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Ich liebe die Menschen

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14.10.2011
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Ich liebe die Menschen

Ich liebe die Menschen

Wie an jedem anderen Morgen schnüre ich die zarten Ballettschuhe auf meine leicht verkrüppelten Treter. Es wäre an der Zeit meinen Halux mal unter die Guillotine des Ortho-Chirurgen zu strecken; nur: ich löse mich in Panik auf, wenn ich an Übergriffe gegen meine Glieder denke.

Leichtfüßig tänzle ich über das Gepflasterte der morgensonnendurchfluteten Nebenstrasse und zupfe schnell ein paar Veilchen, die ihre lila Köpfchen fast munter zwischen den Granitpölstern rausrecken. Ein Sträußlein als Zeichen meiner Liebe - für ihn.

Ich ziehe am Faden meiner letzten REM-Phase und: da ist er, der süße Junge mit dem kahlgeschorenen Kopf und den glänzenden dunklen Glotzern. Er blickt mich zärtlich an. Ein Spermafädchen glitzert auf seiner Unterlippe.

„Ich brauch’ heut nen Fuffziger Sunny, mein Dealer fickt mich sonst zu Brei!“

Ein süßer Traum, nur: wo nehm ich einen Fuffziger her? Bin froh wenn mich der alte Autohändler, dem die Zinsburg mit meiner Bleibe gehört, nicht diesen Monat vor die Türe setzt. Es ist nicht gerade der wirre Fun den Schwanz dieses miesen Drecksackes zweimal pro Woche abzunagen. Aba was soll’s.

Das sind so meine Gedanken und Tagträume, während ich am Autoplatz des schwulen Gebrauchtwagenhändlers vorbeigehe. Es ist Frühling und winziges Grünzeug treibt aus den Ästen. Als würden kleine grüne Schwänze die Vorhaut hinter sich lassen. Da sind meine Gedanken gleich wieder bei ihm, dem zauberhaften Grünschnabel.

Ein warmer Wind krault durch mein Toupet und erinnert mich an die geilste Zeit des Jahres. Oh shit - es iss Frühling! Ich passiere den leicht debilen Jungen von der Straßenreinigung, der gerade ein paar Bierflaschen in seinen Karren leert. Ach – tut mir das Geräusch in den Ohren weh. Ich schenke ihm und seinen knallroten Pausbacken trotzdem ein Lächeln und spitze meine Lippen zu einem schnalzenden Kussmündchen. Stelle mir grafisch vor, wie er die Hose seines grellorangen Outfits in einer dunklen Hauseinfahrt runter lässt.

„Du kommst auch noch dran, Süßer!“

Er blickt mich entgeistert an und lallt was Unverständliches in seine Hasenscharte.

Am Himmel schweben einander ein paar Federwölken nach, wie weiße Lesben. Ich hüpfe lebensfroh über die Geleise des stillgelegten Verschiebebahnhofes, dessen desolate Stahlkonstruktion wie das Skelett eines ausgebrannten Luftschiffes ausschaut. Hab gestern nämlich einen Film über die Hindenburg-Katastrophe im ZDF geguckt. Schön wie der Plusterer abbrannte. Dabei fällt mir ein, dass ich mal ein paar Spirituswürfel im alten Holzverbau unseres Hauses abfackeln könnte.

Aha – das Tuten des Intercityzuges. Ich beschleunige die Trottstangen unter meinem Arsch und hopse aufgeregt auf den erhöhten Bahnsteig. Er rollt gemächlich ein; mit leisen Puffen öffnen sich die Schiebetüren und eine Horde Jugendlicher quillt auf meiner Höhe aus dem Wagon. Ich stehe beim Zeitungskiosk, Rücken wagonseits und stiere in den großen Rückspiegel, den sich der alte Mohammed hier kürzlich montieren lies. Gegen Zeitungsdiebe – el klaro!

Die Bälger schienen einer netter als der andere. Vom fröhlichen Geplapper ihrer jungen Stimmen erreicht mich Sinniges wie:

„…was in den Arsch gefickt…drei Mal gekommen, du Wichser…ihr zwei Harte über die Schnauze gegeben…die wirre Tussi halb erschlagen…du beschissener Drecksack…Scheiß Fixer…fick dich Ali…du Türkensau…!“

Ein herrliches Gefühl ergreift Besitz von mir. Wunderbar unsere Jugend, offen für alles was Spaß macht. Ich liebe sie. Ich liebe ihn!

Und dann er – mit dem Rücken zu mir. Seine zerrissene Jean lässt mich den schönsten Arsch erahnen. Den Arsch von dem ich nun schon seit Wochen jede Nacht fantasierte, während ich meine Kotze voll-ejakulierte. Sein kahlgeschorener Kopf ist vorgebeugt. Mann - seine hasserfüllte Stimme kam deutlich rüber zu mir, tief und samtig:

„Ein Wort noch du verfickter Jugostricher und ich brenn dich ab!“

Der Satz geht unter im Stimmengewirr, die Jungs starten ein Gemenge. Da wird es gleich knallen. Wie atemberaubend. Ich, shit – Mensch, ist das nicht der feinste Moment um mich mit meiner Liebe zu outen? Ich fasse meine Courage bei den Eiern und drehe mich um. Die Herde steht in drei Meter Entfernung von mir. Der Zug beginnt langsam zu rollen. Er knarrt und quietscht fast müde und verabschiedet sich mit einem zarten Tüten.

Blitzig habe ich die Menge gezählt. Es sind neun Fehlgeburten und mein Traummann – umringter Weise. Zwei Mädels haben sich mit großen Augen und quasselnd zum Ausgang entfernt und verschwinden hinter den Schwingtüren. Ja – es liegt Mordlust in der morgendlichen Luft. Die zittert irgendwie, als wären wir auf einem Picknick in der Sahara.

Ich trete ran und zupfe mein Idol von hinten am Ärmel seiner Jacke. Der Stoff fühlt sich seidig an und ich spüre heißen Urin auf dem Weg abwärts in meine Harnröhre. Der Aufdruck auf dem Rücken seiner schwarzen Jacke ist irgendwie originell.

„Keine Ehe vor dem Sex!“

Das zaubert ein Grinsen auf meine Visage. Hoffe nur mein Make-up ist nicht zu auffällig.

Die Jungs verstummen schnell, als sie mein Einschreiten mitkriegen. Er dreht sich um, richtet seine wunderschönen Augen auf mich. Seine Stirn furcht sich zu einem scharfen Runzeln. Der Blick aus seinen dunklen Glotzern wirkt nicht erwärmend.

„Was?“

„Ich liebe dich Ali!“

Dabei strecke ich meine Hand mit den Veilchen in seine Richtung. Die lassen ihre lila Köpfen hängen. Na ja – hoffe, die haben keine Vorahnung.

„Hier, die sind für dich.“

Die Stille hat was. ich weiß nur nicht was. Kommt mir vor wie ein Film; so ein bisschen in Zeitlupe.

Das schallende Gelächter klingt irgendwie fern. Neun Missgeburten kichern, aber nicht im Chor. Der Edelmann blickt mich wortlos an.

„Scheiß Tunte, ich fix dich, wenn du hier nicht fluxi die Fliege machst!“

„Ich liebe dich Ali!“

„Mensch Ali, der Stricher will nur deinen Arsch, Mann. Blas ihm gleich einen hier – hm? Bosso, komm Mann, mach n’ Foto von den zwei Süßen – hei?“

„Ich mach dich Mann, shit ich mach dich!“

„Du magst mich Ali? Oh Gott, ich liebe dich, Mann!“

Sein harter Schuh landet genau zwischen meinen Beinen - eierwärts. Und ich: bin mal luftleer. Oh tut das weh. Ich knicke mal nach unten, und er knallt noch mal nach oben. Ich höre das Krachen meines Kiefers - oder ist es die Nase – als wäre ich inmitten einer Geröll-Lawine.

Ich richte mich mühsam auf.

„Ali, bitte, bitte…!“

Die Veilchen liegen am Boden. Wie in einem Frühlings- Still-Leben. Die neun Abartigen rundum, sind still geworden. Sein Gesicht ist knapp vor mir. Ich spüre seinen warmen Atem auf meiner Wange. Wodka und Wrigleys. Ich liebe die Menschen. In meinem Mund gurgelt etwas nach oben. Der Kragen seiner offenen Jacke ist voll rot geworden.

Erst jetzt spüre ich ein wenig Schmerz. Er zieht die lange Klinge des Messers aus meinem Hals. Ich fühle mich traurig. Und ja – schwer. Es ist als ob mich die Erde zu ihrem Mittelpunkt zöge. Er stößt mich von sich und ich kippe über den Bahnsteig. Der Stahl der Schiene ist kalt und ich beiße auf meine eigenen Zähne. Knirschig.

Ich bin müde und wälze mich schwerfällig auf den Rücken. Die Wolken haben einander erwischt, umarmen sich endlich. Der Himmel ist hellblau.

Alis Gesicht ist wunderschön wie er so über den Bahnsteig lugt. Seine Spucke landet warm auf meiner Wange.

„Stirb, Tunte!“

Ja, das muss ich wohl, denn viel Blut hab ich nicht mehr. Es quillt und quillt und mir wird eiskalt um die Seele. Ich muss den Himmel nicht mehr sehen. Ich nehme den mit. Nehme ihn dorthin mit wo ich jezz hin muss. Das Stimmengewirr ist klar und deutlich: der Chor wilder Engel.

„Lasst uns abhauen, bevor die Bullen kommen!“

Ich liebe die Menschen.

 
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Hallo Glorios Chrys, willkommen auf KG.de.

Deine Geschichte hat mir nicht gefallen, und zwar aus folgenden Gründen (in dieser Reihenfolge):

1. Der Stil ist unerträglich peinlich tuntig, überfrachtet mit Ei-tei-tei, Verniedlichungen und haltlosem Geschlamp. Das mag bei Klang und Sprache noch eine Geschmacksfrage sein, setzt sich aber dummerweise bei

2. Rechtschreibung und Zeichensetzung fort.

Wie an jedem anderen Morgen schnüre ich die zarten Ballettschuhe auf meine leicht verkrüppelten Treter. Es wäre an der Zeit Komma meinen Hallux mal unter die Guillotine des Ortho-Chirurgen zu strecken; nur: Ich löse mich in Panik auf, wenn ich an Übergriffe gegen meine Glieder denke.

Leichtfüßig tänzle ich über das Gepflasterte der morgensonnendurchfluteten Nebenstraße und zupfe schnell ein paar Veilchen, die ihre lila Köpfchen fast munter zwischen den Granitpölstern rausrecken.

Pölster: War das Absicht? Ich fürchte, das könnte Absicht gewesen sein: Hach!, diese Pölster! Aus Granitelchen! Und Tschöchen mit öchen!

Im Ernst: Es ist nicht besonders schlau,

3. so einen Helden als Opfer in eine Mord- und Totschlaggeschichte zu stecken. Wie soll man den denn ernstnehmen?

Natürlich ist auch eine Nervtucke, die zeilenlang mit neckischen Plattheiten den Geduldsfaden des Lesers strapaziert, nichts in der Birne hat, dafür aber ein Toupet, einen schiefen Zeh und Trottstangen, ein Mensch und darf nicht einfach gehauen und gestochen werden. Aber Du besorgst es Deinem Protagonisten wirklich auf die ganz miese Tour, indem Du ihn erst so erschaffst, daß man sich nur wünscht, er möge endlich die Fresse halten und tot umfallen, und ihn dann von einem anderen quälen lässt, dem man das nur deswegen noch nicht ganz so innig wünscht, weil man ihn erst seit wenigen Zeilen kennt, und zum Schluß wird mit Originalität vollends übertrieben, denn da erfährt man noch, es könne sogar ein Toter sein, der hier erzählt.

Was dasteht: Ein unappetitlicher Doofi wird durch doofe Umstände Opfer eines gewalttätigen Doofis. Arme Veilchen, arme Zeichensetzung. :sleep:

Aber Moment mal! Ein Angehöriger einer Minderheit, dessen Identitätsprobleme ihn in Realitätsferne, Distanzlosigkeit, Logorrhoe und Stumpfheit getrieben haben, der aber immer noch versucht, sich eine Märchenwelt zu erfinden, glaubt einmal, er könne einen Traum wahrmachen, und gerät ausgerechnet an den Angehörigen einer anderen Minderheit.
Der wiederum (:teach:), durch Identitätsprobleme, Gruppendruck und mangelnde Bildung in Realitätsferne und Rohheit getrieben, hat zufällig ein Messer dabei und darf natürlich vor seinen Kumpels auch nicht gerade jetzt seine romantische Seite offenbaren, also kommt es zur Tragödie mit unzähligen kultur- und sonstkritischen Aspekten, über die wir alle nachdenken sollten!

Nur: Das steht halt da nicht.

Wenn ich mich nicht davon ablenken lasse, was ich da jetzt vielleicht eigentlich hätte fühlen sollen und ob es nicht ganz gemein und bedenklich ist, nichts zu fühlen, nur, weil der Text so lahm ist, lese ich folgendes:

4. Zwei Protagonisten wie aus der Mülltonne der lieb- und nutzlosesten Klischees gezogen treffen aufeinander. Einer bleibt liegen, der andere stehen.

5. Passiert ist nichts.

Sexuelle Vorlieben oder Herkunft der Helden: Wozu brauchst Du die eigentlich? Um Pölster, Arschfick, Jugostricher und Türkensau schreiben zu können?
Die Zeilen, in denen man nur erfährt, daß ein Held eine Tucke und der andere ein Türke ist, fehlen an der Substanz. Mit demselben Aufwand hättest Du zwei interessante Menschen und eine interessante Geschichte machen können.

6. Mit so einem Text tut man weder seinen Helden noch dem Leser noch sich selbst Ehre an.
Während aber mißlungene Helden vergessen werden dürfen (und Leser in dringenden Fällen auch gern dabei helfen), muß sich der Autor ganz allein zwischen Aufräumen und Verdrängen entscheiden.

Das ist das erste Gericht, das Du bei der Neueröffnung Deines Restaurants servierst:

Keine Butter, kein Fleisch, kein Salz und kein Gemüse, weil der Koch geizig und der Lehrling faul ist, aber der Ober erklärt dem Gast, er habe ja vielleicht doch was gegessen und außerdem sei der Nachbar in Vietnam gewesen.

Worte, die nichts bedeuten, obwohl sie dazu bestimmt sind, kauf ich nicht.

Was für ein Glück, daß Veilchen und Kommaregeln nachwachsen.

Gruß,
Makita.

 
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n' abend makita -

na ein komma und zwei rechtschreibfehler*) und nach einem : schreibt man doch klein weiter, oder? na all dies ist keine tragödie - oder? dass dir der text nicht gefällt, ist eine ganz andere sache, denn beauty lies in the eye of the beholder.

danke für deine geduld und die ausführliche kritik.


*) die kleinere form des hallux schreibt man angeblich mit einem, die größere mit zwei "L".

 

Tja, leider kann ich mit deinem Text ebenfalls nichts anfangen.
Ausser dem lieblosen Umherzappen zwischen verschwurbeltem Gesäusel

"Leichtfüßig tänzle ich über das Gepflasterte der morgensonnendurchfluteten Nebenstrasse und zupfe schnell ein paar Veilchen, die ihre lila Köpfchen fast munter zwischen den Granitpölstern rausrecken."
und deftiger Fäkalsprache
„Scheiß Tunte, ich fix dich, wenn du hier nicht fluxi die Fliege machst!“
„Ich liebe dich Ali!“"
die leider auch sehr verworren und unscharf gesetzt wird, bleibt da nicht viel, was mich irgendwie unterhalten oder zum Nachdenken anregen könnte.

Du beschreibst aus der verklärten Sicht des Opfers, streust allerdings Bemerkungen ein, die nur ein auktorialer Erzähler haben kann. Das beisst sich.
Beispiel:

"Die lassen ihre lila Köpfen hängen. Na ja – hoffe, die haben keine Vorahnung."​

Fazit: Also mir hat es nicht gefallen, denn du beschreibst nur den Vorgang eines brutalen Verbrechens als Folge einer misslungenen Liebeserklärung. Die Geschichte dahinter bleibst du dem Leser schuldig. Plakative und Klischee bedienende Protagonisten alleine ergeben noch lange kein tragendes Gesellschaftsstück.

Gruss dot

 

Moin, Glorious...

Was ich gerade las, war weit weg von Glorious... Schade.
Vielleicht lag´s an dieser gesamten, Menschen & Stilverachtenden Sprache und dem selben Inhalt. Nichts weiter als eine Aneinanderreihung von schlecht beobachteten Klischees. Ich kann mit sowas nichts anfangen, wenn sich eine Ansammlung von Worten liest, als habe sie jemand auf die Tastatur gekotzt... falls das aber dein Anliegen war, muss ich allerdings zugeben, dass Du das Ziel damit voll erreicht hast.
Mir gefiel es nicht...
Gruß:
Lord

 
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nein LA, das war nicht mein anliegen.

ich schreibe keine röschen-prosen. und menschenverachtung? was ist daran so unreal? wir leben - gesamtmenschlich gesehen - in einer welt, in der mord und unterdrückung, vergewaltigung, ungerechtigkeit gang und gebe ist. und: von unseren demokratischen gesellschaften durch die rosarote brille betrachtet wird. was muss ich dazu noch sagen? menschenverachtung findet man an jeder strassenecke. also bitte!

der text ist ein antonym zur kurzprosa eines hobby-schreibers mit dem titel ICH HASSE DIE MENSCHEN. es gab von meiner seite nicht die geringste absicht den charakter des prot detaillierter zu zeichnen. es ist eben nur die erzählung welche die letzte stunde einer verzweifelten existenz aus seiner erlebnisperspektive beschreiben soll. und wie könnte denn so eine stunde ablaufen? kann man sie etwa gar schöner beschreiben? und der einwand ein toter erzähle hier, was ja völlig unmöglich sei, stimmt. nur: ich halte mich an diese regel nicht. warum auch?

natürlich stören mich die ausschliesslich negativen kritiken nicht. es gab 5 mal soviel gegenteiliges in anderen foren. wobei ich sagen muss: hier wird nicht leser-kritik geschrieben, sondern fast schon professionelle un d klare literatur-kritik, was mich wesentlich mehr freut.

danke + mehr später.

 

„Ich mach dich Mann, shit ich mach dich!“

„Du magst mich Ali? Oh Gott, ich liebe dich, Mann!“


Da treibstu Scherz mit der heutigen Sprachschlamperei & -schluderei und spielst mit dem Gegensatz von machen und mögen,

lieber Glorios,

und erzeugst - trotz aller Ungefälligkeit - Witz, dass es einem das Lachen verschlägt. Das muss keinem gefallen, wie denn auch die Wirklichkeit, dass an sich harmlose Leute auf Bahnsteigen angepöbelt bis totgeprügelt / -getreten werden oder im Stadtpark als harmlose Bankbesitzer abgefackelt werden - an den Acker-/Sensenmann traut sich ja keiner ran. Wir sind um wenigstens 200 Jahre Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft zurückgeworfen worden und der Oliver Twist wird zur reinen Idylle, was der David Copperfield immer schon war. Und Uriah Heep ist unendlich geklont.

In diesem Erstling (wie soll ich's anders nennen?), da schreibt kein außengeleiteter und also wohlangepasster Typ, denn was zunächst auffällt: die eigentümliche Sprache – was gutzuheißen ist, sollte doch die schreibende Zunft aus Individualisten und nicht dem mainstream gehören (der sich in der Journaille und im polizeibericht wiederfinden kann). Selbst die Adjektivitis, die immmer wieder durchzuscheinen wagt im

zart / leicht verkrüppelt / schnell / ein paar / lila / fast munter/ süße / kahlgeschoren / glänzenden dunklen / usw. usf.
wie auch die eher ungewöhnliche Zeichensetzung (zB Semikolon im direkten Wechsel mit dem Doppelpunkt) bilden zwar keine Kleist’schen Sätze, aber monströse Wortkonstrukte, wie zB:
morgensonnendurchflutet
und gelegentliche soziolekt-artig anmutende Brocken (aba, statt aber, iss, statt ist usw.), denn da schreibt einer, der wohl den Fick’sche Romantizismus des mainstream ironisch demontiert
Ein herrliches Gefühl ergreift Besitz von mir. Wunderbar unsere Jugend, offen für alles was Spaß macht. Ich liebe sie
und mit dem, was sie eigentlich ist, verknüpft und das ist kein Scherz und doch ein Schmerz mehr: Gewalt.
Ein Kleist’sches Thema …, wenn auch noch nicht Kleist'sch gelöst.

Bissken Kleinkrämerei in der Reihenfolge des Auftritts – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Es wäre an der ZeitKOMMA meinen Halux mal unter die Guillotine des Ortho-Chirurgen zu strecken; nur: ich löse mich in Panik auf, wenn ich an Übergriffe gegen meine Glieder denke.

Bin frohKOMMA wenn mich der alte Autohändler, …

Es ist nicht gerade der wirre FunKOMMA den Schwanz dieses miesen Drecksackes zweimal pro Woche abzunagen. Aba was soll’s.
Aba?, da isset! Kenn ich nur von hier, dann „aba wat soll’t“ - oder so.

…, den sich der alte Mohammed hier kürzlich montieren lies.
Nein, hier wurde nicht gelesen, hier wurde gelassen: gönn dem lies noch ein s oder besser: ersetz das vereinsamte s durch ein schön geformtes ß!

Die Bälger schienen einer netter als der andere.
Nein: Bälger scheinen genauso wenig als der Mond, der sich auch sein bisschen Licht leihen muss. Die Bälger erscheinen bestenfalls oder, eleganter als Infinitvkonstruktion: „scheinen … zu sein“.

Den ArschKOMMA von dem ich nun schon seit Wochen jede Nacht fantasierte, …
…, ist das nicht der feinste MomentKOMMA um mich mit meiner Liebe zu outen?

An einem Satz ist mir dann aufgegangen, wie dieses kleine Stück wirklich schockieren könnte und zwar an dem Satz
Als würden kleine grüne Schwänze die Vorhaut hinter sich lassen.
Wie gewönne das in Hochsprache:
Als [ließen] kleine grüne Schwänze die Vorhaut hinter sich[…]
.

Hoch- und / oder Kunstsprache - nicht auszudenken!

Gruß

Friedel

 

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