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Holger und der Problembär

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03.09.2024
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Holger und der Problembär

Als der Bär auf mich zukam, wusste ich sofort, dass es sich um einen Problembären handelt. Also um einen, der Ärger macht. Der nicht nur mal am Baum schnüffelt und sich dann trollt, sondern einem richtig den Tag versauen kann. Der Bär guckte komisch von der Seite und leckte sich ständig die Schnauze, so, als wollte er sagen, Gott, siehst du lecker aus. Das hatte mir heute noch gefehlt. Der Sonntag war ohnehin nicht gut verlaufen. Meine Frau hatte mich verlassen, schon letzte Woche. Ihren Abschiedsbrief fand ich erst heute Morgen. Naja, was heißt schon Brief.
„Der Holger ist viel hübscher als du“, stand da, „und macht morgens immer Kaffee.“
Holger ist ein netter Kerl, wir spielen zusammen in einer Fußballmannschaft. Er ist im Sturm, schießt zwar keine Tore, aber vorne kann er nicht viel Mist bauen. Wenn er am Ball ist, brüllen immer alle: „Gib ab, Holger!“ Meist schafft er es nicht rechtzeitig, weil er nicht der Schnellste ist. Aber das der hübscher sein soll als ich, hat mich doch sehr getroffen. Holger ist der hässlichste Mensch, dem ich je begegnet bin, mit seiner Knollennase und dem Doppelkinn. Vielleicht wollte Sabine mir auch nur einen verpassen zum Abschied.
Kaum hatte ich diesen Schicksalsschlag halbwegs verdaut, fiel die Waschmaschine aus. Ich hatte kaum noch frische Sachen und eine neue Waschmaschine konnte dauern. Sabine hätte Handwäsche machen können, aber die war weg und trank jetzt Kaffee mit Holger. Kein guter Start in den Tag. Ich schnappte mir alte Jogging-Sachen und fuhr in den Wald. Acht Kilometer an der frischen Luft hatte ich mir vorgenommen. Bisschen durchpusten und den Kopf freikriegen. Und nun dieser Bär. Verdammt großes Tier, mit zotteligem Fell und einem beeindruckenden Gebiss. Was in Berlin alles so an Großwild rumläuft ist erstaunlich, vor ein paar Wochen hatten sie einen Löwen gemeldet. Der Bär richtete sich zu voller Größe auf und ich fing an, mir ernsthaft Sorgen um meine körperliche Unversehrtheit zu machen, als ich ein Schnaufen hinter mir hörte. Ich drehte mich um und sah Holger in seiner viel zu engen Jogginghose auf mich zukommen. Wurde auch Zeit, dass er sich um seine Fitness kümmerte, die Leistungen auf dem Fußballplatz waren überschaubar in letzter Zeit.
"Holger“, rief ich erleichtert, „bin ich froh, dich zu sehen!“
„Echt jetzt?“, keuchte er und kam verschwitzt neben mir zum Stehen. Erst jetzt entdeckte Holger den Bären.
„Gott im Himmel!“, stieß er hervor, als der Bär sich in Bewegung setzte und auf uns zustürmte. Ich lief auch los. Holger war, wie immer, zu langsam.
Es tat mir leid für ihn und erst recht für die Mannschaft. Die Sportkameraden werden mir Vorwürfe machen. Ohne Stürmer ist ein Team nicht viel wert, auch wenn der keine Tore schießt. Wenigstens bindet der einen gegnerischen Verteidiger.
Dann dachte ich an Sabine, meine Frau. Wenn die jetzt zurückkäme, wo es so unglücklich mit Holger verlaufen war, wie sollte ich da reagieren?
Wenn sie das mit der Wäsche erledigt, kann ich mir einen Neustart vorstellen. Ich bin nicht nachtragend.

 

Hallo @Jaylow!

Gute Idee! Hat mich zum Schmunzeln gebracht und dazu veranlasst, das Ding als eine Art Ganzkörperkommentar (Gruß an @FlicFlac) runterzuschreiben. Vielleicht ist was dabei, das du gebrauchen kannst.

Gruß,
Sammis

Als der Bär auf mich zukam, dachte ich: Oha, ein Problembär! Einer, der Ärger macht. Der nicht nur eben mal am Baum schnüffelt und sich trollt, nein, einer, der dir richtig den Tag versauen kann.
Der Bär guckte mich komisch an und leckte sich die Schnauze. Als wollte er sagen, mmmh, siehst du lecker aus! Das hatte mir gerade noch gefehlt! Der Sonntag war ohnehin nicht gut gelaufen. Meine Frau hat mich verlassen, schon letzte Woche. Den Abschiedsbrief fand ich erst heute morgen. Naja, Brief: Der Holger ist viel hübscher als du und macht morgens immer Kaffee, war alles, was da stand.
Holger ist ein netter Kerl, wir spielen zusammen Fußball. Er im Sturm. Er schießt keine Tore, kann da vorne aber nicht viel Mist bauen. Wenn er am Ball ist, brüllen alle: „Gib ab, Holger!“ Meistens schafft er es nicht rechtzeitig, Holger ist nicht der Schnellste.
Aber dass der hübscher sein soll als ich, hat mich doch getroffen! Knollennase und Doppelkinn. Wahrscheinlich wollte mir Sabine zum Abschied noch eine verpassen.
Kaum hatte ich den Schicksalsschlag verdaut, ging die Waschmaschine kaputt. Ich hatte kaum noch frische Sachen und eine neue Maschine kann ich mir nicht leisten. Sabine hätte das Zeug mit der Hand waschen können. Aber die war weg und trank Kaffee mit Holger.
Ich schnappte mir die Jogging-Sachen und fuhr in den Wald. Paar Kilometer frische Luft, den Kopf freikriegen.
Und dann der Bär. Verdammt großes Tier! Zotteliges Fell, beeindruckenden Gebiss! Der Bär richtete sich zu voller Größe auf und ich bekam es mit der Angst zu tun. Als ich hinter mir ein Schnaufen hörte, drehte ich mich um. Holger kam in verdammt enger Jogginghose auf mich zugelaufen. Wurde aber auch Zeit, dass er sich um seine Fitness kümmerte!
"Holger“, rief ich, „bin ich froh, dich zu sehen!“
„Echt?“, keuchte er und kam neben mir zum Stehen. Erst jetzt bemerkte er den Bären.
„Gott im Himmel!“, schrie Holger, als der Bär sich in Bewegung setzte und auf uns zustürmte. Ich begann ebenfalls zu laufen. Holger war zu langsam. Wie so oft.
Es tat mir leid um ihn und die Mannschaft. Sie werden mir Vorwürfe machen. Was taugt ein Team ohne Stürmer? Selbst wenn der keine Tore schießt.
Dann dachte ich an Sabine. Ob sie jetzt wohl zurückkommt? Wo es mit Holger so unglücklich gelaufen war. Wenn sie das mit der Wäsche hinbekommt, kann ich mir einen Neustart vorstellen. Man ist ja nicht nachtragend.

 

@Sammis Vielen Dank für den Kommentar - dann noch eine komplette alternative version. Wow! Freut mich ausgesprochen! Die eigenen Kinder hat man vielleicht noch etwas lieber als die anderen, aber es gibt keine Wahrheit, nur Versionen (habe ich von Illies geklaut). Und deine funktioniert durchaus auch bzw. wird sogar als "knackiger" (Vielen Dank auch an @SoeinZufall) empfunden.

Beste Grüße an Euch
Jaylow

 

Mein J, die Zahl der „Problembären“ von Berlin bis Norditalien nimmt zu und dass

der Bär … komisch von der Seite
guckte, bezweifel ich,

@Jaylow - oder @Sammis (?),

wurd' dem Erzähler nicht eher "anders" oder doch "mulmig"?,

und hier finde ich

Das hatte mir heute wirklich noch gefehlt.
wirklich "wirklich“ entbehrlich.

„Gott im Himmel“, stieß er hervor, als der Bär sich in Bewegung setzte und auf uns zustürmte.
Hoppela, hätte der HERR nicht wengstens ein Ausrufezeichen verdient?

Und warum hier

Die Sportkameraden würden mir Vorwürfe machen.
das zweifelnde „würde“ (Konj. II), wenn doch schon festzustehen scheint, dass die Kameradschaft Vorwürfe machen wird …?

& hier schon wieder

Wenn sie das mit der Wäsche erledigen würde, könnte ich mir einen Neustart vorstellen.
Weg mit dem Konjunktiv, das Futur ist offen genug – entweder sie wird „Wäsche erledigen“ oder nicht ...

findet der

Friedel

 

Hallo @Friedrichard,

mein Problembär guckt komisch von der Seite, das ist so einer. Das mulmige Gefühl kommt etwas später. Ansonsten werde ich deine Punkte übernehmen und danke für deine sehr hilfreichen Hinweise!

Schönen Gruß
Jaylow

 

Hi @Sammis -

als eine Art Ganzkörperkommentar (Gruß an @FlicFlac)
Danke! Das hat sich, scheints, für alle Zeit in dein Gehirn geschrieben :lol:
Deine Version gefällt mir gleichfalls.


Hi @Jaylow - netter Text und mit Humor richtig ge'taggt'.
Hat Spaß gemacht.

Als der Bär auf mich zukam, wusste ich sofort, dass es sich um einen Problembären handelt.
Guter erster Satz.

Der Sonntag war ohnehin nicht gut verlaufen. Meine Frau hatte mich verlassen, schon letzte Woche.
Ja, so ist das schön. 'Nicht gut verlaufen', das kann schon passieren. Morgens die Kündigung des Jobs, mittags die Kündigung der Wohnung, um zwei bricht man sich beide Beine, dann verlässt einen die Frau und als Gipfel ist auch noch der Akku des Handys leer, als man sich eine Pizza bestellen will.

Er ist im Sturm, schießt zwar keine Tore, aber vorne kann er nicht viel Mist bauen.
Idee ist nett, vielleicht kann man das noch pointierter machen.

weil er nicht der Schnellste unter der Sonne ist
'Schnellste unter der Sonne' ist nett, aber schon abgegriffen. Empfehle, da empfehle ich, was Eigenes oder Selteneres zu verwenden.

Kaum hatte ich diesen Schicksalsschlag halbwegs verdaut, fiel die Waschmaschine aus.
Schön, die Setzung dieser beiden Dinge auf die gleiche Stufe!

„Gott im Himmel!“, stieß er hervor, als der Bär sich in Bewegung setzte und auf uns zustürmte. Ich lief auch los. Holger war, wie immer, zu langsam.
Schon klar, du musst nicht schneller sein als der Bär, nur schneller als Holger.

Wenn die jetzt zurückkäme, wo es so unglücklich mit Holger verlaufen war, wie sollte ich da reagieren?
Vielleicht passt dann 'wenn die jetzt zurückkommen wollte', wo er doch unsicher ist, ob er einen Neustart will?


Gruß von Flac

 

Hallo @FlicFlac,

Danke fürs Kommentieren. "Der Schnellste unter der Sonne" klingt wirklich etwas abgedroschen, hab es erstmal minimalisiert und überlege mir noch eine andere Formulierung.

Schönen Abend wünscht
Jaylow

 

Hallo @Jaylow,

ganz weit hinten in meinem Gedächtnis befindet sich eine Erinnerung, die diese Pointe als Witz kennt.
Aber, ist nicht schlimm - du hast das alles locker und ironisch erzählt. Habs gern gelesen.


er Bär guckte komisch von der Seite und leckte sich ständig die Schnauze, so, als wollte er sagen, Gott, siehst du lecker aus
Ja, es soll Raubtiere geben, die sich bei Gott für die Mahlzeit bedanken ...

Sabine hätte Handwäsche machen können, aber die war weg und trank jetzt Kaffee mit Holger.
Schön, diese fiese Seite des Protagonisten ... dann auch noch diese unendliche Großmut am Schluss der Geschichte!

Das hatte mir heute noch gefehlt.

Nach diesem Satz wär, denk ich, wohl ein Absatz angebracht.

LG,

Woltochinon

 

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