Hallo Peeperkorn,
Beat ist ein toller Name.
Sie legte die Hand auf ihren Bauch und in ihrem Bauch schlug ein Herz, pochte ein Versprechen.
Ich wäre hier radikaler und würde das streichen, denn das ist die Summe deines Textes. Du solltest ihm ertrauen, er schafft das, du erreichst dein Ziel.
Es war ein ruhiges Quartier und in der Wohnung war es still, so still, dass der Hustenanfall ihres Nachbarn sie zusammenzucken liess.
Das "und" würde ich raushauen für ein Komma, denn dann klingt der Satz insgesamt rhythmischer, bekommt einen ganz anderen Sound. Finde ich jedenfalls.
Drei Stösse, danach das Hochziehen von Schleim. Chchrrch.
Ist gut. Würde ich hier aber rausnehmen, denn die Drastik, wie er sie anblickt und was er dann sagt, das wirft beim Rezipienten doch viel stärker das Kopfkino an.
Ein Anfall alle zehn Minuten.
Auch das: Sie können nicht schlafen, weil ... er die Nacht durchhustet. Diesen Effekt, den erzielst du beim Leser schon.
Der Mann war grau im Gesicht, er hatte zwei Plastiktüten in den Händen und keuchte.
Ich stelle mal um: Er war grau im Gesicht, hatte zwei Plastiktüten in den Händen. Mit der Anrede hast du das Geschlecht bereits differenziert, und das Keuchen wäre hier zu viel, weil du dem Leser schon überlässt, wie er so grau geworden ist, die Erwähnung bewirkt hier nicht mehr.
„Gute Besserung“, rief ihm Beat nach, doch der Mann bedankte sich nicht.
Für mich die Krux am Text. Im Grunde ist dieses Verhältnis mit dem Nachbarn eins, dass auf einer Art Geheimnis beruht. Sie beide fühlen sich durch seinen Todeskampf belästigt. Es ist ein Eindringen in ihre Prvatsphäre. Würde er dann so etwas sagen, nach nur einem oder zwei Tagen? Da zieht er ja quasi die Hose runter. Ich würde das rausnehmen, denn diese Offenbarung wirkt auf mich unmotiviert. Ich weiß, dass du dies hier für die Konstruktion brauchst, aber es ist zu viel zu schnell.
Denn: Am Abend schlief Beat vor dem Fernseher ein. Chchrrch. Er schreckte hoch und blickte auf den Bildschirm. Menschen mit Koffern in der Hand. Stacheldraht. Er zappte weiter und einige Minuten später ging er ins Bett.
Das Geräusch finde ich gut, würde ich aber rausnehmen. Das alles, dieses Husten, das ist wie ein Gespenst im Text, und somit auch wie ein allgegenwärtiger Zustand im Kopf des Lesers. Jeder weiß, warum er hochschreckt.
Nach drei Wochen blieb keine Hoffnung mehr, der Husten war chronisch.
Hier wertet der Erzähler. Ich würde das auch nicht erwähnen, weil es klar ist: es bleibt keine Hoffnung mehr auf Besserung, der Typ hustet einfach immer und immer weiter. Redundant.
Würgegeräusche drangen in die Wohnung.
Das ist gut, aber das Bild, wie er sich fragt, welche Farbe der Schleim hat, ist stärker, weil es personalisiert ist und du wieder, aufgrund der fehlenden akustischen Äquivalente, dieses Gespenst beschwörst - ich höre die ganze Zeit schon dieses Husten, Keuchusten mit Sputum, ekelhaft, siehst du, das macht NUR dein Text!
„Oje!“, sagte Beat.
Besser: Gar keine Reaktion. Im Grunde freut er sich auch irgendwie. Er nickt nur, oder sie redet einfach weiter und er sagt dann: Tragisch.
Es ist schon eine Weile her. Die Wohnung über ihnen steht noch immer leer, alles ist still, in der Wiege liegt ein Kind und schläft. Beat streicht mit den Fingern über Katrins Wange.
Dieser Reim, her, leer. Wenn du den ersten Teil streichst, verortest du immer noch mit "noch immer" das Ganze zeitlich. Ich würde es streichen. Und auch: alles still. Weil es ist ja klar, mit seinem Tod kehrt die Stille ein, das ist deine Punchline, die darfst du nicht verschenken. Und nicht "ein Kind", sondern doch "das" oder "ihr" Kind, es ist ja personalisiert, es gehört zu ihnen.
So wäre es doch auch gut: Die Wohnung über ihnen steht noch immer leer. In der Wiege liegt das Kind und schläft. Beat streicht mit den Fingern über Katrins Wange.
Ja. Carver'esque. Total komprimiert, trotzdem finde ich den stark. Weiter so.
Gruss, Jimmy