hallo Wieselmaus,

tolles Thema! Sehr sensibel erzählt aus der Sicht eines Menschen, der nicht hauptberuflich mit Altenbetreuung befasst ist. Da macht man sich natürlich so seine Gedanken. Wie weit ist es tatsächlich notwendig, in das Leben eines Menschen einzugreifen? Wie viel Zeit und Aufwand kann darauf verwendet werden sich mit jedem einzelnen Schicksal zu befassen. Der Staat kann das nicht abdecken. Umso wichtiger die Menschen, die sich freiwillig, also "ehrenamtlich" kümmern und nicht wegschauen. Somit hat deine Protagonistin bei mir ein Stein im Brett. Deshalb fand ich es auch komisch, dass sie sich selbst als "Gutmensch" bezeichnet. Ich finde das nicht, sie sieht die Situation von Frau Kienzle ja nicht unrealistisch. Sie überlegt für sich, welche Verbesserungen möglich sind und fragt nach.

Die Beschreibung der Arbeitsumgebung war mir etwas zu langatmig. Auch den Schluss mochte ich nicht besonders. Denn für eine Alltagsgeschichte war mir der Tod der alten Dame zu sehr "Zufall". Natürlich hätte das so passieren können, es passt auch zum Thema aber da hätte ich mir einen anderen Ausgang gewünscht. Eine Situation die die angebliche Demenz bekräftigt oder aber als doch nicht vorhanden gezeigt hätte. Das man bei einem Sturm tödlich verunglückt, kann jedem passieren. Ist aber nur so ein Gefühl von mir, vielleicht hätte die Story dann nicht mehr mit dem Sturm zusammengepasst. :confused:

Dafür fand ich die "videoüberwachten" Toiletten witzig. Gruselig, aber witzig ... löste sofort ein Kopfkino aus. :lol:
Liebe Grüße
Sabine

 

Hallo wieselmaus,
wir gehen, wie wir kamen: zahnlos, gedankenverloren, unfähig Nahrung selbstständig aufzunehmen oder den Urin zu halten. Vielleicht ist es ganz gut, wenn wir dann nicht mehr so klar im Kopf sind. :hmm:
Ich schreibe dir, was mir beim Lesen so aufgefallen ist. Sind aber selbstredend meine persönlichen Gedanken und Leseeindrücke, für deine, auf hohem Niveau geschriebene, schöne Geschichte.

rücke zwei Stühle so zusammen, dass wir nahe gegenübersitzen können: zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern. Knie und Augen auf gleicher Höhe.
Das hast du ganz unaufgeregt geschrieben, aber es gibt ein schönes Gefühl für die Situation.
zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern.
So, ohne Jahre, wird es nicht großgeschrieben?


Die Markplatzveteranen, auf ihrer roten Stamm-Bank, sind wundervolle Charaktere, die die Geschichte im Ortszentrum bereichern.:lol:

Auf dem Markt ist heute Alarmstimmung. Bei mehreren Ständen hat der Sturm die Planen zerrissen und die Regale umgekippt…
Was ist eine Alarmstimmung. Sind die Händler in Stimmung, Alarm zu schlagen? War dir herrschte Ausnahmezustand zu stark?


Ich bin relativ neu in der Ehrenamtsbranche, außerdem immer noch Neubürgerin, auch wenn ich jetzt schon mehr als zehn Jahre hier wohne.
Hihi, in BaWü war ich 7 Jahre lang neigeschmeckt, und wäre es wohl immer geblieben. ;)


Marga sieht mir die Zweifel an und verspricht, ein paar Gespräche zu führen.
Und tatsächlich, wenige Wochen später, kommt Frau Kienzle runderneuert ins Büro. Das Gebiss blitzt, sie hat ein lachsfarbenes Jackett über der Rüschenbluse, das ihren kleinen Buckel geschickt kaschiert, und beim Friseur war sie auch.
Ich habe Zweifel, dass die Mittel so schnell fließen, auch mit den guten Kontakten von Marga.

„Ist denn niemand im Heim, der mitkäme?“
„Niemand. Bloß die nicht! Das sind alles Neidhammel, die wollen mich beklauen.“
Die Ausrufe passen für mein Verständnis nicht hintereinander.

Ich ziehe den Sichtschutz vor die Tür und nehme Frau Kienzle für fünf Minuten in den Arm.

Wieder einmal brauche ich Margas Rat und erfahre,…

Das ist ein ziemlicher Sprung, der manche Leser (mich nicht) stören könnte.

Ich bin betroffen und verunsichert.
Ich glaube, dass könntest du zeigen, anstatt es zu sagen.


Und die hier noch:

sage ich jedesmal so freundlich, wie ich nur kann.
Jedes Mal (?)

Dort hat sie ein kleines Apartement.
Appartement oder Apartment. Aber ich denke, du wolltest die englische Variante schreiben, weil geläufiger. (2x im Text)

„Aber ich sehe sie doch immer so akkurat gekleidet.“

„Sie legt ihre Einkauf[t]stüten und Zeitungen auf die Herdplatten,
„Weißt du es schon?“, fragt Marga, wartet die AnTwort aber gar nicht ab.

Gut finde ich vor allem, dass sich der Gegenwind nicht nur meteorologisch in deiner Geschichte zeigt.
Sehr gern gelesen.
Viele Grüße
wegen

 

Hallo wieselmaus,

ich finde das Gedicht sehr passend, um Frau Kienzle zu charakterisieren.
Und auch, um deine Geschichte, die ja etwas faktenlastig ist, ein wenig - mir fehlt das Wort - weicher? zu gestalten.
Ich habe deine Geschichte gerne gelesen. Im Ehrenamt kenne ich mich nicht aus, deshalb kann ich zum Inhaltlichen gar nicht viel sagen, und zum Sprachlichen muss ich das sowieso nicht.:)
Das Einzige wäre vielleicht - andere Kommentatoren haben das auch gesagt, bei den Fakten vielleicht wirklich auf die ganz Wesentlichen zurückzuschrauben.

Meine Gedanken:
Deiner Protagonistin ist bewusst, dass der Altersunterschied zu Frau Kienzle und ihr nicht so groß ist, und sicher vergleicht sie ihre eigene Lebenssituation mit dieser. Dass sie "erst" seit 10 Jahren dort wohnt, lässt darauf schließen, dass sie mit über 60 vielleicht zu ihren Kindern gezogen ist, die ihr irgendwann eine Stütze sein sollen. Und dann sieht sie, dass auch Frau Kienzle eine Tochter und eine Schwester hat
und am Ende trotzdem allein dasteht.
Und obwohl sie sich anscheinend vorgenommen hat, die Sorgen anderer Menschen nicht zu sehr an sich ranzulassen:

Schon einmal habe ich mich emotional stark engagiert, bei Sanela, der jungen Roma-Frau, die mitsamt den Großeltern und dem behinderten Sohn abgeschoben wurde.
,
ist sie am Ende doch sehr betroffen von Frau Kienzles Tod. Das macht sie sehr menschlich.
Und anders funktioniert so ein Ehrenamt wahrscheinlich auch nicht.

Liebe Grüße von Raindog

 

Liebe RinaWu,

Ich weiß nicht so recht , was ich von Frau Kienzle halten soll ... Aber vielleicht willst du das auch offen lassen.

Ja, genau so ist es. Und so, wie die Geschichte endet, kann das auch nicht mehr geklärt werden. Damit wollte ich das das Dilemma im Ehrenamt deutlich machen. Denn ein Laie hat wenig Chancen, sich gegenüber den Behörden und Institutionen durchzusetzen. Gegenwind gibt's nicht nur beim Wetter.
Die arme Frau Kienzle ist in doppeltem Sinn gegen die Wand geschleudert worden.

Danke für deine verständnisvolle Interpretation.

Liebe Grüße
wieselmaus

Lieber Friedrichard,

ich dachte zuerst, dass sich kein Mensch für dieses Thematik interessiere. Aber bei mir lag sie schon eine Weile in der Kochkiste, und als das Challenge-Thema genannt wurde, gab es eine blitzartige Erleuchtung, dergestalt, dass ich vor Augen hatte, wie ich die Geschichte fokussieren will.

Frau Kienzle gehört gar nicht zur Klientel des Seniorenrats. Durch die amtliche Betreuung und der Wohnung im Heim ist sie stark reglemetiert. Natürlich in bester Absicht, wie es die Betreuungsrichtlinien bestimmen. Und doch trippelt sie Woche für Woche zum Büro des Seniorenrats, weil ihr dort jemand zuhört und sie - ihrer Meinung nach - ernst nimmt. Ob die Demenz tatsächlich zutrifft, kann ein Laie überhaupt nicht beurteilen, er kann lediglich die Not spüren und eventuell trösten. Aber es ist ein zwispältiges Gefühl, was zurückbleibt. In der Flüchtlingsfrage gibt es ähnliche Erfahrungen. Mich wundert gar nicht, dass viele Helfer resignieren.

Danke für die Flusensuche. Es werden immer weniger;)

Das Kinderlied vom "bucklig Männlein" hat mir sehr geholfen, Frau Kienzle plastisch zu machen. Es war ein spontaner Einfall während des Schreibens.

Herzliche Grüße aus dem Schwarzwald, der vielleicht doch nicht nur grün bleibt, sondern ein paar rotgefärbte Laubbäume bekommt. Die gelben Blätter sind alle schon gefallen.

wieselmaus

Liebe@Anne49,

Die Sätze mit dem 'interaktiv' habe ich gestrichen, weil es für manche doch zu viel Infodump war. Meine Absicht war aber, einen Hauch Kritik einfließen zu lassen. Im Ehrenamt gibt es auch einiges an aufgeblähtem Aktionismus und Konkurrenzdenken. Es kreiste der Berg und gebar ein Mäuslein.
Daher auch die bange Frage, ob die Prota auch zu den 'Gutmenschen' gehört.

Die videoüberwachten Toiletten können als Witz verstanden werden. Es gibt aber auch eine andere Sichtweise, sozusagen die bürokratische. Da die Toiletten in einem öffentliche Gebäudekomplex liegen, sind sie natürlich schutzwürdig, vor allem vor Vandalismus, Drogentreff u.s.w. Die meisten Senioren finden das ganz okay. Die sind einfach froh, dass es schöne, saubere und sichere Toiletten gibt. Wer über fünfzig ist, weiß das zu schätzen.:lol: Das Rathaus ist dadurch ein ganz neuer Anziehungspunkt geworden.

Es freut mich, dass dir die Geschichte gefällt. Sie kann aber weder mit Liebesleid noch mit blutrünstigen Harpyien aufwarten.

Ich wünsch dir kreative Einfälle. Das Gute am Blitzstart ist: Man kann jetzt in aller Ruhe die anderen Geschichten "zerfetzen".

Liebe Grüße
speedy w.

 

Hej, du liebe wieselmaus,

ich gestehe gleich vorweg, ich habe keinen einzigen Kommentar gelesen, nicht mal überflogen.

Dafür habe ich mich köstlich amüsiert. Und wieder mal bin ich verunsichert, ob ich das darf.
Aber wieselmaus, dein oft versteckter Humor zwischen den Zeilen deiner vorherigen Geschichten, den ich mit einem Humoroskop auftreiben musste, wahlweise mit einem Humordetektor, kommt hier so wunderbar gräulich-schwarz daher, dass es mir eine Freude war. Erst kam das Grinsen und am Schluss, bitte verzeih mir, falls es nicht so gedacht war, ein erleichterter Lacher. Nicht, weil es mich grundsätzlich zum Lachen bringt, wenn betagte, grenzdemente Protagonistinnen an Häuserwände klatschen und versterben, aber komm, du hast es so aufgebaut, dass ich musste.

Der Sturm fegt über die Terrasse und schmettert meinen schönsten Keramiktopf auf den Kiesweg.

Wie wunderbar, dass sowohl der Sturm als auch der Regen am Ende noch einmal auftauchen und dann in positiver Blickweise, nämlich mit Freude auf Tee und Gebäck als auch mit der personifizierten Zukunft, den Kindern.

In der Wetter-App haben sie vor Straßen mit hohen Bäumen gewarnt und eindrucksvolle Bilder von abgeknickten Laternen und zerschmetterten Autos gezeigt.

Wie geschickt, mich davon in Kenntnis zu setzten, dass mich noch eine Katastrophe erwartet und nebenbei, wie zeitgemäß die Ich-Erzählerin ausgerüstet ist. Voll im Leben.

Mein normaler Weg führt mich durch einen Park.

Der Satz klingt weniger elegant als all die restlichen. Ginge es nach mir, wäre "Gewöhnlich nehme ich den Weg durch den Park" eine Möglichkeit.

Und bereits nach dem dritten Absatz fühle ich mich gut informiert und verortet.
Die Idee mit dem Kinderlied gefällt mir sehr gut. Ich bekomme auf eine andere stilistisch Art und Weise Informationen über die Erzählerin und die Protagonistin. Das ist abwechlsungsreich und unterhaltsam.

Knie und Augen auf gleicher Höhe.

Sehr sympathisch. Stück für Stück ergänzt sich das Bild.

Meine Familie möchte das nicht.“
Das stimmt zwar, aber nur zur Hälfte. Ich selber will es auch nicht. Das Ehrenamt im Seniorenrat reicht mir völlig. Schon einmal habe ich mich emotional stark engagiert, bei Sanela, der jungen Roma-Frau, die mitsamt den Großeltern und dem behinderten Sohn abgeschoben wurde. So schnell vergesse ich ihren verzweifelten Blick nicht, als sie mit dem Bescheid in der Hand am Generationenbüro vorbeistolperte. Manchmal träume ich davon.

Ganz wunderbar. Mit bildhafter Erklärung.

Aber ich tät's ganz gern noch erleben.“ Granteln gehört seiner Meinung nach zum Alter.

Das ist lustig. Also ohne den Nachsatz.

Und tatsächlich, wenige Wochen später, kommt Frau Kienzle runderneuert ins Büro. Das Gebiss blitzt, sie hat ein lachsfarbenes Jackett über der Rüschenbluse, das ihren kleinen Buckel geschickt kaschiert, und beim Friseur war sie auch. Der hat viele weiße Löckchen auf ihr Haupt gezaubert.

Das ist auch lustig. Tut mir leid. ;)

Ich halt es im Heim nicht mehr aus“, sagt sie und tastet in der Jacke links und rechts nach einem Taschentuch. Ich reiche ihr ein Tempo. Für Tränen sind wir gerüstet, das kommt öfter vor. „Das ist doch kein Leben, immer nur die Klapperfiguren um mich herum. Ich möcht so gern noch einmal Urlaub machen, irgendwohin, wo es junge Leute gibt. Und Spaß. Mein Mann ist ja nie mit mir in Urlaub gefahren, er hat's nur immer versprochen. Ich würd's auch selber bezahlen. Sie wissen ja ...“

Ich versteh sie so gut, die arme Frau Kienzle.

Frau Kienzle schluchzt und kriegt frische Tempos. Zwei Leute haben schon neugierig hereingeschaut. Zum Glück sind sie weitergegangen. Ich ziehe den Sichtschutz vor die Tür und nehme Frau Kienzle für fünf Minuten in den Arm.

Wieselmaus, das ist richtig locker und frisch. Und Lustig. Ich bleib dabei, bei aller Problematik.

Ich kämpfe mich durch die Regenwand nach Hause. Den Schirm habe ich weggesteckt, er ist völlig nutzlos. Macht nichts, gleich kann ich mir Tee kochen und Dinkelwaffeln essen. Und nach draußen lauschen, wenn die Kinder mit ihren Rädern den Kies aufwirbeln. Am Freitag werde ich wieder für sie kochen, mein liebstes Ehrenamt.

Die Erzählerin ist zum Greifen nah und ich habe den Eindruck, auch rein stilistisch, dass sie innerlichen Abstand wahrt. Und der Bezug zum Beginn: Regen, Sturm nun positiv ausgerichtet. Dann ein persönliches Statement ... Ich mag sie sehr.

Sie ist auf dem Weg zum Markt von einer Bö erfasst worden und gegen eine Hauswand geknallt.

Ich schäme mich ein bisschen, aber wieselmaus, deine Wortwahl ist doch auch komisch, oder irre ich?

Also ich muss ehrlich sagen, deine Leichtigkeit mit Text und Thema, kombiniert mit Humor, hat mir gut gefallen. Dein sicherer Erzählton führt mich - erneut - in eine Welt, die mir nicht geläufig ist und ich verliere niemals das Interesse.

Vielen Dank für diesen Einblick und Unterhaltung.

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Ronnie,

hätte gar nicht gedacht, dass diese Geschichte deinen Geschmack trifft. Aber dann erinnerte ich mich an deine Geschichte "Schnee im Kopf". Wir hatten da einen heftigen Disput. Schrullige Charaktere scheinen dich schon zu beschäftigen. Wer weiß, ob auf uns nicht ein ähnliches Schicksal wartet.
Es freut mich, dass du Frau Kienzle gut getroffen findest. Und das mit dem Ehrenamt ist nicht jedermans Sache. Man kommt dabei ganz schön ins Grübeln. Und Gegenwind gibt es auf mehreren Ebene.

Danke für dein Interesse und
Gruß aus dem Ländle

wieselmaus


Liebe barnhelm, rieger, Sabine P, wegen und Kanji, heute Spätnachmittag geht's weiter mit den Kommentaren. Bin jetzt erstmal im Ehrenamt unterwegs;)
wieselmaus

 

Liebe barnhelm,

zuerst herzlichen Dank für deine Betrachtung des Textes. Da sind ja viele lobende Worte, sowohl für den Sprachstil als auch für den Inhalt.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass du jede Einzelheit für wichtig hältst.

Ich habe den Infoteil bereits gekürzt, und zwar um den Schlenker mit dem 'interaktiv`. Ich möchte dir aber doch mitteilen, welche Absicht dahinterstand. Er sollte zeigen, dass in der Ehrenamtsbranche manchmal Hyperaktivität, Konkurrenz und „im Handwerk muss man klappern“ herrscht. Deshalb auch später die Zweifel, ob die Prota womöglich ein (negativ) besetzter Gutmensch ist.

… dass das deine Frau Kienzle recht interessant charakterisiert und deine Geschichte hinaus auch schmückt

Der Einfall kam spontan beim Schreiben. Ich hab extra gegoogelt, ob meine Erinnerung an das Lied bestätigt wird. Ich denke, das penetrante auf der Matte Stehen, sowie die letzte rührende Strophe haben mich bestätigt. Es ist ein Kinderlied, das für mich schon ganz früh (im Kindesalter) eine Bedeutung hatte: Warum muss das Männlein so arg um Zuwendung betteln? Nun ist es in meiner Geschichte ein Weiblein.
Das Liedchen soll auch die stellenweise bürokratisch-sachliche Sprache kontrastieren. Es gibt ja im Ehrenamt auch formelhafte sprachliche Konstrukte, zum Beispiel dieses am Telefon: „Was kann ich für Sie tun?“ Ich krieg da jedes Mal einen Brechreiz ...

Ambivalenz ist eines meiner Lieblingswörter, und es freut mich sehr, dass du es in diesem Kontext verwendet hast. Ich wollte und konnte auch keine andere Lösung für den Schluss finden. Alle bleiben ratlos zurück, wie so oft in der Realität. Die Formulierung an eine Hauswand geknallt ist gewollt so hart, fast mitleidslos, zynisch. In sozialen Berufen dient sie oft als Selbstschutz, und so ist es hier gemeint.

Danke für deine einfühlsame Interpretation. Ich sehe schon, dir konnte ich hundertprzozentig die Problematik des Ehrenamts vor Augen führen.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo rieger,

danke für dein Interesse an meinem Text.
Ich finde es spannend, wie sehr du auf die Figur der Frau Kienzle eingehst. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so vielen Lesern bekannt vorkommt und Mitgefühl erzeugt.

... vielleicht ein wenig zu realistisch, wenn ich an die Erklärungen denke, die mir von Beginn an ein wenig ausführlich vorkommen.

Manche Passagen schweifen von Frau Kienzle ab.

Meine Intention war, wie der Titel zeigt, etwas über die Institution "Ehrenamt " und darüber, wie es den "Ehrenamtlichen" dabei ergehen kann. Frau Kienzle ist eigentlich nur ein Beispiel, wobei sie gar nicht zur eigentlichen Klientel des Seniorenrats gehört. Im Alltag vermischen sich aber viele Probleme, die von Ehrenamtlichen überhaupt nicht gelöst werden können.

Ich wollte aber auch einen Hauch von Kritik an an derEhrenamtsbranche rüberbringen. Deshalb die (ironische) Aufzählung aller Aktivitäten des Seniorenrats und der stellenweise geschäftsmäßige Tonfall. Ein wenig habe ich gekürzt, auch um den Bezug zum Challenge-Thema zu verdeutlichen.

Das Gedicht finde ich persönlich auch entbehrlich, weil das eine Stelle ist, die ich lehrhaft empfinde

Das finde ich interessant, auf andere wirkt das Kinderlied bereichernd und mildernd. Für die Prota ist das bucklig Männlein eine Hilfestellung, eine Richtschnur im Verhältnis zu Frau Kienzle.
Dein Vorschlag, Frau Kienzle eine Liedzeile singen zu lassen, würde mMn den Fokus zu sehr von der Textintention wegsteuern.

Ja, das Thema kann einen schon beschäftigen. In den sozialen Ehrenämtern sind sehr viele ältere Frauen tätig. Und viele kämpfen mit der Ambivalenz des Amtes.
Nochmals danke für deine in die Tiefe gehende Auseinandersetzung mit dem Text.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo Sabine P.

Tolles Thema! Sehr sensibel erzählt aus der Sicht eines Menschen, der nicht hauptberuflich mit Altenbetreung befasst ist … Deshalb fand ich es auch komisch, dass sie sich selbst als „Gutmensch“ bezeichnet.

In einigen Kommentaren habe ich schon versucht zu erklären, warum die Prota im Ehrenamt auch Tendenzen zum „Gutmenschenwesen“ erkennt. Sie möchte natürlich nicht dazugehören, aber als stellenweise naiv findet sie sich schon.

Im Mittelpunkt steht ja nicht Frau Kienzle, die gar nicht zur Zielgruppe des Seniorenrats gehört, sondern das (über-)eifrige Engagement von Helfern, die sehr oft vor unlösbaren Problemen stehen wie z.B. bei Frau Kienzle. Zynisch formuliert bedeutet das, ach die Frau Kienzle, ja, alles sehr traurig, aber lasst uns zur Tagesordnung übergehen. Denn der Seniorenrat hat für die Probleme der Frau Kienzle keine Handlungskompetenz. Hier gäbe es absolut Gegenwind von den zuständigen Institutionen.
Der Sturm, der die arme Frau Kienzle an eine Häuserwand knallt, ist meiner Meinung nach konsequent. Immerhin passt er zum Charakter. Man darf vermuten, dass sie aus Eigensinn oder/und wegen der Zuwendung , die sie im Büro erfährt, alle Ratschläge in den Wind schlägt.

Dafür fand ich die „videoüberwachten“Toiletten witzig. Gruselig, aber witzig … löste sofort ein Kopfkino aus.

Da bist du nicht allein. Auch Anne 49 ist schon darüber gestolpert.
Ich habe lange überlegt, ob ich es streichen soll. Dann dachte ich, das ist doch eine schöne Klimax, um die Wünsche älterer Bürger an die Stadt zu illustrieren. Es ist mein Hang zur unterschwelligen Ironie, kann man an ganz vielen Stellen im Text spüren.;)

Nochmals vielen Dank für deine Interpretation und
herzliche Grüße
wieselmaus


Hallo wegen,

Ich schreibe dir, was mir beim Lesen so aufgefallen ist. Sind aber selbstredend meine persönlichen Gedanken und Leseeindrücke, für deine, auf hohem Niveau geschriebene, schöne Geschichte.

Erstmal danke für dein tolles Lob. Und ich werde entlang deiner Gedanken antworten.

So, ohne Jahre, wird es nicht großgeschrieben?

Nach Friedrichard kann man in Gedanken „Jahre“ ergänzen, daher klein. Ich hatte es zuerst auch groß. Überhaupt, das sei schon mal verraten, habe ich meine Schwierigkeiten mit dem Vor und Zurück und Vor der Rechtschreibreform. Manches ist so verinnerlicht, dass ich gar nicht auf die Idee komme, es könnte nicht stimmen.

Was ist eine Alarmstimmung. Sind die Händler in Stimmung, Alarm zu schlagen?

Nein, sie stehen zusammen und diskutieren, ob sie alle abbauen sollen. Das wird natürlich nicht von allen begrüßt. Schließlich geht es Wettbewerbsvorteile und Gewinneinbußen. „Marktwirtschaft“ eben.

Hihi, in BaWü war ich 7 Jahre neigeschmeckt, und wäre es wohl immer geblieben.

Na, das muss wohl in der Gegend sein, in der ich lebe. „Neigschmeckt“ ist hier Standardvokabular. :lol:

Ich habe Zweifel, ob die Mittel so schnell fließen.

Die Mittel sind ja vorhanden, und zwar auf dem regulären Konto der Frau Kienzle; laut Betreuungsrichtlinien kann der Betreuer angemessene Wünsche (am Kontostand gemessen) nicht blockieren. Hier ist Herr Holler wohl zu knurrig gewesen. Ist ja nicht so einfach mit dem „bucklig Weiblein“.

Die Ausrufe passen für mein Verständnis nicht hintereinander.

Ja, da ist ein Gedankensprung von Frau Kienzle drin. Die muss allerdings nicht logisch denken. Ich habe versucht, durch Auslassungspunkte den Sprung verständlicher zu machen. Danke für den Hinweis.

Auch den folgenden Gedankensprung (meiner!) lasse ich vorerst so stehen. Dich scheint er ja auch nicht wirklich zu stören.

Ich glaube, das könntest du zeigen, anstatt es zu sagen.

Danke für den Hinweis. Ich hab schon eine Idee. Jedenfalls muss sie zu den folgenden Sätzen passen, vielleicht so:
Ich blättere in dem Richtlinien für Betreuung. Ziemlich bürokratisch für meinen Geschmack, aber nicht herzlos. Bin ich …
Wenn du eine Idee hast, her damit, wird dankend angenommen.

Der Rest deiner Korrekturen sind alle angekommen und angenommen. Vielen Dank! Und auch super für deine Anerkennung für den Gegenwind im übertragenen Sinn.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Raindog,

ich finde das Gedicht sehr passend , um Frau Kienzle zu charakterisieren.
Und auch, um deine Geschichte, die ja etwas faktenlastig ist, ein wenig - mir fehlt das Wort - weicher zu gestalten.

Ja, das war die Absicht. Das Kinderlied als Reminiszens an eine Lebensphase, der man sich im Alter wieder nähert, manche mehr, manche weniger. Die Faktenlastigkeit habe ich gemildert und stärker auf das Thema "Gegenwind" bezogen.

Aber mein Thema ist nicht die arme Frau Kienzle, die sich anscheinend sehr die Aufmerksamkeit der Leser erobert hat, sondern, wie ja auch der Titel sagt, die Problematik des Ehrenamtes an sich und seine Wirkung auf die Helfer, die es so gerne "richtig" ausüben möchten.

Natürlich kann man den Text auch so interpretieren wie du: Zwei alte Frauen im Vergleich. Die eine nur wenig jünger als die andere. Ihre Lebensumstände sind auf den ersten Blick unterschiedlich, und doch gibt es Parallelen. Du hast über die Motive der Prota nachgedacht, warum sie sich wohl im Ehrenamt engagiert. Es könnte die von dir beschriebene Furcht sein oder aber auch Dankbarkeit, dass es ihr absehbar nicht so ergehen wird wie Frau Kienzle. (Hat was von Pharisäertum an sich).:hmm:

Ich danke dir für diesen erweiterten Blickwinkel, der mir noch einmal verdeutlicht hat, wie vielschichtig das Thema ist. Um allerdings Frau Kienzle nachhaltig helfen zu können, hätte an anderer, professioneller Stelle, gehandelt werden müssen. Ein Seniorenrat hat da wenig Chancen. Ich habe ja angedeutet, dass da andere Kanäle benutzt werden müssen. Marga, die Vorsitzende, kennt solche.;)

Nochmals vielen Dank für deine Anregungen und

herzliche Grüße
wieselmaus

 

Liebe wieselmaus,

ich bin jetzt lange um deine Geschichte rumgeschlichen. Und naja, ich kommentiere einfach nicht gerne, wenn mir was nicht gefällt und ich den Autoren mag. Ich machs aber jetzt trotzdem mal, vielleicht sind meine Hinweise doch irgendwie hilfreich. Wenn nicht, und du kannst gar nichts damit anfangen, dann schmeiß es einfach auf den Kommentarmisthaufen. Ist wirklich ernst gemeint.

Ich bin einfach nicht richtig warm geworden. Weder mit dem Stil noch mit der Art, wie du das Thema angepackt hast.
Woran das liegt, weiß ich selbst gar nicht so genau, irgendetwas fehlt mir. ich schreib dir einfach mal meine Gedanken.

Das Thema finde ich gut. Eine Frau arbeitet im Seniorenrat, ein Ehrenamt, also unbezahlt. An dem Schicksal der Frau Kienzle erlebt sie die Grenzen ihres Wirkungsbereichs. Und gerät in einen innerlichen Zwist:

Bin ich als Gutmensch wieder einmal naiv gewesen? Und was kann ich überhaupt bewirken? Reicht es, wenn ich Frau Kienzle einfach zuhöre, ihr Taschentücher zustecke und ihr erlaube, die Träume vom selbstbestimmten Urlaub mit mir zu teilen? Weil sonst niemand da ist?
Diesen Zwist löst du nicht auf, was ich gut finde. Auch das Ende der Geschichte, den Tod der alten Frau und die Art, wie sie zu Tode gekommen ist, und natürlich die Charakterisierung von Frau Kienzle, das finde ich alles folgerichtig und gut gemacht.
Natürlich ist dieser Konflikt "mein ehrenwertes Anliegen versus die Begrenzheit meines Tuns" ein Konflikt. Aber für mein Gefühl bringst du ihn nicht wirklich auf eine innere und innerpsychische Ebene oder Schicht. Der Konflikt ist natürlich in der zitierten Stelle aufzufinden, aber eben auch sehr behauptet, er wird auf der Ebene der Diskrepanz zwischen helfen wollen und nicht durchblicken durchgeführt und ein wenig auch auf der Ebene einer Belastung. Die alten Leute meckern und granteln, sind schwer einzuschätzen so wie Frau Kienzle, gute Absichten stranden, am Ende weiß man nicht, woran man ist. Was aber ist eigentlich mit der anderen Seite des Konfliktes? Der positiven? Dem ehrenwerten Anliegen? Ich sag das so ironisch, weil das alles einfach unterstellt ist. Wenn ich ihre Unruhe, ihre Schwierigkeiten doch aber begreifen will als Leserin, dann will ich doch auch irgendwie verstehen, warum sie das eigentlich macht. Was sie davon hat? Das wird in der Geschichte unterstellt. Man macht das halt. Es ist gut, das zu machen. Die Gesellschaft will sich nicht genügend kümmern, also braucht es Ehrenamtler. Da bewundert einen jeder für, aber das Spannende hier wäre für mich gewesen, was -ist es, das jemanden wie deine Icherzählerin da eigentlich antreibt? Was ist das Motiv, der positive Grund ihres Tuns? Ist sie lediglich moralisch angetrieben, weil man doch Gutes tun müsse? Glaubt sie, sie ist nicht wirklich nützlich oder führt kein sinnvolles Leben, wenn sie sich nicht irgendwie um etwas kümmert? Ist es ihr langweilig? Will sie Kontakt? Will sie noch ihre eigene Souveränität spüren statt Altersgebrechen zu lauschen? Glaubt sie, ihr Tun zahlt sich für sie irgendwann aus? Und wenn ja, worin besteht denn der ideelle Lohn?
Um mein Anliegen zu verdeutlichen, frag dich doch vielleicht selbst, wer und was und wie die Icherzählerin eigentlich ist. Frau Kienzle wird deutlich. Die finde ich schön gemacht. Das bucklige Männlein hättest du dazu gar nicht gebraucht. Im Gegenteil, ich finde, es stört richtiggehend, weil das Gedicht (oder Lied) so formell gegen die Geschichte gesetzt ist. Nicht falsch verstehen, es geht mir nicht darum, es wegzulassen, es ist nur so gar nicht mit der Geschichte verwoben und wirkt daher auf mich wie ein Stellvertreter. Die letzte Zeile, als das Männlein um ein Mitgebet (Mitgefühl) bittet, das ist ja wohl die entscheidende Liedstelle und zeigt möglicherweise auch den Antrieb deiner Icherzählerin. Mitleid oder Mitgefühl, helfen wollen: Ich sags aber einfach mal so, wie ich es empfinde. im Mitleid oder der Hilfsbereitschaft Fremden gegenüber spielt immer noch etwas anderes mit, als nur einfach das helfen wollen. Ist jedenfalls meine Behauptung, denn es sind ja völlig Fremde, denen man sich da widmet. Und es geht auch um eine spontane Hilfleistung gegenüber jemandem, der gerade mal was braucht, hinaus. Es ist ja eine fortdauernde Aufgabe. Das macht das Helfen nicht schlechter oder besser, aber es ist eben die Seite, die für einen innerpsychischen Konflikt spannend geworden wäre. Und selbst diesen Fingerzeig (Mitgefühl) aber überlässt du an der Stelle dem Lied allein und führst es nicht konsequent genug durch.
Die Icherzählerin erhält wenig Kontur. Die paar Details, die sie bekommt - Großmutter, die für ihre Enkel gerne kocht, zugezogen vor zehn Jahren, immer noch neigeschmeckt, hat einen zerbrochenen Blumentopf auf der Terasse liegen lassen, weil sie ins Ehrenamt muss. lebt mit Garten und Blumen - sind sehr formell und allgemein. Da fehlen mir Details, auch emotionaler Art, die für sich sprechen und mir diese Frau nahebringen. Wo das mal durchschimmert, was die Icherzählerin bewegt, das ist an zwei Stellen. Als sie und Frau Kienzle sich gegenübersitzen und als sie Frau Kienzle in die Arme nimmt. Die fand ich auch stark. Aber es schimmert eben nur durch. Und ist mir auch zu wenig gebrochen in der Hinsicht, dass Wohltätigkeit wie gesagt nicht einfach nur Hilfsbereitschaft unter Freunden und guten Bekannten ist.
Diese eine Seite des innerpsychischen Konflikts stärker zum Vorschein zu bringen, das könnte das sein, was aus meiner Sicht fehlt, um die Geschichte wirklich rund und vielleicht richtig spannend im Sinne von einer Auseinandersetzung mit sich selbst zu machen. So bleibt das alles weit oben auf der Oberfläche und man nickt, Und sagt, ja schwer haben es die alten Leute und ihre ehrenamtlichen Betreuer auch.
Ach Mensch, ich hoffe ernsthaft, ich kann das so rüberbringen, wie ich das meine.
Und aus meiner Sicht, also weil die Konfliktseite eben nicht so wirklich ausgereizt ist, haut das dann auch auf den Stil. Es sind ja nicht holprige Stellen oder sowas, die mich stören, sondern dass du dich stattdessen (also statt der Ausgestaltung des Konflikts) auf die Darstellung von Formalem oder Unwichtigem gestürzt hast, klar, das gehört vielleicht auch dazu, aber auf mich wirkt es momentan so, als wäre es nicht wichtig für die Geschichte.
Ich weiß, du hast auch schon abgespeckt, aber ich denke nach wie vor, dass (immer noch) zu viel Unwichtiges drin steht, Nebensächliches eben. Das dann langatmig macht. Ich geh später noch mal an die Stellen, sind eigentlich auch nur am Anfang. Einfach damit du nachvollziehen kannst, was ich meine.

Noch eine Sache zu diesem Satz mit dem Gutmenschen. Ich würde das Wort rigoros streichen. Die Selbstironie, auf die es dir da ankommt, die wird dadurch nicht betont. Der Satz würde allein schon dadurch gewinnen, wenn du das Wort einfach streichst und die Icherz. lediglich naiv sein lässt. Und wenn du den Verdacht am Wickel hast, sie könnte auf was reingefallen sein oder gar aus den falschen Motiven in dem Job sein - und das wird ihr jetzt klar, oder sie empfindet Entsetzen über die Schwierigkeiten der richtigen Entscheidungen, dann würde das anders ausdrücken. Nicht jedenfalls mit diesem Begriff, der die Ausgestaltung einer gewissen Erkenntnis oder eines Verdachts einfach nur durch ein Code-Wort ersetzt. Und dazu kommt, der Begriff lenkt total ab. Ja, früher hat man ihn benutzt, um auf eine bestimmte Sorte überkorrekter moralischer Stellung hinzuweisen, aber mittlerweile hat der Begriff ja seine Geschichte erlebt. Unwort des Jahres 2015. Verwendung innerhalb von Diskussionen durch Rechte, um eine bestimmte politische Sicht und Forderung nach Solidarität etc moralisch zu diffarmieren und zu diskreditieren. Das Wort taugt einfach nix mehr, um Selbstironie oder einen witzigen Sarkasmus zu kennzeichen, es sei denn, man nimmt das Wort selbst auf die Schippe wie die Toten Hosen.
Aus dem Gefummel würd ich mich befreien. Ich würde das anders ausdrücken.


Der Sturm fegt über die Terrasse und schmettert meinen schönsten Keramiktopf auf den Kiesweg. Ärgerlich, aber ich habe keine Zeit, den Schaden zu begutachten. Das Ehrenamt ruft.
Der Anfang ist naja, nicht aufregend, aber was mir deutlich wird, und das finde ich gut, sie hat keine Zeit für ihren eigenen Schaden, das Ehrenamt drängt sich als Pflicht und als eine gewisse Belastung ins Gesichtsfeld. Sie hat noch nicht mal Zeit, den Blumentopf zu besichtigen.
Auffällig fand ich, dass du nicht "Generationenbüro" geschreiben hast oder Seniorenrat, wo auch immer sie genau arbeitet, da hättest du dann später eine Spezifizierung sparen können, sondern gleich das Wort "Ehrenamt" raushaust. Ein fast kindlicher Stolz schimmert da durch, vielleicht Ironie. Man weiß das gar nicht. Man weiß auch nicht, ob du absichtlich das Wort so betont und in den Vordergrund gerückt hast. Im Moment finde ich das jedenfalls zu sehr angedeutet, weil es später nicht weiter aufgegriffen wird.

In der Wetter-App haben sie vor Straßen mit hohen Bäumen gewarnt und eindrucksvolle Bilder von abgeknickten Laternen und zerschmetterten Autos gezeigt. Ungewöhnlich für den September.
Ich würde wenigstens einen Absatz zum Vorherigen machen, denn deine Fokussierung geht vom Wetter und dem umgestürzten Blumentopf zum Ehrenamt und dann wieder zurück zum Wetter. Und das recht ausführlich. Also da ist eine Menge Streichpotential im folgenden Abschnitt drin. Mir leuchtet zum Beispiel überhaupt nicht ein, warum du unbedingt beschreiben musst, dass und wie sie einen Umweg gehen muss, es würde doch reichen, sie sich gegen den Sturm stemmen zu lassen auf dem Hinweg zum Generationenbüro.
Die Kombination bürokratischer und durch das Amt begründeter Gegenwind mit dem meteorologischen Sturm und die Abrundung der Geschichte durch den Tod Frau Kienzles, in dem der Sturm ja wieder eine Rolle spielt, gelingt auch so.

Hier berate ich als Vorstandsmitglied des Seniorenrats ältere Bürger, verteile Flyer und Adressen, sammle Anfragen, Beschwerden und Wünsche. Wir diskutieren alles und geben das Resultat an die Stadtverwaltung weiter. Das Büro, Teil des Rathauses, liegt wunderbar zentral, in der Passage zum Marktplatz, ebenerdig, man kann von draußen hereinschauen. An einer der Glaswände findet sich außen ein Bildschirm, an dem sich die Bürger durch Tastendruck informieren können, was die Stadtverwaltung so alles anbietet. Wir, das Vorstandsteam, sind zukunftsorientiert. Wir sprühen vor Ideen, wie man im Alter in unserer Stadt gut leben kann. Manchmal schießen wir auch übers Ziel hinaus. Dann bläst uns von der Stadt her der Wind ins Gesicht. Seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und videoüberwacht sind, haben wir deutlich mehr Publikumsverkehr.
Also man weiß doch ungefähr, was da gemacht wird. Wenn du meinst, das wäre nicht so, würde ich die eine oder andere Sache vielleicht an anderen Stellen einfließen lassen. Das ist das eine. Das andere, ich frage mich halt, wie sehr spielt das in deiner Geschichte überhaupt für eine Rolle? Ich habe ja nichts gegen Details oder auch gegen getellte Zusammenfassungen, nur hier frag ich mich, was willst du damit erreichen? Oder besser, frage es dich selbst, was es für eine Bedeutung für deine Geschichte haben soll. Auf mich wirkt es im Moment langatmig und in der Bedeutung für den Konflikt und den Gesamtzusammenhang nicht wirklich eingeordnet.
Wobei ich die Stelle mit dem videoüberwachten Klo echt witzig finde. Im Moment jedenfalls, so in meinem Rumgeeiere, wo der Hauptfokus der Geschichte und des Konflikts liegen, würd ich radikal kürzen.

Ich hole dann die Tasche, stelle sie auf unseren langen Konferenztisch und rücke zwei Stühle so zusammen, dass wir nahe gegenübersitzen können: zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern. Knie und Augen auf gleicher Höhe.
Hier muss ich immer total lachen, weil man Knie und Augen auf gleicher Höhe ja auch anders verstehen könnte. Jedenfalls sehe ich immer zwei Frauen vor mir, auf zwei Stühlen einander gegenüber, die Köpfe ganz tief gesenkt, so dass er knapp über den Knien ist, gucken sie sich tief in die Augen. Aber ich glaube, das liegt wohl eher an mir und ich weiß soweiso, wie es gemeint ist. Und ich finde die Stelle schön, denn das zeigt, wie deine Icherzählerin das Ehrenamt angehen will. Auf Augenhöhe soll es sein.

So jetzt mach ich mal Schluss. Hat schon wieder lange gedauert. Ich wünsch dir was.
Liebe Grüße von Novak

 

Hallo wieselmaus,

die Geschichte rührt mich und ich hätte gern mehr über die Frau Kienzle erfahren. Aber auch von der Erzählerin. Von ihr erfahre ich recht wenig. Sie nimmt das Ehrenamt ernst, aber was sie innerlich antreibt, was sie bewegt, darüber muss ich als Leser spekulieren. An manchen Stellen gibst du zu viele unnötige Infos, einiges ließe sich zugunsten des inneren Monologs der Erzählerin reduzieren, denke ich.

Textstellen:

Hier berate ich als Vorstandsmitglied des Seniorenrats ältere Bürger, verteile Flyer und Adressen, sammle Anfragen, Beschwerden und Wünsche.
Wir, das Vorstandsteam, sind zukunftsorientiert.
unschöne Dopplung und für meinen Geschmack zu viel tell

zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern. Knie und Augen auf gleicher Höhe.
müsste man da Siebziger und Achtziger nicht großschreiben? Und was willst du mit Knie und Auge auf gleicher Höhe ausdrücken? Gleich groß?

„Aber ich tät's ganz gern noch erleben.“ Granteln gehört seiner Meinung nach zum Alter.
die Erklärung mit dem Granteln könntest du auch weglassen, dann wirkt stärker, was er sagt.

Marga ist eine durch und durch engagierte Person, Herausgeberin von Schriften zur Ortsgeschichte, langjähriges Gemeinderatsmitglied, hochangesehen im Städtchen und neuerdings dekoriert mit dem Bundesverdienstkreuz.
hier auch etwas zu viel tell

Ich bin relativ neu in der Ehrenamtsbranche,
soll das komisch klingen? Ich musste lachen beim Lesen.:lol:

Zum Glück sind sie weitergegangen. Ich ziehe den Sichtschutz vor die Tür und nehme Frau Kienzle für fünf Minuten in den Arm.
hier könntest du drauf bleiben, beschreiben.

Schöner Challenge-Beitrag! Vielleicht magst du ja noch dran arbeiten.
Viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey wieselmaus ,

Ärgerlich, aber ich habe keine Zeit, den Schaden zu begutachten. Das Ehrenamt ruft. In der Wetter-App haben sie vor Straßen mit hohen Bäumen gewarnt und eindrucksvolle Bilder von abgeknickten Laternen und zerschmetterten Autos gezeigt.
Ich lieb deinen Humor.

Ich stemme mich gegen den Wind.
Aha, das Thema.

Wir diskutieren ...
Wenn das die Gedanken von deinem Prot sind, dann denke ich nicht, dass er/sie in so langen Sätzen denken würde.

Will ich in mein Gärtlein gehen,
will mein Zwiebeln gießen,
steht ein bucklig Männlein da,
fängt gleich an zu nießen …
Was? :D Gefällt mir.

Sie sind wie … wie die der Hexe im Märchenbuch, aus dem ich früher meinen Enkelkindern vorgelesen habe.
Haha

Da muss endlich was geschehen. Wieso schickt sie der Betreuer nicht zum Zahnarzt?
Oh :(
Gut, der plötzliche Wechsel von kindlichem Humor hin zu Tragik.

Für mich die Inkarnation des Ehrenamtes.
:D

Frau Kienzle hat es abgefackelt.
Wow, coole Idee.

Ich lege wortlos auf.
Und so endet eine sehr sehr schöne Geschichte.
Hat mir gefallen. Eigentlich habe ich auch nichts auszusetzen bis vielleicht auf die langen Sätze beim Denken. Das habe ich ja aber schon erwähnt.

LG,
alexei

 

Liebe Kanji,

Dafür habe ich mich köstlich amüsiert. Und bin wieder einmal verunsichert, ob ich das darf … dein oft versteckter Humor zwischen den Zeilen ...kommt hier so wunderbar gräulich-schwarz daher, dass es mir eine Freude war.

Die Erzählerin ist zum Greifen nah und ich habe den Eindruck, dass sie innerlichen Abstand wahrt.

Ja, so war's gedacht.

Ich schäme mich ein bisschen, aber wieselmaus, deine Wortwahl ist doch auch komisch, oder irre ich?

Wie froh ich bin, dass du die grundlegende Gestaltungsidee erkannt hast. Absolut kein Grund zum Schämen. Ja, ich dachte, die merkwürdige Institution Ehrenamt will ich in ihrer Ambivalenz zwischen spontanem Helfen und ermüdenden büroratischen Klippen zeigen. Weder die arme Frau Kienzle noch die Prota sollten im Mittelpunkt stehen. Am oft kritisierten Info-Teil (Tell) möchte ich daher nichts mehr kürzen. (Aber man soll nie „nie“ sagen;)). Dem Leser soll es ruhig so gehen, dass er sich langweilt und diese Zeilen überspringt.

Es ist nämlich wie im richtigen Leben (also auch im Forum:D) Die meisten Menschen möchten es gar nicht so genau wissen. Viele haben beim Ehrenamt einen barmherzigen Samariter vor Augen, der in akkuten Notfällen alles liegen und stehen lässt und völlig selbstlos hilft. Andere vermuten ein Helfersyndrom, Geltungsbedürfnis, Ausweg aus Langeweile, Sprungbrett für die eigene Karriere und was noch alles. Die Prota kriegt das alles mit. Das nährt ihre Zweifel, aber sie hat nicht vor, das Amt niederzulegen.

Wie wunderbar, dass sowohl der Sturm als auch der Regen am Ende noch einmal auftauchen und dann in positiver Blickweise, nämlich mit Freude auf
Tee und Gebäck als auch mit der personifizierten Zukunft, den Kindern.

:thumbsup:

Natürlich werde ich am Text noch ein wenig basteln, die leidigen Tell-Stellen dort löschen, wo ich sie für entbehrlich halte. Am Kinderlied werde ich auf jeden Fall festhalten. „Das bucklig Männlein“ ist für mich ein Synonym für die vielen einsamen Alten, die sich nach Aufmerksamkeit sehnen.

Danke sehr, liebe Kanji, hast mir den Tag verschönert.

Herzlichst
wieselmaus

 

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