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Thema des Monats Hybride Wandlung

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29.01.2010
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Hybride Wandlung

Die Praxisangestellte Helen Meier war noch immer fassungslos, als sie die Termine der nächsten Tage absagte und die Patienten bat, sich an einen andern Arzt zu wenden. Mit tränenerstickter Stimme erwähnte sie jeweils, Dr. Jäger sei überraschend verstorben.
Der Polizei gegenüber konnte Frau Meier nur dürftige Angaben machen. Die letzte Patientin, die das Behandlungszimmer betrat, war als Notfall gekommen. Passanten hatten sie hochgebracht, obwohl die Frau es erst abwehrte. Auf der Strasse, direkt vor dem Haus, war sie gestürzt. Da Dr. Jäger sich die Patientin sofort ansehen wollte, wurde die Erhebung der Versicherungsdaten auf später verschoben. Während eines Telefongesprächs meinte Frau Meier mal einen gurgelnden Laut aus dem Behandlungszimmer vernommen zu haben, dann war es aber wieder ruhig. Erst als sie einen dringenden Anruf durchstellen wollte, Dr. Jäger diesen aber nicht entgegennahm, klopfte sie an die Tür des Behandlungszimmers. Eine Antwort blieb aus. Da fand sie ihn, er lag rücklings quer über der Liege, der Griff eines Skalpells ragte aus dem Hals. Obwohl sie erfasste, dass die Halsschlagader verletzt war, fühlte sie nach seinem Herzschlag. Er war nicht spürbar. Ihre Nerven begannen zu flattern. Sie stand einem Zusammenbruch nahe, doch gelang es ihr, einen Notarzt und die Polizei zu verständigen. Die Notfallpatientin war verschwunden, sie musste das Behandlungszimmer durch die zweite Tür, die direkt in den Gang führte, verlassen haben.

Vor den Abendnachrichten sendete das Regionalfernsehen folgende Polizeimeldung. «Gesucht wird eine ungefähr fünfunddreissigjährige Frau, etwa ein Meter fünfundsiebzig gross, schlank, dunkelbraune, schulterlange Haare, Hautfarbe Weiss, leicht gebräunt. Sie trägt einen schwarzen Wollmantel und schwarze Stiefel mit hohen Absätzen. Heute um Siebzehn Uhr war die Frau an der Bergstrasse gestürzt. Passanten, die ihr geholfen hatten und sie in die Arztpraxis im Haus beim Unfallort brachten, werden gebeten, sich umgehend bei der Polizei zu melden. Ebenso, wer Angaben zur Identität der gesuchten Person machen kann.»
Sabine Howald drückte nervös ihre Zigarette aus. Diese Angaben sind dürftig, wahrscheinlich wissen sie nicht mehr. Den Griff hatte ich sorgfältig abgewischt und keine Spuren hinterlassen. Wenn er sich doch auf Fragen beschränkt, mir geglaubt hätte, dass es nur ein Fehltritt ohne Folgen war. Nein, er meinte meinen Körper unbedingt abtasten zu müssen, mit der Begründung, es könnte etwas verletzt sein. Obwohl ich keine weiterführende Untersuchung wünschte, zog er mir die Bluse und das Unterhemd am Rücken hoch um mich mit dem Stethoskop abzuhorchen. Da war er selbst schuld, er hatte nicht das Recht dazu.

Sabine überlegte sorgfältig, was zu tun sei. Spät am Abend fuhr sie ab.
Zwar hatte sie schon manchmal daran gedacht, was sie täte, wenn jemand die Grenzen ihrer Intimsphäre nicht respektierte. In Notwehr würde sie auch töten, als äusserstes Mittel zum Schutz ihrer Unversehrtheit, darin war sie sich gewiss. Aber, dass es sich so banal ergeben könnte, das hatte sie nicht bedacht. Es war ein Reflex gewesen, niemand sollte sie unbekleidet sehen.
Bei Tagesanbruch steuerte sie eine grössere Stadt an, tätigte ein paar Einkäufe und liess sich bei einem Friseur die Haare kurz schneiden.
Gegen Mittag erreichte sie ihr Ferienhaus. Sie orientierte Frau Bertram, die ab und zu nach dem rechten sah, über ihre Anwesenheit. Deren Familie bewirtschaftete einen halben Kilometer entfernt einen Bauernbetrieb. Es war nicht ungewöhnlich, dass Sabine spontan herkam, um für kürzere oder längere Zeit hier zu verweilen. Sie mochte diese ländliche Gegend am Meer und glaubte, das Klima hier bekäme ihr gut. Diesmal hatte sie angekündigt, drei oder vier Tage zu bleiben. Sie wollte erst mal Distanz zu dem Vorfall gewinnen, das Geschehen verarbeiten. Ihre Gefühlswahrnehmung hatte den Vorfall derart absorbiert, dass er ihr einzig kognitiv und nüchtern bewusst war. Nicht gleichgültig, aber keine Schuldgefühle zulassend.

Die verschiedenen Zeitungen, welche sie unterwegs gekauft hatte, brachten nur kurze Artikel zum Tod des Arztes. Einzig in einem Boulevardblatt war der Artikel reisserisch aufgemacht, mit einer Zeichnung, wie das Mordopfer dagelegen haben musste und einem Foto von dem Haus. Der Artikel enthielt aber nichts Konkretes über die Ermittlungen.
Nach einem Bad, seit einigen Jahren entwickelte sie eine intensive Beziehung zu Wasser, legte sie sich hin, um zu schlafen.

Eine Meldung in den Abendnachrichten schreckte Sabine auf: «Die Ermittlungsbehörden sind im Mordfall an dem Arzt Paul Jäger zu wichtigen Erkenntnissen gelangt. Der zuständige Polizeipräsident wird im Beisein von einem Beamten des Bundeskriminalamtes und des Innenministers um einundzwanzig Uhr eine Pressekonferenz abhalten. Wir werden in den Spätnachrichten dann darüber berichten.»
Sabine konnte die auftretende Nervosität nicht unterdrücken. Warum wird dieser Fall politisch derart aufgebläht? … Wahrscheinlich befinden sie sich auf einer völlig falschen Fährte, entdeckten vielleicht im Leben von Doktor Jäger seltsame Vorkommen, die sie mit seinem Tod in Verbindung bringen ... Es gelang ihr nicht, den Einbezug übergeordneter Instanzen klar zu deuten, sie spürte ein dumpfes Gefühl von Bedrohung. Mir kann es nur recht sein, wenn sie eine falsche Spur verfolgen. Auch wenn sie überzeugt war, dass man ihre Identität aufgrund der Spuren nicht aufdecken konnte, gab ihr diese Überlegung nicht ausreichend Sicherheit und Trost. Hat mich dort in der Umgebung vielleicht jemand gesehen, der mich kannte. Es wäre Zufall, aber … Sabine seufzte, … alles nur wegen eines Fehltritts.
Den Fernseher liess sie, nicht auf die laufende Sendung achtend, eingestellt und begann zu putzen, um sich abzulenken. Kurz nach einundzwanzig Uhr kündigte der Sprecher an: «Achtung, aus aktuellem Anlass nehmen wir eine Programmänderung vor und strahlen eine wichtige Mitteilung der Polizei und des Innenministeriums aus». Sabine horchte auf. Was folgte, erschütterte sie dann zutiefst.
An der teilweise aufgezeichneten Pressekonferenz wurde unter anderem angeführt: «Unter den Fingernägeln des Opfers wurden Hautpartikel gefunden, die ein völlig unerwartetes Ergebnis zeigten. Die DNA-Auswertung erbrachte, dass die Hautpartikel von einer weissen Frau stammen, jedoch eine xenogenetische Zusammensetzung aufweisen. Eine Vermischung von zweierlei Arten an Hautpartikeln kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Dies stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel. Die Genforschung hatte noch nie Hinweise darauf, auch nicht aus der Epigenetik, dass sich menschliche und tierische Gene vermischen können. Eine von Tieren auf Menschen übertragbare Viruserkrankung, also eine Zoonose, kann für Menschen unter Umständen tödlich verlaufen, tangieren aber auch bei Überleben die Gene nicht so weitgehend. Das Absonderlichste ist zudem, dass der Anteil an tierischen Genen auf den Typus Alligatoridae hinweist, also einer noch nicht näher bestimmten Alligatorenart. Welche Auswirkungen die festgestellte Mutation im menschlichen Erbgut nehmen könnte, wird zurzeit durch internationale Wissenschaftler unter Beteiligung der WHO erörtert, die durch diesen Fall aufgeschreckt wurden.
Da Gene teilweise die Persönlichkeit eines Wesens beeinflussen, gehen Wissenschaftler nach ersten, vorsichtigen Einschätzungen davon aus, dass sich diese spezielle Mutation auch im Verhalten äussern kann. Gerät solch ein Wesen in eine bedrohliche Situation, könnte es vorkommen, dass es unter Ausschaltung erfahrener Sozialisation, sich instinktiv abwehrend wie ein Raubtier verhält.»
Sabine fühlte sich wie betäubt, das Absonderliche, welches vorgetragen worden war, kam ihr unfassbar vor. Es kann nicht sein, unmöglich. Die können nicht mich meinen. Und doch war klar, die meinen mich. Eine Verwechslung ist ausgeschlossen. Tränen schossen ihr in die Augen. Es muss eine degenerierende Krankheit sein, aber woher? … Warum ausgerechnet ich? … War meine impulsive Reaktion diesem Umstand zuzuschreiben? Bin ich triebgesteuert wie ein Raubtier? Was passiert mit mir? Sie vermeinte, im Bemühen um ein verstandesmässiges Begreifen, wie durch einen Nebel ihr Todesurteil herauszuhören. Ein sukzessiv und quälend zersetzendes Sterben ihres menschlichen Körpers, eine Metamorphose zu einer tierischen Kreatur hin.
Einmal mehr folgte die Personenbeschreibung der mysteriösen Notfallpatientin, etwas präziser als am Vorabend, doch vage genug, dass sie auf unzählige Frauen zutreffen konnte. Man ersuchte darum, bei einem konkreten Verdacht umgehend die Polizei zu verständigen und die Person nicht direkt anzusprechen oder aufzuhalten. Ausdrücklich betont wurde, dass kein Grund zu Panik bestehe und nach bisherigen Erkenntnissen keine Ansteckungsgefahr von der gesuchten Person ausgehe.»
Ansteckungsgefahr? ... Ich bin doch kein verseuchtes Stück Vieh! In ihrem Gefühlschaos regte sich Widerstand, diese Diagnose als gegeben anzuerkennen. Das kann nicht sein, die müssen sich irren.
Die nachfolgende Diskussionsrunde von umgehend einberufenen Wissenschaftlern brachte für Sabines Verständnis keine Erkenntnisse, die zu einem eindeutigen Ergebnis führten. Sie umkreisten das Thema aus humanbiologischer Sicht ohne konkrete, präzise Theorien. Dass sich in ihr tierische Gene entwickelt hatten, war ihr ein Schock, dessen Tragweite sie erst langsam zu erahnen begann. Auch wenn sie sich in Biologie nur durchschnittlich auskannte, schien ihr das fantastisch. Das Unwahrscheinliche, Phänomenale, nahm aber Gestalt an, im Widerstreit gegen ihre sachbezogene Abwehrhaltung. Ich war doch nie an einer Zoonose erkrankt, oder doch?

Vor dem grossen Spiegel im Schlafzimmer begutachtete sie ihren Rücken, der besonders stark von der zunehmenden Hautveränderung betroffen war. Da, kaum bemerkbar sind Kratzer. Es muss passiert sein als Jäger mir an die Wäsche ging und ich heftig reagierte. Die entstellte Haut zeigte leicht gerötete Streifen. Sie hasste es, die betroffenen Teile ihres Körpers zu betrachten, hornige Schuppen, die mit den Jahren immer mehr auftraten, trotz des Kortisons, als wollten sie einen Panzer bilden. Auf den Gedanken, diese organische Entwicklung mit der eines Reptils zu vergleichen, war sie nie gekommen. Es wirkte ihr auch jetzt noch unglaublich, aber je länger sie es betrachtete, glaubte sie nun Anzeichen dafür zu erkennen. Ein Schaudern durchlief ihren Körper.
Seit Jahren behandelte sie ihre Haut mit Kortison und ausgleichend mit kosmetisch pflegenden Mitteln. Vor einigen Jahren war einem Gynäkologen bei ihr eine Hautveränderung aufgefallen. Er überwies sie zur Abklärung an einen Dermatologen. Damals im Anfangsstadium konnte sie selbst nur raue Stellen erkennen. Sie dachte, eine zu trockene Haut. Der Arzt vermutete eine beginnende Psoriasis, nachdem er eine Allergie ausschloss, und verschrieb ihr eine Salbe. Er wies darauf hin, dass diese Krankheit nicht heilbar ist, doch könne man die Intensität des Verlaufs hinauszuzögern. Ihre Befindlichkeit interessierte ihn nicht weiter. Für den fortdauernden Bezug der Salbe verwies er sie an ihren Hausarzt. Sabine hatte diese Krankheit schwer getroffen, ihr Körperbild veränderte sich negativ, je mehr sie darüber in Erfahrung brachte. Sie vermied künftig, ihren unbekleideten Körper zur Schau zu stellen und achtete darauf, dass die sichtbare Haut kosmetisch einwandfrei abgedeckt war.

Im Internet suchte sie nach Hinweisen, die ihr erklären könnten, wie diese Genentartung sich auf sie übertragen konnte. Alligatoren hatte sie schon aus Distanz gesehen, aber es war nie zu einem Körperkontakt gekommen. Auch hatte sie nie Fleisch von solchen Tieren verspeist. Ebenso wenig waren ihr von ihren verstorbenen Eltern irgendwelche Hautkomplikationen bekannt.
Nach stundenlangem Suchen stiess sie auf einen älteren medizinischen Fachartikel, der sie in den Bann zog. «Im Blut des amerikanischen Alligator mississippiensis haben Forscher der Louisiana State University in Baton Rouge kleine Proteine mit antimikrobieller Wirkung entdeckt. Der als Alligacin bezeichnete Stoff vernichtet ein weites Spektrum von Viren, Bakterien und Pilzen. Dies ist einem potenten Antibiotikum vergleichbar, wirkt dabei aber äusserst aggressiv.»
Sie erinnerte sich, als sie seinerzeit für einige Monate durch die USA reiste, trat plötzlich hohes Fieber bei ihr auf. Notfallmässig wurde sie von einem Arzt versorgt. Er verlangte damals, dass sie unbedingt zur Nachuntersuchung komme. Da sie wertvolle Zeit verloren hatte und unbedingt weiterwollte, unterliess sie dies. Im vorliegenden Bericht steht nicht, dass es jemals als Medikament zugelassen wurde, ja dass es beim Menschen überhaupt wirksam ist. War es dies, das er mir damals spritzte? Missbrauchte er mich als Probandin? Er erwähnte damals nur, es sei ein ganz neues Antibiotikum, das viel bessere Heilerfolge verspreche als herkömmliche.
Sabine atmete schwer, bemüht ihre Erregung über diese Entdeckung zu beherrschen und den Kopf nicht zu verlieren. Weitere Berichte, die sie im Internet fand, bezogen sich nur auf den gleichen Sachverhalt, es gab keine neuen Erkenntnisse dazu.

Am nächsten Tag besorgte sie sich in einem Einkaufszentrum ein aufhellendes Haartönungsmittel. Eine gänzlich andere Farbe schien ihr für ihren Typ nicht angezeigt, es würde nur auffallend wirken. Das Gefühl, von Passanten merkwürdig angesehen zu werden, war ihr so schon unangenehm. Dabei wusste sie, dass es nur Einbildung war. Niemand der Leute erwartete, dass das «Krokodilweib», wie eine Zeitung sie abschätzig betitelt hatte, hier Hunderte von Kilometern vom Tatort entfernt auftauchen würde. Eine Boulevardzeitung brachte auf der Titelseite die Karikatur einer unbekleideten Sexbombe, halb Frau, halb Alligator. Die Fingernägel wie Krallen hervorstehend, lange wehende Haare, eine üppige Oberweite, der gepanzerte Rücken in eine Schwanzflosse auslaufend, auf mannequinartigen Beinen in hochhackigen Schuhen stehend. Darunter stand: «Madame Croco.» Sabine lief rot an. Diese perversen Schweine. Am liebsten hätte sie den Zeitungsstapel zerrissen, der dort lag.

Aus einer Zeitungsnotiz ging hervor, dass bei Ärzten eine Umfrage zu weiblichen Patienten mit auffallender Hautveränderung angelaufen war. Auch weit zurückliegende Fälle würden erfasst. Dies sei ein ungewöhnlich grosser Aufwand, aber angesichts der Unklarheit von Gefahren, die mit der Verbreitung dieser Genmutation bestehen, vollumfänglich gerechtfertigt.
Über kurz oder lang wird man meine Identität herausfinden, dann bin ich hier nicht mehr sicher. Aber wohin?
In Gedanken blätterte sie in der Zeitung weiter, bis ihr der Titel einer Anzeige auffiel. «Fluide Körper.» Darunter stand der Text: «Sehr geehrte Dame. Wir, eine Gruppe von Wissenschaftlern, die zurzeit mit dem Internationalen Kolleg Morphomata zusammenarbeiten, würden uns gerne mit Ihnen in Verbindung setzen. Unsere Forschungstätigkeit ist auf die Auflösung bekannter Körperordnungen spezialisiert, wie sie in der Menschheitsgeschichte in verschiedenen Formen dokumentiert wurden. Wir sichern Ihnen absolute Diskretion zu und beteuern Ihnen die Ernsthaftigkeit unserer Absichten. Wir würden uns freuen Ihnen helfen zu können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um mit uns in Verbindung zu treten.» Es folgten mehrere Namen und Adressen aus dem In- und Ausland.
Das Inserat ist eindeutig an mich gerichtet, ohne es direkt so zu formulieren. Die müssen verrückt sein, wenn sie glauben, ich setze mich mit ihnen in Verbindung. Den Behörden ist die Anzeige bestimmt auch aufgefallen. Bei einer Kontaktaufnahme würde die Falle zuschnappen.

Der Appell beschäftigte sie aber, da jemand da war, der sie anscheinend nicht einfach als Monster klassierte. Sie begann zu recherchieren. Das Kolleg existiert wirklich, wobei eine angekündigte Tagung „Fluide Körper – Bodies in Transition“ unter dem Blickwinkel von Altertumsforschung stand. Hierbei waren Missbildungen, Verstümmelungen, Deformationen oder Hybridisierung das Thema. In diesem Kontext fühlte sie sich erst mal zutiefst verletzt und beleidigt, was sie veranlasste, ihre Nachforschungen empört abzubrechen.

Im Bett kreisten ihre Gedanken um Fluchtmöglichkeiten, verwarf diese Pläne jedoch, sobald sie die realen Gegebenheiten abschätzte. Auf dem Landweg nach Asien zu gelangen, ist einfach. Doch unbemerkt alle Grenzen überqueren zu können, ist schon mehr als unwahrscheinlich. Da an Einschlafen nicht zu denken war, stand sie wieder auf und startete das Internet. Noch einmal las sie alles über das Kolleg und suchte Informationen über die in der Anzeige angeführten Personen. Auf der Homepage eines Amerikaners war dessen Frau erwähnt, die in einem andern Wissensgebiet tätig war. In einem separaten Eintrag über sie fand sich ihre persönliche Mailadresse an einem Institut. Sie erwog eine indirekte Kontaktaufnahme und entschied sich nach langer Überlegung, morgen in einem Internetcafé eine neue Mailadresse zu eröffnen und mit ihr in Kontakt zu treten. Es war ihre einzige Chance, was sie bitter lachen liess. Der Klang war herb, beinah wie die tiefen Bellgeräusche, die Krokodilmännchen in der Brunstzeit als Lockruf verwenden.
Ihr Schlaf war unruhig, manchmal schreckte sie auf, da schreckliche Traumvisionen sie heimsuchten. Am nachhaltigsten war, als sie einmal mehr ihren Körper vor dem Spiegel begutachtete. Was ist das? An der Stelle des Steissbeins begann sich, die Haut buckelhaft zu dehnen. Das kann nicht sein. Langsam aber kontinuierlich entwickelte sich eine Schwanzflosse, gleichzeitig eine Panzerung bildend, die sich den Rücken hochzog. Sie begann zu schreien und erwachte dadurch.

Die Verbindung war zustande gekommen, Cliff Shepard antwortete innert dreißig Minuten, wie sie später nach einem Ortswechsel feststellte. Er gab ihr eine absolut sichere Telefonnummer an, mit der sie sich in Verbindung setzen konnte, um vorerst weitere Hilfestellung zu erhalten.
Noch immer war sie skeptisch, immerhin stand sie unter Mordverdacht und wurde als hochgradig gefährlich stigmatisiert. Wer wusste, ob die Wissenschaftler nicht mit den Behörden zusammenarbeiteten, um sie unschädlich zu machen. Was wird, wenn ich dieses Angebot nicht annehme? Sie verspürte eine Leere im Kopf, die keinen vernünftigen, sich kristallisierenden Gedanken zuliess. Auf ihre logische Denkfähigkeit war sie immer stolz gewesen, doch jetzt steckte sie in einem Dilemma, das ausweglos schien.

Einmal mehr stand sie im Badezimmer und untersuchte unter Zuhilfenahme von Spiegeln ihre Haut am ganzen Körper. Sie glaubte nun sicher, die gleiche Formung an den verhornten Teilen zu erkennen, wie sie noch junge Alligatoren zeigten. An jenen Teilen der Haut, die noch nicht sichtbar entartet waren, meinte sie nun auch eine feine, beinah unscheinbare Musterung in diese Richtung zu erkennen. Diese Wandlung würde zunehmend ihren ganzen Körper erfassen. Die Haut an ihren Händen und Füssen zeigten bereits diese Anzeichen. Der keimenden Verzweiflung begegnete sie mit Wut und versuchte besonders stark hornige Stellen wegzukratzen, obwohl sie wusste, dass dies das Verkehrte war. Es begann auch sofort, zu bluten. Die Haut würde hier dann noch stärker entartet reagieren.
Vielleicht wäre es am besten, ins Wasser zu gehen, einfach ins Meer hinaus zu schwimmen, bis meine Kräfte versagen.

Erst am Abend entschied sie sich, die Nummer zu wählen. Es war ihre einzige Chance, wenn es überhaupt eine gab. Der Teilnehmer am andern Ende meldete sich nach mehrmaligem Läuten. Es war eine Frauenstimme.
«Von wem haben Sie diese Nummer?», fragte die Frau ohne sich vorzustellen.
«Cliff Shepard», sagte sie nur knapp.
«Sie sind es! Es freut mich, dass Sie mit uns in Verbindung treten. Die Entscheidung Ihnen zu helfen, fiel uns unter den gegebenen Umständen nicht leicht. Doch wir kamen einstimmig zum Schluss, dass der Anspruch der Wissenschaft in diesem Fall höher zu gewichten ist, als die Bedürfnisse eines Rechtsstaates. Was wir Ihnen bieten können, ist vorerst eine sichere Unterkunft und den bestmöglichen Rechtsbeistand. Dafür erwarten wir, dass sie uns zu wissenschaftlichen Untersuchungen zur Verfügung stehen. In diesem Rahmen werden wir auch prüfen, wie wir Ihnen zu den körperlichen Beschwerden helfen und die Entwicklung der xenogenetischen Transition hemmend beeinflussen können. Was denken Sie über unseren Vorschlag?»
Sabine überlegte krampfhaft, obwohl sie ihre Entscheidung kannte. «Habe ich denn eine andere Wahl?»
«Ich will ehrlich sein», bemerkte die Frau. «Nach unserem Wissensstand, und wir verfolgen alle Informationen, welche uns zugänglich sind, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass Sie umkommen, wenn man Sie stellt. In breiten Bevölkerungskreisen hegt man, durch populistische Interessengruppen noch geschürt, eine panische Angst Ihnen gegenüber. Obwohl darauf hingewiesen wurde, dass eine Ansteckungsgefahr nach den vorliegenden Fakten nicht gegeben ist, wollen dies nicht alle Kreise wahrhaben. Dass einzelne Polizisten da falsch reagieren könnten, muss man unter diesen Umständen leider als gegeben annehmen. Bei uns sind Sie diesbezüglich in Sicherheit.»
In Sabine trat ein Gefühl auf, als ob ein fragiler Schutzwall zerborsten war. Die Worte der Frau hatten einen Teil ihrer Abwehr zerstört. Ich bin kein Untier, sondern die Sabine Howald, die ich immer war. Am liebsten hätte sie es laut hinausgeschrien, doch sie biss sich auf die Lippen. Ein stilles Schluchzen schüttelte sie, die erste richtig tiefe Gefühlswallung die sie zuliess, seit sie über ihre hybride Wandlung Bescheid wusste. Ich will leben, hämmerte es in ihrem Kopf, ich lasse mich nicht abschlachten. Es dauerte einen Moment, doch sie bekam sich wieder in Griff und bemühte sich die Sachlage nüchtern zu beurteilen.
«Wohin soll ich kommen?»
Die Frau forderte erst einige Vorabinformationen, wie sich die Mutation äussere und ob sie ahne, aufgrund welcher Ursache dies eintrat. Sabine schilderte kurz die Art der Hautdeformationen und erwähnte das damals vermutlich gespritzte Alligacin. Letzteres wurde von der Gesprächspartnerin mit einem überraschten Laut und der Bemerkung registriert, dies sei sehr interessant. In diese Richtung habe man die Sache bisher noch nicht erörtert. Dabei sei dies an sich naheliegend, da die Substanz aus frischem Blut gewonnen werden musste, was erst eine Genmutation ermöglicht. Auch der Zeitrahmen seit der Infektion wäre geeignet, dass die eingeschleusten, aggressiven Genome ihr ontogenetisches Programm ausreichend anpassen und überhandnehmen konnten.
Alsdann nannte die Frau die Adresse und bat darum, sie nochmals anzurufen, kurz bevor sie eintreffe. Aus welcher Gegend sie anreisen wird, hinterfragte sie nicht, wies aber darauf hin, dass landesweit die Kontrollen verschärft wurden und sie sich möglichst nur auf Nebenstrassen bewegen sollte.

Sabine hatte alles gepackt, was ihr wichtig war. Zum Handy, das sie benutzte, hatte sie gestern eine neue SIM-Karte unter falschen Namen erworben, sodass sie deren Gebrauch vorläufig als sicher erachtete. Mit einem letzten Blick in die Räumlichkeiten nahm sie Abschied.
Als sie durch die nächste Ortschaft fuhr, sah sie ein Wagenkonvoi mit Blaulicht daherkommen. Vorsichtshalber parkte sie am Strassenrand zwischen andern Autos. Aus dem dunklen Auto spähend, sah sie drei Wagen mit Polizei gekennzeichnet, vier zivile und einen Krankenwagen die vorbeibrausten. Hatte man ihre Identität entdeckt und war auf dem Weg zu ihrem Ferienhaus? Sie musste auf jeden Fall vorsichtig sein.
Die Fahrt auf Nebenstrassen erwies sich als nicht ganz einfach, da die Ausschilderungen jeweils nur die nächsten Ortschaften anzeigten. Ab und zu hielt sie an und studierte die Karte, sich die Namen der Ortschaften auf der Route merkend. Bei solch einem Halt verlor sie plötzlich die Beherrschung. Sie begann zu zittern, erst zaghaft, dann aber wie bei einem Schüttelfrost. Die Kontrolle endgültig verlierend, setzte ein Heulen ein, ihren aufgestauten seelischen Schmerz entladend. Ich will nicht sterben und ich will kein Tier sein. Das Gefühl, dass das Gesicht von den Tränen aufzuquellen begann, brachte sie eigenartigerweise zur Räson. Ihre Empfindungen signalisierten ihr, dass sie ob der Belastung zusammenzubrechen drohte, falls es ihr nicht gelang, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Eine Zigarette anzündend, stieg sie aus. Die kühle Nachtluft schien den Nebel im Kopf zu lichten und langsam die Widerstandkraft gegen das monsterhafte Schicksal wieder zuzulassen.
Als sie noch etwa dreißig Kilometer von ihrem Zielort in der Nähe von Köln entfernt war, rief sie erneut die Nummer an und meldete ihre Ankunft innerhalb der nächsten Stunde. Der frühmorgendliche Verkehr begann einzusetzen, im Radio wurden eben die ersten Frühnachrichten angekündigt. Da kam die Meldung, dass die Polizei nach ihr fahndet. “… Bei der gesuchten Person handelt es sich um Sabine Howald. … Entgegen der früheren Beschreibung hat sie braune, kurzgeschnittene Haare. Es wird davor gewarnt, die Gesuchte anzusprechen oder sich ihr gegenüber auffällig zu verhalten. Personen, die sie zu erkennen vermeinen, sind gebeten, unauffällig die Polizei zu benachrichtigen.“ Ein Gefühl von ungezügelter Angst, das sich bisher nicht so artikuliert hatte, trat schleichend in ihr auf. Sie spähte misstrauisch auf jedes Auto, das ihr entgegenkam.

Die Nebenstrasse, auf der sie unterwegs war, erwies sich nach einer kreuzenden Hauptstrasse wegen Bauarbeiten als gesperrt. Wenn sie nicht kehren wollte, musste sie der Hauptstrasse ein Stück weit folgen. Vor einer unübersichtlichen Kurve war eine Geschwindigkeitsbegrenzung angezeigt. Weiter vorn erblickte sie die Sperre einer Verkehrskontrolle, an der die Autos im Schritttempo vorbeifahren mussten.
«Scheisse.» Dies war ein Wort, das sie sonst nur in ihrem passiven Wortschatz verwahrte, doch jetzt entfuhr es ihr laut. Bis zur Sperre gibt es keine Abzweigung und mit Vollgas kann ich nicht durchfahren, wegen der Autos vor mir.
Als sie linkerhand eine Ausbuchtung in der Strasse sah, betätigte sie den Blinker und riss das Steuerrad scharf herum. In schnellem Tempo fuhr sie nun in die entgegengesetzte Richtung. Alsbald waren weit hinter ihr kreisende Blaulichter, man hatte ihr Manöver bemerkt und verfolgte sie.
Die Lage war aussichtslos, die Polizeiwagen schlossen trotz ihres rasanten Tempos auf. Ich will nicht wie ein Wildtier eingefangen oder abgeschossen werden. Nein, ich werde mein Schicksal selbst entscheiden. Instinktiv trat in ihr das Verlangen auf zu wenden und die Verfolger anzugreifen. Verblüffenderweise spürte sie keine Angst, wie sie sich vorgestellt hatte, wenn eine solche Situation einträte. Die Panik war gewichen und hatte kühler Überlegung Platz gemacht. Sie musste sich entscheiden. Ein Wagen hinter ihr war schon dicht dran und setzte zum Überholen an, als sie sich einem Brückenpfeiler näherte. Im letzten Moment visierte sie die Kante an, ungebremst prallte das Auto mit der rechten Flanke darauf, die Karosserie riss kreischend auseinander.

Wild mit dem Schwanz schlagend, kroch ein verletzter Alligator aus dem Wasser. Der Mann mit dem Gewehr am Ufer hatte ihn angeschossen, es war kein finaler Schuss. Mit aufgerissenem Rachen ging er schwerfällig auf den Jäger zu, dessen Gesicht sich in Panik verzerrte.
«Sie kommt zu Bewusstsein», hörte Sabine eine Stimme, wie aus weiter Ferne.
Bewegen kann ich mich nicht, man muss mich gefesselt haben wie ein wildes Tier.
Ihr linkes Auge öffnete sich, das andere war zugeschwollen. Erst nur grelles Licht, das sie blendete, dann zunehmend Personen erkennend. Da waren auch Schläuche und Apparaturen. Nun sah sie, der ganze Körper war einbandagiert, ihre Arme und Beine eingegipst und erhöht fixiert.
«Können Sie mich verstehen, Frau Howald?» Es war ein Mann mit weissem Kittel, der sie dies fragte.
Sie versuchte zu sprechen, doch sie brachte nur ein bellendes Geräusch, einen unmenschlichen Stimmlaut, hervor.
«Sie hatten einen schweren Autounfall, bei dem sie erhebliche Verletzungen davontrugen. Es sieht nicht gut aus, aber wir tun, was wir können.»
Das eine Augenlid klappte wieder zu. Der Körper des verletzten Alligators zog sich ins ruhige Gewässer zurück, in die Dunkelheit der Tiefe abtauchend.

 

Hallo Anakreon,

ich wollte diese schöne Geschichte schon lange kommentieren, aber es ist dauernd was dazwischen gekommen. Die anderen Kommentare habe ich nur ganz flüchtig gelesen, aber du wirst hoffentlich nicht böse sein, wenn sich etwas wiederholt - zumal ich eigentlich fast nur Lob habe :D

Die Geschichte wirkt insgesamt sehr gut durchdacht. Die Reaktionen der Protagonistin, der Medien, der Wissenschaftler, das fand ich alles sehr stimmig und glaubwürdig. Auch die Idee mit dem Antibiotikum als Auslöser für die Veränderungen, das wirkt ganz plausibel (also das ist jetzt im Rahmen des Horrorgenres gemeint, nicht dass ich ganz aus dem Häuschen bin wenn ich morgen eine Alligatorfrau auf dem Titelblatt der Bildzeitung sehe :)). Die schleichenden körperlichen Veränderungen sind sehr schön fies beschrieben, man bekommt wirklich Mitgefühl mit der Protagonistin. Das offene Ende gefällt mir auch gut.

Sprachlich finde ich den Text auch nicht schlecht, dieser sachliche Stil und die Verwendung von wissenschaftlichen Begriffen passen gut zu der Geschichte. Trotzdem ist die Sprache der eine Punkt, wo ich doch etwas Kritik habe. Es gab ein paar Kleinigkeiten, die mich beim Lesen etwas gestört haben - zum Beispiel hast du recht häufig das Präsens an Stellen benutzt wo es meiner Meinung nach nicht hingehört und eher die einfache Vergangenheit oder Konjunktiv angebracht wäre. Deshalb gibt es zum Schluss noch eine Liste mit einigen wenigen Korrekturen, und ein paar Formulierungsvorschlägen, die du übernehmen könntest wenn du magst:

Der Polizei konnte Frau Meier nur dürftige Angaben machen.
ich glaube da fehlt noch ein "gegenüber"

Die letzte Patientin, die das Behandlungszimmer betrat, kam als Notfall.
Hier würde ich die Vorvergangenheit benutzen, also "war als Notfall gekommen."

der Griff eines medizinischen Instruments ragte aus dem Hals.
Das finde ich zu abstrakt, da würde ich ein bestimmtes Instrument einsetzen. Ein normaler Arzt hat jetzt vielleicht keine Skalpelle rumliegen, aber eine Schere zum Beispiel ...

«Gesucht wird, eine ungefähr fünfunddreissigjährige Frau,
kein Komma nach wird

Heute um Siebzehnuhr war die Frau an der Bergstrasse gestürzt.
Siebzehn Uhr

Sabine überlegte sorgfältig, was zu tun ist.
zu tun sei

Zwar hatte sie schon manchmal daran gedacht, was sie täte, wenn jemand die Grenzen ihrer Intimsphäre nicht respektiert.
respektierte

Es war ein Reflex im Affekt gewesen,
Reflex und Affekt haben doch sehr ähnliche Bedeutungen, zumindest in diesem Kontext ... eins davon würde genügen

Auch wenn sie überzeugt war, dass man ihre Identität aufgrund der Spuren nicht aufdecken kann, gab ihr diese Überlegung nicht ausreichend Sicherheit und Trost.
konnte oder könnte

Auf den Gedanken, diese organische Entwicklung mit dem eines Reptils zu vergleichen, war sie nie gekommen.
der (bezieht sich ja auf die Entwicklung)

Im Blut des amerikanischen Alligators mississippiensis haben Forscher der Louisiana State University in Baton Rouge kleine Proteine mit antimikrobieller Wirkung entdeckt.
Ich bin mir relativ sicher, dass wenn du den lateinischen Artnamen nimmst, kein s drankommt, also "des amerikanischen Alligator mississippiensis"

Denen fehlt jedoch ein Stimmband, weshalb es bei ihnen einzig durch die Lungen erzeugte Laute sind.
Dass ihr Lachen wie die Bellgeräusche von Alligatoren klingt, gefällt mir. Dieser Satz dagegen ist meiner Meinung nach überflüssig für die Geschichte. Ich versteh' das schon, wenn man über etwas intensiv recherchiert hat, dann möchte man gern das neuerworbene Wissen auch in die Geschichte einbauen ... :) Es wirkt aber hier ein bisschen fehl am Platz.

An der Stelle des Steissbeins begann sich, die Haut Buckelhaft zu dehnen.
klein, ist doch ein Adverb

Der keimenden Verzweiflung begegnete sie mit Wut und versuchte besonders stark hornige Stellen wegzukratzen, obwohl sie wusste, dass dies das verkehrte war.
das Verkehrte groß

Die Frau forderte erst einige Vorabinformationen, wie sich die Mutation ausweist und ob sie ahne, aufgrund welcher Ursache dies eintrat.
Vorschlag: äußerte

Das Gefühl, das das Gesicht von den Tränen aufzuquellen begann, brachte sie eigenartigerweise zur Räson
dass das

Da kam die Meldung, dass die Polizei nach ihr fahndet. Sie gaben ihren Namen und eine genaue Personenbeschreibung mit dem Hinweis durch, dass sie die Haare kurz trägt. Man warnte die Bevölkerung wiederum ausdrücklich davor, selbst einzugreifen. Personen, die sie zu erkennen vermeinen, sollen sich unauffällig verhalten und die Polizei benachrichtigen.
Da find ich überall das Präsens nicht passend, also besser wäre: trug, vermeinten, sollten. Aber noch besser wäre es vielleicht, die Meldung wieder in wörtlicher Rede zu gestalten, wie schon vorher in der Geschichte.

Wild mit dem Schwanz schlagend, kroch ein verletzter Alligator aus dem Wasser. Der Mann mit dem Gewehr am Ufer hatte es angeschossen, es war kein finaler Schuss. Mit aufgerissenem Rachen ging es schwerfällig auf den Jäger zu, dessen Gesicht sich in Panik verzerrte.
ihn; er (ist doch der und nicht das Alligator :))

Ich hoffe das war jetzt nicht alles schon mal in den vorhergehenden Kommentaren angemerkt :)

Grüße von Perdita

 

Hallo Perdita

Dein Kommentar hat mich dazu angeleitet, die Geschichte aus zeitlicher Distanz wieder zu lesen. Über die Nüchternheit im Text, die ich heute anders als während des Schreibens wahrnahm, musste ich selbst lachen. Dennoch, sie gefällt mir nach wie vor.

Die Geschichte wirkt insgesamt sehr gut durchdacht.

Diese Einschätzung freut mich. Als mir die Idee zu dieser Handlung auftrat, wusste ich noch gar nicht, ob sie umsetzbar wird. Es war mir wichtig, die körperliche Wandlung mit einem möglichst realen Hintergrund zu verquicken. Bei der Durchforstung der Quellen nach (noch) nicht realisierten medizinischen Versuchen stiess ich dann auf diesen Antibiotikatest, der das eigenwillige Immunsystem bei dieser Alliagtorenart zu nutzen sucht. Dies ermöglichte mir dann, den Rahmen abzustecken. Dass eine Tagung in Köln vor einem Jahr, im Rahmen eines geisteswissenschaftlichen Kolloquiums, Fragen körperlichen Missbildungen oder Wandlungen erörterte, erlaubte mir zudem dies realistisch auf diese Basis für den Abschluss zu stellen.

Sprachlich finde ich den Text auch nicht schlecht, dieser sachliche Stil und die Verwendung von wissenschaftlichen Begriffen passen gut zu der Geschichte. Trotzdem ist die Sprache der eine Punkt, wo ich doch etwas Kritik habe.

Dass dir die Sprache zum Text passend erscheint, ist mir beruhigend. Eine zu starke, emotionale Betonung von Gefühlen der Protagonistin hätte für mein Empfinden einen völlig anderen Verlauf erfordert.

Deshalb gibt es zum Schluss noch eine Liste mit einigen wenigen Korrekturen, und ein paar Formulierungsvorschlägen, die du übernehmen könntest wenn du magst:

Wie ich schon beim ersten Durchlesen sah, hast du den Finger gezielt auf wunde Stellen gelegt, die mir im Nachgang des Lesens und Änderns nicht aufgefallen sind, da ich vom Inhalt zu sehr vereinnahmt war.

der Griff eines medizinischen Instruments ragte aus dem Hals.

Das finde ich zu abstrakt, da würde ich ein bestimmtes Instrument einsetzen. Ein normaler Arzt hat jetzt vielleicht keine Skalpelle rumliegen, aber eine Schere zum Beispiel ...

Ich hatte die Einrichtungskataloge für medizinische Praxen ausführlich studiert, da ich den Begriff Skalpell vermeiden wollte. Die medizinischen Scheren wiederum sind als Tatwaffe ungeeignet, da sie vorn Stumpf sind. Im fachlichen Sprachgebrauch wird weitgehend das Wort Instrument verwendet, weshalb ich mich gezwungenermassen daran hielt. Aber ich habe mich nun doch zum Skalpell durchgerungen. Wie du richtig bemerkst, liegt es zwar nicht in jeder Praxis herum, ist aber doch vorhanden. :bib:

Reflex und Affekt haben doch sehr ähnliche Bedeutungen, zumindest in diesem Kontext ... eins davon würde genügen

Dies hatte schon ein anderer Leser mokiert. Ich hatte die Differenz der Bedeutungen verteidigt. Da du es nun aber nicht zu Unrecht in diesem Kontext als einzig verstärkend entlarvst, beugte ich mich nun dieser entwaffnenden Rhetorik und habe den Reflex stehen lassen.

Denen fehlt jedoch ein Stimmband, weshalb es bei ihnen einzig durch die Lungen erzeugte Laute sind.

Dass ihr Lachen wie die Bellgeräusche von Alligatoren klingt, gefällt mir. Dieser Satz dagegen ist meiner Meinung nach überflüssig für die Geschichte.

Stimmt, dies ist eine Information, die für die Geschichte nicht wesentlich ist.

Die anderen Hinweise auf Tippfehler und sprachliche Verbesserungen habe ich ebenso alle übernommen, da mich diese überzeugten. :thumbsup:

Für deinen lobenden Kommentar, die intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte und die Änderungsvorschläge danke ich dir herzlich.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

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